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Arbeitsrecht
24.11.2011
Arbeitsrecht
BFH: Rechnungsabgrenzung bei Darlehen mit fallenden Zinssätzen

BFH, Urteil vom 27.7.2011 - I R 77/10

Volltext des Urteils: // BB-ONLINE BBL2011-2993-1

unter www.betriebs-berater.de

LEITSÄTZE

1. Ob der Darlehensnehmer bei Vereinbarung jährlich fallender Zinssätze

zu Beginn der Vertragslaufzeit einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten

bilden muss, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Darlehensnehmer

im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung die anteilige

Erstattung der bereits gezahlten Zinsen verlangen könnte.

2. Sollte ein solcher Erstattungsanspruch nicht bestehen, ist gleichwohl

ein Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren, wenn das Darlehensverhältnis

nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann

und wenn konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Vertragsparteien

der Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses

durch eine solche Kündigung mehr als rein theoretische Bedeutung

beigemessen haben. Der Möglichkeit einer einvernehmlichen

Vertragsaufhebung oder Vertragsänderung kommt in diesem Zusammenhang

keine Bedeutung zu.
 

BFH: Rechnungsabgrenzung bei Darlehen mit fallenden Zinssätzen

BFH, Urteil vom 27.7.2011 - I R 77/10

Leitsätze

1. Ob der Darlehensnehmer bei Vereinbarung jährlich fallender Zinssätze zu Beginn der Vertragslaufzeit einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten bilden muss, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Darlehensnehmer im Falle einer vorzeitigen Vertragsbeendigung die anteilige Erstattung der bereits gezahlten Zinsen verlangen könnte.

2. Sollte ein solcher Erstattungsanspruch nicht bestehen, ist gleichwohl ein Rechnungsabgrenzungsposten zu aktivieren, wenn das Darlehensverhältnis nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und wenn konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Vertragsparteien der Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses durch eine solche Kündigung mehr als rein theoretische Bedeutung beigemessen haben. Der Möglichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung oder Vertragsänderung kommt in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu.

Sachverhalt

Streitpunkt ist, ob der Darlehensnehmer bei Vereinbarung fallender Zinssätze zu Beginn der Vertragslaufzeit einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) bilden muss.

Die Klägerin, ein Kreditinstitut, nahm bei einer Bank (X-Bank) sog. Step-down-Gelder auf, die mit fallenden Zinssätzen verzinst wurden. Im Streitjahr (1999) handelte es sich um ein Darlehen in Höhe von 50 Mio. DM mit einer Laufzeit vom 10.11.1999 bis 10.11.2009. Die Rückzahlung des Darlehens sollte nach den vertraglichen Vereinbarungen am Ende der Laufzeit in einer Summe erfolgen; eine ordentliche Kündigung des Darlehens vor Fälligkeit wurde ausgeschlossen, die Auflösung des Darlehensvertrags sollte nur im gegenseitigen Einvernehmen möglich sein. Folgende Zinssätze wurden vereinbart:

vom 10.11.1999 bis 10.11.2000

 7,5 %,

vom 10.11.2000 bis 12.11.2001 

 7,5 %,

vom 12.11.2001 bis 11.11.2002

 6,5 %,

vom 11.11.2002 bis 10.11.2003 

 6,0 %,

vom 10.11.2003 bis 10.11.2004 

 5,5 %,

vom 10.11.2004 bis 10.11.2005

 5,0 %,

vom 10.11.2005 bis 10.11.2006 

 4,5 %,

vom 10.11.2006 bis 12.11.2007 

 3,7 %,

vom 12.11.2007 bis 10.11.2008

 3,3 % und

vom 10.11.2008 bis 10.11.2009

 3,0 %.

