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Arbeitsrecht
21.02.2013
Arbeitsrecht
LAG Berlin: Konkurrenzklage

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.06.2012 - 25 SaGa 863/12


Leitsatz


Die vorläufige - kommissarische Übertragung - eines ausgeschriebenen Dienstpostens an einen Mitbewerber verletzt den unterlegenen Mitbewerber regelmäßig in seinem Recht aus Art 33 Abs. 2 GG, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann.


Sachverhalt


Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über die Verpflichtung der Beklagten, die bei ihr zu besetzende Stelle einer Referatsleiterin/eines Referatsleiters für das Referat 64,,Hochwasserschutz, Wasserbau, Gewässerunterhaltung" - in der Abteilung 6,,Wasser- und Bodenschutz" bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens auch vorläufig nicht zu besetzen.


Der am ....1962 geborene Kläger ist derzeit als Referent für Hochwasserschutz, Gewässerausbau und Wasserbau im Ministerium für U., G. und V. des beklagten Landes, eingereiht in Entgeltgruppe 15 TV-L, beschäftigt.


Er bewarb sich mit Schreiben vom 23.05.2011 (Abl. Bl. 28 d. A.) auf die Stelle eines Referatsleiters für das Referat 64,,Hochwasserschutz, Wasserbau, Gewässerunterhaltung" - in der Abteilung 6,,Wasser- und Bodenschutz (Kenn- Nr.: ..., Abl. Bl. 27 d. A.), die ressortintern von dem beklagten Land für den Standort P. ausgeschrieben wurde.


Das beklagte Land schloss den Kläger zunächst wegen vermeintlichen Fehlens des im Ausschreibungstext enthaltenen Anforderungsmerkmals „Leitungs- und Führungserfahrung" von dem weiteren Verfahren aus. Nachdem der Personalrat im Mitbestimmungsverfahren (Abl. Bl. 85 d. A.) zur Stellenbesetzung darauf hinwies, dass der Kläger das Anforderungsmerkmal erfülle, so dass der Ausschluss des Klägers unzulässig sei, wandte sich die zuständige Personalreferatsleiterin in der Folgezeit an den Kläger und erbat dessen Zustimmung, eine Beurteilung nach den beamtenrechtlichen Bestimmungen des Landes Brandenburg (Verwaltungsvorschrift des Ministeriums des Innern über die dienstliche Beurteilung der Beamten im Landesdienst - BeurtVV) zu fertigen, die der Kläger erteilte. Das beklagte Land erstellte jeweils eine dienstliche Beurteilung für den Zeitraum vom 01.10.2008 - 30.09.2011 für den Kläger (Abl. Bl. 86 -88 d. A.) und die Mitbewerberin Frau H. (Abl. 166 - 171 d. A.)


Unter dem 05.01.2012 fertigte das beklagte Land einen Auswahlvermerk (Abl. Bl. 70 - 72 d. A.). und leitete erneut das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren ein. Nach dem Schlussvotum des Auswahlvermerks war die Bewerberin H. die am besten geeignete Bewerberin. Mit Beschluss des Personalrats vom 19.01.2012 stimmte dieser der beabsichtigten Stellenbesetzung nicht zu, da sich nach seiner Auffassung das in der Ausschreibung genannte Anforderungsmerkmal „gründliche Kenntnisse der Wasserwirtschaft des Landes Brandenburg" aus der die Bewerberin H. betreffenden Aktenlage nicht ergab.


Im Ergebnis eines daraufhin durchgeführten Einigungsstellenverfahren (Abl. des Prot. Bl. 78 d. A.) fertigte das beklagte Land eine Ergänzung des Auswahlvermerks (Abl. Bl. 79 d. A.) und leitete diesen dem Personalrat zu, der in seiner Sitzung vom 22.03.2012 der Stellenbesetzung mit der Bewerberin H. zustimmte (Abl. Bl. 144 d. A.).


Mit Schreiben vom 28.03.2012 (Abl. Bl. 29 d. A.) teilte das beklagte Land dem Kläger mit, dass er für die zu besetzende Position nicht ausgewählt worden sei, sondern eine Mitbewerberin.


Mit am 10.04.2012 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens begehrt, dem beklagten Land zu untersagen, die ausgewählte Bewerberin in den Dienstposten der Referatsleiterstelle für das Referat 64 „Hochwasserschutz, Wasserbau, Gewässerunterhaltung" einzuweisen oder ihr die Tätigkeit kommissarisch zu übertragen und gleichzeitig das auf Unterlassung der Beförderung der ausgewählten Bewerberin gerichtete Hauptsacheverfahren anhängig gemacht.


Der Kläger hat beantragt,


festzustellen, dass die Auswahlentscheidung über den Dienstposten einer Referatsleiterin/eines Referatsleiters für das Referat 64 „Hochwasserschutz, Wasserbau, Gewässerunterhaltung" zur Kennummer ... rechtsfehlerhaft ist;


2.


dem Antragsgegner im Wege einstweiliger Verfügung zu untersagen, die ausgewählte Bewerberin in den Dienstposten der Referatsleiterstelle für das Referat 64 „„Hochwasserschutz, Wasserbau, Gewässerunterhaltung" einzuweisen oder die Tätigkeit kommissarisch zu übertragen.


