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BB-Standpunkte
17.02.2014
BB-Standpunkte
Robert Köthner : Reform der EU-Abschlussprüferregelungen: Ziel der Qualitätsverbesserung erreicht?

Kurz vor dem Jahresende 2013 haben sich die Vertreter des EU-Parlaments, der EU-Kommission und des Rates der Europäischen Union im Trilogverfahren überraschend schnell auf die Eckpunkte für eine Reform der Abschlussprüferregelungen geeinigt. Diese wurden Ende Januar 2014 im Rechtsausschuss des EU-Parlaments mehrheitlich verabschiedet. Den nun vorliegenden Regelungen waren seit der Veröffentlichung des Grünbuchs "Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschlussprüfung: Lehren aus der Krise" durch EU-Kommissar Michel Barnier im Oktober 2010 z. T. sehr kontroverse Diskussionen vorangegangen (vgl. dazu im BB z. B. Lenz, BB 2011, Die Erste Seite; Lanfermann, BB 40/2012, Die Erste Seite). Grundsätzlich sind die Bemühungen der EU für eine verlässliche Finanzberichterstattung und Sicherstellung der Qualität sowie Unabhängigkeit der Abschlussprüfung zu begrüßen. Fraglich ist, ob die verabschiedeten Regelungen den Erwartungen in der Öffentlichkeit hinsichtlich einer Qualitätsverbesserung der Abschlussprüfung gerecht werden und somit das Vertrauen in eine zuverlässige Finanzberichterstattung erfüllen können.

Die aktuelle Einigung sieht eine Pflicht zum Wechsel des Abschlussprüfers spätestens nach zehn Jahren vor. Mitgliedstaaten können in Abweichung von dieser Verordnung die Rotationsfrist verkürzen oder auf maximal 20 Jahre ausdehnen, sofern nach der Grundrotationszeit eine öffentliche Ausschreibung erfolgt. Wird eine zweite Prüfungsgesellschaft für ein Joint Audit mitbestellt, kann die Rotationsfrist sogar auf insgesamt 24 Jahre verlängert werden. Damit hat die EU einen wesentlich längeren Zeitraum gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag von sechs bzw. neun Jahren (bei Joint Audits) beschlossen, was grundsätzlich positiv zu bewerten ist. Dennoch stellt ein verpflichtender Prüferwechsel einen Markteingriff dar, dem der Nachweis fehlt, die behaupteten Schwächen in der Abschlussprüfung zu beseitigen oder nachhaltig zu verringern, und der daher kritisch und als nur begrenzt zielführend zu bewerten ist.

Für globale Unternehmen mit komplexen Geschäftsmodellen oder komplexen Konzernstrukturen ist es eine besondere Herausforderung, die erforderlichen Prüfungsleistungen in hoher Qualität und weltweit einheitlich zu erhalten. Die entsprechenden Leistungen können im Regelfall nur durch die sehr begrenzte Anzahl der großen Prüfungsgesellschaften erbracht werden. Es bleibt daher abzuwarten, ob sich bei einer Ausschreibung der Prüfung genügend Prüfungsgesellschaften mit einem globalen Leistungsportfolio bewerben und dieser Prozess dann tatsächlich wettbewerbsfördernd im Sinne des Anliegens der Europäischen Kommission sein wird. Darüber hinaus ist fraglich, ob Unternehmen von der Möglichkeit eines Joint Audit Gebrauch machen werden, um den Zeitraum bis zum nächsten Prüferwechsel zu verlängern. Die zusätzlich von der EU vorgesehene Öffnungsklausel für Mitgliedstaaten, die Rotationszeiträume abweichend festzulegen, birgt die Gefahr eines europäischen "Flickenteppichs" verschiedenster Rotationszeiträume, die den allgemeinen Harmonisierungsbestrebungen entgegenlaufen und eine Abschlussprüfung nach einheitlichem Vorgehen in Konzernen mit ausländischen Konzerngesellschaften erschweren.

Weiterhin schränkt die EU die Entscheidungsfreiheit von Unternehmen durch die Begrenzung der Inanspruchnahme von Nicht-Prüfungsleistungen durch den Abschlussprüfer ein. Die von der EU vorgesehenen Öffnungsklauseln für Mitgliedstaaten hinsichtlich der Gestattung einiger Leistungen begünstigen den bereits als problematisch erwähnten europäischen "Flickenteppich" verschiedenster nationaler Regelungen. Es ist außerdem fraglich, welchen Sinn eine Begrenzung der Nicht-Prüfungsleistungen auf 70 % des Prüfungshonorars macht, wenn bereits ein Katalog verbotener Leistungen durch die Verordnung vorgesehen ist. Im Rahmen dieser Cap-Regelung muss zudem noch sichergestellt werden, dass die freiwilligen, qualitätsstiftenden Reviews der Quartalsabschlüsse und erweiterten Prüfungen des internen Kontrollsystems durch den Abschlussprüfer als integraler Bestandteil der Abschlussprüfung klassifiziert werden, da diese nicht sinnvoll und in entsprechender Qualität von einer anderen als der mit der Jahres- bzw. Konzernabschlussprüfung beauftragten Prüfungsgesellschaft erbracht werden können.

Insgesamt kann man aber auch festhalten, dass durch die von den europäischen Institutionen formal noch zu verabschiedende Verordnung die Rolle des Prüfungsausschusses in den EU-Ländern gestärkt und eine umfangreichere Kommunikation mit dem Abschlussprüfer sichergestellt wird. Die zukünftig intensivere Auseinandersetzung mit dem Abschlussprüfer, insbesondere beim Ausschreibungsprozess sowie bei der Überwachung der zusätzlich erbrachten Nicht-Prüfungsleistungen, erfordert zwar einen höheren zeitlichen Aufwand, stärkt aber die Überwachung der Unabhängigkeit und die Qualität der Abschlussprüfung. In deutschen börsennotierten Unternehmen sind bereits jetzt viele dieser Regelungen gängige Praxis; beispielsweise ist oftmals ein etablierter Prozess zur Genehmigung aller durch den Abschlussprüfer zu erbringenden Nicht-Prüfungsleistungen vorhanden.

Mit den rechtlichen Vorgaben des deutschen Aktiengesetzes und den Regelungen des Corporate Governance Kodex, welche beide Aufgaben und Verantwortlichkeiten des Prüfungsausschusses sowie des Aufsichtsrats vorgeben, wird heute bereits die Unabhängigkeit des Prüfers bzw. der Prüfungsgesellschaft in den Mittelpunkt gestellt. Mit Spannung darf man der Wirkung dieser Verordnung und der Ausgestaltung der Öffnungsklauseln durch die Mitgliedstaaten entgegensehen; dieses umso mehr vor dem Hintergrund des sehr kurz gewählten Übergangszeitraums in Bezug auf die Prüferrotation von sechs bzw. neun Jahren, der kurz nach der Veröffentlichung der EU-Verordnung im Europäischen Amtsblatt (erwartet im Sommer 2014) beginnt.

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