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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
27.07.2017
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Schleswig-Holsteinisches FG: Steuerliche Anerkennung einer Pensionszusage auch ohne konkrete Festlegung von Zins und Sterbetafel bei der Abfindungsregelung

Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 21.2.2017 – 1 K 141/15, Rev. eingelegt (Az. BFH: I R 28/17)

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2017-1778-1

unter www.betriebs-berater.de

Leitsätze

1. Abfindungsklauseln sind Bestandteil der Pensionszusage und unterliegen deshalb auch im Hinblick auf die zu erwartende Abfindungsleistung dem Schriftform- und Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1Nr. 3 EStG.

2. Die Abfindungsregelung darf keinen schädlichen Kürzungsvorbehalt im Sinne des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG beinhalten. Die Abfindung muss dem Wert des gesamten Versorgungsversprechens zum Abfindungszeitpunkt entsprechen (Gebot der Wertgleichheit).

3. Das Schriftform- und Eindeutigkeitsgebot und das Gebot der Wertgleichheit sind auch ohne Angabe einer konkret benannten Sterbetafel und eines konkret benannten Abzinsungssatzes gewahrt, wenn zur Berechnung der Abfindung auf die nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) geltenden Regelungen verwiesen wird.

EStG § 6a Abs. 1 Nr. 2 und 3; BetrAVG § 3 Abs. 4, § 4 Abs. 5

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Anerkennung einer Pensionsrückstellung. Umstritten ist, ob die in der Pensionszusage niedergelegte Abfindungsregelung den steuerlichen Vorgaben des § 6a Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) hinreichend Rechnung trägt.

Die klagende GmbH sagte ihrem alleinigen Gesellschafter und Geschäftsführer R, geboren am 22. Juni 1954, erstmals durch Vertrag vom 4. Januar 1993 eine betriebliche Altersversorgung zu. Der Vertrag enthält unter § 18 Abs. 2 folgende Abfindungsklausel: “Für die Höhe einer Kapitalabfindung sind die im Zeitpunkt der Abfindung geltenden steuerlichen Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen maßgebend (z.Zt. § 6a EStG)“. Am 24. Dezember 1999 vereinbarten die Klägerin und R einen neuen Pensionsvertrag. Dieser enthält unter § 16 die nachfolgende Abfindungsregelung:

„(1) Endet das Dienstverhältnis des Geschäftsführers unter Mitnahme unverfallbar erdienter Versorgungsanwartschaften, so ist die GmbH berechtigt, die Versorgungsanwartschaften ganz oder teilweise durch eine Kapitalzahlung abzufinden.

(2) Die GmbH ist berechtigt, laufende Pensionen ganz oder teilweise durch eine Kapitalzahlung abzufinden.

(3) Die Kapitalabfindung ist unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt der Abfindung gültigen Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen zu berechnen.

(4) Gilt für diesen Pensionsvertrag im Zeitpunkt einer Abfindung das Betriebsrentengesetz, so sind die im § 3 Betriebsrentengesetz genannten Abfindungsverbote zu beachten.

(5) Etwaige gesetzliche Abgaben trägt der Pensionsberechtigte“.

Im Zuge einer im Jahre 2012 angeordneten Außenprüfung beanstandete der Fachprüfer für betriebliche Altersversorgung die vorerwähnte Abfindungsklausel wie folgt:

“Gem. § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG ist eine Pensionsrückstellung mit steuerlicher Wirkung u.a. nur dann und soweit zulässig, wenn die Pensionszusage schriftlich erteilt ist. Die Pensionszusage muss danach eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten. Sofern es zur eindeutigen Ermittlung der in Aussicht gestellten Leistungen erforderlich ist, sind auch die Angaben für die versicherungsmathematische Ermittlung der Höhe der Verpflichtung (z.B. anzuwendender Rechnungszinsfuß oder anzuwendende biometrische Ausscheidewahrscheinlichkeit) schriftlich festzulegen (BMF vom 28.08.2001, BStBl 2001 I S. 594). Gem. BMF vom 06.04.2005, BStBl 2005 I S. 619 gelten diese Regelungen für in Pensionszusagen enthaltene Abfindungsklauseln entsprechend. Wird danach das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Abfindungshöhe nicht eindeutig und präzise schriftlich fixiert, scheidet die Bildung einer Pensionsrückstellung insgesamt aus.