Die Klägerin setzte die im Streitjahr geleisteten Zinszahlungen als laufende Betriebsausgaben an. Das FA war der Auffassung, die Klägerin müsse in ihrer Bilanz zum 31.12.1999 einen RAP im Betrag von 156 186,34 DM aktivieren, weil es sich bei der Überlassung der Darlehensvaluta um eine über die Laufzeit des Darlehens gleichbleibende Leistung handele und deshalb die von der Klägerin zu zahlenden Zinsen gleichmäßig auf die Laufzeit zu verteilen seien. Auf dieser Grundlage hat das FA die Körperschaftsteuer für das Streitjahr festgesetzt. Die deswegen erhobene Klage hatte Erfolg. Das FG hat den Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr dahin abgeändert, dass kein aktiver RAP zu berücksichtigen ist. Sein Urteil vom 21.12.2009 6 K 1918/07 ist in EFG 2011, 61 abgedruckt.

Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des FA.

Das FA beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Aus den Gründen

Begründetheit der Revision

7 II. Die Revision ist begründet und führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO zur Aufhebung des FG-Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FA hat in dem angefochtenen Bescheid zu Recht für die im Streitjahr gezahlten Darlehenszinsen einen aktiven RAP angesetzt.

Ansatz von RAP

8 1. Gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG sind in den Bilanzen der Klägerin für Ausgaben vor dem Abschlussstichtag auf der Aktivseite RAP anzusetzen, soweit sie Ausgaben für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag darstellen.

Darlehenszinsen sind Ausgaben i. S. v. § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG...

9 2. Zwischen den Beteiligten unstreitig und nicht weiter erläuterungsbedürftig ist, dass die von der Klägerin im Streitjahr gezahlten Darlehenszinsen "Ausgaben" i. S. von § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG sind.

... und Aufwand der Klägerin "für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag"

10 3. Auf der Grundlage der den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gelten die im Streitjahr gezahlten Zinsen bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise die Überlassung der Darlehensvaluta in den Folgejahren ab und sind deshalb insoweit Aufwand der Klägerin "für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag".

Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag

11 a) Aufwand für eine bestimmte Zeit nach dem Abschlussstichtag liegt vor, wenn einer Vorleistung eine noch nicht erbrachte zeitraumbezogene Gegenleistung gegenübersteht (vgl. Senatsurteile vom 4.5.1977 I R 27/74, BFHE 123, 20, BStBl II 1977, 802; vom 19.5.2010 I R 65/09, BFHE 230, 25, BStBl II 2010, 967, BB 2010, 2103; Urteile des BFH vom 6.4.1993 VIII R 86/91, BFHE 171, 221, BStBl II 1993, 709; vom 19.6.1997 IV R 16/95, BFHE 183, 484, BStBl II 1997, 808, BB 1997, 2156, jeweils m. w. N.). § 5 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG betrifft zwar typischerweise Vorleistungen im Rahmen eines gegenseitigen Vertrags i. S. der §§ 320 ff. BGB; die Vorschrift ist aber nicht auf synallagmatische schuldrechtliche Leistungen beschränkt (vgl. Senatsurteile in BFHE 230, 25, BStBl II 2010, 967; vom 24.7.1996 I R 94/95, BFHE 181, 64, BStBl II 1997, 122, BB 1996, 2190; vom 29.11.2006 I R 46/05, BFHE 216, 159, BStBl II 2009, 955, BB 2007, 822; Senatsbeschluss vom 7.4.2010 I R 77/08, BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739, BB 2010, 1400; Senatsurteil vom 22.6.2011 I R 7/10, BB 2011, 2351, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; Buciek in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 5 EStG Rz 678; Federmann in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, § 5 EStG Rz 1927; zur passiven Rechnungsabgrenzung: BFH-Urteil vom 24.6.2009 IV R 26/06, BFHE 225, 144, BStBl II 2009, 781, BB 2009, 1803). Vielmehr reicht es für eine Rechnungsabgrenzung aus, wenn mit der Vorleistung ein zeitraumbezogenes Verhalten erwartet wird, das wirtschaftlich als Gegenleistung für die Vorleistung aufgefasst werden kann (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739; Senatsurteile in BFHE 230, 25, BStBl II 2010, 967; vom 22.6.2011 I R 7/10, BB 2011, 2351).

