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Arbeitsrecht
07.08.2014
Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: Zumutbarkeit einer Integritätsbeschäftigung

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.4.2014 – 21 Sa 1689/13

Amtliche Leitsätze

1. Für die Zumutbarkeit einer Integrationsbeschäftigung nach dem DB VermittlungTV ist neben den im Tarifvertrag ausdrücklich genannten Zumutbarkeitskriterien auch die gesundheitliche Eignung ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung.

2. Zur beruflichen Neuorientierung Beschäftigte sind im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht nach dem DB VermittlungTV nicht verpflichtet, eine Integrationsbeschäftigung anzunehmen, für die sie gesundheitlich nicht geeignet sind.

3. Ist eine Tätigkeit am Bildschirm nur stundenweise möglich, sind nur echte Mischtätigkeiten zumutbar, bei denen sich Tätigkeiten unter Verwendung eines Bildschirms in regelmäßigen, nicht zu lang bemessenen Zeitabständen mit solchen Tätigkeiten abwechseln, die keinen Bildschirm erfordern. Die Einräumung zusätzlicher Bildschirmpausen genügt nicht.

Sachverhalt

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren zuletzt noch über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen und einer ordentlichen fristgerechten Kündigung wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht bei der Reintegration in eine reguläre Beschäftigung.

Der 1956 geborene, verheiratete Kläger ist seit 1972 in Unternehmen des Konzern der D. B. AG (DB Konzern) bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Er ist Mitglied der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und nach den einschlägigen tariflichen Vorschriften ordentlich unkündbar. Von 1972 bis 1975 absolvierte er bei der Deutschen R. eine Ausbildung zum Schlosser und war ab Juli 1975 zunächst bei der Deutschen R. und zuletzt bis 2003 bei der VIS V. S. GmbH in Halberstadt tätig. Nachdem er 2003 aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen seinen Arbeitsplatz verloren hatte, wechselte er zum 1. Februar 2004 zu der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der DB V. GmbH, und ist seither bei dieser als Arbeitnehmer zu beruflichen Neuorientierung gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 1.691,49 Euro beschäftigt.

Geschäftszweck der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt, ist, Beschäftigte des DB Konzerns, die u. a. aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen ihren Arbeitsplatz verloren haben, auf einen dauerhaften Arbeitsplatz innerhalb oder außerhalb des DB Konzerns zu vermitteln. Nach § 3 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 26. Januar 2004 (Bl. 178 ff. d. A.) hat der Kläger jede tarifvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erfüllen, an angeordneten Fortbildungs-, Qualifizierungs- und/oder Umschulungsmaßnahmen teilzunehmen und insbesondere seinen Mitwirkungsverpflichtungen zur Vermittlung auf einen dauerhaften Arbeitsplatz Rechnung zu tragen. Die Einzelheiten sind in dem Tarifvertrag für die Arbeitnehmer der DB V. GmbH (DB VermittlungTV) vom 25. Oktober 2005 geregelt. Im Fall der Ablehnung eines zumutbaren Beschäftigungsangebots finden die tariflichen Regelungen über die ordentliche Unkündbarkeit keine Anwendung (§ 26 DB VermittlungTV). Zum 1. April 2013 wurde der DB VermittlungTV durch die Grundsatzregelung zur gemeinsamen Gestaltung der Personal-, Sozial- und Tarifpolitik in den Unternehmen des DB Konzerns (DemografieTV) vom 6. Dezember 2012 abgelöst. Fragen der Überleitung sind im Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigungssicherung in Abschn. C Kapitel 5 DemografieTV (BeSi-ÜberleitungsTV) vom 6. Dezember 2012 geregelt.

Nachdem mehrere Vermittlungsversuche aus verschiedenen Gründen gescheitert waren, bot die Beklagte dem Kläger im Frühjahr 2011 einen auf ein Jahr befristeten Integrationsarbeitsvertrag als „Mitarbeiter elektronisches Dokumentenmanagement“ in der Geschäftseinheit Zusatzservice bei der DB S. GmbH (vormals DB S. N. GmbH) in Essen an. Die Geschäftseinheit Zusatzservice wurde 2010 geschaffen, um leistungsgeminderte Mitarbeiter, die lange dem regulären Arbeitsleben entfremdet sind oder gesundheitliche Einschränkungen haben, auf speziell dafür eingerichteten Arbeitsplätzen wieder einzugliedern und an eine reguläre Beschäftigung heranzuführen. In der Stellenbeschreibung von April 2010 wird die Stelle „Mitarbeiter elektronisches Dokumentenmanagement“ auszugsweise wie folgt beschrieben:

„Aufgabengebiet:

Ordnungsgemäße Sortierung, Zuordnung und Bearbeitung von elektronischen Dokumenten

Ziele der Stelle:

Umsetzung einer ordnungsgemäßen Bearbeitung des elektronischen Dokumentenmanagements unter Berücksichtigung der Vorgaben in den jeweiligen Handbüchern

und den quantitativen Vorgaben

Aufgaben und Kompetenzen:

Unterstützung von internen Auftraggebern bei schriftlichen Vorgängen

Zuordnung von elektronischen Anfragen, insb. Kundenanfragen und Vorgängen zu Kunden und Sortierung nach Kundenwünschen

Selbstständiges Arbeiten von einfachen Kundenanfragen

Bsp. Stammdatenänderungen, fristgerechte Kündigungen, etc.

Durchführung einer sorgfältigen Erfassung von Kundendaten

Recherche von Daten

Erledigung der anfallenden Druckvorgänge

…“

Wegen des weiteren Inhalts der Stellenbeschreibung wird auf deren Ablichtung (Bl. 204 d. A.) verwiesen. Die Tätigkeit entspricht der Anforderungsgruppe 4 im Sinne der tariflichen Bestimmungen. Der Kläger ist dieser Anforderungsgruppe zugeordnet.