Im vorliegenden Fall ist die in der Pensionszusage vom 24.12.1999 vereinbarte Kapitalabfindung unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt der Abfindung  gültigen Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen zu berechnen. Unabhängig von der Frage, ob aus dem Begriff „der im Zeitpunkt der Abfindung gültigen Rechnungsgrundlagen“ auf die jeweiligen Richttafeln nach Dr. Heubeck abgestellt werden kann/muss, ist darüber hinaus kein anzuwendender Rechnungszins vereinbart. Ebenfalls keine Erwähnung finden ggf. weitere Berechnungsparameter, die seit Inkrafttreten des BilMoG für handelsrechtliche Wertermittlungen geboten sind.

Das o.g. Schriftformerfordernis ist danach nicht erfüllt. Die im Prüfungszeitraum bilanzierte Pensionsrückstellung ist mithin gewinnwirksam aufzulösen.“

Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – übernahm die Prüfungsfeststellungen und erließ am 5. Dezember 2013 einen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) entsprechend geänderten Körperschaftsteuer(KSt-)bescheid 2007. Hiergegen erhob die Klägerin am 19. Dezember 2013 Einspruch. Am 6. Mai 2015 erging ein aus hier nicht relevanten Gründen geänderter KSt-Bescheid 2007, in welchem die KSt auf 52.274 € festgesetzt ist. Den Einspruch der Klägerin wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2015 zurück: Die getroffene Vereinbarung enthalte keine exakten Angaben zur Berechnung der Höhe der Abfindung. Diese könnten auch nicht im Wege der Auslegung ermittelt werden. Dies schon deshalb nicht, weil letztlich unklar bleibe, ob die Abfindung nach steuerlichen oder nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen habe. Infolge der Verletzung des Schriftformgebots sei die Pensionsrückstellung zwingend aufzulösen. Eine rechtliche Qualifizierung der unzulänglichen Pensionszusage als verdeckte Gewinnausschüttung sei deshalb ausgeschlossen.  

Mit der am 23. Juli 2015 erhobenen Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend:

Die tatsächliche und rechtliche Würdigung des FA sei fehlerhaft. Die für die Berechnung der Abfindung anzuwenden Rechnungsgrundlagen „Rechnungszinsfuß“ und „biometrische Faktoren“ könnten rechtssicher im Wege der Auslegung ermittelt werden. Dies sei vom Bundesfinanzhof in einem vergleichbaren Fall durch Beschluss vom 8. Dezember 2004 I B 125/04, BFH/NV 2005, 1036 auch ausdrücklich anerkannt worden. Bei der Änderung der Abfindungsklausel im Jahre 1999 sei es der Klägerin allein um die erforderliche Gleichwertigkeit von Zusage und Abfindungsregelung gegangen.      

Die Klägerin beantragt,

den geänderten KSt-Bescheid 2007 vom 5. Dezember 2013 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 6. Mai 2015 sowie der Einspruchsentscheidung vom 7. Juli 2015 mit der Maßgabe zu ändern, dass die im Jahresabschluss zum 31. Dezember 2007 in Höhe eines Betrages von 467.432 € ausgewiesene Pensionsrückstellung steuerlich anerkannt und die KSt 2007 auf 0 € herabgesetzt wird.  

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die im Bericht über die Prüfung der betrieblichen Altersversorgung sowie der Einspruchsentscheidung niedergelegten Erwägungen seien nicht entkräftet.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet.

Der angefochtene Steuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Voraussetzungen für die Bildung einer Pensionsrückstellung gemäß § 6a EStG liegen vor. Insbesondere steht die beanstandete Abfindungsklausel im Einklang mit dem Schriftform- und Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG und beinhaltet keinen schädlichen Vorbehalt im Sinne des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG.

Nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG darf für eine Pensionsverpflichtung eine Rückstellung (Pensionsrückstellung) nur gebildet werden, wenn und soweit die Pensionszusage schriftlich erteilt ist; die Pensionszusage muss u.a. eindeutige Angaben zur Höhe der in Aussicht gestellten Leistungen enthalten. Das Erfordernis der inhaltlichen Konkretisierung der Pensionszusage gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 3, 2. Halbsatz EStG (Eindeutigkeitsgebot) ist durch das Steueränderungsgesetz 2001 (StÄndG 2001) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794) in den Gesetzestext aufgenommen worden. In dem bereits vor der gesetzlichen Regelung ergangenen BMF-Schreiben vom 28. August 2001 (BStBl. I 2001, 594) ist hierzu ergänzend ausgeführt, dass, soweit es zur eindeutigen Ermittlung der in Aussicht gestellten Leistungen erforderlich ist, auch Angaben für die versicherungsmathematische Ermittlung der Höhe der Versorgungsverpflichtung (z.B. anzuwendender Rechnungszinsfuß oder anzuwendende biometrische Ausscheidewahrscheinlichkeiten) schriftlich festzulegen sind. Nach Tz. 3 des BMF-Schreibens vom 6. April 2005 (BStBl. I 2005, 619) gelten die Regelungen zum Schriftformerfordernis nach dem BMF-Schreiben vom 28. August 2001 für in Pensionszusagen enthaltene Abfindungsklauseln entsprechend. Wird das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Abfindungshöhe nicht eindeutig und präzise schriftlich fixiert, soll danach die Bildung einer Pensionsrückstellung insgesamt ausscheiden.