Das beklagte Land hat beantragt,


die Anträge abzuweisen


Mit an das Arbeitsgericht gerichtetem Schreiben vom 16.04.2012 (Abl. Bl. 94 d. A.) hat das beklagte Land erklärt, dass eine endgültige Besetzung der in Rede stehenden Position erst nach Abschluss des arbeitsgerichtlichen Hauptsacheverfahrens beabsichtigt sei.


Für den Zeitraum vom 01.06.2012 bis zum 31.12.2012 hat das beklagte Land die Beschäftigung der Mitbewerberin auf der Referatsleiterstelle des Referats 64 verfügt.


Das Arbeitsgericht hat den von dem Kläger unter Ziffer 1. auf Feststellung der Rechtsfehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung gerichteten Antrag als unzulässig abgewiesen, da hierüber nur in dem vom Kläger anhängig gemachten Hauptsacheverfahren entschieden werden könne.


Der Antrag, dem beklagten Land zu untersagen, die ausgewählte Bewerberin in den Dienstposten einzuweisen, sei mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig, da das beklagte Land ausweislich seiner am 16.04.2012 abgegebenen Erklärung in selbst bindender Weise darauf verzichtet habe, die streitbefangene Stelle vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens endgültig zu besetzen.


Ein Rechtsschutzinteresse bestehe nur, sofern der Kläger geltend mache, der Mitbewerberin die Tätigkeit auch kommissarisch nicht zu übertragen. Der Antrag sei aber unbegründet, da ein Verfügungsgrund nicht bestehe. Dieser setze voraus, dass bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden könne, dass die Bewerberin auch den Anforderungen der Stellenausschreibung genüge.


Tatsächlich würden sich unter Berücksichtigung des Vortrages des Klägers begründete Zweifel daran ergeben, dass die ausgewählte Bewerberin die Anforderungen des Dienstpostens erfülle, so dass durch die Tätigkeit auf der Stelle kein ausschlaggebender Qualifikationsvorsprung erworben werden könne, der zu Ungunsten des Klägers zu Buche schlagen könnte.


Gegen das ihm am 28.04.2012 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit am 09.05.2012 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.


Der Kläger macht unter Vertiefung seines erstinstanzliches Vorbringens geltend, dass die Auswahlentscheidung des beklagten Landes offensichtlich rechtsfehlerhaft sei, da die ausgewählte Bewerberin nicht über die Anforderung von gründlichen Kenntnissen der Wasserwirtschaft des Landes Brandenburg verfüge und kein abgeschlossenes ingenieurtechnisches oder wissenschaftliches Hochschulstudium oder Masterstudium der Fachrichtung Wasserbau, Siedlungswasserwirtschaft, Wasserwirtschaft oder Hydrologie noch die Laufbahnbefähigung für den höheren technischen Verwaltungsdienst, den technischen Dienst in der Umweltverwaltung oder den höheren Raumordnungsdienst aufweise. Der Auswahlentscheidung lägen rechtswidrige Beurteilungen zugrunde, da es keine sachliche Grundlage dafür gebe, die dienstlichen Beurteilungen auf der Basis der Verwaltungsvorschriften über die Beurteilung von Beamten zu erstellen. Die Zustimmung der Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Es mangele an der umfassenden Information der Personalvertretung, deren Beschluss leide an einer formellen Richtigkeit wegen Ladungsfehlern. Der Leistungsvergleich der Auswahl sei unvollständig, da die einzelnen Merkmale der Beurteilungen nicht auf das Anforderungsprofil abgewogen worden seien.


Soweit das Arbeitsgericht im Kern ausschließlich darauf abstelle, dass der Antrag nur dann begründet wäre, wenn bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt festgestellt werden könnte, die ausgewählte Bewerberin genüge mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Anforderungen der Stellenausschreibung, könne dem unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gefolgt werden. Vielmehr bestehe gerade dann ein Verfügungsgrund, wenn es möglich erscheine, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung seiner Bewerbung beanspruchen könne, da die Auswahlentscheidung rechtsfehlerhaft ist.


Das Arbeitsgericht gehe in den Entscheidungsgründen davon aus, dass begründete Zweifel daran bestünden, dass die ausgewählte Bewerberin den Anforderungen der Stellenausschreibung genüge. Insoweit bestehe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass im Hauptsacheverfahren die Entscheidung aufgehoben werde und der Antragsteller eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen könne. Bei einer erneuten Entscheidung sei es möglich, dass der Antragsteller ausgewählt werde.