Mit Schreiben vom 15. März 2011 bat der Kläger um ergänzende Informationen. Mit Schreiben vom 22. März 2011 äußerte er Zweifel, die Tätigkeit aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen ausführen zu können, und verlangte, zunächst ein Praktikum zu absolvieren. Daraufhin fand am 28. März 2011 eine Vor-Ort-Besichtigung des für den Kläger in frage kommenden Arbeitsplatzes statt. Nach der Besichtigung verlangte der Kläger vor einer Entscheidung, ob der das Beschäftigungsangebot annimmt, eine betriebsärztliche Untersuchung. Daraufhin wurde am 21. April 2011 eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung für Bildschirmarbeitsplätze (sog. G 37-Untersuchung) durch den betriebsärztlichen Dienst des DB Konzerns in Magdeburg durchgeführt. Laut Tauglichkeitsgutachten bzw. ärztlicher Bescheinigung vom 21. April 2011 bestehen unter bestimmten Voraussetzungen keine gesundheitlichen Bedenken. Die Versorgung mit einer neuen Gleitsichtbrille sei erforderlich. Außerdem sei ein Einsatz am Bildschirm nur stundenweise und keine ausschließliche Bildschirmarbeit möglich. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtung der ärztlichen Bescheinigung vom 21. April 2011 (Bl. 45 f. d. A.) verwiesen.

Am 29. April 2011 fand, nachdem der Kläger das Angebot abgelehnt hatte, ein Personalgespräch statt. Wegen des Inhalts des Gesprächs wird auf die Ablichtung des Gesprächsprotokolls vom 29. April 2011 (Bl. 194 f. d. A.) verwiesen. Im Mai 2011 verständigte sich die Beklagte mit dem Betriebsrat darauf, dem Kläger zunächst Gelegenheit für ein einwöchiges Praktikum zu geben. Aufgrund von Arbeitsunfähigkeitszeiten des Klägers musste das Praktikum mehrfach verschoben werden und sollte schließlich vom 29. August bis zum 2. September 2011 stattfinden. Zu Beginn des Praktikums legte der Kläger die ärztliche Bescheinigung vom 21. April 2011 vor und reiste noch an demselben Tag wieder zurück nach Magdeburg, woraufhin die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich kündigte. Die vom Kläger hiergegen vor dem Arbeitsgericht Berlin unter dem Aktenzeichen 31 Ca 14600/11 erhobene Klage hatte Erfolg. Die gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegte Berufung der Beklagten wies das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 9. August 2012 - 18 Sa 722/12 - mit der Begründung zurück, vor dem Ausspruch einer Kündigung sei eine Abmahnung erforderlich gewesen. Daraufhin erteilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben jeweils vom 14. August 2012 zwei Abmahnungen (Bl. 26 f. und 28 f. d. A.), auf die der Kläger mit einer „Gegendarstellung“ vom 22. Oktober 2012 (Bl. 30 f. d. A.) reagierte.

Schließlich fand vom 23. Oktober bis zum 2. November 2012 das Praktikum in Essen statt. In einem Personalgespräch im Anschluss an das Praktikum am 5. November 2012 verlangte der Kläger eine erneute betriebsärztliche Untersuchung, welche ihm auch zugesagt wurde. Dazu kam es dann jedoch nicht, weil der Kläger vom 6. November 2012 bis zum 7. Januar 2013 Urlaub hatte und anschließend bis zum 8. Februar 2013 und erneut ab dem 21. Februar 2013 arbeitsunfähig krank war.

Am 29. Januar 2013 fand in Essen eine Informationsveranstaltung statt, an der der Kläger krankheitsbedingt nicht teilnahm. Mit Schreiben vom 30. Januar 2013 übersandte die Beklagte dem Kläger einen von der DB S. GmbH bereits unterzeichneten Arbeitsvertrag über eine vorübergehende Integrationsbeschäftigung als „Mitarbeiter elektronisches Dokumentenmanagement“ für die Zeit vom 1. März 2013 bis längstens 28. Februar 2014 und setzte ihm eine Annahmefrist bis zum 13. Februar 2013. Wegen der Einzelheiten des Vertragsangebots wird auf die Ablichtung des Integrationsarbeitsvertrages (Bl. 47 ff. d. A.) verwiesen. Nach mehreren persönlichen und telefonischen Gesprächen sowie einem Schriftwechsel mit den Prozessbevollmächtigten des Klägers suchte der Kläger am 18. Februar 2013 das Vermittlungsbüro der Beklagten in Berlin auf und erklärte, den Integrationsvertrag nur mit einem Anhang unterschreiben zu wollen, wobei streitig ist, ob er den Anhang (Bl. 50 d. A.) vorlegte. Daraufhin erteilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 18. Februar 2013 (Bl. 34 f. d. A.) eine Abmahnung und forderte ihn auf, das Angebot nunmehr bis zum 22. Februar 2013 anzunehmen. Mit Schreiben vom 21. Februar 2013 (Bl. 36 d. A.) sandte der Kläger den Arbeitsvertrag nicht unterschrieben zurück und teilte u. a. Folgendes mit: „Ich lehne das Arbeitsangebot nicht ab, habe aber Zweifel aufgrund meiner gesundheitlichen Einschränkungen diese Tätigkeit auszuführen“. Ferner bat er, da er bei dem für ein Präventionsgespräch vorgesehenen Termin krank gewesen sei, um einen neuen Termin. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf dessen Ablichtung (Bl. 36 d. A.) Bezug genommen. Zu einem Präventionsgespräch hatte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 13. August 2012 (Bl. 197 d. A.) eingeladen.

