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Arbeitsrecht
26.03.2015
Arbeitsrecht
ArbG Berlin: Anfechtung des Aufhebungsvertrages wegen Androhung von Kündigung

ArbG Berlin, Urteil vom 30.1.2015 — 28 Ca 12971/14

 

Amtliche Leitsätze

I. Auch wenn die Androhung von Kündigung durch den Arbeitgeber bei Verweigerung einer Vertragsaufhebung nach der Rechtsprechung der Gerichte für Arbeitssachen nicht widerrechtlich im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB ist, wenn der ("verständige") Arbeitgeber die Kündigung angesichts der Sachlage "ernsthaft in Erwägung gezogen" hätte (so bereits BAG 16.11.1979 - 2 AZR 1041/77 - BAGE 32, 194 = AP § 123 BGB Nr. 21 [Leitsatz 1.]; ständige Rechtsprechung), ist vom Arbeitsgericht bei Kontrolle der Anfechtbarkeit des Aufhebungsvertrags - hypothetisch - zu prüfen, ob die betreffende Kündigung Aussicht auf rechtliche Anerkennung gehabt hätte.

II. In diesem Zusammenhang kann neben der Frage, ob das als Vertragsverletzung eingestufte Verhalten der betroffenen Arbeitsperson Defiziten der betrieblichen Organisation entspringt, als Problem der Zurechenbarkeit des missbilligten Zustandes eine Rolle spielen, ob dieser Zustand sich mindestens gleichrangig fehlerhaftem Verhalten von Vorgesetzten verdankt.

III. Neben in Aussicht gestellter Kündigung kommt als ggf. rechtswidriges Beugemittel nach § 123 Abs. 1 BGB nicht nur die Androhung erheblicher Schadensersatzforderungen in Betracht, sondern auch der Hinweis der Akteure, im Falle verweigerter Einwilligung in die Vertragsaufhebung im Zeugnis auf das fragliche Fehlverhalten "Bezug" zu nehmen und etwaige Anfragen künftiger potentieller Arbeitgeber über den Hintergrund der Trennung bereitwillig "wahrheitsgemäß" zu beantworten.

IV. Unabhängig von Fragen der Anfechtbarkeit rechtswidrig erwirkter Einwilligung in den Aufhebungsvertrag kann die Verletzung des Gebotes zu "fairem Verhandeln" (s. etwa BAG 27.11.2003 - 2 AZR 135/03 - BAGE 109, 22 = AP § 312 BGB Nr. 1 = NZA 2004, 597 - Juris-Rn. 53; 15.3.2005 - 9 AZR 502/03 - BAGE 114, 97 = AP § 781 BGB Nr. 7 = NZA 2005, 682 = MDR 2005, 918 - Juris-Rn. 46) den Arbeitgeber unter dem Gesichtspunkt des § 162 Abs. 2 BGB rechtlich daran hindern, sich auf den Aufhebungsvertrag zu berufen. - Hier: Bejahung einer solchen Sachlage.

§§

Sachverhalt

Es geht im Wesentlichen um die Anfechtung eines Aufhebungsvertrages sowie um auf Gründe im Verhalten der Klägerin gestützte – vorzugsweise fristlose Kündigung, nachdem ihre Abteilung bei der Lieferung von Waren einem Betrüger aufgesessen war. - Vorgefallen ist folgendes:

I.              Die (heute[1]) 53-jährige Klägerin trat aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags vom 1. August 1993[2] im selben Jahr in nicht festgestellter Funktion in die Dienste der Beklagten, die mit einer gleichfalls nicht mitgeteilten Zahl von Beschäftigten als deutschlandweit „größter autorisierter Händler von Produkten der Marke ,Apple' wie zum Beispiel iPhones, iMacs und iPods sowie deren Zubehör“ eine Handelskette betreibt[3]. Unter dem 31. Oktober 1995 schufen die Parteien eine neue Vertragsurkunde[4] (Kopie: Urteilsanlage I.), deren Inhalt zufolge die Klägerin ab November 1995 als nunmehr „stellvertretende Leiterin Mail“ weiterbeschäftigt werde. Nach mehreren – auch geldlich flankierten - Belobigungen in den Jahren 2000[5], 2004[6] und 2008[7] erfuhr sie seit Juni 2013 (wohl) ihre Beförderung zur „Teamleiterin“[8] der im betrieblichen Sprachgebrauch nunmehr als „Direct Sales“ bezeichneten Organisationseinheit[9]. Hierfür bezog die Klägerin zur Zeit der Ereignisse, die den Hintergrund des Rechts-streits bilden, eine monatliche Vergütung von durchschnittlich 3.731,41[10] Euro (brutto).

II.             Mit besagten „Ereignissen“ hat es folgende Bewandtnis:

1.            Zu einem abermals nicht (genauer) ermittelten Zeitpunkt empfing die Klägerin „im Mai 2014“ per E-Mail die Nachricht eines sich als „Pierre Be.“ bezeichnenden Akteurs[11], der vorgab, Ansprechpartner („Purchasing Manager“[12]) des französischen Unternehmens „Q. SA“ zu sein[13], das bisher nicht zum Kundenkreis der Beklagten zählte. Außerdem gab besagter „Be.“ an, Bedarf an Artikeln aus dem Sortiment der Beklagten zu haben, den er sodann unter dem 27. Mai 2014[14] (Kopie: Urteilsanlage II.) mit zunächst „50 – Apple iPad Wifi + Cellular Air 128 GB Spacegrau – ME987FD/A“ spezifizierte. - Sodann nahmen die Dinge diesen Verlauf:

a.            Die vorerwähnte Anfrage bewog die Klägerin, „Be.“ nach Rücksprache mit ihrem Vorgesetzten und Leiter der Abteilung „Direct Sales“ (Herrn Ch. S.) unter dem Datum des Folgetages (28. Mai 2014) ein Angebot zur Lieferung der gewünschten Artikel gegen Vorkasse zu machen[15]. - Das entsprach zwar den seinerzeit bei der Beklagten geltenden Regularien[16] (Kopie: Urteilsanlage III.), war allerdings nicht das, was „Be.“ wollte: Dieser ließ die Klägerin vielmehr per E-Mail vom 30. Mai 2014[17] (Kopie: Urteilsanlage IV.) prompt folgendes wissen[18]:

 

Betreff: Re: NEW IPAD AIR SUPPLY DEMAND – our Quotation no. AN8202519.

               

Hello Mr.[19] B. K. [Name der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.]

               

I acknowledge receipt of your email good and I thank you.

I inform you that we are all first union Europenne and then we habe the same understanding als we are also of the Schengen state.

Besides that the Vat are the same for the two states saw our common economic relations.

I do not understand why wie can not have a credit towards your company. This is unacceptable for us.

We agree with the quote and we accept it, but therefore our only means of payment from you is for us payment by credit with delays bill payment every 7 days net.

If you would like our bank can send you a Bank G. to this topic

See all these contours with your accounting and come back zu me

I expect you to read“.

 

b.            Hiernach schien „guter Rat“ - zunächst - „teuer“. Zwar griff die Klägerin den Hinweis auf eine „Bank G.“ nicht auf. Immerhin beriet sie den „nachhaltigen Wunsch des potentiellen Neukunden, auf Rechnung zu kaufen“, aber mit Herrn S.[20]. Mit ihm kam sie überein, sich zur Prüfung etwaiger Möglichkeiten, den Wünschen von „Be.“ entgegenzukommen, an den für Warenkreditversicherungen im Konzern zuständigen Herrn R. B. zu wenden[21]. Diesen befragte die Klägerin nun – was sie Herrn S. per „Cc“ wissen ließ - mit E-Mail vom 30. Mai 2014[22] (Kopie: Urteilsanlage V.) so:

 

Betreff: Fwd.: Fa. Q. AS in Frankreich – our quotation no. AN8202519

Wichtigkeit: Hoch

               

Hallo R.,

               

gibt es irgendwelche Rahmenbedingungen oder Ausnahmefälle, in denen wir Kunden, die ihren Sitz im Ausland haben, ein Kreditlimit gewähren würden?

Mein ,Zahlungssicherungs-Gen' sagt nein.

Trotzdem die Frage, ob es eine Praxis im Konzern dafür gibt.

Die Firma ist mir nicht bekannt – es wäre das Erstgeschäft, Volumen: 32 T€.

Normalerweise frage ich solche Themen gar nicht erst bei Dir an; dennoch hätte ich gern gewusst, wie Du generell zu dieser Frage stehst.

Ich sende mal die Unterlagen über die Fa. anbei mit der Bitte um Rückinfo, ob die Fa. Q. AS in Frankreich evtl. bereits bekannt ist.

Über eine kurze Rückinfo würde ich mich freuen. … “.

 

c.            Der Adressat (Herr B.) reagierte am Morgen (8.56 Uhr) des 2. Juni 2014[23] (Kopie: Urteilsanlage VI.):

 

„Guten Morgen B.,

               

für Adressen im Ausland gilt im Prinzip dasselbe wie für Firmen aus Deutschland: wir liefern soviel auf Rechnung wie uns die Warenkreditversicherung an Limit gewährt. Es gibt aber leider auch Bedingungen, die Auslandsgeschäfte erschweren, z.B. müssen wir sicherstellen, dass wir einen wirksamen Eigentumsvorbehalt auf unsere Ware haben. Grundsätzlich dürften EU-Länder eher unkritisch sein, außerhalb der EU wäre ich eher vorsichtig.

Bisher mitversichert haben wir Luxemburg, Schweden, Polen, Österreich und die Schweiz. Nicht versichert ist bisher Frankreich. Das könnten wir aber ändern, indem wir den Versicherer bitten, Frankreich in die Liste der versicherten Länder mit aufzunehmen, das dauert etwa 5 Tage. Danach können wir eine einzelne Firma tatsächlich auch anfragen; und hier sind die Zeiten des Versicherers vermutlich auch etwas länger als vom Inland gewohnt.

Also zusammenfassend: falls die Q. AS dauerhafter Geschäftspartner für Lieferungen auf Rechnung werden soll, dann bitte kurz Bescheid geben – ich lasse dann Frankreich als ,versichertes Land' in den Versicherungsvertrag mit aufnehmen und frage danach die o.g. Firma beim Versicherer an. Parallel solltet ihr dann mit Recht abklären, ob der Vertrag mit einer französischen Firma dann rechtlich auch so wirksam ist wie wir uns das wünschen und die Forderung im Krisenfall auch noch Bestand hat“.

 

d.            Dem ließ die Klägerin – wohl nach nochmals telefonischem Austausch – unter dem Datum des 11. Juni 2014[24] (Kopie: Urteilsanlage VII.) diesen Text folgen:

 

„Hallo R.,

               

vielen Dank für das aufschlussreiche Telefonat heute!

Hiermit sende ich Dir die Daten meines Kunden/Interessenten.

Ich möchte in die Geschäftsbeziehung starten.

Seine Vorstellungen hinsichtlich des Zahlungsziels sind: 7 Tage netto Kasse.

Momentan sind wir bei der Anbahnung des ersten Geschäfts bei 32 T€, es handelt sich um iPads.

Sollten sich die Vorbereitungen zu weit in die Länge ziehen und der Kunde die Waren inzwischen anderweitig bezogen haben, lasse ich neuen Bedarf ermitteln und gebe Dir dann das neue Angebotsvolumen durch.

Parallel habe ich die vertragliche Seite bei A. H. angefragt. Hier werde ich bescheid bekommen, wenn er wieder im Büro ist“.

Kundendaten: … [es folgen Angaben zur ,Q. SA'; d.U.]“.

 

e.            Nachdem zwischenzeitlich „Be.“ sich unter dem 16. Juni 2014 nochmals in Erinnerung gebracht hatte (Kopie[25]: Urteilsanlage VIII.), empfing die Klägerin unter dem 20. Juni 2014 (nach „Zwischeninfo“ vom 18. Juni 2014[26]) von Herrn B. folgende Nachricht (Kopie[27]: Urteilsanlage IX.):

 

„Hallo B.,

               

Atradius hat ,Q. SA' nun mit 0,25 Mio. Euro versichert. Ihr könnt also an dem Deal weiterarbeiten.

@ B.: bitte künftig die Firma Q. SA in der Umsatzmeldung mit berücksichtigen. Danke.

Viele Grüße nach Berlin!

R.“

 

Eine Abschrift dieses Texts ging den elektronischen Begleitangaben zufolge neben besagter „B.“ auch an Herrn S. (s. Urteilsanlage IX.).

f.             Diese Nachricht nahm die Klägerin zum Anlass, gegenüber dem (vermeintlichen) „Herrn Be.“ noch am selben Tag (20. Juni 2014) mit folgenden Worten per E-Mail (Kopie[28]: Urteilsanlage X.) Vollzugsmeldung zu erstatten:

 

Re: FOR OUR COLLABORATION

               

Dear Mr. Be.,

               

we are pleased to inform you about the latest news:

Q. SA ist now registered with credit.

The credit line ist about 250.000 Euro.

Terms of payment: 7 days after date of invoice without any cash discount.

So wie are sure that all things are ready to start our business relationship.

Please send uns your inquiry with the iPad models and quantities you need at the moment.

Because of my vacation from now on my colleague A. V. will answer your emails and send the quotation for the next 3 weeks“.

 

2.            Der 20. Juni 2014 (Freitag) war zugleich der (vorerst) letzte Arbeitstag der Klägerin, die – wie im Text auch erwähnt - vom 23. Juni (Montag) bis 11. Juli 2014 (Freitag) in Erholungsurlaub gehen sollte. - Wie sich die weitere Entwicklung um den (vermeintlichen) „Kunden“ nach besagter Vorarbeit gestaltete, stellen die Parteien streckenweise divergierend dar:

a.            Unstreitig ist zwar noch, dass sich die Klägerin im Zuge der Urlaubsübergabe um einen Anschluss ihres betrieblichen Umfeldes an die bis hierher gediehenen Aktivitäten um „Be.“ bemühte, streitig jedoch, wie sich das darstellte: Während sie (selber) insoweit geltend macht, sowohl eine Mitarbeiterin (Frau A. V.) als auch Herrn S. „in einem längeren Gespräch“ eingehend über den Stand und Perspektiven instruiert zu haben[29], gibt die Beklagte eine deutlich andere Darstellung: Bei ihr findet Herr S. als Gesprächspartner überhaupt keine Erwähnung und Frau V. sei lediglich „vollkommen unzureichend“ unterrichtet worden[30]. Insoweit sei nicht nur „zu bestreiten“, dass die Klägerin Herrn S. „im Rahmen einer Urlaubsübergabe“ über das „angeblich erteilte Kreditlimit“ informiert und ihn und Frau V. aufgefordert habe, sich die eingehenden Bestellungen „genau anschauen“ zu sollen[31]. Auch sei „zu bestreiten“, dass sie Herrn S. gegenüber „erklärt“ habe, dass eine Lieferung nur dann versandt werden dürfe, wenn die Zahlung der ersten Lieferung erfolgt sei[32]. Vielmehr sei in diesem Zusammenhang anzumerken, dass „die Urlaubsübergabe erst unmittelbar vor Arbeitsende der Klägerin und nur in einer sehr kurzen Zeitspanne“ stattgefunden habe[33]. Zudem legt die Beklagte Wert auf die Feststellung, dass die Klägerin zur besagten Urlaubsübergabe ein „Protokoll“ weder vorbereitet noch nachgeliefert habe[34]. Dazu merkt die Klägerin an, dass es eine verschriftlichte Urlaubsübergabe im Arbeitsprozess der Beklagten „zu keinem Zeitpunkt“ gegeben habe[35]. Eine dahingehende Anweisung sei ihr auch nicht bekannt und nie praktiziert worden[36]. Dem hält die Beklagte per Schriftsatz vom 22. J.uar 2015[37] wiederum einen auf den 19. Mai 2014 datierten Text[38] (Kopie: Urteilsanlage XI.) entgegen, aus dem sich etwas anderes ergebe[39]: Jedenfalls „diene“ das Schriftstück dem Personal seither „unter anderem auch als Übergabeprotokoll für urlaubsabwesende Mitarbeiter“[40].

b.            Fest steht, dass nun am 30. Juni 2014 und in Abwesenheit der Klägerin zwei Bestellungen von „Be.“ alias Q. über ein Einkaufsvolumen von zusammen (49.955,-- Euro + 61.615,-- Euro = ) 111.570,-- Euro [netto] (Kopien[41]: Urteilsanlagen XII. u. XIII.) bzw. (50.405,-- Euro + 61.673,26 Euro = ) 112.078,26[42] Euro [netto - Verkaufswert] im Hause der Beklagten eingingen, deren Bearbeitung tatsächlich Frau V. zufiel. Wie diese mit den Bestellungen umging, die nach den Regularien des Hauses (Kopie[43]: Urteilsanlage XIV.) wohl jede für sich vom Dienstvorgesetzten des betreffenden Mitarbeiters „freizugeben“ wären, stellen die Parteien allerdings gleichfalls unterschiedlich dar: Während die Klägerin dazu angibt, sie habe von Frau V. im Nachhinein erfahren, dass diese vor Weiterbearbeitung Herrn S. konsultiert habe[44], lässt die Beklagte zunächst den (nicht streitigen) Umstand hervorheben, dass in der Tat am 3. und 4. Juli 2014 „die ersten Lieferungen an die von ,Herrn Be.' angegebene Adresse“ erfolgt seien[45], um sodann zu bestreiten, dass Herr S. „sein ,OK' zu diesen Auslieferungen gegenüber Frau V. erklärt“ habe[46]. Tatsache ist jedenfalls, dass beide Bestellungen wunschgemäß bearbeitet und nach dem Versand der georderten Artikel in drei Teillieferungen unter den Daten des 3[47]., 4[48]. und 15[49]. Juli 2014 mit der Folge fakturiert wurden, dass sie bei sieben Tagen Zahlungsziel am 10., 11. und 22. Juli 2014 zur Bezahlung fällig wurden.

c.            Nach ähnlichem Muster ging am 11. Juli 2014 wieder eine Bestellung von „Be.“ bei der Beklagten ein (Kopie[50]: Urteilsanlage XV.), der schließlich am 15. Juli 2014 abermals drei Bestellungen folgten (Kopien[51]: Urteilsanlagen XVI. bis XVIII.), die allesamt von Frau V. bearbeitet und im Zuge der Versendung der jeweils gewünschten Artikel unter den Daten des 14[52]., 17[53]. und 18[54]. Juli 2014 fakturiert wurden.

3.            Unterdessen war mit dem 11. Juli 2014 (Freitag) der Erholungsurlaub der Klägerin abgelaufen, die folglich am 14. Juli 2014 (Montag) ihren Dienst wieder angetreten hatte. Welche Verhältnisse sie dabei hinsichtlich ihrer Arbeitsbelastung vorfand, ist zwischen den Parteien wiederum teilweise streitig.

a.            Fest scheint insofern zu stehen, dass die Beklagte mit ihrem Projekt „Movelog“ gerade den (gegenständlichen) Umzug ihres Logistik-Bereichs abgeschlossen hatte, was dazu führte, dass die Klägerin am 14. Juli 2014 mit der Aufgabe empfangen wurde, zur Sicherstellung der Funktionstüchtigkeit der veränderten Arbeitsprozesse sogenannte „Live-Tests“ durchzuführen[55]. Unterschiedlich fallen jedoch die Darstellungen der Parteien zu Dringlichkeit und Umfang der hierdurch gebundenen Arbeitsressourcen der Klägerin aus: Während diese beteuert, dass die Prozedur mit „oberster Priorität“ zu betreiben gewesen seien[56] und mehr als zwei Drittel ihrer Arbeitszeit dieser Woche verschlungen hätten[57], lässt die Beklagte „bestreiten“, dass die Klägerin wegen des Projekts „Movelog“ derart eingebunden gewesen sei, dass sie „ihren Kontrollpflichten“ beim Auslandsgeschäft Q. nicht hätte nachkommen können[58]. Zwar möge es sein, dass das Projekt „zeitintensiv“ gewesen sei, doch habe dies die Klägerin nicht davon entbunden, „ihren üblichen Pflichten und Geschäftspraktiken nachzukommen“[59]. Ihr sei sogar umgekehrt vorzuhalten, dass sie ihre Pflichten als Teamleiterin „sogar mehrfach evident verletzt hätte, wenn sie angeblich wegen besonderer Arbeitsbelastung nicht in der Lage“ gewesen sei, „sich um das ausstehende Auslandsgeschäft zu kümmern“[60]. - Fest steht wiederum jedenfalls, dass die Klägerin über den aktuellen Sachstand beim „Kunden“ Q. keine Information erbat und erhielt[61] und dessen Betreuung in besagter Woche im Ergebnis weiterhin an Frau V. „hängen“ blieb[62] (s. im selben Sinne schon oben, S. 9 [vor 3.]).

b.            Fest steht jedoch auch dies: Am 15. Juli 2014 erreichte die Beklagte gegen 16.30 Uhr eine E-Mail[63] (Kopie: Urteilsanlage XIX.), als deren Absender sich eine französische Gesellschaft namens „A.“ präsentierte. Diese bezog sich in englischer Sprache[64] auf eine der Rechnungen[65], die die Beklagte zuvor auf die von „Be.“ angegebene Rechnungsanschrift der „Q.“ ausgestellt hatte, und teilte dazu Folgendes mit:

 

Betreff: RECHNUNG 8200679 GRAVIS VERSCHENKT

               

Dear Sir or Madam,

               

We acknowledged receipt of your invoice herewith and wie would like to inform you that the invoice ist not for us.

As a matter of fact, wie never placed any order to GRAVIS VERSCHENKT.

Your company is not referenced in our accounts.

Q. has internal procedures which do not allow anybody to place any order so easily.

Furthermore, G. N.[66] ist not part of Q.'s staff“.

 

c.            Diese Nachricht lag tags darauf (16. Juli 2014) der Klägerin vor. Sie wandte sich nun per E-Mail gleichen Datums[67] (16. Juli 2014; 15.39 Uhr; Kopie: Urteilsanlage XX.) unter Übermittlung einer Kopie an Frau V. mit diesen Worten[68] an – wie sie meinte - „Herrn Be.“:

 

Betreff: URGENT!!! Fwd: RECHNUNG 82006799 GRAVIS VERSCHENKT

               

Dear Mr. Be.,

               

We received the email below from A. and wie don't understand this.

We've sent the invoice for the delivery to Q. and we can not understand why A. received your invoice.

Would you please bei so kind to check this case and give us a replay.

Do you know the company A.?

Are Q. and A. connected?

Please send us your statement about the information from A. that Q. ist not allowed to place an oder!

