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Arbeitsrecht
25.08.2016
Arbeitsrecht
LAG München: Sonderleistung – Bestimmung einer variablen Vergütung

LAG München, Urteil vom 3.3.2016 – 3 Sa 1033/15

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2016-2107-1

unter www.betriebs-berater.de

Leitsätze [der Redaktion]

1.         Sind bei der Leistungsbestimmung einer variablen Vergütung so- wohl die Leistung des Arbeitnehmers als auch der betriebswirtschaftliche Erfolg der beklagten Bank zu berücksichtigen, kommt nur in Ausnahmefällen eine Festsetzung des Bonus auf „Null“ in Betracht  (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014 – 10 AZR 622/13 –).

2.         Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die beklagte Bank, ohne hierzu rechtlich verpflichtet zu sein, Sonderleistungen zu anderen Zwecken und für andere Zeiträume zahlt, die nach ihrem Gesamtvolumen an das Volumen der vertraglich zugesicherten variablen Vergütung  heranreichten.

3.         Die ohne Rechtsgrund gezahlten Sonderleistungen sind weder im Rahmen der Budgetfestsetzung noch bei der Festsetzung der individuellen variablen Vergütung zu berücksichtigen, wenn sie zu unter- schiedlichen Leistungszwecken und teilweise zu unterschiedlichen Zeiträumen gezahlt wurden. Im Übrigen widerspräche ihre Berücksichtigung dem Transparenzgebot, das für die variable Vergütung durch Regelungen in Gesetzen und Verordnungen im Zuge der Bankenkrise seit 2008 eingeführt worden ist.

4.         Die gerichtliche Leistungsbestimmung hat neben den Festlegungen und dem Zweck einer Vergütungsregelung auch den Umständen der Ermessensentscheidung der beklagten Bank Rechnung zu tragen, die nicht unbillig sind.

§ BGB §§ 133, 157, 315, 611; BayPVG Art. 68

Sachverhalt

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren allein noch über die Zahlung variabler Vergütung für das Jahr 2011.

Die Klagepartei war seit dem 01.07.1999 bei der Beklagten als Angestellter mit einem Beschäftigungsgrad von 100 % beschäftigt. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Bank in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, bei der das Bayerische Personalvertretungsgesetz (BayPVG) Anwendung findet. Die Vergütung war zuletzt aufgrund des Arbeitsvertrags vom 01.01.2001 wie folgt geregelt:

„§ 4. Bezüge

(1) Der Mitarbeiter erhält ein Jahresfestgehalt …

(2) Außerdem kann der Mitarbeiter als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Bankbonus erhalten, dessen Höhe alljährlich auf Vorschlag des Vorstandes vom Verwaltungsrat beschlossen wird. Der Bankbonus wird jeweils im Folgejahr für das vorangegangene Geschäftsjahr gezahlt. Ferner kann der Mitarbeiter als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Leistungsbonus erhalten, der sich im Einzelnen nach seinen Leistungen im jeweils vorangegangenen Geschäftsjahr bestimmt. Berechnung, Zahlung, Kürzung und Rückzahlung des Bankbonus und des Leistungsbonus erfolgen im Übrigen nach der Vereinbarung über das Bonussystem für die außertariflichen Beschäftigten der C. Girozentrale in ihrer jeweils gültigen Fassung.

Mit der Zahlung der laufenden Bezüge und eines etwaigen Bonus sind Überstunden/Mehrarbeit, Zuschläge und Zulagen für Schicht- und Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit abgegolten.

(…)

§ 9. Leistungen ohne Rechtsanspruch

Auf Leistungen, die nicht in diesem Vertrag festgesetzt sind, besteht auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch.“

Dieser Arbeitsvertrag wurde der Klagepartei mit Schreiben vom 08.12.2000 übersandt, das auszugsweise folgenden Inhalt hat:

„… mit Abschluss Ihres neuen Arbeitsvertrages mit Wirkung ab dem 01.01.2001 werden Sie nach dem variablen Vergütungssystem für die außertariflich Beschäftigten … bezahlt. Ihr Jahresgehalt setzt sich danach zusammen aus dem Jahresgehalt, dem Leistungsbonus und dem Bankbonus.

.…

Ihr Leistungsbonus ermittelt sich nach der Formel Zielbonus mal Leistungsfaktor. wobei Ihr Zielbonus 16,5 % beträgt. Der Prozentsatz des Zielbonus bezieht sich auf Ihr individuelles, im Jahr 2001 tatsächlich bezogenes Jahresfestgehalt.“

Die Beklagte schloss mit dem bei ihr gebildeten Personalrat zur Regelung der Bonusansprüche seit dem Jahr 2000 Dienstvereinbarungen ab (zum Überblick der Dienstvereinbarungen vgl. Beklagtenschriftsatz vom 11.09.2014, Seite 12-13). In Umsetzung dieser Dienstvereinbarungen wurden auf Basis der sog. Führung durch Ziele (FDZ) jeweils zu Jahresbeginn individuelle Arbeitsziele festgesetzt. Für die Geschäftsjahre bis 2007 zahlte die Beklagte der Klagepartei jährlich einen Leistungsbonus.

Das Geschäftsjahr 2008 endete für die Beklagte mit einem Verlust von rund € 5 Mrd.. Ihr Zusammenbruch konnte nur durch Zuführung neuen Eigenkapitals in Höhe von rund € 10 Mrd. bis in das Jahr 2009 hinein und einer staatlich garantierten Abschirmung bis zu einem Höchstbetrag von € 4,8 Mrd. abgewandt werden. Die entsprechenden Beihilfen wurden von der Europäischen Kommission am 18.12.2008 genehmigt. Darüber hinaus legte die Beklagte ein Umstrukturierungsprogramm („Projekt Hercules“) auf, das neben einer Neuausrichtung des Geschäftsmodells auf Kernbereiche und -regionen insbesondere auch eine (konzernweite) Kostenreduktion in Höhe von € 670 Mio. und einen Personalabbau um ca. 1000 Mitarbeiter auf den Ebenen der Beklagten, d.h. ohne Berücksichtigung des Personalabbaus in den Tochtergesellschaften, vorsah. Auch entschied die Beklagte Anfang 2009, die leistungsorientierte Vergütung für das Geschäftsjahr 2008 auszusetzen.

Am 12.05.2009 eröffnete die Europäische Kommission ein Prüfverfahren zur langfristigen Lebensfähigkeit der Beklagten ohne staatliche Beihilfen und äußerte Zweifel, ob die der Beklagten gewährte Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar sei und ob auf der Grundlage des Umstrukturierungsplans die Wiederherstellung der Lebensfähigkeit der Beklagten gewährleistet werden könnte.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2010 regelten die Betriebsparteien das Vergütungssystem für die außertariflich Beschäftigten neu , u.a. um den Vorgaben des § 5 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzmarktstabilisierungsfondverordnung (FMStV) zu entsprechen, zu deren Einhaltung sich die Beklagte gegenüber der Europäischen Kommission verpflichtet hatte. Danach sollen die Vergütungssysteme nicht zur Eingehung unangemessener Risiken verleiten sowie an langfristigen und nachhaltigen Zielen ausgerichtet und transparent sein. Es galt deshalb ab 1. Januar 2010 die „Dienstvereinbarung über die Vergütung der außertariflich Beschäftigten der C.“ vom 8. Dezember 2009 (die im Folgenden im Anschluss an ihre

Bezeichnung im Urteil des BAG vom 19.03.2014 – 10 AZR 622/13 – NZA 2014, 595 als DV AT-Vergütung 2010 abgekürzt wird). Im Zuge der Umstellung des Vergütungssystems wurden alle AT-Funktionen unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu verschiedenen Organisationseinheiten einer der acht Job-families „Sparkasse und Durchleitgeschäft“, „Markets“, „Corporates & Institutional Banking“, „Stab & Steuerung“, „Administration & Services“, „IT“, „Labo“ und „LBS“ (Ziffer 2 DV AT-Vergütung 2010) zugeteilt. Des Weiteren wurde für jede Job-family eine Karriereleiter mit drei Karrierestufen festgelegt, denen alle Funktionen nach ihrer internen Wertigkeit zugeordnet wurden (Ziffer 3 DV AT-Vergütung 2010). Jeder Job-family/Karriereleiter wurden schließlich marktorientierte Gehaltsbänder hinterlegt, die den Mindest- und Höchstbetrag für das Jahresfestgehalt und den Richtwert definierten (Anlage 4) (Ziffer 4 DV AT-Vergütung 2010). Die DV AT-Vergütung 2010 regelte die Vergütung wie folgt:

„5. Jahresfestgehalt

Das Jahresfestgehalt ist der Teil des Gesamtgehalts, auf den ein unwiderruflicher, unbedingter und unbefristeter Rechtsanspruch besteht.

