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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
30.04.2015
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Münster: Ein Blockheizkraftwerk ist kein mit einer Biogasanlage verbundenes einheitliches Wirtschaftsgut

FG Münster, Urteil vom 18.2.2015 — 11 K 2856/13 F

LEITSÄTZE (DES KOMMENTATORS)

1. Eine Biogasanlage und ein abgeschlossenes Blockheizkraftwerk bilden kein einheitliches eng miteinander verzahntes Wirtschaftsgut; jedenfalls das Blockheizkraftwerk ist eigenständiges Wirtschaftsgut und daher gesondert abzuschreiben.

2. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Blockheizkraftwerks beträgt zehn Jahre.

EStG § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1, § 7 Abs. 1; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 3

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Blockheizkraftwerk, welches aus Biogas Strom und Wärme erzeugt, als eigenständiges Wirtschaftsgut gesondert abzuschreiben ist oder mit der vorgeschalteten Biogasanlage ein einheitliches Wirtschaftsgut bildet.

Die Klägerin, die X. Bioenergie GmbH & Co. KG, wurde im Juli 2009 gegründet. Sie ist beim Amtsgericht H. unter HRA … im Handelsregister eingetragen. Persönlich haftende Gesellschaferin war bei Gründung die X. Bioenergie Verwaltungs-UG (Amtsgericht H., HRB …), welche zwischenzeitlich ihre Firma in X. Bioenergie Verwaltungs GmbH (Amtsgericht H., HRB …) geändert hat. Kommanditisten waren bei Gründung die Herren J. und N. X. (Vater und Sohn) mit einer Kommanditeinlage von jeweils 50.000,00 €. Herr J. X., der Beigeladene, ist zwischenzeitlich aus der Gesellschaft ausgeschieden und hat seine Kommanditeinlage – nach Erhöhung durch Einlage eines Grundstücks auf … – im Wege der Sonderrechtsnachfolge auf seinen Sohn, Herrn N. X., übertragen. Gegenstand des Unternehmens ist der Bau und der Betrieb einer oder mehrerer Anlagen zum Zweck der Erzeugung, Nutzung und des Vertriebs von regenerativen Energien und erzeugten Nebenprodukten. Zudem der Handel mit landwirtschaftlichen Produkten sowie alle hiermit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Handelsregisterauszug der X. Bioenergie GmbH & Co. KG Bezug genommen (Amtsgericht H., HRA …).

Noch im Jahr 2009 begann die Klägerin mit der Errichtung einer Biogasanlage auf einem in die Gesellschaft eingebrachten (eigenen) Grundstück. Der Jahresabschluss der Gesellschaft zum 31.12.2009 weist insoweit geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau in einem Gesamtbetrag von 475.240,05 € aus. In den Streitjahren produzierte die Klägerin mit der Biogasanlage Biogas und dem angeschlossenen Blockheizkraftwerk Strom und Wärme.

Die „Biogasanlage“ bzw. der Betrieb der Klägerin setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen. Zunächst existieren zwei runde bauliche Anlagen. Bei dem kleineren runden Gebäude handelt es sich um die eigentliche – im Anlageverzeichnis der Klägerin auch so bezeichnete – Biogasanlage, den sog. Fermenter. In diesem wird die darin befindliche Biomasse unter Zuhilfenahme eines Rührwerks und Wärme vergoren.

Unmittelbar neben dem Fermenter befindet sich eine große Wanne, der sogenannter Feststoffeintrag. In diesem wird Biomasse bevorratet, welche über einen Schneckeneintrag fortlaufend in den Fermenter eingebracht wird.

Neben dem Fermenter befindet sich sodann ein zweites rundes Gebäude, welches im Durchmesser größer ist als der Fermenter. In diesem Bauwerk befinden sich das Endlager für Gärreste und der Gasspeicher (nachfolgend Gasspeicher oder – im Anlageverzeichnis – auch Gärrestelager genannt).

Etwa 12 Meter (Luftlinie) vom Fermenter entfernt, befindet sich ein ursprünglich als Viehstall genutztes Gebäude aus Backsteinen. In diesem Backsteingebäude befindet sich – hinter einer entsprechend großen Tür – ein Blockheizwerk. Hierbei handelt es sich um ein solches mit der Typenbezeichnung „2 G-Agenitor 206“ der Herstellerin 2G Energietechnik GmbH. Das Blockheizkraftwerk erzeugt eine maximale elektrische Leistung von 220 Kilowatt (Kw) und eine maximale thermische Leistung von 232 Kw. Es setzt sich seinerseits insbesondere aus einem Motor und einem angeschlossenen Generator zusammen. Bei dem Motor handelt es sich um einen MAN Dieselmotor, welcher von der 2G Energietechnik GmbH auf Gasbetrieb umgebaut wurde. Das Blockheizkraftwerk ist in Modulbauweise gefertigt, das bedeutet insbesondere, dass sich der Motor und der Transformator in einem einheitlichen Stahlgerüst befinden. Der Hersteller des Blockheizkraftwerkes wirbt damit, dass durch die Modulbauweise das Blockheizkraftwerk relativ zügig durch ein neues Blockheizkraftwerk ersetzt werden kann. Das Blockheizkraftwerk ist durch eine Biogasleitung am Gasspeicher angeschlossen. Zudem ist es an einem Kühlwasserkreislauf angeschlossen. Schließlich ist es über Starkstromleitungen am öffentlichen Stromnetz zwecks Einspeisung des produzierten Stromes angeschlossen. Das gesamte Blockheizkraftwerk kann (als Modul) durch eine Tür aus dem Blockheizkraftwerkgebäude, dem ehemaligen Stall, entfernt und ggf. ersetzt werden.