How we will proceed our business in future? We received your 3 new orders yesterday. A. V. has send the oder confirmations right now to you.

Is it necessary to stop the delivery?“

               

d.            „Be.“ reagierte postwendend. - In seiner Mail desselben Tages[69] (16. Juli 2014; 16.45 Uhr; Kopie: Urteilsanlage XXI.) heißt[70] es:

 

Betreff: RESPONSE TO YOUR APPLIKATION

               

Hallo B. K. [Name der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.]

               

First of all I wish you a safe jorney for your holiday and so I offer you my congratulations on your fourth World Cup won on Sunday.

I unterstand your email A. know that is connected and has Q. ist our consulting department.

there was confusion at the bill we have received are good so there ist no worries. Only she did not arrive at the right office wie have now recouped.

So no problem to do the above you. Our accounting is in contact with the bank for the payment of maturities beginning of next week. All that was created was because of a missing ipads delivery.

That ist therefore clear.

I stand at your disposal for further information“.

               

e.            Dabei blieb es. Weder verfügte die Klägerin nun etwa vorsorglich den zuvor erwähnten Lieferstopp, noch unterrichtete sie – soweit ersichtlich – Herrn S. über die Entwicklung. Nur Frau V. empfing den zitierten Text von „Be.“, und zwar noch am 16. Juli 2014 gegen 17.00 Uhr (Urteilsanlage XXI. - mit unkommentiertem Begleittext: „zur Info für Dich :-)“). - Allerdings meint sich sich nach eigenen Ausführungen in der Klageschrift daran zu erinnern, Frau V. damals „nach ihrer nicht mehr klaren Erinnerung“ auch um Prüfung gebeten zu haben, ob außer der von A. erwähnten Lieferung weitere Lieferungen an Q. versandt worden und ggf., wie viel der Kunde bereits bezahlt habe[71]. Außerdem habe sie „um anschließend Information nach der Recherche“ gebeten[72]. - Fest steht indessen, dass dann vom 21. Juli bis 1. August 2014 wiederum Frau V. im Erholungsurlaub war[73].

3.            Nachdem mittlerweile auch die jüngsten drei Warensendungen an die von „Be.“ bezeichnete Anschrift ausgeliefert, die fraglichen Rechnungen erteilt (s. oben, S. 9 [c.] mit Fn. 53 u. 54) und nach jeweils sieben Tagen zur Zahlung fällig geworden waren, stieß die Klägerin bei einer Recherche am 4. August 2014 darauf, dass keine der gegenüber Q. erteilten acht Rechnungen bezahlt worden war[74]. Damit waren nun mittlerweile Waren im Verkaufswert von 226.350,26 Euro (netto) bzw. 269.356,80 Euro (brutto) ausgeliefert, ohne dass dem ein einziger Cent als Zahlungseingang gegenüber gestanden hätte. Nun unterrichtete die Klägerin noch am selben Abend Herrn S.. Nachdem sie mit diesem tags darauf (5. August 2014) die Vorgänge nochmals gesichtet hatte[75], dämmerte den Beteiligten anscheinend, was ihnen mit „Be.“ begegnet war:

a.            Jedenfalls aktivierte Herr S. noch am 5. August 2014 die Innenrevision des Hauses[76]. Diese ermittelte durch den befassten Prüfer (Herrn A. St.), der zugleich Mitglied des Betriebsrates der Beklagten ist[77], Hintergründe und Begleitumstände des Geschehens. In seinem am 17. August 2014 erstatteten Prüfbericht[78] (Kopie [nur Haupttext, jedoch ohne „Maßnahmenkatalog“]: Urteilsanlage XXII.) kam Herr St. zum Ergebnis, dass sich der nach der Nichtbezahlung umfangreicher Warenlieferungen nahe liegende Betrugsverdacht zulasten der Beklagten „im Ergebnis der Recherchen als zutreffend herausgestellt“ habe[79]. Des Weiteren hält der Bericht fest, die „involvierten Mitarbeiter der Abteilung Direct Sales“ hätten sich außerst bestürzt bezüglich der finanziellen Folgen für die Beklagte gezeigt und glaubhaft versichert, „künftig unter allen Umständen derartige Geschäftsvorfälle verhindern zu wollen“[80]. Gleichzeitig erwähnt der Bericht als letzte seiner 22 Anlagen eine – offenbar neue - „Arbeitsanweisung von Ch. S. für die Mitarbeiter der Abteilung Direct Sales zur Behandlung von Neukunden (ohne Datum)[81]“ (Urteilsanlage XXII.3.), die dem Gericht nicht vorliegt (und die es auch nicht angefordert hat). - Was eine Entscheidung „bzgl. disziplinarischer Konsequenzen“ anbelangt, so stehe diese, so der Bericht schließlich, „bisher aus“[82].

b.            Dabei blieb es nicht: Während die Beklagte sich gegenüber Herrn S. für eine Abmahnung entschied, unterrichtete sie ihren Betriebsrat mit Schreiben vom 19. August 2014[83] (Kopie: Urteilsanlage XXIII.), auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, unter knapper Schilderung der Angelegenheit aus ihrer Sicht und ergänzendem Hinweis auf besagten Revisionsbericht (Urteilsanlage XXII.) über ihre Absicht, das Arbeitsverhältnis zur Klägerin – bevorzugt fristlos - kündigen zu wollen. Zwei Tage später (21. August 2014) erteilte das Gremium auf betriebsüblichem Vordruck[84] (Kopie: Urteilsanlage XXIV.) kommentarlos seine Zustimmung.

c.            Zum Ausspruch der so mitgetragenen Kündigung kam es jedoch (zunächst) nicht. Am 26. August 2014 ließen die Sachwalter der Beklagten die Klägerin vielmehr ohne Nennung der Thematik zu einem „Personalgespräch“ um 13.00 Uhr ins Büro des Personalleiters (Herrn Dr. Ch. H.) bestellen[85]. Dort fand begegnete sie rund drei Stunden später[86] neben diesem auch dem Geschäftsleiter[87] (Herrn J. Sr.). Über den Inhalt und Verlauf dieser Begegnung gehen die Darstellungen der Parteien wiederum streckenweise auseinander:

ca.          Die Klägerin hat dazu – in Anlehnung an ein „Gedächtnisprotokoll“ desselben Tages[88] (Kopie[89]: Urteilsanlage XXV.) - folgendes vortragen lassen[90]:

 

„Anlass des Gespräches war der Betrugsfall im Zusammenhang mit der Fa. Q. SA in Frankreich und ,Hr. Be.' (so nennt sich der Betrüger) sowie der daraus entstandene Schaden für die Fa. G. und den Konzern freenet.

Mir wurde dargelegt, dass der Schaden auf ca. 300.000 € beziffert wird.

Vorwurf: mehrfache grobe bzw. gröbste Fahrlässigkeit.

Die Gründe wären mir ja hinreichend bekannt.

Als Teamleiter hätte ich Verantwortung für das Team Project Sales und in gröbster Fahrlässigkeit meine Sorgfaltspflicht verletzt.

Es wurde Bezug genommen auf den Revisionsbericht zu dem Betrugsfall. Der Revisionsbericht liegt mir nicht vor und wurde mir weder vor noch während des Personalgesprächs zur Einsicht vorgelegt.

Mir wurde mitgeteilt, dass als Konsequenz aus dem grob fahrlässigem Handeln, das mir angelastet wird, und dem daraus entstandenen Schaden das Arbeitsverhältnis beendet wird.

Ich sagte, dass ich nicht damit gerechnet hätte, entlassen zu werden, zumal ich im Urlaub war, als die erste Bestellung eintraf und ich auch nach meinem Urlaub keine Kenntnis erhielt, dass weitere Bestellungen eingetroffen seien.

Darauf antworteten sowohl Dr. H. als auch Herr Sr., dass es sie enttäusche und es nicht gut ankommen würde, dass ich die ganze ,Schuld' auf meine Kollegin Frau V. schieben wolle.

Ich entgegnete darauf, dass ich das nicht täte und von Anfang an auch nicht getan habe, sondern offensiv zur Aufklärung des Betrugsfalles beigetragen habe und dass ich, seitdem bekannt wurde, dass es sich bei dem ,Hr. Be.' um einen Betrüger handelt und ein so immenser Schaden eingetreten ist, nicht mehr schlafen kann.

Hr. Dr. H. antwortete darauf, dass ich intelligent genug sei und wenn ich nicht mehr schlafen konnte, doch darauf vorbereitet gewesen sein muss, dass ich entlassen werden würde.

Ich fragte, warum man mich gleich entlässt, ich habe noch nicht einmal eine Abmahnung erhalten und ob es nicht besser wäre, wenn ich durch meine Arbeit dazu beitragen könnte, den Schaden in irgendeiner Weise wieder reinzuholen. Außerdem arbeite ich seit über 20 Jahren in dem Unternehmen

...

… daraufhin unterbrach man mich und erklärte mir, dass die 20 Jahre Vergangenheit sind und nur noch dieser eine Fall jetzt zählt.

Aufgrund der Schwere des Vorfalles sei eine Abmahnung nicht möglich und die gröbste Fahrlässigkeit ließe nur die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu.

Ich war so perplex, dass ich fragte, ob ich als ,Bauernopfer' genommen werde, was man entschieden ablehnte.

Mir wurde gesagt, dass es für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwei Wege gibt:

               

1.

die fristlose Kündigung mit der Forderung auf persönliche Haftung mit meinem Privatvermögen in voller Höhe des entstandenen Schadens.

Mir wurde auch ein Beiblatt gezeigt, auf dem angekreuzt war, dass der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung ausdrücklich zustimmt, und es wurde erläutert, dass dies höchst selten vorkäme.

Man erklärte mir, dass man mit allen Mitteln den Schadensersatz einklagen würde und welche Nachteile dies für mich bedeutete:

Mir wurde gesagt, dass ich diesen Weg nervlich nicht durchstehen würde, ich nie wieder einen ordentlichen Job bekommen würde und wenn ein potentieller Arbeitgeber in der Fa. anrufen und sich nach mir erkundigen würde, man wahrheitsgemäß äußern würde, warum das Arbeitsverhältnis mit fristloser Kündigung endete.

Darüber hinaus würde man in meiner Abschlussbeurteilung/Arbeitszeugnis darauf Bezug nehmen.

               

2.

Aufhebungsvertrag zum 31.8.2014 mit sofortiger Freistellung. In diesem Fall würde man auf die Geltendmachung des Schadensersatzes verzichten.

Hierzu erläuterte man mir, dass dies quasi in ,Geschenk' sei und ich so ,erhobenen Hauptes' aus der Fa. gehen könnte. Eine wohlwollende Beurteilung/Arbeitszeugnis wurde zugesagt, damit ich in ein neues Leben in einer neuen Tätigkeit starten kann.

               

Man legte mir den Aufhebungsvertrag zum Lesen vor, jedoch handelte es sich zunächst um den vorbereiteten Vertrag für Frau V., worauf ich hinwies und man mir dann den für mich vorbereiteten Aufhebungsvertrag vorlegte.

Man forderte mich auf, meine Entscheidung sofort zu treffen.

Ich war jedoch durch das von Seiten G. Gesagte so eingeschüchtert und verunsichert, dass ich keinen klaren Gedanken fassen konnte. Das sagte ich auch und bat um Bedenkzeit, die man mir zunächst nicht geben wollte.

Da ich jedoch in einer Verfassung war, in der ich keine Entscheidung treffen konnte und dies wiederholte, gab mir mir ca. 10 min Bedenkzeit außerhalb des Besprechungsraumes.

Nach meiner Rückkehr fragte ich nach, ob ein Arbeitnehmer mit seinem Privatvermögen in voller Höhe des Schadens zur Rechenschaft gezogen werden kann.

Mir wurde erläutert, dass es 3 Stufen der Haftung lt. Gesetz gibt – bei leichter Fahrlässigkeit, mittlerer Fahrlässigkeit und grober Fahrlässigkeit und dass mindestens bei den beiden höheren Stufen der Mitarbeiter schadensersatzpflichtig gemacht werden kann.

Um diese zu untermauern, wurde Hr. Sch., Teamleiter der Personalabteilung und Volljurist, hinzugezogen.

               

(Hr. Sr. verließ das Gespräch)

               

Herr Sch. bestätigte die Möglichkeit der Haftung und erläuterte, dass unter bestimmten Umständen (wenn der Grad der Fahrlässigkeit besonders hoch ist) eine Deckelung des Schadensersatzanspruches wegfallen kann. Beispielhaft wurde ein anderer Fall aus dem Unternehmen geschildert, in dem es um einen Schaden von über 70.000 € ging und die Fa. ihren Schadenersatzanspruch mit allen Mitteln durchgesetzt hat. Dieser Mitarbeiter musste nach Aussagen Dr. H. Privatinsolvenz anmelden.

Auf meine Nachfrage, ob es sich bei diesem Fall um einen einfachen Mitarbeiter und um Diebstahl oder Vorsatz handelte, gab Dr. H. zur Antwort, dass er das jetzt nicht genau sagen könne und nachlesen müsse, aber es sei ja auch egal.

Auf meinen Einwand, dass in dem gesamten Vorfall noch 2 weitere Beteiligte wären, gab man an, dass die volle Höhe des Schadensersatzes vielleicht aufgeteilt würde, das könne man jetzt aber nicht genau sagen.

               

(Zwischenzeitlich verließ Hr. Sch. das Gespräch wieder)

               

Ich wollte wissen, welche Konsequenzen die beiden anderen Personen erfahren. Darauf erwiderte mir Dr. H., dass mich das nichts anginge.

Auf meinen Widerspruch hin, dass mich das sehr wohl etwas anginge, entgegnete man mir, dass 3 Personen betroffen wären, von denen 1 Person eine Abmahnung erhält und 2 Personen entlassen werden.

Da man mir vorher bereits den falschen vorbereiteten Aufhebungsvertrag vorgelegt hatte, konnte ich daraus schließen, dass meine Kollegin, Frau V., und ich entlassen werden sollten und mein Vorgesetzter, Hr. S., eine Abmahnung erhalten hatte.

Herr Dr. H. erklärte mir nochmals nachdrücklich, dass man mit allen Mitteln den Schadensersatzanspruch geltend machen werde und ich doch so im Leben nicht mehr froh werde und riet mir eindringlich, den Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen und das ,Geschenk' anzunehmen und damit in ein neues Leben zu starten.

Das Gespräch dauerte inkl. der Unterbrechung länger als eine Stunde. Nach allem, was mir in diesem Gespräch gesagt und als Konsequenzen angedroht wurde, hatte ich nur noch Angst um meine Zukunft.

Da ich arbeitsrechtlich nicht bewandert bin und keine Möglichkeit hatte, mir juristischen Rat einzuholen, habe ich unter diesem ganzen Druck keine andere Wahl gesehen, als den Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen“.

               

cb.          Dem hat die Beklagte diese Ausführungen entgegensetzen lassen[91]:

 

„Zu Beginn dieses Gesprächs wurden der Klägerin von Herrn Dr. H. und Herrn Sr. die Tatsachen erörtert, aufgrund derer die Beklagte der Klägerin ein grob fahrlässiges Handeln vorwirft. Insbesondere erklärten Herr Dr. H. und Herr Sr., dass nach dem Bericht der Revision feststand, dass die Klägerin mehrere Anhaltspunkte für den Betrugsfall wie insbesondere die widersprechenden Angaben des ,Herrn Be.' und die Aufklärung des Betruges durch den vermeintlichen Unternehmenskunden nicht nachgegangen ist (Beweis: Zeugnis … ).

Gleichfalls machten Herr Dr. H. und Herr Sr. deutlich, dass es der Klägerin besonders vorzuwerfen sei, dass keine Zahlung per Vorkasse veranlasst worden sei und dass sie auch ihren Vorgesetztenpflichten gegenüber von Frau V. nicht nachgekommen sei. Herr Dr. H. und Herr Sr. äußerten zudem, dass es besonders schwer wiege, dass die Klägerin selbst nach der Aufdeckung des Betrugssachverhaltes weitere Auslieferungen an den Betrüger vorgenommen und damit aus Sicht der Beklagten jegliche Sorgfaltspflichten missachtet hatte (Beweis: Zeugnis … ).

Die Ausführungen von Herrn Dr. H. und Herrn Sr. dauerten mindestens 30 Minuten, wobei die Klägerin auch immer wieder Nachfragen zu dem ihr vorgeworfenen Sachverhalt stellen konnte (Beweis: … ).

Es mag sodann sein, dass Herr Dr. H. und Herr Sr. im Laufe des Gespräches auch äußerten, dass der Arbeitgeber nach Ansicht der Beklagten auch das Arbeitsverhältnis kündigen könne und Schadenersatzansprüche gegen die Klägerin habe (Beweis: … ).

Dabei erklärte Herr Dr. H. aber nicht, die Beklagte werde ,mit allen Mitteln den Schadensersatz einklagen' (Beweis: Zeugnis … ).

Richtig mag sein, dass Herr Dr. H. und Herr Sr. erklärten, dass die Beklagte eine Abmahnung nicht für ausreichend erachte und auch die Länge der Betriebszugehörigkeit aus Sicht der Beklagten nichts am Kündigungsgrund ändere. Herr Dr. H. ist aber nicht erinnerlich, dass er gesagt habe, ,die 20 Jahre (Betriebszugehörigkeit) seien Vergangenheit und es gehe nur um diesen Fall' (Beweis: Zeugnis … ).

Gleichfalls boten Herr Dr. H. und Herr Sr. der Klägerin indes an, dass auf eine derartige Auseinandersetzung über eine Kündigung verzichtet werden könne und die Parteien einen Aufhebungsvertrag abschließen könnten (Beweis: Zeugnis).

Hierzu übergaben sie der Klägerin den vorbereiteten Aufhebungsvertrag (Beweis: Zeugnis … ).

Es trifft aber nicht zu, dass die Klägerin dazu aufgefordert wurde, ihre Entscheidung ,sofort zu treffen' und den Aufhebungsvertrag umgehend zu treffen[92]. Vielmehr wurden der Klägerin zunächst 20 Minuten Bedenkzeit gegeben, wie mit der Angelegenheit weiter verfahren werden sollte (Beweis: Zeugnis … ).

Diese Bedenkzeit verbrachte die Klägerin völlig allein in einem leeren Raum in der Geschäftsstelle der Beklagten, wobei der Klägerin auch ein Telefonanschluss zur Verfügung stand und sie jederzeit eine andere Person, z.B. einen Anwalt, hätte konsultieren können. Nicht die Beklagte holte die Klägerin, sondern die Klägerin kam eigenständig nach 20 Minuten in das Gespräch zurück (Beweis: Zeugnis … ). …[93]

Nach Ablauf der Bedenkzeit äußerte die Klägerin gegenüber Herrn Dr. H. und Herrn Sr., dass es ihr darauf ankäme, eine ,unabhängige Meinung' zur Frage des Schadensersatzanspruches zu erhalten. Deshalb ließ Herr Dr. H. den Arbeitsrechtler in der Personalabteilung sowie Teamleiter, Herrn A. Sch., zu den Gesprächen hinzukommen und bat diesen, wertneutral und unabhängig vom vorliegenden Fall die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung darzustellen (Beweis[94]: … ).

Herr Sch. schilderte daraufhin ganz allgemein, dass es die Möglichkeit einer Schadensgeltendmachung eines Arbeitgebers gegenüber einem Arbeitnehmer gäbe, die sich nach dem Verschuldensgrad richte. Hierbei zeigte er die einzelnen Fahrlässigkeitsstufen und die damit einhergehenden Haftungsregeln auf und erklärte auch, dass nach der Rechtsprechung die Möglichkeit einer Schadensdeckelung bezüglich der Höhe entwickelt worden ist (Beweis: … ).

Die Ausführungen von Herrn Sch. dauerten etwa 5 Minuten (Beweis: … ).

Danach verließ Herr Sch. den Besprechungsraum und das Personalgespräch wurde mit der Klägerin fortgeführt. Schon vor dem Hinzutreffen von Herrn Sch. haben Herr Dr. H. und Herr Sr. darauf aufmerksam gemacht, dass mögliche Schadensersatzansprüche generell verschuldungsgradabhängig seien und natürlich auf die handelnden Personen aufgeteilt werden müssten. Die Klägerin ist damit sogar zweimal nachweislich über die Haftungsregeln im Arbeitsrecht informiert worden (Beweis: … ).

Das Gespräch dauerte sodann noch etwa weitere 5 Minuten. Am Ende des Gespräches erklärte die Klägerin von sich aus, den Aufhebungsvertrag unterzeichnen zu wollen (Beweis: … ).

Der Klägerin stand es dabei jederzeit frei, den Aufhebungsvertrag abzulehnen (Beweis: … ).

Trotzdem hat die Klägerin in dem Gespräch den Aufhebungsvertrag unterzeichnet (Beweis: … ).

Unzutreffend ist es nämlich auch, dass Herr Dr. H. ,nochmals ausdrücklich' erklärt habe, ,mit allen Mitteln den Schadensersatzanspruch geltend zu machen'. Eine solche Aussage ist nicht getroffen worden. Auch ist zu bestreiten, dass Herr Dr. H. vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages erklärt hat, ,die Klägerin werde ihres Lebens nicht mehr froh', wenn sie den Aufhebungsvertrag nicht unterzeichne (Beweis: … ).

Es ist daher ausdrücklich zu bestreiten, dass die Klägerin in dem Personalgespräch bedroht worden sei. Im Gegenteil verlief das Gespräch zu jeder Zeit in einer derartigen sachlichen Atmosphäre, dass die Klägerin den Aufhebungsvertrag auch hätte ablehnen können (Beweis: … ).

Trotzdem hat sie die Vereinbarung von sich aus unterzeichnet (Beweis: … )“.

 

cc.          Fest steht in der Tat, dass die Klägerin am Ende der Begegnung das ihr von den Akteuren der Beklagten vorgelegte, auf den 25. August 2014 datierte und mit „Aufhebungsvertrag“ überschriebene Schriftstück[95] (Kopie: Urteilsanlage XXVI.) unterzeichnete.

4.            Mit Schreiben vom 27. August 2014[96], das die Beklagte (wohl) am selben Tag erreichte, erklärte sie nach Konsultation ihres Bevollmächtigten die Anfechtung des Aufhebungsvertrags und zwar wegen widerrechtlicher Drohung bzw. arglistiger Täuschung sowie aus allen anderen denkbaren Gründen“. Hiernach ließ die Beklagte ihr nach einer weiteren Unterredung am 28. August 2014 zwei mit dem selben Datum versehene Schriftstücke[97] (Kopien: Urteilsanlagen XXVII.1 u. XXVII.2.) zukommen, mit denen sie die fristlose und ersatzweise fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklären ließ.