Wegen dieser Sachlage und der potentiellen Verletzung des zu sichernden Bewerberverfahrensanspruchs ergebe sich nach ständiger Rechtsprechung im verwaltungsgerichtlichen Bereich auch ein Anordnungsgrund für die vorläufige Untersagung der Verwendung des ausgewählten Bewerbers auf dem Beförderungsdienstposten, da bei der eventuellen Feststeilung der Rechtswidrigkeit der Auswahl im Hauptsacheverfahren und einer Wiederholung der Auswahlentscheidung die aktuellen Tätigkeitszeiträume der Mitbewerberin auf der Referatsleiterstelle 64 nicht ausgeblendet werden könne. Der betroffene Konkurrent sei für die erforderlich gewordene erneute Auswahlentscheidung in der Regel nicht verantwortlich und in eigenen Rechten aus Artikel 33 Abs. 2 GG betroffen. Daraus folge, dass der Dienstherr bei einer erneuten Auswahl - bei den dann zu erstellenden aktuellen dienstlichen Beurteilungen - den Tätigkeitszeitraum der ausgewählten Bewerberin nicht ausblenden dürfe, sondern diesen berücksichtigen müsse. Dies würde zu einem Beförderungsvorsprung bzw. Auswahlvorsprung führen, dem nur durch den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung entgegengewirkt werden könne.


Da der Beklagte der ausgewählten Bewerberin noch keine endgültige Rechtsposition eingeräumt habe, sondern diese lediglich vorläufig mit der Wahrnehmung des Dienstpostens beauftragt habe, sei dem Kläger einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, da anderenfalls die ausgewählte Bewerberin einen Beförderungsvorsprung durch die vorläufige Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens erlangen könnte.


Der Kläger beantragt,


das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam - 1 Ga 8/12 - abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, die vorläufige Dienstpostenbesetzung des Dienstpostens der Referatsleiterstelle für das Referat 64 „Hochwasserschutz, Wasserbau, Gewässer und Erhaltung" mit der ausgewählten Bewerberin Frau A. H. rückgängig zu machen.


Das beklagte Land beantragt


die Berufung des Antragsgegners gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 24.04.2012 - 1 Ga 8/12 - zurückzuweisen.


Es hat vorgetragen ein zu sichernder Bewerberverfahrensanspruch bestehe nicht. Das beklagte Land habe vorliegend keine vollendeten Tatsachen geschaffen, die es dem Kläger verwehrten, die begehrte Stelle des Referatsleiters nicht mehr besetzen zu können. Entsprechend der gegenüber dem Arbeitsgericht mit Schreiben vom 16.04.2012 abgegebenen Zusicherung werde keine endgültige Besetzung der im Streit stehenden Referatsleiterstelle bis zum Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens vorgenommen. Vielmehr sei die Referatsleiterstelle für den Zeitraum vom 01.06.2012 bis 31.12.2012 lediglich vorläufig mit Frau H. bis zur endgültigen Entscheidung im arbeitsgerichtlichen Verfahren besetzt. Durch die vorläufige Besetzung der Stelle würden keine vollendeten Tatsachen geschaffen. Sollte der Kläger im Hauptsacheverfahren obsiegen und in einem erneuten Auswahlverfahren eine Entscheidung zu seinen Gunsten ergehen, könne die vorläufige Stellenbesetzung wieder rückgängig gemacht und die Stelle mit dem Kläger anstatt Frau H. besetzt werden. Ein Verfügungsgrund sei deshalb vorliegend nicht gegeben.. Entgegen der Auffassung des Klägers entstehe ein wesentlicher Nachteil nicht dadurch, dass Frau H. durch die vorläufige Stellenbesetzung einen Beförderungsvorsprung bzw. Auswahlvorsprung gegenüber dem Kläger erwerbe.


Der Kläger verkenne, dass es für die arbeitsgerichtliche Überprüfung des Anspruchs auf die Besetzung der Stelle durch den Kläger auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung durch das beklagte Land ankomme. Da die Referatsleiterstelle zum Zeitpunkt der getroffenen Auswahlentscheidung noch nicht von Frau H. vorläufig besetzt war, sondern erst ab dem 01.06.2012, könne die vorläufige Stellenbesetzung mit Frau H. in Bezug auf eine gerichtliche Überprüfung, ob dem beklagten Land im Rahmen des Auswahlverfahrens ein Ermessensfehler unterlaufen sei und dem Kläger nach dem Prinzip der Bestenauslese ein Anspruch auf die Besetzung der Stelle zustehe, keine Berücksichtigung finden.


Selbst wenn das beklagte Land veranlasst sein sollte, das Auswahlverfahren zu wiederholen, entstünde für den Kläger kein wesentlicher Nachteil durch die vorläufige Beschäftigung der Frau H. auf der Referatsleiterstelle. Für den Fall eines erneut erforderlichen Auswahlverfahrens gebiete es die Fürsorgepflicht, die vom kommissarisch eingesetzten Mitarbeiter gezeigten Leistungen bei der Beurteilung außer Ansatz zu lassen.


Die vorläufige Besetzung der Stelle sei organisatorisch dringend notwendig, weil dem beim Ministerium für U., G. und V. in der Abteilung 6,,Wasser und Bodenschutz" seit dem01.08.2011 beschäftigten Abteilungsleiter, durch die eigene Einarbeitungsphase ohnehin belastet, zusätzlich die durch altersbedingtes Ausscheiden der Referatsleiter die Referatsleiterstelle des Referates 64 ab dem 04.08.2011 und die Referatsleiterstelle des Referates 63 ab dem 30.11.2011 kommissarisch übertragen wurden. Aufgrund der personellen Unterbesetzung seien die innerhalb der Abteilung 6 zu bearbeitenden Aufgabenfelder, etwa im Bereich der Vertretung des Landes in nationalen und internationalen Gremien als auch Schwerpunktthemen auf Landesebene nur unzureichend abgedeckt. In der Gesamtbetrachtung dieser Umstände sei die kommissarische Besetzung der Referatsleiterstelle des Referates 64 dringend geboten gewesen.