Über einen Zwischenspeicher wird das Blockheizwerk mit Gas aus dem Gasspeicher versorgt, welcher seinerseits vom Fermernter mit Gas versorgt wird. Mit dem Gas wird der im Blockheizkraftwerk befindliche Motor betrieben, welcher seinerseits den angeschlossenen Generator zur Stromerzeugung antreibt. Der Strom wird vollständig in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Der von dem Blockheizkraftwerk erzeugte Strom wird weder für den Betrieb des Fermenters noch für sonstige Bestandteile der Biogasanlage genutzt. Soweit für den Betrieb der Biogasanlage seinerseits Strom benötigt wird, wird dieser aus dem öffentlichen Stromnetz bezogen. Hintergrund ist insbesondere, dass die sogenannte Einspeisevergütung für den selbsterzeugten Strom über den Stromkosten für den bezogenen Strom aus dem öffentlichen Stromnetz liegt. Ferner wird so erreicht, dass der für den Fermenter etc. erforderliche Betriebsstrom auch dann zur Verfügung steht, wenn das Blockheizkraftwerk – etwa aufgrund von Wartungsarbeiten – keinen Strom produziert.

Das Blockheizkraftwerk ist seinerseits wassergekühlt. Dabei wird die vom Blockheizkraftwerk erzeugte Wärme von einem kleinen Wasserkreislauf über einen Wärmetauscher an einen großen Wasserkreislauf abgegeben. Die so produzierte Wärme wird einerseits als Fernwärme verkauft und anderseits zu einem Teil von ca. 10 % für die Erwärmung der Biomasse im Fermenter verwendet. Die Fernwärme wird über Fernwärmeleitungen bzw. Wasserleitungen zu einem Pufferspeicher und von dort (über Wärmetauscher) zu mehreren Gebäuden in F. geleitet, welche ihrerseits mit der Fernwärme heizen. Die Versorgung des Pufferspeichers mit Fernwärme erfolgt über einen Zu- und einen Rücklauf. Die Wassertemperatur des Zulaufes beträgt etwa 90 Grad Celsius, diejenige des Rücklaufs etwa 50 Grad Celsius. Zu den Abnehmern der Fernwärme gehören ein …-heim in der E.-straße …, eine Einrichtung für … in der E.-straße … und die V.-schule. Der Pufferspeicher befindet sich in einem Haus in der …-straße. In diesem Haus werden weitere sechs Wohneinheiten und zwei Gewerbebetriebe (eine … und ein …) mit Fernwärme versorgt. Die Entfernung zwischen dem Blockheizkraftwerk und dem Pufferspeicher beträgt etwa 850 Meter.

Neben den Fernwärmeleitungen (Zu- und Rücklauf) befindet sich in der Trasse der Fernwärmeleitungen zudem eine Biogasleitung. Diese Biogasleitung ist derzeit nicht in Benutzung. Sie ist vorsorglich und zeitgleich mit den Fernwärmeleitungen verlegt worden, um in Zukunft ggf. ein weiteres Blockheizkraftwerk in der Nähe der Wohnbebauung zu betreiben, um mit Hilfe dieses (weiteren) Blockheizkraftwerks weitere Gebäude mit Fernwärme zu versorgen. Hintergrund ist, so die Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dass Fernwärme in Form von heißem Wasser lediglich über begrenzte Entfernungen energieeffizient transportiert werden kann. Bei zu großen Entfernungen ist der Wärmeverlust der Leitungen zu hoch. Dann ist es effizienter, das Biogas selbst in Leitungen zu transportieren und verbrauchsnah in Wärme (und Strom) umzuwandeln.

Zur Biogasanlage (im weiteren Sinne) gehören ferner Heizkreisverteiler und Schalt- und Steuerschränke mit entsprechenden technischen Vorrichtungen zum Betrieb der Anlage. Ferner befindet sich neben dem Blockheizkraftwerkgebäude eine sog. Containertrocknung. Hierbei handelt es sich um einen großen Stahlcontainer (ähnlich einem Seecontainer), in welchem eingebrachte Stoffe wie beispielsweise Holzscheide getrocknet werden können. Die hierfür benötigte Wärme wird ihrerseits wieder aus dem Kühlwasser des Blockheizkraftwerkes gewonnen. Diese Containertrocknung wird insbesondere in den Sommermonaten genutzt, wenn die von dem Blockheizkraftwerk fortlaufend produzierte Wärme weder von den Abnehmern der Fernwärme noch für die Erwärmung des Fermenters vollständig verbraucht wird.