III.            Hiermit will es die Klägerin nicht bewenden lassen: Sie nimmt die Beklagte mit ihrer am 15. September 2014 bei Gericht eingegangenen und elf Tage später (26. September 2014) zugestellten Klage auf Feststellung in Anspruch, dass der erwähnte Aufhebungsvertrag (Urteilsanlage XXV.) ihr Arbeitsverhältnis nicht beendet habe. Außerdem erstrebt sie für Fall des Klageerfolgs die weitere Feststellung, dass auch die beiden Kündigungen (Urteilsanlagen XXVI.) keine Beendigungswirkung entfalteten. Außerdem wünscht sie ihre Prozessbeschäftigung. - Sie hält den Aufhebungsvertrag nach den diesbezüglichen Grundsätzen der Gerichte für Arbeitssachen angesichts der Begleitumstände des hiesigen Betrugsgeschehens für anfechtbar und vermisst aus denselben Gründen auch brauchbare Tatsachen zur Kündigung ihres langjährigen Arbeitsverhältnisses:

1.            Was zunächst den Aufhebungsvertrag (Urteilsanlage XXVI.) betrifft, so

sei dieser nach besagten Grundsätzen wegen „widerrechtlicher“ Drohung anfechtbar, weil ein verständiger Arbeitgeber an eine Kündigung nicht habe ernsthaft denken dürfen[98]. So habe ihr Arbeitsverhältnis nicht nur seit 21 Jahren gänzlich unbelastet und ihrerseits vorbildlich geführt, bestanden, ihr sei vielmehr sogar vielfach für hervorragende Arbeit und Engagement ausdrücklich gedankt worden[99]. Zwar meine die Beklagte, sie habe ihre Pflichten zuletzt „gröbst“ in einem Einzelfall verletzt, in welchem ein Dritter eine hohe kriminelle Energie aufgebracht habe, sie (Beklagte) zu betrügen[100]. Klar sei aber, dass es ausdrückliche Pflichten für sie bei der Identifikation neuer Kunden „gar nicht aufgestellt“ gegeben habe[101]. Vielmehr sei erst nach dem Vorfall von Herrn S. eine Checkliste entwickelt worden, die zur Vermeidung derartiger Fälle von den Mitarbeitern anzuwenden seien[102]. Aus dem geschilderten Verhalten ergebe sich stattdessen klar, dass sie und ihre Kollegin wie auch ihr gemeinsamer Vorgesetzter von einem Dritten mit hoher krimineller Energie in betrügerischer Absicht erfolgreich getäuscht worden sei[103]. Im Übrigen sei sie im fraglichen Zeitraum ohnehin arbeitsüberlastet gewesen, weil viele Aufgaben gleichzeitig zu erledigen gewesen seien[104]. Angesichts dessen seien nicht nur keine Kündigungsgründe oder gar „wichtige“ Gründe im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB[105] ersichtlich[106]. Vielmehr sei bereits fraglich, ob überhaupt ein Fehlverhalten ihrerseits begründbar sei[107]. Jedenfalls ergäbe sich keine Sachlage, die einen besonnenen und vernünftigen Arbeitgeber veranlassen dürfe, an die Wirksamkeit einer solchen angedrohten Kündigung zu denken[108]. - Hinzu komme bei allem, dass ihr nicht nur die fristlose Kündigung angedroht, sondern auch angekündigt worden sei, den ihr entstandenen vollen Schaden geltend zu machen, und dies „mit allen Mitteln“[109]. Auch diese Drohung erfülle den Tatbestand der Widerrechtlichkeit, da „grobe Fahrlässigkeit“ hier unter keinen Umständen begründbar sei[110]. Insofern fehle auch der Ankündigung, einen Schaden, der das Vielfache ihres Jahresgehalts betrage, ihr gegenüber mit allen Mitteln zu verfolgen, jede Rechtfertigung[111]. Auch an solche Konsequenzen dürfe dürfe ein besonnener und vernünftiger Arbeitgeber nicht ernsthaft denken[112].

2.            Was die mit Schreiben vom 28. August 2014 erklärten Kündigungen (Urteilsanlage XXVII.) anbelangt, so fehle es nach dem Gesagten nicht nur an Gründen[113]. Insofern hat die Klägerin vielmehr auch die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates mit Nichtwissen bestreiten lassen[114].

IV.           Die Klägerin beantragt zuletzt[115],

 

1.            festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht durch den Aufhebungsvertrag im Schreiben vom 25. August 2014 beendet worden ist, sondern über den 26. August 2014 hinaus fortbesteht;

               

2.            im Falle ihres Obsiegens mit dem Antrag zu 1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten im Schreiben vom 28. August 2014 noch durch deren ordentliche Kündigung zum 31. März 2015 beendet worden ist, sondern ungekündigt über den 31. März 2015 hinaus fortbesteht;

               

3.            die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreites zu den vertraglich vereinbarten Bedingungen als Teamleiterin in der Abteilung Direct Sales zu beschäftigen.

               

Die Beklagte beantragt,

 

 

die Klage abzuweisen.

 

V.            Sie hält sämtliche Klagebegehren der Sache nach für haltlos[116]: So seien die Voraussetzungen einer gemäß § 123 BGB[117] wirksamen Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung nicht gegeben[118]. Zwar stelle die Inaussichtstellung einer Kündigung die Androhung eines „Übels“ im Sinne der Vorschrift dar[119]. Die Drohung sei aber in der Tat nur dann widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber die Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen dürfe[120]. - Davon könne hier jedoch, wie die Beklagte meint, nicht gesprochen werden:

1.            Insofern sei „bereits zu bestreiten“, dass  sie die  Klägerin im Sinne des § 123 BGB bedroht habe[121]: Dieser sei nämlich lediglich „in einem längeren, ruhig und sachlich geführten Gespräch die Problematik einer Weiterbeschäftigung geschildert und der Abschluss eines Aufhebungsvertrages angeboten“ worden[122]. Da damit, wie sie meint, keine Rede davon sein könne, dass sie der Klägerin durch ihr Verhalten „die Möglichkeit einer freien Entscheidung genommen“ habe, lägen auch nicht die Voraussetzungen einer Anfechtung im Sinne der genannten Gesetzesnorm vor[123].

2.            Anderenfalls wäre eine Drohung jedenfalls nicht „widerrechtlich“ gewesen[124]: Die Klägerin sei nämlich nicht nur „evidenten Anhaltspunkten für einen Betrug nicht nachgegangen“[125]. Sie habe vielmehr „auch ihre Aufsichts-, Prüf- und Sorgfaltspflichten wiederholt und vehement“ verletzt[126]. Insbesondere sei in keiner Weise nachzuvollziehen, warum sie selbst dann keine angemessenen Erkundigungen eingeholt habe, „als der vermeintliche Kunde Q. SA am 16. Juli 2014 den Betrug bereits aufgedeckt“ habe[127]. Stattdessen habe sie sich „weiter auf fadenscheinige Erklärungen des Betrügers ,Herrn Be.'“ eingelassen und „sogar entgegen ihrer eigenen Vorgabe erhebliche Teillieferungen“ an diesen freigegeben, obwohl die vorherigen Bestellungen noch nicht bezahlt waren[128]. Allerspätestens zu diesem Zeitpunkt hätte „jeder andere Arbeitgeber auch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses in die Wege geleitet“[129].

VI.           Hierzu erwidert die Klägerin unter anderem[130], sie habe weder erkannt

noch erkennen müssen, dass der sich als neuer Kunde präsentierende „Herr Be.“ ein Betrüger sei[131]. Sie habe vielmehr in Absprache mit ihrem Vorgesetzten bei dem aus ihrer Sicht zuständigen Mitarbeiter im Konzern (Herrn B.) nachgefragt, ob man im Ausland bei Neukunden auch auf Rechnung liefern dürfe[132]. Dabei sei Herr S., dessen Idee es zudem gewesen sei, Herrn B. zu befragen, stets „eingebunden“ und „in ,cc' in Kenntnis gesetzt“ worden[133]. Vor ihrem Urlaub habe sie dann – wie vorgetragen - Frau V. und ihn über die Reaktion von Herrn B. informiert[134]. In der Folge habe sie daraufhin niemals selber eine Bestellung aufgenommen oder eine Lieferung ausgelöst[135]. Dies sei durchgehend Frau V. gewesen, die sie (Klägerin) nach dem Urlaub nicht informiert habe[136]. Nachdem dann die E-Mail eines ihr vollkommen unbekannten Unternehmens (der A.) eingegangen sei, habe sie diese in der Tat an den vermeintlichen Ansprechpartner beim Kunden (Herrn Be.) weitergeleitet und sich nach deren Bedeutung erkundigt[137]. Soweit sie bei dieser Gelegenheit in der Tat einen Lieferstopp in den Raum gestellt habe (s. oben, S. 11-12 [c.]; Urteilsanlage XX.), sei jedoch zum einen zu berücksichtigen, dass sie von konkret bevorstehenden Lieferungen nichts gewusst habe[138]. Zum anderen sei sie damals in einem außerordentlichen Maße arbeitsüberlastet gewesen, was ihr ein gänzlich fehlerfreies Handeln nicht mehr erlaubt habe[139]. Eben diese Arbeitsüberlastung sei auch der Beklagten bewusst gewesen, sie ergebe sich aus dem Revisionsbericht[140] (s. oben, S. 13-14 [a.]; Urteilsanlage XXII.). Schließlich habe sie auch in diesem Zusammenhang gegenüber Frau V. „erneut … betont“, dass eine (weitere) Lieferung nur erfolgen dürfe, wenn die vorangegangenen Rechnungen bezahlt worden seien[141]. - Alles in allem, so resümiert die Klägerin der Sache nach, habe sie „keine der Lieferungen veranlasst“[142]. Auch bedauere sie den gesamten Umstand der Lieferung und den sich daraus ergebenden Schaden der Beklagten außerordentlich[143]. Es müsse aber festgestellt werden, dass sie persönlich allenfalls einen geringfügigen Fehler begangen habe, welcher ihrer Arbeitsüberlastung geschuldet sei, nachdem sie nach Eingang der Nachricht von „A.“ (s. oben, S. 11 [b.]; Urteilsanlage XIX.) nicht sofort aktiv jede weitere Belieferung bis zur Aufklärung des Sachverhalts untersagt habe[144]. Das sei aber – trotz eines möglicherweise sehr hohen Schadens – kein schwerwiegender Fehler, „schon gleich keine Pflichtwidrigkeit, sondern ein leichter Fehler, der einmalig in einem 20 Jahre bestandenen Arbeitsverhältnis erstmalig aufgetreten“ sei[145]. Kein verständiger Arbeitgeber habe in solcher Situation an die Wirksamkeit der angedrohten Kündigung denken dürfen[146]. - Was ferner die Unterredung vom 26. August 2014 anbelangt (s. oben, S. 14-19), so sei dort vom Personalleiter sehr wohl angekündigt worden, dass der Schadensersatz notfalls „in voller Höhe mit allen Mitteln“ gegen sie (Klägerin) durchgesetzt würde[147]. Dasselbe sei nicht nur auch beim Parallelgespräch mit Frau V. geschehen[148], sondern später neuerlich sowohl im Gespräch vom 28. August 2014 im Beisein ihres Bevollmächtigten[149] und letztlich abermals bei einem Anruf des Personalleiters wenige Tage später[150]. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte den Sachverhalt aus dem Revisionsbericht kannte und folglich wusste, dass sie (Klägerin) während ihres Urlaubs keinerlei Lieferungen ausgelöst haben konnte und dass es stattdesen „Abstimmungsschwierigkeiten“ oder „-defizite“ zwischen Herrn S. und Frau V. gegeben habe, sei ihre Haftung für den vollen Schaden „schon vollständig abwegig und widerrechtlich im Sinne des § 123 BGB“ gewesen[151]. Auch an eine derartige Haftbarmachung habe daher kein verständiger Arbeitgeber ernsthaft denken dürfen[152].  Das gelte schon deshalb, weil sie jedenfalls für die ersten drei Lieferungen an den Betrüger unter keinen Umständen verantwortlich habe sein können[153]. Weder habe insoweit ein aktives Handeln noch ein pflichtwidriges Unterlassen vorgelegen[154]. - Schließlich legt die Klägerin Wert auf die Feststellung, dass auch der Betriebsrat bei seiner Konsultation vom 19. August 2014 (s. oben, S. 14 [b.]; Urteilsanlage XXIII.) nicht ordnungsgemäß unterrichtet gewesen sei, und macht dazu Ausführungen[155]. Zudem liege, wie schon in der Klageschrift moniert, kein – rechtlicher - Grund zur Kündigung vor[156]: Insofern fehle es schon an der für jede Kündigung erforderlichen Negativprognose[157]. Selbst einmaliges Fehlverhalten im sogenannten Leistungsbereich setze daher grundsätzlich eine vorangegangene Abmahnung voraus, weil anderenfalls Fehlverhalten aus der Vergangenheit keinen Zukunftsbezug haben könne[158]. Endlich liege ohnehin kein „Fehlverhalten“ ihrerseits vor[159]: Sie habe nach bestem Wissen und Gewissen in einer Zeit der vom Arbeitgeber angewiesenen höchsten Arbeitsbelastung keineswegs selbst Prioritäten falsch gesetzt, sondern sei der sich aus der Natur der Sache folgenden Priorität gefolgt[160].

VII.          Die Beklagte entgegnet mit Schriftsatz vom 22. Januar 2015[161] unter anderem, die Klägerin habe entgegen ihrer Sicht „derart viele Pflichtverletzungen begangen, dass jeder verständige Arbeitgeber eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht gezogen hätte“[162]. Allerdings verwundere bereits, dass die Klägerin ihre Position als „Teamleiterin der Abteilung ,Direct Sales'“ nunmehr „herunterspielen und vor allem sämtliches Verschulden auf ihre Mitarbeiterin Frau V. abwälzen“ wolle[163]. Sie vergesse dabei, dass es „gerade ihre Aufgabe als Teamleiterin“ gewesen sei, „die sehr umsatzträchtigen Vorgänge bei der sich anbahnenden Geschäftsbeziehung des vermeintlich neuen Großkunden Q. SA zu kontrollieren und zu überwachen“[164]. Wenn sie stattdessen immer wieder ihr (Beklagte) „pauschal ,organisatorische Schwächen'“ vorwerfe, müsse sie sich fragen lassen, ob die Organisation ihres Teams nicht gerade ihre Aufgabe gewesen sei, und damit schon durch hinreichende Kontrolle von Frau V. der umfangreiche Schaden hätte verhindert werden können[165]. - Unabhängig davon habe die Klägerin jedoch Lieferungen an „Be.“ sehr wohl – auch selber - „veranlasst“[166]: Insbesondere habe sie nämlich „dafür gesorgt“, dass an diesen Lieferungen ohne Vorkasse hätten erfolgen können[167]. Zudem habe sie nach Aufdeckung des Betrugsfalles „aktiv weitere Auslieferungen an den ,Herrn Be.' freigegeben und damit jegliche Sorgfalt zulasten der Beklagten vermissen lassen“[168]. So könne sie insbesondere nicht nachvollziehbar erklären, warum sie sich nach Eingang der Nachricht der „A.“ nur „an den Betrüger selbst“ gewendet habe, nachdem „der angebliche Kunde bereits ausdrücklich erklärt“ habe, die Warenlieferungen nicht zu wünschen[169]. Soweit sie den versäumten Lieferstopp als nur „geringfügigen Fehler“ einstufe, zeige dies umso mehr, dass sie sich „nach wie vor offensichtlich den Sorgfaltspflichten einer derart vertrauensvollen Position als Teamleiterin nicht bewusst“ sei[170]. Es stelle im Gegenteil eine erhebliche Pflichtverletzung dar, wenn sie nach Eingang der erwähnten Nachricht nicht dafür gesorgt habe, weitere Lieferungen bis zur Aufklärung des Sachverhaltes zu untersagen[171]. Ihr „ständiges Abschieben der Schuld auf ihre Mitarbeiterin Frau V.“ ändere nichts daran, dass es eigentlich „ihre Aufgabe als Teamleiterin“ gewesen sei, in dieser Situation weiteren erheblichen Schaden vom Unternehmen abzuwenden[172].

VIII.         Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf deren Anlagen sowie auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften verwiesen. - Für die Ausführungen im jüngsten Schriftsatz der Beklagten gilt dies jedoch nur mit dem Vorbehalt, dass die Klägerin dazu angesichts seines Umfanges kein ausreichendes rechtliche Gehör mehr erhalten und deshalb im Kammertermin am 30. Januar 2015 vorsorglich um gesonderte Schriftsatzfrist gebeten hat. Soweit hier aus dem Schriftsatz vom 22. Januar 2015 zitiert oder berichtet wird, geschieht dies daher ausschließlich zur Illustration.

 

 

Aus den Gründen

Die Klage ist begründet. Das gilt für jedes der Rechtsschutzanliegen der Klägerin. - Im Einzelnen ist zur Erläuterung folgendes auszuführen:

 

Überblick:                                                                                          (Seite)

 

A.         Der Aufhebungsvertrag vom 25./26. August 2014                           27

B.         Die Kündigungen vom 28. August 2014                                          63

C.         Die „Schleppnetzanträge“                                                               65

D.         Die Prozessbeschäftigung                                                              66

E.         Kosten und Streitwerte                                                                   66

 

A.         Der Aufhebungsvertrag vom 25./26. August 2014

 

Soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, ihr Arbeitsverhältnis sei durch die auf den 25. August 2014 datierte und am Tage darauf (26. August 2014) von ihr unterzeichnete Aufhebungsvereinbarung (Urteilsanlage XXVI.) nicht beendet worden, erweist sich die zulässige Klage als begründet. Da sie ihre ihre auf Abschluss des Aufhebungsvertrags gerichtete Willenserklärung mit Schreiben vom 27. August 2014 (s. oben, S. 19 [4.]) nach Maßgabe der §§ 143 Abs. 1[173], 123 Abs. 1 BGB[174] wirksam angefochten hat, ist die Vereinbarung aufgrund des § 142 Abs. 1 BGB[175] kraft Gesetzes „als von Anfang an nichtig anzusehen“. - Der Reihe nach:

I.          Das Rechtsschutzbegehren der Klägerin ist zulässig. Ihm fehlt es namentlich nicht am aufgrund der § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG[176], §§ 495 Abs. 1[177], 256 Abs. 1[178] ZPO prozessual erforderlichen Feststellungsinteresse: Denn von der Frage, ob der strittige Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet hat oder nicht, hängt eine Fülle von wechselseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen der Parteien ab, über deren gemeinsamen rechtlichen Ausgangspunkt Klarheit herrschen sollte. Da solche Klarheit am ehesten durch eine auf diesen Ausgangspunkt gerichtete Feststellungsklage ein für alle Mal hergestellt werden kann, entspricht es in der Tat allen Geboten der Prozesswirtschaftlichkeit, hier eben genau diese Frage zur gerichtlichen Entscheidung zu stellen[179]. Insofern ist der Klägerin das besagte Feststellungsinteresse ohne jede Umschweife zuzubilligen, was die Beklagte ihr denn auch mit Recht nicht streitig macht.

