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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
29.09.2011
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Köln: Teilwertabschreibung wegen dauernder Wertminderung bei Fondsbeteiligungen

 

FG Köln, 24.8.2011 - 13 K 1567/07

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Tatbestand

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Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren über die Berechtigung der Klägerin in der Bilanz auf den 31. Dezember 2001 eine Teilwertabschreibung auf mehrere Fondsbeteiligungen vorzunehmen.

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Die Klägerin ist eine Gesellschaft mbH. Ihr Geschäftszweck ist die Entwicklung von Produkten für die ... und ...-automation, deren Vertrieb sowie alle artverwandten Geschäfte, die dem Geschäftszweck dienlich sind. Ihr Geschäftsjahr ist mit dem Kalenderjahr identisch.

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Die Klägerin erwarb in den Zeiträumen vor dem Streitjahr Wertpapiere. Diese bilanzierte sie als Anlagevermögen. Diese steuerliche Behandlung ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Zum Bilanzstichtag 31. Dezember 2000 wies die Klägerin 1.004.696,32 DM bei den Wertpapieren des Anlagevermögens aus. Da die in der Vorjahresbilanz ausgewiesenen Wertpapiere alle im Jahr 2000 veräußert worden waren, handelt es sich bei den Werten der in der Bilanz des Jahres 2000 ausgewiesenen Wertpapiere durchgängig um die Anschaffungskosten der entsprechenden Wertpapiere im Jahr 2000. Der Gesamtbestand der Wertpapiere (1.004.696,32 DM; Depotauszug Blatt 270 bis 274 der Prüferhandakten - BpHA -) setzt sich aus folgenden Einzelpositionen zusammen:

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DWS

201.090,62 DM

Dekafonds

201.085,53 DM

Sun Life

201.183,71 DM

Henderson Horizon FD

200.197,39 DM

Baring Trust

201.139,07 DM

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Im Verlauf des Streitjahres 2001 sank der Börsenkurs der von der Klägerin gehaltenen Fondsanteile. Zum Jahresende ergaben sich folgende Werte (Gesamtwert: 729.677,08 DM; Depotauszug Blatt 235 BpHA):

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DWS

159.073,52 DM

Dekafonds

150.219,87 DM

Sun Life

140.754,12 DM

Henderson Horizon FD

146.133,55 DM

Baring Trust

133.496,02 DM.

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Den Differenzbetrag von 275.019,24 DM wies die Klägerin in ihrer Gewinn- und Verlustrechnung in Konto ... als Aufwendungen bei der Bewertung der Finanzmittelfonds aus.

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Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass zumindest hinsichtlich der vier Fonds ohne den Baring Trust deutsche Fonds vorliegen. Nach den zeitnahen Untersuchungen im Rahmen der Betriebsprüfung investierten diese Fonds ausschließlich in Aktien. Teilweise wurde nur in deutsche Aktien, teilweise in europäische Aktien und nur bei einem Fonds neben europäischen Aktien auch in Wertpapiere aus den Vereinigten Staaten, Japan und Korea investiert. Wegen der Einzelheiten wird auf die Börseninformationen (Blatt 282 bis 289 Rückseite BpHA) verwiesen. Aus den beigefügten Kursverläufen ergibt sich, dass die Kurse im Verlaufe des Jahres 2002 fast durchgängig weiter nachgegeben haben.

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Zwischen dem Bilanzstichtag 31. Dezember 2001 und dem Bilanzaufstellungstag Ende April/Anfang Mai 2002 sank der Wert der Fondsanteile bei den einzelnen Fonds - ohne zwischenzeitliche Erholung - von den nachfolgend dargestellten Werten am Bilanzstichtag auf die niedrigeren Werte am Bilanzaufstellungstag:

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Bilanzstichtag

Bilanzaufstellung

DWS

90,37 €

86,10 €

Dekafonds

65,09 €

61,96 €

Sun Life

6,0476 €

5,778 €

Henderson Horizon FD

23,57 €

22,82 €

Baring Trust

3,209 €

3,071 €.

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Auf der Basis ihrer Gewinnermittlung gab die Klägerin ihre Steuererklärungen beim Beklagten ab. Im Hinblick auf eine vorgesehene Außenprüfung veranlagte der Beklagte die Klägerin zunächst im Wesentlichen erklärungsgemäß durch unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Steuer- und Messbescheide.

