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Arbeitsrecht
31.03.2016
Arbeitsrecht
ArbG Berlin: Ermöglichen der Teilnahme eines Spielers am Trainingsbetrieb

ArbG Berlin, 21.12.2015 – 23 Ga 15642/15

Volltext des Urteils://BB-ONLINE BBL2016-832-1

unter www.betriebs-berater.de

LEITSATZ DES KOMMENTATORS

Der Beschäftigungsanspruch eines Profifußballers bezieht sich, sofern keine anderweitigen vertraglichen Regelungen getroffen werden, auf die Teilnahme am Training der 1. Mannschaft.

BGB §§ 611, 613 BGB i.V.m. § 242

Sachverhalt

Der Verfügungskläger begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung vertragsgemäße Beschäftigung in Form der Teilnahme am Trainingsbetrieb der Lizenzmannschaft des Verfügungsbeklagten und Nutzung des dem Trainingsbetriebs zugeordneten Umfelds.

Der Verfügungskläger ist auf Grundlage des bis zum 30.06.2017 befristeten Vertrages vom 01.07.2015 mit Wirkung ab dem 01.07.2015 bei dem Verfügungsbeklagten als Lizenzfußballspieler zu einem monatlichen Grundgehalt von 6.000,00 EUR brutto beschäftigt. Der Arbeitsvertrag (Bl. 14 - 25 d. A.) lautet auszugsweise wie folgt:

 „...1. Grundlagen des Vertragsverhältnisses

Der Club stellt den Spieler nach den Bestimmungen dieses Vertrages als Lizenzspieler im Sinne des Ligastatusses des „Die Liga - Fußballverbandes e.V.“ (Ligaverband) an.

2. Pflichten des Spielers

a)

an allen Spielen und Lehrgängen des Clubs, an jedem Training - gleich ob allgemein vorgesehen oder besonders angeordnet an allen Spielerbesprechungen und an allen sonstigen der Spiel- und Wettkampfvorbereitung dienenden Veranstaltungen teilzunehmen. Dies gilt auch, wenn ein Mitwirken als Spieler oder Ersatzspielen nicht in Betracht kommt. Der Spieler ist bei entsprechender Anweisung auch verpflichtet, am Training oder an Spielen der zweiten Mannschaft des Clubs teilzunehmen, falls die Spieleinsätze verbandsrechtlich zulässig sind;

5.2. Weitere Pflichten des Clubs:

a) qualifizierte Fachkräfte für einen geordneten Spiel- und Trainingsbetrieb zu sichern;

b) Spiel- und Trainingsstätten, Umkleide- und Sanitärräume nach den technischen Richtlinien des DFB bzw. des Ligaverbandes bereitzustellen und zu unterhalten;

c) sportmedizinische und sporttherapeutische Betreuung in ausreichendem Maße zur Verfügung zu stellen;

d) Sportkleidung zu stellen;

...“.

Der Verfügungsbeklagte besitzt als Leistungsmannschaft nur eine Herrenmannschaft, die in der 2. Bundesliga spielt, da der Verfügungsbeklagte seine zuvor in der Regionalliga Nord-Ost spielende Leistungsmannschaft bereits vor Unterzeichnung des Vertrages mit dem Kläger zum Ende der letzten Saison mithin zum 30.06.2015 abgemeldet hatte.

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zum 01.05.2015 ist der Beklagte zunächst seinen Verpflichtungen zur Beschäftigung des Klägers durch uneingeschränkte Teilnahme am Trainingsbetrieb und der Erfüllung der weiteren vorgenannten Vertragsverpflichtungen nachgekommen. Am Dienstag, dem 27.10.2015 wurde dem Kläger auf der Geschäftsstelle von Herrn N Sch mitgeteilt, dass er nicht mehr zum Trainingskader der Lizenzmannschaft des Beklagten gehöre und den Verein verlassen dürfe. Ihm wurde weiter mitgeteilt, dass er nunmehr mit dem weiteren Spieler N zu zweit zu trainieren habe, was auch entsprechend umgesetzt wurde, wobei der Verfügungskläger isoliert von seiner bisherigen Mannschaft und nicht an der bisherigen Trainingsstätte, sondern am B B W 63 ohne medizinische Betreuung und die Möglichkeit den Kraftraum der Lizenzmannschaft nutzen zu dürfen, zu zweit trainierte.

