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Arbeitsrecht
02.04.2015
Arbeitsrecht
LAG Nürnberg: Keine Privatnutzung der Firmenkreditkarte

LAG Nürnberg, Urteil vom 3.2.2015 — 7 Sa 394/14

 

Amtlicher Leitsatz

Überlässt der Arbeitgeber dem im Ausland tätigen Arbeitnehmer eine Firmenkreditkarte, damit der Arbeitnehmer anfallende Kosten/Aufwand begleichen kann, ist es dem Arbeitnehmer ohne eine entsprechende Vereinbarung nicht erlaubt, die Karte für private Zwecke einzusetzen. Nutzt der Arbeitnehmer die Karte für private Zwecke, stellt dies einen Verstoß gegen § 241 Absatz 2 BGB dar, der, idR nach einer Abmahnung, eine verhaltensbedingte Kündigung begründen kann. Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer weder anzeigt, die Firmenkreditkarte privat benutzt zu haben, noch dem Arbeitgeber die von ihm unfreiwillig verauslagten Gelder erstattet.

§ 1 KSchG

Sachverhalt

Die Parteien streiten noch um die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 29.07.2013 zum 31.08.2013.

Der Kläger wurde mit Anstellungsvertrag vom 31.07.2012 zum 13.08.2012 bei der Beklagten als Vertriebsingenieur für chemische Anlagen eingestellt. Das Monatsgehalt betrug zuletzt 5.500,00 € brutto zuzüglich eines Arbeitgeberbeitrags zur betrieblichen Altersversorgung in Höhe von 40,00 €.

Die Tätigkeit des Klägers brachte auswärtige Einsätze des Klägers, auch im Ausland, mit sich.

Die Beklagte stellte dem Kläger ca. Ende November 2012 eine Firmenkreditkarte Mastercard zur Verfügung. Inhaber der Karte war der Kläger. Die monatlichen Belastungen wurden entsprechend dem Kreditkartenvertrag vom Konto der Beklagten bei der Kreissparkasse S… – R… eingezogen.

Der Kläger reichte, beginnend am 06.03.2013, für den Zeitraum 24.01.2013 bis 24.06.2013 insgesamt sieben Reisekostenabrechnungen bei der Beklagten ein. Darin machte er Verpflegungsmehraufwand, Fahrtkosten und Hotelkosten geltend.

Der Kläger nahm mit der Firmenkreditkarte folgende Barabhebungen vor:

- 29.01.2013 500,00 €

- 16.02.2013 500,00 €

- 02.03.2013 300,00 €

- 09.03.2013 2 x 500,00 €

- 22.03.2013 1.000,00 BRL, umgerechnet 385,97 €

- 17.04.2013 1.000,00 €

- 23.04.2013 500,00 €

- 17.05.2013 500,00 € (Reisebank F… 500,00 € + 10,00 € Gebühren)

- 05.06.2013 200,00 €.

Mit der Kreditkarte nahm der Kläger darüber hinaus folgende Zahlungen vor:

- 19.03.2013 C… Hotel, B… 107,998 COP/46,33 €

- 23.03.2013 G… Hotel, Sa…, 206,80 BRL/79,83 €

- 26.03.2013 Br…, B… 309.800 COP/132,30 €

- 20.04.2013 Do…, M…, 810,00 RUB/19,56 €

- 21.04.2013 A…, D…, 1.147,50 €

- 28.04.2013 So…, H…, 1.016,400 VND/37,41 €

- 16.05.2013 K…, Be…, 79,00 €.

Der Kläger rechnete am 06.03.2013 die Kosten für einen Einsatz vom 30.01.2013 bis 01.02.2013 ab. Die Gesamtaufwendungen betrugen danach 257,90 €. In der Abrechnung war die Barabhebung von 500,00 € am 29.01.2013 als Vorschuss bezeichnet. Die Differenz von 242,10 € zahlte der Kläger am 07.03.2013 in die Handkasse der Beklagten ein.