Das Schriftform- und Eindeutigkeitsgebot ist im Hinblick auf die Pensionsberechtigung als solche gewahrt. Die Höhe der zugesagten Pension („70 % der rentenfähigen Bezüge“) ist nämlich durch die §§ 7 bis 11 des Vertrages eindeutig definiert, was auch vom FA nicht in Abrede gestellt ist. Die in der Pensionszusage niedergelegte Abfindungsklausel ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

Allerdings sind in der Abfindungsklausel weder ein konkreter Abzinsungssatz noch die konkret anzuwendende Sterbetafel benannt. Dies ist im Hinblick auf den vertraglichen Verweis auf die im Zeitpunkt der Abfindung gültigen Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen jedoch unschädlich. Die in Bezug genommenen Rechnungsgrundlagen für betriebliche Pensionsverpflichtungen sind in § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) in der im Zeitpunkt der Zusage (1999) geltenden Fassung wie folgt geregelt: „Die Abfindung wird nach dem Barwert der nach § 2 bemessenen künftigen Versorgungsleistungen im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechnet. […] Hierbei sind der bei der jeweiligen Form der betrieblichen Altersversorgung vorgeschriebene Rechnungszinsfuß und die Rechnungsgrundlagen sowie die anerkannten Regelungen der Versicherungsmathematik […] maßgebend. Die vorstehende gesetzliche Regelung ist später geändert worden. Die im Streitjahr 2007 geltende Fassung des BetrAVG enthält in § 3 Abs. 5 BetrAVG folgende Regelung: „Für die Berechnung des Abfindungsbetrages gilt § 4 Abs. 5 BetrAVG entsprechend“. In § 4 Abs. 5 BetrAVG ist ausgeführt: „bei der Berechnung des Barwertes sind die Rechnungsgrundlagen sowie die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik maßgebend“.

Der Senat hält die vorgenannten Regelungen zur Bemessung der Abfindungshöhe für hinreichend eindeutig im Sinne des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG. Bei dieser Wertung hat sich das Gericht von folgenden Erwägungen leiten lassen:

Abfindungsklauseln sind Bestandteil der Pensionszusage und unterliegen deshalb auch im Hinblick auf die zu erwartende Abfindungsleistung dem Schriftform- und Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG. Es stellt sich jedoch die Frage, ob zur Wahrung der vorgenannten Voraussetzungen die Angabe eines konkreten Abzinsungssatzes und einer konkret benannten Sterbetafel im Vertragstext zwingend erforderlich ist. Das Gericht teilt nicht die hierzu von dem Beklagten unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 6. April 2005 vertretene Auffassung. Dies deshalb nicht, weil der Wortlaut des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG ein solches Erfordernis nicht aufstellt und sich weder aus der Gesetzessystematik des § 6a EStG noch aus dem Zweck und der Entstehungsgeschichte des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG heraus zureichende Anhaltspunkte für die vom FA geforderte Gestaltung von Abfindungsklauseln ergeben.

Der Gesetzgeber hat in § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG eine spezielle, an das Gesetz über die betriebliche Altersversorgung angelehnte Regelung für Abfindungsklauseln geschaffen. Danach darf eine Pensionszusage keinen schädlichen Kürzungsvorbehalt enthalten. Leistungseinschränkungen dürfen nur nach allgemein anerkannten arbeitsrechtlichen Grundsätzen zulässig sein; eine Abfindung muss dem Wert des gesamten Versorgungsversprechens zum Abfindungszeitpunkt entsprechen (Gebot der Wertgleichheit). Die Anwendung arbeitsrechtlicher Grundsätze auf Abfindungsklauseln und das Gebot der Wertgleichheit stehen im gesetzessystematischen Spannungsverhältnis zum Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG. Dies deshalb, weil das Arbeitsrecht und die hier vertraglich in Bezug genommen Regelungen des BetrAVG zur Abfindungshöhe vorrangig dem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dienen und dieser gesetzestechnisch durch allgemeine Rechtsgrundsätze und Generalklauseln geprägt ist, welche von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung im Detail ausgeformt worden sind. Das Steuerrecht hat diese arbeitsrechtlichen Wertungen aufgenommen, indem es in § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG unter anderem auch auf allgemeine Rechtsgrundsätze unter Beachtung billigen Ermessens abstellt. In der Kommentierung von Blümich/Heger, EStG, § 6a Rn. 169 ist denn auch im Hinblick auf die arbeitsrechtliche Vorprägung des Abfindungsanspruchs ausgeführt: „Auch ohne Festlegung der Abfindungsparameter richtet sich der Abfindungsbetrag gem. § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen“. 

