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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
04.07.2016
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
OLG Düsseldorf: Berechnung der Barabfindung für Miderheitsaktionäre bei Squeeze out nach Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.5.2015 – I-26 W 2/13 (AktE)

Sachverhalt

A.

Die Antragsteller waren Aktionäre der früheren L AG mit Sitz in …(L). Im Dezember 2013 hat das Unternehmen seine Rechtsform gewechselt und firmiert seitdem als L GmbH.

Gegenstand des Unternehmens war die Herstellung von Sanitärkeramik aus dem Sanitär-Porzellan „Keravit“, aus Feuerton und Keralith sowie von Baukeramik und anderen Erzeugnissen für das Sanitär- und Bauwesen und der Handel mit diesen Erzeugnissen. Die L geht auf die im Jahre 1903 von den britischen Produzenten U und K gegründeten Feuertonfabriken in .. sowie die E GmbH in … zurück. Seit 1918 trägt die Gesellschaft ihren noch heute gültigen Namen. Infolge der florierenden Bauindustrie nach dem 2. Weltkrieg stieg das Unternehmen zum Marktführer für Sanitärkeramik in Deutschland auf, bis in den 1960er Jahren eine europaweite Expansion erfolgte. 1968 wurde es von der französischen D, Paris (später B S.A.) übernommen, die fortan mittelbar die Mehrheit der Aktien hielt. Nach der Wiedervereinigung übernahm die L im Jahr 1990 von der Treuhandanstalt den DDR-Badkeramik-Marktführer und gründete die L Haldensleben GmbH. Im selben Jahr erfolgte die Übernahme der Mehrheit (75%) an der B S.A. durch die finnische T. Ltd. OY; seitdem gehört das Unternehmen zur T-Gruppe, die mit rund 9.100 Mitarbeitern und 28 Produktionsstätten europäischer Marktführer für Sanitärkeramik ist. Die Mehrheit an der T übernahm 2001 der britische Private Equity Investor BC Partners, im Frühjahr 2005 der schwedische Investor EQT.

Seit September 2005 bestand zwischen der Antragsgegnerin und der T Holdings Germany GmbH, …, als herrschendem Unternehmen ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Ebenfalls im September 2005 schloss die L ihrerseits als beherrschtes Unternehmen einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der Antragsgegnerin; die darin festgelegten Kompensationsleistungen waren Gegenstand eines gesonderten Spruchverfahrens vor der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf – 31 O 4/06 (AktE) -, in dem die Barabfindung und der Ausgleich – einer Neubewertung des dort bestellten Sachverständigen folgend – auf 62,16 € bzw. 4,15 € je Stückaktie festgesetzt wurden. In seinem Gutachten hatte der gerichtlich bestellte Sachverständige den Unternehmenswert anhand der Ertragswertmethode unter Beachtung des IDW S 1 2005 berechnet. Den Basiszins ermittelte er anhand von Zinsstrukturkurven der Deutschen Bundesbank nach der sog. Svensson-Methode mit 3,75 % vor und - unter Berücksichtigung der typisierten persönlichen Ertragssteuer (35 %) - 2,44 % nach Steuern, den Risikozuschlag – als Produkt aus der Marktrisikoprämie nach persönlichen Ertragssteuern (5,5 %) und einem Betafaktor von 0,7 - mit 3,85 %. Für die 2. Phase hielt er einen Wachstumsabschlag in Höhe von 1 % für angemessen. Der durchschnittliche Börsenkurs hatte in dem Dreimonatszeitraum vor Ankündigung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags lediglich 55,74 € betragen.

Die gegen die landgerichtliche Entscheidung eingelegten wechselseitigen Rechtsmittel – darunter auch die der am vorliegenden Beschwerdeverfahren beteiligten Antragsteller zu 41), 42), 44), 47), 50) und 51) - hat der Senat durch Beschluss vom 09.01.2014 (I-26 W 22/12 (AktE), -n. v.-) zurückgewiesen.

Zum 01.04.2006 – nach Abschluss der o. e. Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge - hat die L als Teil einer Gesamtstrategie der T-Gruppe ihr Geschäftsmodell von der Eigenherstellung auf die Auftragsfertigung und den funktions- und risikoarmen Eigenhandel (sog. contract manufacturing) umgestellt. Das neue Geschäftsmodell war zuvor bereits in den Ländern Schweden, Frankreich und den Niederlanden eingeführt worden. Die Umstellung betrifft die Bereiche Forschung und Entwicklung, Auftragsfertigung, Logistik und Vertrieb und ist in Verträgen mit der T Europe Oy umfassend geregelt. Danach werden u. a. die für die in Auftragsfertigung herzustellende Sanitärkeramik erforderlichen Rohstoffe vom Prinzipal beschafft und bereitgestellt und stehen - ebenso wie die fertigen und unfertigen Erzeugnisse - in dessen Eigentum. Die Beschaffung durch die  L beschränkt sich im Hinblick auf die Produktion auf Hilfs- und Betriebsstoffe. Neben der Herstellung von Sanitärkeramikprodukten im Auftrag des Prinzipals umfasst die Auftragsfertigungstätigkeit gelegentlich auch zusätzliche Tätigkeiten im Produktionsbereich wie beispielsweise die Veredelung von Produkten (z.B. „KeraTect“, „KeraClean“). Für die Auftragsfertigungstätigkeit erhält die L eine Vergütung, die nach der Kostenaufschlagsmethode ermittelt wird, zur Vergütung der Veredelungstätigkeit einen Gewinnaufschlag auf die geplanten Verrechnungsstückkosten (Übertragungsbericht S. 12 f.).