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Im Jahr 2004 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Dabei kam der Prüfer zu der Überzeugung, dass die Teilwertabschreibungen, wie auch in den späteren Jahren eingetretene Veräußerungsverluste, steuerlich nicht anerkannt werden könnten.

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Mit der Einführung des neuen Körperschaftsteuersystems könne nach § 8b Absätze 2 und 3 des Körperschaftsteuergesetzes 2001 - KStG - eine Gewinnminderung, die mit dem Anteil an einer Kapitalgesellschaft im Zusammenhang stehe, steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden. Für Teilwertabschreibungen seien diese Grundsätze selbst dann einschlägig, wenn nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 2001 - EStG - eine Teilwertabschreibung möglich gewesen wäre. Aber auch die hielt der Prüfer im Streitfall nicht für möglich, da es sich lediglich um Wertschwankungen handele. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 10. Februar 2005 Bezug genommen (Blatt 344 bis 346 BpHA). An dieser Auffassung hielt die Betriebsprüfung auch in dem Betriebsprüfungsbericht vom 31. März 2005 fest. Wegen der Einzelheiten wird auf dem Betriebsprüfungsbericht, insbesondere Textziffer 2.3 verwiesen.

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Der Beklagte folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ unter dem 25. Mai 2005 den hier streitbefangenen Körperschaftsteuerbescheid, mit dem die Körperschaftsteuer auf 103.907,29 € festgesetzt wurde (Blatt 88 bis 90 der Akten) und den ohne Datum ergangenen Bescheid für 2001 über den Gewerbesteuermessbetrag, mit dem der Messbetrag auf 21.724,79 € festgesetzt wurde (Blatt 101/102 d. A.).

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Dagegen wandte sich die Klägerin mit fristgerecht erhobenen Einsprüchen. Mit ihnen trug sie vor, dass eine andauernde Wertminderung vorliege, weil die im Sondervermögen der Fonds enthaltenen Wirtschaftsgüter - hier ausschließlich Aktien - eine andauernde Wertminderung erfahren hätten. Ein Ausschluss der Teilwertabschreibung wegen § 8b Abs. 3 KStG scheide schon deshalb aus, weil die Vorschrift erst ab 2002 anzuwenden sei.

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Der Beklagte wies die Einsprüche - die neben den hier streitbefangenen Bescheiden weitere Bescheide umfassten - mit verbundener Einspruchsentscheidung vom 16. März 2007 unter Heraufsetzung der Körperschaftsteuer auf 104.462,04 € und des Gewerbesteuermessbetrages auf 21.834,72 € (wegen Nichtanwendbarkeit von § 8b Abs. 2 KStG 2002 im Streitjahr 2001) im Übrigen als unbegründet zurück

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In Übereinstimmung mit der Klägerin vertritt der Beklagte insoweit die Auffassung, dass bei einem Fonds auf die im Sondervermögen des Fonds befindlichen Wirtschaftsgüter abzustellen sei. In der Sache hielt er die Einsprüche aber für unbegründet, weil keine andauernde Wertminderung der Fonds eingetreten sei. Es handle sich vielmehr um Kursschwankungen, die eine Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG nicht zuließen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung (Blatt 19 bis 41 der Akten) verwiesen.

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Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage. Mit ihr verfolgt sie weiterhin das Ziel der steuerlichen Berücksichtigung der im Streitjahr 2001 vorgenommenen Teilwertabschreibungen.

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Das Verfahren ruhte zunächst im Hinblick auf das Musterverfahren zur Frage der andauernden Wertminderung bei börsennotierten Wertpapieren (BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2009, 294). Nach Ergehen der Entscheidung hat sich die Klägerin auf die Ausführungen des BFH in der Musterentscheidung bezogen und darauf hingewiesen, dass diese allgemein im Schrifttum begrüßt werde und Zustimmung erfahren habe.

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Sie verweist darauf, dass es sich bei den streitbefangenen Fonds um deutsche Fonds handele, die ausschließlich in Aktien investiert hätten. Bei einer isolierten Betrachtung der in den Fonds gehaltenen Aktien wäre der Teilwert noch stärker gesunken.