II.         Die Klage erweist sich auch als begründet:

1.         Aufgrund der vorbenannten Vorschrift (§ 123 Abs. 1 BGB) kann seine Willenserklärung anfechten, wer zu ihrer Abgabe entweder durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist. Wie gerade schon vorausgeschickt (S. 27 [vor I.]), trifft dies im Falle der Klägerin zu. Daran können die Einwände der Beklagten nichts ändern:

a.         Soweit diese zunächst in Zweifel zieht, die Klägerin in der Unterredung am 26. August 2014 überhaupt „bedroht“ zu haben (s. oben, S. 22 [1.]), hilft das nicht weiter.

aa.       Die Beklagte referiert selber zutreffend die einschlägige Rechtsprechung (nicht nur) der Gerichte für Arbeitssachen (s. oben, S. 22 [vor 1.]), wonach als Drohung im Rechtssinne „die Ankündigung eines zukünftigen Übels“ begriffen wird, „dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des anderen abhängig hingestellt wird“[180]. Das genügt. Soweit die Beklagte den Rechtsbegriff der „Drohung“ darüber hinaus in Verbindung mit dem behaupteten Gesprächsklima zu bringen sucht (s. oben, S. 22 [1.]: „ruhig und sachlich“), hat Letzteres mit der Klassifizierung des thematisierten Übels als Beugemittel demgegenüber nichts zu tun. Eine andere Sicht vertritt auch nicht der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in seiner von der Beklagten erwähnten (s. oben, S. 22 Fn. 123: „vgl.“) Entscheidung vom 30. September 1993[181]: Dort hatte der betreffende Arbeitgeber nach den Feststellungen der Berufungsinstanz nämlich, wie der Senat hervorhebt, auf die „Möglichkeit einer Kündigung“ nicht ausdrücklich hingewiesen[182]. Genau deshalb hielt er es für „nicht ganz unproblematisch“, ein Bedrohungsszenario anzuerkennen. Das hat er dann letztlich überdies dahingestellt[183]. Soweit er im Übrigen auch das Gesprächklima erörtert hat, galt das nicht der situativen Bedrohungslage, sondern dem davon zutreffend unterschiedenen rechtlichen Stellenwert entfalteten Zeitdrucks: Ihn hatte das Gericht nämlich mit Rücksicht auf Stimmen im Fachschrifttum aufgegriffen, wonach dem Bedrohten (auch) „durch das Ablehnen jeder Überlegungsfrist“ die Möglichkeit der freien Entschließung genommen werde[184]. Eine solche Lage vermochte der Senat im damaligen Streitfall jedoch nicht zu erblicken, so dass sich eine rechtsgrundsätzliche Stellungnahme zu Problemen der prozeduralen Seite des Verhandlungsstils des Arbeitgebers, von denen hier demgegenüber durchaus noch zu sprechen sein wird (s. unten, S. 53 ff. [2.]), damals erübrigte[185].

ab.       Für den hiesigen Streitfall steht jedenfalls außer Zweifel, dass die Sachwalter der Beklagten die Klägerin zur Erlangung ihrer  Unterschrift unter die vorbereitete Vertragsurkunde (Urteilsanlage XXVI.) im besagten Rechtssinne „bedroht“ haben. Sie haben der Klägerin nämlich nicht nur die anderenfalls bevorstehende Kündigung, sondern auch weitere „Übel“ in Aussicht gestellt, die je schon für sich, erst Recht aber in ihrer Kombination die intendierte Wirkung nicht verfehlen sollten: Gemeint ist nicht allein der Schadensersatz, der sich selbst bei aller Relativierung im Rechtsstreit (s. zur eigenen Verlaufsdarstellung oben, S. 17-19 [cb.]) gegenüber der Schilderung der Klägerin (S. 14-17 [ca.]) als für sie existenzbedrohlich darstellen musste, sondern vielmehr auch, was die Beklagte ihr durch die befassten Akteure als beabsichtigtes Auskunftsverhalten im Arbeitszeugnis und auf etwaige Erkundigungen von Dritten unstreitig in Aussicht stellten (s. oben, S. 15-16 [1.]). Das ist mehr als genug, um ein Bedrohungsszenario zu objektivieren. - Lediglich ergänzend sei dazu erwähnt, dass an diesem Befund namentlich der Versuch der Beklagten im Rechtsstreit nichts ändert, den Erörterungen von Kündbarkeit und Schadenshaftung der Klägerin im Trennungsgespräch am 26. August 2014 einen Anstrich von Beiläufigkeit zu verleihen[186]: Insoweit stellte die Beklagte – um ein Bild zu gebrauchen - „ihr Licht“ nämlich gehörig „unter den Scheffel“: Was dabei ihre schon damals als alternativlos demonstrierte Entschlossenheit zur Trennungvon der Klägerin anbelangt, so spricht allein schon der Umstand Bände, dass sie nicht nur den Betriebsrat längst zur (bevorzugt fristlosen) Kündigung angehört und ihr die vorbehaltlose Zustimmung des Gremiums (s. oben, S. 14 [b.]; Urteilsanlagen XXIII. u. XXIV.) eigens vor Augen geführt hatte[187]. Und was davon zu halten sein mag, dass sie den Erkenntniswert ihrer dialogischen Botschaften am 26. August 2014 zur Frage einer Schadenshaftung der Klägerin durch differenzierte Systemdarstellungen zur einschlägigen Judikatur (s. oben, S. 16 [Mitte]; S. 18 [Mitte]) beharrlich relativiert, verdeutlichen die Ausführungen (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO[188]), mit denen sie das Verhalten der Klägerin beim damaligen Betrugsgeschehen im Rechtsstreit unermüdlich porträtiert[189]. Die so postulierten Schuldzuweisungen nicht zuletzt zum „immensen wirtschaftlichen Schaden“ der Beklagten lassen für die innerbetriebliche Gesprächsrunde vom 26. August 2014, in der man noch „unter sich“ war, jedenfalls für die Deutung und haftungsrechtliche Einordung der vorgefundenen Tatsachen das Schlimmste befürchten.

b.         Kann es nach allem allein um die Frage der Widerrechtlichkeit der objektiv außer Frage stehenden Bedrohung der Klägerin im Rechtssinne gehen, so ist zum einen zwischen den verschiedenen von der Beklagten hier ins Spiel gebrachten Beugemitteln zu unterscheiden (s. sogleich, ba. u. bb.); zum anderen ist auf die Begleitumstände zurückzukommen, derer sie sich zur Effektivierung ihrer Druckkulisse – offenbar mit Erfolg – zu bedienen wusste (s. dazu schon oben, S. 29 [vor ab.]; sodann unten, S. 56 ff. [2.]):

ba.       Was zunächst die (auch allgemein empirisch) im Vordergrund der Betrachtungen stehende Frage der Kündigungsandrohung anbelangt, so stellt sich bereits diese im Lichte der Grundsätze der Gerichte für Arbeitssachen für den Streitfall mit der Folge als widerrechtlich dar, dass die von der Klägerin im Schreiben vom 27. August 2014 (s. oben, S. 19 [4.]) erklärte Anfechtung bereits deshalb durchgreifen musste. - Insofern, nochmals, der Reihe nach:

(1.)       Der normative Rahmen ist schnell umrissen: Wie auch die Beklagte nicht verkennt (s. oben, S. 22 [vor 1.]), versteht sich insofern von selbst, dass die vom Arbeitgeber für verweigertes Wohlverhalten[190] in Aussicht gestellte Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch – gar abrupte[191] - Kündigung ein allemal taugliches Beugemittel im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB[192] darstellt[193]. Allerdings haben sich bei den Gerichten für Arbeitssachen die Akzente in der Frage deutlich verschoben, unter welchen Voraussetzungen die Drohung mit Kündigung dann als „widerrechtlich“ klassifiziert werden solle: Während die ältere Judikatur noch schlicht davon ausging, dass die Kündigungsdrohung immer (schon) dann als widerrechtlich im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB anzusehen sei, wenn sich die zur Debatte stehende Kündigung – hypothetisch - als nicht rechtsbeständig erwiesen hätte[194], stellt die Rechtsprechung nach einer seit (spätestens) 1969 vom Zweiten Senat des BAG aufgegriffenen Formel erhöhte Anforderungen: Danach sei die Drohung mit fristloser Kündigung (schon) dann nicht widerrechtlich im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB, wenn ein „verständiger Arbeitgeber“ in der betreffenden Situation eine fristlose Kündigung „ernsthaft“ habe in Erwägung ziehen dürfen[195]. Nicht (mehr) entscheidend sei hingegen, worauf auch die Beklagte hier zutreffend verweist, ob sich die Kündigung in einem Rechtsstreit als wirksam erwiesen hätte[196]. Als Prüfstein soll den betrieblichen Akteuren dabei nach der Rechtsprechung des Zweiten Senats des BAG die Frage gelten, ob die angedrohte Kündigung im Falle ihres Ausspruchs einer gerichtlichen Kontrolle „mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten“ werde[197]: Sei dies der Fall, dann dürfe der Arbeitgeber sie nicht mit dem Ziel in Aussicht stellen, den Adressaten zum Abschluss einer Beendigungsvereinbarung zu veranlassen.

(2.)       Betrachtet man die Verhältnisse des Streitfalles nach Maßgabe dieser   Vorgaben, so erweist sich die hiesige Kündigungsabsicht der Beklagten – bei aller Suggestibilität des Schadensbildes[198] und mancherlei Versäumnissen der Klägerin wie aber auch weiterer Akteure (nicht nur) der Abteilung „Direct Sales“ - als letztlich gleichwohl unvertretbar:

(a.)       So wie die konkreten situativen Verhältnisse des hiesigen Betrugsszenarios sich unter Mitberücksichtigung der auch im Revisionsbericht (Urteilsanlage XXII.) angesprochenen Defizite betrieblicher Organisationsvorsorge gegen findige Kriminelle bei nüchterner Betrachtung darstellen, durfte die Beklagte ihre Schlussfolgerungen aus dem unseligen Geschehen nicht in der Weise in der Klägerin personifizieren, um diese zur „Schuldigen“ zu stempeln und als vermeintliche Problembewältigung aus dem betrieblichen Sozialgeschehen auszuschalten. Zwar mag der Trennungsreflex der betrieblichen Akteure angesichts besagten Schadensbildes spontan überaus einfühlbar wirken, zumindest, solange außer Betracht bleibt, wiesehr die Beklagte im Umgang zwischen untergebenen Mitarbeiterinnen und deren gemeinsamem Vorgesetzten dann doch zu unterscheiden weiß. Er wird aber nicht nur aufgeklärter betrieblicher Fehlerkultur[199], sondern vor allem grundlegenden kündigungsschutzrechtlichen Prinzipien in keiner Weise gerecht.

(b.)       Um für die Frage der Widerrechtlichkeit der Kündigungsandrohung einen gedanklichen Ausgangspunkt zu finden, ist hinsichtlich der Wirksamkeit etwaiger Kündigung auch nach den neueren Grundsätzen eine hypothetische Rechtsprüfung durchzuführen. Diese belegt hier, dass sich trotz keineswegs durchgehend fehlerfreien Agierens der Klägerin letztlich doch derart durchgreifende Bedenken gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses aufdrängen mussten, dass der Beklagten besagtes „Dürfen“ (s. oben, S. 33 [vor (2.)]), welches wegen seines normativen Geltungsanspruchs naturgemäß vom puren „Wollen“ strikt unterschieden werden muss, nicht bescheinigt werden kann. Tatsächlich hat die Klägerin ihr im Zuge der Vorgänge um „Be.“ objektiv keinen Grund zur Kündigung ihres langjährigen Arbeitsverhältnisses gegeben, was bei entsprechender Sorgfalt der gebotenen Selbstkontrolle auch ohne Weiteres erkennbar gewesen wäre[200]. Eine gleichwohl erklärte Kündigung wäre schon „sozial ungerechtfertigt“[201] im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[202] gewesen, sodass erst recht[203] kein „wichtiger“ Grund (§ 626 Abs. 1 BGB[204]) in Betracht kam. - Insofern, neuerlich, der Reihe nach:

(ba.)     Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[205] ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die seiner Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist. Von den so umschriebenen möglichen „Störquellen“ (Wilhelm Herschel [206]) im Vollzug eines Arbeitsverhältnisses geht es der Beklagten erklärtermaßen um sogenannte verhaltensbedingte Gesichtspunkte.

[1.]       Als Grundstein setzt eine so motivierte Kündigung eine – in aller Regel: vorwerfbare - Verletzung vertraglicher Pflichten des Arbeitnehmers voraus[207]. Für dieses Pflichtelement verhaltensbedingter Kündbarkeit eines nach Betriebsgröße und Beschäftigungsdauer (§§ 23 Abs. 1[208], 1 Abs. 1[209] KSchG) unter Kündigungsschutz gestellten Arbeitsverhältnisses können sich jedoch Wechselwirkungen mit Fragen betrieblicher Organisationslasten ergeben. Wie vor allem im einschlägigen Fachschrifttum mittlerweile gründlich herausgearbeitet ist, haben Fehlentwicklungen, die die betriebliche Wertschöpfung mehr oder minder empfindlich beeinträchtigen, oftmals – um wieder ein Bild zu gebrauchen - durchaus vielerlei „Väter“[210]. Führen in solchen Fällen beispielsweise Organisationsdefizite zu Schadensfolgen, so stellen sich deshalb mitunter auch kündigungsschutzrechtlich verwickelte Zurechnungsfragen[211]. Unter ihrem Einfluss kann es eine verhängnisvolle Verkürzung der Perspektive darstellen, das vordergründig isoliert handelnde Individuum zum alleinigen Zielobjekt von „Schuldzuweisung“ machen zu wollen[212]. Gerade dafür liefert der Streitfall, wie noch zu zeigen sein wird, ein Paradebeispiel.

[2.]       Aber das ist noch nicht alles. Denn es gibt nach anerkannten Doktrinen des heutigen Kündigungsschutzrechts noch ein weiteres essentielles Prinzip, das hier vermutlich im Banne des schon erwähnten Schadensbildes bei den betrieblichen Sachwaltern offenbar entscheidend zu kurz gekommen ist: Diese Maxime des geltenden Kündigungsschutzrechts geht in erheblichem Maße auf Vorarbeiten von Wilhelm Herschel zurück[213] und hat sodann von Ulrich Preis als „Prognoseprinzip“[214] ihren heutigen Namen erhalten. Kennzeichen ihrer inzwischen sowohl beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG[215]) als auch vom Bundesarbeitsgericht (BAG[216]) aufgenommenen Lehren ist die Einsicht, dass der arbeitsrechtlichen Kündigung – trotz aller nach wie vor oft gegenläufigen Empirie[217] - selbst bei gravierendsten Vertragsverfehlungen kein Strafcharakter zukommt[218]. Sie ist vielmehr in den Dienst der Gefahrenabwehr gestellt, soll dem Arbeitgeber also lediglich die Rechtsmacht verleihen, sich gegen künftige Beeinträchtigungen relevanter Vertragsbelange wirkungsvoll zu schützen[219]. Deshalb ist nach einschlägigen Vertragsstörungen grundsätzlich zu fordern, dass „Wiederholungsgefahr“ besteht, die freilich in aller Regel zu Recht daraus hergeleitet wird, dass es zur Vertragsverletzung bereits einmal gekommen ist[220]. Soweit eine konkrete Wiederholung des inkriminierten Geschehens hingegen unwahrscheinlich erscheint, werde den Erfordernissen des „Prognoseprinzips“ allerdings unter Umständen in gleicher Weise genügt, wenn die Beziehung der Vertragsparteien durch den betreffenden Vorfall nachhaltig geschädigt sei[221]. In solchen Fällen wird dem auf nicht absehbare Zeit entstandenen „Vertrauensschaden“ also dieselbe Wirkung zugebilligt wie einer Wiederholungsgefahr, so dass es beim Kündigungsgrund gleichfalls bewendet.

(bb.)     Nach diesen Grundsätzen konnte die Beklagte die Klägerin nicht ultimativ mit Kündigung belegen. Weder kann kündigungsrelevantes Fehlverhalten objektiviert (s. sogleich, [1.]) noch die erforderliche „Negativprognose“ (s. unten, S. 48-50 [2.]) gestellt werden. - Auch dazu, abermals, der Reihe nach:

[1.]       Um eine kündigungsrelevante Vertragsverletzungen der Klägerin - möglicherweise - identifizieren zu können, aber auch zur Beurteilung etwaiger Zurechnungspräferenzen, erscheint zunächst eine Vergegenwärtigung des betrieblichen Kräftefeldes geboten und hilfreich, in dem sie sich damals bewegte:

[a.]       Sie ergibt folgendes Bild:

[aa.]     Wie nicht zuletzt der Revisionsbericht mit seinem Hinweis auf eine offenbar eilig verfügte Arbeitsanweisung von Herrn S. „zur Behandlung von Neukunden“ (Urteilsanlage XXVI.4.[222]) demonstriert, existierte bei Kontaktaufnahme von „Be.“ kein Reglement zum Umgang mit solchen, zumal ausländischen Geschäftsinteressenten. Möglicherweise wurde das Problem bis dahin unterschätzt, zumal die Beklagte im Rechtsstreit eigens hervorgehoben hat, ein Auslandsgeschäft hiesigen Umfangs sei „mehrere Jahre“ lang nicht mehr vorgekommen[223]. Dazu passt auch, dass die Klägerin beharrlich darauf verweist (s. auch schon oben, S. 20), dass es vor der erwähnten jüngsten Checkliste ihres Vorgesetzten brauchbare Vorgaben nicht gegeben habe[224]. Das bedeutete für sie jedoch, dass ihr tatsächlich nichts anderes übrig blieb, als mit den verfügbaren Ressourcen, so gut es ging, zu improvisieren.

[ab.]     Dass sie sich dieser Aufgabe durchaus erfolgversprechend gestellt hätte, kann ihr zudem nicht abgesprochen werden: Es darf als unstreitig vermerkt werden[225], dass sie nach dem im Rückblick allzu begreiflichen Versuch von „Be.“, der ihm ursprünglich offerierten der Vorkasse auszuweichen (s. oben, S. 3-4 [II.1 a.]; Urteilsanlage IV.), Rat bei ihrem Vorgesetzten (Herrn S.) gesucht hat, um auf dessen Geheiß sodann den Experten des Hauses für Warenkreditversicherer (Herrn B.) einzuschalten (s. oben, S. 4-5 [b.]; Urteilsanlage V.). Herr S. war damit über das gestellte Problem nicht nur von Anbeginn im Bilde, sondern auch über die weitere Entwicklung stets auf dem Laufenden. Insbesondere sah er sich namentlich über die Tatsache, dass Herr B. unter dem Datum des 20. Juni 2014 jedenfalls aus versicherungstechnischer Sicht „grünes Licht“ gegeben hatte (Urteilsanlage IX.), von der Klägerin prompt unterrichtet (s. oben, S. 6 [vor f.]; Urteilsanlage IX.). - Bei dieser Sachlage kann ihr nicht angelastet werden, sie habe betriebliche Regularien oder die verkehrsübliche Sorgfalt außer Acht gelassen. Wenn die Beklagte dies anders sieht, weil einer von Herrn S. (wohl) für den Rechtsstreit recherchierten[226] Organisationsanweisung älteren Datums (Kopie: Urteilsanlage XXVIII.) zufolge eine Reihe prozeduraler Anforderungen zur Umstellung von Kunden von Vorkasse auf Belieferung mit Zahlungszielen existiert hätten, so trifft die Kritik jedenfalls nicht die Klägerin: Insofern wäre es nämlich Sache ihres Vorgesetzten gewesen, sie bei Bedarf auf eine abweichende Weisungslage aufmerksam zu machen. So, wie sich die Dinge unter dessen Augen stattdessen entwickelten, durfte sie sich also darauf verlassen, den Steuerungsimpulsen ihres „Zahlungssicherungs-Gens“ (s. oben, S. 5 [vor c.]; Urteilsanlage V.) mit voller Billigung der durch Herrn S. repräsentierten Beklagten zu folgen. - Dass nach dem Text der Nachricht vom 10. November 2014 (Urteilsanlage XXVII.) vieles dafür sprechen mag, dass Herrn S. das thematisch ohnehin nicht ganz passende Regelwerk seinerzeit selber nicht präsent war, ändert nichts an diesem Befund. Jedenfalls kann der Klägerin nicht mit Erfolg angelastet werden, sich in diesem Stadium der Entwicklungen nachlässig oder gar weisungswidrig verhalten zu haben.

[ac.]     Nichts anderes gilt für ihre Versuche zur Absicherung des Folgeverlaufs durch die (wohl) am selben Tag durchgeführte „Urlaubsübergabe“. Insofern sucht die Beklagte zwar den Eindruck zu erwecken, das unter sechs Augen geführte Gespräch sei an Herrn S. komplett vorbeigegangen (s. oben, S. 7 [a.]). Doch entspricht das offensichtlich nicht den Tatsachen. Abgesehen davon, dass selbst der Revisionsbericht (Urteilsanlage XXII.14.) klipp und klar festhält, dass der Vorgesetzte im Zuge der Urlaubsübergabe „definitiv“ Kenntnis von sich möglicherweise zur Q. anbahnenden Geschäften hatte, sucht die Beklagte hier ihre Rechtsverteidigung in untauglichen Mitteln: Wenn sie nämlich bestreiten lässt, dass die Klägerin ihren Vorgesetzten „im Rahmen einer Urlaubsübergabe“ über das von Herrn B. bestätigte Kreditlimit und den übrigen Sachstand aufgeklärt habe, so kann der Unterrichtungsumfang in seinen Details auf sich beruhen. Denn nicht bestritten ist, dass die Begegnung als solche stattgefunden hat und dass Herr S. die bewussten Rahmendaten des Kreditversicherers obendrein aus der E-Mail vom 20. Juni 2014 (Urteilsanlage IX.) ohnehin kannte. - Nur das zählt für's Erste: Da somit der Vorgesetzte sowohl die Anbahnung der Beziehungen zu „Be.“ als auch über die anschließende Sondierung verfügbarer Zahlungsmodalitäten kannte, musste ihm auch klar sein, dass die weitere Steuerung des Geschehens in Abwesenheit der Klägerin zwangsläufig bei ihm lag: Die Beklagte betont selber, wie wenig Erfahrung Frau V. in die Abteilung mitbrachte[227]. Außerdem kann sie Herrn S. als übergeordneten Vorgesetzten nicht mit großzügigeren Maßstäben messen, als sie an die Klägerin angelegt wissen will[228]. - Genausowenig kann die Beklagte dieser endlich auch zur Last legen, die Anordnung von Herrn S. vom 19. Mai 2014 (s. oben, S. 8 [vor b.]; Urteilsanlage XI.) zu verschriftlichter Urlaubsübergabe vernachlässigt zu haben. Abgesehen davon, dass sich eine derart spezifische Verwendungsbestimmung weder dem Erläuterungstext noch dem Vordruck deutlich genug entnehmen lässt, hätte es abermals nahe gelegen, die Klägerin bei der Unterredung am 20. Juni 2014 auf das solcherart maßgebliche Reglement notfalls aufmerksam zu machen. Als Urheber der Bitte vom 19. Mai 2014 und Teilnehmer des Übergabegesprächs hatte Herr S. das etwaige Verfahrensmanko der Klägerin direkt vor Augen. Wenn er sie dann gleichwohl entgegen angeblich geltender Weisungslage gewähren ließ, durfte dies allemal als Billigung ihrer Prozedur verstanden werden. Auch insofern durfte sich die Klägerin folglich, so oder so, „auf der sicheren Seite“ sehen.

[ad.]     Erst Recht gilt dies für die Zeit ihrer Abwesenheit im Erholungsurlaub. Insofern oblag es der Klägerin insbesondere nicht, im Urlaub jederzeit „telefonisch erreichbar zu sein“ oder bei Bedarf „umgehend zurückzurufen“[229]. Wie schon angeklungen, lag die Verantwortung für das Folgegeschehen während ihrer Verhinderung bei Herrn S.. Das gilt auch für die Bestellungen von „Be.“, die nunmehr tatsächlich ab 30. Juni 2014 (s. oben, S. 8-9 [b.] u. S. 9 [c.]) - und gleich im „Doppelschlag“ - bei Frau V. einliefen. Diese blieben ihm auch nicht verborgen. - Im Gegenteil: Wenn die Beklagte insofern  für die Auftaktbestellungen vom 30. Juni 2014 mit ihren Verkaufsvolumen von 50.405,-- Euro und 61.673,26 Euro (s. oben, S. 8 [b.]; Urteilsanlagen XII. u. XIII.) nur „sein ,OK'“ gegenüber Frau V. in Abrede stellt (s. oben, S. 9 [vor c.]), lässt sich das Blatt damit nicht wenden: Insofern muss sie sich nämlich fragen lassen, wie Frau V. die Reaktion ihres Vorgesetzten auf die verlangte Übersetzung der Bestellung (s. oben, S. 8 Fn. 44) denn anders als die Kundgabe seines Einverständnis hätte verstehen sollen. Ohnehin lagen die Auftaktbestellungen mit ihrem Versandvolumen in Größenordnungen, für deren Bewilligung sie nach den Regularien des Hauses (s. oben, S. 8 [b.]; Urteilsanlage XIV.) auf seine Zustimmung angewiesen war. Hätten nun Vorbehalte oder Einwände gegen die Freigabe der Lieferungen bestanden, so wäre es abermals seine Sache als zuständiger Vorgesetzter gewesen, dies kundzutun und ggf. abweichende Dispositionen zu treffen. Das musste damals umso mehr geboten erscheinen, als „Be.“ mit besagtem „Doppelschlag“ offenkundig darauf aus war, die gegenüber unbekannter Kundschaft in der Tat elementare kaufmännische Regel auszuhebeln, erst einmal einen Geldrücklauf abzuwarten, ehe in weitere Vorleistung eingetreten wird. Spätestens deshalb wäre es hier im Übrigen auch Zeit für Herrn S. gewesen, die Angelegenheit entweder enger als geschehen, zu beaufsichtigen oder sie sogar insgesamt an sich zu ziehen. - Jedenfalls gilt: Die von der Beklagten stattdessen beharrlich bevorzugte „Schuldzuweisung“ an die Adresse der Klägerin verkürzt auch insofern maßgeblich die Perspektive.

