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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
12.04.2012
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
BFH: Ansparabschreibung für Wirtschaftsgüter in ausländischer Betriebsstätte










BFH, Urteil  vom 10.08.2011  I R 45/10
(Vorinstanz: FG Sachsen vom 21.04.2010 - Aktenzeichen 6 K 1156/09 (EFG 2011, 315); )


Amtliche Leitsätze:
Eine Ansparabschreibung gemäß § 7g
Abs. 3
EStG
2002 a.F. kann auch für Wirtschaftsgüter gebildet werden, die für eine im
Ausland belegene Betriebsstätte angeschafft werden
sollen.

Amtliche Normenkette: EStG
2002 a.F. § 2a
Abs. 1
Satz 1 Nr. 2,
Abs. 2
Satz 1; EStG
2002 a.F. § 7g
Abs. 3;
EStG
2002 a.F. § 32b
Abs. 1
Nr. 3;

Redaktionelle Normenkette: EStG
2002 § 7g
Abs. 3;
EStG
§ 2a
Abs. 1
S. 1 Nr. 2;









Gründe
 






I.
 






Streitpunkt ist, ob eine Ansparabschreibung nach § 7g
Abs. 3
des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr 2006 geltenden Fassung (
EStG
2002 a.F.) für Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden kann, die
für eine im Ausland belegene Betriebsstätte angeschafft werden
sollen.
RN 1






Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) beteiligte sich im
Dezember des Streitjahrs in drei Verträgen jeweils atypisch still an einer
spanischen Gesellschaft, der W-SRC, die als Lizenznehmerin eines italienischen
Unternehmens verschiedene Gastronomiebetriebe in Spanien betreiben wollte. Der
Kläger sollte der Gesellschaft aufgrund dreier entsprechender Vereinbarungen die
identische Geschäftsausstattung für drei Betriebsstätten in Spanien zur
Verfügung stellen.
RN 2






In seiner Steuererklärung für das Streitjahr gab der Kläger
nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen
Staat zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der
Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 5. Dezember
1966 (BGBl II 1968, 10, BStBl I 1968, 297)
--DBA-Spanien-- in Deutschland von der Bemessungsgrundlage auszunehmende
(negative) Einkünfte in Höhe von ./. 462.000 € an, die nach seiner Auffassung im
Rahmen eines sog. negativen Progressionsvorbehalts nach § 32b
Abs. 1
Nr. 3
EStG
2002 a.F. bei der Bestimmung des Steuersatzes zu berücksichtigen seien. Die
negativen Einkünfte beruhen auf Ansparabschreibungen nach § 7g
Abs. 3
EStG
2002 a.F. im Betrag von jeweils 154.000 € je Betriebsstätte in Spanien. Nach der
vom Kläger im Einspruchsverfahren eingereichten Aufstellung sind je
Betriebsstätte Ausstattungsgegenstände im Betrag von 437.163 € bestellt worden
(Maschinen: 187.876 €, Ausstattung: 234.287 €, Anschaffungsnebenkosten: 15.000
€). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte
die negativen Einkünfte in den Bescheiden betreffend die Festsetzung der
Einkommensteuer für das Streitjahr und betreffend die Feststellung des
verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer auf den 31. Dezember 2006 nicht.
Die deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg; das Sächsische Finanzgericht (FG)
hat sie als unbegründet abgewiesen. Sein Urteil vom 21. April 2010 6 K 1156/09
ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 315 abgedruckt.
RN 3






Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf Verletzung
materiellen Rechts gestützte Revision des Klägers.
RN 4






Er beantragt,
RN 5






das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Bescheide dahin
abzuändern, dass die ausländischen negativen Einkünfte in Höhe von 462.000 €
einkommensmindernd berücksichtigt werden.
 






Das FA beantragt,
RN 6






die Revision zurückzuweisen.
 






II.
 






