R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
10.07.2015
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
Finanzgericht Münster: Nachsorgeverpflichtungen für Deponien und deren Bewertung

Finanzgericht Münster, Urteil vom 25.2.2015 – 9 K 147/11 K,G,F, Rev. eingelegt (Az. BFH I R 35/15)

LEITSÄTZE (DES KOMMENTATORS)

1. Für künftig herzustellende oder anzuschaffende Wirtschaftsgüter, die mit Sicherheit keiner Generierung von Erträgen dienen werden, können bereits vor deren Anschaffung oder Herstellung gleichwohl Rückstellungen gebildet werden.

2. Sämtliche im Zusammenhang mit der Nachsorge für Mülldeponien zu erwartenden Zahlungsverpflichtungen für Einzelmaßnahmen der Nachsorge sind einheitlich abzuzinsen und nicht als selbständige Leistungsverpflichtungen zu qualifizieren und abzuzinsen.

HGB § 249 Abs. 1 S. 1; EStG § 5 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 3a

Sachverhalt

Streitig ist (noch) die Höhe zu den Bilanzstichtagen zum 31.12.2001 bis 2005 anzusetzender Rückstellungen für Nachsorgeverpflichtungen.

Die Klägerin ist eine mit notariellem Vertrag vom … gegründete GmbH, deren Unternehmensgegenstand in der Erfüllung von Aufgaben besteht, die die entsorgungspflichtigen Körperschaften des Kreises A und des B nach den Abfallgesetzen zu erbringen haben. Die Klägerin verfügt über ein Stammkapital von … €. Gesellschafter der Klägerin sind der Kreis A und … im Kreis A ansässige Kommunen (…).

Die Klägerin unterhielt u.a. drei Deponien (Deponie C, Deponie D und Deponie E):

Die Deponie C wurde von 1964 bis zum 31.12.1985 zur Verfüllung von Abfällen genutzt. Zum Ende des Jahres 1985 wurde sie stillgelegt; seitdem werden von der Klägerin in Bezug auf diese Deponie Nachsorgemaßnahmen durchgeführt.

Die im Jahre 1985 in Betrieb genommene Deponie D wurde bis zum 31.12.1999 zur Ablagerung von Abfällen genutzt. Mit dem Aufbringen der endgültigen Oberflächenabdichtung sollte nach den zu den Bilanzstichtagen 31.12.2001 bis 2005 bekannten Planungen bei dieser Deponie am 01.01.2009 begonnen werden.

Auf der Deponie E wurden seit 1994 Abfälle abgelagert. Nach den ursprünglichen, an den Bilanzstichtagen 31.12.2001 und 2002 bekannten Planungen der Klägerin sollten bis zum 30.06.2015 Ablagerungen vorgenommen und ab dem 01.01.2024 eine endgültige Oberflächenabdichtung auf der Deponie aufgebracht werden. Aufgrund veränderter, zu den Bilanzstichtagen 31.12.2003 und 2004 bekannter Planungen sollten letztmalig bis zum 30.06.2005 Ablagerungen auf der Deponie vorgenommen werden (bis Mitte 2004 im Wesentlichen Hausmüll und ähnliche Abfälle; von Mitte 2004 bis Mitte 2005 nur noch mineralische Reststoffe); die endgültige Oberflächenabdichtung der Deponie sollte ab dem 01.01.2017 aufgebracht werden.

Für ihre Nachsorgeverpflichtungen in Bezug auf die vorgenannten Deponien hat die Klägerin in der Handelsbilanz auf der Grundlage eingeholter Gutachten folgende Aufwendungen zurückgestellt:

 

 

31.12.2001

31.12.2002

31.12.2003

31.12.2004

31.12.2005

 

DM

C

18.251.138

8.894.879

9.518.529

9.443.341

9.622.315

D

39.085.684

19.449.750

13.871.229

14.006.356

14.858.659

E

65.783.853

36.490.760

30.787.737

31.236.736

30.062.333

 

----------------

----------------

----------------

----------------

----------------

gesamt

123.120.675

64.835.389

54.177.495

54.686.433

54.543.307

Bei der Ermittlung der Rückstellungsbeträge für die Steuerbilanz hatte die Klägerin für die Deponie E in der Weise eine Abzinsung des Rückstellungsbetrages nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) vorgenommen, dass sie für die Rückstellungen zum Bilanzstichtag 31.12.2001 und 31.12.2002 für die zurückgestellten Aufwendungen einen Abzinsungszeitraum vom Bilanzstichtag bis zum 01.01.2024 und für die Rückstellungen zu den Bilanzstichtagen 31.12.2003 bis 2005 einen Abzinsungszeitraum vom Bilanzstichtag bis zum 01.01.2006 zugrunde legte. Auf dieser Grundlage ergaben sich für die Steuerbilanz folgende Rückstellungsbeträge:

 

31.12.2001

31.12.2002

31.12.2003

31.12.2004

31.12.2005

 

DM

C

18.251.138

8.894.879

9.518.529

9.443.341

9.622.315

D

39.085.684

19.449.750

13.871.229

14.006.356

14.858.659

E

32.797.242

(Abzinsung 13 Jahre / Faktor 0,498561)

19.193.465

(Abzinsung 12 Jahre / Faktor 0,525982)

27.661.304

(Abzinsung 2 Jahre / Faktor 0,898452)

29.608.271

(Abzinsung 1 Jahr / Faktor 0,947867)

30.062.333

(Abzinsung 0 Jahre / Faktor 0)

 