Zinsen sind z. T. als Vorleistung für die Überlassung der Darlehensvaluta in der restlichen Darlehenslaufzeit anzusehen

12 b) In Bezug auf die von der Klägerin im Streitjahr entrichteten Darlehenszinsen mit dem Zinssatz von 7,5 % ist somit die Frage zu beantworten, ob die Zinsen zu einem Teil - nämlich soweit sie den auf die gesamte Vertragslaufzeit entfallenden rechnerischen Durchschnittszinssatz übersteigen - als Vorleistung für die Überlassung der Darlehensvaluta in der restlichen Darlehenslaufzeit anzusehen sind. Die Frage ist entgegen der Auffassung des FG zu bejahen.

Im Ansatz zu Recht Orientierung an BFHE 136, 280

13 c) Im Ansatz zu Recht hat sich die Vorinstanz an dem BFH-Urteil vom 12.8.1982 IV R 184/79 (BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696) orientiert, welches sich mit der bilanzsteuerrechtlichen Beurteilung eines Immobilien-Leasingvertrags mit degressiven Leasingraten befasst hat. Danach ist zunächst maßgeblich, ob der Empfänger die Leistung im Falle einer Beendigung des Vertragsverhältnisses vor Ablauf der Vertragslaufzeit behalten dürfte oder ob er sie zurückerstatten müsste. Der Vorleistungscharakter ist zu bejahen, wenn der Empfänger die Leistung bei vorzeitiger Vertragsbeendigung zeitanteilig zurückzuzahlen hat (vgl. auch Senatsbeschluss in BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739; Senatsurteil in BFHE 230, 25, BStBl II 2010, 967; Buciek in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz 678). Darf der Empfänger die Leistung hingegen im Falle der vorzeitigen Vertragsbeendigung behalten, ist das jedenfalls ein gewichtiges Indiz gegen die Zeitraumbezogenheit der Gegenleistung (vgl. Senatsurteil vom 22.6.2011 I R 7/10; BFH-Urteil in BFHE 171, 221, BStBl II 1993, 709; Buciek in Blümich, a.a.O., § 5 EStG Rz 678a).

Kriterium der Rückforderbarkeit der Leistung orientiert sich an den Grundsätzen der Ertragsrealisation

14 Soweit das FA das Abgrenzungskriterium der Rückforderbarkeit bei vorzeitiger Vertragsbeendigung in Zweifel zieht und durch die Prüfung ersetzen möchte, ob das zeitliche Auseinanderfallen von Aufwand und Ertrag „willkürlich" oder aber „wirtschaftlich gerechtfertigt" ist, kommt es zu diesem Ergebnis nur, weil es offenbar - ebenso wie das FG - nicht bedenkt, dass die fehlende Rückforderbarkeit nicht ausnahmslos zur Verneinung der Rechnungsabgrenzung führt (dazu unten, II.3.e und f). Das Kriterium der Rückforderbarkeit der Leistung orientiert sich an den Grundsätzen der Ertragsrealisation (vgl. Herzig/Joisten, DB 2011, 1014, 1016) und ist ein grundsätzlich sachgerechter Indikator für die Prüfung eines Bezugs einer Zahlung zu einer Gegenleistung, die erst in künftigen Zeiträumen zu erbringen ist.

Anspruch des Darlehensgebers auf Vorfälligkeitsentschädigung orientiert sich ausschließlich am Maßstab der künftigen, wegen der Vertragsbeendigung nun nicht mehr anfallenden Zinszahlungen

15 d) Den Revisionsangriffen stand hält des Weiteren die Annahme des FG, die Klägerin habe im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Darlehensverhältnisses keinen vertraglichen Anspruch auf anteilige Rückerstattung der bis zum Beendigungszeitpunkt bereits gezahlten Zinsen gehabt. Entgegen der Sichtweise des FA kann ein solcher Rückforderungsanspruch nicht in Zusammenhang mit dem sich im Falle der vorzeitigen Vertragsbeendigung ergebenden Anspruch der X-Bank auf Vorfälligkeitsentschädigung gesehen werden. Der Anspruch des Darlehensgebers auf Vorfälligkeitsentschädigung orientiert sich - wie das FG zu Recht angenommen hat - mangels abweichender vertraglicher Regelung ausschließlich am Maßstab der künftigen, wegen der Vertragsbeendigung nun nicht mehr anfallenden Zinszahlungen. Der Darlehensgeber wird dadurch wirtschaftlich so gestellt, als wäre der Vertrag vereinbarungsgemäß fortgeführt worden. Welche Höhe die bis zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bereits entrichteten Zinsen gehabt haben, ist für die Bemessung des Anspruchs irrelevant; der Anspruch kann deshalb nicht zu einer teilweisen Rückzahlung dieser Zinsen führen. Der Umstand, dass der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung wegen des vereinbarten kontinuierlich fallenden Vertragszinssatzes niedriger ausfällt, als er bei Vereinbarung gleichbleibender Zinssätze ausgefallen wäre, kann in Zusammenhang mit der Prüfung des Vorleistungscharakters der Anfangszinssätze nicht mit einem Rückzahlungsanspruch gleichgesetzt werden.