Die Revision ist im Hinblick auf die Festsetzung der
Einkommensteuer für das Streitjahr begründet und führt insoweit zur Aufhebung
des FG-Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. In Bezug auf den
Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur
Einkommensteuer zum 31. Dezember 2006 bleibt die Revision hingegen ohne
Erfolg.
RN 7






1. Obschon der Kläger nach dem Wortlaut seines
Revisionsantrags die "einkommensmindernde" Berücksichtigung der aus Spanien
stammenden negativen Einkünfte verlangt, versteht der Senat sein Begehren dahin,
dass er --wie schon im Rahmen seiner Steuererklärung, im Einspruchsverfahren und
vor dem FG-- die negativen ausländischen Einkünfte weiterhin lediglich im Rahmen
eines negativen Progressionsvorbehalts nach § 32b
Abs. 1
Nr. 3
EStG
2002 a.F. bei der Bestimmung des Steuersatzes berücksichtigt wissen will. Denn
aus der Revisionsbegründung ergibt sich kein Anhalt dafür, dass der Kläger
nunmehr in Erwägung zieht, die aus Spanien stammenden negativen Einkünfte
könnten in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer einzubeziehen sein. Bei
der Verwendung des Ausdrucks "einkommensmindernd" handelt es sich deshalb um ein
offenkundiges Versehen.
RN 8






2. Die so verstandene Revision ist in Bezug auf den
angefochtenen Bescheid über die Festsetzung der Einkommensteuer für das
Streitjahr begründet. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sind die
ausländischen Verluste, die auf den vom Kläger gebildeten Ansparabschreibungen
für die geplanten Investitionen in die spanischen Gesellschaften beruhen, gemäß
§ 32b
Abs. 1
Nr. 3
EStG
2002 a.F. im Rahmen eines negativen Progressionsvorbehalts bei der Bestimmung
des Steuersatzes zu berücksichtigen. Jedoch ist der Rechtsstreit noch nicht
entscheidungsreif, weil zum einen der Kläger noch konkret festlegen muss, für
welche der von ihm benannten Wirtschaftsgüter er in welcher Höhe
Ansparabschreibungen in Anspruch nimmt; zum anderen bedarf es noch
tatrichterlicher Feststellungen dazu, ob es sich bei dem Engagement an der W-SRC
um einen Betrieb oder um mehrere Betriebe des Klägers i.S. von § 7g
Abs. 3
Satz 5 EStG
2002 a.F. gehandelt hat.
RN 9






a) Verfahrensrechtlich kann die Festsetzung der
Einkommensteuer im Streitfall ohne gesonderte und einheitliche Feststellung der
nach dem DBA-Spanien von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer
ausgenommenen Einkünfte der atypischen stillen Gesellschaften nach § 180 Abs. 5
Nr. 1 i.V.m. Abs. 1
Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung
(
AO
) vorgenommen werden. Denn es greift hier die Ausnahmebestimmung des § 180
Abs. 3
Nr. 1
AO,
nach der keine gesonderte und einheitliche Feststellung erfolgt, wenn nur eine
der an den Einkünften beteiligten Personen mit ihren Einkünften im Inland
einkommensteuerpflichtig oder körperschaftsteuerpflichtig ist.
RN 10






b) Die Einkünfte des Klägers aus den Beteiligungen an den
atypischen stillen Gesellschaften sind von der Bemessungsgrundlage der
Einkommensteuer ausgenommen. Das ergibt sich aus Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 1
i.V.m. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Spanien und ist zwischen den Beteiligten nicht
im Streit.
RN 11






c) Abkommensrechtlich nicht ausgeschlossen, sondern
ausdrücklich vorbehalten ist indes gemäß Art. 23 Abs. 1 Buchst. a Satz 2
DBA-Spanien das Recht der Bundesrepublik Deutschland, die von der
Bemessungsgrundlage ausgenommenen Einkünfte im Rahmen des Progressionsvorbehalts
nach § 32b
EStG
2002 a.F. bei der Festsetzung des Steuersatzes zu berücksichtigen. Gemäß § 32b
Abs. 1
Nr. 3
EStG
2002 a.F. unterliegen dem Progressionsvorbehalt auch ausländische Einkünfte
eines unbeschränkt Steuerpflichtigen, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der
Doppelbesteuerung unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung des
Steuersatzes im Veranlagungszeitraum steuerfrei sind. Diese Bestimmung ist auf
die von der Klägerin geltend gemachten Verluste in Form der Ansparabschreibungen
anzuwenden.
RN 12