Das Jahresfestgehalt wird in 12 Raten ausbezahlt. In jedem Kalendermonat wird 1/12 des im jeweiligen Kalendermonat gültigen Jahresfestgehalts ausgezahlt.

5.1. Budgets für individuelle Gehaltsanpassungen

Für die individuelle Anpassung der Jahresfestgehälter legt der Vorstand für jedes Geschäftsfeld/jeden Zentralbereich alljährlich ein Budget fest.

5.2. Individuelle Gehaltsanpassungen

Im Rahmen der Budgets ist über die individuelle Anpassung einzelner Jahresfestgehälter zu entscheiden.

Die Bemessung der individuellen Gehaltsanpassung innerhalb dieses Rahmens erfolgt unter Berücksichtigung und Abwägung der dauerhaft gezeigten individuellen Leistungen.

(…)

6. Variable Vergütung

Die Beschäftigten können als freiwillige Leistung eine variable Vergütung erhalten, mit der die individuelle Leistung eines Beschäftigten und sein Beitrag zum Ergebnis für ein Geschäftsjahr honoriert und seine Betriebsbindung gefestigt werden soll.

Die variable Vergütung ergibt sich aus dem vom Vorstand bewilligten Budget und der Vergabeentscheidung auf der Grundlage der jeweiligen individuellen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Es besteht kein individueller Rechtsanspruch auf Bewilligung eines Budgets oder auf Gewährung einer individuellen Zahlung.

6.1. Budgets

Der Vorstand bestimmt alljährlich Budgets für die variable Vergütung für jeweils von ihm festzulegende Geschäftseinheiten der C.. Die Budgets richten sich nach dem betriebswirtschaftlichen Erfolg (z.B. gemessen an EVA oder EVA) und können auch auf Null festgesetzt werden.

6.2. Richtwert und Vergabe

6.2.1. Richtwert

Für jedes Gehaltsband wird ein marktorientierter Richtwert festgelegt. Der Richtwert ergibt sich aus dem für das jeweilige Gehaltsband prozentualen Anteil von dem in der Anlage 4 ersichtlichen Mittelwert des jeweiligen Gehaltsbandes. . .

6.2.2. Vergabe

Die Vergabe der individuellen variablen Vergütung richtet sich nach dem Ergebnis der alljährlichen individuellen Beurteilung und Zielerreichung nach der Regelung des Mitarbeitergesprächs in ihrer jeweils geltenden Fassung.

Mindestvoraussetzung für die Gewährung einer variablen Vergütung ist, dass die aufgaben- und verhaltensbezogenen Ziele und die außerfachlichen Kompetenzen wenigstens mit Einschränkungen erfüllt sind. . .

Die variable Vergütung kann, vorbehaltlich der zur Verfügung stehenden Budgetmittel,

bei Erfüllung der Ziele und außerfachlichen

Kompetenzen mit Einschränkungen

40 bis 80 %

bei Erfüllung der Ziele und außerfachlichen

Kompetenzen

90 bis 110 %

bei Übertreffen der Ziele und außerfachlichen Kompetenzen

120 bis 150 %

bei deutlichem Übertreffen der Ziele und

außerfachlichen Kompetenzen

160 bis 200 %

des Richtwertes betragen.

(…) Sofern das zur Verfügung stehende Budget nicht ausreicht, die individuell festgelegten Beträge auszuzahlen, ist entsprechend dem Leistungsgedanken die individuelle Zahlung in einem Vergleich der Beschäftigten untereinander durch den Budgetverantwortlichen anzupassen.

(... )

6.2.3. Ermessenserwägungen

Die wesentliche ermessensleitende Erwägung für die individuelle Vergabe der variablen Vergütung ist die Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung insgesamt unter Berücksichtigung der Marktüblichkeit. Eine Auszahlung über dem Richtwert kann unter diesem Aspekt insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn

 besondere oder besonders nachhaltige Erfolge erzielt wurden,

 besondere Schwierigkeiten bewältigt wurden,

 besonders herausfordernde Aufgaben bevorstehen,

 besondere Einsatzbereitschaft, Flexibilität und Kundenorientierung gezeigt wurden.

Bei groben Fehlverhalten kann die variable Vergütung oder der aufgeschobene Teilbetrag der variablen Vergütung ganz oder teilweise versagt werden.“

 

Nach Ziff. 1.2. der Ausführungs- und Übergangsregelung zur DV AT-Vergütung 2010 vom 08.12.2009 war die Beklagte dafür verantwortlich, die Gehaltsbänder und Richtwerte für die variable Vergütung der Anlage 4 zu Ziffer 6.2.1 DV AT-Vergütung 2010 auf ihre Marktgerechtigkeit zu überprüfen und sich ergebende Änderungen dem Personalrat mitzuteilen. Die GrundsatzDienstV VarGeS 2004 ist gleichzeitig außer Kraft getreten.

Bereits am 28./29.11.2009 hatte der Verwaltungsrat der Beklagten auf der Grundlage seiner satzungsmäßigen Befugnis Regeln zur Festsetzung des Bonusbudgets beschlossen. Danach sollte während der sog. Turn-Around-Phase bis zum 31.12.2015 der Vorstand seine Entscheidung, ob und in welcher Höhe ein Budget für die variable Vergütung zur Verfügung gestellt werde, unter Berücksichtigung der Gesamtbankebene (Beklagte einschließlich der damals noch unselbständigen Anstalten E. und F.) in Abhängigkeit des Economic Value Added (EVA) und des Delta-EVA treffen. Der EVA (nach IFRS/IAS) wird abgeleitet aus dem Ergebnis nach Steuern und Fremdanteilen am Periodenüberschuss, bereinigt um das Restrukturierungsergebnis (Aufwendungen für Personalabbau) und ab 2011 um die Bankenabgabe, sowie aus den Eigenkapitalkosten. Etwaige positive oder negative Sondereffekte fließen somit auch in den EVA ein. Der Delta-EVA drückt die Entwicklung des EVA zwischen zwei Geschäftsjahren aus und gibt solchermaßen Auskunft über die Wertschaffung durch Rentabilitätssteigerung und/oder Wachstum. Durch die ergänzende Betrachtung des Delta-EVA kann trotz eines ggf. negativen EVA eine positive Veränderung im Zeitablauf gezeigt werden. Nach den Vorgaben des Verwaltungsrats sollte für die Entscheidung über ein Budget für die variable Vergütung auf den Durchschnitt aus dem EVA für das betreffende Geschäftsjahr und den zwei vorangegangenen Geschäftsjahren abgestellt werden. Solange dieser sog. Drei-Jahres-Durchschnitts-EVA negativ war, sollte der Delta-EVA betrachtet werden, und zwar ebenfalls bezogen auf den betreffenden Drei-Jahres-Zeitraum. Nur wenn dieser Drei-Jahres-Durchschnitts-Delta-EVA positiv war, durfte überhaupt ein Budget für die variable Vergütung zur Verfügung gestellt werden, das jedoch grundsätzlich auf max. 35 % der Summe der funktionsbezogenen Richtwerte zu begrenzen war. Der Vorstand hatte die Möglichkeit, das Bonusbudget um max. 10 % zu erhöhen. Das solchermaßen zur Verfügung gestellte Budget bedurfte der abschließenden Zustimmung des Verwaltungsrats. Die Begrenzung des Budgets für die variable Vergütung bei negativen Drei-Jahres-Durchschnitts-EVA, aber positiven Drei-Jahres-Durchschnitts-Delta-EVA während der Umstrukturierungsphase bis 31.12.2015 auf max. 35 % der Summe der funktionsbezogenen Richtwerte beruhte auf der Erwägung, dass die Beklagte zwar mit der Kapitalzuführung und der zusätzlichen Portfolioabschirmung vorläufig stabilisiert sei, jedoch ihre langfristige Lebensfähigkeit wegen des noch offenen Beihilfeverfahrens und der zu erwartenden Auflagen einschließlich der Rückzahlungsverpflichtungen in Bezug auf die erhaltenen Beihilfen sowie die erforderliche Umstrukturierung noch nicht gesichert sei. Vor diesem Hintergrund sollten ergebnisbelastende Effekte, wie es die Zahlung variabler Vergütung sei, begrenzt werden.

