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Arbeitsrecht
17.03.2016
Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: : Entleiher bei Kettenleihe

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.12.2015 – 7 Sa 387/15

Volltext: BB-ONLINE BBL2015-756-6

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

Kommt es zur Zwischenschaltung Dritter und damit zu einer sogenannten „Kettenleihe“, so ist als Entleiher allein derjenige anzusehen, bei dem der Arbeitnehmer tatsächlich beschäftigt wird. Denn nur dieser übt für den konkreten Einsatz das ihm übertragene arbeitsbezogene Weisungsrecht aus.

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen nach Maßgabe der §§ 9, 10 AÜG seit dem 01.09.2006 ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Klägerin stand zunächst in vertraglichen Beziehungen zur „RF S.-M. und S. GmbH“, später schloss sie einen als „Subunternehmervertrages“ bezeichneten Vertrag mit der „CBS M. D.“ (Bl. 16 d. A.). Zuletzt vereinbarte sie mit Datum vom 21.08.2013 (Bl. 10 – 15 d. A.) mit der „P. S..GmbH“ (im Folgenden PTB) einen „Kooperationsvertrag über Dienstleistungen auf Abruf“ zur Durchführung von Aufgaben der PTB im Rahmen von Servicetätigkeiten für die Beklagte. Für die Einzelheiten dieses Vertrages wird auf Bl. 10 – 15 d. A. Bezug genommen. Keiner dieser Vertragspartner der Klägerin verfügte über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der Automobilindustrie. Sie unterhält in Berlin u. a. eine Niederlassung am Salzufer sowie seit 2010 eine Niederlassung Unter den Linden (im folgenden MB G.), in der von der Beklagten vertriebene Fahrzeuge ausgestellt sowie sonstige Produkte der Beklagten präsentiert werden. In beiden Niederlassungen sind Mitarbeiter anderer Unternehmen als Hostessen tätig. Dazu nahm die Beklagte auf entsprechenden Formularen zunächst monatliche Bestellungen von Dienstleistungen bei der „G. S. GmbH“ (im Folgenden GSG) vor. Diesen Bestellungen lag eine Vereinbarung zwischen der Beklagten und G.über die (widerrufliche) Erbringung von Hostessen- und Wagenmeisterdienste aus dem Jahr 2000 zugrunde. Wegen der Einzelheiten des Angebots von G. wird auf Bl. 988 – 989 d.A. Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten dieser Bestellungen wird auf das Anlagenkonvolut B4 zum Schriftsatz der Beklagten vom 26.11.2014 (Bl. 262 – 269 d. A.) sowie auf die Anlage B 11 zum Schriftsatz vom 6.10.2015 Bezug genommen.

Ab September 2009 vereinbarte die Beklagte mit der GSG als „Einkaufsabschluss“ bezeichnete Rahmenverträge über „Hostessen/Personaldienstleistungen für die Niederlassung Berlin“. Dort heißt es u. a. unter der Überschrift „Auftragsausführung und Arbeitnehmerüberlassung“:

1. Eine Weitervergabe eines Gesamtauftrages durch den Auftragnehmer an Nachunternehmer (Subunternehmer) ist ausgeschlossen. Die Weitervergabe von Teilen eines Auftrages an Nachunternehmer bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Auftraggebers.

2. Dem Auftragnehmer ist es untersagt, auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers Erfüllungsgehilfen einzusetzen, die dem Auftragnehmer von Dritten kraft behördlicher Erlaubnis gem. § 1 Abs. 2 AÜG oder unter Missachtung gesetzlicher Vorschriften zur Arbeitsleistung überlassen worden sind.

3. Der Auftragnehmer führt die ihm übertragenen Aufträge in eigener Regie und Verantwortung aus. Für die Durchführung von Leistungen auf dem Betriebsgelände des Auftraggebers hat der Auftragnehmer nach Vereinbarung mit dem Auftraggeber einen oder mehrere, jedoch mindestens einen Repräsentanten einzusetzen. Repräsentanten müssen hinreichend fachlich qualifiziert sein und jederzeit die fachliche wie personelle Führung und unmittelbare Betreuung der vom Auftragnehmer eingesetzten Erfüllungsgehilfen sicherstellen. 

4. Neben dem Auftragnehmer fungieren die Repräsentanten als ausschließliche Kontaktpersonen zum Auftraggeber und sind vom Auftragnehmer mit den erforderlichen Vertretungsbefugnissen auszustatten. Die Repräsentanten müssen für den Auftraggeber jederzeit – im Rahmen ihrer Tätigkeit – erreichbar sein.