aa) Der Bildung der Ansparabschreibungen nach § 7g
Abs. 3
EStG
2002 a.F. steht nicht entgegen, dass sie sich im Streitfall ausschließlich auf
Investitionen in ausländische Betriebsstätten beziehen. Die aus der Bildung der
Ansparabschreibungen resultierenden Verluste sind Bestandteil der gemäß § 32b
Abs. 1
Nr. 3
EStG
2002 a.F. bei der Ermittlung des besonderen Steuersatzes zu berücksichtigenden
ausländischen Einkünfte.
RN 13






aaa) Nach § 7g
Abs. 3
bis 5
EStG
2002 a.F. können Steuerpflichtige, die den Gewinn durch Bestandsvergleich
ermitteln, für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen
Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden
(Ansparabschreibung). Die Rücklage darf 40 v.H. der Anschaffungs- oder
Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der
Steuerpflichtige voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der
Rücklage folgenden Wirtschaftsjahrs anschaffen oder herstellen wird. Eine
Ansparabschreibung kann auch gebildet werden, wenn dadurch --wie im Streitfall--
ein Verlust entsteht oder sich erhöht (§ 7g
Abs. 3
Satz 4 EStG
2002 a.F.). Insgesamt dürfen die danach gebildeten Rücklagen je Betrieb des
Steuerpflichtigen den Betrag von 154.000 € nicht übersteigen (§ 7g
Abs. 3
Satz 5 EStG
2002 a.F.).
RN 14






bbb) Ob die Bildung der Rücklage nach Maßgabe dieser Regeln
voraussetzt, dass das Wirtschaftsgut, auf welches sich die künftige Investition
bezieht, für eine inländische Betriebsstätte angeschafft und dort genutzt werden
muss, wird nicht einheitlich beurteilt. Sie wird von einigen Finanzgerichten
(vgl. neben dem angefochtenen FG-Urteil das Urteil des FG Münster vom 30. August
2005 6
K 6539/03
F, EFG 2006, 255
--zustimmend Verfügung der Oberfinanzdirektion Münster vom 5. Januar 2007, Der
Betrieb 2007, 368--; Beschlüsse des Schleswig-Holsteinischen FG vom 4. September
2008 5 V 10067/08, EFG 2009, 98,
und des FG Baden-Württemberg vom 12. Januar 2009 5 V 3932/08, [...]) und einem
Teil der Literatur (Brandis in Blümich, Einkommensteuergesetz,
Körperschaftsteuergesetz,
Gewerbesteuergesetz,
§ 7g
EStG
a.F. Rz 16; Daller, Schrift Nr. 423 des Instituts "Finanzen und Steuern" e.V.,
S. 12) bejaht. Andere lehnen eine Beschränkung auf inländische Betriebsstätten
ab (Gosch, Deutsches Steuerrecht 2007, 1895, 1896; Kulosa in Schmidt, Einkommensteuergesetz,
29. Aufl., § 7g
Rz 63; Spohn/Peters, Internationales Steuerrecht 2007, 754, 755; aus
unionsrechtlichen Gründen auch Handzik in Littmann/Bitz/Pust, Das
Einkommensteuerrecht, § 7g
EStG
Rz 65a). Diese Auffassung wird auch im Schreiben des Bundesministeriums der
Finanzen vom 12. Dezember 1996 (BStBl I 1996,
1441, unter 3.) vertreten, wo es heißt, die Rücklagenbildung sei unabhängig
davon zulässig, ob das später tatsächlich angeschaffte oder hergestellte
Wirtschaftsgut die in § 7g
Abs. 2
Satz 1 Nr. 2
EStG
2002 a.F. genannten Voraussetzungen erfüllen werde. Der Senat, der die Frage
bislang nicht entscheiden musste (vgl. Senatsurteil vom 11. Juli 2007 I
R 104/05
, BFHE 218, 323,
BStBl II 2007, 957;
Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 I
B 69/09
, BFH/NV 2009, 1805),
hält die letztgenannte Auffassung für zutreffend.
RN 15