Die Beklagte informierte die Mitarbeiter mit Schreiben vom 18.12.2009 über das neue Vergütungssystem für AT-Mitarbeiter und sodann die Klagepartei persönlich mit Schreiben vom 11.01.2010 auch hinsichtlich der Zuordnung ihrer Funktion zur Job-family „Corporate & Institutional Banking“, Karrierestufe „2“, und der Erhöhung ihres Jahresfestgehalts. Des Weiteren wurde ihr mitgeteilt, dass der Richtwert für ihre variable Vergütung 25 % des derzeitigen Mittelwertes des Gehaltsbandes für die Karrierestufe „2“ der Job-family „Corporate & Institutional Banking“ und damit € 21.300,00 betrage.

Im Verlauf des Jahres 2010 traten verschiedene weitere rechtliche Vorgaben für das Bankwesen in Kraft. § 25 a Kreditwesengesetz (KWG) wurde mit Wirkung zum 27.07.2010 dahingehend geändert, dass die besonderen organisatorischen Verpflichtungen eines Kreditinstitutes auch angemessene, transparente und auf eine nachhaltige Entwicklung des Instituts ausgerichtete Vergütungssysteme für Geschäftsleiter und Mitarbeiter umfassen. Am 13.10.2010 trat die Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV 2010) in Kraft, nach deren § 4 der Gesamtbetrag der variablen Vergütung von Geschäftsleitern und Mitarbeitern nicht die Fähigkeit des Instituts einschränken darf, eine angemessene Eigenmittelausstattung dauerhaft aufrechtzuerhalten oder wieder herzustellen. Die Institutsvergütungsverordnung 2010 diente der Umsetzung der CRD III Richtlinie (2010/76/EU vom 14.11.2010), die in Anhang V, Abschnitt 11, Nummer 23 q auszugsweise lautet:

„Die variable Vergütung, [. . . ] wird nur dann ausgezahlt oder erdient, wenn sie angesichts der Finanzlage des Kreditinstituts des betreffenden Geschäftsbereichs und der betreffenden Person gerechtfertigt erscheint. Eine schwache oder negative finanzielle Leistung des Kreditinstituts führt ungeachtet der allgemeinen Grundsätze des nationalen Vertrags- und Arbeitsrechts allgemein zu einer erheblichen Absenkung der variablen Vergütung, wobei [. . . .] laufende Vergütungen [. . . ] in Betracht gezogen werden [. . . ]“

§ 5 Abs. 2 Nr. 6 InstitutsVergV 2010 begrenzt die Regelung auf die Geschäftsleitung und sog. Risikonehmer, deren Tätigkeit einen wesentlichen Einfluss auf das Risikoprofil eines Kreditinstituts haben.

Im Dezember 2010 beschloss der Vorstand die Zahlung einer auf zwei Jahre befristeten sog. Stabilisierungszulage für die Tarif- und AT-Mitarbeiter im In- und Ausland mit einem Volumen von € 20 Millionen p.a., die dazu diente, das Engagement der Beschäftigten für die Zukunftssicherung der Beklagten auch monetär zu honorieren. Auf ausdrücklichen Wunsch des Gesamtpersonalrats wurde die Zulage nicht leistungsabhängig, sondern als pauschale monatliche Zahlung festgelegt. Im Tarifbereich betrug die Zulage bis zu ein Monatsgehalt p.a. und für außertariflich Beschäftigte bis zu ¾ eines Monatsgehalts p.a. Die Auszahlung erfolgte im Zeitraum Mai 2011 bis April 2013.

Für das Geschäftsjahr 2011 fand die Dienstvereinbarung über die Vergütung der außertariflich Beschäftigten der C. vom 08.12.2009 in der Fassung der Änderung der Dienstvereinbarung vom 14.12.2010. Diese entspricht hinsichtlich der hier streitigen Vergütungsfragen der DV AT-Vergütung 2010. Für den Inhalt im Einzelnen wird auf Anlage K 3 verwiesen. Für das Geschäftsjahr 2011 war mit der Klagepartei eine Zielvereinbarung geschlossen und die Zielerreichung bewertet worden. Nach der Gesamtbewertung wurden die Erwartungen „übertroffen“, was 120 % bis 150 % des Richtwertes entsprach.

Für das Geschäftsjahr 2011 stellte die Beklagte neben der vorstehend erwähnten Stabilisierungszulage ein Prämienbudget zur Honorierung besonderer Leistungen im Rahmen von Projekten oder Sonderaufgaben in Höhe von € 5 Mio. sowie ein Budget in Höhe von max. € 5 Mio. für Gehaltsanpassungen zur Verfügung. Im Januar 2012 entschied die Beklagte, für das Geschäftsjahr 2011 keine variable Vergütung zu zahlen. Die Summe der funktionsbezogenen Richtwerte hätte im Geschäftsjahr 2011 rd. € 46,5 Mio betragen. Durch Intranetmitteilung vom 28.02.2012 wurden die Beschäftigten hierüber informiert und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass für das kommende Jahr 2012 an der zugesagten Stabilisierungszulage im Umfang von € 20 Mio. p.a. festgehalten und erneut zur Honorierung besonderer Leistungen ein Budget in Höhe von € 5 Mio. zur Verfügung gestellt werde. Des Weiteren werde zum 01.07.2012 eine Gehaltsüberprüfungsrunde für in- und ausländische AT-Mitarbeiter durchgeführt werden.

In der zweiten Jahreshälfte 2012 beschloss der Vorstand der Beklagten als Ausgleich für die besonderen Belastungen im Geschäftsjahr 2011 den AT-Beschäftigten, die an der Zeiterfassung teilnahmen, Zeitguthaben über 50 Stunden zum Stichtag 30. September 2012 auszuzahlen. Auszahlungstermin war Oktober 2012.

Im Juli 2012 wurde das Beihilfeverfahren abgeschlossen. Die Beihilfemaßnahmen wurden unter Auflagen seitens der Europäischen Kommission genehmigt. Die Beklagte musste sich zu einer tiefgreifenden Umstrukturierung und zur Rückzahlung eines Teils der ihr gewährten Beihilfen (insgesamt rund € 5 Milliarden) in mehreren Tranchen bis zum Jahr 2019 verpflichten. Bei einem Verstoß gegen die Zusagen und Auflagen drohte die Wiedereröffnung des Beihilfeverfahrens einschließlich der Verpflichtung der Beklagten zur Rückgewährung sämtlicher Stützungsmaßnahmen.

Die Geschäftsentwicklung der Beklagten stellte sich im streitgegenständlichen Zeitraum bezogen auf die HGB-Einzelabschlüsse wie folgt dar:

 

Geschäftsjahr

HGB Einzelabschluss

 

In € Millionen

2008

- 3.900

2009

- 2.595

2010

544

2011

- 328

 Mit ihrer Klage hat die Klagepartei zunächst einen Leistungsbonus für das Jahr 2009 in Höhe von € 39.900,00 brutto geltend gemacht und mit Schriftsatz vom 03.06.2014 auch Zahlung der Boni für die Jahre 2010 und 2011 in Höhe von € 34.773,00 brutto bzw. € 48.450,00 verlangt. Später hat die Klagepartei eine Klagerücknahme auf insgesamt € 114.960,71 erklärt.