5. Der Auftragnehmer verpflichtet sich für eine ausreichende Präsenz vom Repräsentanten während der Durchführung der übertragenen Aufträge Sorge zu tragen. Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber den zur Erfüllung des jeweiligen Auftrages eingesetzten Repräsentanten und deren Stellvertreter vorab zu benennen. Änderung der Repräsentanten sind dem Auftraggeber vor deren Wirksamwerden mitzuteilen.“ …

Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Einkaufsabschlüsse wird auf das Anlagenkonvolut B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 22. September 2014 (Bl. 113 – 126 d. A.) sowie auf das Anlagenkonvolut B 10 zum Schriftsatz der Beklagten vom 6.10.2015 Bezug genommen.

Die Bundesagentur für Arbeit erteilte der GSG eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Diese wurde zunächst auf jeweils ein Jahr befristet erteilt (vgl. Bl. 241 d.A.), später dann ab dem 17.04.2008 unbefristet (Bl. 240 d. A.). Mit Datum vom 03.09.2013 erteilte die Bundesagentur für Arbeit der „G. S. GmbH“ nach Verschmelzung mit der „G. S. GmbH“ eine zunächst befristete Erlaubnis zur Überlassung von Arbeitnehmern vom 04.09.2013 bis zum 03.09.2014 (Bl. 127 d. A.).

Die Klägerin war seit dem 01.09.2006 in den Räumlichkeiten der Beklagten als Hostess tätig und zwar zunächst in der Niederlassung am Salzufer, später seit 2010 in der MB Gallery. Sie arbeitete im Empfang, im Service, an der Kasse und im Lager. Ob ihr Einsatz auf der Grundlage der zwischen der Beklagten und der GSG getroffenen Vereinbarungen beruhte, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Einsatz der Klägerin erfolgte im Rahmen von monatlichen Dienstplänen, die während ihres Einsatzes für die MB Gallery in einem Aktenordner in einem Aktenschrank abgelegt wurden und dort einsehbar waren, zum Teil aber auch per E-Mail über die E-Mail Adresse der Beklagten an die Klägerin übersandt wurden. Wer diese Dienstpläne erstellt hat, ist zwischen den Parteien streitig. Für die Einzelheiten dieser Dienstpläne wird auf Bl. 26 – 34 d. A. sowie Bl. 277 – 335 d. A. Bezug genommen.

Seit April 2014 wird die Klägerin bei der Beklagten nicht mehr eingesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war sie schwanger. Am 04.08.2014 hat sie von ihrem Kind entbunden.

Mit Schreiben vom 24.06.2014 forderte die Klägerin die Beklagte auf, sie weiter zu beschäftigen; sie verwies darauf, es bestehe mit ihr ein Arbeitsverhältnis (Bl. 37 d. A.). Dies lehnte die Beklagte, unter Hinweis auf die zwischen ihr und der GSG abgeschlossenen Dienstleistungsverträge, auf deren Grundlage der Einsatz der Klägerin bei ihr erfolgt sei, ab.

Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zu der Beklagten weiter.

