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Arbeitsrecht
04.09.2015
Arbeitsrecht
Sächsisches LAG: nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage bei Arbeitsunfähigkeit

Sächsisches LAG, Beschluss vom 11.5.2015 – 4 Ta 19/15 (6)

Amtlicher Leitsatz

Ein Antrag auf nachträgliche Klagezulassung ist nicht stets schon dann begründet, wenn ein Arbeitnehmer nach längerer Ortsabwesenheit außerhalb der dreiwöchigen Klagefrist das an seine Heimatadresse gerichtete Kündigungsschreiben vorfindet. Es kommt weiter darauf an, dass die Abwesenheit unverschuldet war. Dieses ist außer bei einem Urlaub i. d. Regel auch bei längerer Arbeitsunfähigkeit der Fall. Eine Überlegungsfrist bei § 4 KSchG von einem Tag ist zu kurz.

Sachverhalt

I.

Die Parteien streiten im Nebenverfahren nach § 5 KSchG über die nachträgliche Zulassung einer verspäteten Kündigungsschutzklage.

Die Klägerin war bei der Beklagten aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages vom 06.06.2012, ergänzt durch die Vereinbarung vom 04.06.2014, bis zum 31.12.2014 als Teamassistentin zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von durchschnittlich 1.800,00 € beschäftigt.

Mit Schreiben vom 09.09.2014, der Klägerin durch Einwurf in den Hausbriefkasten zugegangen am 10.09.2014, hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum nächst zulässigen Termin nach vorheriger einschlägiger Abmahnung wegen unentschuldigten Fernbleibens der Klägerin gekündigt.

Bei der Klägerin wurde am 19.08.2014 eine Schwangerschaft festgestellt.

Seit 09.09.2014 ist die Klägerin arbeitsunfähig krank.

Sie hielt sich jedoch während der Arbeitsunfähigkeit nicht in ihrer Wohnung in ..., sondern bei ihrem Partner in ... auf, da sie sich aufgrund der festgestellten Schwangerschaft nicht wohlfühlte. Die Klägerin war insoweit sensibilisiert, nachdem sie bereits zwei Abgänge erleben musste. Während des Aufenthalts in ... musste sie wegen Komplikationen auch das Krankenhaus aufsuchen. Erst am Abend des 01.10.2014 kehrte die Klägerin kurzzeitig in ihre Wohnung in ... zurück und fand neben der Kündigung vom 09.09.2014 auch eine Abmahnung vom 08.09.2014 sowie die Aufforderung vom 15.09.2014 zur Rückgabe der Schlüssel im Briefkasten vor.

Unter dem 13.10.2014 erhob die Klägerin hinsichtlich der Kündigung vom 09.09.2014 Kündigungsschutzklage und beantragte gleichzeitig, die gegen die außerordentliche Kündigung vom 09.09.2014 gerichtete Klage nachträglich zuzulassen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 13.11.2014, der Klägervertreterin zugestellt am 17.11.2014, den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels ausreichender Erfolgsaussicht wegen Versäumung der Frist des § 4 KSchG abgelehnt und den Antrag vom 13.10.2014 auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage zurückgewiesen.

Der hiergegen eingelegten sofortigen Beschwerde der Klägerin vom 15.12.2014, beim Arbeitsgericht eingegangen am gleichen Tag und begründet mit Schriftsatz vom 15.01.2015, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 27.01.2015, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 70/71 d. A.), nicht abgeholfen und sie dem Sächsischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den gesamten Akteninhalt und insbesondere auf die im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Aus den Gründen

II.

Die sofortige Beschwerde (§§ 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG, 78 Abs. 1 ArbGG, 577 Abs. 2, 567 ff. ZPO) ist begründet. Die Klägerin hat es nicht vorwerfbar versäumt, die Kündigungsschutzklage rechtzeitig zu erheben.

1. Auch wenn die Beklagte gewusst haben sollte, dass die Klägerin sich nicht zu Hause aufhielt, ging die an die Wohnanschrift verschickte Kündigung mit Einwurf der Kündigung in den Hausbriefkasten der Klägerin am 10.09.2014 zu.