Aus den Gründen


I.


Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. b. statthafte Berufung des Verfügungsklägers ist von ihm fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG). Sie ist damit zulässig.


II.


Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet. Dem beklagten Land ist aufzugeben, die vorläufige Dienstpostenbesetzung mit der ausgewählten Mitbewerberin Frau H. rückgängig zu machen.


1.


Gemäß § 935 ZPO sind einstweilige Verfügungen im Bezug auf den Streitgegenstand zulässig, wenn zu besorgen ist, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der für die einstweilige Verfügung erforderliche Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund sind gegeben. Der Kläger hat ein Recht auf vorläufige Sicherung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG.


1.1.


Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Jede Bewerbung muss nach den genannten Kriterien beurteilt werden. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch solche Stellen, die von Arbeitnehmern besetzt werden können (BAG 24.03.2009 - 9 AZR 277/08 - NZA 2009, 901; 18.09.2007 - 9 AZR 672/06 - ZTR 2008, 339; 28.05.2002 - 9 AZR 751/00 - BAGE 101, 153). Dieser Anspruch auf Zugang zu einem öffentlichen Amt setzt eine freie Stelle voraus. Deshalb lässt sich das grundrechtsgleiche Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Art. 33 Abs. 2 GG nur vor einer Besetzung der Stelle mit dem ausgewählten Konkurrenten verwirklichen. Es bedarf deshalb der Sicherung durch eine einstweilige Verfügung nach §§ 335 ff. ZPO. Dieser Verfahrensabhängigkeit der Grundrechtsdurchsetzung ist bei der Anwendung und Auslegung der Vorschriften über den einstweiligen Rechtsschutz Rechnung zu tragen. Hieraus folgt das Gebot effektiven Rechtsschutzes. Diesem Anspruch ist grundsätzlich genügt, wenn dem abgelehnten Bewerber die Möglichkeit gewährt wird, vorläufigen Rechtsschutz vor der Besetzung des Amts in Anspruch zu nehmen (BAG 18.09.2007 - 9 AZR 672/06 a. a. O.).


Art. 33 Abs. 2 GG folgt nicht nur ein Anspruch auf Übertragung einer bestimmten Stelle, wenn der Anspruchsteller als bester Bewerber die Voraussetzungen für deren Besetzung erfüllt. Vielmehr besteht auch ein Anspruch auf erneute Auswahl, wenn sich die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers als rechtsfehlerhaft erweist und die ausgeschriebene Stelle noch nicht besetzt ist. Dabei hat der Arbeitgeber bei seiner erneuten Auswahlentscheidung die vom Gericht festgestellten Auswahlfehler zu unterlassen und ist insoweit an die Rechtsauffassung des Gerichts gebunden (BAG 05.11. 2002 - 9 AZR 451/01 - AP Nr. 57 zu Art. 33 Abs. 2 GG; BAG 21.01.2003 - 9 AZR 72/02 - AP Nr. 59 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Gegenstand eines einstweiligen Verfügungsverfahrens im Rahmen einer Konkurrentenklage ist nicht die Auswahlentscheidung selbst, sondern der Anspruch des abgelehnten Mitbewerbers auf die vorläufige Sicherung seines Bewerberverfahrensanspruchs (vgl. BVerfG 20. März 2007 - 2 BVR 2470/06 - NZA 2007, 607). Dabei besteht ein Verfügungsanspruch nicht nur dann, wenn bereits feststeht, dass die Auswahlentscheidung fehlerhaft ist. Ein solches Erfordernis steht dem Sinn und Zweck einer einstweiligen Verfügung entgegen, da es der Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes nicht Rechnung trägt, eine vorläufige Sicherung von Rechten bzw. Sicherheit vor Nachteilen in einem Rechtsverhältnis zu gewähren. Im Stellenbesetzungsverfahren konkretisiert sich dies dahin, dass der abgelehnte Bewerber seine Chance wahren können soll und muss, mit seiner Bewerbung nach der Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes tatsächlich auch zum Zuge zu kommen, was bei einer endgültigen Besetzung der Stelle mit dem erfolgreichen Bewerber jedoch nicht mehr möglich ist (vgl. BAG 18.11.2007 - 9 AZR 672/06 - AP NR. 64 zu Art. 33 Abs. 2 GG, 02.12.1997 - 9 AZR 668/96 - AP Nr. 41 zu Art. 33 Abs. 2 GG). Auf der anderen Seite reicht es nicht, dass der abgelehnte Bewerber überhaupt an einem Bewerbungsverfahren teilgenommen hat. Eine vorläufige Sicherung des Bewerberverfahrensanspruchs erfordert nach dem unstreitigen bzw. glaubhaft gemachten Sachverhalt zumindest eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die getroffene Auswahlentscheidung ermessensfehlerfrei zu wiederholen (vgl. LAG Hamm 1. Juni 2001 - 5 Sa 778/01 - LAGReport 2002,14) und die Aussichten des Bewerbers, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, d.h. seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 - DVBl 2002, 1633). Auswahlfehler, die zu einer Wiederholung des Auswahlverfahrens führen, können auch in der Qualifikationsbeurteilung des erfolgreichen Bewerbers liegen. Ein derartiger Fehler liegt dann vor, wenn dem ausgewählten Mitbewerber bereits die Eignung für die zu besetzende Stelle fehlt. Denn die in der Auswahl liegende Feststellung, dass der Mitbewerber für die Wahrnehmung der Stelle geeignet ist - und zwar besser als der Konkurrent -, trifft dann nicht zu. In diesem Fall ist die Auswahlentscheidung nicht auf Grundlage der in Art. 33 Abs. 2 GG vorgegebenen Maßstäbe erfolgt und damit fehlerhaft. Die Auswahl eines Bewerbers, der die Mindestqualifikation für die in Rede stehende Stelle nicht besitzt, verletzt daher den unterlegenen Bewerber in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch (BVerfG 25.11.2011 - 2 BvR 2305/11 - zitiert nach juris). Die gerichtliche Kontrolldichte einer Auswahlentscheidung i. S. v. Art. 33 Abs. 2 GG ist eingeschränkt. Zu prüfen ist, ob der Arbeitgeber den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. (BAG 19.02.2008 - 9 AZR 70/07 - juris, Rn 38; BVerwG 21.08.2003 - 2 C 14/02 - BVerwGE 118, 370; OVG Lüneburg 18.8.2011 - 5 ME 212/11 - zitiert nach juris).