Das Arbeitsgericht Berlin hat – soweit für das Berufungsverfahren relevant - mit Urteil vom 11.02.2015 festgestellt, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten seit dem 01.09.2006 ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis mit einer Arbeitszeit von zuletzt 160 Stunden im Monat besteht und die Beklagte verurteilt, der Klägerin gemäß § 13 AÜG Auskunft über die wesentlichen Arbeitsbedingungen einer/eines vergleichbaren Beschäftigten zu erteilen, die/der seit 01.01.2014 im Bereich Empfang/Service tätig ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, zwischen der Klägerin und der Beklagten gelte gemäß § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis als zustande gekommen. Die jeweiligen Vertragspartner der Klägerin hätten unstreitig nicht über eine Erlaubnis zur Überlassung von Arbeitnehmern gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 AÜG verfügt, gleichwohl aber der Beklagten die Klägerin zur Ausübung der Tätigkeit im Empfang und Service überlassen. Soweit die Beklagte behaupte, die Klägerin sei im Rahmen einer sog. Kettenleihe durch die GSG überlassen worden, die über die erforderliche Erlaubnis verfügt habe, greife dieser Einwand nicht durch. Mangels Vorliegen der mit der GSG vertraglich vereinbarten schriftlichen Genehmigung zur Weitergabe von Teilen des Auftrags an Nachunternehmer sei weder nachvollziehbar, ob überhaupt eine solche Genehmigung erteilt worden sei, noch ggf. bezogen auf welche Unternehmen. Dabei sei die Klägerin auch wie eine Arbeitnehmerin eingesetzt und mehr oder weniger in die betriebliche Organisation integriert worden. Der Umfang der Beschäftigung der Klägerin mit 160 Stunden im Monat und im Wesentlichen im Bereich Empfang/Service sei zwischen den Parteien nicht im Streit. Ebenso unstreitig sei auch der Einsatz der Klägerin im Betrieb der Beklagten seit dem 01.09.2006. Analog § 13 AÜG könne die Klägerin Auskunft über die im Betrieb der Beklagten geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen für einen vergleichbaren Arbeitnehmer verlangen. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses der Beklagten am 24. Februar 2015 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 6. März 2015 eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit einem beim Landesarbeitsgericht am 24. April 2015 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Die Beklagte und Berufungsklägerin bestreitet unter Ergänzung und in Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, dass die Klägerin im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung für sie tätig geworden sei. Der Einsatz der Klägerin bei ihr sei vielmehr ausschließlich auf der Grundlage der mit der GSG abgeschlossenen Dienstleistungsverträge über die Erbringung von Hostessen-Dienstleistungen erfolgt und von der GSG allein organisiert worden. Diese habe entsprechend der vertraglichen Vereinbarungen Repräsentanten vor Ort gestellt, die auch für die Dienstplaneinteilung dieser Arbeitnehmer zuständig gewesen seien. Auch die Einsatzplanung der Klägerin sei ausschließlich durch die GSG erfolgt. In der MB-Gallery habe Frau Sch. die Funktion der Teamleitung und Repräsentantin der GSG übernommen. Diese habe selbst regelmäßig in vier Schichten pro Woche in der MB-Gallery gearbeitet. Am Standort Salzufer sei als Teamleiterin der GSG Frau M. L. eingesetzt worden. Mit dieser habe die Repräsentantin in der MB Gallery die Dienstpläne für die MB-Gallery abgestimmt und festgelegt. Die Beklagte jedenfalls habe keine Weisungen hinsichtlich Art, Ort und Zeit dieser von der GSG eingesetzten Personen erteilt. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten nur die erbrachten Dienstleistungen kontrollieren müssen und bei eventuellen Mängeln den zuständigen Mitarbeiter der GSG kontaktiert. Ein gemeinsamer Einsatz der Klägerin mit Mitarbeitern der Beklagten sei nicht erfolgt. Insbesondere sei die Klägerin nicht in Bereichen eingesetzt gewesen, in denen Mitarbeiter der Beklagten eingesetzt gewesen seien, zumindest aber nicht mit vergleichbaren Tätigkeiten. Denn die Mitarbeiter der Beklagten hätten jeweils höherwertige Tätigkeiten ausgeübt. Soweit Dienstpläne per E-Mail über das System der Beklagten an die Klägerin geschickt worden seien, sei dies nicht von der Beklagten genehmigt und mittlerweile unterbunden worden. Soweit eine Mitarbeiterin der Beklagten ebenfalls in den Dienstplänen aufgetaucht sei, sei auch dies nicht von der Beklagten zu verantworten gewesen, und von ihr gegenüber der GSG untersagt worden. Die Klägerin habe weder ihre Urlaubsplanung absprechen noch entsprechende Genehmigungen von ihr einholen müssen. Bei Krankheit sei sie verpflichtet gewesen, sich bei der Teamleitung von GSG zu melden, wie sich dies auch aus den Dienstplänen ergebe. Sie sei von der jeweiligen Repräsentantin in ihre Tätigkeiten eingewiesen worden. Arbeitsmaterialien wie Dienstkleidung oder Zugang zum EDV-System habe die Beklagte ihr nicht zur Verfügung gestellt. Auch habe die Klägerin keine Vertretungstätigkeit übernommen. Soweit die Klägerin im Shop in der MB-Gallery eingesetzt gewesen sei, sei dies allein auf Weisung der Repräsentantin von G. erfolgt, bei der die entsprechende Mitarbeiterin der Beklagten einen Bedarf angemeldet habe. Soweit ihre eigene Mitarbeiterin teilweise auch am Empfang gearbeitet habe, sei diese Tätigkeit höherwertig und verantwortungsvoller gewesen, da sie auch die Aufgabe gehabt habe, die Tätigkeit der externen Dienstleister zu überwachen und Beanstandungen an den entsprechenden Mitarbeiter der GSG weiter zu leiten.

Aber auch dann, wenn die Klägerin im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung für die Beklagte tätig geworden wäre, sei kein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten begründet worden. Denn jedenfalls sei die Tätigkeit der Klägerin in ihren Räumlichkeiten auf der Grundlage von Verträgen mit der GSG erfolgt. Allein an diese habe sie sämtliche Vergütung für Hostessendienstleistungen bezahlt. Dieser sei die Weitergabe von Teilen des Auftrages, wenn auch nicht schriftlich, erlaubt worden. Die GSG habe stets über eine gültige Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt. Verträge mit anderen Unternehmen über Hostessendienstleistungen hätten nicht bestanden. Insbesondere habe sie keine Vertragsbeziehungen mit den Unternehmen unterhalten, die die Klägerin als ihre eigenen Vertragspartner bezeichnet habe. Auch habe sie allein an GSG entsprechende Vergütungen für die Erbringung von Hostessendienstleistungen gezahlt.