Der Fermenter benötigt für einen optimalen Gärprozess eine Betriebstemperatur von etwa 40 Grad Celsius. In den Sommermonaten wird diese Betriebstemperatur des Fermenters häufig allein durch den Gärprozess und die Sonneneinstrahlung erreicht. Im Übrigen – insbesondere in den Wintermonaten – wird die Betriebstemperatur durch die Nutzung der Fernwärme erreicht, welche von dem Blockheizkraftwerk produziert wird.

Die vom Blockheizkraftwerk überschüssig produzierte Wärme, welche weder für den Fermenter noch als Fernwärme oder für die Conatinertrocknung benötigt wird, wird über Kühler in die Umwelt abgegeben. Überschüssig produzierte Gasspitzen werden notfalls über eine Gasfackel abgefackelt.

Zur Biogasanlage (im weiteren Sinne) gehören ferner ein Fahrsilo, eine Gülleanbindung und eine Entwässerung. Zudem befindet sich auf dem Blockheizkraftwerksgebäude eine Photovoltaikanlage, welche ebenfalls produzierten Strom in das öffentliche Stromnetz einspeist. Zur weiteren Beschreibung und Erläuterung der Biogasanlage und des Blockheizkraftwerkes wird auf die in der Gerichtsakte befindlichen Angaben der Herstellerin des Blockheizkraftwerkes sowie die in der Gerichtsakte befindlichen diversen Fotos der Biogasanlage und des Blockheizkraftwerkes verwiesen.

Im Rahmen der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung des Jahres 2010 erklärte die Klägerin – unter Einbeziehung einer Tätigkeitsvergütung von … € – einen Verlust in Höhe von … €. Dabei fügte sie der Erklärung eine Bilanz auf den 31.12.2010 nebst Inventarverzeichnis bei. In dem Inventarverzeichnis werden diverse Positionen ausgewiesen. Darunter eine als Biogasanlage bezeichnete Position mit Anschaffungskosten in Höhe von 280.722,49 €, ein Gärrestelage mit Anschaffungskosten in Höhe von 181.575,00 €, ein Fahrsilo mit Anschaffungskosten in Höhe von 168.009,20 €, eine Gülleanbindung mit Anschaffungskosten in Höhe von 54.958,30 €, eine Hofbefestigung mit Anschaffungskosten in Höhe von 51.185,12 €, ein Blockheizkraftwerk mit Anschaffungskosten in Höhe von 207.158,05 €, ein Feststoffeintrag mit Anschaffungskosten in Höhe von 79.797,00 €, eine Rührtechnik mit Anschaffungskosten in Höhe von 45.545,00 € und eine Entwässerung mit Anschaffungskosten in Höhe von 5.982,90. Diese Wirtschaftsgüter wurden nach den Angaben im Inventarverzeichnis – mit Ausnahme der Entwässerung – jeweils zum 10.05.2010 angeschafft. Dabei ging die Klägerin bei der eigentlichen Biogasanlage von einer Nutzungsdauer von 16 Jahren aus. Das Blockheizkraftwerk soll dagegen – so die Klägerin gemäß der Angabe im Inventarverzeichnis – eine Nutzungsdauer von acht Jahren haben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Jahresabschluss zum 31.12.2010 nebst Inventarverzeichnis Bezug genommen.

Für das Jahr 2011 erklärte die Klägerin – unter Einbeziehung einer Tätigkeitsvergütung von … € – einen Gewinn in Höhe von … €. Auch hier ging die Klägerin für die Biogasanlage von einer Nutzungsdauer von 16 Jahren und für das Blockheizkraftwerk von einer Nutzungsdauer von acht Jahren aus. Allerdings erhöhte sie aufgrund von nachträglichen Anschaffungskosten die Bemessungsgrundlagen. Für die Biogasanlage ging die Klägerin nunmehr von Anschaffungskosten in Höhe von 286.660,49 € und für das Blockheizkraftwerk in Höhe von 235.690,63 € aus. Auch insoweit wird auf das Anlageverzeichnis Bezug genommen.

Der Beklagte folgte dem mit den Feststellungsbescheiden für 2010 und 2011 jeweils vom 01.03.2013 nicht. Für das Streitjahr 2010 stellte der Beklagte einen Gewinn in Höhe von … € fest. Dabei führte er in den Erläuterungen zum Bescheid aus, dass das Blockheizkraftwerk mit der Biogasanlage einheitlich über eine Nutzungsdauer von 16 Jahren abzuschreiben sei. Anstelle der erklärten Abschreibungen für das Blockheizkraftwerk in Höhe von 17.263,17 € sei daher eine Abschreibung in Höhe von 8.631,59 € zu berücksichtigen. Auf den Bescheid nebst Erläuterungen wird Bezug genommen.