aaaa) Dem für die Gesetzesauslegung in erster Linie
maßgeblichen Wortlaut des § 7g
Abs. 3
ff. EStG
2002 a.F. ist --was auch FG und FA nicht in Abrede stellen-- eine Beschränkung
der Ansparabschreibung auf Investitionen in inländische Betriebsstätten nicht zu
entnehmen. § 7g
Abs. 3
Satz 1 EStG
2002 a.F. bezieht sich vielmehr ausnahmslos auf Wirtschaftsgüter "im Sinne des
Absatzes 1", mithin auf neue bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens.
Eine räumliche Beschränkung auf im Inland belegene Betriebe ist nicht in § 7g
Abs. 1
EStG
2002 a.F., sondern in Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a der Vorschrift enthalten, der die
Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nach Abs. 1 an die Bedingung knüpft, dass
das betreffende Wirtschaftsgut mindestens ein Jahr nach seiner Anschaffung oder
Herstellung in einer inländischen Betriebsstätte verbleibt. Die Beschränkung des
§ 7g
Abs. 2
Nr. 2
Buchst. a EStG
2002 a.F. wird indes von den die Ansparabschreibung regelnden Bestimmungen der
Absätze 3 ff. --insbesondere von Abs. 3 Satz 3, der die Voraussetzungen der
Ansparabschreibung enumerativ auflistet-- nicht in Bezug genommen.
RN 16






bbbb) Die Beschränkung auf das Inland kann entgegen der
Sichtweise des FG wegen des fehlenden Anhalts im Gesetzeswortlaut nicht aufgrund
der Gesetzesgeschichte und -systematik in § 7g
Abs. 3
EStG
2002 a.F. hineingelesen werden. Zwar mag es zutreffen, dass der Gesetzgeber mit
Einführung der Begünstigung der Ansparabschreibung durch das Gesetz zur
Verbesserung der steuerlichen Bedingungen zur Sicherung des Wirtschaftsstandorts
Deutschland im Europäischen Binnenmarkt vom 13. September 1993 (BGBl I 1993, 1569, BStBl I 1993, 774) die Förderung von Investitionen in
inländische Betriebe vor Augen gehabt und bezweckt hat. Dafür kann auch der
Umstand ins Feld geführt werden, dass § 7g
Abs. 3
Satz 3 Nr. 2
EStG
zur Begrenzung der Ansparabschreibung auf die in Abs. 2 Nr. 1 genannten
Größenmerkmale verweist, welche sich nach der seinerzeit geltenden Fassung (
EStG
1990) am Einheitswert und am Gewerbekapital des Betriebs orientierten.
Denn diese Werte wurden von der Finanzverwaltung nur für inländische Betriebe
bzw. Betriebsstätten gesondert festgestellt. Eine zwingende gesetzliche
Beschränkung auf inländische Betriebsstätten kann aus diesen Zusammenhängen aber
nicht abgeleitet werden. Das ergibt sich schon daraus, dass § 7g
Abs. 2
Satz 2 EStG
1990 eine ausdrückliche Regelung zur Ermittlung der Größenmerkmale für die Fälle
enthielt, in denen ein Einheitswert des Betriebs für steuerliche Zwecke nicht
festzustellen war (sog. fiktiver Einheitswert). Auch wenn der Gesetzgeber mit
dieser Regelung wiederum Fälle vor Augen gehabt haben mag, in denen bei
inländischen Betrieben die Feststellung eines Einheitswerts entbehrlich war
(z.B. wegen § 117a Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes in der bis 1996
geltenden Fassung), zeigt sie doch, dass die formelle gesonderte Feststellung
der Größenmerkmale nicht in jedem Fall unabdingbare Voraussetzung für die
Inanspruchnahme der Ansparabschreibung sein sollte.
RN 17