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Die Klägerin beantragt,

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den Körperschaftsteuer- und den Gewerbesteuermessbescheid 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. März 2007 dahingehend zu ändern, dass die Teilwertabschreibungen auf die Fonds steuerlich berücksichtigt werden.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er verweist zunächst auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, dass nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ein niedrigerer Teilwert nur dann angesetzt werden könne, wenn der Teilwert auf Grund einer voraussichtlich andauernden Wertminderung niedrigerer als der nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG anzusetzende Wert sei. Von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung könne ausgegangen werden, wenn die Bewertungsobergrenze während eines erheblichen Teils der tatsächlichen Verweildauer im Unternehmen nicht erreicht werde. Die Wertminderung sei dann voraussichtlich nachhaltig, wenn der Steuerpflichtige aus der Sicht am Bilanzstichtag auf Grund objektiv erkennbarer Anzeichen damit ernsthaft rechnen müsse. Bei der Veränderung von Kurswerten aus besonderem Anlass könne nur dann ohne weitere Feststellungen von einer voraussichtlich andauernden Wertminderung ausgegangen werden, wenn der Anlass im Sinne eines Anscheinsbeweises oder eines zu widerlegenden Indizes auf fundamentale Fakten schließen lasse, die ihrerseits den Rückschluss zuließen, dass die Ursache der Kursverluste voraussichtlich andauernd eine Erholung der Kurswerte ausschließe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 22. April 2008 verwiesen (Blatt 143/144 d. A.).

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Das zunächst mit dem vorliegenden Klageverfahren verbundene Streitverfahren wegen Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag 2002 ist mit Beschlüssen vom 26. August 2008 abgetrennt und im Hinblick auf das Musterverfahren (1 BvL 5/08) zur Verfassungsmäßigkeit der rückwirkenden Anwendung von § 40a Abs. 1 des Gesetzes über die Kapitalanlagegesellschaften - KAGG - zum Ruhen gebracht worden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss (Blatt 164 bis 167 der Akten) verwiesen.

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Entscheidungsgründe

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Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

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Der Beklagte hat zu Unrecht die von der Klägerin begehrte Abschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG auf die von ihr im Anlagevermögen gehaltenen Finanzanlagen verweigert.

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Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn nach § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. §§ 4, 5 EStG. Sie hatte danach für den Schluss eines jeden Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen, dass nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung auszuweisen ist und die Bewertung dieses Betriebsvermögens nach § 6 EStG vorzunehmen.

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Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind unter anderem Beteiligungen grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. An Stelle der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG der Teilwert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG angesetzt werden, wenn er auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist als die Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

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Die Voraussetzungen einer derartigen Teilwertabschreibung lagen im Streitfall entgegen der Auffassung des Beklagten vor.

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Der Teilwert der streitbefangenen Fondsbeteiligungen der Klägerin, die diese ihrem Anlagevermögen zugeordnet hatte, lag zum hier maßgeblichen Bilanzstichtag, dem 31. Dezember 2001, unstreitig bei 729.677,08 DM. Es besteht insoweit Einvernehmen zwischen den Beteiligten und dem Gericht, dass der Teilwert von börsennotierten Wertpapieren sich grundsätzlich nach dem Börsenkurswert (ggf. zuzüglich Anschaffungsnebenkosten) am Bilanzstichtag richtet, wenn der Erwerb einer gleich hohen Beteiligung am Bewertungsstichtag zu diesem Wert möglich erscheint (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 26. September 2007 I R 58/06, BStBl II 2009, 294 unter II. 1. a m. w. N.). Auch nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung bestand zwischen den Beteiligten Einvernehmen, dass im Streitfall keine nennenswerten den Teilwert beeinflussenden Anschaffungsnebenkosten zu berücksichtigen sind (ähnlich auch in dem Fall des FG Münster, Urt. vom 9. Juli 2010 9 K 75/09 K, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 2011, 221 m. w. N.). Der Senat geht daher in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon aus, dass teilwertbeeinflussende Anschaffungsnebenkosten nicht angefallen wären.