Mit seiner am 11.11.2015 bei dem Arbeitsgericht Berlin eingegangenen, der Beklagten am 08.12.2015 zugestellten Antragsschrift setzt sich der Verfügungskläger dagegen zur Wehr.

Er meint, er habe einen Beschäftigungsanspruch als Lizenzspieler. Nach der vom Beklagten selbst im Arbeitsvertrag unter Ziffer 2 a) aufgenommenen Klausel sei er insbesondere nicht zum Training allein oder mit einem anderen Sportskameraden verpflichtet, sondern allein dazu verpflichtet, am Mannschaftstraining teilzunehmen.

Mit Schreiben vom 13.11.2015 (Bl. 89 d. A.) bestätigte der beklagte Verein die Wiederaufnahme des Klägers in dem Trainingsbetrieb der Lizenzmannschaft ab dem 23.11.2015.

Der Kläger trägt insoweit in der mündlichen Verhandlung vor, dass er zwar nunmehr die Spiel- und Trainingsstätten, die Umkleide- und Sanitärräume sowie sportmedizinische und sporttherapeutische Betreuung im ausreichenden Maße zur Verfügung gestellt bekomme, er aber dennoch nicht mit der Mannschaft mittrainieren dürfe.

Der Kläger beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben, den Antragsteller nach Maßgabe des Arbeitsvertrages vom 01.07.2015 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 30.06.2017, an dem von dem Antragsgegner organisierten und durchgeführten Trainingsbetrieb der Lizenzmannschaft des Antragsgegners unter Leitung der der Lizenzmannschaft zugeordneten, qualifizierten Fachkräfte in gleicher Qualität und im gleichen Umfang aller anderen Spieler der Lizenzmannschaft teilnehmen zu lassen und ihm dabei die Spiel- und Trainingsstätten, die Umkleide- und Sanitärräume, sportmedizinische und sporttherapeutische Betreuung im ausreichenden Maße zur Verfügung zu stellen und ihm entsprechende Sportkleidung zu stellen.

Die Beklagte beantragt,

den Antrag zurückzuweisen

Der Beklagte erklärte insoweit in der mündlichen Verhandlung am 21.12.2015, dass der Kläger nunmehr wieder ordnungsgemäß beschäftigt werde, insbesondere am Trainingsbetrieb der Lizenzmannschaft wie arbeitsvertraglich geschuldet teilnehmen könne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze die Inhalt der mündlichen Verhandlung waren sowie auf die Erklärungen zu Protokoll Bezug genommen.

Aus den Gründen

I.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist gemäß §§ 935, 940 ZPO i.V.m. § 62 ArbGG zulässig und begründet. Der Verfügungskläger hat sowohl einen Verfügungsanspruch als auch einen Verfügungsgrund dargelegt, sowie Verfügungsanspruch und -grund glaubhaft gemacht.

1.

Der Verfügungskläger hat gegen den Verfügungsbeklagten einen Anspruch auf Teilnahme an dem von ihm organisierten und durchgeführten Trainingsbetrieb der 1. Herrenmannschaft (Lizenzmannschaft) gemäß §§ 611, 613 BGB in Verbindung mit Nummer 1-5.2. des Vertrages vom 01.07.2015.