Mit Schreiben vom 1. März 2013, welches dem Betriebsrat am 4. März 2013 zuging, hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen fristlosen, hilfsweise ordentlichen fristgerechten verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger an. Mit Schreiben vom 7. März 2013 (Bl. 37 f. d. A.) erhob der Betriebsrat gegen die beabsichtigte außerordentliche Kündigung Bedenken und schlug vor, den Kläger noch einmal dem Bahnarzt vorzustellen und auf seinen Gesundheitszustand überprüfen zu lassen. Zu der beabsichtigten ordentlichen Kündigung nahm der Betriebsrat innerhalb der Wochenfrist keine Stellung.

Mit Schreiben vom 8. März 2013, welches dem Kläger an demselben Tag zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich verhaltensbedingt mit sofortiger Wirkung. Mit einem weiteren Schreiben vom 17. April 2013, welches dem Kläger am 22. April 2013 zuging, kündigte sie das Arbeitsverhältnis erneut ordentlich verhaltensbedingt zum 31. Dezember 2013.

Mit der am 19. März 2013 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen, der Beklagten am 26. März 2013 zugestellten, unter dem Aktenzeichen 38 Ca 4090/13 geführten Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung vom 8. März 2013 gewandt und zusätzlich zum Kündigungsschutzantrag einen allgemeinen Feststellungsantrag sowie für den Fall des Obsiegens mit einem der Feststellungsanträge einen Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung angekündigt. Mit einer weiteren am 29. April 2013 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen, der Beklagten 7. Mai 2013 zugestellten, unter dem Aktenzeichen 23 Ca 241/13 geführten Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung vom 17. April 2013 gewandt und ebenfalls zusätzlich zum Kündigungsschutzantrag einen allgemeinen Feststellungsantrag sowie für den Fall des Obsiegens mit einem der Feststellungsanträge einen Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung angekündigt. Mit Beschluss vom 25. Juli 2013 (Bl. 58 d. A.) hat das Arbeitsgericht die Rechtsstreite unter dem Aktenzeichen 38 Ca 4090/13 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger hat vorgetragen, er habe während des Praktikums nicht selbst am Bildschirm gearbeitet, sondern lediglich neben einem anderen Mitarbeiter gesessen und sich die Tätigkeiten erklären lassen. Nur so habe er die zwei Wochen überstanden. Bei dem angebotenen Integrationsarbeitsvertrag habe er davon ausgehen können und dürfen, dass die Tätigkeit mit der Tätigkeit identisch ist, die er während des Praktikums kennengelernt habe. Gleichwohl bereits 2011 klargewesen sei, dass er diese Tätigkeit aus arbeitsmedizinischer Sicht nicht verrichten dürfe, habe ihm die Beklagte immer wieder die gleiche Tätigkeit angeboten.

Die Beklagte hat vorgetragen, der Kläger habe von Beginn an nicht das erwartbare Maß an Eigeninitiative und Anstrengung für eine neue Erwerbstätigkeit an den Tag gelegt. Indem er den Integrationsvertrag trotz Abmahnung und erneuter Aufforderung unter pauschalem Hinweis auf gesundheitliche Bedenken nicht unterzeichnet habe, habe er seine Hinhaltetaktik auf die Spitze getrieben, was einer permanenten Arbeitsverweigerung gleichkomme. Der Kläger sei in der Lage, die Tätigkeit auszuführen. Arbeitsmedizinische Einschränkungen seien nicht gegeben. Es handele sich um leichte Bürotätigkeit, wobei an allen Arbeitsplätzen auf die besonderen Bedürfnisse leistungsgeminderter Mitarbeiter Rücksicht genommen werde. Alle 90 Minuten seien Bildschirmpausen fest eingeplant. Es könnten aber auch jederzeit zusätzliche Bildschirmpausen genommen werden. Die Arbeitsplätze entsprächen den neusten ergonomischen Anforderungen und seien besonders rückenschonend. Mit normalen Büroarbeitsplätzen seien sie kaum zu vergleichen. In dem Gespräch im Anschluss an das Praktikum habe der Kläger geschildert, dass er umfangreich eingewiesen worden sei, aber auch selbst gearbeitet habe und auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter, wie z. B. nach häufigeren Arbeitsunterbrechungen oder häufigerem Aufstehen, und die Stärken und Schwächen Rücksicht genommen werde. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses liefe auf eine anhaltende Nichtbeschäftigung hinaus und brächte aufgrund der hohen Kosten letztlich die gesamte Beschäftigungssicherung in Gefahr.