1.2.


Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Auswahlentscheidung fehlerhaft, da sich weder aus der den Zeitraum vom 01.10.2008 bis 30.09.2011 umfassenden dienstlichen Beurteilung der Mitbewerberin noch aus dem Auswahlvermerk ergibt, dass diese über die nach dem Anforderungsprofil geforderten gründlichen Kenntnisse der Wasserwirtschaft des Landes Brandenburg verfügt. Danach ist das beurteilte Aufgabengebiet der Mitbewerberin für die allgemeine innerbetriebliche Organisation durch die Querschnittsaufgaben Organisation, Liegenschaftsmanagement und zentrale Servicedienstleistungen geprägt. Anknüpfungspunkte der dort ausgeübten Tätigkeit zu dem Aufgabengebiet der Wasserwirtschaft lassen sich nicht erkennen. Damit scheidet die Beurteilung vom 01.12.2011 als Grundlage für die im Auswahlvermerk vom 05.01.2012 getroffene Feststellung, Frau H. habe auf Grund ihres beruflichen Werdegangs gründliche wasserwirtschaftliche Kenntnisse erwerben können, aus. Dem entsprechend stimmte der zuständige Personalrat mit Beschluss vom 19.01.2012 der beabsichtigten Stellenbesetzung nicht zu, da sich nach seiner Auffassung das in der Ausschreibung genannte Anforderungsmerkmal „gründliche Kenntnisse der Wasserwirtschaft des Landes Brandenburg" aus der die Bewerberin H. betreffenden Aktenlage nicht ergab. Auch in der Einigungsstellensitzung vom 17.02.2012 wurde festgestellt, dass sich aus der bisherigen Darstellung diese Anforderungsvoraussetzungen nicht hinreichend schlüssig ergeben.