Nach der Rechtsprechung des BAG (BAG GS Beschluss vom 27.02.1985, zitiert nach Juris) hat der Arbeitnehmer im Rahmen eines bestehenden Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung.

a)

Im Streitfall ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag der Parteien, dass der Verfügungsbeklagte verpflichtet ist, den Verfügungskläger in der Weise zu beschäftigen, dass er am vollständigen Trainingsbetrieb der Lizenzmannschaft teilnimmt, denn gemäß Nummer 1 des Vertrages ist der Verfügungskläger als Lizenzspieler eingestellt. Dementsprechend ist er als solcher zu beschäftigen, wozu auch die Teilnahme am Trainingsbetrieb der Lizenzmannschaft, für die er eingestellt wurde, zählt.

b)

Der Verfügungsbeklagte war mithin im Rahmen seines Direktionsrechts nach § 106 S.1 GewO nicht befugt, den Verfügungskläger vom Trainingsbetrieb der 1. Mannschaft auszuschließen und ihn isoliert von seiner bisherigen Mannschaft, nicht an seiner bisherigen Trainingsstätte, ohne medizinische Betreuung und die Möglichkeit den Kraftraum der Lizenzmannschaft nutzen zu dürfen, zu zweit, mit dem weiteren Spieler N. zu trainieren. Nach § 106 S. 1 GewO darf der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zwar näher bestimmen, dies aber nur, soweit diese nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist.

Haben die Parteien vorliegend arbeitsvertraglich in § 1 des Vertrages eine Feststellung dahingehend getroffen, dass der Verfügungskläger als Lizenzspieler eingestellt ist, so haben sie inhaltlich vereinbart, dass der Verfügungskläger als solcher zu beschäftigen ist, ihm insbesondere die Möglichkeit der Teilnahme am Training der Lizenzmannschaft, mithin der 1. Herrenmannschaft, in der allein und ausschließlich Lizenzfußballer beschäftigt werden, einzuräumen ist. Insoweit schied die Zuweisung des Verfügungsklägers zum Einzeltraining an einem anderen Ort mit dem Spieler N. aus.

Gemäß Schreiben der Beklagten vom 13.11.2015 erkennt diese den Anspruch des Klägers zur Teilnahme an dem Trainingsbetrieb der Lizenzmannschaft auch an.

Inwieweit die Beklagte entgegen ihrer Mitteilung vom 27.10.2015 und ihrer entsprechenden Handlungsweise den Kläger nunmehr arbeitsvertragskonform an den von ihr organisierten und durchgeführten Trainingsbetrieb der Lizenzmannschaft in gleicher Qualität und im gleichen Umfang aller anderen Spieler der Lizenzmannschaft teilnehmen lässt und mithin der Anspruch des Klägers erfüllt wird (§ 362 BGB), konnte die erkennende Kammer im Kammertermin im Eilverfahren nicht aufklären, zumal weder der Kläger seien Klageanspruch substantiiert hat - sowie, in welcher Weise möchte er teilnehmen, inwieweit nimmt er nicht teil - noch die Beklagte substantiiert vorgetragen hat, wie sie den Kläger genau beschäftigt.

Der Einwand der Erfüllung der Beklagten - § 362 BGB sollte man das Vorbringen des Beklagten im Kammertermin dahingehend verstehen, konnte mithin nicht durch greifen.

3.

Dem Verfügungskläger steht auch ein Verfügungsgrund zur Seite.

Der im Falle einer einstweiligen Verfügung erforderliche Verfügungsgrund stellt eine besondere Ausprägung des Rechtsschutzbedürfnisses dar. Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn für den Antrag eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt. Dies kann in Einzelfällen auch dazu führen, dass eine Befriedung des Gläubigers eintritt. Dann müssen aber besondere Umstände vorliegen, die einen derartigen Anspruch rechtfertigen.

Derartige Umstände liegen hier vor. Die Kammer ist davon überzeugt, dass der Verfügungskläger zur Erhaltung seiner beruflichen Qualifikation darauf angewiesen ist, am Trainingsbetrieb der 1. Mannschaft, auf einem Niveau, welches für die Teilnahme am Spiel in der 2. Bundesliga erforderlich ist, teilzunehmen. Es ist ihm deshalb nicht zuzumuten, das Hauptsacheverfahren von mehrmonatiger Dauer abzuwarten.

II.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus §§ 91 ZPO, 46 Abs. 2 ArbGG.

Die Streitwertfestsetzung liegen § 61 Abs. 1 ArbGG, 3 f. ZPO zugrunde.

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