Jedenfalls aber hat der Gesetzgeber im Zuge des Wegfalls der
Vermögensteuer bzw. des Wegfalls der Feststellung des Einheitswerts des
Betriebsvermögens mit dem Jahressteuergesetz 1997 vom 27. Dezember 1996 (BGBl
I 1996, 2049, BStBl I 1996, 1523) die Größenmerkmale des § 7g
Abs. 2
EStG
in der Weise geregelt, dass es nunmehr --soweit es nicht um Betriebe der Land-
und Forstwirtschaft ging-- auf die Ermittlung des Betriebsvermögens nach
ertragsteuerlichen Grundsätzen ankam (§ 7g
Abs. 2
Nr. 1
Buchst. a EStG
1997/2002 a.F.; vgl. dazu Brandis in Blümich, a.a.O., § 7g
EStG
a.F. Rz 57). Diese Ermittlungsweise ist grundsätzlich auch für im Ausland
belegene Betriebe anwendbar, so dass es seitdem an jeglichem Anhalt im
Tatbestand des § 7g
EStG
1997/2002 a.F. dafür fehlt, dass die Inanspruchnahme der Ansparabschreibung auf
Investitionen in inländische Betriebe beschränkt sein könnte. Ohne einen solchen
Anhalt im Gesetzestatbestand kann jedoch etwaigen Vorstellungen der am
Gesetzgebungsverfahren Beteiligten keine maßgebliche Bedeutung beigemessen
werden (vgl. Senatsurteil vom 22. Dezember 2010 I
R 110/09
, BFHE 232, 415) und muss es mithin bei der wortlautgetreuen
Gesetzesanwendung verbleiben.
RN 18






cccc) Auch aus dem Zusammenhang zwischen Ansparabschreibung
gemäß § 7g
Abs. 3
ff. EStG
2002 a.F. und Sonderabschreibung gemäß § 7g
Abs. 1
und 2
EStG
2002 a.F. lässt sich nicht ableiten, dass zur Inanspruchnahme der
Ansparabschreibung zusätzlich auch die vom Gesetz nicht in Bezug genommenen
Voraussetzungen des § 7g
Abs. 2
EStG
2002 a.F. erfüllt sein müssen. Insbesondere folgt das nicht aus dem Umstand,
dass die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nach § 7g
Abs. 2
Nr. 3
Satz 1 EStG
2002 a.F. grundsätzlich die vorherige Bildung einer Ansparabschreibung nach Abs.
3 bis 7 voraussetzt. Denn daraus lässt sich nicht folgern, dass umgekehrt auch
die Ansparabschreibung von der Möglichkeit einer späteren Inanspruchnahme der
Sonderabschreibung abhängig sein muss.
RN 19






dddd) Die Befürchtung des FA, mit dem hier vertretenen
Normverständnis werde ein "unbeabsichtigtes Steuersparmodell" begründet, weil
der Steuerpflichtige über den negativen Progressionsvorbehalt von der
Beteiligung an ausländischen Unternehmen profitieren könne, während sich der
positive Progressionsvorbehalt bei der späteren Auflösung der Rücklage nicht
auswirke, falls der Steuerpflichtige bereits den Spitzensteuersatz zahle, vermag
ein anderes Ergebnis nicht zu begründen. Das steuerliche Lenkungsinstrument der
Ansparabschreibung nach den Regeln des § 7g
Abs. 3
ff. EStG
2002 a.F. bot in vielfältiger Hinsicht --also keineswegs nur mit Blick auf
Sachverhalte mit Auslandsberührung-- erhebliches Potential zur Steuergestaltung
(vgl. Brandis in Blümich, a.a.O., § 7g
EStG
a.F. Rz 76, m.w.N.). Das Ziel der Vermeidung solchen Gestaltungspotentials
rechtfertigt aber keine einschränkende Auslegung der Lenkungsnorm entgegen ihrem
Wortlaut. Die Ausnutzung eines in einer gesetzlichen Regelung angelegten
Steuervorteils begründet auch keinen Missbrauch von rechtlichen
Gestaltungsmöglichkeiten i.S. von § 42
Abs. 1
AO;
solches wird auch vom FA nicht vertreten.
RN 20