Nachdem mit Teilurteil vom 8. September 2015 die Berufung der Beklagten insoweit zurückgewiesen wurde, als sie sich gegen die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach dem 12.04.2013 sowie die Verurteilung zu der Auskunft nach § 13 AÜG (Tenor II) richtet, 

beantragt die Beklagte und Berufungsklägerin

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin (im Folgenden: Arbeitsgericht) vom 11. Februar 2015, Aktenzeichen 54 Ca 8951/14 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

                die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil. Weder sei erkennbar, dass sie auf der Grundlage von Dienstleistungsverträgen mit der GSG bei der Beklagten eingesetzt worden sei, noch habe diese über die erforderliche Erlaubnis verfügt. Sie sei bei der Beklagten wie eine eigene Arbeitnehmerin tätig geworden. So sei sie mit den Arbeitnehmern der Beklagten in die Dienstpläne eingeteilt worden, die Beklagte habe diese Dienstpläne erstellt und ihr zur Verfügung gestellt, was sich auch daraus ergebe, dass diese teilweise per E-Mail von einer E-Mail-Adresse der Beklagten an sie übersandt worden seien. Die Dienstpläne seien auch auf dem Server der Beklagten abgelegt worden. Sie sei nicht gefragt worden, zu welchen Zeitpunkten sie habe arbeiten wolle und sie habe nur Kontakt zu Mitarbeitern der Beklagten gehabt. Von Repräsentanten der GSG sei sie nicht informiert worden. Diese seien ihr gegenüber auch nicht als solche aufgetreten. Insbesondere die von der Beklagten als Repräsentantin der GSG in der MB-Gallery bezeichnete Frau Sch. sei nach ihrer Kenntnis gar nicht Mitarbeiterin der GSG, sondern Mitarbeiterin der „RF-S.-M.und S. GmbH“. Bei Urlaub habe sie während ihrer Tätigkeit am Salzufer die Ansprechpartnerin Frau L. informiert. Während ihrer Tätigkeit in der MB Gallery habe sie den Urlaub mit den jeweiligen Storemanagern abgesprochen. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten ihr auch einzelne Weisungen erteilt wie z. B. über die Anordnung der Uhren im Shop, über die Warenannahme und über die ausreichende Säuberung der Verkaufsschubladen. Diese hätten ihr auch gesagt, wann sie im Shop oder woanders arbeiten solle. Zusammen mit der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau D., sei sie am Empfang tätig gewesen. Diese habe die gleichen Tätigkeiten wie sie verrichtet und habe ihr Anweisungen erteilt. Die Beklagte habe die materiellen Betriebsmittel gestellt wie z.B. die Arbeitskleidung, die identisch mit der der anderen Mitarbeiter der Beklagten gewesen sei, die elektronische Zugangskarte und den Zugang zum EDV-System insbesondere dem E-Mail-Postfach, das sie habe kontrollieren sollen. Bei der Entgegennahme von Waren habe sie für die Beklagte unterzeichnet. Am Telefon habe sie sich im Namen der Beklagten gemeldet.

Auf der Grundlage von Dienstleistungsverträgen mit der GSG sei sie nicht beschäftigt worden. Mit dieser Gesellschaft habe sie keinen Vertrag abgeschlossen. Auch sei die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung schon deshalb unwirksam, weil sie nicht den Geschäftsbereich des Unternehmens betreffe und sie bereits seit acht Jahren für die Beklagte tätig sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Vorbringen in dem mündlichen Verhandlungstermin Bezug genommen.

Aus den Gründen

1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist von ihr fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG).

Die Berufung der Beklagten ist daher zulässig.

2. Die Berufung der Beklagten hat – soweit über sie noch durch Schlussurteil zu entscheiden war – in der Sache auch im Übrigen keinen Erfolg. Zwischen den Parteien besteht seit dem 01.09.2006 ein Arbeitsverhältnis.

2.1  Nach dem zwischen den Parteien aufgrund des Teilurteils vom 8. September 2015 feststeht, dass zwischen ihnen für die Zeit nach dem 12.04.2013 ein Arbeitsverhältnis mit einem Umfang von  160 Stunden monatlich besteht, ist zwischen den Parteien noch im Streit, ob zwischen ihnen auch in der Vergangenheit, nämlich seit dem 01.09.2006 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Für den noch streitgegenständlichen Feststellungsantrag, der insoweit nicht mehr den Umfang der monatlichen Arbeitszeit zum Gegenstand hat, ist ein Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO gegeben. Aus der begehrten Feststellung, dass bereits seit dem 01.09.2006 ein Arbeitsverhältnis besteht, ergeben sich noch Rechtsfolgen für Gegenwart oder Zukunft. Da zwischen den Parteien mittlerweile auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigungen im Streit steht, handelt es sich dabei nicht nur um eine abstrakte Rechtsfrage. Vielmehr wird mit dieser Feststellung die Dauer der Betriebszugehörigkeit der Klägerin bestimmt, was unmittelbar

Auswirkungen auf etwaige Kündigungsfristen hat. Zwischen den Parteien kann auch für ihre weiteren Rechtsbeziehungen verbindlich geklärt werden, seit wann dieses Arbeitsverhältnis bestanden hat.