Nahezu zwei Jahre später, am 17.08.2007, beschloss die Hauptversammlung der L auf Verlangen der Antragsgegnerin, die mittlerweile 95,54 % der Aktien hielt, die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsgegnerin gegen Gewährung einer Barabfindung von 66,36 € (sog. Squeeze-out). Dieser liegt eine von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft F zum Stichtag der Hauptversammlung erstattete, dem Übertragungsbericht als Anlage beigefügte Unternehmensbewertung vom 21.06.2007 zugrunde. Darin wird die Barabfindung - im Einklang mit der später ergangenen Stollwerck-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 19.07.2010 (II ZB 18/09, zitiert aus JURIS) - nach dem durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs in dem Referenzzeitraum vom 14.12.2006 bis zum 13.03.2007 - drei Monate vor Bekanntgabe der Übernahmeabsicht der Antragsgegnerin - als Wertuntergrenze mit 66,36 € je Stückaktie ermittelt (Bewertungsgutachten S. 25, 50 ff.). Der Börsenkurs wird als Wertuntergrenze herangezogen, weil der rechnerische Wert je Stückaktie – sowohl bei einer Unternehmensbewertung anhand der Ertragswertmethode bezogen auf den Stichtag 17.08.2007 als auch bei Kapitalisierung der im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag festgelegten Ausgleichszahlung – mit nur 37,50 € je Stückaktie (Ertragswert) bzw. 51,42 € je Stückaktie (kapitalisierte Ausgleichszahlung) deutlich niedriger ausfällt. Den Wert des Unternehmens zum Stichtag 17.08.2007 berechnen die Bewertungsgutachter – wie der gerichtlich bestellte Sachverständige im o. e. Verfahren 31 O 4/06 (AktE) LG Düsseldorf - anhand der Ertragswertmethode unter Beachtung der Empfehlungen des IDW S 1 2005 - und unter Berücksichtigung des am 25.05.2007 verabschiedeten Unternehmenssteuerreformgesetzes vom 14.08.2007 (BGBl. I, 1912) mit 180 Mio. €. Der Basiszins wird anhand von Zinsstrukturdaten der Deutschen Bundesbank mit 4,5 % vor bzw. 2,93 % für das Jahr 2007, 3,31 % für die Jahre 2008 bis 2010 nach Steuern angesetzt, der Risikozuschlag als Produkt aus Marktrisikoprämie nach persönlichen Ertragssteuern (5,5 %) und Betafaktor (0,5) mit 2,75 % (Bewertungsgutachten S. 43). Für die 2. Phase wird ein Wachstumsabschlag in Höhe von 1 % vorgenommen.

Die zum sachverständigen Prüfer gemäß § 327c Abs. 2 S. 2 AktG bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft X bestätigte die Angemessenheit der Abfindung mit Testat vom 22.06.2007.

Der Übertragungsbeschluss wurde am 02.12.2008 in das Handelsregister eingetragen. Die Bekanntmachung im Unternehmensregister erfolgte am 09.12.2008.

Das eingetragene Grundkapital der L betrug 12,5 Mio. € und war in 4,8 Mio. Stückaktien eingeteilt, die zum Handel am amtlichen Markt an den Wertpapierbörsen in Berlin-Bremen und Düsseldorf zugelassen waren und im Freiverkehr an der Börse in Frankfurt (Open Market) gehandelt wurden.

Die Antragsteller haben die festgesetzte Abfindung für zu gering gehalten. Die Planung im Bewertungsgutachten sei zu pessimistisch. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Umstellung auf das neue Geschäftsmodell zu deutlich geringeren Ergebnissen als bei der Planung anlässlich des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags 2005 führen solle. Der angenommene Kapitalisierungszinssatz sei nicht hinnehmbar, Basiszins, Marktrisikoprämie und Risikozuschlag seien zu hoch, der Wachstumsabschlag sei zu niedrig angesetzt. Die Antragsgegnerin habe der Barabfindung einen zu niedrigen Börsenkurs zugrunde gelegt. Der sachverständige Prüfer habe zu Unrecht von einer eigenständigen Unternehmensbewertung abgesehen. Der Übertragungsbericht sei unzureichend. Es sei eine vollständige Neubewertung des Unternehmens durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen vorzunehmen.