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Er folgt weiterhin dem unbestrittenen, in der mündlichen Verhandlung mit dem Beklagten erörterten Vorbringen der Klägerin, dass bei einem Abstellen auf die in den Fonds gehaltenen Aktien die Teilwertabschreibung noch höher ausgefallen wäre als bei einer Orientierung an den Börsenkursen der Fondsanteile unmittelbar. Das ergibt sich bereits daraus, dass bei einzelnen Aktien weitergehende Wertverluste als hinsichtlich des gesamten Fonds eingetreten sind, die zu entsprechenden Teilwertabschreibungen berechtigten, während eine Verpflichtung zur Berücksichtigung von Kurssteigerungen anderer Aktien über die Höhe der Anschaffungskosten hinaus nicht besteht. Auswirkungen ergeben sich wegen der Bindung des Gerichts an den Antrag (§ 96 FGO) nicht.

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Die Wertminderung war auch voraussichtlich andauernd. Die Klägerin hat in Erfüllung der sie treffenden Feststellungslast die maßgeblichen teilwertmindernden Umstände zur Überzeugung des Gerichts dargelegt (vgl. zur Beweislastverteilung insoweit FG München, Urteil vom 7. Dezember 2010, 6 K 3192/07, EFG 2011, 697 unter II. 1. m. w. N.).

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Eine voraussichtlich andauernde Wertminderung liegt vor, wenn der Teilwert voraussichtlich nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist (vgl. BStBl II 2009, 294 unter II. 1. b m. w. N.; Bundesministerium der Finanzen - BMF - vom 25. Februar 2000, BStBl I 2000, 372, Rdnr. 3 und 4). Von einem nachhaltigen Sinken des Teilwerts unter die Anschaffungskosten ist auszugehen, wenn aus der Sicht des Bilanzstichtags auf Grund objektiver Anzeichen ernstlich mit einem langfristigen Anhalten der Wertminderung gerechnet werden muss. Dazu bedarf es einer an der Eigenart des Wirtschaftsgutes ausgerichteten Prognose (BFH a. a. O.). Diese Interpretation des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG wird in der Finanzrechtsprechung allgemein angewendet (vgl. z. B. FG Münster, Urteil vom 31. August 2010, 9 K 3466/09 K, G, EFG 2010, 124; FG München, Urteil vom 7. Dezember 2010, 6 K 3192/07, EFG 2011, 697; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Dezember 2010, 1 K 2237/07, EFG 2011, 953). Der erkennende Senat folgt dieser ganz herrschenden Auffassung in ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 21. Juni 2006, 13 K 4033/05, EFG 2006, 1414 m. w. N.).

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Der BFH (BStBl II 2009, 294) hat die vom erkennenden Senat in der zitierten Entscheidung vertretene engere Auffassung zur Bestimmung einer voraussichtlich andauernden Wertminderung bei börsennotierten Wertpapieren verworfen und entschieden, von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung bei börsennotierten als Finanzanlagen im Anlagevermögen gehaltenen Aktien sei auszugehen, wenn der Teilwert zum Bilanzstichtag oder spätestens zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung unter seinen Buchwert gesunken sei und keine konkreten Anhaltspunkte für eine baldige Wertsteigerung vorlägen.

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Der erkennende Senat sieht keinen Grund von dieser sehr großzügigen Vorgabe (vgl. Kulosa in Schmidt, EStG, 30. Aufl., 2011, § 6 Rdnr. 364 ff.) bei den hier streitbefangenen börsennotierten Aktienfonds abzuweichen. Die entsprechenden Fondsanteile werden genauso wie Aktien an der Börse gehandelt. Ihr gesamtes Vermögen besteht aus Aktien. Anders als bei festverzinslichen Wertpapieren (vgl. dazu BFH-Urteil vom 8. Juni 2011 I R 98/10 unter II. 3. e bb, Rdnr. 19, Homepage des BFH vom 18. August 2011; Revisionsentscheidung zu FG Münster, Urt. vom 9. Juli 2010, 9 K 75/09 K, EFG 2011, 221) sind bei börsennotierten Aktienfonds keine maßgeblichen Unterschiede zu Aktien selbst festzustellen.

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Der Senat sieht sich dabei in grundsätzlicher Übereinstimmung auch mit dem Beklagten, der durch die BMF-Schreiben vom 26. März 2009, BStBl I 2009, 514 und vom 5. Juli 2011, BStBl I 2011, 735 grundsätzlich gehalten ist, die vom BFH in der oben zitierten Entscheidung aufgestellten Rechtsgrundsätze über den entschiedenen Einzelfall hinaus - auch auf Aktienfonds, die hier unstreitig vorliegen - anzuwenden.