Für das Streitjahr 2011 stellte der Beklagte den Gewinn der Klägerin auf … € fest. Auch hier ist den Erläuterungen zum Bescheid zu entnehmen, dass das Finanzamt anstelle der begehrten Abschreibung in Höhe von 29.793,51 € für das Blockheizkraftwerk eine Abschreibung in Höhe von 14.730,67 € berücksichtigt hat (16 statt acht Jahre Nutzungsdauer). Dabei seien als Bemessungsgrundlage die Anschaffungskosten aus dem Jahr 2010 in Höhe von 207.158,05 € sowie die nachträglichen Anschaffungskosten aus 2011 in Höhe von 28.532,58 € und somit insgesamt Anschaffungskosten in Höhe von 235.690,63 € berücksichtigt worden. Auf den Bescheid nebst Erläuterungen wird ebenfalls Bezug genommen.

Gegen die beiden Feststellungsbescheide erhob die Klägerin jeweils mit Schreiben vom 04.03.2013 Einspruch. Zur Begründung führte sie aus, dass das Blockheizkraftwerk auf einen Zeitraum von acht Jahren abzuschreiben sei. Ein Zusammenhang mit der gesamten Biogasanlage könne nicht nachvollzogen werden. Das Blockheizkraftwerk werde lediglich von der Biogasanlage mit Gas gespeist und erzeuge somit Strom und Wärme, welche veräußert würden. Dabei handele es sich beim dem Blockheizkraftwerk um ein eigenständiges Wirtschaftsgut, welches separat abzuschreiben sei.

Mit Einspruchsentscheidung vom 31.07.2013 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Entsprechend einer Anweisung der Oberfinanzdirektion NRW vom 22.03.2011 sei ein Blockheizkraftwerk, welches in einem technischen Zusammenhang mit einer Biogasanlage genutzt werde, als integrierter Bestandteil der gesamten Biogasanlage mit dieser einheitlich abzuschreiben. Dabei sei unstreitig, dass die Nutzungsdauer einer Biogasanlage 16 Jahre betrage. Eine technische Verbindung zwischen der Biogasanlage und dem Blockheizkraftwerk werde nicht (mehr) bestritten. Zudem sei von einer einheitlichen Zweckbestimmung der Biogasanlage und des Blockheizkraftwerkes auszugehen. Beides diene dem Verkauf von Strom und Wärme durch Umwandlung von Biomasse.

Mit der am 05.09.2013 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, das Blockheizkraftwerk als eigenständiges Wirtschaftsgut über eine Nutzungsdauer von lediglich (zunächst) acht bzw. (später) zehn Jahren gesondert abzuschreiben, weiter. Zur Begründung führt sie insbesondere aus, dass der Begriff Wirtschaftsgut im Gesetz nicht legal definiert sei. Nach der Rechtsprechung (BFH-Urteil vom 19.06.1997 IV R 16/95. BStBl. II 1997, 808) sei ein Wirtschaftsgut wie folgt definiert:

-       Sachen, Rechte oder tatsächliche Zustände, konkrete Möglichkeiten oder Vorteile für den Betrieb,

-       die sich der Betriebsinhaber etwas kosten lässt,

-       die nach der Verkehrsanschauung einer besonderen Bewertung und Verkehrsfähigkeit zugänglich sind und

-       die einen Nutzen für die Zukunft versprechen.

Hiernach handele es sich bei dem Blockheizkraftwerk um ein eigenständiges Wirtschaftsgut. Hierfür spreche zudem ein Vergleich mit einem Windpark. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteile vom 14.04.2011 IV R 46/09, BStBl. II 2011, 696 und IV R 52/10, BFH/NV 2011, 1339) bestehe auch ein Windpark aus mehreren Wirtschaftsgütern, und zwar aus der eigentlichen Windkraftanlage (mit Turm, Rotor und Generatorgondel), der Verkabelung und schließlich der Zuwegung.

Dass für das Blockheizkraftwerk eine Nutzungsdauer von (zunächst) acht bzw. (später) zehn Jahren anzusetzen sei, ergebe sich daraus, dass Zündstrahlmotoren eine Laufleistung von 25.000 Betriebsstunden und Gas-Otto-Motoren eine Laufleistung von 50.000 Betriebsstunden hätten. Damit betrage eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Zündstrahlmotors vier Jahre und jene eines Gas-Otto-Motors sieben Jahre. In der Zusammenschau mit weiteren Teilen des Blockheizkraftwerks sei daher von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von acht Jahren auszugehen. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Niedersachsen gehe in einer Verfügung vom 15.12.2010 (S 2240 – 186 – St 221/St 222) von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer eines Blockheizkraftwerks von zehn Jahren aus. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ihr Begehren auf eine Nutzungsdauer des Blockheizkraftwerkes von zehn Jahren beschränkt.

Ferner weist die Klägerin darauf hin, dass das Urteil des BFH vom 14.04.2011 (IV R 46/09) keine Biogasanlage, sondern einen Windpark zum Gegenstand gehabt habe.