In der Abrechnung vom 27.05.2013 bezüglich eines Einsatzes vom 11.03.2013 bis 27.03.2013 in Südamerika machte der Kläger 424,90 € Aufwendungen geltend. Diese verrechnete er mit den Barabhebungen in Höhe von 1.000,00 € am 09.03.2013. Den sich ergebenden Restbetrag von 575,10 € zahlte der Kläger am 27.05.2013 in die Handkasse der Beklagten ein.

Am 10.06.2013 fand zwischen dem Kläger und dem Niederlassungsleiter Herrn St… ein Gespräch statt. Am selben Tag überwies der Kläger um 11:40 Uhr den Betrag für die Flugreise an die Beklagte.

Der Kläger erhielt am 12.06.2013 von Frau He…, Sachbearbeiterin in der Buchhaltung der Beklagten, eine e-mail, in der es heißt:

...

da bei Ihrer Kreditkartenabrechnung des Monats März doch einige private Kosten angefallen sind, werde ich diese gleich mit Ihrer Reisekostenabrechnung für März 2013 verrechnen. Anbei erhalten Sie die Aufstellung der angefallenen Kosten.

...

Unter dem 25.06.2013 rechnete der Kläger Aufwendungen für einen Einsatz vom 19.05.2013 bis 25.05.2013 ab. Die Barabhebung vom 17.05.2013 (500,00 € zuzüglich 10,00 € Gebühren) rechnete er dagegen. Den sich ergebenden Differenzbetrag in Höhe von 404,00 € zahlte er entgegen seiner in der Abrechnung abgegebenen Ankündigung nicht an die Beklagte.

Am 17.07.2013 übersandte Frau He… dem Kläger eine Aufstellung der noch offenen Posten mit der Bitte, diese mit seinen Unterlagen abzugleichen und, sollte er keine weiteren Belege mehr haben, den Betrag auf das bekannte Konto der E… einzuzahlen. Die Aufstellung betraf eine Summe von 3.673,25 €.

Mit Schreiben vom 29.07.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2013. Hiergegen erhob der Kläger am 02.08.2013 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Würzburg.

Gleichzeitig machte der Kläger die Vergütung für Juli 2013 geltend.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis unter dem 22.08.2013 ein weiteres Mal ordentlich zum 30.09.2013. Mit Klageerweiterung vom 27.08.2013 wandte sich der Kläger gegen diese Kündigung.

Schließlich kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 25.09.2013 außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 31.10.2013. Bezüglich dieser Kündigung erweiterte der Kläger am 02.10.2013 seine Klage.

Die Beklagte errechnete als Gehalt für Juli 2013 einen Betrag von 6.526,39 brutto bzw. 4.297,00 € netto und überwies den Nettobetrag am 27.09.2013 an den Kläger. Als Verwendungszweck wurde angegeben „Vergütung September“.

Am 21.11.2013 erließ das Arbeitsgericht Würzburg ein Versäumnisurteil, mit dem die Klage abgewiesen wurde. Das Versäumnisurteil wurde dem Kläger am 29.11.2013 zugestellt. Am selben Tag legte der Kläger gegen das Versäumnisurteil Einspruch ein.

Mit Urteil vom 20.02.2014 hob das Erstgericht das Versäumnisurteil vom 21.11.2013 auf und gab der Klage statt. Die Kosten erlegte es mit Ausnahme der durch die Säumnis des Klägers entstandenen der Beklagten auf.

Das Urteil wurde der Beklagten am 19.05.2014 zugestellt.

Die Beklagte legte gegen das Urteil am 19.06.2014 teilweise Berufung ein und begründete sie am 21.08.2014. Bis dahin war die Berufungsbegründungsfrist verlängert worden.

Die Beklagte führt aus, in dem Gespräch am 10.06.2013 sei der Kläger darauf hingewiesen worden, dass Privatausgaben mit der Firmenkreditkarte untersagt und bisher aufgelaufene private Beträge unverzüglich zu erstatten seien. Der Kläger sei darauf hingewiesen worden, dass ein Zuwiderhandeln arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung nach sich ziehen werde.

Die Beklagte trägt vor, bei der Überweisung des Gehalts sei versehentlich als Zweck Zahlung für September angegeben worden.