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Entgegen der Auffassung des insoweit durch das BMF-Schreiben gebundenen Beklagten ist von einer voraussichtlich andauernden Wertminderung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG nicht erst dann auszugehen, wenn der Rücknahmepreis des Investmentanteils im Anlagevermögen zu dem jeweils aktuellen Bilanzstichtag um mehr als 40% unter die Anschaffungskosten gesunken ist.

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Das BMF bezieht sich insoweit auf ein obiter dictum des BFH in der vorgenannten Entscheidung, in der dieser im Hinblick auf die im konkreten Einzelfall vorliegenden Wertminderung um mehr als 40% ausdrücklich offen gelassen hatte, ob jedes Absinken des Wertes in der Bilanz nachvollzogen werden müsse oder ob Wertveränderungen innerhalb einer gewissen Bandbreite aus Gründen der Verwaltungsökonomie und der Bilanzstetigkeit als nur vorübergehende Wertschwankungen zu beurteilen seien.

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Der erkennende Senat versteht die Ausführungen sowohl des BFH in dem obiter dictum als auch des daran anknüpfenden BMF dahingehend, dass diese ausschließlich auf Fragen der Beweisführung zielen. Denn eine Rechtsgrundlage für die Versagung einer Teilwertabschreibung wegen einer aufgrund von Indizien außerhalb von Börsenkursen oder durch langjährige Börsenkurse begründeten voraussichtlich andauernden Wertminderung zum Beispiel von 5% ist für den erkennenden Senat nicht ersichtlich.

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Der erkennende Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des FG Münster in der Entscheidung vom 31. August 2010 an, dass ein für (nur) einen Bilanzstichtag gegebenes Absinken des Börsenkurses um mehr 20% für sich allein, d. h. ohne die Notwendigkeit für den Steuerpflichtigen weitere Indizien für eine voraussichtlich andauernde Wertminderung vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, hinreichend ist, um die Prognose eines voraussichtlichen Andauerns der Wertminderung zu tragen, wenn sich der Börsenkurs zum Bilanzaufstellungstag nicht wieder erholt hat. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörterte Entscheidung des FG Münster Bezug genommen.

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Dabei kann der erkennende Senat offen lassen, ob er der Auffassung des FG Münster auch insoweit folgen könnte, dass zwischen Bilanzstichtag und Bilanzaufstellungstag eintretende Schwankungen, die dazu führen, dass der Wert der streitbefangenen Wertpapiere zum Bilanzstichtag überschritten wird, keine Auswirkungen hätten, wenn der Wert zum Bilanzaufstellungstag wieder auf den Wert zum Bilanzstichtag oder darunter abgesunken ist.

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Da im vorliegenden Fall eine kontinuierliche Abwärtsbewegung der Kurse vorlag, sind die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung wegen voraussichtlich andauernder Wertminderung wegen des Unterschreitens der Anschaffungskosten der Wertpapiere durch die Börsenkurse vom Bilanzstichtag bis zum Bilanzaufstellungstag um mindestens 20% erfüllt.

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Wie sich aus den im Tatbestand wiedergegebenen Zahlen ergibt, lagen die Werte für die einzelnen Fonds zum hier streitbefangenen Bilanzstichtag 31. Dezember 2001 zwischen 66,4% und 79,1% der Anschaffungskosten der einzelnen Wertpapiere. Vier der fünf streitbefangenen Fonds weisen einen Wertverlust von über 25%, zwei sogar einen Wertverlust von über 30% aus. Die Wertpapiere haben außerdem zwischen dem Bilanzstichtag und der Bilanzaufstellung nochmals zwischen ca. 3,2% und ca. 4,8%, in der Summe also insgesamt um ca. 30.000 DM, weiter an Wert verloren.

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Auch der weitere in den Prüferhandakten (Blatt 281) dokumentierte Verlauf bis zum 31.Dezember 2002 und darüber hinaus stützt die Prognose. So sind z. B. die Fonds DWS und Deka im Jahr 2002 nochmals um weitere ca. 30% im Wert gesunken.

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Die Berechnung der Steuer ist dem Beklagten auferlegt worden, da dieser über die technischen Anlagen verfügt, ohne weiteren Aufwand die Veränderungen bei der Gewerbesteuerrückstellung bei der Berechnung der zutreffenden Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermessbetrages zu berücksichtigen.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

51

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

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