Die Klagepartei hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, ihr stehe ein individualrechtlicher Anspruch auf Zahlung des sog. Leistungsbonus aus dem Schreiben vom 08.12.2000 zu. Deshalb komme ein Leistungsvorbehalt nicht zum Tragen. Jedoch akzeptiere die Klagepartei den Systemwechsel zum neuen variablen Vergütungssystem. Deshalb rechtfertige sich der Anspruch (auch) aus der DV AT-Vergütung 2011 (Anlage K 3) i.V.m. der Anlage IV zur Dienstvereinbarung über die Vergütung der außertarifliche Beschäftigten vom 08.12.2009 (Stand 01.01.2012) (Anlage K 3a). Hinsichtlich der wirtschaftlichen Situation der Beklagten hätte es ausgereicht, die Ansprüche zu stunden. Die streitigen Beträge für die außertariflichen Mitarbeiter erforderten insgesamt einen mittleren zweistelligen Betrag, der auf das Gesamtergebnis der Beklagten so gut wie keine Auswirkungen habe.

Der Leistungsbonus für 2011 berechne sich aufgrund der Beurteilung für das Kalenderjahr 2001 mit dem Leistungsfaktor 1,7 multipliziert mit dem Basiswert € 28.500,00 auf € 48.450,00 brutto.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages die Auffassung vertreten, dass sich im Anschluss an die Entscheidung des BAG vom 19.03.2014 - 10 AZR 622/13 - ein Anspruch auf Bonuszahlung allein aus § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags i.V.m. der jeweils anzuwendenden Dienstvereinbarung begründe. Danach habe der Vorstand alljährlich Budgets für die variable Vergütung zu bestimmen. Der Beklagten werde insoweit ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht nach billigem Ermessen eingeräumt, das sie im Jahr 2011 ermessensfehlerfrei ausgeübt habe.

Die Beklagte habe für das Geschäftsjahr 2011 ermessensfehlerfrei entschieden, keine variable Vergütung auszuzahlen. Die Werte des Drei-Jahres-Durchschnitts-EVA und Drei-Jahres-Durchschnitts-Delta-EVA hätten sich 2011 wie folgt verhalten:

 

 

2008 / in € Mio.

2009 / in € Mio.

2010 / in € Mio.

2011 / in € Mio.

EVA

- 4.946,0

- 118,0

- 307,7

- 414,5

Delta-EVA

 

4.828,0

- 189,7

- 106,8

Durchschnitts- EVA 2009 bis

2011 in € Mio.

 

 

- 280,1

Durchschnitts-

Delta-EVA 2008 bis 2011 in € Mio.

 

1.510,5

 

Zwar hätte aufgrund des Drei-Jahres-Durchschnitts-Delta-EVA mit dem positiven Wert von € 1.510,5 Mio. die Möglichkeit zur Festsetzung eines Budgets für variable Vergütung bestanden. Jedoch sei das Ergebnis durch hohe positive Sondereffekte beeinflusst gewesen, wie den Erträgen in Höhe von € 130 Mio. aus der Bewertung des „Own Credit Spread“ und in Höhe von € 187 Mio. aus der Bewertung des „Cross Currency Swaps“, die bereits im ersten Quartal 2012 durch entsprechende Ergebnisbelastungen weitgehend ausgeglichen worden seien. Bei der Abwägung habe der Vorstand zudem den Jahresfehlbetrag von € 328 Millionen (HGB Einzelabschluss) berücksichtigt. Auch sei eine Buchwertabschreibung auf die Beteiligung der Beklagten an der ungarischen Tochter G. erforderlich geworden und es hätte 2011 erstmals die Bankenabgabe von € 61 Mio. geleistet werden müssen. Die Inhaber von stillen Einlagen und Genussrechten seien am Verlust beteiligt worden und hätten für das Geschäftsjahr 2011 keine Ausschüttungen erhalten. Zum Verlustausgleich seien Kapitalrücklagen in Höhe von € 215 Mio. aufgelöst worden. Mit dem noch nicht abgeschlossenen EU-Beihilfeverfahren seien weiterhin große Unsicherheiten verbunden gewesen. Nach allem habe sich die Beklagte auch 2011 in einer wirtschaftlichen Ausnahmesituation befunden. Die gewährten Eigenmittel aufgrund des EU-Beihilferechts dienten nicht zur Sicherung von Vergütungsansprüchen der Beschäftigten, sondern ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Abwehr schwerer Gefahren für die Volkswirtschaft und hätten zurückgezahlt werden müssen. Zur Honorierung der Leistungen und der Motivation der Beschäftigten habe der Vorstand der Beklagten zudem die Stabilisierungszulage beschlossen sowie Gehaltsanpassungen in 2012 ermöglicht. Auch die Klagepartei habe für das Geschäftsjahr 2011 unstreitig zeitanteilig von Mai bis Dezember 2011 eine Stabilisierungszulage in Höhe eines ¾ Monatsgehalts erhalten. Ergänzend hat die Beklagte auf den in der zweiten Jahreshälfte 2012 gefassten Beschluss, Zeitguthaben von mehr als 50 Stunden zum Stichtag 30.09.2012 auszuzahlen, hingewiesen. Die Beklagte hat die Berechnung der Bonushöhe nach der Formel „Basiswert mal Leistungsfaktor“ bestritten. Soweit mit Basiswert der Richtwert gemeint sei, fehle es an substantiiertem Vortrag. Die vorgelegten Anlagen K 3 beträfen ausweislich des zeitlichen Anwendungsbereichs nicht das Geschäftsjahr 2011. Die Gesamtbeurteilung für das Jahr 2011 liege zwar bei „übertroffen“, jedoch seien Einzelbewertungen nur mit „erfüllt“ erfolgt, so dass keinesfalls der Höchstwert im Rahmen des Orientierungsbandes von 120 % bis 150% anzusetzen wäre.

Das Arbeitsgericht München hat die Klage mit Endurteil vom 13.10.2015 – 11 Ca 15563/13 – abgewiesen. Wegen des unstreitigen sowie des streitigen Vortrags der Parteien im Übrigen, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der maßgeblichen rechtlichen Erwägungen des Arbeitsgerichts wird auf diese Entscheidung Bezug genommen.

Im Wesentlichen begründet das Arbeitsgericht seine Entscheidung damit, dass die Klagepartei nicht schlüssig dargelegt habe, aufgrund welcher Anspruchsgrundlage und welcher Berechnungsmethode die von ihm geltend gemachte Bonuszahlung begründet sein sollte. Soweit sich die Klagepartei auf das neue Vergütungssystem stütze, habe sie sich mit den Ermessenserwägungen der beklagten Partei nicht auseinandergesetzt.

Gegen dieses, ihrem Prozessbevollmächtigten am 26.10.2015 zugestellte Urteil hat die Klagepartei mit Schriftsatz vom 26.11.2015, der am 26.11.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und diese mit dem am 14.12.2015 eingegangenen Schriftsatz vom 10.12.2015 begründet.

Dem Kläger stehe eine variable Vergütung für das Kalenderjahr 2011 in Höhe von 48.450,00 € brutto gemäß Arbeitsvertrag vom 01.01.2001 (Anlage K1) i.V.m. dem Einführungsschreiben vom 08.12.2000 i.V.m. der Dienstvereinbarung vom 08.12.2009 i.V.m. dem Einführungsschreiben vom 11.01.2010 i.V.m. § 315 Abs. 1 BGB zu.