a) Eine verkörperte Willenserklärung ist zugegangen, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von dem Schreiben Kenntnis zu nehmen (BAG 11.11.1992 – 2 AZR 328/92 – zu III. 1. d. Gründe, AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24; 16.03.1988 – 7 AZR 587/87 – zu I. 1. d. Gründe, BAG 58, 9; BGH 11.04.2002 – I ZR 306/99 – zu II. d. Gründe, NJW 2002, 2391). Zum Bereich des Empfängers gehören auch von ihm vorgehaltene Empfangseinrichtungen wie z. B. ein Briefkasten (Palandt/Ellenberger 70. Auflage § 130 BGB Rn. 5). Ob die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist nach den "gewöhnlichen Verhältnissen" und den "Gepflogenheiten des Verkehrs" zu beurteilen (BAG 08.12.1983 – 2 AZR 337/82 – zu B. II. 2. a d. Gründe, AP BGB § 130 Nr. 12 = EzA BGB § 130 Nr. 13; BGH 03.11.1976 – VIII ZR 140/75 – zu 2. b aa der Gründe, BGHZ 67, 271; Palandt/Ellenberger a. a. O.; Staudinger/Dilcher BGB § 130 Rn. 21). So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, so bald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist (vgl. BAG 08.12.1983 – 2 AZR 337/82 – a. a. O.; Palandt/Ellenberger a. a. O. Rn. 6; jurisPK-BGB/Reichold 5. Auflage § 130 Rn. 12). Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern im Interesse der Rechtssicherheit zu generalisieren (vgl. BGH 21.01.2004 – XII ZR 214/00 – zu II. 2. b der Gründe, EzA BGB 2002 § 130 Nr. 3; Palandt/Ellenberger a. a. O.). Bei Hausbriefkästen ist mit einer Leerung im Allgemeinen zum Zeitpunkt der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen, die allerdings stark variieren können (Reichold a. a. O.).

b) Wenn danach für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist es unerheblich, ob und wann er die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis genommen hat und ob er daran durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände einige Zeit gehindert war (BAG 11.11.1992 – 2 AZR 328/92 – zu III. 1. d. Gründe, AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24; 16.03.1988 – 7 AZR 587/87 – zu I. 1. d. Gründe, BAGE 58, 9; BGH 21.01.2004 – XII ZR 214/00 – zu II. 2. b d. Gründe, EzA BGB 2002 § 130 Nr. 3). In diesem Fall trifft den Empfänger die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen für eine tatsächliche Kenntnisnahme zu treffen. Unterlässt er dies, so wird der Zugang durch solche – allein in seiner Person liegende – Gründe nicht ausgeschlossen (BGH 21.01.2004 – XII ZR 214/00 – a. a. O.). Ein an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichtetes Kündigungsschreiben kann diesem deshalb selbst dann zugehen, wenn der Arbeitgeber von einer urlaubsbedingten Ortsabwesenheit weiß (BAG 24.06.2004 – 2 AZR 461/03 – zu B. I. 2. a d. Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 22 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 9; 16.03.1988 – 7 AZR 587/87 – zu I. 4. a d. Gründe, BAGE 58, 9). Vorliegend ging die Kündigung vom 09.09.2014 der Klägerin am 10.09.2014 zu, so dass die Klagefrist spätestens am 01.10.2014 um 24:00 Uhr endete. Die Kündigungsschutzklage ist erst am 13.10.2014 – und damit verspätet – beim Arbeitsgericht eingegangen. Die der Klägerin am 10.09.2014 zugegangene Kündigung vom 09.09.2014 gilt deswegen von Anfang an als wirksam (§ 7 Halbsatz 1 KSchG). Soweit hat das Arbeitsgericht Recht.

2. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts war jedoch aufgrund der hier vorliegenden Umstände die Kündigungsschutzklage der Klägerin gemäß § 5 KSchG nachträglich zuzulassen.

a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist eine Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen, wenn der Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage rechtzeitig beim Arbeitsgericht zu erheben.

Die Versäumung der Klagefrist muss nach den in § 5 genannten Maßstäben unverschuldet sein. Dieses wird nach allgemeiner Meinung angenommen, wenn dem Arbeitnehmer während seines Urlaubs gekündigt wird und ihm das an die Wohnanschrift gerichtete Kündigungsschreiben zugeht, wenn er während des Urlaubs verreist ist (BAG 16.03.1988, AP BGB § 130 Nr. 16; KR/Friedrich § 5 KSchG Rn. 59; APS/Ascheid § 5 KSchG Rn. 49). Hinter dieser Auffassung steht, dass ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs grundsätzlich verreisen kann und sich nicht zu Hause aufzuhalten hat. Nach Auffassung der erkennenden Kammer muss Ähnliches gelten, wenn ein Arbeitnehmer längerfristig arbeitsunfähig erkrankt ist, so dass er seine Arbeitsleistung nicht zu erbringen hat und sich deshalb jedenfalls aus Gründen des Arbeitsverhältnisses nicht am Orte aufzuhalten hat.

b) Die Klägerin hat hier dargelegt, dass sie unverschuldet i. S. v. § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG daran gehindert gewesen war, die Klage gegen die Kündigung vom 09.09.2014 rechtzeitig zu erheben.

aa) Die Klägerin war aufgrund der von ihr in Kopie vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Bl. 16/17 d. A.) in der Zeit vom 09.09.2014 bis 18.09.2014 arbeitsunfähig erkrankt. Damit hat sie ausreichend vorgetragen und rechtzeitig glaubhaft gemacht, dass es ihr nicht zumutbar war, rechtzeitig innerhalb der Klagefrist Kündigungsschutzklage zu erheben.

bb) Soweit das Arbeitsgericht der Auffassung ist, dass die Klägerin noch am 01.10.2014 nach Kenntnisnahme der Kündigung vom 09.09.2014 und noch innerhalb der Drei-Wochen-Frist Kündigungsschutzklage hätte erheben können mit der Folge, dass die verspätete Klageerhebung schuldhaft sei, ist diese Auffassung unzutreffend.