Zu beachten ist zudem, dass das Gebot der Wertgleichheit eine wesentliche Vorprägung für die Ausgestaltung des Abfindungsanspruchs enthält. Nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG können für Pensionszusagen insoweit keine Rückstellungen gebildet werden, als die Zusagen Vorbehalte enthalten, nach denen Anwartschaften oder laufende Leistungen gemindert oder entzogen werden können. Das gilt nicht, soweit sich die Vorbehalte nur auf Tatbestände erstrecken, bei deren Vorliegen nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen unter Beachtung billigen Ermessens eine Minderung oder ein Entzug der Versorgungsansprüche zulässig ist. Eine Klausel, die dem Arbeitgeber die Möglichkeit vorbehält, Pensionsverpflichtungen jederzeit in Höhe des Teilwertes nach § 6a Abs. 3 EStG abfinden zu können, ist als steuerschädlicher Vorbehalt i. S. d. § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren (BFH, Urteil vom 10. November 1998 I R 49/97, BStBl. II 2005, 261). Dagegen ist ein Abfindungsrecht, das sich für aktive Anwärter nach dem Barwert der künftigen Pensionsleistungen im Sinne von § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG (d. h. der volle, unquotierte Anspruch) zum Zeitpunkt der Abfindung bemisst, unschädlich. Das gleiche gilt für die Abfindung von laufenden Versorgungsleistungen und unverfallbaren Ansprüchen gegenüber ausgeschiedenen Anwärtern, wenn vertraglich als Abfindungsbetrag der Barwert der künftigen Pensionsleistungen gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 EStG vorgesehen ist.

Die vorliegende Abfindungsklausel sieht eine Abfindung des vollen Barwerts der zukünftigen Pensionsleistungen vor. Dadurch, dass dieser über den Verweis auf das BetrAVG den Rechnungsgrundlagen und den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik entsprechen muss, ist das Gebot der Wertgleichheit abgesichert. Die Benennung eines festen Abzinsungssatzes würde in punkto Wertgleichheit nicht zwangsläufig zu besseren Ergebnissen führen, da sich - je nach dem im Zeitpunkt der Abfindung vorherrschenden Zinsniveau - auch erhebliche Nachteile für die abfindungsberechtigte Person ergeben können: Je höher der Rechnungszins angesetzt wird, desto niedriger ist der am Bewertungsstichtag anzusetzende Barwert. So wirkt sich eine Veränderung des Rechnungszinssatzes um einen Prozentpunkt mit mindestens 10 % auf den Barwert der zugesagten Rente aus (vgl. Bundesgerichtshof - BGH, Beschluss vom 9. März 2016 XII ZB 540/14, BGHZ 209, 218 und juris Rz. 15). Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber beispielsweise bei der Neuregelung des Versorgungsausgleiches durch die Bezugnahme auf § 4 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 BetrAVG im Interesse einer möglichst realistischen Wertberechnung auf die Benennung eines konkreten Diskontierungssatzes verzichtet und allein auf die Rechnungsgrundlagen und die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik verwiesen. Die Wahl des Rechnungszinses sollte nach Maßgabe der anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik den Versorgungsträgern überlassen bleiben, die einen möglichst realistischen und für das jeweilige Anrecht spezifischen Zins verwenden sollten (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2016 XII ZB 540/14, a.a.O. und juris Rz. 15 f.).

Diese vom Gesetzgeber gewählte Regelungstechnik beinhaltet ein transparentes, manipulations- und beweissicheres Verfahren zur Bemessung des Barwertes einer Betriebsrente. Der hierdurch bewirkte Interessenausgleich schafft zugleich einen ausgewogenen Kompromiss zwischen dem Werterhaltungsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG einerseits und dem Schriftlichkeits- bzw. Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG andererseits.