Der gemeinsame Vertreter der Minderheitsaktionäre hat – in seiner noch vor der Stollwerck-Entscheidung des Bundesgerichtshofes verfassten Stellungnahme – ausgeführt, zwar ergebe sich weder nach der Ertragswertmethode - selbst bei Ansatz eines Basiszinssatzes von 4 %, einer Marktrisikoprämie von 4 % und eines Wachstumsabschlages von 2 %  -, noch im Rahmen veränderter Bewertungsparameter bei einer Kapitalisierung der Ausgleichszahlung eine höhere Barabfindung. Jedoch sei der Barabfindung als Wertuntergrenze nicht der gewichtete Börsenkurs im Dreimonatszeitraum vor Bekanntgabe der Übernahmeabsicht, sondern vor der beschlussfassenden Hauptversammlung zugrunde zu legen. Dieser habe bei 72,69 € gelegen, so dass die Barabfindung entsprechend zu erhöhen sei (Bl. 349 ff. d. A.).

Die Antragsteller und der gemeinsame Vertreter der Minderheitsaktionäre haben beantragt,

eine angemessene Barabfindung festzusetzen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat gemeint, angesichts der beträchtlichen Diskrepanz zwischen Ertragswert und im Übertragungsbeschluss festgelegter Barabfindung seien die Bewertungsrügen gegen die Ertragswertermittlung unerheblich, da sie von vornherein keine Erhöhung der Barabfindung rechtfertigen könnten. Selbst bei Berücksichtigung der durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen im Spruchverfahren 31 O 4/06 (AktE) LG Düsseldorf angesetzten Bewertungsparameter ergebe sich auch der nachträglichen Stellungnahme von F (Anlage AG 11, Bl. 562 ff. d. A.) zufolge keine höhere Barabfindung.

In der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2012 hat das Landgericht gemäß Beschluss vom 07.02.2012 (Bl. 591 d. A.) den für den sachverständigen Prüfer tätigen Wirtschaftsprüfer Prof. Dr. K angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 669 ff. d. A.) verwiesen.

Mit Beschluss vom 26.09.2012 (Bl. 725 ff d. A.) hat das Landgericht die Anträge zurückgewiesen. Die Anträge der Antragsteller zu 2), 5), 6), 7) und 8) seien bereits unzulässig, die Anträge im Übrigen unbegründet. Die Überprüfung des Bewertungsgutachtens und des Prüfberichts habe keinen Grund zur Festsetzung einer höheren Abfindung ergeben. Der Barabfindung sei nach der Stollwerck-Entscheidung des Bundesgerichtshofes der gewichtete Durchschnitts-Kurs innerhalb einer dreimonatigen Referenzperiode vor Bekanntmachung der Strukturmaßnahme als Wertuntergrenze zugrunde zu legen. Nach der Ertragswertmethode ergebe sich – selbst bei hypothetischer Annahme eines Basiszinssatzes von 4 %, eines Risikozuschlages von 1,7 % und eines Wachstumsabschlages von 1,5 % – keine höhere Abfindung. Die Ertragsprognose im Bewertungsgutachten gebe keinen Anlass zur Korrektur. Die darin zugrunde gelegte Unternehmensplanung der Geschäftsführung sei im Spruchverfahren nur eingeschränkt überprüfbar. Nach Anhörung des sachverständigen Prüfers habe sich kein Anhalt für eine Korrektur der Planung gezeigt. Zutreffend sei bei der Ertragsprognose das neue Geschäftsmodell der L berücksichtigt worden. Aus diesem Grunde seien auch die auf dem alten Geschäftsmodell beruhenden Ertragszahlen nur eingeschränkt für eine Prognose geeignet. Die Plausibilität der Planung werde durch die tatsächliche Entwicklung nach Erstellung des Bewertungsgutachtens im Jahre 2007 bestätigt. Die in Ansatz gebrachten Bewertungsparameter seien nicht zu beanstanden; der Risikozuschlag liege sogar deutlich unter den in anderen Bewertungsfällen angenommenen Risikozuschlägen. Eine Bestimmung der Barabfindung anhand der Kapitalisierung der aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag resultierenden Ausgleichszahlung komme angesichts der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 04.07.2012, I-26 W 11/11 (AktE), zitiert aus JURIS) nicht in Betracht.

Hiergegen richten sich die beschwerdeführenden Antragsteller. Sie wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen, die im Übertragungsbeschluss festgelegte Barabfindung sei zu niedrig und tragen vor:

Die Höhe der Barabfindung sei durch die Kapitalisierung der aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag resultierenden Ausgleichszahlung zu bestimmen. Die angemessene – in dem Spruchverfahren 31 O 4/06 (AktE) LG Düsseldorf erstinstanzlich erhöhte - Ausgleichszahlung sei tatsächlich höher als im Bewertungsgutachten angenommen; daher komme sie – zumindest als Untergrenze – zum Tragen. Das Landgericht habe nahezu ihr gesamtes Vorbringen zum Unternehmenswert übergangen und zu Unrecht von einer Beweiserhebung durch Neubewertung der L abgesehen. Daher sei die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht geboten. In seinem Beschluss habe das Landgericht die Ergebnisplanung der Antragsgegnerin – wie schon der sachverständige Prüfer – lediglich „ungeprüft übernommen“. Die Planung sei – auch angesichts des neuen, „optimierten“ Geschäftsmodells - viel zu pessimistisch und mangels Angabe der zu Grunde liegenden Daten und Geschäftskonzepte nicht nachprüfbar. Auch seien Basiszins, Marktrisikoprämie und Risikozuschlag viel zu hoch angesetzt worden. Die Bestimmung der Mehrrendite einer Alternativanlage in Aktien bei der Ermittlung der Marktrisikoprämie müsse im Wege einer geometrischen Mittelwertbildung aus historischen Zeitreihen erfolgen. Der Wachstumsabschlag sei viel zu niedrig, ein Wachstumsabschlag unterhalb der Inflationsrate nicht mit der Bewertungsannahme der unendlichen Lebensdauer des Unternehmens zu vereinbaren.