Die Beklagte habe dem Kläger nicht mitgeteilt, wie sie ihr Ermessen bei der Festsetzung des Bonusbudgets für 2011 ausgeübt habe. In der Intranetmitteilung vom 28.02.2012 werde die Entscheidung nur lapidar umschrieben. Die seitens der Beklagten angeführte „wirtschaftliche Ausnahmesituation“ werde für das Jahr 2011 nicht belegt, im Gegenteil räume die Beklagte ein, dass im Jahr 2011 Einvernehmen mit der EU-Kommission über die Grundzüge des Vorgehens und des neuen Geschäftsmodells erzielt worden sei sowie dass sich die wirtschaftliche Situation mit der erfolgten Kapitalzuführung und Portfolioabschirmung stabilisiert habe. Die Klage bestreitet, dass die Beklagte ohne die gewährten Unterstützungsmaßnahmen im Jahr 2011 nicht lebensfähig gewesen wäre. Auch habe die EU-Kommission im Beihilfeverfahren keine Verzichtsmaßnahmen zu Lasten der Angestellten gefordert. Nach dem Lagebericht der Beklagten für das Jahr 2011 sei das Jahresergebnis 2011 allein wegen der buchmäßigen Abwertung einer Beteiligung an der ungarischen Tochter G. negativ gewesen; dies habe auf die Liquidität der Beklagten keinen Einfluss gehabt. Im Mitarbeiterbrief vom 18.03.2009 sei das Immobiliengeschäft, in dem die Klagepartei tätig sei, als Kerngeschäft bezeichnet worden. Wenn es im Jahr 2010 zu einer „Minibonuszahlung“ gereicht habe, dann sei eine solche erst Recht 2011 zu zahlen. Widerspräche die Ermessensausübung jedenfalls für 2011 den Grundsätzen billigen Ermessens, sei sie gegenüber der Klagepartei unwirksam und durch das Gericht gemäß § 315 Abs. 3 S. 2 BGB selbst vorzunehmen. Der Kläger berechne die variable Vergütung nach dem sog. Basiswert von 28.500,00 € x Leistungsfaktor 1,7 entsprechend dem Zielerreichungsgespräch 2008/2009 in Höhe von 48.450,00 € brutto. Darüber hinaus sei der Bonusanspruch individuell arbeitsvertraglich abgesichert. Im Schreiben vom 08.12.2000 sei auf die damals gültige Bonusregelung ohne Widerrufsvorbehalt Bezug genommen worden.

Die Klagepartei beantragt:

1. Auf die Berufung der Klagepartei wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 13.10.2015, AZ: 11 Ca 15563/13, abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei € 48.450,00 (brutto) zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.07.2012 zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Berufung sei schon unzulässig. Die Klagepartei habe zu den Gründen des Gerichts, wie die fehlende Schlüssigkeit des klägerischen Vortrags und die fehlende Auseinandersetzung der Klagepartei mit den Ermessenserwägungen der Beklagten, nichts ausgeführt.

Die Berufung sei auch unbegründet. Die Anspruchsgrundlagen seien nicht schlüssig vorgetragen worden. Die genannten Anspruchsgrundlagen seien knapp, unverständlich und widersprüchlich. Die konkrete Berechnung der Bonushöhe sei weiterhin unklar.

Die Beklagte habe die Klagepartei über die Ermessensüberlegungen ausreichend durch die Intranetmitteilung vom 18.12.2009, das Schreiben vom 11.01.2010, die Intranetmitteilung des Vorstands vom 28.02.2012 und die Intranetmitteilung des Bereichs Personal der Beklagten vom 23.07.2012 informiert. Im Übrigen wäre eine unzureichende Information irrelevant für das Bestehen eines Anspruchs auf Zahlung variabler Vergütung.

Die Beklagte habe ihre Ermessensentscheidung unter Wahrung billigen Ermessens getroffen. Es habe auch 2011 eine wirtschaftliche Ausnahmesituation bestanden. Die Stabilisierung der Beklagten im Geschäftsjahr 2011 habe auf den erhaltenen, aber zurückzuzahlenden Beihilfen beruht. Andernfalls hätte die Beklagte abgewickelt werden müssen. Das Jahresergebnis 2011 sei neben der weitgehenden Abschreibung des Beteiligungsbuchwerts an der ungarischen MKB durch weitere Umstände wie etwa der erstmalig zu leistenden Bankenabgabe und die im Zusammenhang mit der Restrukturierung der I. erforderlichen Rückstellung belastet gewesen. Dies ergebe sich aus dem bereits vorgelegten Geschäftsbericht für das Jahr 2011. Die EU-Kommission sei rechtlich gar nicht befugt gewesen, Verzichtsmaßnahmen zu Lasten der Arbeitnehmer zu fordern. Es stehe der Ermessensentscheidung der Beklagten für 2011 nicht entgegen, dass das Beihilfeverfahren seine Wurzeln im Jahr 2008 habe. Das Bundesarbeitsgericht habe zudem keine Feststellungen für das Jahr 2011 getroffen.

Die Beklagte habe die Leistungen der Klagepartei durchaus gesehen und diese für das Jahr 2011 mit „übertroffen“ bewertet, so dass sich bei der Festlegung eines Budgets ein entsprechender Zahlungsanspruch ergeben hätte.

Der Zinsanspruch sei erst nach rechtskräftigem Gestaltungsurteil nach § 315 Abs. 3 BGB fällig.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 10.12.2015, des Schriftsatzes der Beklagten vom 07.01.2016 und auf die Niederschrift der Sitzung vom 03.03.2016 Bezug genommen.

Aus den Gründen

 

Die zulässige Berufung ist im erkannten Umfang begründet.

 

I. Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nach § 64 Abs. 1, 2 lit. b) ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519 Abs. 2, § 520 Abs. 3 ZPO.

 

Insbesondere hat sich die Klagepartei in einem ausreichenden Maße mit den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt. Sie hat die möglichen Anspruchsgrundlagen genannt. Darüber hinaus hat die Klagepartei gerügt, dass die Beklagten den Anforderungen an die Darlegung ihrer Ermessens nicht genügt habe und hat Umstände geltend gemacht, die nach ihrer Auffassung bei einer Budgetfestsetzung für das Jahr 2011 hätten berücksichtigt werden müssen und zu einer anderen Entscheidung geführt hätten..

 

II. Die Berufung ist begründet, soweit die Klagepartei Zahlung einer variablen Vergütung in Höhe von € 10.064,25 brutto für das Jahr 2011 begehrt. Im Übrigen hat die Klagepartei keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren variablen Vergütung.

 

1. Als Rechtsgrundlage für die streitigen Ansprüche kommt allein § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags i.V.m. der jeweils gültigen Dienstvereinbarung in Betracht.

 

a) § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags gewährt der Klagepartei keinen unbedingten Anspruch auf Zahlung eines (Leistungs-)Bonus in bestimmter Höhe. Die streitgegenständlichen Ansprüche ergeben sich erst in Verbindung mit den für das jeweilige Geschäftsjahr geltenden Dienstvereinbarungen und erfordern eine Leistungsbestimmung durch die Beklagte nach billigem Ermessen, § 315 BGB. Dies folgt aus einer Auslegung des § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags, wie das Bundearbeitsgericht zu einer inhaltsgleichen Vertragsgestaltung eines Kollegen der Klagepartei bereits geurteilt hat (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, 10 AZR 622/13 – NZA 2014, 595, Rn. 29-31). § 4 Abs. 2 S. 3 des Arbeitsvertrages legt selbst nicht fest, in welcher Höhe und nach welchen Bedingungen ein Bonus gezahlt wird. Vielmehr bedarf dies der Ausgestaltung, für die § 4 Abs. 2 S. 4 des Arbeitsvertrages dynamisch auf die bei der Beklagten bestehenden Dienstvereinbarungen über das Bonussystem für die außertariflich Beschäftigten hinweist. Hierdurch wird für den Arbeitnehmer zugleich transparent gemacht, dass § 4 Abs. 2 S. 3 des Arbeitsvertrages das anwendbare Bonussystem nicht abschließend regelt, sondern es sich erst aus dem gesamten Inhalt des § 4 Abs. 2 und den Bestimmungen der anwendbaren Dienstvereinbarung ergibt, nach welchen Bedingungen sich im jeweiligen Geschäftsjahr die variable Vergütungskomponente für außertarifliche Angestellte bestimmt (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 31).

 

b) Abweichend von dieser grundsätzlichen arbeitsvertraglichen Regelung kann sich die Klagepartei für die geltend gemachten Ansprüche nicht auf das Schreiben vom 08.12.2000 stützen. Dies ergibt die Auslegung des Schreibens nach §§ 133, 157 BGB.