Die Beklagte beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg – Kammer Aschaffenburg vom 20. Februar 2014, Az. 11 Ca 978/13, wird abgeändert und die Klage abgewiesen, hilfsweise: das Versäumnisurteil vom 21.11.2013 wird aufrechterhalten.

2. Der Kläger und Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Kläger beantragt, die Berufung kostenpflichtig zu verwerfen, hilfsweise abzuweisen.

Der Kläger macht geltend, ein Verbot, die Firmenkreditkarte privat einzusetzen, habe es nicht gegeben. Er habe mit der Firmenkreditkarte auch keine privaten Verfügungen getroffen. Die Beklagte habe zudem aufgrund der Kreditkartenabrechnungen einen genauen Überblick über seine getätigten Ausgaben gehabt. Außerdem habe sie ihm eine Zahlungsfrist bis 31.07.2013 gewährt. Die Beklagte habe, indem sie, wie sich aus der e-mail vom 12.06.2013 ergebe, von ihm zu leistende Zahlungen mit Reisekostenansprüchen verrechnet habe, zum Ausdruck gebracht, dass sie die private Nutzung der Firmenkreditkarte dulde. Schließlich habe er ein Zurückbehaltungsrecht gehabt, da die Beklagte das Juligehalt noch nicht gezahlt gehabt habe.

Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Gemäß Beweisbeschluss (Bl. 339 d.A.) vom 18.11.2014 ist als Zeuge Herr St… uneidlich vernommen worden. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27.01.2015 Bezug genommen (Bl. 349/350 d.A.).

Aus den Gründen

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1, Absatz 2 c) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 ArbGG.

Die Berufung betrifft die Entscheidung des Erstgerichts, soweit es festgestellt hat, dass die ordentliche Kündigung vom 29.07.2013 das Arbeitsverhältnis nicht beendet habe, und soweit die Beklagte verurteilt worden ist, das Gehalt für Juli 2013 zu zahlen.

Die Berufung ist begründet.

Eine Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung vom 29.07.2013 ist nicht ausgeschlossen, weil das Urteil vom 20.02.2013, soweit es festgestellt hat, dass die Kündigungen der Beklagten vom 22.08.2013 und vom 25.09.2013 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet haben, rechtskräftig ist, § 322 Absatz 1 ZPO. Streitgegenständlich war jeweils die Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 22.08.2013 bzw. 25.09.2013 beendet worden ist. Dies ergibt sich aus den Anträgen des Klägers.

Der Streitgegenstand einer Klage wird bestimmt durch das Rechtsschutzbegehren des Klägers, wie es in seinem Antrag zum Ausdruck kommt, und dem Lebenssachverhalt, mit dem der Antrag begründet wird.

Der Kläger hat vorliegend beantragt, festzustellen, dass die jeweilige Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet habe. Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei ein Arbeitsverhältnis begründet worden und die Beklagte habe dies mit Schreiben vom 22.08.2013 bzw. 25.09.2013 gekündigt. Ein über die Frage der Wirksamkeit der Kündigungen hinausgehendes Rechtsschutzbegehren lässt sich den Anträgen des Klägers nicht entnehmen.

Demzufolge ist lediglich die Frage, ob die Kündigungen vom 22.08.2013 bzw. 25.09.2013 das Arbeitsverhältnis beendet haben, in Rechtskraft erwachsen. Ob zum jeweiligen Kündigungszeitpunkt zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand, war dagegen allenfalls Vorfrage für die Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigungen. Vorfragen erwachsen indes nicht in Rechtskraft (vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, 30. Auflage, RdNr. 34 vor § 322).

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 29.07.2013 zum 31.08.2013 beendet worden, §§ 620 Absatz 2, 622 Absatz 1 BGB.

Insbesondere ist die Kündigung der Beklagten sozial gerechtfertigt, § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG. Sie ist durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der das erkennende Gericht folgt, ist eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile angemessen erscheint. Auch kann eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gemäß § 241 Absatz 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers eine Kündigung rechtfertigen (vgl. Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 03.11.2011 – 2 AZR 748/10 = AP Nr. 65 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung und NZA 2012/607).