Auf den erst nach Abschluss des Auswahlverfahrens gefertigten Ergänzungsvermerk (Bl. 79-81 d. A., ohne Datum) kann sich das beklagte Land nicht stützen, da dieser zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht vorlag. Bei der gerichtlichen Kontrolle ist auf den Zeitpunkt der Auswahlentscheidung abzustellen. Für die Kontrolle sind dabei die Umstände zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgeblich (BAG 19.02.2008 - 9 AZR 70/07 - juris, Rn 38; BAG 17.01.2006 - 9 AZR 226/05 - Rn. 62, AP BAT-O § 24 Nr. 6). Das ergibt sich schon daraus, dass die gerichtlich zu überprüfende Personalentscheidung der Verwaltung obliegt und diese einen Beurteilungsspielraum hat. Sie kann aber nur das beurteilen, was zum Zeitpunkt der Beurteilung schon bekannt ist (LAG Köln -13 SaGa 10/11 - juris Rn 33). Darüber hinaus bestehen auch nach dem Inhalt des Ergänzungsvermerks Bedenken hinsichtlich des im Anforderungsprofil genannten Kriteriums „gründliche Kenntnisse der Wasserwirtschaft des Landes Brandenburg." Gründliche Kenntnisse setzen nähere Kenntnisse von u. a. Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen des fraglichen Aufgabenkreises voraus. Es handelt sich dabei um Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art (vgl. BAG 21.03.2012 - 4 AZR 266/10 - zit. nach juris). Diese ergeben sich nicht daraus, dass die Mitbewerberin während ihres Studiums der Landschaftsplanung das Wahlpflichtfach Wasserhaushalt und Kulturtechnik mit Schwerpunkt Wasserwirtschaft belegt hat und während des Referendariats Wasserwirtschaft als eines der Nachbargebiete der Landespflege behandelt hat, auch deswegen, weil hier schwerpunktmäßig die wasserwirtschaftlichen Organisationsformen des Landes Berlin vermittelt wurden, ein Bezug zu den im Anforderungsprofil geforderten Kenntnissen der Wasserwirtschaft in Brandenburg aber fehlt. Auch aus der im Ergänzungsvermerk dargestellten Tätigkeit der Mitbewerberin in der Landesanstalt für Gro0ßschutzgebiete lässt sich der Erwerb der im Anforderungsprofil geforderten gründlichen Kenntnisse der Wasserwirtschaft des Landes Brandenburg nicht herleiten. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Koordinierungsverfahren von nationalen bzw. EU- Naturschutzprojekten im Rahmen der Fördermittelbeantragung, die Kenntnisse des entsprechenden Fördermittelrechts voraussetzen und Berührungspunkte zu wasserwirtschaftlichen Themenfeldern haben, ohne dass nachvollziehbar ist, dass hierfür Fachkenntnisse von nicht ganz unerheblichem Ausmaß und nicht nur oberflächlicher Art benötigt werden. Auch aus den im Ergänzungsvermerk beschriebenen Tätigkeiten als Referentin bzw. Referatsleiterin Organisation, Liegenschaftsmanagement und zentrale Servicedienstleistungen ergibt sich nicht, dass die Mitbewerberin über gründliche Kenntnisse der Wasserwirtschaft des Landes Brandenburg verfügt. Die diesbezüglichen Tätigkeitsbeschreibungen, die sich auf die mit der Führung eines derartigen Referates verbundenen Querschnittsaufgaben beziehen, sind so allgemein gehalten, dass hieraus nicht nachvollziehbar der Erwerb der geforderten gründlichen Kenntnisse der Wasserwirtschaft des Landes Brandenburg hergeleitet werden kann.


1.3.


Das Bewerberauswahlverfahren ist allerdings nicht deswegen fehlerhaft, weil die für den Kläger und dessen Mitbewerberin Frau H. erstellte Beurteilung nach Maßgabe der Verwaltungsvorschriften zur Beurteilung von Beamten (BeurtVV) erfolgte. Das Fehlen einer entsprechenden Verwaltungsvorschrift zur Beurteilung von Tarifbeschäftigten führt nicht dazu, dass die vorhandenen Beurteilungsgrundsätze für Beamte nicht zur Anwendung gebracht werden dürfen. In welcher Form der Arbeitgeber den notwendigen Leistungsvergleich unter den Bewerbern vornimmt, bleibt solange seiner Gestaltung überlassen, wie ihm nicht gesetzliche Vorschriften ein bestimmtes Verfahren vorschreiben (BAG 21.01.2003 - 9 AZR 72/02 - ZTR 2003, 463). Da hier keine entsprechenden Bestimmungen erlassen sind, war die Erstellung förmlicher Beurteilungen zwar nicht zwingend erforderlich. Das Prinzip der Bestenauslese und die Chancengleichheit sämtlicher Bewerber verlangen allerdings ein Mindestmaß an verfahrensrechtlichen Vorkehrungen. Dazu gehören für die Bewertung der Leistungen ein einheitlicher Bewertungsmaßstab sowie ein möglichst gemeinsamer Stichtag für die Durchführung der Bewertung (BVerwG 18.07.2001 - 2 C 41/00 - (BVerwG 18.07.2001 - 2 C 41/00 - DRiZ 2003, 49; BAG 28.05.2002 - 9 AZR 751/00 - NZA 2003, 324). Ferner muss der Leistungsvergleich zeitnah zur Auswahlentscheidung erfolgen, dass noch eine sachgerechte Prognoseentscheidung, wer von den Bewerbern für die künftigen Aufgaben am besten geeignet sein wird, getroffen werden kann. Diesen Anforderungen genügen die nach Maßgabe der BeurtVV formalisierten Beurteilungen, die für Tarifbeschäftigte, auf deren Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder Anwendung findet, zulässig sind (LAG Sachsen-Anhalt 20.08.2010 - 2 Sa 473/09 - juris; BAG 21.01.2003 - 9 AZR 72/02 - zitiert nach juris).


1.4.