Bei Rückkehr der Klägerin am 01.10.2014 war zwar die Klagefrist noch nicht abgelaufen. Gleichwohl musste die Klägerin in der verbleibenden Frist (hier nicht mal mehr ein ganzer Tag) die Kündigungsschutzklage nicht erheben.

Die Frist des § 4 KSchG ist ihrem Zweck nach eine Überlegungsfrist (BAG vom 26.06.1986 BAGE 52, 263), die der Arbeitnehmer bis zum letzten Tag ausnutzen darf. Das bedeutet allerdings nicht, dass er stets drei Wochen zum Überlegen hat (so schon LAG Hamm vom 05.08.1981 EzA Nr. 11 zu § 5 KSchG). Die Frist verkürzt sich, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung – wie hier – wegen Ortsabwesenheit gar nicht zur Kenntnis nimmt, ihr Zugang nach § 130 BGB im Interesse des Rechtsverkehrs aber objektiviert wird. Ist die Klagefrist bei Urlaubsrückkehr schon abgelaufen, bleiben für den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zwei Wochen. Läuft die Klagefrist bei Urlaubsrückkehr noch, kann sich die Überlegungsfrist weiter verkürzen, weil jetzt mit Blick auf § 5 KSchG unverzügliche Klageerhebung verlangt wird. Eine Restfrist von einer Woche soll regelmäßig ausreichen (LAG Köln vom 17.04.1997 LAGE Nr. 87 zu § 5 KSchG; LAG Hamm a. a. O.; zustimmend KRFriedrich 10. Auflage 2013, § 5 KSchG Rn. 63 ff.). Ob der Arbeitnehmer bei kürzeren Restfristen neben der technischen Vorbereitung der Kündigungsschutzklage überhaupt noch Zeit zum Überlegen haben soll, wird unterschiedlich beantwortet. Das LAG München (Beschluss vom 23.01.1992, NZA 1993, 266) billigt einem "einfachen, nicht rechtskundigen Arbeitnehmer" eine Überlegungsfrist von mindestens drei (Werk-)Tagen zu (ebenso ErfK-Ascheid, 2. Auflage 2001, § 5 KSchG Rn. 11; Kittner/Däubler/Zwanziger, Kündigungsschutzrecht, 4. Auflage 1999, § 5 KSchG Rn. 10; zweifelnd KR-Friedrich a. a. O.). Andere halten auch beim "einfachen" Arbeitnehmer eine Überlegungsfrist für nicht geboten (so HaKo-Gallner, KSchG 2000, § 5 Rn. 62).

Ohne auf diese Diskussion einzugehen, stellt das Arbeitsgericht fest, dass die Kündigungsschutzklage nach Rückkehr der Klägerin aus ... noch rechtzeitig hätte erhoben werden können. Das mag, wenn überhaupt, für die technische Seite der Klageerhebung zutreffen, da an eine Kündigungsschutzklage keine hohen Anforderungen gestellt werden und für die Übermittlung an das Arbeitsgericht ausreichend Zeit war. Die vom LAG München gezogene Parallele zur noch nicht abgelaufenen Rechtsmittelfrist bei Versagung der Prozesskostenhilfe (BGH vom 28.11.1984, NJW 1986, 257) ist angreifbar, weil sich der Arbeitnehmer auch später überlegen kann, ob die Kündigungsschutzlage durchgeführt werden soll. Ein größeres Kostenrisiko besteht hier nicht, weil die Rücknahme vor streitiger Verhandlung ohne weiteres möglich ist und Gerichtsgebühren dann nicht erhoben werden (KR-Friedrich a. a. O.). Deshalb einem Arbeitnehmer aber aus Gründen der Rechtssicherheit die Klageerhebung zuzumuten, ohne die Erfolgsaussichten zu überdenken und ohne rechtlichen Rat einzuholen (so HaKo-Gallner a. a. O.), leuchtet nicht ein. Weder die Rechtssicherheit noch der Sorgfaltsmaßstab des § 5 KSchG verlangen vom Arbeitnehmer, den Arbeitgeber notfalls sofort und überstürzt mit einer Klage zu überziehen. Ob als Restfrist für die Klageerhebung nun mindestens drei Werktage ausreichen (LAG München) oder zwei bis drei Werktage (Bader/Bram/Dörner/Wenzel a. a. O. Rn. 130), gibt hier nicht den Ausschlag. Nur ein Arbeitstag – nämlich der 01.10.2014 – für Beratung und Klageerhebung ist auch dann zu kurz, wenn die Klägerin gewusst haben sollte, dass die Klagefrist erst am 01.10.2014 um 24:00 Uhr ablief.