[ae.]     Etwas anders liegen die Dinge für die Zeit nach deren Rückkehr aus dem Urlaub. Hier scheint sie hier ihr Gespür für betrieblichen Selbstschutz („Zahlungssicherungs-Gen“ - s. oben, S. 5 [vor c.]; Urteilsanlage V.) nämlich in der Tat unheilvoll verlassen zu haben. Denn zumindest im Rückblick betrachtet, sollte die E-Mail der „A.“ vom 15. Juli 2014 (s. oben, S. 10-11 [b.]; Urteilsanlage XIX.), die der Klägerin jedenfalls tags darauf zur Bearbeitung vorlag, als deutlich vernehmbarer „Weckruf“ eine Neubesinnung angemahnt haben.  Immerhin war die Klägerin bei ihrer Antwort darüber im Bilde, dass gerade drei neue Bestellungen von „Be.“ bereits ins Versandstadium geraten waren. Außerdem hat bei diesem Mal – anders als vor ihrem Urlaub noch für die E-Mail vom 20. Juni 2014 von Herrn B. (Urteilsanlage IX.) - offenbar davon abgesehen, Herrn S. auf die aktuelle Entwicklung vorsorglich aufmerksam zu machen. Auch hier sollte aber, ehe der „Stab“ vorschnell über die Klägerin „gebrochen“ wird, im Auge behalten werden, dass das unselige Bearbeitungsmuster, Bestellungen von „Be.“ mittlerweile blindlings zu bedienen, seinen Ausgang bei den beiden erwähnten Auftaktlieferungen genommen hat (s. oben, S. 42-43 [ad.]). Genau hier sind die entscheidenden Fehler unterlaufen und zugleich Weichen gestellt worden, weil nicht abgesichert war, dass jeweils erst Zahlungseingänge abgefragt wurden, ehe etwaige Folgelieferungen ihren Weg nahmen. - Bei dieser Sachlage wäre allenfalls ergänzend zugunsten der Klägerin noch in Rechnung zu stellen, was sie als Überlastlage eindringlich zur Sprache bringt[230]: Gemeint ist jene exzessive Vereinnahmung durch das „Movelog-Geschehen“, die immerhin auch der Revisionsbericht als Ausnahmesituation (Urteilsanlage XXII.6.) apostrophiert[231]. Bekanntlich gehört es zu den elementarsten Anforderungen an die Organisationspflicht des Arbeitgebers mit ggf. auch haftungsrechtlichen Konsequenzen (§ 254 BGB[232]), es durch beizeiten umsichtige Planungen zu solchen Zuständen gar nicht erst kommen zu lassen[233]. Wenn die Beklagte der Klägerin in diesem Punkt dann nur entgegen hält, es ggf. eben versäumt zu haben, auf ihre prekäre Lage höheren Ortes aufmerksam zu machen[234], verkürzt sie ein weiteres Mal die gestellte Problematik. Denn der Arbeitgeber hat seine Organisationslasten von sich aus zu erfüllen (§ 241 Abs. 2 BGB[235]), nicht erst auf Anforderung.

[b.]       Wird damit der Geschehensablauf im Lichte der realen betrieblichen Kräftefeldes (hoffentlich) deutlich, so kann für die Objektivierung kündigungsrelevanter Vertragspflichtverletzungen der Klägerin nur weitestgehend „Fehlanzeige“ erstattet werden:

[ba.]     Zwar wird die Beklagte nicht müde, der Klägerin in vielerlei Varianten zur Last zu legen, es sei gerade sie gewesen, die die Belieferung von „Be.“ veranlasst, ausgelöst oder zugelassen habe[236]. Obendrein sei dies ohne Autorisierung von Kompetenzträgern des Hauses geschehen[237]. Wie sich demgegenüber nun aber schon gezeigt haben sollte, sprechen die Fakten eine andere Sprache. Das zeigen genau alle drei Geschehensetappen, in denen Herrn S. als maßgeblicher Entscheidungsträger jeweils eingeschaltet war: So war eben er es, bei dem die Klägerin angesichts der Warenkreditwünsche von „Be.“ (Urteilsanlage IV.) von Anfang an Rat suchte. Er war es auch, der sie zur Klärung etwaiger Möglichkeiten an Herrn B. verwies und über ihre Anfrage dann auf dem Laufenden blieb (Urteilsanlage V.). Und er war es schließlich auch, der die abschließende Antwort des Versicherungsexperten vom 20. Juni 2014 (Urteilsanlage IX.) vor dem Erholungsurlaub der Klägerin definitiv kannte. Wenn er Frau V. bei seiner Begegnung mit den ersten zwei Bestellungen von „Be.“ vom 30. Juni 2014 (Urteilsanlagen XII. u. XIII.) dann nicht mehr zu sagen hatte, als ihr eine Übersetzungsgehilfin im Hause zu benennen und den Vorgang alsdann kurzerhand „durchzuwinken“, dann führt kein Weg daran vorbei, dass seinem Verhalten nur vorbehaltlose Billigung entnommen werden konnte (§§ 133[238], 157[239] BGB). Diese wirkte dann – selbstverständlich – auch zugunsten der Klägerin. Es trifft somit einfach nicht zu, wie die Beklagte dies zu vermitteln sucht, dass sich der Einstieg in die Belieferung bei „Be.“ ohne Wissen und Wollen der maßgeblichen Führungsperson ergeben hätte. Insofern tut die Beklagte der Klägerin mit ihrem anhaltenden Vorwurf der Vertragsverletzung objektiv beharrlich Unrecht.

[bb.]     Die Klägerin hat greifbare Vertragspflichten auch nicht dadurch verletzt, dass sie die Aktivitäten von „Be.“ nicht schon angesichts seines Selbstauftritts durchschaut[240], seine Bonität nicht genügend kontrolliert oder auch keine „Bank G.“ von ihm gefordert hätte:

< 1. >   Wie schon wiederholt bemerkt, gab es bei der Beklagten vor der jüngsten Anweisung von Herrn S. „zur Behandlung von Neukunden“ (S. 40 Fn. 223) keine systematischen Vorkehrungen zur Verifizierung neuer Auslandskunden. Auch ist gerade erwähnt worden (S. 45), dass sich die Klägerin wegen der Sachbehandlung von „Be.“ mit ihrem Vorgesetzten abgestimmt und von seinen Empfehlungen hat bestimmen lassen. Wenn die Beklagte das alles nicht gelten lassen will, weil schon der Selbstauftritt von „Be.“ durch eine Fülle von Anhaltspunkten[241] zur Vorsicht und Vergewisserung gesteigerte Veranlassung gegeben habe, erinnert die Klägerin mit Recht daran, dass die besagten Auffälligkeiten auch allen übrigen Beteiligten entgangen sind. Insofern kann ihre Sachbehandlung auch in dieser Hinsicht nicht einfach an den Erkenntnissen gemessen werden kann, die sich aus späterer Rückschau mittlerweile ergeben. In Wahrheit begegnen dem Betrachter in dem per Rückblick kurzerhand für „evident“ erklärten Verdachtsmomenten bestenfalls Aspekte, die im Rahmen organisierter Prävention zu Kandidaten einer „Checkliste“ zu machen wären, die nur eben vor den Querelen um „Be.“ nicht verfügbar war.

< 2. >   Dasselbe gilt für den weiteren Vorwurf der Beklagten, die Klägerin habe entgegen betrieblichen Gepflogenheiten keine ausreichende Bonitätsprüfung für „Be.“ veranlasst und beispielsweise den Umstand vernachlässigt, dass sich Verwaltungs- und Lieferanschrift voneinander unterschieden hätten. Soweit die Beklagte dazu unter neuerlichem Hinweis auf den Revisionsbericht (Urteilsanlage XXII.) veranschaulicht (S. 9 a.a.O.), welche räumliche Distanz zwischen dem „Firmensitz“ nebst Rechnungsziel der Gesellschaft (Q.) und der angegebenen Lieferadresse am Ostrand Frankreichs liegt, kommt schon zu kurz, dass sich die betreffenden Angaben (erst) aus den Bestellungen von „Be.“ (Urteilsanlagen XII., XIII., XV., XVI. bis XVIII.) ergaben, die jedoch erstmals in Abwesenheit der Klägerin eingingen[242] (Urteilsanlagen XII. u. XIII.).  Bei den letzten Bestellungen (Urteilsanlagen XVI. bis XVIII.) war sie wiederum offenbar erheblich durch das Projekt „Movelog“ gebunden. Im Übrigen verweist  bereits die Klägerin mit vollem Recht darauf, dass sich der Aufmerksamkeitswert derartiger Residenzverhältnisse in Grenzen halte, wenn man berücksichtige, dass gerade die Beklagte selber auf verschiedene Anschriften für Zentrale und Lager zurückgreife[243]. - Schließlich wäre hier abermals im Auge zu behalten, dass sich die Klägerin nicht nur mit ihrem Vorgesetzten abgestimmt, sondern sich auf dessen Geheiß auch versicherungstechnische Rückendeckung verschafft hatte. Weder der eine noch der andere Gesprächspartner ist auf die Idee gekommen, sie etwa dazu anzuhalten, sich nach dem späteren Muster des Revisionsberichts mithilfe der Daten von „Google“ (Urteilsanlage XXII.11.) vorsorglich die Fassade eines Gebäudes am – damals noch gar nicht bekannten - Zielort von Lieferungen in Augenschein zu nehmen. Auch hier wird die Beklagte zwar nicht umhin kommen, derartige Kontrolllasten in der Tat als Teil einer „Checkliste“ für die Zukunft festzuhalten. Als Basis des Vorwurfs begangener Vertragsverletzung eignet sich dergleichen hingegen nicht.

< 3. >   Das Blatt ist schließlich auch nicht dadurch zu wenden, dass „Be.“ sich im Text seiner E-Mail vom 30. Mai 2014 (s. oben, S. 4 [vor b.]; Urteilsanlage IV.) zur Gewinnung des Status als Rechnungskunde erboten hatte, bei Bedarf „a Bank G.“ beizubringen. Das hat die Klägerin tatsächlich nicht aufgegriffen, nach eigenen Angaben deshalb, weil sie dies aus den Augen verloren hatte[244]. Nach Lage der Dinge kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagten dadurch ein „Schaden“ entstanden ist. Zwar sucht diese den Eindruck zu erwecken, mithilfe einer solchen „Bank G.“ wirtschaftlich auf der sicheren Seite gewesen zu sein. Das darf aber als eher wirklichkeitsfremd gewertet werden. Angesichts erwiesener Beliebigkeit, mit der sich „Be.“ offenbar das papierne Erscheinungsbild eines vermeintlich seriösen französischen Unternehmens beizulegen vermochte (Urteilsanlagen XII. ff.), darf nämlich der Einwand der Klägerin als realistisch gelten, dass „Be.“ im Zweifel auch eine entsprechende Bankurkunde gefälscht hätte[245]. Außerdem ist Hinweis der Klägerin weder widerlegt noch relativiert, dass auch die übrigen Akteure des Hauses, die von ihr eingeschaltet waren, derselben Offerte ebenfalls keine Aufmerksamkeit geschenkt hätten[246].

[2.]       Fehlt damit nach allem schon der besagte „Grundstein“ verhaltensbedingter Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses der Klägerin, so sei nur ergänzend auf die Konsequenzen des zum normativen Rahmen eingangs schon erwähnten „Prognoseprinzips“ (s. oben, S. 37-39 [2.]) zurückgekommen: Wie dort schon erwähnt, trägt der etwaige Vertragsverstoß als solcher die Kündigung nicht[247]. Da die Kündigung vielmehr in den Dienst der Gefahrenabwehr gestellt ist, kommt es vor allem entscheidend darauf an, ob ohne die Kündigung (weitere) Gefährdungen von der Zielperson ausgehen. - Auch davon kann vorliegend im Blick auf die Klägerin keine Rede sein:

[a.]       Es ist eine Binsenweisheit, dass Menschen – vielerlei Unkenrufen zum Trotz – zuweilen eben doch lernfähige Wesen sind. Wer dabei vielleicht nicht schon vom inneren Drang beseelt sein mag, eigene Fehler nach Möglichkeit in Grenzen zu halten, wird entsprechende Steuerung künftigen Verhaltens ersatzweise durch die Peinlichkeit erlittenen Missgeschicks erfahren, so dass es des ultimativen Beziehungsabbruchs zum Schutz fremder Belange typischerweise nicht bedarf. Für den hiesigen Streitfall erscheint denn auch bezeichnend, dass schon die Klägerin berichtet, sie habe sich gemeinsam mit Frau V. – wohl gänzlich ohne die im Revisionsbericht erwähnte Inititative von Herrn S. - daran gemacht, systematische Vorkehrungen gegen neuerliches Nachsehen zu organisieren[248]. Nimmt man die Tatsache hinzu, dass auch die Akteure der Beklagten sich nicht zuletzt aufgrund der entsprechenden Hinweise des Revisionsberichts um Aufarbeitung und Verbesserung organisatorischer Prävention bemüht gezeigt haben, so bietet sich für eine „Negativprognose“ mit Blick auf die Klägerin endgültig kein tragfähiger Anhaltspunkt.

[b.]       Dem könnte die Beklagte auch nicht durchgreifend entgegen halten, sie habe nun aber jegliches „Vertrauen“ in Umsicht und Sorgfalt der Klägerin unwiederbringlich eingebüßt, so dass der erlittene Schaden eben insofern mit der Folge nachwirke, dass eine gedeihliche Arbeitsbeziehung nicht neu zu begründen sei. Mit solchen Überlegungen unterschätzte die Beklagte jedoch sowohl ihre praktischen Möglichkeiten als auch ihre rechtlichen Obliegenheiten. Denn es könnte ihr nicht einfach freigestellt werden, die Fähigkeit zur Neubegründung von „Vertrauen“ nur kurzerhand zu negieren. So hat es gute Gründe, dass die Gerichte für Arbeitssachen bekanntlich nicht zuletzt die Abmahnungsobliegenheit des Arbeitgebers – die auch der Beklagten alles andere fremd ist (Herr S.!) - schon vor Jahrzehnten aus überzeugenden Gründen auch auf den sogenannten „Vertrauensbereich“ der Arbeitsvertragsbeziehung erstreckt haben[249]. Vor allem aber kann nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass sich der Hinweis auf vorgeblich irreparabel gestörtes Vertrauen schon strukturell nicht eignet, die im Übrigen fehlenden Voraussetzungen verhaltensbedingter Kündbarkeit von Arbeitsverhältnissen bei Bedarf zu substituieren. Insofern ist im Fachschrifttum wiederholt daran erinnert, dass jede Verabsolutierung vorgeblich irreparabel zerstörten Vertrauens auf eine Wiederbelebung genau jener sogenannten absoluten Kündigungsgründe hinausliefe[250], die bekanntlich schon Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts mit dem Ersten Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz endgültig hatten verabschiedet werden sollen. Allein dies entspricht den verfassungsrechtlichen Anforderungen aus Art. 12 Abs. 1 GG[251], zu dessen Inhalten im Lichte heutigen Verständnisses nicht zuletzt die Einzelfallwürdigung von Kündigungskonflikten gehört[252]. Dass derartigem Differenzierungsvermögen hier schließlich auch nicht die Höhe des Schadens im Wege stände, bestätigt die Beklagte endlich nochmals anschaulich damit, dass ihr im Verhältnis zu Herrn S. eine schlichte Abmahnung genügte, um Vertrauen in die künftige Gedeihlichkeit der Beziehungen zu demonstrieren.

[3.]       Aus alledem folgt: Da die Beklagte der Klägerin bereits die Kündigung der langjährigen Arbeitsbeziehung nicht als allein zugängliche Alternative zum Aufhebungsvertrag zur Wahl stellen durfte, greift ihre Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung bereits aus diesem Grund durch.

bb.       Allerdings ist das noch nicht alles. - Denn auch die übrigen von der Beklagten am 26. August 2014 zur Sprache gebrachten Konsequenzen fehlender Bereitschaft der Klägerin, sich in das ihr per Aufhebungsvertrag zugedachte Schicksal zu fügen, erweisen sich anfechtungsrechtlich als mindestens hochproblematisch:

(1.)       Das gilt in erster Linie – aber nicht nur - für die in Aussicht gestellte Schadenshaftung:

(a.)       Insofern folgt das Gericht der Klägerin darin, dass auch die Ankündigung existenzbedrohlicher Schadensersatzforderungen, wie sie diese als Teil der Unterredung vom 26. August 2014 anschaulich schildert (s. oben, S. 15-17), thematisch geeignet wäre, die Anfechtbarkeit ihrer auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichteten Erklärungen im Aufhebungsvertrag (Urteilsanlage XXVI.) rechtlich zu legitimieren[253]. Die Rechtswidrigkeit derartiger Bedrohung läge im deutlichen Übermaß dessen, was die Beklagte angesichts eigener Mitverantwortung für die entstandene Schadenslage durch organisatorische Defizite sowie Art und Ausmaß der Verursachungsanteile dritter Beteiligter der Klägerin zur Überwindung ihres Widerstandes hätte in Aussicht stellen dürfen.

(b.)       Nun weist die Beklagte den Gedanken, sie könne zur Entmutigung der Klägerin in irgendeiner Weise durch übertriebene Beschreibung ihrer Optionen nachgeholfen haben, im Rechtsstreit weit von sich: Sie sei im Gegenteil sogar durch Heranziehung ihres Herrn Sch. darauf bedacht gewesen, die Klägerin ganz unabhängig von ihren eigenen Gesprächszielen über die Grundsätze der Schadenshaftung im Arbeitsverhältnis zu unterrichten (s. oben, S. 18). Insbesondere sei weder davon die Rede gewesen, dass die Klägerin etwa allein im vollen Umfange hafte, oder auch ihre Inanspruchnahme auf wirtschaftlichen Ausgleich bei Verweigerung der Vertragsaufhebung „mit allen Mitteln“ betrieben werde. - Was von diesen Beteuerungen zu halten sein mag, kann angesichts der vorstehenden Befunde zur Bedrohung mit Kündigung letztlich auf sich beruhen. Angemerkt sei allenfalls, dass es angesichts der übrigen Begleitumstände des Geschehens beim Umgang der Beklagten mit der Klägerin eher auf Skepsis stoßen müsste, ihr die hier bekundete Zurückhaltung in der Schilderung der Konsequenzen verweigerten Einlenkens abzunehmen.

(2.)       In diesen Zusammenhang gehört auch, was die Beklagte der Klägerin nach unbestrittenen Angaben (s. oben, S. 16 [vor 2.]) für den Fall verweigerter Kooperation hinsichtlich ihres Zeugnisses in Aussicht gestellt hat. Danach werde im Zeugnis auf die Gründe der Trennung „Bezug“ genommen. Was der Klägerin damit unverhohlen avisiert wird, hat allemal das Zeug zum eigenständigen Anfechtungsgrund. Denn die Personalverantwortlichen der Beklagten mussten wissen, dass die Gründe des Ausscheidens einer Arbeitsperson auch dann nichts im Zeugnis zu suchen haben, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund von Querelen und Missstimmungen sein Ende gefunden hat[254]. Dass die Beklagte sich darüber hinwegzusetzen drohte, ist somit selber Ausdruck rechtswidriger Beeinflussung der Selbstbehauptungskraft der Klägerin am 26. August 2014. Wäre deren Einwilligung zum Aufhebungsvertrag vom 25. August 2014 (Urteilsanlage XXVI.) nicht schon aus den bisherigen Gründen nach § 142 Abs. 1 BGB[255] nichtig, so ergäbe sich diese Konsequenz somit spätestens wegen ihrer Ankündigungen zum Arbeitszeugnis, das nach schon „klassischen“ Doktrinen für das sogenannte Fortkommen von Arbeitspersonen ja bekanntlich „von größter Wichtigkeit“ ist[256].

(3.)       Im selben Betrachtungszusammenhang steht schließlich auch die gleichfalls ungeschminkte Prophezeiung für die Klägerin, ohne einvernehmliche Aufhebung „nie wieder einen ordentlichen Job“ zu erhalten, weil man dann etwaigen Anrufern wahrheitsgemäß mitteilen würde, „warum das Arbeitsverhältnis mit fristloser Kündigung“ geendet habe (s. oben, S. 16 [vor 2.]). Da zumindest nachteilige Äußerungen eines Arbeitgebers – sofern ohne Wissen und Zustimmung des Betroffenen überhaupt zulässig[257] - in aller Regel nicht über dasjenige hinausgehen dürfen, was er im Zeugnis zu bekunden berechtigt ist[258], sind mit den dazu eben gegebenen Erläuterungen zugleich die Grenzen informatorischer Befugnisse der Beklagten gegenüber Dritten abgesteckt. Auf diese Weise gehört schließlich auch die der Klägerin am 26. August 2014 vor Augen geführte Auskunftsfreude der Beklagten in den Kreis rechtswidriger Bedrohungstatbestände, kraft derer sich eine Anfechtung des Aufhebungsvertragsnach des § 123 Abs. 1 BGB[259] auch insofern ohne Weiteres rechtfertigt.