Auch der Einwand einer fehlerhaften Beteiligung des Personalrats greift nicht. Die Beteiligung des Personalrats erfolgte mit Antrag des beklagten Landes vom 11.01.2012, dem der Auswahlvermerk (Abl. Bl. 70 - 72 d. A.) beigefügt war. Bereits mit Antrag vom 09.08.2011 waren dem Personalrat der Ausschreibungstext, die Arbeitsplatzbeschreibung - und Bewertung, die Bewerberübersicht und die Bewerbungsunterlagen übergeben worden. Mit Schreiben vom 12.03.2012 übermittelte das beklagte Land die Ergänzung des Auswahlvermerks (Abl. Bl. 79 d. A.D) an den Personalrat. Soweit dem Personalrat nicht die dienstlichen Beurteilungen des Klägers und der Mitbewerberin Frau H. für den Zeitraum vom 01.10.2008 - 30.09.2011 übergeben wurden, ist die Unterrichtung des Personalrats insofern nicht falsch bzw. unvollständig. Nach § 60 Abs. 3 LPersVG Brandenburg ist der Personalrat für den Fall, dass er zur Erfüllung seiner Aufgaben Informationen über dienstliche Beurteilungen benötigt, nur über das Ergebnis der dienstlichen Beurteilung, insbesondere über die Gesamtnote, verbale Zusammenfassung und Verwendungsvorschläge zu unterrichten. Die eingegrenzte Informationsverpflichtung ist durch den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschäftigten gerechtfertigt (Klapproth/Eylert/Förster/Keilhold/Ladner LPersVG Brandenburg, § 60 Rn 34 m. w. Nachw.). Diesen Anforderungen genügen die Angaben in dem am 05.01.2012 gefertigten Auswahlvermerk des beklagten Landes, die unter Punkt 2 - dienstliche Beurteilungen - Angaben zur Gesamtnote (dort unter lit. a) und zu einzelnen bewerteten Kriterien und dort bestehenden Bewertungsdifferenzen (unter lit. b) enthalten. Ein Verfahrensfehler ist daher insoweit nicht ersichtlich. Die Beteiligung des Personalrats ist auch nicht deswegen fehlerhaft, weil, wie der Kläger ausgeführt hat, der in der Personalratssitzung vom 22.03.2012 gefasste Zustimmungsbeschluss zur Stellenbesetzung mit der Bewerberin H. leide an einer formellen Richtigkeit wegen Ladungsfehlern. Selbst wenn dies der Fall wäre, führte dies nicht zur Fehlerhaftigkeit des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungsverfahrens mit der Folge, dass das beklagte Land deswegen an der vorläufigen Besetzung der Referatsleiterstelle für das Referat 64 „Hochwasserschutz, Wasserbau, Gewässerunterhaltung" nach Maßgabe des § 74 Abs. 3 LPersVG Brandenburg gehindert wäre.


1.5.


Ein Verfügungsgrund, § 940 ZPO, für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung besteht. Mit der - hier allein noch streitbefangenen - bloß vorläufigen Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens an die Mitbewerberin ist eine Gefährdung des Bewerberverfahrensanspruchs, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte, gegeben. Es bedarf deshalb der Sicherung durch eine einstweilige Verfügung nach §§ 935 ff. ZPO. Ein Verfügungsgrund ist nicht deshalb zu verneinen, weil das beklagte Land mit Schriftsatz vom 16.04.2012 erklärt hat, die erfolgte Übertragung der Aufgaben und des hier streitbefangenen Dienstpostens an die Mitbewerberin H. erfolge nur kommissarisch, eine entsprechende Arbeitsvertragsänderung sei nicht beabsichtigt, bevor über die Bewerbung des Verfügungsklägers im Hauptsacheverfahren abschließend entschieden worden sei.