Im Übrigen, so die Klägerin, würden andere Finanzämter die Auffassung der Klägerin teilen. Dies ergebe sich aus der Verlautbarung des Hauptverbandes der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen e. V. Danach seien das Blockheizkraftwerk und der Fermenter keine technische Einheit. Es sei insbesondere nicht so, dass beide Teile nach der Montage nur zusammen genutzt werden könnten. So könne der Fermenter auch fossil beheizt werden. Das Blockheizkraftwerk könne auch einzeln veräußert und durch ein anders Blockheizkraftwerk ersetzt werden. Das gebrauchte Blockheizkraftwerk könne sodann im Rahmen einer anderen Anlage genutzt werden.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid für 2010 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 01.03.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.07.2013 dahingehend zu ändern, dass von einer Nutzungsdauer des Blockheizkraftwerkes von zehn Jahren ausgegangen wird und somit ein Gewinn in Höhe von … € festgestellt wird, den Bescheid für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechnbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 01.03.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31.07.2013 dahingehend zu ändern, dass ein Gewinn in Höhe von … € festgestellt wird, im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

Zur Begründung führt der Beklagte aus, dass die einzelnen Bestandteile bzw. Bauteile der Biogasanlage ein einheitliches Wirtschaftsgut bilden würden. Die einzelnen Bauteile der Biogasanlage seien technisch aufeinander abgestimmt und könnten nach der Montage nur zusammen genutzt werden. Sie könnten nur in ihrer technischen Verbundenheit ihren bestimmungsgemäßen betrieblichen Einsatz – die Erzeugung von Strom und Wärme – erfüllen. Darüber hinaus werde ein Teil der durch das Blockheizkraftwerk erzeugten Wärme auch zur Beheizung des Fermenters verwendet. Ohne diese Wärmezufuhr könne kein Biogas entstehen. Zudem werde der durch das Blockheizkraftwerk erzeugte Strom auch für den Betrieb des Fermenters verwendet. Nach der Verkehrsanschauung sei daher das Blockheizkraftwerk ein technisch notwendiger Bestandteil der Biogasanlage.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.

Der Senat hat am 18.02.2015 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird ebenfalls Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Satz 1 FGO). Zu Unrecht ist das Finanzamt bei der Bemessung der der Klägerin zustehenden Abschreibung für das Blockheizkraftwerk von einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 16 Jahren ausgegangen.

1. Das Blockheizkraftwerk bildet mit der Biogasanlage kein einheitliches, sondern ein eigenständiges Wirtschaftsgut.

a) Im Steuerrecht gilt der Grundsatz der Einzelbewertung gem. § 252 Abs. 1 Nr. 3 des Handelsgesetzbuchs (HGB). Danach sind Wirtschaftsgüter (Vermögensgegenstände) im Rahmen der Gewinnermittlung einzeln anzusetzen und zu bewerten. Ein Wirtschaftsgut ist nach ständiger Rechtsprechung jeder greifbare betriebliche Vorteil, für den der Erwerber eines Betriebes etwas aufwenden würde (Beschluss des Großen Senates des BFH vom 07.08.2000 GrS 2/99, BFHE 192, 339, BStBl. II 2000, 632). Dabei muss es sich um einen Gegenstand handeln, der nach der Verkehrsanschauung einer besonderen Bewertung zugänglich ist. Desweiteren muss das Wirtschaftsgut in einem eigenen, selbständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen und entsprechend in Erscheinung treten (BFH-Urteile vom 05.06.2008 IV R 67/05, BFHE 222, 265, BStBl. II 2008, 960; vom 14.04.2011 IV R 46/09, BFHE 233, 214, BStBl. II 2011, 696).

Wird eine bewegliche Sache mit einer oder mehreren anderen beweglichen Sachen verbunden oder zu einer Anlage zusammengestellt, so ist zu entscheiden, ob es sich bei den einzelnen Gegenständen nach wie vor noch um selbständige Wirtschaftsgüter handelt oder nur noch um unselbständige Bestandteile eines neuen (verbundenen) Wirtschaftsguts. Ausschlaggebend soll dabei sein, ob die eingefügten oder zusammengestellten Gegenstände weiterhin ihre selbständige Bewertbarkeit behalten (vgl. BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 46/09, BFHE 233, 214, BStBl. II 2011, 696). Entscheidend für dieses Kriterium der selbständigen Bewertbarkeit sind wiederum neben dem gemeinsamen Zweck insbesondere der Grad der Festigkeit einer vorgenommenen Verbindung, der Zeitraum, auf den eine Verbindung oder die gemeinsame Nutzung mehrerer beweglicher Sachen angelegt ist, sowie das äußere Erscheinungsbild. Ist das Erscheinungsbild dadurch bestimmt, dass die Gegenstände für sich allein betrachtet unvollständig erscheinen oder gar ein Gegenstand ohne den bzw. die anderen Gegenstände ein negatives Gepräge hat, ist regelmäßig von einem einheitlichen Wirtschaftsgut auszugehen (BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 46/09, BFHE 233, 214, BStBl. II 2011, 696 m.w.N.).