2.         Griffe diese nach allem nicht bereits deshalb durch, weil die Beklagte am 26. August 2014 zur Durchsetzung ihres Trennungsimpulses in mehrfacher Hinsicht die anfechtungsrechtlich gezogenen Grenzen dialogischer Druckentfaltung überschritten hat, so ergäbe sich derselbe Effekt spätestens nach den Grundsätzen sogenannten „fairen Verhandelns“, deren nachhaltige Verletzung gleichfalls zur Widerrechtlichkeit des einschlägig diskreditierten Vorgehens führt. Allerdings bietet sich insofern als Rechtsfolge anstelle der isolierten Anfechtbarkeit die Anlehnung an die Vorschrift des § 162 Abs. 2 BGB[260] an, wonach der Eintritt einer Bedingung kraft Gesetzes als „nicht erfolgt“ gilt, wenn diese Bedingung – hier in der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages vom 25. August 2014 (Urteilsanlage XXVI.) - objektiv „wider Treu und Glauben herbeigeführt“ worden ist. - Insofern, abermals, der Reihe nach:

a.         Die Fälle, in denen eine unter sich abgestimmte Mehrzahl von Akteuren ausgewählte einzelne Arbeitspersonen typischerweise unvorbereitet zu sich beordert, um diese bevorzugt dadurch zur Unterzeichnung vorbereiteter Schriftstücke zu bewegen, ohne dass die Zielperson vor Ort Begleitschutz erfahren oder vor abschließender Entscheidung situative Distanz zwischen sich und die Bedrängnislage herstellen kann, sind Legion[261]. Bei den Gerichten für Arbeitssachen – aber auch bei den Tarifvertragsparteien[262] – hat dies zu Versuchen geführt, der in solchen Lagen mit Händen zu greifenden Störung freier Willensbestimmung (allein) der Zielperson nach Möglichkeit abzuhelfen. Hierher gehört die Idee, den Betroffenen etwa in Anlehnung an die kodifizierten Bestimmungen zum Widerruf sogenannter „Haustürgeschäfte“ (s. früher § 1 Abs. 1 HWiG[263]; heute § 312 Abs. 1 BGB[264]) ein Lösungsrecht zuzubilligen[265]. Das Bundesarbeitsgericht ist dem zwar nicht gefolgt[266]. Das gilt jedenfalls für Fallgestaltungen, in denen der Zielperson (lediglich) die Bitte um Bedenkzeit abgeschlagen worden ist (salopp: „jetzt oder nie“). Es hat jedoch durch seinen Zweiten und Neunten Senat wiederholt darauf verwiesen, dass für die Gefahren möglicher „Überrumpelung“ von Arbeitspersonen mithilfe von Informationspflichten und dem Gebot fairen Verhandelns begegnet werden könne[267]. Die Erörterung dieser Maxime geht auf eine Anregung von St. Lorenz im Jahre 1997[268] zurück, die nicht nur im Fachschrifttum alsbald interessiert aufgegriffen worden ist[269], sondern sich auch vorzüglich dazu eignet, ebenso relevante wie typisierbare Störungen privatautonomer Selbstbestimmung durch Rekonstruktion ihrer Grundvoraussetzungen prozedural auszugleichen[270]. Gerhard Reinecke hat die situativen Störfaktoren, die freier vertraglicher Willensbestimmung jedenfalls in ihrer Häufung inakzeptabel engegen wirken, schon im Jahre 2006 unter Verarbeitung der Anregungen von St. Lorenz mit folgenden Worten auf den Punkt gebracht[271]:

 

Lorenz hat auf die angloamerikanische Rechtsprechung und Lehre vom Schadensersatz wegen ,undue influence', also wegen unangemessener Einflussnahme' hingewiesen. Danach kann die Entscheidungsfreiheit etwa durch folgende Verhaltensmuster beeinträchtigt sein: Vertragsverhandlungen zu ungewöhnlichen bzw. unpassenden Zeiten oder Orten, Zeitdruck, das Vorhandensein mehrerer Personen auf einer Verhandlungsseite, das Fehlen von Beratungsmöglichkeiten auf der anderen Seite. Es handelt sich – so Lorenz – um ein ,bewegliches System mehrerer Elemente, die in ihrem jeweiligen Zusammenspiel eine unzulässige Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers begründen können. Lorenz sieht die Pflicht, die freie Willensentschließung des Gegenübers nicht durch psychischen Druck oder die Ausnutzung einer psychischen Schwäche in einem Maße zu beeinflussen, in welchem eine überlegte, freie Entscheidung unmöglich gemacht wird, als Verschulden bei Vertragsschluss (c.i.c.) an. Bei arbeitsrechtlichen Aufhebungsverträgen geht es zudem um eine Pflicht aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis, in traditioneller Ausdrucksweise um die ,Fürsorgepflicht'.

Jüngst hat Thüsing diesen Ansatz als ,Königsweg' bezeichnet, den es auszubauen gelte, und ihn weiterentwickelt[272] (…). Er hat weiter seine praktische Anwendung durch die seiner – zutreffenden – Ansicht nach zu zögerliche Rechtsprechung angemahnt (…). Wichtig ist sein Hinweis auf das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Nach § 106 GewO[273] kann der Arbeitgeber ,Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind'. Wie erwähnt, hat es der Arbeitgeber aber kraft seines Direktionsrechts in der Hand, den Arbeitnehmer zur Teilnahme an einem Personalgespräch zu verpflichten und Ort, Zeit und nähere Umstände des Gesprächs zu bestimmen. Billiges Ermessen muss er auch bei der Führung von Personalgesprächen wahren. Für Verhandlungen über den Abschluss von Aufhebungsverträgen ergibt sich daraus das Gebot fairen Verhandelns. Thüsing spricht von einer Pflicht zur Rücksichtnahme, die ,bei einvernehmlichen Regelungen nicht gänzlich fehlen' kann. Nach Thüsing soll diese Rechtsfigur die Grauzone zwischen fehlender und voller Geschäftsfähigkeit, zwischen widerrechtlicher Drohung bzw. arglistiger Täuschung und gänzlich unfairem Verhandeln abdecken. In erster Linie geht es hier nicht um den Inhalt des Vertrages, sondern um den Weg dorthin (…).

In diesem ,beweglichen System' ist auch die Art der Gesprächsführung zu berücksichtigen. … “.

 

Dem ist nichts hinzuzufügen.

b.         Gerade der hiesige Streitfall erscheint geeignet, sich die Berechtigung des Gebotes fairer Verhandlungen zur Schließung erheblicher Schutzlücken zwischen den punktuellen Absicherungen möglichst ungestörter privatautonomer Willensbildung im kodifizierten Gesetzesrecht unter dem „Firmament“ der geltenden Grundrechtsordnung[274] eindrucksvoll vor Augen zu führen. Er vereinigt  nämlich mehrere typisierbar problematische Begleitumstände, die spätestens in ihrer Kombination die Intervention einer auf den Schutz der Privatautonomie verpflichteten Rechtsordnung[275] herausfordert.

ba.       Dafür erscheint es allerdings ratsam, nach Kriterien Ausschau zu halten, die über „Fairness“ im gesuchten Sinne Aufschluss geben könnten:

(1.)       Insofern ist kein Zufall, dass dabei in prozeduraler Hinsicht Stilelemente umsichtiger Gesprächsanbahnung spontan ins Blickfeld geraten, die sich auf strukturell verwandtem Gebiet bereits bewährt haben. Gemeint ist das Vorfeld sogenannter „Verdachtskündigungen“, für die nach der Rechtsprechung (auch) des Bundesverfassungsgerichts[276] (BVerfG) die vorherige Anhörung der Zielperson zu den zwingenden Wirksamkeitsvoraussetzungen späterer Kündigung gerechnet wird[277]. In diesem Zusammenhang stößt in neuerer Zeit die Frage auf wachsende Aufmerksamkeit der Fachgerichte, welche Anforderungen solche Unterredungen nicht zuletzt an die psychische Vorbereitung potentiell „unschuldiger“ Zielpersonen stellen, die sich neben urplötzlichem Abbruch der Vertragsbeziehung und ihrem betrieblichen Dasein auf den Verlust ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage einstellen (können) sollen[278]. Gefordert ist danach in allererster Linie die vorherige Bekanntgabe der anstehenden Thematik[279]. Bedacht zu nehmen ist aber auch darauf, dass gerade die Zielperson des Kollektivs eben persönlich „betroffen“ und daher – im krassen Unterschied zu den übrigen Beteiligten – auf situativen Beistand gesteigert angewiesen ist[280]. Deshalb wird heute zutreffend darauf bestanden, dass ihr von den Initiatoren der Unterredung von vornherein ermöglicht wird, sich zur Wahrung ihrer mentalen, intellektuellen und rechtlichen Verteidigungsmöglichkeiten präsenter (auch anwaltlicher) Begleitung zu versichern[281]. Keine geringeren Standards wird man als Grundbedingungen „fairen Verhandelns“ in Fallgestaltungen fordern dürfen, in denen es die Regisseure entsprechender Gesprächsrunden auf Trennung und Auschaltung der Zielperson aus dem gewohnten Sozialgeschehen abgesehen haben. Fehlt es danach trotz verfügbarer zeitlicher Ressourcen der Sachwalter sowohl an jeglichen Anstalten, der Zielperson die nötige Vorbereitung zu ermöglichen, als auch an Zeichen, ihr besagten „Begleitschutz“ zuzubilligen, so wird von fairem Verhandlungsgeschehen in aller Regel wohl schon deshalb keine Rede sein können[282].

(2.)       Allerdings kann es sich auch anders darstellen, wenn die Zielperson zum Ausgleich versagter Vorbereitung zumindest Raum für entsprechende Nachbereitung erhält. Gemeint sind in der Tat sogenannte Bedenkzeiten und vergleichbare Gelegenheiten, die der überraschten Zielperson die oft äußerst belastenden – wenn nicht traumatischen - Erlebnisse sowohl emotional als auch mental verkraften und verarbeiten helfen. Außerdem verschafft ihr dies die Chance, sich bei Bedarf wenigstens im Nachhinein mit Vertrauenspersonen zu beraten. Essentiell scheint für solche Prozesse der Rückgewinnung erschütterter Handlungsfähigkeit nicht nur nach mühelos zugänglicher Selbsterfahrung, sondern auch jüngeren Erkenntnissen hirnneurologischer Forschung vor allem die Chance für den Betroffenen zu sein, das fragliche Geschehen ein- oder mehrmals zu „überschlafen“[283]. - Hiernach bietet sich eine mittlerweile auch wissenschaftlich fundierte Grundlage, solchen Akteuren gründlich zu misstrauen, die von ihrer Zielperson in für diese unübersichtlicher Lage an Ort und Stelle prompte Entscheidungen zu folgenreichen Sachverhalten fordern. - Erst Recht hat das alles zu gelten, wenn die betreffenden Akteure dem Adressaten weder die besagte Vorbereitung noch die Gelegenheit nachträglicher Selbststabilisierung einzuräumen. In solchen Fällen werden die Grundlagen fairen Verhandelns somit kaum jemals bescheinigt werden können.

(3.)       Freilich bleibt auch dann noch immer vorstellbar, dass die konkrete Dy-

namik des kommunikatorischen Geschehens trotz einschlägiger Defizite einen dialogischen Prozess hervorbringt, der nach Stil und Verlauf die erwähnten Befürchtungen um die Integrität der Belange der Zielperson beruhigt ad acta legen lässt. Freilich wird es dann regelmäßig auch nicht zu späteren Angriffen gegen die gefundene Problemlösung kommen. - Umgekehrt gilt jedoch: Es kann wiederum auch ganz anders sein. Kommen nämlich zu den bereits behandelten Regieelementen weitere Auffälligkeiten hinzu, die objektiv allesamt auf Kosten der Widerstandskraft der Zielperson gehen, so wird „Kassationsreife“ für den auf solche Weise erzeugten Pakt nach den skizzierten Grundsätzen in aller Regel endgültig erreicht sein.

bb.       Auf diesem Hintergrund wäre der hiesigen Beklagten, griffe nicht schon die Anfechtung der Klägerin durch, die erfolgreiche Berufung auf den Aufhebungsvertrag (Urteilsanlage XXV.) spätestens nach § 162 Abs. 2 BGB[284] zu versagen. Das folgt schon aus den unstreitigen Elementen der Schilderungen beider Parteien über Vorbereitung und Verlauf ihrer Begegnung am 26. August 2014 (s. oben, S. 14-17; S. 17-19). - Sie liefern folgendes Bild:

(1.)       Was zunächst den Vorlauf betrifft, so steht außer Streit, dass die Klägerin die Aufforderung, sich am 26. August 2014 einem – inhaltlich nicht erläuterten - „Personalgespräch“ zu stellen (Kopie[285]: Urteilsanlage XXVIII.), erst am selben Tage empfing. Damit fehlten ihr nicht nur in zeitlicher Hinsicht brauchbare Möglichkeiten zur inneren Einstimmung. Sie war auch thematisch nicht in die Lage versetzt, sich auf die anstehenden Anliegen der Beklagten vorzubereiten. Zwar legt Letztere Wert auf die Feststellung, die vom Personalleiter ausgehende Einladung sei „nicht spontan und überraschend“, sondern „ca. drei Stunden zuvor“ ausgesprochen worden und eigens als „Personalgespräch“ gekennzeichnet gewesen[286]. Damit beschreibt sie aber nicht die Lösung, sondern genau das Problem[287]: Zwar mag eine Aufforderung zu einem „Personalgespräch“ unter Ankündigungsfrist von drei Stunden bei belanglosen Fragen oder sogar positiven Nachrichten für den Adressaten im Kontext von Vorbereitungslasten unproblematisch sein. Geht es jedoch nach dem Willen der Veranstalter darum, der Zielperson nach 21 Jahren gleichsam „Knall auf Fall“ alternativlos die Trennung nahezulegen, so liegen die Dinge gründlich anders. Für den Streitfall lässt somit schon die Anbahnung der Unterredung nicht nur tief blicken. Sie bereitet nicht minder erhebliche Sorge um die Verfassung, die die Akteure der Beklagten ihrer Gesprächspartnerin damit – wenn nicht alles täuscht - sehenden Auges zugedacht haben. - Aber, sehen wir weiter:

(2.)       Betrachtet man auf der anderen Seite das Ende der insgesamt mehr als einstündigen[288] Veranstaltung namentlich im Lichte der – angesichts von Perspektiven und Stofffülle[289] kaum überraschenden – Bitte der Klägerin um „Bedenkzeit“ (s. oben, S. 16 [Mitte]), so tragen die Parteien zwar unterschiedlich vor[290]. Fest steht aber immerhin, dass ihr die Beklagte trotz ihrer besagten Bitte weder per Vertagung noch in anderer Weise die Möglichkeit des „Überschlafens“ der Angelegenheit verschaffte. Richtig ist lediglich, dass die Klägerin im Ergebnis – ob mit oder ohne Telefonanschluss ist wiederum streitig - zu einer Pause von 10 oder 20 Minuten kam[291]. - Was von diesen Divergenzen auch immer zu halten sein mag, eines darf jedoch allemal angemerkt sein: Selbst wenn sich die Klägerin in ihrer so geschaffenen Lage 20 Minuten lang hat „verschnaufen“ können und sogar ein Telefon in Reichweite gehabt haben sollte, hätte eine solche Szenerie nichts mit jenen Bedingungen zur Wiederherstellung persönlicher Handlungsfähigkeit zu tun, auf die besagte Bedenkzeiten im Interesse eines Kräftegleichgewichts im Vertragsverkehr (s. dazu schon oben, S. 55) abzielen. Das von der Beklagten durch ihr intransparentes Anbahnungsverhalten in die situative Lage der Klägerin hineingetragene Überraschungsmoment ist mit der hiesigen Atempausen keineswegs neutralisiert, so dass auch insofern im Lichte der bewussten Grundsätze fairen Verhandelns nur „Fehlanzeige“ erstattet werden kann.

(3.)       Bliebe auf solchen Hintergrund indessen nach den hierzu getroffenen Ausführungen (s. oben, S. 60 [(3.)]) noch immer die Chance, dass sich letztlich im Blick auf den übrigen Verlauf der Beratungen ein gegenläufiges Bild einstellt. Greift man dazu jedoch nur wenige verifizierbare Fragmente des Gesprächsgeschehens heraus, so verflüchtigt sich letztlich auch solche Hoffnung. Im Gegenteil: Das unter Aspekten fairen Verhandelns zu gewinnende Bild trübt sich noch weiter:

(a.)       Dabei stellt das Gericht nicht etwa schon darauf ab, auf welche Äußerlichkeiten die Klägerin die Klägerin stieß, als sie dem kurzfristig anberaumten Gespräch über die berufliche Zukunft bereitwillig folgte: Dass sie dabei nämlich neben dem Personalleiter mit dem Geschäftsleiter auf eine weitere Person stieß, die dann gemeinsam mit Ersterem das untereinander bereits abgestimmte Trennungsziel verfolgte, gehört zwar zu den typischen Merkmalen einseitig sorgfältig orchestrierter „Trennungsgespräche“[292]. Im hiesigen Betrachtungszusammenhang geht es aber um die Frage, was die Akteure aus den psychologischen Potentialen solchen „Setting's“ (Peter Klenter) dann wirklich machen.

(b.)       Auch insoweit ist hier jedoch keine Entwarnung möglich. Vielmehr lässt auch der Verhandlungsstil – soweit dieser angesichts der knappen Materiallage objektivierbar erscheint – einiges befürchten:

(ba.)     So ist zunächst unstreitig, sich die Sachwalter der Beklagten zur Fundierung ihrer gegen die Klägerin erhobenen Vorwürfe und ihrer daraus hergeleiteten Sichtweise auf den Revisionsbericht vom 17. August 2014 (Urteilsanlage XXII.) stützten[293]. Fest steht aber auch, dass sie diesen der Klägerin nicht zugänglich machten[294]. Zwar ist offen, ob sich die Klägerin insofern zumindest vor Ort um konkrete Aufklärung bemüht hat. Immerhin ist sicher, dass sich zwischen den Beteiligten insofern – zum Nachteil der Klägerin – ein signifikantes Informationsgefälle ergab. über vollkommen unterschiedliche Erkenntnislagen verfügten. Dass die Beklagte sich angesichts dessen ihrerseits etwa darum bemüht hätte, den hiervon für die Klägerin ausgehenden Belastungswert der Situation zu verringern, ist jedenfalls weder vorgetragen, noch ersichtlich oder auch nur nahe liegend.

(bb.)     Ein ähnliches Phänomen wird für die offenbar ohne Wissen der Klägerin bereits absolvierte Konsultation des Betriebsrates sichtbar: Hierzu berichtet diese unwidersprochen, dass ihre Gesprächspartner sie vorsorglich darüber aufgeklärt hätten, dass die Belegschaftsvertretung einer Trennung durch fristlose Kündigung bereits zugestimmt habe[295]: Offenbar vorbehaltlos und per „Kreuz'chen“ im Vordruck (Urteilsanlage XXIV.). Dabei hätten die Herren sogar Wert auf den Hinweis gelegt, dass das Gremium dergleichen „höchst selten“ täte[296]. - Verhielt es sich so, dann wusste die Klägerin spätestens damit Bescheid: Mit ernstzunehmenden „Verbündeten“ bei etwaiger Auflehnung gegen das ihr zugedachte Schicksal war zumindest innerbetrieblich nicht zu rechnen.

(bc.)     Wenig Gutes verheißt auch die Reaktion des Personalleiters auf den zitierten (S. 15 [Mitte]) Hinweis der Klägerin, sie könne wegen des immensen Schadens der Beklagten „nicht mehr schlafen“. Sollte dieser darauf wirklich nur geantwortet haben, sie sei doch „intelligent genug“, um hiernach darauf vorbereitet zu sein, dass ihre Tage im Betrieb gezählt seien, so zeigte eine solche Reaktion auf eine Gefühlsauskunft zumindest überdeutlich, wie sehr sich bei ihrem Gegenüber jedes Interesse an ihrem persönlichen Befinden verflüchtigt hatte.

(bd.)     Keinen geringeren Raubbau am Durchhaltevermögen einer Zielperson verheißt schließlich, was die Klägerin angesichts des abrupten Trennungsimpulses auf ihren Hinweis erfuhr, sie arbeite doch „seit über 20 Jahren in dem Unternehmen“: Darauf habe man sie mit dem Hinweis unterbrochen, „dass die 20 Jahre Vergangenheit“ seien. Dem begegnet die Beklagte im Rechtsstreit nur mit dem Bemerken, die so zitierte Äußerung sei ihrem Personalleiter „nicht erinnerlich“. Auch das gibt zu denken. - Fest steht endlich wiederum, dass der Klägerin auf beharrliche Nachfrage hin letztlich vermittelt worden ist, dass zumindest Herr S. mit (nur) einer Abmahnung bedacht wurde. - „Augenmaß“ für die langjährig verdiente Klägerin (s. oben, S. 2 [I.]) sieht anders aus.

III.        Die Konsequenzen dieser Befunde spiegelt der Tenor zu I. des Urteils.

 

B.         Die Kündigungen vom 28. August 2014

 

Auf diesem Hintergrund kann der Beklagten auch nicht bescheinigt werden, dass ihre Kündigungen in den Schreiben vom 28. August 2014 (Urteilsanlagen XXVII.) die damit intendierte rechtliche Lösungswirkung entfalten könnten. - Insofern, letztmalig, der Reihe nach:

I.          Die Klägerin hat ihre Feststellungsklagen binnen dreier Wochen nach Zugang der beiden Kündigungsschreiben am 28. August 2014 bei Gericht einreichen lassen (15. September 2014). Die Zustellung ist am 26. September 2014 bewirkt worden. Damit hat die Klägerin bei rechtlich gebotener[297] Berücksichtigung der gesetzlichen Wertungen aus § 167 ZPO[298] die ihr durch die § 13 Abs. 1 Satz 2[299], § 4 Satz 1[300] KSchG zur Klageerhebung gesetzte dreiwöchige Frist gewahrt. Die Kündigungen „gelten“ folglich nicht schon kraft Gesetzes nach § 7 (1. Halbsatz)[301] KSchG als „von Anfang an rechtswirksam“. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit vielmehr eines besonderen (hier in erster Linie sogenannten „wichtigen“) Grundes und dürfen – selbstverständlich – auch sonst nicht gegen zwingendes Gesetzesrecht verstoßen.

II.         Diesen Anforderungen genügen die hiesigen Kündigungen indessen nicht. Die Klägerin hat der Beklagten nämlich in der Tat keinen Grund gegeben, ihr Arbeitsverhältnis – sogar fristlos - aufzukündigen. Die Kündigungen in den Schreiben vom 28. August 2014 wären schon nicht im Sinne des§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG[302]„sozial gerechtfertigt“[303], was hier zu beachten wäre, da die Beklagte keinen „Kleinbetrieb“ (§ 23 Abs. 1 KSchG[304]) führt[305]. Damit steht der Beklagten folglich erst recht auch kein sogenannter „wichtiger“ Grund (§ 626 Abs. 1 BGB[306]) zu[307], kraft dessen sofortige Lösungswirkung zu erzielen wäre. Einschlägig kündigungsrelevante Tatsachen sind von der dafür bekanntlich darlegungs- und beweisbelasteten[308] Beklagten nicht beigebracht. Das folgt schon aus den im Rahmen der Anfechtungskontrolle angestellten Überlegungen (s. oben, S. 28-53), auf die hier daher kurzerhand verwiesen werden kann.