Die Antragsteller zu 40) bis 42) und 47) beantragen,

den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 26.09.2012 aufzuheben und die Sache an das Landgericht Düsseldorf zurückzuverweisen.

Die übrigen beschwerdeführenden Antragsteller beantragen – die Antragsteller zu 40) bis 42) und 47) hilfsweise -,

den Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 26.09.2012  aufzuheben und die Abfindung höher als auf 66,36 EUR festzusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Es sei unter keinem Gesichtspunkt denkbar, eine höhere Barabfindung festzusetzen.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst zulässig in Bezug genommener Anlagen verwiesen.

Aus den Gründen

B.

Die sofortigen Beschwerden sind zulässig, haben in der Sache jedoch keinen Erfolg.

I.

Die sofortigen Beschwerden sind zulässig, insbesondere wurden sie jeweils form- und fristgerecht eingelegt, §§ 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SpruchG, 22 Abs. 1 FGG (vgl. Bl. 763, 805; 771, 807; 772, 820; 811, 828; 775, 833 d. A.). Auf das Verfahren findet gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG das SpruchG in der bis zum 31.08.2009 geltenden Fassung Anwendung (vgl. BGH, Beschluss vom 03.11.2010, II ZB 197/10; Senat, Beschluss vom 04.07.2012, I-26 W 8/10 (AktE), jeweils zitiert aus JURIS).

II.

In der Sache haben die Beschwerden indessen keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht die im Übertragungsbeschluss mit 66,36 € je Stückaktie festgelegte Barabfindung für angemessen erachtet und von einer Erhöhung der Kompensation abgesehen.

1.

In nicht zu beanstandender Weise hat das Landgericht der Barabfindung ebenfalls den Börsenkurs als Wertuntergrenze zugrunde gelegt und davon abgesehen, eine völlige Neubewertung durch einen gerichtlichen Sachverständigen in Auftrag zu geben.

Grundsätzlich muss die Kompensationsleistung nach gesellschaftsrechtlichen Strukturmaßnahmen bei börsennotierten Gesellschaften in der Regel mindestens dem Börsenkurs der Aktien der beherrschten bzw. eingegliederten Gesellschaft zum Stichtag entsprechen (st. Rspr.; vgl. nur BVerfGE 100, 289 ff. "DAT/Altana"; Senat, Beschluss vom 29.07.2009, I-26 W 1/08 (AktE) Rn. 41, zitiert aus JURIS). Der maßgebliche nach Umsatz gewichtete Durchschnittskurs innerhalb einer dreimonatigen Referenzperiode vor Bekanntgabe des beabsichtigten Squeeze-out lag hier mit 66,36 € je Stückaktie deutlich über dem sich bei einer Unternehmensbewertung anhand der Ertragswertmethode ergebenden Betrag, wie das Landgericht – dem Bewertungsgutachten und dem Prüfbericht sowie den ergänzenden Ausführungen des Prüfers folgend – zutreffend festgestellt hat.

In ihrem Bewertungsgutachten haben F die Barabfindung – von dem sachverständigen Prüfer gebilligt und im Einklang mit der später ergangenen Stollwerck-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 19.07.2010 (II ZB 18/09, zitiert aus JURIS) - nach dem durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs in dem Referenzzeitraum vom 14.12.2006 bis zum 13.03.2007 bestimmt (Bewertungsgutachten S. 25, 50 ff.). Gegen den gewählten Referenzzeitraum, der nunmehr höchstrichterlich geklärt ist, werden seitens der Antragsteller und des gemeinsamen Vertreters der Minderheitsaktionäre keine Einwände mehr geltend gemacht. Ebenso wenig wird die Höhe des mit 66,36 € ermittelten Börsenkurses von ihnen in Zweifel gezogen. Er liegt auch über dem Durchschnittskurs der BaFin, der für den am 13.03.2007 endenden Dreimonatszeitraum lediglich 64,36 € betragen hat. Wie der sachverständige Prüfer im Termin erläutert hat, war es sachgerecht, den durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs unter Berücksichtigung des Freiverkehrs auf den Börsenplätzen in Berlin-Bremen, Düsseldorf, Frankfurt und im Xetra als maßgeblich zugrunde zu legen, weil der Handel mit L-Aktien im Referenzzeitraum überwiegend im Freiverkehr stattfand (Bl. 671 f. d. A., Bewertungsgutachten S. 51), der Durchschnittskurs der BaFin diesen indessen nicht berücksichtigt.