Mit Urteil vom 20. August 2013, auf dessen Tatbestand (Bl. 70 - 74 d. A.) wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und sich hinsichtlich der Begründung im Wesentlichen der Argumentation der Beklagten angeschlossen. Es sei weder ersichtlich, noch habe der Kläger konkret vorgetragen, dass ihm die angebotene Integrationsbeschäftigung nicht zumutbar sei. Der pauschale Hinweis auf gesundheitliche Einschränkungen helfe nicht weiter. Zum einen ergebe sich aus dem Tauglichkeitsgutachten vom 21. April 2011, dass der Kläger sehr wohl eine entsprechende Tätigkeit unter bestimmten Voraussetzungen ausüben könne. Zum anderen handele es sich bei der Tätigkeit in Essen quasi um „Schonarbeitsplätze“. Der Kläger könne ohne weiteres bei Bedarf Pausen von der Bildschirmarbeit einlegen. Ein Einsatz am Bildschirm stundenweise sei zulässig und zumutbar. Dass seit 2011 für die Tätigkeit relevante gesundheitliche Verschlechterungen aufgetreten seien, die eine erneute betriebsärztliche Untersuchung hätten notwendig erscheinen lassen, habe der Kläger nicht substantiiert behauptet. Wegen der weiteren Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 74 - 77 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses dem Kläger am 30. August 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 30. September 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung des Klägers, welche er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 2. Dezember 2013 mit am 29. November 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Der Kläger wendet gegen die erstinstanzliche Entscheidung u. a. ein, das Arbeitsgericht habe sich nicht mit den tariflichen Regelungen auseinandergesetzt und die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Nicht er müsse darlegen, dass die angebotene Integrationsbeschäftigung unzumutbar gewesen sei. Es obliege vielmehr zunächst der Beklagten, substantiiert vorzutragen, dass sie ihm gemessen an den tariflichen Regelungen eine zumutbare Tätigkeit angeboten habe. Er meint, der in Essen angebotene Arbeitsplatz sei aus medizinischer Sicht nicht zumutbar, weil sich weder aus der Stellenbeschreibung noch dem Vorbringen der Beklagten ergebe, dass es sich nicht ausschließlich um Bildschirmarbeit handele. Dagegen spreche auch schon die Tätigkeitsbezeichnung. Eine Tätigkeit sei nach dem Tarifvertrag nur zumutbar, wenn sie auch aus medizinischer Sicht zumutbar sei. Es komme auch nicht darauf an, welche Beschäftigungsmöglichkeit es im Zusatzservice gegeben hätte, sondern allein darauf, welche Tätigkeiten ihm tatsächlich angeboten worden seien. Tätigkeiten, wie sie die Beklagte nunmehr aufführe, seien ihm, abgesehen davon, dass es sich dabei teilweise ebenfalls um überwiegend Bildschirmarbeit handele, nicht angeboten worden.

Der Kläger beantragt zuletzt noch,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. August 2013 - 38 Ca 4090/13 verbunden mit 23 Ca 6241/13 - abzuändern und

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 8. März 2013, noch durch die ordentliche Kündigung vom 17. April 2013 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Abgesehen davon, dass als „Mitarbeiter elektronisches Dokumentenmanagement“ neben Eingaben am PC auch Druckaufträge und andere Büroarbeiten wie z. B. das Sortieren von Unterlagen zu erledigen seien und neben den alle 90 Minuten fest eingeplanten Bildschirmpausen zusätzliche Bildschirmpausen individuell genommen werden könnten, unterliege die Tätigkeit auch keinen besonderen gesetzlichen oder tariflichen Tauglichkeitsanforderungen. Bei der am 21. April 2011 durchgeführten betriebsärztlichen Untersuchung habe es sich nicht um eine zwingend vorgeschriebene Tauglichkeitsuntersuchung gehandelt, sondern lediglich um eine (freiwillige) Angebotsuntersuchung auf Wunsch des Klägers. Schon deshalb sei es nicht nachvollziehbar, wie der Kläger aus den ärztlichen Feststellungen eine Berechtigung zur Ablehnung des Angebots ableiten wolle.

Auf den Hinweis der Berufungskammer auf die mündliche Verhandlung am 20. Februar 2014, dass für einen nur stundenweisen Einsatz am Bildschirm sog. Bildschirmpausen nicht genügten, sondern Mischtätigkeiten erforderlich seien, trägt die Beklagte weiter vor, ob der Kläger verpflichtet gewesen sei, den angebotenen Integrationsarbeitsvertrag zu unterschreiben, richte sich ausschließlich nach den Regelungen des DB VermittlungTV. Dieser sehe in § 23 konkrete und abschließend geregelte Zumutbarkeitskriterien vor. Medizinische Kriterien gehörten nicht dazu, weshalb es auf etwaige gesundheitliche Einschränkungen des Klägers nicht ankomme. Zudem bedeute die ärztliche Empfehlung vom 21. April 2011 nicht, dass der Kläger die angebotene Tätigkeit überhaupt nicht ausüben dürfe, sondern verlange nur, dass die täglichen Einsätze des Klägers so zu organisieren sind, dass er nicht über acht Stunden andauernd am Bildschirm tätig sei. Eine solche individuelle Organisation des Arbeitsplatzes werde in Essen für die dort tätigen Integrationsbeschäftigten vorgenommen. Jeder Mitarbeiter des Zusatzservices gehöre einem Team an. Der jeweilige Teamleiter kenne die Leistungskapazitäten eines jeden Einzelnen und achte auf die Einhaltung etwaiger Einschränkungen. Mit einem neuen Mitarbeiter finde zu Beginn der Tätigkeit ein Eingangsgespräch statt. Wenn der Mitarbeiter gesundheitliche oder andere Einschränkungen benenne, würden diese aufgegriffen, entsprechende Unterlagen angefordert und ggf. eine bahnärztliche Untersuchung veranlasst. Je nach Ausmaß der gesundheitlichen, ärztlich attestierten Einschränkungen könne dann zum einen in zeitlicher Hinsicht auf die Einschränkungen des jeweiligen Mitarbeiters in der Dienstplanung Rücksicht genommen werden. Zum anderen könnten gesundheitliche Einschränkungen dazu führen, dass ein Mitarbeiter nicht ausschließlich in einem Projekt eingesetzt werde, sondern die von ihm zu erledigenden Aufgaben gemischt werden. Zudem bestehe die Möglichkeit, Integrationsbeschäftigte regelmäßig stundenweise oder auch an einzelnen Arbeitstagen in der internen Verwaltung des Zusatzservices einzusetzen, wenn dies durch eine vorhandene Einschränkung bei anderen Tätigkeiten angezeigt sei. Diese Option habe auch für den Kläger bestanden. Es sei geplant gewesen, den Kläger mit Mischtätigkeiten zu beschäftigten. Der Inhalt der Stellenbeschreibung stehe dem nicht entgegen. Da die Mitarbeiter im Zusatzservice in verschiedenen mehrmonatigen Projekten bzw. Aufträgen mit den unterschiedlichsten Aufgaben eingesetzt würden, habe für die Tätigkeit eine pauschalierende Bezeichnung gefunden werden müssen. Insofern sei die Stellenbeschreibung „multifunktional“ ausgestaltet. Dies sei dem Kläger bei Ablehnung des Angebots auch bekannt und bewusst gewesen, da er vor Erhalt des Angebots aufgrund des Praktikums im Jahr 2012, des Arbeitsversuchs im Jahr 2011 und mehrfacher Vororttermine Gelegenheit gehabt habe, die Tätigkeit kennen zu lernen und sich mit den dortigen Mitarbeitern auszutauschen. Außerdem sei sie bereit gewesen, dem erneut geäußerten Teilzeitwunsch des Klägers entsprechen, wodurch auch eventuell anfallende Arbeitszeiten am Bildschirm reduziert worden wären. Der Kläger habe jedoch auch den diesbezüglichen Änderungsvertrag nicht unterschrieben, was unstreitig ist.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 29. November 2013 (Bl. 111 - 125 d. A.) und vom 2. April 2014 (Bl. 240 - 243 d. A.) sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 20. Januar 2014 (Bl. 161 - 177 d. A.) und vom 6. März 2014 (Bl. 225 - 234 d. A.) Bezug genommen.