2.2  Die Klage ist im hier noch streitgegenständlich Umfang begründet. Zwischen den Parteien besteht nach §§ 10 Abs. 1, § 9 Nr. 1 AÜG seit dem 01.09.2006 ein Arbeitsverhältnis. 

2.2.1  Dem so fingierten Arbeitsverhältnis steht nicht bereits der Umstand entgegen, dass die Klägerin bei ihrem Vertragspartner nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern in einem freien Mitarbeiterverhältnis gestanden hätte, was die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten bereits scheitern ließe. Denn ungeachtet des Umstandes, dass diese Vertragsverhältnisse als freie Mitarbeiterverhältnisse bezeichnet waren, war die Klägerin sowohl bei CBS M. D. als auch bei der RF S. M. & S. GmbH als Arbeitnehmerin tätig.

2.2.1.1 Für diese Abgrenzung ist im Grundsatz mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z. B. BAG vom 20.01.2010 – 5 AZR 106/09 – EzA § 611 BGB 2002 Arbeitnehmerbegriff Nr. 17 m.w.N.) davon auszugehen, dass sich das Arbeitsverhältnis vom Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters oder Dienstnehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befindet, unterscheidet. Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in Betracht zu ziehen und in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Die zwingenden gesetzlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse können nicht dadurch abgedungen werden, dass die Parteien ihrem Arbeitsverhältnis eine andere Bezeichnung geben. Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrages zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (vgl. BAG vom 20.01.2010 – 5 AZR 106/06).

2.2.1.2 Gemessen an diesen Grundsätzen stellen sich auch der von der Klägerin mit der CBS geschlossene Subunternehmervertrag bzw. die mit der RF ihren monatlichen Einsätzen zugrunde liegenden Absprachen als Arbeitsverträge dar. Der „Subunternehmervertrag“ sieht für die Klägerin unter § 3 die Durchführung von Ordnungs- und Sicherungsaufgaben der CBS vor, ohne diese Tätigkeiten im Vertrag bereits näher zu beschreiben und vertraglich so zu konkretisieren, dass sie einer einseitigen Weisung entzogen wären. Vielmehr behält sich die CBS unter § 3 des Arbeitsvertrages ein solches für Arbeitsverhältnisse typisches Weisungsrecht zum Inhalt der Tätigkeit vor.

Die Durchführung des Vertragsverhältnisses bestätigt diese Einordnung. Die Klägerin wurde – wobei hier zunächst noch dahinstehen kann, von wem – in Dienstpläne eingeteilt und hat entsprechend dieser Dienstpläne ihre Arbeitsleistung bei der Beklagten erbracht. Die Art der Tätigkeit, nämlich im Empfang, Service, Verkauf und Lager, ist so ausgestaltet, dass sie regelmäßig im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses und nicht eines freien Mitarbeiterverhältnisses erfolgt. Dabei wurden der Klägerin die Art der Tätigkeit, nämlich ob im Empfang, Service, Shop oder im Lager einseitig vorgegeben und entsprechende Weisungen erteilt, wobei in diesem Zusammenhang dahinstehen kann, von wem. Aus alledem folgt, dass die Klägerin auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages und nicht eines freien Mitarbeitervertrages bei der Beklagten eingesetzt wurde. Für die Zeit des Vertrages mit RF gilt nichts anderes, auch wenn hier ausdrückliche schriftliche Vereinbarungen nicht vorlagen.

Demnach steht fest, dass die Klägerin als Arbeitnehmerin, nicht jedoch als freie Mitarbeiterin bei diesen Gesellschaften tätig war.

2.3 Die Klägerin ist durch den Einsatz bei der Beklagten deren Arbeitnehmerin geworden. Zwischen  ihr und der Beklagten ist nämlich bereits seit dem 01.09.2006 gemäß § 10 Abs. 1 S. 1 iVm. § 9 Nr. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Nach diesen Vorschriften kommt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zustande, wenn eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt und der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer wegen Fehlens der nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis unwirksam ist.