----------------

----------------

----------------

----------------

----------------

gesamt

90.134.064

47.538.094

51.051.062

53.057.968

54.543.307

Im Jahr 2006 begann das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung bei der Klägerin mit der Durchführung einer Betriebsprüfung für die Jahre 2001 bis 2005. Der Prüfer vertrat in Bezug auf die von der Klägerin in Ansatz gebrachten Rückstellungen für Nachsorgeverpflichtungen zum einen die – inzwischen unter den Beteiligten unstreitige – Auffassung, die Höhe der zum 31.12.2005 in den Handelsbilanzen ausgewiesenen Rückstellungsbeträge sei in Bezug auf die Deponie C um 322.632 €, in Bezug auf die Deponie D um 494.270 € und in Bezug auf die Deponie E um 851.618 € wegen des Ansatzes von Deponiegasgutschriften, überhöht erfasster Gemeinkosten und nicht anzusetzender Rückbaukosten zu vermindern. Zum anderen vertrat er die Ansicht, auf der Grundlage eines Schreibens des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 25.07.2005 (IV B 2-S 2137-35/05, BStBl I 2005, 826) sei für die Verpflichtung der Klägerin zur Stilllegung und zur Nachsorge der Deponien jeweils ein separater Abzinsungszeitraum zu bilden, da es sich um unterschiedliche Verpflichtungen handele. Daraus folge, dass die zurückgestellten Aufwendungen zwei Phasen zuzuordnen seien: Die Phase I (Stilllegungsphase) umfasse den Zeitraum vom Ende des Verfüllzeitraums bis zur voraussichtlichen Abdichtung der Deponie, die Phase II (Nachsorgephase) beginne mit der endgültigen Abdichtung der Deponie und ende mit dem Ablauf des Nachsorgezeitraums. Dementsprechend sei für die auf die Stilllegungsphase entfallenden Aufwendungen eine Abzinsung für den Zeitraum zwischen dem jeweiligen Bilanzstichtag und dem Ende der Verfüllung und für die Nachsorgephase eine Abzinsung für den Zeitraum zwischen dem jeweiligen Bilanzstichtag und dem voraussichtlichen Beginn der Aufbringung der endgültigen Abdeckung vorzunehmen. Auf dieser Grundlage sei in Bezug auf die Rückstellungen für die Nachsorgeverpflichtungen betreffend die Deponie D für die Bilanzstichtage 31.12.2001 bis 2004 eine Abzinsung des auf die Zeit ab dem voraussichtlichen Beginn der endgültigen Abdichtung (01.01.2009) entfallenden Teils der zurückgestellten Aufwendungen in Höhe von 26.993.760 DM (31.12.2001), 13.103.098 € (31.12.2002), 10.559.419 € (31.12.2003), 10.970.511 € (31.12.2004) und für den Bilanzstichtag 31.12.2005 eine Abzinsung des auf die Zeit ab dem voraussichtlichen Beginn der endgültigen Abdichtung (01.01.2011) in Höhe von 10.851.579 € (31.12.2005) vorzunehmen. Für die Deponie E sei für die Bilanzstichtage 31.12.2001 und 2002 eine Abzinsung des auf die Zeit ab dem voraussichtlichen Beginn der endgültigen Abdichtung (01.01.2024) entfallenden Teils der zurückgestellten Aufwendungen in Höhe von 53.794.410 DM (31.12.2001) bzw. 23.112.690 € (31.12.2002) und für die Bilanzstichtage 31.12.2003 bis 2005 eine Abzinsung des auf die Zeit ab dem voraussichtlichen Beginn der endgültigen Abdichtung (01.01.2017) entfallenden Teils der zurückgestellten Aufwendungen in Höhe von 20.899.853 € (31.12.2003), 21.103.028 € (31.12.2004) bzw. 20.499.619 € (31.12.2005) vorzunehmen. Zudem sei nach dem o.g. BMF-Schreiben für alle Bilanzstichtage nach dem 01.08.2002 maximal ein Nachsorgezeitraum von 30 Jahren ab dem Ende der Verfüllung anzunehmen. Dementsprechend sei die Nachsorgerückstellung für die Deponie C lediglich unter Berücksichtigung einer bis zum 31.12.2015 zu berücksichtigenden Nachsorgephase zu berechnen.

Bei Anwendung dieser Berechnungsgrundlagen seien die für die Nachsorgeverpflichtungen der in der Steuerbilanz der Klägerin ausgewiesenen Rückstellungen lediglich mit folgenden Beträgen zu erfassen:

 

31.12.2001

31.12.2002

31.12.2003

31.12.2004

31.12.2005

 

DM

C

18.251.138

4.810.568

4.446.929

4.224.799

3.921.361

D

29.691.856

16.811.948

11.389.765

11.889.047

11.814.267

E

25.314.724

12.030.565

20.035.783

20.706.949

20.088.385

 

----------------

----------------

----------------

----------------

----------------

gesamt

73.257.718

33.653.081

35.872.478

36.820.795

35.824.013

Dementsprechend sei der Gewinn der Klägerin um Beträge von 16.876.346 DM / 8.628.739 € (2001), 5.256.271 € (2002), 1.293.574 € (2003), 1.058.589 € (2004) bzw. 2.482.121 € (2005) zu erhöhen (jeweils vor Anpassung der Gewerbesteuerrückstellung). Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 03.01.2008 nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Beklagte folgte den Vorschlägen des Prüfers und erließ am 21.02.2008 auf der Grundlage von § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) entsprechend geänderte Steuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2005, einen – wegen Wegfalls des Verlustrücktrags aus dem Jahr 2001 –  gem. § 10d EStG geänderten Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2000 sowie einen gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Jahr 2000 geltenden Fassung (KStG a.F.) zum 31.12.2000. Zudem ergingen am 21.02.2008 ein gem. § 164 Abs. 2 AO geänderter Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 36 Abs. 7 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und am 03.03.2008 auf der Grundlage von § 164 Abs. 2 AO geänderte Gewerbesteuermessbescheide für 2001, 2002, 2004 und 2005.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 18.03.2008 Einspruch ein. Nach umfangreichen Erörterungen unter Einschaltung der Oberfinanzdirektion F und des Finanzministeriums Nordrhein-Westfalen erließ der Beklagte am 15.12.2010 bzw. 20.12.2010 Einspruchsentscheidungen, mit denen er den Einsprüchen der Klägerin teilweise stattgab. In Bezug auf den Ansatz der Nachsorgerückstellungen für die Deponie C entsprach der Beklagte nach Vorlage einer Bestätigung der Bezirksregierung G vom 13.07.2009, dass die Klägerin voraussichtlich mindestens bis zum Jahre 2030 Aufwendungen für die Stilllegung und Nachsorge zu übernehmen habe, dem Einspruchsbegehren der Klägerin, bei der Berechnung der Rückstellungen nicht von einer Laufzeitbegrenzung auf 30 Jahre auszugehen. In Bezug auf die Nachsorgerückstellung für die Deponie E korrigierte er einen Rechenfehler bei der Ermittlung des abgezinsten Betrages zum 31.12.2001 und legte bei der Ermittlung der Nachsorgerückstellungen zum 31.12.2001 bis 2003 genauer ermittelte (interpolierte) Abzinsungsfaktoren zugrunde. In Bezug auf die Rückstellungen betreffend die Deponie D nahm der Beklagte keine Änderungen vor. Auf der Grundlage dieser Berechnungen ergaben sich folgende Rückstellungsbeträge:

 

31.12.2001

31.12.2002

31.12.2003

31.12.2004

31.12.2005

 

DM

C

18.251.138

8.894.879

9.518.529

9.443.341

9.299.683

D

29.691.855

16.811.948

11.389.765

11.889.047

11.814.268

E

22.395.548

10.926.505

19.555.544

20.706.949

20.088.385

 

----------------

----------------

----------------

----------------

----------------

gesamt

70.338.541

36.633.332

40.463.838

42.039.337

41.202.336

Darüber hinaus berücksichtigte der Beklagte für die auf die zweite Abzinsungsphase entfallende Gewinnerhöhung für das Jahr 2001 gewinnmindernd eine Rücklage gem. § 52 Abs. 16 Satz 11 i.V.m. Satz 8 EStG in der im Jahr 2001 geltenden Fassung (EStG 2001) in Höhe von insgesamt 13.232.598 DM und gewinnerhöhend Auflösungsbeträge in Bezug auf die vorgenannten Rücklagen in Höhe von insgesamt 1.654.075 DM (2001) bzw. 845.714 € (2002 bis 2005). Im Übrigen wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidungen vom 15.12.2010 und vom 20.12.2010 nebst Anlagen Bezug genommen.