Den allgemeinen Feststellungsantrag sowie den Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung hat der Kläger mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.

Aus den Gründen

Die Berufung hat mit dem zuletzt gestellten Antrag Erfolg. Das angefochtene Urteil war deshalb, soweit es nicht durch die teilweise Rücknahme der Klage wirkungslos geworden ist, abzuändern und der Klage stattzugeben.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. c ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht i. S. v. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung ist auch begründet.

Die nach § 147 ZPO verbundenen Kündigungsschutzklagen sind zulässig, jeweils innerhalb der Frist der §§ 4, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG, § 167 ZPO erhoben worden und auch im Übrigen begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 8. März 2013, noch durch die ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 17. April 2013 aufgelöst worden. Das dem Kläger von der Beklagten vorgeworfene Verhalten rechtfertigt keine ordentliche fristgerechte und erst recht keine außerordentliche fristlose Kündigung. Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

1. Nach § 1 Abs. 2 KSchG ist eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer eine Vertragspflicht - in der Regel schuldhaft - erheblich verletzt hat, das Arbeitsverhältnis dadurch auch künftig konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen, weitere Störungen zuverlässig ausschließenden Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint (st. Rspr. d. BAG, siehe z. B. BAG vom 28.01.2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 31 m. w. N., AP Nr. 227 zu § 626 BGB).

2. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Zwar stimmt die Berufungskammer mit dem Arbeitsgericht darin überein, dass der Kläger, indem er den ihm von der Beklagten am 30. Januar 2013 übersandten Arbeitsvertrag am 21. Februar 2013 nicht unterschrieben an die Beklagte zurückgesandt hat, das ihm von der Beklagten unterbreitete Angebot für eine Integrationsbeschäftigung als „Mitarbeiter elektronisches Dokumentenmanagement“ im Zusatzservice der DB S. GmbH in Essen abgelehnt hat. Dies vermag eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses jedoch nur dann zu rechtfertigen, wenn der Kläger nach den einschlägigen tariflichen Vorschriften verpflichtet war, das Angebot anzunehmen und er diese Verpflichtung schuldhaft verletzt hat. Zumindest an Letzterem fehlt es.

a) Der Kläger war nur verpflichtet, ein Angebot für eine Integrationsbeschäftigung anzunehmen, für die er gesundheitlich geeignet ist.

aa) Nach § 3 des Arbeitsvertrages der Parteien vom 26. Januar 2004 ist der Kläger insbesondere verpflichtet, an seiner Vermittlung auf einen Dauerarbeitsplatz mitzuwirken. Diese Mitwirkungspflicht ist in dem besonderen mit der Beklagten als Vermittlungsgesellschaft begründeten Arbeitsverhältnis an die Stelle der ursprünglichen Arbeitspflicht des Klägers getreten, nachdem diese wegen des Wegfalls des früheren Arbeitsplatzes des Klägers bei der VIS GmbH nicht mehr realisiert werden konnte (vgl. BAG vom 02.02.2006 - 2 AZR 222/05 - Rn. 29, AP Nr. 152 zu § 1 KSchG 1969 verhaltensbedingte Kündigung). Was diese Mitwirkungspflicht im Einzelnen umfasst, ist in dem auf das Arbeitsverhältnis aufgrund beiderseitiger Tarifbindung sowie arbeitsvertraglicher Bezugnahme anzuwendenden DB VermittlungTV geregelt.