eeee) Offenkundig ist auch der Gesetzgeber bei Erlass des
Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630), mit dem die bisherigen Regelungen des §
7g
EStG
2002 a.F. grundlegend umgestaltet worden sind, vom hier vertretenen
Normverständnis ausgegangen. Die Inanspruchnahme des an die Stelle der
bisherigen Ansparabschreibung getretenen Investitionsabzugsbetrags ist gemäß §
7g
Abs. 1
Satz 2 Nr. 2
Buchst. b EStG
2002 i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 u.a. davon abhängig gemacht
worden, dass das betreffende Wirtschaftsgut mindestens bis zum Ende des dem
Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung folgenden Wirtschaftsjahrs in
einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast
ausschließlich betrieblich genutzt wird. In der Begründung des Gesetzentwurfs
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD zum Entwurf eines
Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 (BTDrucks 16/4841, S. 52) heißt es dazu:
"Diese --für die Inanspruchnahme von Ansparabschreibungen bisher nicht
geforderte-- Bedingung lehnt sich an die Regelungen zu den Sonderabschreibungen
im bisherigen § 7g Abs. 2 Nr. 2 an". Soweit das FG die danach "bisher nicht
geforderte" Bedingung allein auf das Erfordernis der ausschließlichen oder fast
ausschließlichen betrieblichen Nutzung, nicht aber auch auf die Nutzung in einer
inländischen Betriebsstätte bezieht, ist dafür ein Anhalt in der
Gesetzesbegründung nicht ersichtlich.
RN 21






bb) Die Berücksichtigung der geltend gemachten Verluste im
Rahmen des § 32b
Abs. 1
Nr. 3
EStG
2002 a.F. ist nicht gemäß § 2a
Abs. 1
Satz 1 Nr. 2
EStG
2002 a.F. ausgeschlossen. Zwar dürfen nach dieser Vorschrift negative Einkünfte
aus einer in einem ausländischen Staat belegenen gewerblichen Betriebsstätte
grundsätzlich nur mit positiven Einkünften derselben Art und aus demselben Staat
ausgeglichen werden und gilt dies auch für durch Doppelbesteuerungsabkommen von
der deutschen Besteuerung freigestellte Einkünfte (Senatsurteil vom 12. Januar
2011 I
R 35/10
, BFHE 232, 432, BStBl II 2011, 494). Jedoch greift im Streitfall die
sog. Aktivitätsausnahme des § 2a
Abs. 2
Satz 1 EStG
2002 a.F., nach der Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Vorschrift nicht gilt, wenn der
Steuerpflichtige nachweist, dass die negativen Einkünfte aus einer gewerblichen
Betriebsstätte im Ausland stammen, die u.a. ausschließlich oder fast
ausschließlich die Bewirkung gewerblicher Leistungen zum Gegenstand hat. Das ist
bei den spanischen Betriebsstätten der W-SRC, die künftig Gastronomiebetriebe
betreiben sollten, der Fall. Die in § 2a
Abs. 2
Satz 1 EStG
2002 a.F. normierte Rückausnahme, nach der die Aktivitätsausnahme nicht
anwendbar ist, wenn die ausländische Betriebsstätte u.a. mit der Errichtung oder
dem Betrieb von Anlagen befasst ist, die dem Fremdenverkehr dienen, greift hier
nicht. Zum einen widerspricht diese Rückausnahme innerhalb der Europäischen
Union den unionsrechtlichen Grundfreiheiten und bleibt deswegen ohnehin
unanwendbar (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 2008 I
R 85/06
, BFHE 220, 398,
BStBl II 2008, 671).
Zum anderen ist den tatrichterlichen Feststellungen kein Anhalt dafür zu
entnehmen, dass die geplanten Gaststätten vornehmlich für eine Frequentierung
durch in Spanien weilende Touristen vorgesehen waren (vgl. zur Abgrenzung
Senatsbeschluss vom 25. April 2007 I
B 52/06
, BFH/NV 2007, 1646).
RN 22