Der Kläger hat in schwerwiegender Weise gegen die ihm gemäß § 241 Absatz 2 BGB obliegende Verpflichtung verstoßen, Rücksicht auf das Vermögen der Beklagten zu nehmen.

Die Beklagte stützt die Kündigung auf den Vorwurf, der Kläger habe sich in vermögensgefährdender Weise verhalten, sie, die Beklagte, insoweit getäuscht, dass er nicht von sich aus offen gelegt habe, dass er mit der Firmenkreditkarte private Ausgaben tätigte, und er habe ihr die für private Zwecke erlangten Beträge nicht erstattet.

Die von der Beklagten geltend gemachten Pflichtverletzungen liegen vor.

Der Kläger hat das Vermögen der Beklagten gefährdet. Ihm war von der Beklagten unstreitig eine Firmenkreditkarte zur Verfügung gestellt worden. Er finanzierte mittels der Firmenkreditkarte private Ausgaben.

Der Kläger bestreitet zwar, dass er mit der Firmenkreditkarte private Aufwendungen bezahlt hat. Das Bestreiten ist indes bereits durch die Bezahlung der Flugreise in Höhe von 1.147,50 € widerlegt. Der Kläger hat den privaten Charakter der Reise eingeräumt. Auch die Ausgaben im Br… in B… oder im K… in Be… sind offensichtlich privater Natur.

Der Kläger hat jedenfalls keine Tatsachen vorgetragen, mit denen der substantiierte Sachvortrag der Beklagten in Frage gestellt werden kann. Die Beklagte hat im Einzelnen ausgeführt, welche Beträge der Kläger mit der Karte bar abgehoben und welche Ausgaben er mit der Karte bezahlt hat. Von den insgesamt zehn Barabhebungen hat der Kläger danach in seinen Abrechnungen vier berücksichtigt. Dies erfolgte in den Abrechnungen vom 06.03.2013, 27.05.2013 und 25.06.2013. In drei Fällen ergab die Berechnung des Klägers eine Differenz zugunsten der Beklagten. In den genannten Abrechnungen hat der Beklagte betrieblich bedingte Aufwendungen aufgelistet.

Der Kläger hat nicht schlüssig dargelegt, für welche betrieblichen Zwecke er die restlichen, nicht verbrauchten und nicht zurückerstatteten Beträge verwendet hat bzw. inwiefern die Einkäufe und die Übernachtungskosten betrieblich veranlasst waren. Insbesondere kann sich der Kläger nicht erfolgreich darauf berufen, er habe die Belege entweder der Beklagten übergeben oder habe sie nicht mehr. So hätte der Kläger zumindest vortragen müssen, wann, wem und wie er der Beklagten Belege übermittelt hat. Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass der Kläger ab 06.03.2013 bei der Beklagten Reisekostenabrechnungen einreichte, mit denen er ihm entstandene Auslagen geltend machte. Auch seine Abrechnungen vom 06.03.2013, 27.05.2013 und 25.06.2013 enthalten eine Aufstellung von angefallenen Kosten. Die diesbezüglichen Belege lagen offensichtlich vor. Schließlich ist kein Grund ersichtlich, warum der Kläger auch ohne Belege nicht in der Lage ist, zumindest in den Fällen, in denen er die Kreditkarte für direkte Zahlungen einsetzte, darzutun, welchem Zweck dies diente. Dies gilt sowohl für die Einkäufe als auch für die Hotelaufenthalte und den Besuch der So… in H….

Dem Kläger war der Gebrauch der Firmenkreditkarte für private Ausgaben nicht gestattet. Dem Arbeitnehmer, dem eine Firmenkreditkarte überlassen ist, ist es grundsätzlich nicht erlaubt, sie für private Ausgaben zu benutzen.

Dies ergibt sich bereits aus dem Zweck, der regelmäßig mit der Überlassung der Firmenkreditkarte verbunden ist. Diese erfolgt vor dem Hintergrund, dass der Arbeitnehmer im Rahmen seiner arbeitsvertraglichen Aufgaben Aufwendungen hat, die vom Arbeitgeber zu tragen sind. Durch eine Firmenkreditkarte erhält der Arbeitnehmer die Möglichkeit, etwaige Auslagen unmittelbar zu Lasten des Arbeitgebers begleichen zu können, ohne sie zunächst aus eigenen Mitteln vorfinanzieren zu müssen. Der Überlassung der Firmenkreditkarte kommt gleichsam die Funktion von Spesenvorschüssen zu.