Der DemografieTV, durch den der DB VermittlungTV zum 1. April 2013 abgelöst worden ist, ist vorliegend ohne Bedeutung, weil sich der Sachverhalt, auf den die Beklagte sowohl die außerordentliche Kündigung vom 8. März 2013 als auch die ordentliche Kündigung vom 17. April 2013 stützt, vor dem 1. April 2013 ereignet hat.

bb) Nach § 19 DB VermittlungTV ist die Tätigkeit der Beklagten darauf gerichtet, Beschäftigte wie den Kläger, deren Arbeitsplatz weggefallen ist, möglichst bald in eine unbefristete Regelbeschäftigung oder eine befristete Integrationsbeschäftigung zu vermitteln. Bis zu einer solche Vermittlung ist der Kläger verpflichtet, bei Vorliegen betrieblicher Erfordernisse jede ihm übertragene Tätigkeit im Unternehmen des DB Konzerns - auch an wechselnden Arbeitsorten - auszuüben, die ihm nach seiner Befähigung, Ausbildung, Eignung und seinen sozialen Verhältnissen zugemutet werden kann (§ 19 Abs. 2 DB VermittlungTV), zur Verbesserung der Vermittlungschancen auch bei einem anderen Arbeitgeber außerhalb des DB Konzerns jede ihm übertragene Tätigkeit auszuüben, die ihm nach seiner Befähigung, Ausbildung, Eignung und seinen sozialen Verhältnissen zugemutet werden kann (§ 19 Abs. 3 DB VermittlungTV), und alle Maßnahmen, die seiner Vermittlung in einer Regel- oder Integrationsbeschäftigung dienen, aktiv zu unterstützen (§ 19 Abs. 5 DB VermittlungTV). Welche Unterstützungsleistungen insbesondere gefordert sind, ist in § 19 Abs. 5 DB VermittlungTV im Einzelnen aufgelistet. Ferner ist der Kläger nach § 22 Abs. 2, § 23 Abs. 1 Buchst. a DB VermittlungTV verpflichtet, eine ihm angebotene zumutbare Regel- oder Integrationsbeschäftigung bei einem Unternehmen des DB Konzerns oder auch einem externen Unternehmen anzunehmen und zu diesem Zweck mit dem anderen Unternehmen einen unbefristeten oder befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen.

Unter welchen Voraussetzungen eine Integrationsbeschäftigung zumutbar ist, ist in § 23 Abs. 1 Buchst. c DB VermittlungTV geregelt und hängt von den Inhalten und der Art der Tätigkeit (§ 23 Abs. 2 und 4 DB VermittlungTV), den räumlichen Gegebenheiten (§§ 20, 23 Abs. 4 UAbs. 2 DB VermittlungTV) und etwaigen besonderen sozialen Belangen (§ 23 Abs. 1 Buchst. b Doppelbuchst. d DB VermittlungTV) ab. Nach Art und Inhalt ist eine Integrationsbeschäftigung zumutbar, wenn sie - je nachdem, ob ein Umzug erforderlich ist oder nicht - der gleichen oder einer der beiden niedrigeren bzw. der gleichen oder der nächst niedrigeren Anforderungsgruppe i. S. d. § 23 Abs. 2 DB VermittlungTV entspricht (§ 23 Abs. 4 DB VermittlungTV). Stellt sich während des Neuorientierungsarbeitsverhältnisses heraus, dass der Arbeitnehmer die Beschäftigung, die ihm vor der Einstellung bei der Beklagten nicht nur vorübergehend übertragen war, aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr ausüben kann, kann nach § 23 Abs. 5 UAbs. 1 DB VermittlungTV die Anforderungsgruppe, der der Arbeitnehmer ursprünglich zugeordnet war, neu festgelegt werden.

cc) Der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien im Einzelnen geregelt haben, unter welchen Voraussetzungen eine angebotene Integrationsbeschäftigung zumutbar ist, und medizinische Kriterien nicht ausdrücklich benannt haben, bedeutet entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, dass zur beruflichen Neuorientierung Beschäftigte tarifvertraglich verpflichtet sind, auch Angebote anzunehmen, für das sie gesundheitlich nicht geeignet sind.

Nach § 275 Abs. 1 und 3 BGB sowie nach § 273 Abs. 1 BGB i. V. m. § 241 Abs. 2, § 618 Abs. 1 BGB und §§ 3 f. ArbSchG ist die gesundheitliche Eignung Grundvoraussetzung dafür, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verpflichtet sind, bestimmte Tätigkeit zu verrichten (vgl. Palandt-Grünberg, § 275 Rn. 30; MüKo/BGB-Ernst, § 275 Rn. 118; MüHb-Kohte, § 291 Rn. 22 ff.; BAG vom 14.12.2006 - 8 AZR 628/05 - Rn. 14, AP Nr. 28 zu § 618 BGB; vom 19.02.1997 - 5 AZR 982/94 -, AP Nr. 24 zu § 618 BGB; HK-ArbSchR-Nebe, § 618 Rn. 14; ErfK-Wank, § 618 BGB Rn. 25 m. w. N.), und wirkt sich auch auf das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 Satz 1 GewO aus (vgl. BAG vom 13.10.2009 - 9 AZR 139/08 - Rn. 26, AP Nr. 4 zu § 2 ArbSchG). Dafür, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien Beschäftigte bei fehlender gesundheitlicher Eignung gleichwohl verpflichtet sein sollen, eine angebotene Integrationsbeschäftigung anzunehmen, gibt es keine Anhaltspunkte. Er ist vielmehr davon auszugehen, dass die gesundheitliche Eignung ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung für die Zumutbarkeit eines Beschäftigungsangebots i. S. d. § 22 Abs. 2, § 23 Abs. 1 Buchst. a DB VermittlungTV ist. Dies ergibt sich aus der Auslegung des Tarifvertrages.

 (1) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, sofern und soweit er in den tariflichen Regelungen und ihrem systematischen Zusammenhang Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (st. Rspr. des BAG, siehe z. B. BAG vom 28.08.2013 - 10 AZR 701/12 - Rn. 13, ZTR 2014, 25; vom 11.07.2012 - 10 AZR 488/11 - Rn. 13, NZA-RR 2012, 661, jeweils m. w. N.).