Bereits durch den Eingangssatz „Mit Abschluss Ihres neuen Arbeitsvertrages … werden Sie nach dem variablen Vergütungssystem für die außertariflich Beschäftigten … bezahlt.“ ist klargestellt, dass dieses Begleitschreiben nicht etwa einen individualrechtlichen Anspruch auf Bonuszahlung vermittelt, sondern der Leistungsbonus auf der Grundlage und im Rahmen des variablen Vergütungssystems für die außertariflich Beschäftigten gewährt werden sollte. Darüber hinaus werden dort die Einzelheiten der Vergütung, die im Arbeitsvertrag bereits geregelt sind, aufgeführt, wodurch deutlich wird, dass das Schreiben vom 08.12.200 lediglich erläutert, wie der Inhalt des Arbeitsvertrags zu verstehen sei. Ein über den Arbeitsvertrag hinausgehender Rechtsbindungswille der Beklagten auf Zahlung weitergehender Leistungsboni ist diesem Schreiben deshalb nicht zu entnehmen.

 

2. Die Regelung in § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags mit Verweis auf die jeweilige Dienstvereinbarung, die ihrerseits der Beklagten abhängig vom betriebswirtschaftlichen Erfolg (Ziffer 6.1 DV AT-Vergütung 2011) und der individuellen Leistung des Arbeitnehmers (Ziffer 6.2.2. DV AT-Vergütung 2011) ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht i.S.v. § 315 BGB für den Bonus überlässt, begegnet keinen rechtlichen Bedenken (siehe BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 36 ff.). Dynamische Bezugnahmeklauseln sind im Arbeitsrecht weit verbreitet, entsprechen einer üblichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses (Rn. 37). Die Betriebsparteien sind gem. Art 68 BayPVG an die Grundsätze von Recht und Billigkeit gebunden, wodurch die geltende Rechtsordnung, die das Arbeitsverhältnis gestaltet und auf dieses einwirkt, umfasst ist (Rn. 38). Der in § 4 Abs. 2 S. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Freiwilligkeitsvorbehalt stellt dann keine unangemessene Benachteiligung dar, wenn – wie vorliegend – der Arbeitgeber nach billigem Ermessen über die Bonuszahlung entscheidet (Rn. 52).

 

3. Die Klagepartei hat für das Kalenderjahr 2011 einen Anspruch auf Zahlung variablen Vergütung in Höhe von € 10.064,25 brutto gem. § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags i.V.m. Ziffer 6 der für das Kalenderjahr 2011 anzuwendenden DV AT-Vergütung 2011 i.V.m. § 315 Abs. 3 S. 2 BGB. Die Beklagte hat für das Kalenderjahr 2011 ermessensfehlerhaft kein Bonusbudget und folglich keine variable Vergütung für die Klagepartei festgesetzt, § 315 Abs. 1 und 3 BGB. Die Bestimmung der variablen Vergütung war deshalb nach § 315 Abs. 3 S. 2 BGB durch Urteil zu treffen.

 

a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Für diese Beurteilung ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Leistungsbestimmende die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat die Bestimmungsberechtigte zu tragen. Dabei verbleibt dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum, innerhalb dessen mehrere Entscheidungen möglich sind (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 41 m.w.Nachw.).

 

Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 S. 2 BGB. Es ist zu prüfen, ob alle tatsächlichen Umstände beachtet und die Grenzen der Ermessensausübung eingehalten wurden sowie von dem Ermessen ein zweckentsprechender Gebrauch gemacht wurde (vgl. MünchKommBGB/Würdinger, 7. Aufl. 2016, § 315, Rn. 51; Elz in Hümmerich/Boecken/Düwell, NomosKommArbeitsrecht, 2. Aufl. 2010, § 315, Rn. 12). Welche tatsächlichen Umstände in die Ermessensabwägung einzubeziehen sind, richtet sich nach dem jeweiligen Regelungsgegenstand (vgl. BAG, Urteil vom 23.01.2007 – 9 AZR 624/06 – NZA-RR 2007, 397, Rn. 30).

 

b) Nach Ziffer 6 Abs. 2 S. 1 der für das Kalenderjahr 2011 anzuwendenden DV AT-Vergütung 2011 ergibt sich die variable Vergütung aus dem vom Vorstand bewilligten Budget und der Vergabeentscheidung auf der Grundlage der jeweiligen individuellen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung.

Für die Festlegung des Bonusbudgets steht der Beklagten nach Ziffer 6.1. DV AT-Vergütung 2011 ein Ermessen zu („bestimmt“). Dabei ist das Budget nach der Regelung in Ziffer 6.1. DV AT-Vergütung 2011 nach dem betriebswirtschaftlichen Erfolg auszurichten, der sich „z.B.“ an dem EVA oder Delta-EVA misst. Darüber hinaus muss die Beklagte bei der Festlegung des Budgets dem Umstand Rechnung tragen, dass der arbeitsvertraglich zugesagte Bank- und Leistungsbonus in der DV AT-Vergütung 2011 zu einer variablen Vergütung verschmolzen sind. Das Budget ist daher in Abhängigkeit von der Ertragslage in einer Größenordnung festzulegen, die diesen Leistungsbezug beachtet und ausreicht, die durch Abschluss von Zielvereinbarungen angestrebten und tatsächlich erbrachten Leistungen angemessen zu honorieren (siehe BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 59 und 62 für die gleichlautende DV AT-Vergütung 2010). Erreicht der Arbeitnehmer die Ziele, kommt deshalb nur in Ausnahmefällen eine Festsetzung des Bonus auf „Null“ in Betracht, wie dies für die Jahre 2008 und 2009 der Fall war (so BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 62). Schließlich ist der Vorstand bei seiner Entscheidung über das Budget aufgrund der damaligen Satzung an die Vergütungsgrundsätze gebunden, die ihm der Verwaltungsrat vorgibt. Diese Grundsätze unterliegen ihrerseits Recht und Gesetz und dürfen nicht zu einer Aushöhlung des Anspruchs auf variable Vergütung führen.

Der weitere, nach Ziffer 6 Abs. 2 S. 1 DV AT-Vergütung 2011 wesentliche Faktor der Ermessensausübung ist die Vergabeentscheidung auf der Grundlage der jeweiligen individuellen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung. Sie ergibt sich aus dem Richtwert der Position des Arbeitnehmers in Abhängigkeit des prozentualen Werts der Zielerreichung im jeweiligen Kalenderjahr, Ziffer 6.2.2 DV AT-Vergütung 2010. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat insoweit darzulegen, von welchem Richtwert und welchem Prozentsatz in der Bandbreite des von der Klagepartei erreichten Ergebnisses sie ausgegangen ist (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 59). Als wesentliche ermessensleitende Erwägung für die individuelle Vergabeentscheidung bestimmt Ziffer 6.2.3. DV AT-Vergütung 2011 die Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung insgesamt unter Berücksichtigung der Marktüblichkeit.

Sofern das zur Verfügung stehende Budget nicht ausreicht, die individuell festgelegten Beträge auszuzahlen, bestimmt Ziffer 6.2.2. a.E. DV AT-Vergütung 2011, dass die individuelle Zahlung in einem Vergleich der Beschäftigten untereinander entsprechend dem Leistungsgedanken anzupassen ist.

 

c) Nach diesen Maßgaben für die Ermessensausübung entspricht die Entscheidung der Beklagten, für das Kalenderjahr 2011 kein Budget für die variable Vergütung festzusetzen, nicht billigem Ermessen.

 

aa) Nach Ziffer 6.1. DV AT-Vergütung 2011 hat der Vorstand das Budget nach dem betrieblichen Erfolg, z.B. gemessen an EVA oder Delta-EVA, zu bestimmen. Auch für das Kalenderjahr 2011 galten die Vorgaben des Verwaltungsrats. Das deshalb maßgebliche Drei-Jahres-Durchschnitts-EVA war zwar mit € - 280,1 Mio. negativ, jedoch ließ das Drei-Jahres-Durchschnitts-Delta-EVA mit € 1.510,5 Mio. eine positive wirtschaftliche Entwicklung erwarten. Dementsprechend räumt auch die Beklagte ein, dass grundsätzlich die Möglichkeit bestanden hätte, für 2011 ein Budget für die variable Vergütung zur Verfügung zu stellen.

 

bb) Die Gründe, die die Beklagte dafür anführt, trotz der erbrachten Leistung der Klagepartei nach Zielvereinbarung kein Budget zu bestimmen, greifen nicht durch.