III.        Die Folgen dieser Rechtslage spiegelt der Tenor zu II.

 

C.         Die „Schleppnetzanträge“

 

Als begründet erweisen sich auch die jeweiligen Antragsfragmente, mit denen die Klägerin vorsorglich festgestellt sehen will, dass ihr Arbeitsverhältnis über den jeweils bezeichneten Zeitpunkt hinaus unverändert fortbestehe. Diesbezüglich ist bekanntlich anerkannt, dass ein Arbeitnehmer mit seiner Klage gegen die Kündigung vorsorglich auch den sogenannten allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO[309] stellen kann, um zu verhindern, dass der Arbeitgeber sich während des Rechtsstreits überraschend auf andere – zuweilen schlicht untergeschobene - Beendigungstatbestände beruft[310]. Dieses Klagebegehren wird daher im Fachschrifttum auch pointiert als „Schleppnetzantrag“ bezeichnet[311]. Das ihm zugrunde liegende Schutzbedürfnis ist – ohne gegen die Sachwalter der Beklagten insofern auch nur den geringsten Argwohn zu hegen - auch der hiesigen Klägerin objektiv nicht abzusprechen. - Fazit: Tenor zu I. und Tenor zu II. - jeweils am Ende.

 

D.         Die Prozessbeschäftigung

 

Erweisen sich nach den bisherigen Ausführungen weder der Aufhebungsvertrag im Schreiben vom 25. August 2014 noch die beiden Kündigungen vom 28. August 2014 als wirksam, so ergibt sich die Verpflichtung der Beklagten zur Prozessbeschäftigung zwanglos aus den bekannten Grundsätzen des Großen Senats des BAG in BAGE 48, 122[312]. - Hieraus folgt: Tenor zu III.

 

E.         Kosten und Streitwerte

 

Für Kosten und Streitwerte lässt es sich kurz machen:

I.          Soweit das Gericht auch ohne bekundeten Wunsch der Parteien über

die Verpflichtung zur Tragung der Kosten seiner Inanspruchnahme entschieden hat, bedurfte es hierzu keines Antrags (§ 308 Abs. 2 ZPO[313]). Diese Kosten hat das Gericht der Beklagten als unterlegener Partei zuweisen müssen (s. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO[314]; Tenor zu IV.).

II.         Den Wert der Streitgegenstände hat es aufgrund des § 61 Abs. 1 ArbGG[315] im Tenor festgesetzt und in Anlehnung an die Wertungen aus § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG[316] sowohl für den Aufhebungsvertrag als auch für die beiden Kündigungen mit jeweils der dreifachen Monatsvergütung der Klägerin bemessen. Der Beschäftigungsantrag ist nach den Gepflogenheiten der Praxis mit einer weiteren Monatsvergütung veranschlagt, so dass sich in der Summe ein Gesamtwert von (7 x 3.731,41 Euro = ) 26.119,87 Euro ergibt. Das erklärt den Tenor zu V.

 

 

 

 



[1]   Geboren im April 1961.

[2]   So Klageschrift S. 4 (Bl. 10 der Gerichtsakte [künftig kurz: „GA“]).

[3]   S. Selbstauskunft in der Klageerwiderungsschrift vom 12.11.2014 S. 3 (Bl. 68 GA).

[4]   S. Kopie als Anlage K 2 zur Klageschrift (Bl. 44-49 GA).

[5]   S. Kopie eines Beklagtenschreibens vom 12.7.2000 als Teil des Anlagenkonvoluts K 1 zur Klageschrift (Bl. 40 GA); Textauszug: „ … für die gezeigte Einsatzbereitschaft zur Bewältigung des erhöhten Arbeitsanfalls durch Urlaube und Krankheiten anderer Kollegen möchten wir Ihnen unseren Dank aussprechen und verbinden dies mit der Zahlung einer Prämie in Höhe von – DM 300,- brutto“; Kopie eines Beklagtenschreibens vom 25.9.2000 als weiterer Teil dieses Anlagenkonvoluts (Bl. 41 GA); Textauszug: „ … im Zusammenhang mit der Bearbeitung der E-Commerce-Aufträge durch den Mail-Bereich kam es – verbunden mit Urlaubszeiten anderer Kollegen – zu einem verstärkten Arbeitsanfall auch in Ihrem Arbeitsbereich. - Als Dank für Ihre Einsatzbereitschaft zahlen wir Ihnen mit dem Septembergehalt eine Prämie in Höhe von – DM 600,- brutto“.

[6]   S. Kopie eines Beklagtenschreibens vom 8.1.2004 als Teil des Anlagenkonvoluts K 1 (Bl. 42 GA); Textauszug: „ … für Ihre in der Vergangenheit gezeigte hohe Einsatzbereitschaft möchten wir Ihnen an dieser Stelle unseren herzlichen Dank aussprechen. - Sie haben trotz erheblicher Arbeitsbelastung die Ihnen übertragenen Aufgaben selbständig, zuverlässig und in sehr guter Arbeitsqualität bewältigt. - Wir verbinden unseren Dank für Ihr gezeigtes Engagement mit der Erhöhung Ihrer monatlichen Bezüge auf - € 2.650,- brutto … - ab 01.01.2004“.

[7]   S. Kopie eines Beklagtenschreibens vom 28.3.2008 als Teil des Anlagenkonvoluts K 1 (Bl. 43 GA); Textauszug: „ … für Ihre in der Vergangenheit gezeigte hohe Einsatzbereitschaft und Zuverlässigkeit bei Ihrer Tätigkeit in der Abteilung GRAVIS Mail möchten wir Ihnen an dieser Stelle unseren herzlichen Dank aussprechen. - Wir verbinden dies mit der Erhöhung Ihrer monatlichen Bezüge ab dem 01.04.2008 auf - Euro 2.850,- brutto“.

[8]   S. Klageschrift S. 4 (Bl. 10 GA): „Seit 01.06.2013 … wird sie in ihrer Funktion als Teamleiterin bezeichnet“.

[9]   S. Klageschrift a.a.O.: „Abteilung Mail (heute umbenannt in Direct Sales)“.

[10] S. Klageschrift S. 4 (Bl. 10 GA): Jahresgehalt 2013 44.777,03 Euro ( : 12 = 3.731,41 Euro).

[11] Soweit hier und im folgenden die männliche Bezeichnung beibehalten wird, dient dies allein der Sprachvereinfachung; nicht soll damit suggeriert werden, dass sich dahinter keine Person(en) weiblichen Geschlechts verbergen könnten; d.U.

[12] Auf deutsch etwa: Einkaufsleiter; Leiter des Beschaffungswesens; d.U.

[13] S. Klageschrift S. 5 (Bl. 11 GA).

[14] S. Kopie der E-Mail vom 27.5.2014 als Anlage B 1 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 113-114 GA).

[15] S. Klageschrift S. 5 (Bl. 11 GA): „Die Klägerin hielt dann Rücksprache mit ihrem Vorgesetzten, Herrn S., bzgl. der Anfragen. man sprach ab, an die Fa. Q. SA zunächst ein Angebot über ca. 30 T€ netto zu unterbreiten (ca. 50 iPads) mit der Zahlungsbedingung Vorkasse. - Es handelt sich um ein Angebot vom 28.05.2014“; Klageerwiderungsschrift S. 12 (Bl. 77 GA): „Konkret hat Herr S. dabei am 28. Mai 2014 gegenüber der Klägerin erklärt, dass diese ein Angebot an die vermeintlich auftretende Firma Q. SA über etwa 30.000 € netto hinsichtlich des Erwerbs von 50 iPads abgeben könne, wenn sichergestellt sei, dass die Auslieferung der Ware nur auf Vorkasse erfolgt“.

[16] S. dazu den Text einer am 10.11.2014 von Herrn S. an den Personalleiter der Beklagten (Herrn Dr. C. H.) übermittelten Organisationsanweisung zu „Rechnungskunden“ - Kopie als Anlage B 2 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 122-124 GA).

[17] S. Kopie als Anlage B 6 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 128 GA); nochmals – textlich gleichlautend, aber in anderem Erscheinungsbild – als Teil des Anlagenkonvoluts K 7 zum Klägerinschriftsatz vom 10.12.2014 (Bl. 276 GA) .

[18] S. zur (beglaubigten) Übersetzung auf Bitten des Gerichts vom 28.12.2014 das Anlagenkonvolut B 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 20.1.2015 (Bl. 326 GA): „ … ich bestätige Ihnen hiermit, dass Ihre E-Mail wohlbehalten bei uns eingetroffen ist und möchte Ihnen dafür danken. - Ich möchte Ihnen mitteilen, dass wir alle erstens [in der Europäischen Union] sind und dann haben wir noch das gleiche Verständnis, da wir ebenfalls ein Schengen Staat sind. - Abgesehen davon ist die Mehrwertsteuer für die beiden Staaten die gleiche [für] unsere gemeinsamen wirtschaftlichen Aktivitäten. - Ich verstehe nicht, warum Ihr Unternehmen uns kein Zahlungsziel gewähren kann. Das ist für uns inakzeptabel. - Mit dem Angebot sind wir einverstanden und wir nehmen es an, aber deshalb [sic.] ist unsere einzige Zahlungsmodalität Ihnen gegenüber für uns die Zahlung per Zahlungsziel mit verzögerter Rechnungsbegleichung jeweils innerhalb von 7 Tagen netto […]. - Wenn Sie unsere Bank wollen kann [bzw. können] [sic.] Ihnen zu diesem Thema eine Bankbürgschaft schicken […]. - Klären Sie alle diese [Konturen] doch bitte mit Ihrer Buchhaltungsabteilung und kommen Sie wieder auf mich zurück. - In Erwartung Ihrer Antwort verleibe ich“.

[19] Ansprache im Original; d.U.

[20] S. Klageschrift S. 5 (Bl. 11 GA): „Nach Rücksprache zwischen der Klägerin und ihrem Vorgesetzten wegen des nachhaltigen Wunschs des potentiellen Neukunden, auf Rechnung zu kaufen, war zwischen der Klägerin und dem Vorgesetzten abgesprochen, dass sie die Unterlagen vom Kunden anfordern und bei Herrn R. B. (zuständig im Konzern für Warenkreditversicherungen) anfragen sollte, ob man derartige Geschäfte tätigen könne“.

[21] S. Klageschrift a.a.O. - wie Fn. 20; Hinweis: Dieser Teil der klägerseitigen Darstellung ist nicht nur als hochplausibel (§ 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sondern auch als unstreitig gewertet, weil die Beklagte sie in der Klageerwiderungsschrift bei Licht betrachtet nicht bestreitet; dort heißt es (S. 12 [Bl. 77 GA]): „Es ist sodann zu bestreiten, dass die Klägerin mit ihrem Vorgesetzten im Folgenden absprach, dass ,Herrn Be.' Waren auch ohne Vorkasse auf Rechnung hätte ausgeliefert werden dürfen. Eine derartige Absprache mit dem Vorgesetzten Herrn S. erfolgte zu keiner Zeit. Keinesfalls war es der Klägerin freigestellt, nach einer Rückfrage bei ihrem Kollegen Herrn R. B. (zuständig für die Warenkreditversicherungen im Konzern der Beklagten) selbst zu entscheiden, ob auf die Zahlungsvereinbarung ,Vorkasse' verzichtet werden konnte“. - Letzteres („selbst zu entscheiden“) hatte jedoch die Klägerin auch nicht behauptet.

[22] S. Kopie als Anlage B 3 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 125 GA).

[23] S. Kopie als Teil des Anlagenkonvoluts K 7 zum Klägerinschriftsatz vom 10.12.2014 (Bl. 274-275 GA).

[24] S. Kopie als (weiterer) Teil des Anlagenkonvoluts K 7 zum Klägerinschriftsatz vom 10.12.2014 (Bl. 273 GA).

[25] S. Kopie als Anlage B 5 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 127 GA [unten]); ebenso schon als Teil des Anlagenkonvoluts B 1 [Anlage 1.3.] (Bl. 116-118 GA); Übersetzung: Anlage B 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 20.1.2015 (Bl. 325 R GA [unten]).

[26] S. Kopie als Anlage K 7 zum Klägerinschriftsatz vom 10.12.2014 (Bl. 272 GA [unten]).

[27] S. Kopie als Anlage K 7 zum Klägerinschriftsatz vom 10.12.2014 (Bl. 272 GA [oben]); ähnlich, jedoch ohne den Hinweis auf die gleichzeitige Übermittlung des Texts an Herrn S. und an die Buchhaltung [„B.“] als Anlage B 4 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 126 GA).

[28] S. Kopie als Anlage B 6 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 127 GA [oben]).

[29] S. Klageschrift S. 7-8 (Bl. 13-14 GA): „Es erfolgt[e] durch die Klägerin an Frau V. und Herrn S. in einem längeren Gespräch ihrer Urlaubsübergabe. Dazu – neben vielen anderen Themen – erklärte die Klägerin zu dem Vorgang Neukunde Q.: - Die Klägerin erläuterte, dass das Unternehmen nunmehr in die Warenkreditversicherung mit einem Kreditlimit von 250 T€ aufgenommen sei, dass bislang ein Angebot von gut 30 T€ unterbreitet worden sei, dass der Kunde über das Kreditlimit informiert sei, der Kunde ein Zahlungsziel von 7 Tagen wünsche und man nun den aktuellen Bedarf des Kunden abfragen müsse, da das Angebot von der Beklagten schon einige Zeit her sei (Beweis: … ). - Wenn dann die aktualisierte Bestellung oder weitere Bestellungen eintreffen sollten, bat die Klägerin Frau V. und Herrn S., diese genau anzuschauen. Sie bat beide Kollegen, sich in allen Fragen abzusprechen (Beweis: … ). - Sie [er]klärte ferner auch, dass dann, wenn die erste Lieferung versandt ist, die zweite erst dann versendet werden sollte, wenn die Zahlung der ersten Lieferung erfolgt sei (Beweis: … )“.

[30] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.: „Insoweit ist zu bestreiten, dass die Klägerin ihrem Vorgesetzten Herrn S. im Rahmen einer Urlaubsübergabe mitgeteilt haben soll, dass der ,Kunde' über das angeblich erteilte Kreditlimit informiert worden sei und er sowie Frau V. sich die eingehenden Bestellungen ,genau anschauen' sollten“.

[31] S. Klageerwiderungsschrift S. 16 [4.] (Bl. 81 GA): „Es ist sodann richtig, dass die Klägerin zwischen dem 23. Juni 2014 und 11. Juli 2014 im Urlaub war. Unzutreffend ist aber, dass die Klägerin deshalb die Auslieferungen an ,Herrn Be.' nicht (mit-)verursacht habe. Es erfolgte vielmehr eine vollkommen unzureichende Urlaubsübergabe der Angelegenheit an die Mitarbeiterin Frau V.“.

[32] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[33] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[34] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.: „Ein Protokoll hierzu wurde weder durch die Klägerin vorbereitet noch nachträglich gefertigt“.

[35] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 17 [ii.] (Bl. 243 GA): „Ein schriftliches Protokoll zu einer Urlaubsübergabe hat es zu keinem Zeitpunkt im Arbeitsprozess der Beklagten gegeben“.

[36] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[37] S. zur Frage der Verwertung dieses Schriftsatzes noch unten, S. 26 [VIII.].

[38] S. Kopie als Anlage B 27 zum Schriftsatz vom 22.1.2015 (Bl. 411-412 GA).

[39] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 S. 14 [vor 5.] (Bl. 386 GA): „Der Vorgesetzte der Klägerin, Herr S., hat am 19. Mai 2014, um 14:31 Uhr, an die Mitarbeiter seiner Abteilung – unter anderem an die Klägerin – per E-Mail das beigefügte Protokoll übersandt“.

[40] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 a.a.O.

[41] S. Kopien als Teile des Anlagenkonvoluts B 7 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 134 u. 133 GA).

[42] Spätere Rechnungswerte, geringfügig abweichend von den Bestellungen; d.U.

[43] S. dazu Kopie eines undatierten Schriftstücks („Vollmacht“ - mit je nach Angebotsvolumen abgestuften Zeichnungsvorgaben) als Anlage B 17 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 189 GA).

[44] S. Klageschrift S. 10-11 (Bl. 16-17 GA): „Frau V. schilderte der Klägerin im Nachhinein, dass sie die erste[n] Bestellungen auf Französisch erhielt. Sie sei dann zu dem Vorgesetzten Herrn S. gegangen und habe gefragt, ob das alles ,ok' sei. Er habe einen kurzen Blick darauf geworfen und habe sie zu einer Kollegin aus einer anderen Abteilung geschickt, die der Frau V. die Bestellung übersetzte. Mit dieser Übersetzung sei sie erneut zu Herrn S. gegangen und habe ihm diese erneut gezeigt. Er habe dann bestätigt, dass dies ,ok' sei (Beweis: … ). - Bei der zweiten Bestellung sei sie erneut zu Herrn S. gegangen und habe ihn gefragt, ob sie diese Bestellung auslösen dürfe. Sie hatte das Bestellformular dabei allerdings nicht vorgelegt. Dennoch habe Herr S. gesagt, dass die Bestellung ,ok' sei. Er fragte dann noch nach den täglichen Umsätzen und ob man alles versenden konnten [konnte?]. Ein weiteres Gespräch dazu habe es dann nicht mehr gegeben (Beweis: … )“.

[45] S. Klageerwiderungsschrift S. 18 [Mitte] (Bl. 83 GA).

[46] S. Klageerwiderungsschrift S. 18 [vor 6.] (Bl. 83 GA): „Zu bestreiten ist in diesem Zusammenhang, dass Herr S. sein ,OK' zu diesen Auslieferungen gegenüber Frau V. erklärt hat“.

[47] S. Kopie der Rechnung vom 3.7.2014 über 50.405,-- Euro (netto) als Teil des Anlagenkonvoluts B 9 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 147-145 GA).

[48] S. Kopie der Rechnung vom 4.7.2014 über 61.673,26 Euro (netto) als Teil des Anlagenkonvoluts B 9 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 150-148 GA).

[49] S. Kopie der Rechnung vom 15.7.2014 über 10.296,-- Euro (netto) als Teil des Anlagenkonvoluts B 9 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 154-153 GA).

[50] S. Kopie als Teile des Anlagenkonvoluts B 7 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 132 GA).

[51] S. Kopien als Teile des Anlagenkonvoluts B 7 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 130, 129, 131 GA).

[52] S. Kopie der Rechnung vom 14.7.2014 über 18.988,-- Euro (netto) als Teil des Anlagenkonvoluts B 9 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 152-151 GA).

[53] S. Kopien dreier Rechnungen vom 17.7.2014 über 12.944,-- Euro (netto) als Teil des Anlagenkonvoluts B 9 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 158-157 GA); über 61.400,-- Euro a.a.O. (Bl. 162-159 GA); über 4.614,-- Euro a.a.O. (Bl. 156-155 GA).

[54] S. Kopie der Rechnung vom 18.7.2014 über 6.030,-- Euro (netto) als Teil des Anlagenkonvoluts B 9 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 164-163 GA).

[55] S. Klageschrift S. 8 (Bl. 14 GA): „Als die Klägerin am ersten Tag nach ihrem Urlaub am 14.07.2014 ins Büro kam, wurde ihr mitgeteilt, dass der Logistik-Umzug (Projekt Movelog) erst kurz zuvor erfolgt sei und seit 10.07.2014 alle Lieferungen nun aus dem Versandlager Büdelsdorf erfolgen (geplant war ursprünglich ca 1 Woche früher). Um sicherzustellen, dass alles richtig läuft, mussten unter maßgeblicher Mitwirkung der Klägerin Live-Tests durchgeführt werden, die oberste Priorität hatten. Dies war notwendig, da bei auftretenden Fehlern keine Lieferungen das Lager verlassen würden und somit kein Umsatz generiert werden konnte“.

[56] S. Klageschrift a.a.O. - Zitat Fn. 55.

[57] S. Klageschrift S. 9 (Bl. 15 GA): „In zeitlicher Hinsicht war die Klägerin in dieser Woche mit mehr als 2/3 der täglichen Arbeitszeit mit diesem Projekt beschäftigt mit Arbeiten, die unmittelbar ohne jeden Zeitverzug umgesetzt werden mussten“.

[58] S. Klageerwiderungsschrift S. 19 (Bl. 84 GA).

[59] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[60] S. Klageerwiderungsschrift S. 20 (Bl. 85 GA).

[61] S. Klageschrift S. 9 (Bl. 15 GA): „Eine Übergabe nach dem Urlaub der Klägerin fand nur minimal ,zwischendurch' statt, wobei mit keinem Wort der neue Kunde Q. SA und die Geschäfte mit ihm erwähnt wurden“; S. 10 (Bl. 16 GA): „Auch hier im Rahmen dieser Absprache wurde der neue Kunde mit keinem Wort erwähnt. Die Klägerin, die mit dem Projekt Movelog nahezu vollständig ausgelastet war, hatte diesen neuen Kunden nicht im Focus und wäre auf einen Hinweis ihrer Kollegin angewiesen gewesen, um ggf. einen Missstand oder ein Problem verifizieren und wirksam eingreifen zu können“.

[62] S. Klageschrift S. 10 (Bl. 16 GA): „Deshalb vereinbarte sie [Klägerin] mit ihrer Kollegin Frau V., dass sie dieser viele E-Mails zur Bearbeitung weiterleitetete und Frau V. in der Woche vom 14. bis 18.07. das grundsätzlich gemeinsame Arbeitsgebiet vorwiegend allein bearbeiten müsse (Beweis: … )“; s. auch Klageerwiderungsschrift S. 19 (Bl. 84 GA): „Es ist in diesem Zusammenhang zu bestreiten, dass die Klägerin mit Frau V. darüber sprach, dass sie für vertriebliche Tätigkeiten nicht zur Verfügung stehen könnte“.

[63] S. Kopie als Anlage B 10 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 165 GA).

[64] S. zur Übersetzung den Text im Anlagenkonvolut B 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 20.1.2015 (Bl. 326-R GA): „Sehr geehrte Damen und Herren, - wir haben den Erhalt Ihrer Rechnung hiermit bestätigt und möchten Ihnen mitteilen, dass die Rechnung nicht für uns bestimmt ist. - Im Übrigen haben wir bei GRAVIS VERSCHENKT nie eine Bestellung aufgegeben. - Ihr Unternehmen wird in unserer Buchhaltung nicht erwähnt. - Bei Q. gibt es interne Verfahren, die die Aufgabe einer Bestellung durch eine andere Person nicht ohne Weiteres ermöglichen. - Außerdem ist G. N. kein Mitarbeiter von Q.“.