So verhält es sich vorliegend. Der Kläger war aus betrieblichen Gründen häufig im Ausland tätig. Um die dort anfallenden Auslagen zahlen zu können, war ihm die Firmenkreditkarte überlassen. Dies ist zwischen den Parteien nicht streitig.

Eine Vereinbarung des Inhalts, dass der Kläger die Kreditkarte dazu verwenden durfte, auch privat veranlasste Aufwendungen über die Kreditkarte abzuwickeln, haben die Parteien nicht getroffen.

Vielmehr trägt der Kläger selbst vor, eine Abrede, die Kreditkarte werde zum geschäftlichen Einsatz überlassen, sei nicht erfolgt. Dieser Sachvortrag ist so zu verstehen, dass es überhaupt keine Abrede gab. Damit war dem Kläger der private Gebrauch nicht gestattet. Soweit der Kläger darauf hinweist, die Beklagte habe keine abändernde Weisung erteilt, ergibt sich nichts anderes. Es geht bei der Verwendung einer Firmenkreditkarte nicht um einen Sachverhalt, der dem Weisungsrecht des Arbeitgebers im Sinne des § 106 GewO unterliegt. Insbesondere geht es nicht um Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung. Vielmehr gestattet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer durch die Aushändigung einer Firmenkreditkarte, in einem bestimmten Rahmen, nämlich im Rahmen des eingeräumten Kredits, auf sein Vermögen zuzugreifen. Ob und in welchem Umfang der Arbeitgeber hierzu bereit ist, ist seine freie Entscheidung, die insbesondere einer Ermessensüberprüfung nicht zugänglich ist.

Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, die Beklagte habe es stillschweigend geduldet, dass der Kläger die Firmenkreditkarte privat benutzte. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus der e-mail vom 12.06.2013, die der Kläger von der Buchhaltung der Beklagten erhalten hat. Zwar trifft es zu, dass dem Kläger darin mitgeteilt wurde, es würden private Kosten aus der Kreditkartenabrechnung des Monats März gleich mit der Reisekostenabrechnung für März 2013 verrechnet. Daraus lässt sich indes nicht ableiten, dem Kläger sei der Gebrauch der Firmenkreditkarte zu privaten Zwecken erlaubt gewesen oder die Beklagte habe sie geduldet. Die Beklagte verrechnete die privaten Aufwendungen mit Gegenforderungen, weil der Kläger die Beträge nicht von sich aus an die Beklagte erstattete.

Die Kündigung wäre allerdings nicht gerechtfertigt, wenn es ausschließlich darum ginge, dass der Kläger die Firmenkreditkarte privat nutzte. Nicht jeder Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten berechtigt den Arbeitgeber sogleich zum Ausspruch einer Kündigung. Vielmehr ist nach dem Grundsatz, dass eine Kündigung stets die ultima ratio zu sein hat, zu prüfen, ob nicht ein milderes Mittel zur Verfügung steht, das eine störungsfreie Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in der Zukunft bewirken kann. Als solch milderes Mittel kommt bei der verhaltensbedingten Kündigung regelmäßig eine Abmahnung in Betracht.

Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Absatz 2 iVm. § 323 Absatz 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich ‒ auch für den Arbeitnehmer erkennbar ‒ ausgeschlossen ist (vgl. Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 11.07.2013 ‒ 2 AZR 994/12 = AP Nr. 69 zu § 1 KSchG 1969 verhaltensbedingte Kündigung und NZA 2014/250).