d) Das FG ist von einer anderen rechtlichen Beurteilung
ausgegangen. Sein Urteil ist deshalb im Hinblick auf den Einkommensteuerbescheid
aufzuheben. Die Sache ist jedoch unter zwei Aspekten noch nicht
entscheidungsreif und deshalb gemäß § 126
Abs. 3
Satz 1 Nr. 2
der Finanzgerichtsordnung
(
FGO
) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG
zurückzuverweisen.
RN 23






aa) Die Voraussetzungen für die Bildung von
Ansparabschreibungen sind bislang insoweit noch nicht vollständig erfüllt, als
es noch der Festlegung durch den Kläger bedarf, für welche der von ihm benannten
Wirtschaftsgüter er in welcher konkreten Höhe Ansparabschreibungen
bildet.
RN 24






Bei der geplanten Anschaffung mehrerer Wirtschaftsgüter, für
die der Steuerpflichtige die Begünstigung des § 7g
Abs. 3
EStG
2002 a.F. in Anspruch nehmen möchte, hat er grundsätzlich für jedes
Wirtschaftsgut eine gesonderte Ansparabschreibung zu bilden, deren Bildung und
Auflösung gemäß § 7g
Abs. 3
Satz 3 Nr. 3
EStG
2002 a.F. in der Buchhaltung verfolgbar sein muss (Urteil des Bundesfinanzhofs
--BFH-- vom 12. Dezember 2001 XI
R 13/00
, BFHE 197, 448,
BStBl II 2002, 385;
BFH-Beschluss vom 31. März 2009 X
B 226/08
, BFH/NV 2009, 1116).
Gibt der Steuerpflichtige --wie im Streitfall-- eine Vielzahl von einzelnen
Wirtschaftsgütern an und übersteigen 40 v.H. der Anschaffungskosten dieser
Wirtschaftsgüter in ihrer Summe den Höchstbetrag je Betrieb von 154.000 €, muss
er demzufolge angeben, in welchen Teilbeträgen der Höchstbetrag auf die
einzelnen Wirtschaftsgüter verteilt werden soll. Das hat der Kläger bislang
nicht getan.
RN 25






Der in der Klagebegründung vorgebrachte Einwand des Klägers,
er riskiere auf diese Weise, dass das FA seiner Auswahl von Wirtschaftsgütern
nicht folge, obwohl es womöglich bei den nicht ausgewählten Wirtschaftsgütern
keine Beanstandungen erhoben hätte, ist unbegründet. Denn der Steuerpflichtige
ist nicht gehindert anzugeben, in welcher Reihenfolge und zu welchen Beträgen er
"hilfsweise" die anderen Wirtschaftsgüter berücksichtigt haben möchte, falls ein
Wirtschaftsgut die Voraussetzungen des § 7g
Abs. 3
ff. EStG
2002 a.F. nicht erfüllt.
RN 26