2.3.1  Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass das von der Beklagten als Grundlage für die Beschäftigung der Klägerin herangezogene Vertragsverhältnis zwischen ihr und der GSG die Überlassung von Arbeitnehmern zum Gegenstand hatte. Denn es handelt sich weder nach seinem Inhalt noch nach seiner tatsächlichen Handhabung um einen Dienstvertrag zur Erbringung selbstständiger Dienstleistungen.

2.3.1.1     Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. Urteil vom 15.04.2014 – 3 AZR 395/11 – juris; vom 18.01.2012 – 7 AZR 723/10 – EzA § 1 AÜG Nr. 14; vom 24.05.2006 – 7 AZR 365/05 – EzA AÜG § 10 AÜG Fiktion Nr. 114 jeweils mwN) ist davon auszugehen, dass eine Überlassung zur Arbeitsleistung iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AÜG vorliegt, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen. Nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz ist eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Diese ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Notwendiger Inhalt eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags ist die Verpflichtung des Verleihers gegenüber dem Entleiher, diesem zur Förderung von dessen Betriebszwecken Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen. Die Vertragspflicht des Verleihers gegenüber dem Entleiher endet, wenn er den Arbeitnehmer ausgewählt und ihn dem Entleiher zur Verfügung gestellt hat. Von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Er organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werkes erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht erfasst (BAG v. 15.04.2014 – 3 AZR 395/11 mwN).

Über die rechtliche Einordnung des Vertrags zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem tatsächlichen Geschäftsinhalt nicht entspricht. Die Vertragsschließenden können das Eingreifen zwingender Schutzvorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht dadurch vermeiden, dass sie einen vom Geschäftsinhalt abweichenden Vertragstyp wählen. Der Geschäftsinhalt kann sich sowohl aus den ausdrücklichen Vereinbarungen der Vertragsparteien als auch aus der praktischen Durchführung des Vertrags ergeben. Widersprechen sich beide, so ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags maßgebend, weil sich aus der praktischen Handhabung der Vertragsbeziehungen am ehesten Rückschlüsse darauf ziehen lassen, von welchen Rechten und Pflichten die Vertragsparteien ausgegangen sind, was sie also wirklich gewollt haben. Der so ermittelte wirkliche Wille der Vertragsparteien bestimmt den Geschäftsinhalt und damit den Vertragstyp (BAG vom 24.05.2006 – 7 AZR 365/05).

Ein Arbeitnehmer, der die vertraglichen Vereinbarungen zwischen seinem Vertragsarbeitgeber und dem Dritten nicht kennt, muss Tatsachen vortragen, die eine Würdigung rechtfertigen, wonach der Arbeitnehmer einem Entleiher zur Arbeitsleistung überlassen ist. Es ist dann Aufgabe des Entleihers, die Tatsachen darzulegen, die gegen das Vorliegen des Tatbestands aus Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG aF sprechen. Er genügt seiner Darlegungslast, wenn er die eine werkvertragliche Vereinbarung begründenden Tatsachen vorträgt. In diesem Fall ist es nunmehr Sache des Arbeitnehmers, die Kenntnis der auf Seiten der beteiligten Arbeitgeber handelnden und zum Vertragsabschluss berechtigten Personen von der tatsächlichen Vertragsdurchführung vorzutragen (BAG vom 15.04.2014 – 3 AZR 395/11).

2.3.1.2  Gemessen an diesen Grundsätzen, denen sich die erkennende Kammer anschließt, erweisen sich die von der Beklagten bei GSG getätigten Personalanforderungen („Bestellungen“), auf  deren  Grundlage  der Einsatz der Klägerin im Zeitraum vom 01.09.2006 bis einschließlich August 2009 nach dem Vorbringen der Beklagten erfolgt sein soll, als auf die Überlassung von Arbeitnehmern gerichtete Abmachungen.

2.3.1.2.1  Bereits das von der Beklagte überreichte „Angebot über Hostessen- und Wagenmeisterdienste“ vom 14.05.2001, das Bestandteil der Vereinbarung der Vertragspartner war, umschreibt als Vertragsgegenstand die „Beauftragung von Hostessen- und Wagenmeisterdiensten“ und richtet sich im Ergebnis auf die (bloße) Zurverfügungstellung von Arbeitnehmern, die nach Stundensätzen vergütet wird. Weitere Vorgaben, etwa über eine von der GSG in eigener Regie durchzuführende Organisation eines Tätigkeitsbereichs der Beklagten wie z.B. die Organisation des Empfangs- und Hostessenbereichs etc. sind nicht enthalten. Die Beklagte hat einen solchen Leistungsgegenstand mit einem entsprechenden Leistungsverzeichnis nicht vorgetragen.  Auf der Grundlage solcher „Bestellungen“ ist auch die Zurverfügungstellung von Arbeitnehmern tatsächlich erfolgt. Die Beklagte hat nach einem von ihrer Dienstleistungskoordination vorgegebenen „Mengenvolumen“ entsprechende „Dienstleistungen“ bestellt.  