2.

Weder die von den Bewertungsgutachtern und dem sachverständigen Prüfer zur Ermittlung des Ertragswerts angewandte Ertragswertmethode als solche, noch das daraus resultierende Ergebnis begegnen vorliegend Bedenken.

a)

Im Ergebnis ohne Erfolg rügen einzelne Antragsteller, dass sich die angemessene Barabfindung, die in § 327b AktG für einen zwangsweisen Ausschluss der Minderheitsaktionäre vorgesehen ist, bei einer fortbestehenden vertraglichen Pflicht der Gesellschaft zur Gewinnabführung allein anhand des Barwertes der im Unternehmensvertrag vorgesehenen Ausgleichszahlungen zum Bewertungsstichtag bestimmen muss.

Wie der Senat inzwischen bereits mehrfach entschieden hat, berechnet sich die Höhe der Barabfindung auch in den Fällen, in denen ein Squeeze-out einem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag nachfolgt, regelmäßig nicht auf der Basis des Barwerts des Ausgleichs aus dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Das gilt grundsätzlich selbst  dann, wenn die kapitalisierte Ausgleichszahlung zu einem höheren Wert führen würde. Vielmehr ist der Unternehmenswert zum Zeitpunkt des Squeeze-out-Beschlusses Grundlage der Barabfindung (vgl. Senat, Beschlüsse vom 04.07.2012, I-26 W 11/11 (AktE) Rn. 38 ff.; 29.07.2009, I-26 W 1/08 (AktE) Rn. 49 ff.; ebenso: OLG München, Beschluss vom 26.10.2006, 31 Wx 12/06 Rn. 13; OLG Stuttgart, Beschluss vom 24.07.2013, 20 W 2/12 Rn. 100 ff., 107, a.A. OLG Frankfurt, Vorlagebeschluss vom 15.10.2014, 21 W 64/13, ZIP 2014, 2439-2443 Rn. 21 ff.; jeweils zitiert aus JURIS; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Kommentar, 7. Aufl., § 327b Rn. 9 m. w. N.).

Letztlich kommt es aber auf die dem Bundesgerichtshof vom Spruchsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt vorgelegte Frage, die letzterer im Sinne der Antragsteller entscheiden möchte, und damit auf den Ausgang des beim Bundesgerichthof unter dem Az.: II ZB 25/14 anhängigen Verfahrens hier nicht entscheidend an. Die Bewertungsgutachter haben neben dem Ertragswert auch den Barwert der Ausgleichszahlungen aus dem bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ermittelt, der mit 51,42 € je Stückaktie deutlich unter dem durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs liegt (Bewertungsgutachten S. 48 f.). Soweit das Landgericht den Ausgleich im Spruchverfahren 31 O 4/06 (AktE) auf 3,12 € erhöht hat, hat die Antragsgegnerin unter Hinweis auf die von F nachträglich vorgenommene Sensitivitätsberechnung (Bl. 572 ff.) dargelegt, dass sich auch unter Berücksichtigung dieser Erhöhung bei Ansatz vertretbarer Kapitalisierungszinssätze rechnerisch kein Barwert ergibt, der die im Bewertungsgutachten ermittelte Barabfindung übersteigt. Dagegen haben die Antragsteller Einwände nicht mehr erhoben.

b)

Nicht zu beanstanden ist es auch, dass das Landgericht angesichts der Besonderheiten des Falles, insbesondere der Diskrepanz zwischen Ertrags- und Börsenwert davon abgesehen hat, einen weiteren Sachverständigen mit der Neubewertung der L zu beauftragen. Übertragungsbericht, Prüfbericht und die umfangreichen Ausführungen des sachverständigen Prüfers im Termin stellen vorliegend eine ausreichende Grundlage für die gerichtliche Schätzung des Unternehmenswerts gemäß § 287 Abs. 2 ZPO dar.