Nach der Rechtsprechung des BFH ist ferner eine Verbindung, die eine fortbestehende selbständige Bewertbarkeit ausschließt, im allgemeinen anzunehmen, wenn Wirtschaftsgüter über die einheitliche Zweckbestimmung durch den Steuerpflichtigen in seinem Betrieb hinaus durch eine technische Verbindung oder „Verzahnung“ in der Weise verflochten sind, dass durch die Abtrennung eines dieser Teile entweder für den zu beurteilenden einzelnen Gegenstand oder für das Wirtschaftsgut, aus dem er herausgetrennt wurde, die Nutzbarkeit für den Betrieb verloren geht (BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 46/09, BFHE 233, 214, BStBl. II 2011, 696 m.w.N.). In einem betrieblichen Zusammenhang eingefügte Wirtschaftsgüter sind demnach als technisch aufeinander abgestimmt anzusehen, wenn zusätzlich zu einem wirtschaftlichen und betrieblichen Zusammenhang ihre naturwissenschaftlichen oder technischen Eigenschaften auf einen gemeinsamen Einsatz angelegt sind. Hiervon ist in der Regel auszugehen, wenn einem Gegenstand ohne einen anderen bzw. ohne andere Gegenstände schon aus rein technischen Gründen allein keine Nutzbarkeit zukommt (BFH-Urteil vom 25.05.2000 III R 20/97, BFHE 192, 191 BStBl. II 2001, 365). Eine bloße Abgestimmtheit aufgrund bestimmter branchentypischer Fertigungsnormen genügt für eine technische Abstimmung nach der Rechtsprechung dagegen nicht (BFH-Urteil vom 07.09.2000, III R 71/97, BFHE 1993, 192, BStBl. II 2001, 41). Ebenso wenig genügt für die Annahme eines einheitlichen Wirtschaftsguts, dass mehrere Gegenstände einem einheitlichen Zweck dienen. Diese „Zweckeinheit“ ist lediglich ein Indiz dafür, dass eine Zusammenfassung der betreffenden Gegenstände in Betracht kommen kann (BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 46/09, BFHE 233, 214, BStBl. II 2011, 696).

b) Anhand dieser Kriterien ist der Senat der Ansicht, dass es sich bei dem in Rede stehenden Blockheizkraftwerk um ein eigenständiges Wirtschaftsgut handelt, welches mit der Biogasanlage bzw. dem Fermenter kein zusammengesetztes einheitliches Wirtschaftsgut bildet.

 (1) Ob die Biogasanlage und das Blockheizkraftwerk einem einheitlichen Zweck dienen, hängt davon ab, welche Anforderungen an einen gemeinsamen Zweck gestellt werden bzw. wie kleinteilig bzw. umfassend ein solcher Zweck zu ermitteln ist.

Sicherlich dienen die Biogasanlage und das Blockheizkraftwerk dem gemeinsamen Zweck der Gewinnerzeilung durch die Erzeugung, die Nutzung und den Vertrieb von regenerativen Energien, wie es dem Unternehmensgegenstand entspricht. Der Senat sieht die Zwecke der in Rede stehenden Biogasanlage und des Blockheizkraftwerks aber differenziert. So ist der Zweck der Biogasanlage zunächst, aus Biomasse Biogas zu produzieren. Demgegenüber ist der Zweck des Blockheizkraftwerkes, aus (Bio-)Gas Strom und Wärme zu erzeugen. Dass insoweit von unterschiedlichen Zwecken der Wirtschaftsgüter ausgegangen werden kann, zeigt sich auch daran, dass im konkreten Fall eine Biogasleitung in den nahegelegten Ort gelegt worden ist, um dort das mit der klägerischen Biogasanlage produzierte Biogas in Zukunft ggf. auch anderweitig als durch Verstromung durch das eigene Blockheizkraftwerk zu vermarkten. Dem Senat ist ferner bekannt, dass auch in anderen Fällen das mithilfe von Biogasanlagen produzierte Gas als solches – ggf. nach Umwandlung in Flüssiggas – verkauft wird. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zwingend von einem einheitlichen Zweck von Biogasanlage und Blockheizkraftwerk auszugehen. Ferner wäre in einem einheitlichen Zweck lediglich ein Indiz für ein einheitliches Wirtschaftsgut zu sehen.

 (2) Die Biogasanlage und das Blockheizkraftwerk sind im Streitfall auch nicht in der Art miteinander verbunden, dass von einer besonderen Verfestigung der vorgenommenen Verbindung auszugehen wäre.

Der Vertreter der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vielmehr deutlich gemacht, dass das Blockheizkraftwerk aufgrund der modularen Bauweise relativ einfach ausgetauscht werden kann. Im Kern sind hierfür die Gas-, die Wasser- und die Stromleitungen zu trennen. Dies ist durch entsprechende Schraub- und Steckverbindungen etc. vorgesehen. Dies deckt sich mit den Angaben der Herstellerin des Blockheizkraftwerkes, welche damit wirbt, dass das Blockheizkraftwerk aufgrund der modularen Bauweise – und sei es für Reparaturzwecke – relativ einfach ersetzt werden kann.