Die Benutzung der Firmenkreditkarte zu privaten Zwecken ist für sich gesehen nicht so schwerwiegend, dass ein Arbeitnehmer davon ausgehen muss, bereits die einmalige Verfehlung werde den Arbeitgeber veranlassen, das Arbeitsverhältnis zu beenden. Ein Arbeitnehmer, der eine ihm überlassene Firmenkreditkarte unerlaubt für private Zwecke verwendet, ist mit einem Arbeitnehmer vergleichbar, der aus der Kasse des Arbeitgebers Geld entnimmt, um es alsbald wieder zurückzulegen, sich quasi unerlaubt ein „Darlehen“ gewährt. Auch ein solches Vorgehen ist nicht erlaubt. Da dem Arbeitgeber aber zunächst ein Schaden nicht entsteht, bedarf ein derartiger Vertragsverstoß, soll er Grundlage für eine Kündigung sein, einer vorherigen Abmahnung.

Der Kläger ist bezüglich der Benutzung der Firmenkreditkarte jedenfalls vor dem Gespräch am 10.06.2013 nicht abgemahnt worden. Ob in dem Gespräch am 10.06.2013 im Hinblick auf die private Nutzung der Firmenkreditkarte eine Abmahnung erfolgte, kann dahinstehen. Nach diesem Zeitpunkt hat der Kläger die Firmenkreditkarte nicht mehr für private Ausgaben eingesetzt.

Es geht indes vorliegend nicht (nur) darum, dass es dem Kläger von vornherein nicht gestattet war, private Aufwendungen über die Kreditkarte zu finanzieren. Vielmehr ist Kern des Vorwurfs der Beklagten, dass der Kläger nicht von sich aus die privaten Aufwendungen bezeichnet und sie ihr erstattet hat.

Der Kläger wäre verpflichtet gewesen, von sich aus zu offenbaren, dass er private Ausgaben über die Kreditkarte finanzierte, und von sich aus dafür Sorge zu tragen, dass der Beklagten das Geld zuzüglich angefallener Nebenkosten unverzüglich erstattet wurde. Dies ist nicht erfolgt. Der Kläger hat die Beklagte nicht darüber informiert, dass und welche Zahlungen einen privaten Hintergrund hatten. Er kann sich insbesondere nicht darauf berufen, der Beklagten seien die jeweiligen Zahlungen und Abhebungen aufgrund der Kreditkartenabrechnungen bekannt gewesen. Dies trifft zwar insoweit zu, als sich aus der Kreditkartenabrechnung ergibt, dass Zahlungen/Abhebungen in einer bestimmten Höhe getätigt wurde, aus der Kreditkartenabrechnung ergibt sich aber nicht, ob der Verwendungszweck privater Natur oder betrieblich bedingt war. Gerade hierüber hätte der Kläger die Beklagte aufklären müssen.

Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass der Kläger von der Buchhaltung aufgefordert wurde, über den Verbleib des Geldes Auskunft zu erteilen bzw. eine Abrechnung vorzunehmen.

Der Kläger hat es auch unterlassen, die privat entstandenen Aufwendungen (zeitnah) an die Beklagte zurückzuzahlen. Er zahlte lediglich die sich aus den Abrechnungen vom 06.03.2013 und 27.05.2013 zu Gunsten der Beklagten ergebenden Beträge ‒ 242,10 € und 575,10 € ‒ bar bei der Beklagten ein. Dagegen unterließ er es, den von ihm in der Abrechnung vom 25.06.2013 selbst festgestellten Differenzbetrag von 404,00 € der Beklagten zurückzuzahlen.

Eine weitere Zahlung in Höhe von 1.147,50 € für die private, bei der Firma A… gebuchte Flugreise wies der Kläger am 10.06.2013 an. Dies ist als Reaktion auf das Gespräch vom Vormittag desselben Tages zu sehen. Da die Reise bereits am 21.04.2013 gebucht und bezahlt wurde, hätte die Rückzahlung an die Beklagte bereits viel früher, nämlich unmittelbar danach erfolgen müssen.

Spätestens nach dem Gespräch mit seinem Vorgesetzten, Herrn St…, am 10.06.2013 hätte der Kläger entweder seine betrieblichen Aufwendungen abrechnen und einen Differenzbetrag der Beklagten erstatten oder zumindest mitteilen müssen, dass ihm eine Abrechnung oder die Zahlung nicht möglich sei. Dies ist nicht erfolgt. Jedenfalls trägt der Kläger insoweit nichts vor.