Die Beklagte konnte nicht positive Sondereffekte des Jahres 2011 mit angeblichen Ergebnisbelastungen aus dem ersten Quartal 2012 relativieren. Positive und negative Sondereffekte fließen in den EVA des jeweiligen Kalenderjahrs ein, so dass sie doppelt berücksichtigt würden, sollten sie zusätzlich gesondert bei der Ermessensausübung hinsichtlich der Budgetfestsetzung beachtet werden. Zum anderen basiert die EVA-Analyse auf dem betreffenden Kalenderjahr (2011) und den beiden vorangegangenen Kalenderjahren. Hierzu steht die Berücksichtigung von negativen Ergebnisbelastungen des nachfolgenden Kalenderjahres 2012 im Widerspruch. Darüber hinaus hat die Beklagte die behaupteten Ergebnisbelastungen aus dem ersten Quartal 2012 der Höhe nach nicht mitgeteilt, so dass ein etwaiger Ausgleich nicht nachvollzogen werden kann. Auch die Buchwertabschreibung auf die Beteiligung der Beklagten an der ungarischen Tochter G. sind bei dem EVA für das Kalenderjahr 2011 eingeflossen und sind nicht erneut bei der Ermessensausübung einzubeziehen. Der Berücksichtigung der geleisteten Bankenabgabe steht entgegen, dass der EVA von dieser bereinigt wurde. Es ist widersprüchlich und nicht nachvollziehbar dargelegt, warum sie nachträglich im Rahmen der Ermessensausübung zu beachten wäre. Der HBG-Verlust von € 328 Mio. schließt im Anschluss an die Entscheidung des BAG die Bonusbudgetfestsetzung nicht aus (Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 62). Maßgeblich ist vielmehr, ob in 2011 eine Ausnahmesituation wie in 2008 und 2009 bestand.

 

Eine solche Ausnahmesituation ist für 2011 nicht anzunehmen. Die Beklagte hat trotz der angeführten Belastungen ab Mai 2011 eine Stabilisierungszulage von jährlich € 20 Mio. an tarifliche und außertarifliche Mitarbeiter gezahlt (zweifelnd bereits LAG München, Urteil vom 24.02.2015 – 6 Sa 381/14 – nicht veröffentlicht). Damit hat sie weit mehr geleistet, als im Jahr 2011 35 % der Summe der funktionsbezogenen Richtwerte nach Ziffer 6.2.1 DV AT-Vergütung 2011 ausgemacht hätten. Dieser Anteil hätte sich bei insgesamt € 46,5 Mio auf € 16,3 Mio. belaufen. Demnach hätte die Beklagte auch bei Berücksichtigung ihrer wirtschaftlichen Daten durchaus Geldmittel für die Festsetzung der variablen Vergütung für AT-Mitarbeiter zur Verfügung gehabt. Soweit die Beklagte geltend macht, die Stabilisierungszulage sei im Rahmen der Ermessensausübung zu berücksichtigen, weil ihr wirtschaftlicher Wert den AT-Beschäftigten zugeflossen sei, ist ihr nicht zustimmen. Bei der Stabilisierungszulage handelte es sich um eine pauschale monatliche Zahlung, die nicht auf die Leistung des einzelnen Arbeitnehmers abhob. Sie verfolgte damit einen anderen Zweck als die variable Vergütung, die die individuelle Leistung des Beschäftigten und seinen Beitrag zum Ergebnis für ein Geschäftsjahr honoriert, Ziffer 6 Abs. 1 DV AT-Vergütung 2011. Im Übrigen würde es dem Transparenzgebot betrieblicher Vergütungssysteme widersprechen, das in den seit 2008 im Rahmen der Bankenkrise eingeführten Regelungen verschiedener Gesetze und Verordnungen zum Ausdruck kommt und auf das insbesondere die Beklagte in diesem Rechtsstreit hingewiesen hat, wenn Gehaltsbestandteile mit unterschiedlichen Bezeichnungen und unterschiedlichen Zwecken miteinander im Rahmen der Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verwoben würden.

 

Über die € 20 Mio. umfassende Stabilisierungszulage hinaus hat die Beklagte zudem 2011 ein Prämienbudget zur Honorierung besonderer Leistungen im Rahmen von Projekten und Sonderaufgaben in Höhe von € 5 Mio. zur Verfügung gestellt und auch damit widerlegt, dass keine finanziellen Mittel für variable Vergütung für das Kalenderjahr 2011 zur Verfügung standen. Ebenso ist 2011 ein Budget von max. € 5 Mio. für Gehaltsanpassungen eingerichtet worden. Dies kann nicht budgetmindernd berücksichtigt werden, denn die Beklagte hat nicht behauptet, aufgrund von Tariferhöhungen zur Gehaltsanpassung der AT-Mitarbeiter, zumal im erfolgten Umfang, verpflichtet gewesen zu sein.

 

Es standen der Beklagten mithin im Kalenderjahr 2011 € 30 Mio. zur Verfügung, die sie ohne nachvollziehbare Begründung und ohne rechtliche Verpflichtung für Leistungen an die Beschäftigten verwandte, anstelle ihren Verpflichtungen aus § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrags i.V.m. Ziffer 6 DV AT-Vergütung 2011 nachzukommen.

 

d) Die variable Vergütung für das Kalenderjahr 2011 ist durch das Gericht auf € 10.064,25 brutto festzusetzen, § 315 Abs. 3 S. 2 BGB.

 

aa) Dabei steht der gerichtlichen Leistungsbestimmung nicht entgegen, dass die Klagepartei die variable Vergütung nicht nach der anzuwendenden DV AT-Vergütung 2011, sondern nach der bis zum 31.12.2009 geltenden Formel berechnet hat. Die Leistungsbestimmung durch Urteil ist auch ohne besonderen Antrag vorzunehmen (vgl. Würdinger in MünchKommBGB, 7. Aufl. 2016, § 315, Rn. 51 m.w.Nach.).

 

bb) Für die Festsetzung dieses Wertes waren zunächst 35 % des für die Klagepartei geltenden Richtwerts von € 21.300,00, wie er durch Schreiben vom 11.01.2010 mitgeteilt worden ist, zu berechnen, nämlich € 7.455,00. Sodann war innerhalb der Orientierungsbandbreite der Zielerreichung „übertroffen“ von 120 % bis 150 % der mittlere Wert von 135 % als angemessen zu berücksichtigen. Die Beklagte hat zwar geltend gemacht, dass aufgrund der Einzelbewertungen des Klägers im Jahr 2011 nicht der Höchstwert heranzuziehen sei, nicht aber Gründe vorgetragen, die einen niedrigeren als durchschnittlichen Prozentsatz rechtfertigen würden. Eine weitere Anhebung um 10 %, wie sie die Vorgaben des Verwaltungsrats ermöglicht hätten, war nicht geboten, weil das Kalenderjahr 2011 anders als das Kalenderjahr 2010 mit einem HBG-Verlust von € 328 Mio. abschloss und die Inhaber von stillen Einlagen und Genussrechten am Verlust beteiligt worden waren. Andererseits war die variable Vergütung nicht unter 35 % des Richtwertes festzusetzen. Die Betriebsparteien hatten bereits durch die Neuordnung des Vergütungssystems mit Wirkung zum 01.01.2010 die variable Vergütung im Vergleich zu früher erheblich abgesenkt, so dass die ungefähre Drittelung des Richtwerts im Hinblick auf den Zweck der variablen Vergütung, die im Kalenderjahr erbrachte Leistung zu honorieren, geboten ist.

 

cc) Soweit die Klagepartei den höheren Richtwert € 28.500,00 für ihre Berechnung herangezogen hat, hat sie dessen Geltung bereits mit Wirkung ab 01.01.2011 trotz Bestreitens der Beklagten nicht belegt. Die vorgelegte Anlage K 3a enthält die Richtwerte mit Stand 01.01.2012 und können für das Jahr 2011 nicht zugrunde gelegt werden.

 

dd) Das Gericht ist an die Maßgaben des Verwaltungsrats für die Festsetzung variabler Vergütung für das Kalenderjahr 2011 gebunden.