Ausnahme: Das Vertragsverhältnis ist auf mehrere Jahre zu festen Bedingungen abgeschlossen ist, während dieser Zeit kann nur aus wichtigem Grund gekündigt werden, und es fehlen konkrete Anhaltspunkte für die Inanspruchnahme der Möglichkeit zur vorzeitigen Vertragsbeendigung

16 e) Die Vorinstanz hat jedoch nicht beachtet, dass nach dem von ihr in Bezug genommenen BFH-Urteil in BFHE 136, 280, BStBl II 1982, 696 (ebenso Senatsbeschluss in BFHE 228, 533, BStBl II 2010, 739; Senatsurteil vom 22.6.2011 I R 7/10, BB 2011, 2351) die fehlende Rückforderbarkeit der Leistung im Falle einer (gedachten) Beendigung des Vertragsverhältnisses vor Ablauf der Vertragslaufzeit dann kein Kriterium für die Verneinung eines Bezugs zu einer erst in künftigen Zeiträumen zu erbringenden Gegenleistung sein kann, wenn das Vertragsverhältnis auf mehrere Jahre zu festen Bedingungen abgeschlossen ist und während dieser Zeit nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann und wenn konkrete Anhaltspunkte dafür fehlen, dass die Vertragsparteien der Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses durch Kündigung aus wichtigem Grund und dem Fehlen eines Anspruchs auf teilweise Rückforderung bisher gezahlter Zinsen in diesem Falle eine mehr als rein theoretische Bedeutung beigemessen haben. Denn unter diesen Umständen kann der Vereinbarung über das für das einzelne Jahr zu entrichtende Entgelt keine „Richtigkeitsgewähr" in dem Sinne zuerkannt werden, dass das jeweilige Jahresentgelt Ausdruck einer sachgerechten, im Ausgleich widerstreitender Interessen gefundenen Bewertung des Jahreswerts der empfangenen Gegenleistung ist.

Vom Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls muss im Streitfall ausgegangen werden

17 f) Vom Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls muss hier auf der Basis der tatsächlichen Feststellungen des FG ausgegangen werden: Der Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und der X-Bank wurde danach für zehn Jahre fest vereinbart und ist auf eine in jedem Jahr seiner Laufzeit gleichbleibende Leistung der Darlehensgeberin gerichtet. Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung wurde für beide Vertragsseiten ausgeschlossen. Eine Möglichkeit der Kündigung aus wichtigem Grund wurde vertraglich nicht festgelegt. Zwar mag eine Möglichkeit zur Kündigung des Darlehensvertrags aus wichtigem Grund gemäß § 242 BGB auch ohne ausdrückliche vertragliche Vereinbarung bestanden haben (vgl. z.B. Urteil des BGH vom 19.9.1985 III ZR 213/83, BGHZ 95, 362). Ein Anhaltspunkt dafür, dass diese Möglichkeit bei Vertragsschluss in den Augen der Vertragsparteien eine mehr als theoretische Rolle gespielt haben könnte, ist den tatrichterlichen Feststellungen jedoch nicht zu entnehmen.