 (3) Auch der Zeitraum einer beabsichtigten gemeinsamen Nutzung von Biogasanlage und Blockheizkraftwerk spricht nicht dafür, vorliegend von einem einheitlichen Wirtschaftsgut auszugehen. Vielmehr ist für das Blockheizkraftwerk von einer kürzeren Nutzungsdauer als jener der Biogasanlage auszugehen.

Die Klägerin hat hier schriftsätzlich vorgetragen, dass die Nutzungsdauer eines solchen für das Blockheizkraftwerk verwendeten Motors deutlich unter der Nutzungsdauer der Biogasanlage läge. Zündstrahlmotoren hätten eine Laufleistung von 25.000 und Gas-Otto-Motoren von 50.000 Betriebsstunden, was vier bzw. sieben Jahren der Nutzung entspräche.

Dass die Nutzungsdauer eines Blockheizkraftwerkes kürzer als jene einer Biogasanlage ist, deckt sich letztlich auch mit den Angaben der Finanzverwaltung in den amtlichen Abschreibungstabellen. Hier wird für eine Biogasanlage eine Abschreibungsdauer von 16 Jahren ausgewiesen. Demgegenüber wird die Nutzungsdauer eines Blockheizkraftwerkes mit zehn Jahren angegeben (vgl. Bundesministerium der Finanzen vom 15.12.2000, BStBl. I 2000, 1532). Danach ist damit zu rechnen, dass das Blockheizkraftwerk über die Nutzungsdauer der Biogasanlage jedenfalls einmal auszutauschen seien wird.

Zwar vertritt die Finanzverwaltung die Auffassung, dass sich die Nutzungsdauer eines Blockheizkraftwerks (als Bestandteil der Biogasanlage) auf 16 Jahre verlängern, wenn es „in einem technischen Zusammenhang“ mit einer Biogasanlage genutzt wird (vgl. Oberfinanzdirektion Münster, Schreiben vom 10.07.2012, 07/10 S 2172/12/St 13/33, Juris). Warum sich die Nutzungsdauer eines Blockheizkraftwerkes von zehn auf 16 Jahre erhöhen soll, wenn das Blockheizkraftwerk mit Gas aus einer Biogasanlage (statt anderweitig) gespeist wird, ist für den Senat aber nicht ersichtlich, zumal dies in dem genannten Schreiben nicht begründet wird.

Der Senat geht daher mit den Einzelangaben in den amtlichen Abschreibungstabellen davon aus, dass die gemeinsame Nutzung nicht auf einen identischen Zeitraum angelegt ist. Vielmehr ist es naheliegend, dass die Biogasanlage nach dem Verbrauch des aktuellen Blockheizkraftwerkes unter Verwendung eines neuen Blockheizkraftwerkes weitergenutzt werden wird.

 (4) Schließlich ist der Senat aufgrund der vorgelegten Fotos der Auffassung, dass das Erscheinungsbild der Biogasanlage und des Blockheizkraftwerkes dafür spricht, dass das Blockheizkraftwerk als eigenständiges Wirtschaftsgut anzusehen ist.

Zunächst befindet sich das Blockheizkraftwerk in einem vom Fermenter und vom Gasspeicher getrennten gesonderten Gebäude. Dabei handelt es sich bei dem Blockheizkraftwerkgebäude um einen ehemaligen Viehstall aus Backstein. Demgegenüber bestehen der runde Fermenter und der runde Gasspeicher nicht aus einer Steinkonkstruktion. Die baulichen Anlagen stammen erkennbar aus unterschiedlichen Baujahren. Das Erscheinungsbild des Fermenters unterscheidet sich daher deutlich vom Blockheizkraftwerkgebäude und vom Blockheizkraftwerk.

Der ehemalige Stall, in dem sich das Blockheizkraftwerk befindet, befindet sich zudem in einer Entfernung von etwa 12 Metern vom Fermenter. Auch diese räumliche Entfernung führt zu einem Erscheinungsbild, wonach das Blockheizkraftwerk als eigenes Wirtschaftsgut erscheint, zumal ein Betrachter den Fermenter und das Blockheizkraftwerk – wenn nicht die Tür des Blockheizkraftwerksgebäudes offen steht – überhaupt nicht zeitgleich sehen kann. Vielmehr hat ein Betrachter des Blockheizkraftwerkes, um es zu sehen, zunächst den ehemaligen Viehstall zu betreten.

Zudem hat die Klägerin durch die Verlegung der mehrere hundert Meter langen Biogasleitung neben den Fernwärmeleitungen bereits Vorsorge dafür getroffen, dass ein entsprechendes Blockheizkraftwerk auch in deutlich größerer Entfernung zum Fermenter und zum Gasspeicher betrieben werden kann. Zwar hat der Senat (derzeit) nicht darüber zu entscheiden, ob ein dortiges Blockheizkraftwerk mit der Biogasanlage ein einheitliches Wirtschaftgut bilden würde. Dennoch wird an dieser Leitung deutlich, dass die derzeitige Entfernung zwischen dem Fermenter und dem Blockheizkraftwerk eher zufällig und durch den Standort des ehemaligen Viehstalls bestimmt ist.