 (2) Dafür, dass die gesundheitliche Eignung nach dem Willen der Tarifvertragsparteien generell Voraussetzung für die Zumutbarkeit einer Beschäftigung ist, spricht schon, dass in § 19 Abs. 2 und 3 DB VermittlungTV im Zusammenhang mit der Verpflichtung, bis zu einer Vermittlung in eine unbefristete oder befristete Beschäftigung jede übertragene Tätigkeit innerhalb oder außerhalb des Konzerns auszuüben, das Merkmal der Eignung als Zumutbarkeitskriterium ausdrücklich genannt ist und kein Grund ersichtlich ist, weshalb die Beklagte nur bis zu einer Vermittlung in eine unbefristete oder eine befristete Beschäftigung verpflichtet sein sollte, auf gesundheitliche Einschränkungen der zu vermittelnden Beschäftigten Rücksicht zu nehmen, nicht hingegen bei der Vermittlung in eine unbefristete oder eine befristete Beschäftigung.

 (3) Weiter spricht für eine ungeschriebene Zumutbarkeitsvoraussetzung die Regelung in § 23 Abs. 5 UAbs. 1 DB VermittlungTV, wonach die Anforderungsgruppe, der Beschäftigte zugeordnet sind, neu festgelegt werden kann, wenn sie die ursprüngliche Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können. Im Fall des Klägers ist dies offensichtlich auch geschehen, da er als gelernter Schlosser nach § 23 Abs. 2 DB VermittlungTV eigentlich der Anforderungsgruppe 3 „Arbeitnehmer in Tätigkeiten, deren Ausübung eine abgeschlossene Berufsausbildung mit einer Regelausbildungsdauer von mehr als zweieinhalb Jahren voraussetzt“ zugeordnet wäre, jedoch unstreitig der Anforderungsgruppe 4 „Arbeitnehmer in einfacher, schematischer oder mechanischer Tätigkeit, die keine Berufsausbildung mit einer Regelausbildung von mehr als zweieinhalb Jahren erfordert“ zugeordnet ist.

 (4) Schließlich spricht auch der Sinn und Zweck der Verpflichtung zur Annahme einer zumutbaren Integrationsbeschäftigung dafür, dass die gesundheitliche Eignung ungeschriebene Voraussetzung für die Zumutbarkeit ist. Die gesamte Tätigkeit der Beklagten sowie die vertraglichen Pflichten der bei der Beklagten zur beruflichen Neuorientierung Beschäftigten ist darauf ausgerichtet, die Beschäftigten in eine Regelbeschäftigung innerhalb oder außerhalb des DB Konzerns zu vermitteln und dadurch dauerhaft wieder in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren. Eine Integrationsbeschäftigung dient dazu, die Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt zu verbessern. Dieses Ziel kann jedoch nur erreicht werden, wenn die oder der Beschäftigte für die im Rahmen einer Integrationsbeschäftigung angebotene Tätigkeit auch gesundheitlich geeignet ist. Abgesehen davon macht auch es keinen Sinn, Beschäftigte zu verpflichten, ein Angebot für eine Beschäftigung anzunehmen, deren Ausübung sie nach § 273 BGB bzw. § 275 Abs. 3 BGB berechtigterweise ablehnen dürfen.

b) Nach der betriebsärztlichen Bescheinigung vom 21. April 2011 ist der Kläger nur für solche Tätigkeiten gesundheitlich geeignet, die nicht ausschließlich unter Verwendung eines Bildschirmgeräts zu verrichten sind, sondern bei denen ein Einsatz am Bildschirm allenfalls stundenweise erfolgt. Hierfür genügt es nicht, wenn alle 90 Minuten eine sog. Bildschirmpause fest eingeplant ist und dem Kläger das Recht eingeräumt wird, individuell nach Bedarf zusätzliche Bildschirmpausen einzulegen. Erforderlich ist vielmehr ein echter Mischarbeitsplatz, an dem sich Tätigkeiten, die i. S. d. § 2 Abs. 3 der Bildschirmarbeitsverordnung zu einem nicht unwesentlichen Teil am Bildschirm verrichtet werden, mit solchen Tätigkeiten abwechseln, für die kein Bildschirmgerät erforderlich ist (näher zu Mischarbeit HK-ArbSchR-Feldhoff, BildscharbV Rn. 39), und auf dem gewährleistet ist, dass ein Einsatz am Bildschirm nicht über längere Zeiträume sondern allenfalls stundenweise erfolgt.

Bildschirmpausen dienen der Verringerung der Belastung durch die Arbeit am Bildschirm und sind nach § 5 der Bildschirmarbeitsverordnung aus Gründen des Gesundheitsschutzes i. S. d. §§ 3, 4 ArbSchG, wenn die Tätigkeit am Bildschirm nicht regelmäßig durch andere Tätigkeiten unterbrochen wird, auch dann zwingend vorgesehen, wenn Beschäftigte ohne Einschränkungen in der Lage sind, am Bildschirm zu arbeiten (vgl. HK-ArbSchR-Feldhoff, BildscharbV Rn. 38). Kann ein Arbeitnehmer, wie der Kläger, hingegen nur stundenweise am Bildschirm arbeiten, genügen Bildschirmpausen nicht. Insbesondere ist es nach § 4 Nr. 5 und 7 ArbSchG nicht ausreichend, dem Arbeitnehmer das Recht einzuräumen, nach Bedarf zusätzliche Bildschirmpausen einzulegen. Es ist vielmehr erforderlich, dass der Arbeitgeber die Tätigkeit so organisiert und anweist, dass gewährleistet ist, dass der Arbeitnehmer nicht länger als stundenweise Bildschirmarbeit verrichtet (vgl. HK-ArbSchR-Blume/Faber, § 4 ArbSchG Rn. 57 f. u. 65).