Gleiches gilt für die von der Beklagten sogenannten späteren „Einkaufsabschlüsse“. Auch dort richtet  sich  der  umschriebene  Vertragsgegenstand  im  Ergebnis   auf  die (bloße) Zurverfügungstellung  von  Arbeitnehmern. So  heißt  es  dort  für  den  Vertragsgegenstand  lediglich: „Hostess/Personaldienstleistungen für die Niederlassung Berlin“. Auch hier finden sich keine weiteren Vorgaben, etwa über eine von der GSG in eigener Regie durchzuführende Organisation eines Tätigkeitsbereichs der Beklagten wie z.B. die Organisation des Empfangs- und Hostessenbereichs etc.

2.3.1.2.2  Die tatsächliche Vertragsdurchführung entspricht dem. Die Beklagte hat nach einem von ihr selbst ermittelten Bedarf Arbeitnehmer zahlenmäßig bei der GSG abgefordert und eingesetzt. Nur diesen Bedarf musste die GSG abdecken, indem sie der Beklagten eine entsprechende Anzahl von Arbeitnehmern stellte.

Dabei ist davon auszugehen, dass die ursprünglichen vertraglichen Bedingungen einen Repräsentanten nicht vorgesehen haben. Soweit die vertraglichen Regelungen dann seit September 2009 vorgesehen haben, dass die GSG verpflichtet war, einen Repräsentanten vor Ort vorzuhalten, der jederzeit für die Beklagte erreichbar sein sollte und der persönlich der Beklagten benannt werden musste, führt dies nicht zur Annahme eines Werk- oder Dienstvertrages. Dem Repräsentanten kam angesichts des Vertragsinhalts und seiner Durchführung keine relevante Funktion zu. Zwar ist es zutreffend, dass der Vorhalt eines Verantwortlichen vor Ort beim Auftraggeber im Grundsatz dafür sprechen kann, dass der Auftragnehmer sein eigenes Direktionsrecht gegenüber den beim Auftraggeber tätigen Personen auch tatsächlich ausüben kann und etwa ein geschuldetes Werk auch tatsächlich in eigener Regie erbringen kann. Dies setzt allerdings voraus, dass überhaupt eine abgrenzbare Leistung oder ein Werk als Vertragsinhalt vereinbart sind. Das war vorliegend – wie gezeigt - nicht der Fall. Angesichts der beschriebenen fehlenden Leistungsbeschreibung konnten die Repräsentanten keine Weisungen erteilen, die auf die Erfüllung gerade der Leistungsverpflichtung von der GSG gerichtet gewesen wären. Sie konnten allenfalls Weisungen der Beklagten „weitergeben“, waren also allenfalls deren Boten, nicht aber in eine Weisungskette der GSG eingegliedert.

Auf die weitere Frage, ob nun die Beklagte oder die GSG der Klägerin die Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt hat oder ob der Klägerin eine Zugangskarte überlassen wurde, kam es bei dieser Konstellation ebenso wenig entscheidungserheblich an, wie auf die übrigen zwischen den Parteien erörterten Einzelheiten, die für oder gegen eine Arbeitnehmerüberlassung sprechen sollten und die die Kammer vollumfänglich in ihre Erwägungen mit einbezogen hat.

Gegenüber diesen vertraglichen und tatsächlichen Gegebenheiten, die die Annahme des Vorliegens einer Arbeitnehmerüberlassung rechtfertigen, hat die Beklagte keine hinreichenden Tatsachen oder Umstände vorgetragen, die auf eine werkvertragliche oder dienstvertragliche Rechtsbeziehung zwischen ihr und der GSG schließen ließen. Hierzu wäre sie prozessual indes verpflichtet gewesen (BAG vom 15.04.2014 – 3 AZR 395/11).

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Änderung der vertraglichen Grundlagen ab September 2009 auf ein zuvor bereits begründetes Arbeitsverhältnis keinen Einfluss haben konnte. Denn zur Beendigung eines einmal begründeten Arbeitsverhältnisses hätte es schriftlicher Vereinbarungen der Parteien bedurft. Diese liegen nicht vor. Vertragliche Regelungen zwischen der Beklagten und der GSG reichen dazu nicht aus.

2.4 War die Klägerin aber auf der Grundlage einer Arbeitnehmerüberlassung für die Beklagte tätig, wurde mit Wirkung vom 01.09.2006 zwischen ihr und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis begründet. Denn ihre Vertragspartner verfügten unstreitig nicht über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Auf die der GSG erteilte Erlaubnis kam es nicht an. Diese ist nicht als Verleiherin iSv § 10 AÜG anzusehen, zu der das Arbeitsverhältnis fortbestehen würde.