Gegen die Steuer- und Feststellungsbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidungen hat die Klägerin am 13.01.2011 Klagen erhoben, die mit Beschluss vom 13.12.2012 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden sind.

Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Beklagten beruhten die von der Klägerin zu übernehmenden Nachsorge-und Rekultivierungsarbeiten auf einer einheitlichen Verpflichtung, da diese Arbeiten jeweils eng aufeinander abgestimmt seien. Sie habe die Deponien nach § 32 i.V.m. § 10 des Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (KrW-/AbfG) vom 27.09.1994 (BGBl I 1994, 2705) so zu betreiben, dass von den Anlagen nach deren Stilllegung keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden könnten und die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Deponiegeländes gewährleistet sei. Um diesen Verpflichtungen zu entsprechen, bedürfe es eines einheitlichen Nachsorge-und Rekultivierungskonzeptes mit zahlreichen Einzelmaßnahmen, an dessen Ende die Aufbringung der endgültigen Oberflächenabdichtung stehe. Die in dem Gesamtkonzept enthaltenen Maßnahmen bedingten sich gegenseitig und seien in ihrer Funktion voneinander abhängig. So habe etwa die Art und die Methode der später geplanten endgültigen Oberflächenabdichtung bereits Auswirkung auf die durchzuführenden Nachsorgemaßnahmen nach Schließung einer Deponie. Änderungen am ursprünglichen Nachsorgekonzept hätten zwingend auch Änderungen bei der Durchführung der endgültigen Oberflächenabdichtung zur Folge. Daraus folge, dass die auf einer einheitlichen öffentlich-rechtlichen beruhenden Verpflichtungen nicht nur rechtlich als Einheit anzusehen seien, sondern sich wegen ihrer technisch-funktionalen Verknüpfung auch wirtschaftlich als Einheit darstellten.

Dem widerspreche nicht, dass die Verordnung über Deponien und Langzeitlager vom 24.07.2002 (BGBl I 2002, 2807) --DepV-- den gesamten Zeitraum ab dem Ende der Abfallablagerung in eine Stilllegungsphase und in eine Nachsorgephase aufteile. Dieser Aufteilung liege nur die Überlegung zu Grunde, dass in der Stilllegungsphase prinzipiell sämtliche Nachsorgemaßnahmen zu erbringen seien, während in der Nachsorgephase nur noch Überwachungsfunktionen erforderlich seien. Es würden durch diese Aufteilung jedoch keine unterschiedlichen Verpflichtungen begründet. Dies werde bestätigt durch eine von der Klägerin zu den Akten gereichte Stellungnahme des Herrn Prof. Dr. H vom 17.02.2011, auf die für nähere Einzelheiten verwiesen werde.

Da die danach bestehende einheitliche Verpflichtung weder rechtlich noch wirtschaftlich in verschiedene Einzelverpflichtungen aufgeteilt werden könne, seien entgegen der Verwaltungsanweisung in Tz. 22 des BMF-Schreibens vom 25.07.2005 (a.a.O.) für die Nachsorgeverpflichtungen nicht unterschiedliche Abzinsungszeiträume zugrunde zu legen; es sei vielmehr von einem einheitlichen Abzinsungszeitraum auszugehen. Daraus folge, dass auch in Bezug auf die Oberflächenabdichtung als Beginn der Erfüllung der der Klägerin obliegenden Pflichten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchstabe e EStG das Ende des Verfüllzeitraums anzusehen sei.

Soweit der Beklagte nunmehr geltend mache, dass die Rückstellungsbildung nach § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG für Aufwendungen, die zur Anschaffung bzw. Herstellung von Betriebsvorrichtungen führten, ausgeschlossen sei, werde auf Tz. 15 des BMF-Schreibens vom 25.07.2005 (a.a.O.) verwiesen. Dort sei klargestellt, dass auch für die vorgenannten Aufwendungen Rückstellungen gebildet werden könnten.

In der Sache hat am 12.09.2013 ein Erörterungstermin stattgefunden, in dessen Rahmen die Beteiligten über die Behandlung eines hier nicht mehr interessierenden Sachverhaltes (Teilwertabschreibung auf die Deponiegrundstücke) Einvernehmen erzielt haben. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll über den Erörterungstermin Bezug genommen. Dementsprechend hat der Beklagte am 21.03.2014 geänderte Körperschaftsteuerbescheide für 2001 bis 2005, einen geänderten Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 36 Abs. 7 KStG und geänderte Gewerbesteuermessbescheide für 2004 und 2005 erlassen; mit den geänderten Bescheiden zur Körperschaftsteuer für 2004 und zum Gewerbesteuermessbetrag 2004 wurde die Steuer bzw. der Steuermessbetrag jeweils auf 0 € festgesetzt.

Die Klägerin beantragt,

unter Anpassung der Gewerbesteuerrückstellungen den Körperschaftsteuerbescheid für 2000 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 47 Abs. 1 KStG a.F. zum 31.12.2000, jeweils vom 21.02.2008 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.12.2010, die Gewerbesteuermessbescheide 2001 und 2002, jeweils vom 03.03.2008 und in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20.12.2010, sowie die Körperschaftsteuerbescheide für 2001 bis 2005, den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 36 Abs. 7 KStG sowie die Gewerbesteuermessbescheide für 2004 und 2005, sämtlich vom 21.03.2014, in der Weise zu ändern, dass die Rückstellungen für Nachsorgeverpflichtungen in Höhe von 89.307.775 DM (31.12.2001), 47.046.144 € (31.12.2002), 51.806.839 € (31.12.2002), 54.686.433 € (31.12.2004) bzw. 52.874.787 € (31.12.2005) angesetzt und gegenläufig die Gewinnminderung aus der Bildung und Auflösung der Rücklage gem. § 52 Abs. 16 EStG in Höhe von insgesamt 11.578.523 DM (2001) sowie die Gewinnerhöhungen aus der Auflösung der Rücklage gem. § 52 Abs. 16 EStG in Höhe von jeweils 845.714 € (2002 bis 2005) rückgängig gemacht werden,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Er macht geltend, es fehle bereits an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung, weil die Klägerin ihr Klagebegehren bzw. einen Klageantrag im Klageschriftsatz nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht habe.