Nach der gesetzlichen Vorgabe in § 8 Abs. 2 SpruchG wird die volle Entschädigung der Minderheitsaktionäre vorrangig dadurch sichergestellt, dass die Strukturmaßnahme – hier: die Übertragung der Aktien auf den Hauptaktionär -  von dem sachverständigen Prüfer geprüft wird, der sich insbesondere dazu zu erklären hat, ob die vorgeschlagene Kompensation angemessen ist. Dadurch sollen nachfolgende Spruchverfahren entlastet und zeit- und kostenaufwändige „flächendeckende“ Gesamtgutachten von Sachverständigen vermieden werden (vgl. BT-Drs. 15/371 S. 12, 14; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 7. Aufl., § 293c Rn. 2 und § 8 SpruchG Rn. 1 je m. w. N.). Der Schutz der Minderheitsaktionäre gebietet es daher grundsätzlich nicht, im Spruchverfahren neben dem sachverständigen Prüfer einen weiteren gerichtlichen Sachverständigen hinzuzuziehen (st. Rspr.; vgl. bereits OLG Düsseldorf, 19. Zivilsenat, Beschluss vom 14.04.2000, 19 W 6/98 Rn. 30; ebenso: OLG Stuttgart, Beschlüsse vom 26.10.2006, 20 W 14/05 Rn. 24 ff.; 14.09.2011, 20 W 4/10 Rn. 51 ff.; 17.10.2011, 20 W 7/11 Rn. 206 ff.; 05.06.2013, 20 W 6/10 Rn. 133; OLG München, Beschlüsse vom 19.10.2006, 31 Wx 92/05 Rn. 14 f.; 10.05.2007, 31 Wx 119/06 Rn. 13; 17.10.2011, 20 W 7/11 Rn. 206 ff.; 18.02.2014, 31 Wx 211/13 Rn. 10; LG München I, Beschluss vom 21.06.2013, 5 HK O 19183/09 Rn. 326, jeweils zitiert aus JURIS m. w. N.). Ein gerichtliches Sachverständigengutachten ist danach nur dann einzuholen, wenn gleichwohl noch weiterer Aufklärungsbedarf besteht. Letzteres ist – auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in den Rechtsmittelbegründungen – nicht der Fall.

c)

Durchgreifende Einwände gegen die Ermittlung des Unternehmenswerts liegen nicht vor.

Die von F angewandte Ertragswertmethode ist als eine geeignete Methode der Unternehmensbewertung anerkannt (vgl. nur BGH NJW 2003, 3272 ff.) und verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfGE 100, 289, 307); sie wird auch von den Antragstellern – ebenso wenig wie die Beachtung der zum Bewertungsstichtag geltenden Empfehlungen des IDW S 1 2005 - nicht in Frage gestellt.

Zutreffend haben die Bewertungsgutachter ihrer Bewertung den 17.08.2007 als Bewertungsstichtag zugrunde gelegt und darauf hingewiesen, dass die Ertragslage der Vorjahre angesichts der bereits zum 01.04.2006 vollzogenen Umstellung auf das neue Geschäftsmodell nur eingeschränkt mit der Ertragslage der L ab dem Jahr 2007 vergleichbar ist (Bewertungsgutachten S. 34).

Der Vorwurf einzelner Antragsteller, die Ertragsprognose sei viel zu pessimistisch, greift nicht durch. Die Bewertungsgutachter haben sich zu Recht an der unternehmenseigenen Planung orientiert (Bewertungsgutachten S. 30). Planungen und Prognosen sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen müssen auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen und widerspruchsfreien Annahmen aufbauen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 06.04.2011,I-26 W 2/06 (AktE) Rn. 47; 17.11.2008, I-26 W 6/08 (AktE) Rn. 26; OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.02.2008, 20 W 10/06 Rn. 22, jeweils zitiert aus JURIS). Maßgeblich ist der Informationsstand, der bei angemessener Sorgfalt am Bewertungsstichtag bestanden haben könnte (sog. Wurzeltheorie, vgl. nur Paulsen in: MünchKomm, AktG, 3. Aufl., § 304 Rn. 90; § 305 Rn. 84).

Der von der Unternehmensleitung erwartete Rückgang des EBIT bezogen auf das Jahr 2007 wird im Bewertungsgutachten (dort S. 36) überzeugend damit begründet, dass die L seit dem 01.04.2006 im Bereich der Produktion innerhalb der T-Gruppe nur noch als Auftragsfertiger ohne Bestandsrisiko mit deutlich niedrigerem Funktions- und Risikoprofil tätig ist. Ihr EBIT ist in diesem Modell in erster Linie von den mit dem Prinzipal vereinbarten Vergütungen abhängig; für die erbrachten Leistungen erhält sie die mit dem Prinzipal vertraglich vereinbarte Vergütung auf Basis der Kostenaufschlagsmethode. Dabei überzeugt es, dass die Aufschlagsätze die reduzierten Risiken auf Seiten des Unternehmens widerspiegeln, wie der dem Senat aus anderen Spruchverfahren für seine Fachkunde bekannte sachverständige Prüfer im Termin plausibel und nachvollziehbar bestätigt hat. Aufgrund der nach dem neuen Geschäftsmodell vorgesehenen Vergütung ist die Entwicklung des EBIT weitgehend an die Entwicklung der Umsatzerlöse gekoppelt. Dass darin keine einseitige Benachteiligung der Antragsteller zu sehen ist, ergibt sich vorliegend schon daraus, dass bereits ab dem Jahr 2008 - in Anlehnung an die seitens der Unternehmensleitung erwartete Branchenentwicklung – wieder mit einem stetigen Wachstum geplant wird (Bewertungsgutachten S. 34). Der im Geschäftsbericht 2007 der L veröffentlichte tatsächliche Geschäftsverlauf bestätigt im Übrigen, dass die EBIT-Prognose für das Jahr 2007 praktisch zutreffend, allenfalls zu ambitioniert war. Tatsächlich lag das EBIT ohne Beteiligungsergebnis im Jahr 2007 knapp unter der Prognose im Forecast 2007 mit rd. 8,5 Mio. (vgl. Geschäftsbericht 2007 S. 11).