Zwar wird von einem Teil der Rspr. kein Verfügungsgrund bei einem Konkurrentenstreit um die Besetzung eines Dienstpostens angenommen, wenn mit der bloßen Besetzung keine unmittelbare Beförderung einhergeht, denn ausschließlich diese könne in einem Hauptsacheverfahren nicht mehr rückgängig gemacht werden. Wird - wie im Streitfall - zunächst nur um die Besetzung eines Dienstpostens gestritten, ohne dass dessen endgültige Besetzung beabsichtigt ist, sei eine Korrektur dieser Auswahlentscheidung im Hauptsacheverfahren ohne weiteres möglich (OVG Mecklenburg-Vorpommern 18.03.2004 - 2 M 212/03 - juris., OVG Thüringen 31.03.2003 - 2 EO 545/02 -NVwZ-RR 2004, 52; 05.02.1998 - 2 EO 594/96 -DÖV 1998, 607; OVG Rheinland-Pfalz 04.051995 - 2 B 11102/95 -,NVwZ-RR 1996, 51; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07. 02.1997 - 4 S 73/97 - juris). Der Verfügungsgrund sei regelmäßig auch nicht wegen eines etwaigen, durch die vorläufige Stellenbesetzung erworbenen Bewährungsvorsprungs des kommissarisch auf der Stelle eingesetzten Mitbewerbers zu bejahen. Bei einer erneuten Auswahlentscheidung sei der durch die vorläufige Übertragung des Dienstpostens entstandene Bewährungsvorsprung nämlich regelmäßig unberücksichtigt zu lassen, weil der Dienstherr hierzu aus Gründen der Fürsorgepflicht gehalten sei (LAG Thüringen 16.11.2010 - 1 SaGa 6/10 - juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern a.a.O, OVG Thüringen a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, a.a.O.). Demgegenüber betont das Bundesarbeitsgericht (BAG 19.02.2008 - 9 AZR 70/07 - NZA 2008, 1016, Rn. 38), dass bei der gerichtlichen Kontrolle der Auswahlentscheidung auf den Zeitpunkt dieser Entscheidung abzustellen ist, wobei nicht näher darauf eingegangen wird, ob auch die Erfahrungen bei der vorläufigen Übertragung des Dienstpostens berücksichtigungsfähig sind. Nach dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 04.11.2010 - 2 C 16/09 - NJW 2011, 695; 11.05.2009 - 2 VR 1/09 - DRiZ 2009, 263; ebenso LAG Berlin-Brandenburg 14.03.2012 - 15 SaGa 2383/11 - NZA-RR 2012), dem sich die erkennende Kammer anschließt, ist auch in einem solchen Falle ein Verfügungsgrund anzuerkennen. Denn wenn - wie hier - Bewerber sowohl im Wege der Beförderung als auch im Wege der Umsetzung um einen freien Dienstposten konkurrieren, kann die Art des Rechtsschutzes nicht davon abhängen, ob der jeweils ausgewählte Bewerber noch im Anschluss an ein Hauptverfahren von seinem Posten entfernt werden könnte oder ob die Entscheidung endgültig ist. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des übergangenen Bewerbers richtet sich weniger gegen den ausgewählten Konkurrenten als vielmehr darauf, den ausgeschriebenen Dienstposten frei zu halten. Dieses im Mittelpunkt des Konkurrentenstreits stehende Interesse ist auch dann noch gegeben, wenn der Dienstposten im Wege einer Umsetzung besetzt worden ist, die notfalls - wenn auch möglicherweise nicht immer oder nur unter Schwierigkeiten - rückgängig gemacht werden kann. Hinzu kommt, dass der ausgewählte Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung gewinnt, der mit der Länge des Hauptverfahrens zunimmt und ihm auch dann verbleibt, wenn sich im späteren Hauptverfahren die zu seinen Gunsten getroffene Personalentscheidung als rechtswidrig erweisen sollte. Ohne diesen möglicherweise rechtswidrigen Erfahrungsvorsprung könnte der unterlegene Bewerber in einem späteren Verfahren rügen, der Mitbewerber habe bis zur Auswahlentscheidung über bestimmte, nach dem Anforderungsprofil geforderte Voraussetzungen nicht verfügt. Da sich dienstliche Beurteilungen auf den tatsächlich wahrgenommenen Dienstposten unter Berücksichtigung der sich aus dem abstrakt-funktionellen Amt ergebenden Anforderungen beziehen müssen, können die auf dem Dienstposten gezeigten Leistungen in einer zutreffenden dienstlichen Beurteilung wohl nicht ausgeblendet werden (BVerwG 11.05.2009 - 2 VR 1/09 - DRiZ 2009, 263). Danach droht dem Verfügungskläger mit der - hier allein streitbefangenen - bloß vorläufigen Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens an die Mitbewerberin eine erhebliche Verletzung in seinem Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnte. Er ist daher nicht auf ein sich anschließendes Hauptsacheverfahren zu verweisen.


Die Sicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Klägers ist nicht dadurch eingeschränkt, dass, wie das beklagte Land geltend gemacht hat, die vorläufige Besetzung der Stelle organisatorisch dringend notwendig sei. Zwar ist die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen - hier: die Funktionsfähigkeit der Ministerialverwaltung des beklagten Landes - ein verfassungsrechtliches Schutzgut, das auch eine Beschränkung des Bewerbungsverfahrensanspruchs nach Art. 33 Abs. 2 GG zu rechtfertigen vermag (BVerwG 25.11.2004 - 2 C 17/03 - ZTR 2005, 275). Die Ausführungen des beklagten Landes lassen indes nicht den Schluss zu, dass die Ministerialverwaltung ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen kann, wenn die Stellenbesetzung mit der Mitbewerberin bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens unterbleibt. Danach kommt es aufgrund der personellen Unterbesetzung innerhalb der Abteilung 6 des Ministeriums dazu, dass die zu bearbeitenden Aufgabenfelder, etwa im Bereich der Vertretung des Landes in nationalen und internationalen Gremien als auch bei Schwerpunktthemen auf Landesebene nur unzureichend abgedeckt werden können, so dass der Dienstbetrieb beeinträchtigt ist. Daraus folgende, schwerwiegende, die Funktionsfähigkeit des Staates gefährdende Defizite, die geeignet wären, den zu sichernden Bewerbungsverfahrensanspruch des Klägers einzuschränken, lassen sich hieraus nicht ableiten.


III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO und entspricht dem Verhältnis des Obsiegens bzw. Unterliegens der Parteien in den beiden Instanzen. Danach obsiegte der Kläger in der ersten Instanz mit dem dort zu Ziffer 2) gestellten und unterlag mit dem unter Ziffer 1) gestellten Antrag, die beide jeweils mit einem Bruttomonatsentgelt in Ansatz gebracht wurden. In der Berufungsinstanz hat der Kläger, der lediglich hinsichtlich des unter Ziffer 2 gestellten Antrags Rechtsmittel eingelegte, obsiegt, so dass das beklagte Land die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat.


Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben, § 72 Abs. 4 ArbGG.

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