Dass eine Verweisung auf das BetrAVG mit den Vorgaben des Eindeutigkeitsgebotes in Einklang steht, findet mittelbar auch in der Entstehungsgeschichte des § 6a Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG Bestätigung. Die vorgenannte Regelung ist durch das Steueränderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I 2001, 3794) eingefügt worden. Mit dem Eindeutigkeitsgebot sollten die in R 41 Abs. 7 EStR 2001 geregelten Anforderungen an den Inhalt der Pensionszusage gesetzlich klargestellt werden. Eine mit der Gesetzesänderung verbundene Erweiterung dieser Anforderungen auf die im BMF-Schreiben vom 28. August 2001 (BStBl. I 2001, 594) angesprochenen und in H 41 Abs. 7 EStH 2001 übernommenen Angaben für die versicherungsmathematische Ermittlung der Höhe der Versorgungsverpflichtung lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen.

Auch der Gesetzeszweck legt das in dem BMF-Schreiben vom 6. April 2005 zum Ausdruck gebrachte Verständnis des Eindeutigkeitsgebotes nicht nahe. Durch das Schriftform- und Eindeutigkeitsgebot des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG sollen Unklarheiten über den Inhalt der Pensionszusage, insbesondere über die Faktoren, die für die Bemessung der Pensionsrückstellung wesentlich sind (Zeitpunkt der Zusage, Art und Höhe der Leistungen), vermieden werden (BT-Drucks 7/1281, 38). Nach dem Zweck des § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG, der durch die Einfügung des Eindeutigkeitsgebots als bloße gesetzliche Klarstellung der Verwaltungspraxis keine Änderung erfahren hat, dienen die von der Vorschrift geforderten Angaben der Beweissicherung über den Umfang der Pensionszusage, soweit sich diese Angaben auf die Bemessung der Pensionsrückstellung auswirken. Handelt es sich, wie in dem Urteilsfall des BFH (Urteil vom 24. März 1999, I R 20/98, BFHE 189, 45, BStBl II 2001, 612), der Anlass für die gesetzliche Regelung des Eindeutigkeitsgebotes war (vgl. z.B. Weber-Grellet in Schmidt, EStG, 36. Aufl., § 6a Rz. 15), um eine beitragsorientierte Zusage, so kann die Höhe der Versorgungsanwartschaft nur ermittelt werden, wenn Angaben sowohl zu dem anzuwendenden Rechnungszins als auch zu den biometrischen Ausscheidewahrscheinlichkeiten vorliegen. Da bei einer beitragsorientierten Zusage für die Umrechnung in Versorgungsanwartschaften (von Ausnahmen abgesehen, z.B. Entgeltumwandlung - § 1 Abs. 5 BetrAVG i.d.F. des Gesetzes vom 16. Dezember 1997) nicht der Grundsatz der Wertgleichheit gilt, kommt der Festlegung der Berechnungsparameter, insbesondere der Festlegung des Rechnungszinses, eine besondere Bedeutung zu, da zunächst der (vom Arbeitgeber) zu leistende Beitrag in eine Versorgungsanwartschaft umgerechnet werden muss, um die Höhe der Pensionsrückstellung ermitteln zu können. Für die Ermittlung des Abfindungsbetrages gelten diese Erwägungen nicht in gleicher Weise. Für die Höhe der zu bildenden Rückstellung hat die Höhe der Abfindung keine Bedeutung. Ergibt sich aus der Pensionszusage mit hinreichender Deutlichkeit, dass bei der Ermittlung der Abfindung der Barwert der künftigen Leistungen maßgeblich sein soll, so kommt auf diese Weise zum Ausdruck, dass der Grundsatz der Wertgleichheit zu wahren ist. Die für die Zulässigkeit der Bildung einer Pensionsrückstellung relevante Frage, ob aus der Abfindungsklausel ein schädlicher Kürzungsvorbehalt folgt, kann beantwortet werden, ohne dass die Höhe der Abfindung betragsmäßig ermittelt werden müsste.

Demgemäß kommt es für die Erfüllung des Eindeutigkeitsgebots nicht darauf an, ob die Abfindungsklausel der Pensionszusage einen konkreten Abzinsungssatz und die konkret anzuwendende Sterbetafel benennt. Dies erscheint auch von der Sache her geboten, denn die Regelungen des BetrAVG enthalten einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den wechselseitigen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Durch den Verweis auf die Rechnungsgrundlagen und die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik wird sichergestellt, dass die Kapitalabfindung auch bei Veränderungen des Marktzinses werthaltig bleibt. Auf diese Weise wird das steuerliche Verbot einer nachträglichen Leistungskürzung gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG institutionell abgesichert. Diese Gesetzesauslegung entspricht letztlich auch den Vorgaben des BFH in seinem Urteil vom 10. November 1998, I R 49/97, BStBl II 2005, 261. Darin ist maßgeblich auf den Einklang einer Abfindungsklausel mit der arbeitsrechtlichen Lage abgestellt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 151 FGO i.V.m. den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung. Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

 

 

 

 

 

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