cc) Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht angenommen, die Klägerin hätte hier die Beklagte aufgrund ihrer lang andauernden Arbeitsunfähigkeit von ihrer Ortsabwesenheit in Kenntnis setzen müssen. Ein Verschulden der Klägerin ist insoweit nicht ersichtlich.

Ohne Vorliegen besonderer Umstände (z. B. eine Kündigungsandrohung seitens des Arbeitgebers) kann nicht verlangt werden, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber über die Ortsabwesenheit unterrichtet (vgl. ErfK-Kiel, § 5 Rn. 16 m. w. N.).

dd) Die Klägerin hatte schließlich vorliegend auch nicht mit einer Kündigung der Beklagten rechnen müssen. Offenbar soll sich die Klägerin nach Auffassung des Arbeitsgerichts als Verschulden zurechnen lassen müssen, dass sie sich während der Abwesenheit auf die möglicherweise zu Hause eingehende Kündigung nicht eingestellt hat.

Ein Arbeitnehmer muss sich nicht am Wohnort aufhalten, weil er mit einer Kündigung rechnet (APS-Ascheid, 1. Auflage 2000, § 5 KSchG Rn. 51). Fehlende Kenntnis von der zu Hause zugegangenen Kündigung soll nach verbreiteter Ansicht aber ausnahmsweise als Verschulden zugerechnet werden, wenn der Arbeitnehmer konkreten Anlass zur Annahme hatte, dass ihm während des Urlaubs oder der Ortsabwesenheit gekündigt wird, und er nicht für die Postnachsendung sorgt oder dafür, dass die zu Hause eingehende Post durchgesehen wird (LAG Nürnberg vom 06.11.1995, LAGE Nr. 71 zu § 5 KSchG, LAG Berlin vom 11.03.1982, ZIP 1982, 614; KR-Friedrich, 5. Auflage 1998, § 5 KSchG Rn. 59; Bader/Bram/Dörner/ Wenzel, KSchG, § 5 Rn. 128, Stand Juni 1999; Löwisch, KSchG, 8. Auflage 2000, § 5 Rn. 17; a. A. LAG Hamm vom 28.03.1996, LAGE Nr. 78 zu § 5 KSchG). Ob das überzeugt, kann offenbleiben. Hier war nicht ausnahmsweise eine gesteigerte Sorgfalt veranlasst. Dass mit einer Kündigung generell zu rechnen war, reicht nicht. Kündigt der Arbeitgeber eine Kündigung im Einzelfall ausdrücklich an, muss er das zeitlich schon eingrenzen, wenn er mit Ortsabwesenheit des betroffenen Arbeitnehmers rechnen muss, weil eine Arbeitspflicht nicht besteht. Erwartete die Beklagte also ausgerechnet in Ortsabwesenheit der Klägerin eine gesteigerte Aufmerksamkeit der Klägerin für ihre (Kündigungs-)Angelegenheit, hätte sie das deutlich machen müssen.

Eine Ankündigung der Kündigung der Klägerin seitens der Beklagten ist hier jedoch nicht erfolgt.

Nach alledem war daher auf die sofortige Beschwerde der Klägerin der Beschluss des Arbeitsgerichts Dresden vom 13.11.2014 entsprechend abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 238 Abs. 4 ZPO entsprechend (GKArbGG/ Arendt § 78 Rdnr. 111). Gerichtsgebühren werden für die erfolgreiche Beschwerde nicht erhoben. Bei der erst auf die sofortige Beschwerde gegen den abweisenden Beschluss des Arbeitsgerichts erlangten nachträglichen Klagezulassung treffen die außergerichtlichen Kosten des erfolgreichen Rechtsmittels den Arbeitnehmer, da die Kosten nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Arbeitgebers entstanden sind, sondern aufgewandt werden mussten, um die nachträgliche Klagezulassung erstmalig zu erlangen (GK-ArbGG/Arendt a. a. O.).

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens entspricht dem Wert des Feststellungsantrags, um dessen nachträgliche Zulassung es geht (§ 42 II 1 GKG).

Eine Kostenentscheidung hatte nicht zu ergehen.

Diese Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende allein ergehen (§§ 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 568 Abs. 1, 127 Abs. 2 Satz 2 erster Halbsatz ZPO).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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