In materiell-rechtlicher Hinsicht vertritt der Beklagte die Ansicht, die in der Stilllegungsphase und in der Nachsorgephase anfallenden Aufgaben der Klägerin beruhten auf verschiedenen Verpflichtungen. Sie seien daher auch einzeln zu bilanzieren und nach unterschiedlichen Regeln abzuzinsen. Bei Übertragung des für die Aktivierung von Wirtschaftsgütern auf der Aktivseite der Bilanz geltenden Grundsatzes der Einzelbewertung auf die Bildung von Nachsorgerückstellungen ergebe sich, dass bestehende Verpflichtungssegemente nur dann zusammengefasst werden dürften, wenn sie in einem engen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stünden. Die Klägerin sei als Be-treiberin der Deponien verpflichtet gewesen, in der Stilllegungsphase alle erforderlichen Maßnahmen zur Errichtung eines Oberflächenabdichtungssystems durchzuführen; in der Nachsorgephase müsse sie demgegenüber alle Maßnahmen durchführen, die der Kontroll- und Überwachungstätigkeit dienten. Diese Bereiche stünden trotz rechtlich formaler Verklammerung durch die DepV in unterschiedlichen funktional-sachlichen Zusammenhängen. Darüber hinaus gebe es innerhalb der beiden Verpflichtungssegmente weitere konkret abgrenzbare Teilverpflichtungen oder Maßnahmenbündel, die ihrerseits unterschiedlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen zuzuordnen und daher getrennt zu bewerten und abzuzinsen seien. Innerhalb der Stilllegungsphase seien etwa Maßnahmen zur Stabilisierung des Deponiekörpers, zur Aufbringung einer temporären und einer endgültigen Oberflächenabdeckung, betreffend Maßnahmen zur abschließenden Rekultivierung und betreffend die Erstellung der technischen Anlagen zur Nachsorge als selbständige Teilverpflichtungen anzusehen. In der Nachsorgephase sei in Bezug auf Maßnahmen zur Entsorgung/Aufbereitung von Sickerwasser, zur Entsorgung/Aufbereitung von Deponiegas, zur Pflege und Überwachung der Entsorgungseinrichtungen, betreffend sonstige Überwachung-und Kontrollmaßnahmen, den Rückbau von Entsorgungs-, Kontroll-, und Überwachungseinrichtungen, die Entsiegelung von Asphaltwegen sowie die Dokumentation von selbständigen Teilverpflichtungen auszugehen. Dies werde auch dadurch belegt, dass die Höhe der zurückzustellenden Beträge in der Praxis nach den vorgenannten Teilverpflichtungen ermittelt werde.

Angesichts dessen sei der Hinweis auf eine einheitliche Verpflichtungsgrundlage für die in der Stilllegung- und Nachsorgephase anfallenden Aufgaben nicht durchgreifend, weil er den Grundsatz der Einzelbewertung nicht hinreichend beachte. Entscheidend für die steuerliche Bilanzierung seien nicht die im öffentlichen Recht oder im Zivilrecht getroffenen Einordnungen, sondern die steuerrechtliche Entscheidung des Gesetzgebers. Wenn schon der zivilrechtliche Sachbegriff keine steuerliche Entscheidungsgrundlage für die Differenzierung von Wirtschaftsgütern bilden könne, könne sich eine solche auch nicht aus der öffentlich-rechtlichen Verklammerung von funktional-sachlich zu differenzierenden Verpflichtungen ergeben. Das Vorliegen einer einheitlichen Verpflichtungsgrundlage habe bei der Bilanzierung von Rückstellungen nur eine Indizwirkung; entscheidend sei jedoch eine wirtschaftliche Betrachtung.

Als Beginn der Erfüllung sei für die Einzelverpflichtungen damit der Zeitpunkt anzunehmen, in dem unmittelbar zur Erfüllung der betreffenden Verpflichtung angesetzt werde. In Bezug auf die Teilverpflichtung zur Aufbringung der endgültigen Oberflächenabdichtung, die regelmäßig zwischen 50 % und 60 % des gesamten Rückstellungsbetrages ausmache und die wegen der noch längere Zeit nach Schließung einer Deponie auftretenden Setzungen und Verformungen des Geländes regelmäßig erst längere Zeit nach dem Beginn der Stilllegungsphase aufgebracht werden könne, bedeute dies, dass mit der Erfüllung erst nach Beendigung der Stilllegungsphase begonnen werde.

Im Übrigen sei davon auszugehen, dass eine Rückstellungsbildung für die Nachsorgeverpflichtungen zum Teil bereits nach § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG ausgeschlossen sei. Aus den für die Deponie D unstreitig zugrunde zu legenden Ausgangsbeträgen in Höhe von 39.085.684 DM (31.12.2001), 19.449.750 € (31.12.2002), 13.871.229 € (31.12.2003), 14.006.356 € (31.12.2004) und 14.364.389 € (31.12.2005) seien Investitionskosten in Höhe von 13.261.422 DM / 6.780.457 € (31.12.2001 und 2002), 5.237.570 € (31.12.2003) und 5.465.000 € (31.12.2004 und 2005) sowie aus den für die Deponie E unstreitig zugrunde zu legenden Ausgangsbeträgen in Höhe von 65.783.853 DM (31.12.2001), 36.490.760 € (31.12.2002), 30.787.737 € (31.12.2003), 31.236.736 € (31.12.2004) und 29.210.715 € (31.12.2005) Investitionskosten in Höhe von 26.622.000 DM / 13.611.613 € (31.12.2001 und 2002), 7.800.000 € (31.12.2003 und 2004) und 8.115.000 € (31.12.2005) auszuscheiden. Hierbei handele es sich u.a. um Kosten für die Errichtung von Anlagen zur Ableitung, Entsorgung und Aufbereitung des Sickerwassers und der Deponiegase sowie um Kosten für die temporäre und die endgültige Oberflächenabdichtung und damit um Aufwendungen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Deponien zu aktivieren seien. Dies wiederum folge daraus, dass der Zweck der Deponien in der umweltgerechten Lagerung von Abfällen bestehe. Von der Fertigstellung der Deponien sei folglich erst zu dem Zeitpunkt auszugehen, zu dem – vergleichbar dem Dach einer Lagerhalle – die endgültige Oberflächenabdichtung auf der betreffenden Deponie aufgebracht worden sei. Erst von diesem Zeitpunkt an sei auch eine Abschreibung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten möglich. Die Klägerin berufe sich im Hinblick auf die vorrangige gesetzliche Regelung in § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG insoweit zu Unrecht auf Tz. 15 des BMF-Schreibens vom 25.07.2005 (a.a.O.), wonach die in der Stilllegungs- und Nachsorgephase anfallenden Aufwendungen für die Oberflächenabdichtung, die Rekultivierungsschicht und die Anlagen zur Ableitung/Aufbereitung des Oberflächenwassers nicht zu aktivieren seien. Unabhängig davon sei das Gericht an diese – auf einer Mehrheitsentscheidung nach kontroverser Diskussion beruhende – Beurteilung der Sachlage durch die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ohnehin nicht gebunden.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 26.11.2013 ein Stillegungs- und Nachsorgekonzept 2003 (Bearbeitungsstand November 2013) und eine Aktualisierung der Investitions- und Nachsorgekostenberechnung sowie des Mittelabflussplanes für die Deponien D und E sowie die Altlast C (Stand: 08.04.2004) eingereicht. Wegen der Einzelheiten wird auf die eingereichten Unterlagen Bezug genommen