Bei der eigenen, der Billigkeit entsprechenden Sachentscheidung hat das Gericht wie die bestimmungsberechtigte Beklagte die Festlegungen und den Zweck der DV AT-Vergütung 2011 zu beachten. Darüber hinaus sind den Umständen der Ermessensentscheidung der Beklagten auch insoweit Rechnung zu tragen, als sie nicht unbillig sind. Die zum Ausdruck gebrachten Vorstellungen der Beklagten sind im Rahmen des rechtlich Zulässigen zu beachten (vgl. BAG, Urteil vom 30.09.2014 – 3 AZR 402/12 – NZA 2015, 227, Rn. 28 m.w.Nachw. zur gerichtlichen Leistungsbestimmung bei einer Betriebsrentenanpassung, BB 2015, 445 m. BB-Komm. Kruip).

 

Danach war die durch den Verwaltungsrat unstreitig vorgegebene Begrenzung des Bonusbudgets auf 35 bzw. 38,5 % der Summe der funktionalen Richtwerte bei bestimmten EVA-Zahlen im Rahmen der gerichtlichen Leistungsbestimmung zu beachten. Der Vorstand, an dessen Stelle das Gericht bei fehlerhafter Ermessensausübung die variable Vergütung bestimmt, ist aufgrund der Satzung an die Vorgaben des Verwaltungsrats gebunden und bedarf für die Festsetzung des Budgets seiner Zustimmung. Die Begrenzung des Bonusbudgets auf 35 bzw. 38,5 % der Summe der funktionalen Richtwerte gilt nur bei Vorliegen bestimmter EVA und Delta-EVA, weshalb das Budget nicht in jedem Fall zu beschränken ist und dem Vorstand ein ungebundenes Ermessen bei anderen EVA-Zahlen verbleibt. Zudem sind EVA und Delta-EVA als betriebswirtschaftliche Kennzahlen durch Ziffer 6.1. DV AT-Vergütung 2011 seitens der Betriebsparteien vorgegeben worden. Die Vorgabe des Verwaltungsrats ist im Übrigen auf die Umstrukturierungsphase bis 31.12.2015 zeitlich begrenzt. Bei 35 bzw. 38,5 % des Richtwerts verbleibt einem Arbeitnehmer, der die aufgaben- und verhaltensbezogenen Ziele erreicht und deshalb als Durchschnittsarbeitnehmer im Vergleich zu den Arbeitnehmer anzusehen ist, die entweder die Ziele nur mit Einschränkungen erfüllen oder übertreffen, noch immer ein angemessener Teil seiner variablen Vergütung, die ihm bei Beurteilung allein des (negativen) Drei-Jahres-Durchschnitts-EVA versagt geblieben wäre. Darüber hinaus sind die Erwägungen, die dieser Begrenzung zugrunde lagen, dargelegt worden und nachvollziehbar: sie beruhen darauf, dass die Beklagte zwar mit der Kapitalzuführung und der zusätzlichen Portfolioabschirmung seit 2008 vorläufig stabilisiert sei, jedoch ihre langfristige Lebensfähigkeit wegen des noch offenen Beihilfeverfahrens und der zu erwartenden Auflagen einschließlich der Rückzahlungsverpflichtungen in Bezug auf die erhaltenen Beihilfen sowie die erforderliche Umstrukturierung nicht gesichert sei. Vor diesem Hintergrund sollten ergebnisbelastende Effekte, wie es die Zahlung variabler Vergütung sei, begrenzt werden. Diese Argumente sind nach den Intentionen der seit 2008 im Zuge der Finanzmarktkrise geschaffenen gesetzlichen Regelungen (§ 5 Abs. 2 Nr. 3 FMStV, § 25 a KWG, § 4 InstitutsVergV 2010, Anhang I, Abschnitt 11, Nummer 23q der CRD III Richtlinie (2010/76/EU vom 14.11.2010) nicht zu beanstanden. Dem Ziel, durch angemessene Vergütungssysteme die angemessene Eigenmittelausstattung eines Kreditinstituts aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, wäre zudem auch ohne Regelung des Gesetz- oder Verordnungsgebers zu entsprechen. Schließlich hat die Klagepartei diese Begrenzung des Budgets nicht in Frage gestellt.

 

Darüber hinaus bestehen gegen die Berücksichtigung des EVA und Delta-EVA für die Ermittlung des wirtschaftlichen Erfolgs grundsätzlich keine Einwände. Die Betriebsparteien können die betriebswirtschaftliche Methode zur Ermittlung des betriebswirtschaftlichen Erfolgs, nach dem sich die variable Vergütung bemessen soll, bestimmen (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2013 – 10 AZR 364/13 – BeckRS. 2014, 67282). Dabei ist es zulässig, wenn die Betriebsparteien nicht alle Faktoren selbst abschließend für die Bestimmung des Bonusvolumens festlegen, so dass die Beklagten bei Anwendung der Ziffer 6.1. DV AT-Vergütung 2011 frei war, den betriebswirtschaftlichen Erfolg in Abhängigkeit des (Durchschnitts-) EVA bzw. (Durchschnitts-) Delta-EVA zu bestimmen (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2013, a.a.O., Rn. 27).

 

In diesem Zusammenhang begegnet es keinen Bedenken, dass die Beklagte nicht zunächst die variable Vergütung der Arbeitnehmer nach dem jeweilige Richtwert bestimmt (1. Schritt), danach die Summe der variablen Vergütung feststellt und am Budget misst (2. Schritt), um sodann sowohl die Summe der Richtwerte als auch die variable Vergütung jedes einzelnen Arbeitsnehmers um den gleichen Prozentsatz zu kürzen (3. Schritt), sondern gleich die variable Vergütung des einzelnen Arbeitnehmers auf 35 bis 38,5 % seines individuellen Richtwerts begrenzt. Dieses Vorgehen führt bei vertretbarer, gleichmäßiger Kürzung aller einzelnen Richtwerte um 35 bis 38,5 % zu im Wesentlichen gleichem rechnerischem Ergebnis.

 

ee) Diese individuelle variable Vergütung ist nicht wegen der an die Klagepartei ab Mai 2011 gezahlten Stabilisierungszulage um 8/12 eines ¾ Monatsgehalt zu reduzieren. Wie bereits ausgeführt wurden die Stabilisierungszulage und die variable Vergütung zu unterschiedlichen Zwecken gewährt. Eine Anrechnung würde auch dem Transparenzgebot widersprechen.

 

Schließlich ist die variable Vergütung nicht im Hinblick auf die Gehaltserhöhungen seit 2009 niedriger festzusetzen. Die Beklagte hat nicht konkret vorgetragen, ab welcher Summe der der Klagepartei gewährten Gehaltsbestandteile nicht mehr von einer Ausgeglichenheit von Leistung und Gegenleistung unter Berücksichtigung der Marktüblichkeit auszugehen ist, die es rechtfertigen würde, trotz erbrachter Leistungen die variable Vergütung geringer als 35 % festzusetzen.

 

4. Der Zinsanspruch begründet sich aus §§ 286 Abs. 2, 288 Abs. 1 BGB. Die an die Klagepartei zu zahlende variable Vergütung ist nach der Stichtagsregelung in Ziffer 6.2.2 Abs. 2 DV AT-Vergütung 2011 Ende Juni des Folgejahres fällig (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.2014, a.a.O., Rn. 60). Eine solche vertragliche Regelung geht der allgemeinen Fälligkeitsregelung zu § 315 BGB vor (siehe Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl. 2015, § 315, Rn. 17 a.E.).

 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 S. 2, 2. Alt., 269 Abs. 3 S. 2 ZPO.

Dabei war für das Berufungsverfahren von einem Streitwert von € 48.500,00 auszugehen, da sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers bestimmt, § 47 Abs. 1 GKG. Dementsprechend sind die Klagepartei mit 4/5 und die Beklagte mit 1/5 unterlegen. Aufgrund des Streitwerts vor Klagerücknahme in Höhe von € 123.123,00 ergab sich erstinstanzlich ein Verhältnis von ca. 1/10 zu 9/10.

 

IV.

Die Revision war für beide Parteien gem. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zuzulassen.

 

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