Überdies sprechen – jedenfalls indiziell – die modulare Bauweise und der gesonderte Hersteller des Blockheizkraftwerkes dafür, das Blockheizkraftwerk nach dem Erscheinungsbild als eigenständiges Wirtschaftgut anzusehen.

 (5) Der Senat kann auch nicht erkennen, dass die Biogasanlage ohne das Blockheizkraftwerk unvollständig erscheint oder ein negatives Gepräge erhält, wie dies etwa bei einem Personenwagen ohne Motor der Fall wäre. Zum einen könnte die Klägerin das mit der Biogasanlage produzierte Gas selbst verkaufen. Ein Blockheizkraftwerk wäre hierfür nicht erforderlich. Zum anderen könnte die Klägerin (oder ein Dritter) an die Biogasanlage – etwa an der bereits verlegten Biogasleitung im Ort – weitere Blockheizkraftwerke anschließen. Dann könnte mithilfe der Biogasanlage auch noch nach der Entfernung des aktuellen Blockheizkraftwerks Strom und Wärme produziert werden.

 (6) Die Biogasanlage und das Blockheizkraftwerk sind auch nicht in der Art miteinander verzahnt, dass nach einer Trennung die Nutzbarkeit der beiden Objekte verloren ginge. Zwar wird die Biogasanlage bei Bedarf mithilfe der vom Blockheizkraftwerk produzierten Wärme auf einer Betriebstemperatur von 40 Grad Celsius gehalten. Die Klägerin hat aber schlüssig dargelegt, dass dies, wäre die Wärme des Blockheizkraftwerks nicht ohnehin vorhanden, auch durch fossile Wärme erreicht werden könnte. Der Beklagte hat dies nicht substantiiert bestritten.

Eine weitere Verzahnung über den Betriebsstrom ist entgegen dem ursprünglichen Vortrag der Klägerin nicht gegeben. Insbesondere wird die Biogasanlage nicht mit dem Strom betrieben, welchen das Blockheizkraftwerk produziert. Diesbezüglich hat die Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass dies schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfolge, da die Einspeisevergütung für den selbst produzierten Strom höher sei als die Stromkosten für den bezogenen Strom. Ferner sei die Biogasanlage auf eine konstante Stromversorgung angewiesen, welche besser über das öffentliche Stromnetz als über das eigene Blockheizkraftwerk erreicht werde. Dem ist der Beklagte nicht entgegen getreten.

 (7) Nach alledem ist der Senat nach entsprechender Würdigung des Sachverhalts davon überzeugt, dass das Blockheizkraftwerk im Streitfall ein eigenständiges Wirtschaftsgut darstellt.

2. Die von der Klägerin nunmehr begehrte Nutzungsdauer des Blockheizkraftwerkes von zehn Jahren ist nicht zu beanstanden.

Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bzw. die Gesamtnutzungsdauer eines Wirtschaftsguts ist nach den Gegebenheiten des konkreten Betriebs bzw. nach den tatsächlichen Verhältnissen beim einzelnen Steuerpflichtigen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu schätzen (BFH-Urteil vom 26.07.1991 VI R 82/89, BFHE 165, 378, BStBl. II 1992, 1000).

Als Hilfsmittel für die Schätzung der Nutzungsdauer hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) unter Beteiligung der Fachverbände der Wirtschaft Abschreibungstabellen für allgemein verwendbare Anlagegüter und für verschiedene Wirtschaftszweige herausgegeben. Diese Abschreibungstabellen berücksichtigen sowohl die technische als auch die wirtschaftliche Nutzungsdauer. Sie haben zunächst die Vermutung der Richtigkeit für sich, sind aber für die Gerichte nicht bindend (BFH-Beschluss vom 04.07.2002, IV B 44/02, BFH/NV 2002, 1559). Gleichwohl sind die Abschreibungstabellen von den Finanzgerichten unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung und im Hinblick auf das Prinzip der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu beachten. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Anwendung der Abschreibungstabellen zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung führen würde (BFH-Urteil vom 26.07.1991, VI 82/89, BFHE 165, 378, BStBl. II 1992, 1000; BFH-Urteil vom 14.04.2011 IV R 46/09, BFHE 233, 214, BStBl. II 2011, 696).

Dabei beträgt die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines Blockheizkraftwerkes nach der im Streitjahr geltenden Abschreibungstabelle zehn Jahre (BMF-Schreiben vom 15.12.2000, BStBl. I 2000, 1532). Es ist nicht ersichtlich, dass diese geschätzte betriebliche Nutzungsdauer zu offensichtlich unzutreffenden Besteuerungsergebnissen führt. Dies wird vom Beklagten letztlich auch nicht geltend gemacht. Soweit die Klägerin zunächst eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von acht Jahren geltend gemacht hat, hat sie dies in der mündlichen Verhandlung aufgegeben.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 Satz 1 FGO. Eine Kostenerstattung für den Beigeladenen war nicht auszusprechen, da dieser keinen Antrag gestellt hat (vgl. § 135 Abs. 3 FGO).

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit den §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

5. Die Revision wird nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da im Hinblick auf weitere zur Entscheidung entstehende Fälle die Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert.

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