Der Senat hat in der Sache am 25.02.2015 mündlich verhandelt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Aus den Gründen

I. Das Verfahren betreffend die Körperschaftsteuerbescheide für 2002 bis 2005, die Gewerbesteuermessbescheide für 2002, 2004 und 2005 und den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 36 Abs. 7 KStG war nicht auszusetzen.

1. In Bezug auf die Körperschaftsteuerbescheide für 2002 bis 2005 und die Gewerbesteuermessbescheide für 2002, 2004 und 2005 war der Senat nicht nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gehindert, in der Sache zu entscheiden.

a. Das Verfahren kann gemäß § 74 FGO vom Gericht ausgesetzt werden, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist. Die Aussetzung unterliegt dem Ermessen des Gerichts, das prozessökonomische Gesichtspunkte und die Interessen der Verfahrensbeteiligten gegeneinander abzuwägen hat (BFH-Beschluss vom 20.11.2014 V B 80/14, BFH/NV 2015, 341). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist im Regelfall ein Klageverfahren über einen Folgebescheid auszusetzen, wenn ein Verfahren über den Grundlagenbescheid anhängig und eine zeitgleiche Entscheidung nicht möglich ist. Dementsprechend ist das Verfahren über eine Ertragsteuerfestsetzung regelmäßig auszusetzen, bis Verfahren über die Feststellung vortragsfähiger Verluste aus den Vorjahren bestandskräftig abgeschlossen sind (vgl. BFH-Beschluss vom 28.04.2008 I B 42/08, BFH/NV 2008, 1523; BFH-Urteil vom 06.07.1999 VIII R 12/98, BStBl II 1999, 731).

b. Nach diesen Grundsätzen wäre das Verfahren betreffend die Körperschaftsteuerbescheide für 2002 bis 2005 und die Gewerbesteuermessbescheide für 2002, 2004 und 2005 zwar grundsätzlich auszusetzen gewesen, weil die Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2001 bis 2004 und die Bescheide über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2001, 2003 und 2004 nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind und eine Erhöhung der auf den 31.12.2001 festgestellten Verluste Auswirkungen auf die Steuer- bzw. Steuermessbetragsfestsetzung der Folgejahre hätte. Da der Senat nicht zuletzt in Anbetracht des Umstandes, dass die Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.02.2015 keinen Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gestellt haben, davon ausgeht, dass ihnen an einer Entscheidung über die Höhe der anzusetzenden Nachsorgerückstellungen in allen Streitjahren gelegen ist, übt der Senat das ihm zustehende Ermessen aus prozessökonomischen Gründen in der Weise aus, dass er keine Aussetzung des Verfahrens betreffend die Körperschaftsteuerbescheide für 2002 bis 2005 und die Gewerbesteuermessbescheide für 2002, 2004 und 2005 vornimmt. Dies erscheint auch deshalb sachgerecht, weil auf der Grundlage von § 10d Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs¨1 KStG bzw. auf der Grundlage von § 35b Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ohne weiteres die Folgerungen aus einer Änderung der Verlustfeststellungen für die Jahre ab 2001 gezogen werden können.

2. Das Verfahren betreffend den Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 36 Abs. 7 KStG war nicht gem. Art. 100 des Grundgesetzes (GG) auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber einzuholen, ob der durch § 34 Abs. 13f KStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) eingefügte § 36 Abs. 6a KStG mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist (vgl. hierzu Beschluss des erkennenden Senates vom 16.09.2014 9 K 1600/12 F, EFG 2015, 500; Az. des BVerfG 2 BvL 29/14). Ebensowenig war eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des BVerfG im Verfahren 2 BvL 29/14 geboten, denn die Klägerin hat trotz ausdrücklichen Hinweises im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.02.2015 keine von § 36 Abs. 6a KStG in der Form des JStG 2010 abweichende Umgliederung der Endbestände beantragt.

II. Die Klage ist zulässig.

1. Soweit der Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung gerügt hat, die Klage sei unzulässig, weil das Klagebegehren bzw. der Klageantrag im Klageschriftsatz nicht hinreichend zum Ausdruck gebracht worden sei, ist dem nicht zu folgen, denn für die Frage, ob das Klagebegehren hinreichend konkret bezeichnet ist, kommt es, soweit – wie vorliegend – keine Ausschlussfrist nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzt worden ist, auf den Schluss der mündlichen Verhandlung an (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BFH-Urteil vom 14.07.1992 VIII R 86/89, BFH/NV 1993, 38 m.w.N.). Am Schluss der mündlichen Verhandlung war das Klagebegehren der Klägerin hinreichend konkret bezeichnet.

2. Der Zulässigkeit der Klage steht auch nicht entgegen, dass die Körperschaftsteuer 2004 und der Gewerbesteuermessbetrag 2004 mit den Änderungsbescheiden vom 21.03.2014 jeweils auf 0 € herabgesetzt wurde. Zwar ist eine Klage gegen einen auf 0 € lautenden Bescheid nach § 40 Abs. 2 FGO grundsätzlich unzulässig, weil dieser den Steuerpflichtigen regelmäßig nicht belastet. Anders liegt der Fall jedoch dann, wenn sich bei der Festsetzung einer Steuer oder Steuermessbetrages von 0 € aus einem zugrunde gelegten Bilanzansatz wegen des Bilanzenzusammenhangs in künftigen Jahren negative steuerliche Folgen ergeben können (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 25.07.2014 III B 102/13, BFH/NV 2014, 1764; BFH-Urteil vom 20.12.006 I R 81/05, BFH/NV 2007, 1287). Dies ist vorliegend der Fall, denn es ist nicht auszuschließen, dass sich aus dem Bilanzansatz betreffend die Nachsorgerückstellung im Jahr 2004 wegen des Bilanzenzusammenhangs negative Auswirkungen in den Folgejahren ergeben.