Der Kläger wurde in dem Gespräch am 10.06.2013 darauf hingewiesen, dass Privatausgaben mit der Firmenkreditkarte untersagt und bisher aufgelaufene private Beträge unverzüglich zu erstatten seien. Dies ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten. Der Kläger hat zwar den Inhalt des Gesprächs bestritten. Das erkennende Gericht ist indes von der Richtigkeit des Vorbringens der Beklagten überzeugt.

Der hierzu vernommene Zeuge St… hat den Sachvortrag der Beklagten bestätigt. Seine Bekundungen sind frei von Widersprüchen. Der Zeuge schilderte, wieso es zu dem Gespräch mit dem Kläger gekommen war, und worum es in dem Gespräch ging. Nach dem Eindruck, den das Gericht gewonnen hat, stand der Zeuge St… dem Kläger durchaus wohlwollend gegenüber. Insbesondere ist kein Bestreben erkennbar, der Zeuge habe auf eine Gelegenheit gewartet, sich des Klägers durch eine Kündigung entledigen zu können. Vielmehr machte der Zeuge den Kläger darauf aufmerksam, dass sein Verhalten einen schweren Vertragsverstoß darstelle („Ich fügte hinzu, in anderen Firmen kann sowas gleich zu Entlassungen oder Abmahnungen führen“). Der Kläger erhielt gleichzeitig den deutlichen Hinweis, dass er die Angelegenheit in Ordnung bringen solle. Aufgrund der Bekundungen des Zeugen St… war für den Kläger klar, dass die Angelegenheit keine weiteren Folgen habe werde, vorausgesetzt, der Kläger bringe sie in Ordnung. Dem Kläger wurde damit auch ihm erkennbar noch eine Chance gegeben.

Das Gespräch hätte für den Kläger Anlass sein müssen, seine finanziellen Angelegenheiten gegenüber der Beklagten unverzüglich zu ordnen. Dass der Kläger es ‒ mit Ausnahme der Begleichung der Flugreise ‒ nicht nur unterließ, der Beklagten die privaten Aufwendungen unverzüglich zu erstatten, sondern der Beklagten hierfür auch keine Erklärung gab, stellt einen (weiteren) schweren Vertrauensbruch dar. Der Kläger zahlte der Beklagten die ausstehenden Beträge weder bis zum Ausspruch der Kündigung noch danach. Vielmehr rechnete die Beklagte mit dem Gehalt für August 2013 auf.

Eine Abmahnung der Beklagten des Inhalts, dass der Kläger unter Androhung einer Kündigung aufgefordert wurde, bis zu einem bestimmten Termin das Geld zurückzuzahlen, war nicht erforderlich. Das Verhalten des Klägers ist als so schwerwiegender Vertragsverstoß zu betrachten, dass für den Kläger spätestens nach dem Gespräch am 10.06.2013 klar sein musste, die Beklagte werde eine weitere Verzögerung der Erstattung der privaten Aufwendungen nicht hinnehmen. Insbesondere konnte die Beklagte aufgrund des Verhaltens des Klägers nicht davon ausgehen, der Kläger werde zukünftig ihre Vermögensinteressen respektieren. Zwar hatte er in dem Gespräch am 10.06.2013 nach Aussage des Zeugen St… geäußert, „es werde nicht mehr vorkommen“. Sein Verhalten im Anschluss an das Gespräch, insbesondere dass er auch eine weitere Übersendung der offenen Posten durch die Buchhaltung vom 12.06.2013 unbeachtet ließ, war geeignet, an der Ernsthaftigkeit der Absicht Zweifel zu wecken.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, er sei am 17.07.2013 von Frau He… aufgefordert worden, die mitgeteilten offenen Posten mit seinen Unterlagen abzugleichen und, sollte er keine weiteren Belege mehr zum Verrechnen haben, den Betrag bis 31.07.2013 auf das bekannte Konto der E… einzuzahlen. Diese Aufforderung betraf lediglich die finanzielle Abwicklung durch die Buchhaltung und ist nicht als Abmahnung der Beklagten anzusehen. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der e-mail von Frau He… vom 02.08.2013, also nach Ausspruch der Kündigung. Hier stellte sie fest, dass noch kein Zahlungseingang zu verzeichnen gewesen sei.