c) Offen bleiben kann, ob es sich, bei dem dem Kläger in Essen angebotenen Arbeitsplatz - wie die Beklagte zuletzt behauptet hat - um einen Mischarbeitsplatz im oben genannten Sinne handelt. Zweifel diesbezüglich drängen sich schon insoweit auf, als der Kläger bei der DB S. GmbH in Essen als „Mitarbeiter elektronisches Dokumentenmanagement“ tätig werden sollte und nicht sehr plausibel ist, dass es sich bei dieser Tätigkeitsbezeichnung um eine lediglich pauschalisierende Bezeichnung handelt, die sämtliche im Zusatzservice der DB-S. GmbH in Essen mögliche Tätigkeiten umfasst und insbesondere auch solche, die gewöhnlich ohne Bildschirmgerät ausgeführt werden. Dagegen sprechen zum einen der Inhalt der Stellenbeschreibung und zum anderen der Umstand, dass die Beklagte jedenfalls zunächst davon ausging, dass zur Gewährleistung eines nur stundenweisen Einsatzes am Bildschirm sog. Bildschirmpausen ausreichend seien. Darauf kommt es jedoch letztlich nicht an. Denn jedenfalls hat der Kläger, indem er das ihm im Januar 2013 erneut unterbreitete Angebot für eine Integrationsbeschäftigung bei der DB S. GmbH in Essen innerhalb der ihm im Abmahnungsschreiben vom 18. Februar 2013 gesetzten Frist nicht annahm, nicht schuldhaft gegen seine Mitwirkungspflichten verstoßen.

aa) Schuldhaft und damit vorwerfbar ist die Nichtannahme des Angebots nur, wenn dem Kläger am 21. Februar 2013, als er der Beklagten den Arbeitsvertrag nicht unterschrieben zurücksandte, klar war oder zumindest hätte klar gewesen sein müssen, dass es sich bei dem angebotenen Arbeitsplatz nicht ausschließlich um Bildschirmtätigkeit handelt, sondern gewährleistet ist, dass ihm allenfalls stundenweise Bildschirmtätigkeiten zugewiesen werden. Dies hat die nach § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG für die die Kündigung bedingenden Tatsachen darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht dargelegt.

bb) Die Tätigkeitsbezeichnung „Mitarbeiter elektronisches Datenmanagement“ konnte vom Kläger für sich gesehen nur so verstanden werden, dass er nicht nur stundenweise, sondern mehr oder weniger ständig am Bildschirm tätig sein sollte. Diese Vorstellung wurde auch durch den Ablauf des Praktikums bestätigt, wobei offen bleiben kann, ob der diesbezügliche Vortrag des Klägers oder der der Beklagten zutreffend ist.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, er habe während des gesamten Praktikums neben einem anderen Mitarbeiter am Bildschirm gesessen und sich die Tätigkeit erklären lassen. Nur so habe er die zwei Wochen überstanden. Die Beklagte hat darauf erwidert, der Kläger habe im Anschluss an das Praktikum beschildert, dass er umfangreich in die Tätigkeit eingewiesen worden sei, aber auch selbst gearbeitet habe und auf individuelle Bedürfnisse der Mitarbeiter - wie z. B. häufigere Arbeitsunterbrechungen, Aufstehen - sowie auf Stärken und Schwächen der Einzelnen Rücksicht genommen werde. Dass der Kläger während des Praktikums nur stundenweise am Bildschirm eingesetzt und im Übrigen mit anderen Tätigkeiten betraut worden ist, hat auch die Beklagte nicht behauptet, gleichwohl der Kläger die ärztliche Bescheinigung vom 21. April 2011 bereits beim ersten Praktikumsversuch vorgelegt hatte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Standortkoordinator oder ein Teamleiter der DB S. GmbH mit dem Kläger zu Beginn des Praktikums ein Eingangsgespräch, wie es die Beklagte geschildert hat, geführt hat, ihm noch andere Tätigkeiten außer Bildschirmtätigkeit angeboten oder ihm zumindest erläutert hat, dass bei einer endgültigen Aufnahme einer Integrationsbeschäftigung geplant sei, ihn nur stundenweise am Bildschirm einzusetzen.

Weiter fehlt jeglicher Vortrag, welche weiteren Projekte, die keine oder nur stundenweise Arbeit am Bildschirm erfordern, während der Besichtigung des Arbeitsplatzes in Essen durch den Kläger am 28. März 2011 oder während des gescheiterten Arbeitsversuches am 29. August 2011 oder während des Praktikums in der Zeit vom 23. Oktober bis zum 2. November 2012 liefen, aus denen der Kläger hätte schließen können und müssen, dass es sich bei der angebotenen Tätigkeit tatsächlich um eine Mischtätigkeit handelt.

Schließlich lässt sich dem Vortrag der Beklagten auch nicht entnehmen, ob und inwieweit der Kläger während eines der Personalgespräche durch Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Beklagten entsprechend informiert worden war. Aus dem Protokoll des Mitarbeitergesprächs am 29. April 2011 oder der Abmahnung vom 18. Februar 2013 ergibt sich dies jedenfalls nicht.

3. Nach alledem konnte weder die fristlose Kündigung, noch die fristgerechte Kündigung rechtlichen Bestand haben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 91 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der Kosten, die durch die zurückgenommenen Klageanträge entstanden sind. Diese hat der Kläger zu tragen.

IV.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

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