III. Die Klage ist auch begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Rückstellungen für Nachsorgeverpflichtungen sind – wie von der Klägerin beantragt – mit Beträgen in Höhe von 89.307.775 DM (31.12.2001), 47.046.144 € (31.12.2002), 51.806.839 € (31.12.2003), 54.686.433 € (31.12.2004) bzw. 52.874.787 € (31.12.2005) anzusetzen. Gegenläufig sind die vom Beklagten im Rahmen der Einspruchsentscheidungen vom 15.12.2010 bzw. vom 20.12.2010 für das Jahr 2001 berücksichtigte Gewinnminderung aus der Bildung und Auflösung der Rücklage gem. § 52 Abs. 16 Satz 11 i.V.m. Satz 8 EStG 2001 in Höhe von insgesamt 11.578.523 DM und die für die Jahre 2002 bis 2005 berücksichtigten Gewinnerhöhungen aus der Auflösung der Rücklage in Höhe von jeweils 845.714 € rückgängig zu machen.

1. Der Beklagte hat die Nachsorgerückstellungen zum 31.12.2001 bis 2005 zu Unrecht lediglich in Höhe von 70.338.541 DM (31.12.2001), 36.633.332 € (31.12.2002), 40.463.838 € (31.12.2003), 42.039.337 € (31.12.2004) bzw. 41.202.336 € (31.12.2005) in Ansatz gebracht.

a. Die Klägerin war dem Grunde nach zur Bildung von Bildung von Rückstellungen für die ihr obliegenden Nachsorgeverpflichtungen berechtigt.

aa. Nach § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind Rückstellungen u.a. für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Nach dieser Vorschrift, die als Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG und § 7 Satz 1 GewStG auch bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer und des Gewerbesteuermessbetrags zu beachten ist, ist Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten das Bestehen einer nur ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach – deren Höhe zudem ungewiss sein kann – sowie ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. Zudem muss der Schuldner ernsthaft mit seiner Inanspruchnahme rechnen. Diese Voraussetzungen gelten auch für Verpflichtungen aus öffentlichem Recht, die auf ein bestimmtes Handeln in Form einer Geldzahlung oder eines anderen Leistungsinhalts gerichtet sind, sofern die öffentlich-rechtliche Verpflichtung bereits konkretisiert, d.h. inhaltlich hinreichend bestimmt, in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie sanktionsbewehrt ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 08.09.2011 IV R 5/09, BStBl II 2012, 122; vom 06.02.2013 I R 8/12, BStBl II 2013, 686; vom 17.10.2013 IV R 7/11, BStBl II 2014, 302).

bb. Es ist unter den Beteiligten zu Recht unstreitig und bedarf daher keiner weiteren Erörterung, dass die Klägerin auf der Grundlage der vorgenannten Regelungen dem Grunde nach zur Rückstellungsbildung berechtigt war, weil sie zu den hier zu beurteilenden Bilanzstichtagen nach den §§ 36, 32 i.V.m. § 10 KrW-/AbfG wegen der vor den Bilanzstichtagen erfolgten Nutzung der Deponien zur Ablagerung von Abfällen verpflichtet war, für die von ihr unterhaltenen Deponien C, D und E Stilllegungs- und Nachsorgemaßnahmen durchzuführen.

b. Für die Bewertung der Rückstellungen zum 31.12.2001 bis 2004 ist von in der Zukunft voraussichtlich anfallenden Aufwendungen für die Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung in Höhe der in den Handelsbilanzen der Klägerin zum 31.12.2001 bis 2004, für die Bewertung der Rückstellung zum 31.12.2005 von den in der Handelsbilanz zum 31.12.2005 ausgewiesenen Beträgen, vermindert um 322.632 € (Deponie C), 494.270 € (Deponie D) bzw. 851.618 € (Deponie E) auszugehen.

aa. Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG mit den Einzelkosten und den angemessenen Teilen der notwendigen Gemeinkosten zu bewerten; künftige Vorteile, die mit der Erfüllung der Verpflichtung voraussichtlich verbunden sein werden, sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. c EStG bei ihrer Bewertung wertmindernd zu berücksichtigen, soweit sie nicht als Forderung zu aktivieren sind. Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich ist, sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. d EStG zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln (sog. Ansammlungsrückstellungen). Zudem schreibt § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG vor, dass keine Rückstellungen für Aufwendungen gebildet werden dürfen, die in künftigen Wirtschaftsjahren als Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts zu aktivieren sind.

bb. Die Beteiligten sind übereinstimmend der Auffassung, dass die Bewertung der der Klägerin im Zusammenhang mit der Nachsorge bei den Deponien C, D und E obliegenden Sachleistungsverpflichtungen im Ausgangspunkt mit den in den Handelsbilanzen der Klägerin ausgewiesenen Beträgen (31.12.2001 bis 2004) bzw. mit den in der Handelsbilanz zum 31.12.2005 ausgewiesenen Beträgen, vermindert um 322.632 € (Deponie C), 494.270 € (Deponie D) bzw. 851.618 € (Deponie E) zu erfolgen hat; auch seitens des Senates bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Bewertung der Sachleistungsverpflichtungen nicht den Anforderungen der in § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b bis d EStG enthaltenen Regelungen entsprechen könnte.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sind die in den Nachsorgerückstellungen enthaltenen Investitionskosten jedoch nicht nach § 5 Abs. 4b Satz 1 EStG von der Rückstellungsbildung ausgeschlossen. Denn die Vorschrift ist nach Auffassung des Senates in Fällen, in denen das anzuschaffende oder herzustellende Wirtschaftsgut für den Kaufmann wertlos ist, weil es nicht mehr zur Generierung von Erträgen genutzt werden kann, in der Weise teleologisch zu reduzieren, dass eine Rückstellungsbildung nicht ausgeschlossen wird (so auch Frotscher in Frotscher/Geurts, EStG, § 5 Rz. 359b; Blümich/Krumm, § 5 EStG Rz. 890; Siegel, DB 1999, 857; Stubbe/Loose, FR 1999, 405, 412; a.A. Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Anm. 2107; Lambrecht in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff § 5 EStG Rz. Eb 21). Diese Rechtsauffassung liegt offenbar auch den Ausführungen in Tz. 14 des BMF-Schreibens vom 25.07.2005 (a.a.O.) zugrunde, wonach Aufwendungen, die – wie die hier zu beurteilenden Investitionskosten – in der Stilllegungs- und Nachsorgephase anfallen, nicht zu aktivieren sind, weil sie nicht zu einer Wertverbesserung des Grundstücks führen.

c. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist für die Deponien D und E auch keine separate Abzinsung der ab dem voraussichtlichen Beginn der endgültigen Oberflächenabdichtung anfallenden Aufwendungen vorzunehmen.

aa. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e EStG sind Rückstellungen für Verpflichtungen mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Ausgenommen von der Abzinsung sind nach der entsprechend anzuwendenden Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 EStG einerseits Verbindlichkeiten, deren Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt, und andererseits Verbindlichkeiten, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen. Die Verpflichtung zur Abzinsung gilt für Sachleistungsverpflichtungen ebenso wie für Geldleistungsverpflichtungen. Dies folgt bereits daraus, dass § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 2 EStG eine ausdrückliche Regelung für die Berechnung des Abzinsungszeitraums von Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen enthält, wonach eine Abzinsung für den Zeitraum zwischen dem betreffenden Bilanzstichtag und dem Beginn der Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung vorzunehmen ist. Als Beginn der Erfüllung einer in Teilleistungen zu erbringenden Sachleistungsverpflichtung ist dabei die Vornahme der ersten, nicht völlig unbedeutenden Erfüllungshandlung anzusehen (einhellige Auffassung, vgl. etwa Frotscher in Frotscher/Geurts, EStG, § 5 Rz. 408a; Kiesel in Herrmann/Heuer/Raupach, § 6 Anm. 1187, Mayer-Wegelin in Bordewin/Brandt, § 6 EStG Rz. 504n, Niemann StB 2000, 213, 215; BMF-Schreiben vom 26.05.2005 IV B 2-S 2175-7/05, BStBl I 2005, 699 Tz. 26).

bb. Bei Anwendung dieser Regelungen auf den vorliegenden Fall ist der Beklagte bei der Ermittlung der Abzinsungsbeträge betreffend die Nachsorgerückstellungen für die Deponien D und E zu Unrecht davon ausgegangen, dass für die Zeiträume zwischen den betreffenden Bilanzstichtagen und dem Ende der Ablagerung einerseits und für die Zeiträume zwischen den betreffenden Bilanzstichtagen und dem Beginn der Aufbringung der endgültigen Oberflächenabdichtung andererseits separate Abzinsungszeiträume zu bilden sind.

aaa. Soweit der Beklagte auf der Grundlage von Tz. 22 des BMF-Schreibens vom 25.07.2005 (a.a.O.) die Auffassung vertritt, es handele sich bei den vom Ende der Ablagerung bis zum Aufbringen der endgültigen Oberflächenabdichtung einerseits und den vom Aufbringen der endgültigen Oberflächenabdichtung bis zum Ende der Nachsorgeverpflichtung andererseits durchzuführenden Maßnahmen nicht um Teilleistungen einer einheitlichen Sachleistungsverpflichtung, sondern um selbständige Leistungen, so erscheint dies bereits deshalb zweifelhaft, weil mit den §§ 36, 32 i.V.m. § 10 KrW-/AbfG eine einheitliche Rechtsgrundlage für die gesamte Verpflichtung der Klägerin besteht und die in der Stilllegungs- und Nachsorgephase durchzuführenden Einzelmaßnahmen in ihrer Gesamtheit den Zweck verfolgen, die Deponien zum Zwecke der Gefahrenabwehr in einen für die Allgemeinheit ungefährlichen Zustand zu versetzen. Angesichts dessen spricht viel dafür, dass es sich bei den in der Stillegungs- und Nachsorgephase durchzuführenden Einzelmaßnahmen (wie z.B. Stabilisierung des Deponiekörpers, Aufbringung der temporären und der endgültigen Oberflächenabdeckung, Maßnahmen zur abschließenden Rekultivierung, Erstellung der technischen Anlagen zur Nachsorge, Maßnahmen zur Entsorgung/Aufbereitung von Sickerwasser, zur Entsorgung/Aufbereitung von Deponiegas, zur Pflege und Überwachung der Entsorgungseinrichtungen, sonstige Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen, Rückbau von Entsorgungs-, Kontroll-, und Überwachungseinrichtungen, Entsiegelung von Asphaltwegen sowie Dokumentation) gerade nicht um getrennt zu bewertende und abzuzinsende Teilverpflichtungen handelt (hiervon ist ursprünglich auch weder der Beklagte ausgegangen noch wird dies im BMF-Schreiben vom 25.07.2005, a.a.O., vertreten), sondern wegen des einheitlichen Funktionszusammenhangs und des Ineinandergreifens der Maßnahmen – wie bei bergrechtlichen Verpflichtungen (s. dazu Tz. 3 des BMF-Schreibens vom 09.12.1999 IV C 2-S 2175-30/99, BStBl I 1999, 1127) – um Teile einer einheitlichen Sachleistungsverpflichtung.

bbb. Selbst wenn man in Bezug auf die Gesamtheit der in der Stilllegungs- und Nachsorgephase anfallenden Maßnahmen nicht von einer einheitlichen Sachleistungsverpflichtung, sondern – ausgehend von der dem BMF-Schreiben vom 25.07.2005 (a.a.O.) zugrunde liegenden Vorstellung – annehmen wollte, dass es sich bei der Gesamtheit der in der Stilllegungsphase anfallenden Maßnahmen einerseits und bei der Gesamtheit der in der Nachsorgephase anfallenden Maßnahmen andererseits um selbständige Sachleistungsverpflichtungen handelt, so führte dies nicht zur Bildung des vom Beklagten zugrunde gelegten Abzinsungszeitraums für die Zeit vom betreffenden Bilanzstichtag bis zum voraussichtlichen Beginn der Aufbringung der endgültigen Oberflächenabdichtung.

Dies folgt für die Aufwendungen betreffend die endgültige Oberflächenabdichtung daraus, dass diese – entgegen der im BMF-Schreiben vom 25.07.2005 (a.a.O.) und der vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung – nicht der Nachsorge-, sondern der Stilllegungsphase zuzuordnen sind und mit der Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung betreffend die Stilllegung der Deponien unmittelbar nach dem voraussichtlichen Ende der Ablagerungen zu beginnen war. Für die Zuordnung der Aufwendungen betreffend die endgültige Oberflächenabdichtung zur Stilllegungsphase spricht dabei nicht nur der Umstand, dass es sich bei sich bei funktionaler und wirtschaftlicher Betrachtung der im Zusammenhang mit der Stilllegung und der Nachsorge der Deponien durchzuführenden Maßnahmen bei der Aufbringung der endgültigen Oberflächenabdichtung um den letzten Schritt zur Stilllegung der Deponie und nicht um die erste Maßnahme der Nachsorge handelt. Zudem war die Abdichtung der Deponien der Bezirksregierung G bereits vor dem Ende der Stilllegungsphase nachzuweisen. Auch die Regelungen der DepV gehen davon aus, dass die endgültige Oberflächenabdichtung der Stilllegungsphase zuzuordnen ist, denn nach § 12 Abs. 3 DepV hat der Betreiber bereits während der Stilllegungsphase ein Oberflächenabdichtungssystem aufzubringen, während die Verpflichtungen des ehemaligen Deponiebetreibers in der Nachsorgephase nach § 13 DepV in der Regel in Prüfungs- und Überwachungstätigkeiten bestehen. Soweit der Vertreter des Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, beim Entwurf des BMF-Schreibens vom 25.07.2005 (a.a.O.) seien die Aufwendungen für die endgültige Oberflächenabdichtung auch deshalb der Nachsorgephase zugeordnet worden, weil sich diese Aufwendungen in der Regel auf ca. 50 % bis 60 % der gesamten Rückstellungsbeträge beliefen, so handelt es sich hierbei offenbar um eine ergebnisorientierte Betrachtung, nicht aber um ein sachgerechtes Kriterium für die Zuordnung der Aufwendungen zur Stilllegungs- oder Nachsorgephase.