2.4.1  Nach § 9 Nr. 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleiher und Entleiher sowie zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer mit der Folge des § 10 Abs. 1 AÜG unwirksam.

Dabei ist „Verleiher“ im Sinne der §§ 9, 10 AÜG diejenige Rechtspersönlichkeit, die ihrerseits eigene Arbeitnehmer dem Entleiher zur Verfügung stellt, auch wenn dies im Verhältnis zum Entleiher nur über eine „Kette“ erfolgt. Denn nur der Vertragsarbeitgeber des Leiharbeitnehmers ist rechtlich und tatsächlich in der Lage, die für das Leiharbeitsverhältnis kennzeichnende Übertragung der Weisungsbefugnis an den Entleiher vorzunehmen. Wer keine eigene Weisungsbefugnis innehat, kann eine solche auch nicht übertragen. Wer lediglich im Rahmen einer Kette in einen Verleihvorgang eingeschaltet ist, überträgt nicht eine solche Leitungsmacht. Denn er übt eine solche überhaupt nicht aus. Auch vom Sinn und Zweck des Rechtsverhältnisses zwischen Verleiher und „Vermittler“ geht es nicht darum, dem Vermittler das Weisungsrecht zu übertragen. Denn dieses machte nur dann einen Sinn, wenn der Vermittler den Leiharbeitnehmer für eigene Arbeitszwecke einsetzen wollte. Ansonsten liefe das Weisungsrecht, das sich auf die Ausübung bestimmter Tätigkeiten bezieht, leer. Eine gleichsam abstrakte Übertragung eines Weisungsrechts ohne zugehörigen Arbeitseinsatz ist nicht denkbar, sie würde auch jedenfalls den in §§ 9 und 10 AÜG niedergelegten Zusammenhang nicht erfüllen können. Denn dieser stellt auf das Verhältnis von Verleiher und Entleiher ab, nicht aber auf etwaig zwischengeschaltete Dritte, die ihrerseits nur die Rechtspositionen von Vermittlern einnehmen können.

Kommt es zur Zwischenschaltung Dritter und damit zu einer sogenannten „Kettenleihe“, so ist als Entleiher allein derjenige anzusehen, bei dem der Arbeitnehmer tatsächlich beschäftigt wird. Denn nur dieser übt für den konkreten Einsatz das ihm übertragene arbeitsbezogene Weisungsrecht aus.

2.4.2  Unter Beachtung und in Anwendung dieser Grundsätze war Verleiher im Bezugspunkt der Person der Klägerin ihr Vertragsarbeitgeber, nicht aber GSG. Ihr Vertragsarbeitgeber verfügte aber unstreitig nicht über die entsprechende Erlaubnis nach § 1 AÜG.

2.4.3  Soweit die Beklagte sich darauf beruft, die GSG sei ihr Vertragspartner gewesen und diese verfüge über eine Erlaubnis zur Überlassung von Arbeitnehmern, ist dies nach den obigen Grundsätzen unbeachtlich.

Etwas anderes hätte nur geltend können, wenn die Beklagte sich darauf berufen könnte, die GSG habe ihr ein eigenes Weisungsrecht bezüglich der Klägerin übertragen. Dies ist jedoch nicht der Fall, was sich schon daraus ergibt, dass die Beklagte die Ausübung eines Weisungsrechts unter Hinweis auf das Vorliegen eines Dienstleistungs- bzw. Werkvertrages generell bestreitet.

Insofern bleibt auch die Einlassung der Beklagten, sie wisse nichts über die Frage, ob und inwieweit GSG Subunternehmer in ihrem eigenen Vertragsverhältnis eingesetzt hat, ohne Belang. Denn es steht fest, dass die Beklagte die Klägerin im Rahmen ihrer eigenen Arbeitsorganisation in ihrer Betriebsstätte beschäftigt hat. Es hätte dann ihr oblegen, die Wirksamkeit eines von ihr angenommenen ordnungsgemäßen Fremdeinsatzes im Einzelnen darzulegen. Im Rahmen der ihr insoweit zumindest zukommenden sekundären Behauptungslast konnte ihre Erklärung, sie wisse nicht, inwieweit GSG Teile des Auftrages weitergegeben habe und inwieweit die Klägerin im Rahmen dieser Aufträge bei ihr eingesetzt war, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO nicht ausreichen. Als diejenige, die die Klägerin tatsächlich beschäftigt hatte, kommt ihr prozessual eine weitergehende Darlegungslast zu, wenn sie die Rechtsfolgen des § 10 AÜG in Frage stellen wollte.

3.  War auf dieser Grundlage von einem Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auszugehen, musste die Berufung der Beklagten insgesamt zurückgewiesen werden, mit der Folge, dass die Beklagte die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.

4.  Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 72 Abs. 1 ArbGG zuzulassen. 

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