Die Entwicklung der Umsatzerlöse ist im Bewertungsgutachten ebenfalls schlüssig dargelegt und von dem sachverständigen Prüfer ergänzend erläutert worden (Bewertungsgutachten S. 34, Bl. 673 ff. der Akte). Entgegen der Darstellung einzelner Antragsteller ergibt sich daraus auch kein Widerspruch zur geplanten Entwicklung des EBIT. Vielmehr war zwar für das Jahr 2007 ein leichter Rückgang der prognostizierten Produktumsatzerlöse gegenüber dem Vorjahr geplant. Diesen haben die Bewertungsgutachter plausibel damit erläutert, dass das Unternehmen in Deutschland mit Umsatzerlösen auf dem Niveau des Jahres 2006, in den Benelux-Ländern mit einer Steigerung plante, hingegen - angesichts einer strategischen Entscheidung der T-Gruppe, den Markt in Russland nicht mehr von der L, sondern von anderen Gesellschaft der Gruppe (aus Finnland) vertriebsseitig zu betreuen - für die Regionen Zentral-Osteuropa und insbesondere Nord-Osteuropa deutliche Umsatzrückgänge erwartete (vgl. Übertragungsbericht S. 19, Bewertungsgutachten S. 35). Für die nachfolgenden Jahre plante die Unternehmensleitung – im Einklang mit dem kontinuierlichen Anstieg des EBIT – eine deutliche Steigerung der Produktumsätze, wobei bei den Umsätzen mit keramischen Produkten etwas niedrigere Wachstumsraten als im Bereich der nicht keramischen Produkte geplant wurden. Das Unternehmen erwartete dabei, dass die 2006 eingetretene positive konjunkturelle Entwicklung, insbesondere in Deutschland, anhalten und die Baubranche davon stärker und zunehmend profitieren würde (Bewertungsgutachten S. 36). Die Plausibilität dieser Planung wird durch die Entwicklung der tatsächlichen Umsätze nicht in Frage gestellt, insbesondere stellt sie sich nicht – wie einige Antragsteller meinen - als zu pessimistisch dar.. Die tatsächliche Entwicklung auch der Umsatzerlöse zeigt vielmehr, dass die Planung eher ambitioniert war. Während die Umsatzerlöse im Jahr 2007 mit 148,2 Mio. € noch annähernd die Prognose (149,3 Mio. €) erreichten, blieben sie in den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2008 mit 112,9 Mio. EUR um 1,4 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2007 zurück (vgl. Zwischenmitteilung Q 3 2008).

Die geplanten Ausschüttungsquoten sind ebenso wenig zu beanstanden. Sie stehen in Einklang mit den Empfehlungen des IDW S 1 2005 (dort Rz. 47), wonach in der Phase der ewigen Rente grundsätzlich typisierend anzunehmen ist, dass das Ausschüttungsverhalten des zu bewertenden Unternehmens demjenigen einer Alternativanlage entspricht, sofern nicht Besonderheiten der Branche, der Kapitalstruktur oder der rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten sind. Auf diese Weise wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Unternehmensplanung regelmäßig nur die Detailplanungsphase abdeckt und für die zweite Phase des Prognosezeitraumes regelmäßig keine konkreten Planungen, insbesondere zum Ausschüttungsverhalten vorliegen, so dass die bisherige Ausschüttungspolitik grundsätzlich nicht auf Dauer perpetuiert werden kann (so auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.09.2011, 20 W 4/10 Rn. 127, zitiert aus JURIS m. w. N.). Dem wurde hier methodisch sachgerecht dadurch Rechnung getragen, dass die Ausschüttungsquote auf der Basis von historischen Unternehmensdaten für die Peer Group typisiert mit rd. 53 % abgeleitet wurde. Die Höhe der ermittelten Quote hat der sachverständige Prüfer nachvollzogen und für angemessen erachtet (Prüfungsbericht S. 21). Sie bewegt sich auch innerhalb der am Kapitalmarkt typischerweise zu beobachtende Bandbreite an Ausschüttungsquoten von 40 bis 70% (vgl. ausführlich Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel, Wpg 2004, 889, 894 m. w. N.).

d)

Zu Unrecht rügen einzelne Antragsteller, dass ihnen Unterlagen nicht zugänglich gemacht worden seien und deshalb die Planung im Bewertungsgutachten unplausibel sei.

Der sachverständige Prüfer hat das Ergebnis seiner Prüfung im Prüfbericht nachvollziehbar dargestellt und bei seiner Anhörung durch das Landgericht ergänzend erläutert. Die Unternehmensplanung ist im Übertragungsbericht zusammengefasst wiedergegeben; weitere Details sind dem beigefügten, in sich stimmigen Bewertungsgutachten zu entnehmen. Darauf, dass weitere Unterlagen zum geplanten EBIT, der Umsatzmarge, den Beteiligungsergebnissen, Eigenvertriebserlösen und Ausschüttungsquoten weitere, für die Entscheidung des Gerichts weitere Informationen enthalten könnten, kommt es bei dieser Sachlage nicht an.

e)

Fehl geht schließlich die Rüge einzelner Antragsteller, das Landgericht habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, da es nicht ausreichend auf ihre Einwände gegen die Ertragsprognose eingegangen sei.