bb) Die Ansparabschreibungen dürfen gemäß § 7g
Abs. 3
Satz 5 EStG
2002 a.F. je Betrieb des Steuerpflichtigen 154.000 € nicht übersteigen. Im
Streitfall ist deshalb zu prüfen, ob die Beteiligungen an der W-SRC jeweils als
selbständige Betriebe des Klägers oder als ein Gesamtbetrieb zu beurteilen sind.
Mehrere Betriebe liegen aus ertragsteuerlicher Sicht vor, wenn sich die
zivilrechtlich selbständigen atypisch stillen Beteiligungen auf hinreichend
sachlich abgrenzbare Unternehmensteile (Geschäftsbereiche) des Handelsgewerbes
beziehen (vgl. Senatsurteil vom 6. Dezember 1995 I
R 109/94
, BFHE 179, 427,
BStBl II 1998, 685;
BFH-Urteil vom 23. April 2009 IV
R 73/06
, BFHE 225, 343, BStBl II 2010, 40; Wacker in Schmidt, EStG,
30. Aufl., § 15
Rz 360). Das FG hat --von seiner Rechtsauffassung her konsequent-- keine näheren
Feststellungen zum Inhalt der abgeschlossenen Beteiligungsverträge und zur
Betriebsorganisation der W-SRC getroffen. Der Sachverhalt bedarf mithin insoweit
noch der Aufklärung im zweiten Rechtsgang.
RN 27






3. Unbegründet und deshalb gemäß § 126
Abs. 2
FGO
zurückzuweisen ist die Revision in Bezug auf den Bescheid über die Feststellung
des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2006.
Insoweit erweist sich die Klageabweisung im Ergebnis als zutreffend. Denn es ist
nicht ersichtlich --und der Kläger trägt dafür nichts vor-- dass die allein
streitbefangene Höhe der im Rahmen des negativen Progressionsvorbehalts zu
berücksichtigenden ausländischen Einkünfte die Höhe des nach Maßgabe von § 10d
EStG
2002 a.F. zum 31. Dezember 2006 festzustellenden verbleibenden Verlustabzugs
beeinflussen könnte. Die Wirkung des negativen Progressionsvorbehalts erschöpft
sich in der Modifikation des im Verlustentstehungsjahr zu Grunde zu legenden
Steuersatzes nach den Regeln des § 32b
Abs. 2
EStG
2002 a.F.
RN 28






Soweit in diesem Rahmen mangels hinreichender anderweitiger
positiver Einkünfte eine Verrechnung der Verluste nicht oder nicht vollständig
möglich ist, können die verbleibenden Verluste nicht über § 10d
EStG
2002 a.F. den Steuersatz anderer Jahre mindern (Heinicke in Schmidt, a.a.O., 30.
Aufl., § 32b
Rz 6; Probst in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuergesetz,
Körperschaftsteuergesetz,
§ 32b
EStG
Rz 136 "Verlustabzug (ab VZ 1996)"; Lambrecht in Kirchhof, Einkommensteuergesetz,
10. Aufl., § 32b
Rz 20). Denn die Berechnung des Sondertarifs erfolgt seit der Neufassung des §
32b
Abs. 2
EStG
durch das Jahressteuergesetz 1996 vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250, BStBl I 1995, 438) in der Weise, dass zunächst das
steuerpflichtige Einkommen nach § 32a
EStG
ermittelt wird, dem auf zweiter Stufe die dem Progressionsvorbehalt
unterliegenden Einkünfte zur Berechnung des besonderen Steuersatzes
hinzugerechnet werden, welcher sodann auf die --unverändert bleibende--
Bemessungsgrundlage angewendet wird (sog. Hinzurechnungsmethode, vgl.
Senatsurteil in BFHE 232, 432, BStBl II 2011, 494). Auf die
einkommensteuerrechtliche Bemessungsgrundlage wirkt sich der
Progressionsvorbehalt demzufolge --anders als nach der vormaligen Methode der
sog. Schattenveranlagung (dazu z.B. Senatsurteil vom 29. April 1992 I
R 102/91
, BFHE 168, 157,
BStBl II 1993, 149)--
nicht aus, so dass auch die Höhe des nach § 10d
EStG
2002 a.F. festzustellenden Verlustabzugs dadurch nicht beeinflusst
wird.
RN 29
 

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