Schließlich kann sich der Kläger nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht berufen. Zum Zeitpunkt der Kündigung war das Gehalt für Juli 2013 noch nicht fällig. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass der Kläger ein Zurückbehaltungsrecht überhaupt ausgeübt hat.

Da die Kündigung vom 29.07.2013 das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2013 beendet hat, war die Klage insoweit abzuweisen.

Das Ersturteil ist auch bezüglich Ziffer 5 aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger hatte zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Würzburg keinen Anspruch auf das Gehalt für Juli 2013, §§ 611, 614 BGB. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger für den Monat Juli 2013 einen Gehaltsanspruch in der geltend gemachten Höhe erworben hat. Der Anspruch ist indes erloschen, § 362 BGB. Die Beklagte hat das Gehalt für Juli 2013 abgerechnet, die öffentlich-rechtlichen Abgaben abgeführt und den Nettobetrag in Höhe von 4.297,00 € am 27.09.2013 auf das Konto des Klägers überwiesen.

Dies ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten, das das erkennende Gericht seiner Entscheidung zugrunde legt.

Der Kläger bestreitet weder, dass die Beklagte das Geld auf sein Konto überwiesen, noch, dass sie die auf das Gehalt anfallende Steuer und Sozialversicherung abgeführt hat. Er macht lediglich geltend, nach der Zweckbestimmung in der Überweisung habe es sich bei der Zahlung um das Nettogehalt für September 2013 gehandelt. Bezüglich der Steuern und Sozialabgaben hat der Kläger jedenfalls nicht substantiell bestritten, dass entsprechende Zahlungen an das Finanzamt bzw. den Sozialversicherungsträger geflossen sind. Er hat lediglich ausgeführt, die Beklagte habe nicht dargelegt, die Zahlungen seien tatsächlich erfolgt. Die Beklagte hat indes bereits im Schriftsatz vom 07.11.2013 ausgeführt, sie habe die „Bruttobestandteile“ an die zuständigen Stellen abgeführt.

Unstreitig ist zwar, dass von der Beklagten als Zweck der Zahlung „Vergütung September“ angegeben wurde. Diese Leistungsbestimmung ist, worauf sich die Beklagte beruft, offensichtlich irrtümlich erfolgt.

Ein Gehaltsanspruch für September 2013 war zum Zeitpunkt der Zahlung des Nettoentgelts am 27.09.2013 nicht nur nicht fällig, sondern es war nicht absehbar, ob ein Anspruch überhaupt entstanden war. Der Kläger hat im September 2013 unstreitig nicht gearbeitet. Vielmehr hatte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2013 gekündigt und den Kläger nicht weiterbeschäftigt. Etwaige Ansprüche auf Gehalt wären somit nur unter dem Gesichtspunkt des § 615 BGB denkbar gewesen. Bezüglich der Kündigung vom 29.07.2013 lag am 27.09.2013 noch keine gerichtliche Entscheidung vor. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass die Beklagte auf die Rechtswirkungen der Kündigung vom 29.07.2013 verzichten wollte. Im Gegenteil ergibt sich aus den Kündigungen vom 22.08.2013 und vom 25.09.2013, die vorsorglich erklärt wurden, dass die Beklagte auf jeden Fall an der ersten Kündigung festhalten wollte. Aus dem aus Sicht der Beklagten zum 31.08.2013 beendeten Arbeitsverhältnis war bis auf die Vergütung für Juli 2013 keine Forderung mehr offen. Die (restliche) Vergütung für August 2013 hatte die Beklagte, soweit sie nicht aufgerechnet hatte, am 29.08.2013 auf das Konto des Klägers überwiesen. Dies ergibt sich aus dem nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagten.

Es gab somit am 27.09.2013 für die Beklagte keine Veranlassung, an den Kläger Vergütungszahlungen für September 2013 zu leisten. Dies war auch für den Kläger ohne weiteres erkennbar.

Da somit der Vergütungsanspruch für Juli 2013 am 27.09.2013 erloschen ist, war die Klage insoweit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, § 72 Absatz 2 ArbGG.

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