Insoweit gilt im Grundsatz nichts anderes als der Senat bereits in seinem Beschluss vom 09.01.2014 (I-26 W 22/12 (AktE), n. v.) betreffend den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Antragsgegnerin und der L ausgeführt hat:

Art. 103 Abs. 1 garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern. Damit korrespondiert die Pflicht des Gerichts, Anträge und Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, soweit das Vorbringen nach den Prozessvorschriften nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder bleiben kann. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, da es nicht verpflichtet ist, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen ausdrücklich zu bescheiden (vgl. nur BVerfGE 5, 22, 24; 11, 218, 220; 14, 320, 323; 18, 380, 383; 22, 267, 274; 96, 205, 216 f.; BGH, Beschluss vom 23.02.2012, I ZB 30/10, Rn. 7 zitiert aus JURIS m. w. N.). Nur dann, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass ein Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen einer Partei zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, nicht nachgekommen ist, ist Art. 103 Abs. 1 GG verletzt (vgl. BVerfG aaO).

Ein solcher Fall ist weder ersichtlich noch aufgezeigt. Dass das Landgericht Vortrag der Beteiligten inhaltlich übergangen hätte, lässt sich nicht feststellen, zumal es den sachverständigen Prüfer in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2012 sowohl zu den Einwänden der Verfahrensbeteiligten als auch zu der durch das Landgericht selbst angestellten hypothetischen Relevanzberechnung mit veränderten Bewertungsparametern ausführlich angehört und dabei den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten Gelegenheit gegeben hat, Fragen zu stellen (vgl. Sitzungsprotokoll Bl. 669 ff.). Daneben war das Landgericht nicht gehalten, in seiner Entscheidung sämtliche Einwendungen im Einzelnen explizit abzuhandeln, insbesondere musste es sich nicht – wie gefordert – mit allen rechtlichen Erwägungen auseinandersetzen, die seiner, im Einklang mit Entscheidungen der Obergerichte stehenden Auffassung entgegenstehen.

3.

Angesichts der deutlichen Diskrepanz zwischen dem Ertragswert und der festgesetzten Barabfindung kommt es im Einzelnen auf die zahlreichen Einwände gegen die Parameter des Kapitalisierungszinssatzes nicht entscheidend an. Zutreffend hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass sich selbst bei zugunsten der Antragsteller stark veränderten Bewertungsparametern - Basiszins 4 % (4,5 %), Risikozuschlag 1,7 % (2,75 %), Wachstumsabschlag 1,5 % (statt 1 %) – nur ein Wert von 61,80 €/Aktie und damit kein Anlass für eine Erhöhung der Barabfindung ergeben würde, wie der sachverständige Prüfer im Termin bestätigt hat. Davon ist auch der gemeinsame Vertreter der Minderheitsaktionäre ausgegangen, der ausgeführt hat, sogar bei Ansatz eines Basiszinssatzes von 4 %, einer Marktrisikoprämie von 4 %, eines Betafaktors von 0,5 %  und eines Wachstumsabschlages von 2 %  ergebe sich nach der Ertragswertmethode keine den durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs übersteigende Barabfindung (Bl. 349 ff. d. A.).

Nach alledem ist den sofortigen Beschwerden der Erfolg zu versagen.

C.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte vorliegend abgesehen werden, zumal eine solche in erster Instanz stattgefunden hat (vgl. Simon in: Simon, SpruchG, § 12 Rn. 25).

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 15 SpruchG a. F.. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG a. F. zu tragen. Billigkeitsgründe, die es gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG a. F. rechtfertigen, die Kosten einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, liegen nicht vor (vgl. Hüffer, AktG, 11. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 6 m. w. M.; Klöcker in: K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 2. Aufl., § 15 SpruchG Rn. 16; Ederle/Theusinger in: Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., § 15 SpruchG/ Anh. § 306 Rn. 1).

Es besteht keine Veranlassung, die außergerichtlichen Kosten der beschwerdeführenden Antragsteller gemäß § 15 Abs. 4 SpruchG a. F. der Antragsgegnerin aufzuerlegen, da die Beschwerden erfolglos sind.

Den Geschäftswert für die Beschwerdeinstanz setzt der Senat gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG a. F. auf den Mindestwert von 200.000 € fest. Kommt es nicht zu einer gerichtlichen Entscheidung oder werden die Anträge als unzulässig oder – wie hier – als unbegründet zurückgewiesen, ist der Mindestgeschäftswert von 200.000 € maßgeblich (Rosskopf in: Kölner Kommentar, SpruchG, 3. Aufl., § 15 Rn. 18).

Der Vertreter der außenstehenden Aktionäre kann gemäß § 6 Abs. 2 SpruchG von der Antragsgegnerin in entsprechender Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes den Ersatz seiner Auslagen und eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Der Geschäftswert gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 3 SpruchG auch für die Bemessung seiner Vergütung.

 

 

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