Für die Aufwendungen, die auf die in der Nachsorgephase durchzuführenden Maßnahmen entfallen, ist ebenfalls kein separater Abzinsungszeitraum zu bilden, denn nach dem von der Klägerin vorgelegten und der Rückstellungsbildung zugrunde gelegten Stilllegungs- und Nachsorgekonzept war mit den Nachsorgemaßnahmen ebenfalls bereits nach dem Ende der Ablagerungsphase zu beginnen. Dies ergibt sich daraus, dass die in den Rückstellungsbeträgen enthaltenen Nachsorgekosten nach den unbestrittenen Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung in erster Linie die ordnungsgemäße Entsorgung von Sickerwasser und damit Maßnahmen betrafen, die sowohl während der Stilllegungs- wie auch während der Nachsorgephase durchzuführen waren. Für die Richtigkeit dieser Ausführungen spricht auch die von der Klägerin vorgelegte Aktualisierung der Investitions- und Nachsorgekostenberechnung sowie des Mittelabflussplanes für die Deponien D und E sowie die Altlast C (Stand: 08.04.2004), denn aus den Gesamtzusammenstellungen über die voraussichtlichen Nachsorgekosten (Anlage 9) lässt sich entnehmen, dass für die Deponien D und E auch schon in der Zeit vor dem voraussichtlichen Beginn der Aufbringung der endgültigen Oberflächenabdeckung (Deponie D: 01.01.2009; Deponie E: 01.01.2017) mit dem Anfall von Nachsorgekosten von erheblichem Umfang (Deponie D: 2.778.735 €; Deponie E: 8.654.043 €) zu rechnen war.

d. Die Nachsorgerückstellungen für die Deponien C und D zum 31.12.2001 bis 2004 sind danach mit den in der Handelsbilanz ausgewiesenen Beträgen und zum 31.12.2005 mit den um die unstreitigen Beträge von 322.632 € (Deponie C) bzw. 494.270 € (Deponie D) verminderten Beträgen lt. Handelsbilanz in Ansatz zu bringen. Für die Deponie E sind die in der Handelsbilanz ausgewiesenen Beträge in Höhe von 65.783.853 DM (31.12.2001), 36.490.760 € (31.12.2002), 30.787.737 € (31.12.2003), 31.236.736 € (31.12.2004) bzw. 30.062.333 € (31.12.2005) zu den Bilanzstichtagen 31.12.2001 und 2002 unter Berücksichtigung einer voraussichtlichen Stilllegung der Deponie am 01.07.2015 abzuzinsen (Abzinsungszeitraum am 31.12.2001: 13,5 Jahre = Faktor: 0,486; Abzinsungszeitraum am 31.12.2002: 12,5 Jahre = Faktor 0,5125). Zum Bilanzstichtag 31.12.2003 ist der in der Handelsbilanz ausgewiesene Betrag unter Berücksichtigung einer voraussichtlichen Stilllegung der Deponie am 01.07.2005 abzuzinsen (Abzinsungszeitraum am 31.12.2003: 1,5 Jahre = Faktor 0,923). Zum 31.12.2004 und 2005 ist mangels eines verbleibenden Abzinsungszeitraums von mindestens einem Jahr (Bilanzstichtag 31.12.2004) bzw. wegen des bereits eingetretenen Beginns mit der Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung (Bilanzstichtag 31.12.2005) keine Abzinsung vorzunehmen. Beim Ansatz des Rückstellungsbetrages für die Deponie E zum 31.12.2005 ist jedoch die unstreitig zu berücksichtigende Minderung des in der Handelsbilanz ausgewiesenen Betrages um 851.618 € zu berücksichtigen. Auf dieser Grundlage ergeben sich für die Steuerbilanz folgende Rückstellungsbeträge:

 

31.12.2001

31.12.2002

31.12.2003

31.12.2004

31.12.2005

 

DM

C

18.251.138

8.894.879

9.518.529

9.443.341

9.299.683

D

39.085.684

19.449.750

13.871.229

14.006.356

14.364.389

E

31.970.953

18.701.515

28.417.081

31.236.736

29.210.715

 

----------------

----------------

----------------

----------------

----------------

gesamt

89.307.775

47.046.144

51.806.839

54.686.433

52.874.787

2. Der vom Beklagten im Rahmen der Einspruchsentscheidungen vom 15.12.2010 bzw. 20.12.2010 auf der Grundlage von § 52 Abs. 16 Satz 11 i.V.m. Satz 8 EStG 2001 für die zweite Abzinsungsphase gewinnmindernd erfasste Betrag in Höhe von insgesamt 11.578.523 DM (2001) und die Gewinnerhöhungen aus der Auflösung der Rücklage in Höhe von jeweils 845.714 € (2002 bis 2005) sind nicht mehr in Ansatz zu bringen, denn mangels einer zu berücksichtigenden zweiten Abzinsungsphase (s. dazu vorstehend unter III.1.c.) fehlt es schon an einem rückstellbaren Gewinn im Sinne von § 52 Abs. 16 Satz 11 i.V.m. Satz 8 EStG 2001 aus einer weiteren Abzinsung.

IV. Die Berechnung der geänderten Steuer-, Steuermess- und Feststellungsbeträge wird dem Beklagten übertragen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 FGO). Bei der Berechnung der geänderten Einkommensbeträge und Gewerbeerträge ist die Anpassung der Gewerbesteuer-Rückstellung zu berücksichtigen, bei der Berechnung der geänderten Steuer-, Steuermess- und Feststellungsbeträge zudem die nach §10 d Abs. 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG und nach § 35b Abs. 1 GewStG von Amts wegen vorzunehmenden Änderungen der Verlustfeststellungen.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

VI. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

VII. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

stats