Ausführungen zur einvernehmlichen Auflösung eines anderen Darlehensvertrags beziehen sich ausschließlich auf die Berechnungsweise der Vorfälligkeitsentschädigung

18 Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang auf den Hinweis des FG zur im Oktober 2005 erfolgten einvernehmlichen Auflösung eines anderen Darlehensvertrags zwischen den Vertragsparteien verweist, welcher ursprünglich von März 2001 bis März 2008 hätte laufen sollen, beziehen sich diese Ausführungen ausschließlich auf die Berechnungsweise der Vorfälligkeitsentschädigung. Sie lassen keinen Rückschluss darauf zu, dass die Möglichkeit einer vorzeitigen Beendigung des streitgegenständlichen Darlehensvertrags in den Vorstellungen der Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine Rolle gespielt haben könnte. Im Übrigen kommt es in diesem Zusammenhang nicht auf die Möglichkeit bzw. Wahrscheinlichkeit einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung an. Denn die Grundlage für die Beurteilung der Zeitraumbezogenheit der Gegenleistung ist der Vertrag, so wie er von den Vertragsparteien für beide Seiten verbindlich geschlossen wurde. Die theoretisch immer bestehende Möglichkeit einer nachträglichen einvernehmlichen Vertragsänderung oder Vertragsaufhebung kann deshalb kein taugliches Abgrenzungskriterium sein.

Ob etwas anderes gilt, wenn die Parteien mit der Vereinbarung eines fallenden Zinssatzes versuchen, ein prognostiziertes Absinken des allgemeinen Marktzinssatzes für Kapitalüberlassungen während der Darlehenslaufzeit widerzuspiegeln, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung

19 g) Ob etwas anderes gilt, wenn die Parteien mit der Vereinbarung eines fallenden Zinssatzes versuchen, ein prognostiziertes Absinken des allgemeinen Marktzinssatzes für Kapitalüberlassungen während der Darlehenslaufzeit widerzuspiegeln, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn nach dem vom FG in Bezug genommenen Vorbringen der Klägerin im Erörterungstermin lag der wirtschaftliche Beweggrund für die Aufnahme der Stepdown-Gelder darin, die Auswirkungen des sog. Zuwachssparens auszugleichen, bei dem den Kunden der Klägerin ein während der Vertragslaufzeit kontinuierlich steigender Sparzins zusteht. Dieser wirtschaftliche Hintergrund hat mit dem Leistungsgefüge des streitbefangenen Darlehensvertrags nichts zu tun. Er belegt vielmehr, dass die Festlegung der unterschiedlichen Jahreszinsen nicht auf einer unterschiedlichen Bewertung der jeweiligen Jahresleistungen der X-Bank durch die Vertragsparteien beruhte.

Keine Abweichung von BFHE 170, 234

20 h) Der Senat weicht mit dieser Beurteilung nicht von dem Senatsurteil vom 20.1.1993 I R 115/91 (BFHE 170, 234, BStBl II 1993, 373) ab, nach dem die Klägerin beim Zuwachssparen in der Anfangszeit keinen Erfüllungsrückstand für den künftig von ihr zu zahlenden höheren Vertragszinssatz passivieren darf. Das folgt schon daraus, dass im Unterschied zum streitbefangenen Darlehen die im Urteilsfall zu beurteilenden Zuwachssparverträge vom Kunden nach Ablauf einer Mindestlaufzeit von neun Monaten jederzeit ordentlich gekündigt werden konnten. Des Weiteren war die Steigerung des Zinssatzes im Urteilsfall so berechnet, dass sich für jede mögliche Laufzeit aus den tatsächlich gutgeschriebenen Zinsen die der Laufzeit angemessene durchschnittliche Gesamtverzinsung ergab, die Gesamtverzinsung jeweils am Jahresende mithin der für die bis dahin erreichte Laufzeit marktüblichen Verzinsung entsprochen hatte. Bei den streitgegenständlichen Stepdown-Geldern ist das anders. Denn es ist gerade nicht marktüblich, dass bei kürzerer Darlehenslaufzeit ein höherer Zins entsteht als bei längerer Laufzeit.

Aufhebung des Urteils und Abweisung der Klage des FG

21 4. Das FG ist von einer anderen rechtlichen Beurteilung ausgegangen. Sein Urteil ist deshalb aufzuheben; die Klage ist abzuweisen.

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