[65] Angesprochen ist nach den betreffenden Angaben („Rechnung 02006799“) die Rechnung vom 4.7.2014 über 61.673,26 Euro (s. oben, S. 9 Fn. 48) zu einer der beiden Erstbestellungen vom 30.6.2014; d.U.

[66] Es handelt sich hier um die von „Be.“ in seinen Bestellungen unter der Lieferanschrift namentlich bezeichnete Empfangsperson; d.U.

[67] S. Kopie als Anlage B 11 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 166 GA).

[68] S. zur Übersetzung den Text im Anlagenkonvolut B 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 20.1.2015 (Bl. 327 GA): „Sehr geehrter Herr Be., - wir haben von A. die untenstehende E-Mail erhalten und verstehen diese nicht. - Wir haben die Rechnung für die Lieferung an Q. geschickt und können nicht verstehen, warum A. Ihre Rechnung erhalten hat. - Können Sie diese Sache bitte freundlicherweise prüfen und uns eine [Antwort] zukommen lassen? - Kennen Sie die Firma A.? - Sind Q. und A. miteinander verbunden? - Bitte senden Sie uns Ihre Stellungnahme zu den Angaben von A. dahingehend, dass Q. nicht zur Aufgabe einer Bestellung befugt ist! - Wie werden wir in unserem Geschäft künftig verfahren? Wir haben Ihre 3 neuen Bestellungen gestern erhalten. Anica V. hat Ihren die Auftragsbestätigungen gerade zukommen lassen. - Ist es notwendig, die Lieferung zu stoppen?“

[69] S. Kopie als Anlage B 12 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 167 GA).

[70] S. zur Übersetzung den Text im Anlagenkonvolut B 1 zum Beklagtenschriftsatz vom 20.1.2015 (Bl. 327-R GA): „Hallo B. K., - zu allererst wünsche ich Ihnen für Ihren Urlaub eine sichere Reise und möchte Ihnen dazu gratulieren, am Sonntag zum vierten Mal Weltmeister geworden zu sein. - Ich habe Verständnis für Ihre E-Mail. A. weiß, dass wir [mit einander] verbunden sind und dass Q. unsere Consulting-Abteilung ist. - Bezüglich der wohlbehalten bei uns eingegangenen Rechnung gab es Verwirrung, also gibt es keine Probleme. Sie ganz einfach nicht im richtigen Büro gelandet [.] Wir haben [sie] zwischenzeitlich erhalten [sic.]. - Es gibt also kein Problem [und] Sie [müssen] nicht [wie] oben beschrieben handeln (…). Unsere Buchhaltung setzt sich Anfang nächster Woche wegen der Begleichung der fälligen Rechnungen mit der bank in Verbindung. Das alles war nur wegen einer fehlenden iPad-Lieferung. - Das ist deshalb klar. -Falls Sie weitere Informationen benötigen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung“.

[71] S. Klageschrift S. 12 (Bl. 18 GA).

[72] S. Klageschrift a.a.O.

[73] S. Klageschrift a.a.O.

[74] S. Klageschrift S. 13 (Bl. 19 GA): „Am 04.08.2014 abends prüfte die Klägerin offene Posten verschiedener Kunden, u.a. auch die von Q. SA. Hier fiel der Klägerin erstmalig auf, wie viele Rechnungen für dieses Unternehmen geschrieben worden waren und dass noch kein einziger Zahlungseingang gebucht war“.

[75] S. Klageschrift a.a.O.: „Die Klägerin informierte am 04.08.2014 umgehend ihren Vorgesetzten, Herrn S. darüber und beide vereinbarten, dass sie sich den Vorgang am folgenden Tage gemeinsam genauer ansehen würden, was auch am 05.08.2014 vormittags auch erfolgte“.

[76] S. Klageerwiderungsschrift S. 28 (Bl. 93 GA).

[77] S. dazu Klageerwiderungsschrift S. 43 (Bl. 108 GA): „Insoweit ist anzumerken, dass der Innenrevisor der Beklagten Herr A. St., der die Innenrevision zu dem fraglichen Betrugsfall ,Be.' durchgeführt hatte, gleichzeitig Mitglied des Betriebsrates ist“.

[78] S. Kopie als Anlage B 19 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 202-215 GA).

[79] S. Revisionsbericht (Fn. 78) S. 5 (Bl. 207 GA); Textauszug: „Der Verdacht auf Betrug zuungunsten von GRAVIS infolge von Nichtbezahlung umfangreicher Warenlieferungen durch einen mutmaßlichen Delinquenten, welcher sich als Pierre Be., ,Purchasing Manager' der Q. SA, 87000 Limoges, Frankreich bezeichnete und vorgab, in deren Auftrag zu handeln, hat sich im Ergebnis der Recherchen als zutreffend herausgestellt“.

[80] S. Revisionsbericht (Fn. 78) a.a.O.

[81] S. Revisionsbericht (Fn. 78) S. 3 (Bl. 205 GA).

[82] S. Revisionsbericht (Fn. 78) a.a.O.

[83] S. Kopie als Anlage B 22 zur Klageerwiderungsschrift (Fn. 218 GA).

[84] S. Kopie als Anlage B 23 zur Klageerwiderungsschrift (Fn. 219 GA).

[85] S. Klageerwiderungsschrift S. 35 (Bl. 100 GA): „Die Einladung erfolgte nicht spontan und überraschend, sondern ca. drei Stunden zuvor schriftlich, nämlich per E-Mail. … - Diese Einladung trug den Titel ,Personalgespräch'“.

[86] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O. - Zitat vorige Fußnote.

[87] S. zum „who's who“ insoweit Klageerwiderungsschrift S. 35 (Fn. 100 GA): „Geschäftsleiter (nicht Geschäftsführer) der Beklagten“; s. dazu aber auch Revisionsbericht S. 4 (Bl. 206 GA), wo Herr Sr. als Mitglied der Geschäftsführung erscheint; d.U.

[88] So Klageschrift S. 18 (Bl. 24 GA): „Hierüber fertigte die Klägerin einen Gesprächsvermerk am gleichen Tage in dem sie wie folgt formulierte“.

[89] S. Kopie als Anlage K 8 zum Klägerinschriftsatz vom 10.12.2014 (Bl. 278-279 GA).

[90] S. Klageschrift S. 19-23 (Bl. 25-29 GA).

[91] S. Klageerwiderungsschrift S. 35-40 (Bl. 100-105 GA).

[92] Sprachgebrauch im Original; gemeint evtl. „zu unterschreiben“; d.U.

[93] An dieser Stelle schiebt die Beklagte im Fettdruck folgenden Kommentar in ihre Ablaufschilderung ein: „Damit hatte die Klägerin das dritte Mal (!) die Gelegenheit, sich über ihre Rechtslage (etwa über eine Anwaltshotline) zu informieren und ihre Entscheidung abzuwägen (Beweis: … )“.

[94] Von hier an bezieht sich die Beklagte neben ihren bisherigen beiden Gewährspersonen auf ein mit dem Datum des 11.9.2014 gefertigtes „Gedächtnisprotokoll“ zum 26.8.2014, das sie von Herrn Dr. H. und Herrn Sch. gemeinsam hat unterzeichnen und der Klageerwiderungsschrift als Anlage B 21 (Bl. 217 GA) hat beifügen lassen; d.U.

[95] S. Kopie als Anlage K 3 zur Klageschrift (Fn. 50-51 GA).

[96] S. Kopie als Anlage K 4 zur Klageschrift (Fn. 52 GA).

[97] S. Kopien als Teile des Anlagenkonvoluts K 5 zur Klageschrift (Fn. 53-54 GA).

[98]   S. Klageschrift S. 30 [II.1.] (Bl. 36 GA).

[99]   S. Klageschrift S. 31 (Bl. 37 GA).

[100] S. Klageschrift a.a.O.

[101] S. Klageschrift a.a.O.

[102] S. Klageschrift a.a.O.

[103] S. Klageschrift a.a.O.

[104] S. Klageschrift a.a.O.

[105] S. Text: „§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. (1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. - (2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil den Kündigungsgrund auf Verlangen unverzüglich schriftlich mitteilen“.

[106] S. Klageschrift S. 31 (Bl. 37 GA).

[107] S. Klageschrift a.a.O.

[108] S. Klageschrift a.a.O.: „Ein besonnener und vernünftiger Arbeitgeber darf an die Wirksamkeit einer solchen angedrohten Kündigung nicht denken“.

[109] S. Klageschrift S. 31-32 (Bl. 37-38 GA).

[110] S. Klageschrift S. 2 [vor 2.] (Bl. 38 GA).

[111] S. Klageschrift a.a.O.: „Daher ist die Androhung, einen Schaden, der das Vielfache des Jahresgehalts der Klägerin beträgt, ihr gegenüber mit allen Mitteln geltend zu machen, bar jeder Begründetheit“.

[112] S. Klageschrift a.a.O.

[113] S. Klageschrift S. 32 [1. u. 2.] (Bl. 38 GA).

[114] S. Klageschrift S. 32 [2.] u. S. 33 (Bl. 38 u. 39 GA).

[115] S. zur sprachlichen Bereinigung des Klageantrags zu 1. Sitzungsniederschrift vom 30.1.2015 S. 1 (Bl. 413 GA).

[116] S. Klageerwiderungsschrift S. 1-47 (Bl. 66-112 GA) nebst Anlagen B 1 bis B 24 (Bl. 113-222 GA).

[117] S. Textauszug: „§ 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung. (1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten“.

[118] S. Klageerwiderungsschrift S. 44 [B.] (Bl. 109 GA).

[119] S. Klageerwiderungsschrift S. 44-45 [B.] (Bl. 109-110 GA): „Eine Drohung in diesem Sinne setzt objektiv die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird (vgl. BAG, AP BGB § 123 Nr. 37)“.

[120] S. Klageerwiderungsschrift S. 45 (Bl. 110 GA).

[121] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.: „Es ist bereits zu bestreiten, dass die Beklagte eine Drohung im Sinne des § 123 BGB gegenüber der Klägerin ausgesprochen hat“.

[122] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[123] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O. unter Hinweis („vgl.“) auf BAG, AP BGB § 123 Nr. 37.

[124] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[125] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[126] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[127] S. Klageerwiderungsschrift a.a.O.

[128] S. Klageerwiderungsschrift S. 45-46 (Bl. 110-111 GA).

[129] S. Klageerwiderungsschrift S. 46 (Bl. 111 GA).

[130] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 1-45 (Bl. 227-271 GA) nebst Anlagen K 7 bis K 8 (Bl. 272-279 GA).

[131] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 2 [I.] (Bl. 228 GA).

[132] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[133] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[134] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[135] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 2-3 (Bl. 228-229 GA).

[136] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 3 (Bl. 229 GA).

[137] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[138] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[139] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[140] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[141] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[142] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[143] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[144] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[145] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[146] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 43 [unten] (Bl. 269 GA).

[147] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 38 [oo.] (Bl. 264 GA).

[148] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 39 [oben] (Bl. 265 GA): „Man solle den Aufhebungsvertrag ,als Geschenk betrachten', für den Fall, dass dieser nicht unterzeichnet werde, kommt die fristlose Kündigung und man werde für den gesamten Schaden haftbar gemacht“.

[149] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 40 (Bl. 266 GA): „Auch in dem in der Klageschrift bereits geschilderten Gespräch unter meiner Begleitung am 28.08.2014 wurde erneut klar und unmissverständlich gedroht, den gesamten Schaden gegenüber der Klägerin geltend zu machen (Beweis: Zeugnis des Bevollmächtigten)“.

[150] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 40-41 (Bl. 266-267 GA): „In einem weiteren Telefonat zwischen der Klägerin und dem Personalleiter, der die Klägerin anrief, das wenige Tage nach dem 28.08.2014 erfolgt war, drohte der Personalleiter mit der Geltendmachung und Durchsetzung des vollen Schadens (Beweis: Zeugnis Dr. H.; Parteivernehmung Klägerin)“.

[151] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 41 [vor pp.] (Bl. 267 GA).

[152] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 43 [unten] (Bl. 269 GA).

[153] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 43-44 (Bl. 269-270 GA).

[154] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 44 [oben] (Bl. 270 GA).

[155] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 41-42 [pp.] (Bl. 267-268 GA).

[156] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 44 [2.] (Bl. 270 GA).

[157] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[158] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 44-45 (Bl. 270-271 GA).

[159] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 45 (Bl. 271 GA).

[160] S. Schriftsatz vom 10.12.2014 a.a.O.

[161] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 S. 1-35 (Bl. 373-407 GA) nebst Anlagen B 25 bis B 28 (Bl. 408-412 GA).

[162] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 S. 1 (Bl. 373 GA).

[163] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 S. 2 (Bl. 374 GA).

[164] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 a.a.O.

[165] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 a.a.O.

[166] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 a.a.O.

[167] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 a.a.O.

[168] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 a.a.O.

[169] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 a.a.O.

[170] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 a.a.O.

[171] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 a.a.O.

[172] S. Schriftsatz vom 22.1.2015 S. 2-3 (Bl. 374-375 GA).

[173] S. Text: „§ 143 Anfechtungserklärung. (1) Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegener.“

[174] S. Text oben, S. 22 Fn. 117.

[175] S. Text: „§ 142 Wirkung der Anfechtung. (1) Wird ein anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig anzusehen“.

[176] S. Text: „§ 46 Grundsatz. (1) … (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt“.

[177] S. Text: „§ 495 Anzuwendende Vorschriften. (1) Für das Verfahren vor den Amtsgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren vor den Landgerichten, soweit nicht aus den allgemeinen Vorschriften des Buches 1, aus den nachfolgenden besonderen Bestimmungen und aus der Verfassung der Amtsgerichte sich Abweichungen ergeben“.

[178] S. Text: § 256 Feststellungsklage. (1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde“.

[179] S. im selben Sinne bereits BAG 17.5.1962 - 2 AZR 354/60 – AP § 620 BGB Bedingung Nr. 2 = DB 1962, 969 [I. „Juris“-Rn. 11]: „Dass die Klägerin vielleicht eine Leistungsklage erheben könnte, schließt das Feststellungsinteresse nicht aus. Denn das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ist nicht nur die Grundlage für einen Lohnanspruch, sondern auch für eine Reihe weiterer möglicher Ansprüche. Wollte man die Parteien zwingen von vornherein alle Einzelfragen, die sich aus dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses ergeben können, jeweils durch Leistungsklagen zu klären, so wäre das wenig prozessökonomisch. Prozessökonomisch ist es, von der allgemeinen Klärungsfunktion der Feststellungsklage Gebrauch zu machen und mit ihr alle sich aus dem Bestehen oder Nichtbestehen des Arbeitsverhältnisses möglicherweise ergebenden Einzelfragen jedenfalls grundlegend in einem Prozess zu erfassen“.

[180] So in der Tat BAG 30.9.1993 – 2 AZR 268/93 – BAGE 74, 281 = AP § 123 BGB Nr. 37 = EzA § 611 BGB Aufhebungsvertrag Nr. 13 = NZA 1994, 209 = ZTR 1994, 168 [II.3 a. - „Juris“-Rn. 14) mit Hinweisen auf BAG 22.12.1982 – 2 AZR 282/82 - BAGE 41, 229 = NZA 1992, 1023 = AP § 123 BGB Nr. 23 [B.I.1. - „Juris“-Rn. 39]; 16.1.1992 – 2 AZR 412/91 – EzA § 123 BGB Nr. 36 [B.I.2 a. - „Juris“-Rn. 25]; s. zur Judikatur der Ziviljustiz im selben Sinne schon RG 1.12.1914 – VII 432/14 – JW 1915, 238: „Dass die Äußerung eine, allenfalls verhüllte, Drohung enthielt, ist einwandfrei dargelegt. Das Berufungsgericht stellt fest, dass der Kläger den Zweck verfolgt hat, den Beklagten durch Erregung von Furcht gefügig zu machen. Das macht die als Willensbestimmung gewollte Drohung aus“; BGH 14.6.1951 – IV ZR 42/50 - BGHZ 2, 287, 295: „Drohung kann nach herrschender Meinung nur die Ankündigung eines künftigen Übels sein, auf dessen Eintritt oder Nichteintritt der Drohende einwirken zu können behauptet“; 12.1.1978 – III ZR 53/76 – DB 1978, 1174 = MDR 1978, 558 [II.1. - „Juris“-Rn. 21]: „Unter ,Drohung' ist die Ankündigung eines künftigen Übels zu verstehen, auf dessen Eintritt der Drohende einwirken zu können behauptet (...)“; s. auch bereits Emil Strohal (Hrg.), in: Gottlieb Planck (Begründer), BGB, 4. Auflage (1913), § 123 Anm. 1 (S. 301): „Drohung heißt das Hervorrufen der Furcht vor einem Übel, dessen Zufügung der Drohende in Aussicht stellt“.

[181] S. BAG 30.9.1993 (Fn. 180).

[182] S. BAG 30.9.1993 (Fn. 180) [II.3 b. - „Juris“-Rn. 15]: „Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist es schon nicht ganz unproblematisch, überhaupt davon auszugehen, dass die Beklagte der Klägerin mit einer ordentlichen Kündigung gedroht hat. Da die Beklagte ausdrücklich auf die Möglichkeit einer Kündigung nicht hingewiesen hat, könnte allenfalls eine Drohung durch schlüssiges Verhalten angenommen werden“.

[183] S. BAG 30.9.1993 (Fn. 180) [II.3 b. - „Juris“-Rn. 15] – Zitat Fn. 182; Anschlusspassage: „Ob lediglich aus der Erklärung der Beklagten, eine Weiterbeschäftigung der Klägerin habe keinen Zweck, auf eine Kündigungsandrohung geschlossen werden kann, kann aber – wie das angefochtene Urteil zutreffend feststellt – letztlich dahinstehen“.

[184] S. BAG 30.9.1993 (Fn. 180) [II.4. - „Juris“-Rn. 17]: „In der Literatur wird teilweise eine widerrechtliche Drohung auch dann angenommen, wenn der Drohende eine überstürzte Entscheidung erzwingt und dem Bedrohten durch das Ablehnen jeder Überlegungsfrist die Möglichkeit der freien Entscheidung nimmt (…). Das Bundesarbeitsgericht ist dem bisher nicht gefolgt (...)“.

[185] S. BAG 30.9.1993 (Fn. 180) [II.4. - „Juris“-Rn. 18]: „Das braucht auch vorliegend nicht abschließend geklärt zu werden, weil jedenfalls keine Rede davon sein kann, dass die Beklagte der Klägerin durch ihr Verhalten die Möglichkeit einer freien Entschließung genommen hätte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Klägerin in einem längeren, ruhig und sachlich geführten Gespräch die Problematik einer Weiterbeschäftigung geschildert und der Abschluss eines Aufhebungsvertrags angeboten worden. Die Klägerin hätte das Angebot einfach ablehnen können“.

[186] S. oben, S. 17 [unten]: „Es mag sodann sein, dass Herr Dr. H. und Herr Sr. im Laufe des Gesprächs auch äußerten, dass der Arbeitgeber nach Ansicht der Beklagten das Arbeitsverhältnis auch kündigen könnte und Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin habe“.

[187] S. oben, S. 15 [unten]: „Mir wurde ein Beiblatt gezeigt, auf dem angekreuzt war, dass der Betriebsrat einer außerordentlichen Kündigung ausdrücklich zustimmt, und es wurde erläuterte, dass dies höchst selten vorkäme“.

[188] S. Text: „§ 286 Freie Beweiswürdigung. (1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder nicht für wahr zu erachten sei“.

[189] S. dazu beispielhaft und ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit etwa Klageerwiderungsschrift S. 4 [II.] (Bl. 69 GA), wonach die Klägerin es „in schwerwiegender Weise versäumt (habe), einen Betrugsfall zu Lasten der Beklagten zu verhindern“; sie habe „besonders grob fahrlässig einen immensen finanziellen Schaden bei der Beklagten verursacht“; S. 25 (Bl. 90 GA): Klägerin habe „ihre Prüfungspflichten ganz erheblich“ missachtet; S. 30 (Bl. 95 GA): „im Revisionsbericht festgestellte erschreckende Pflichtverletzungen der Klägerin“; S. 34 [V.] (Bl. 99 GA): Ihr sei im Gespräch am 26.8.2014 „erhebliches Fehlverhalten und der immense Schaden für die Beklagte aufgezeigt“ worden; S. 43 (Bl. 108 GA): Beklagte habe gegenüber dem Betriebsrat „das Fehlverhalten der Klägerin hinsichtlich des Betrugsfalls und des grob fahrlässig verursachten Schadens erneut erörtert“; S. 45 (Bl. 110 GA): Klägerin habe „ihre Aufsichts-, Prüf- und Sorgfaltspflichten wiederholt und vehement zu Lasten der Beklagten verletzt“; S. 46 (Bl. 111 GA): Beklagte habe „aufgrund der Vielzahl der Fehlverhalten und auch wegen des hohen finanziellen Schadens nicht am Arbeitsverhältnis“ festhalten können; Schriftsatz vom 22.1.2015 S. 35 (Bl. 407 GA): „derart viele schwere Pflichtverletzungen“.

[190] S. im selben Sinne anschaulich etwa schon als einen der ältesten Fälle des 1954 errichteten Bundesarbeitsgerichts, in dem eine werdende Mutter gezwungen wurde, ihr Einverständnis mit ihrer Entlassung zu erklären: BAG 8.12.1955 – 2 AZR 13/54 – BAGE 2, 233, = AP § 9 MuSchG Nr. 4 [„Juris“-Rn. 7]: „Das Androhen der fristlosen Entlassung wurde ferner nach dem festgestellten Sachverhalt von der Klägerin als ernstlich gemeint aufgefasst und war es nach den Feststellungen des LAG auch tatsächlich. Die Drohung war sodann geeignet, den Willen der Klägerin zu beeinflussen, und hat dies offensichtlich auch getan. Schließlich kann nicht daran gezweifelt werden, dass der Offizier [der britischen Besatzungsmacht; d.U.] darauf hinzielte, die Klägerin aus der von ihm geschaffenen Zwangslage heraus zu ihrem Einverständnis mit der Kündigung zu bestimmen“.

[191] S. zum Umstand, dass es insofern thematisch nicht darauf ankommt, ob die Kündigung als außerordentliche oder als ordentliche angedroht wird, statt vieler nur BAG 16.1.1992 (Fn. 180) [Leitsatz 1.]: „Auch in der Ankündigung einer ordentlichen Kündigung liegt eine Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB“.

[192] S. Text oben, S. 22 Fn. 117.

[193] S. dazu statt vieler bereits BAG 14.7.1960 – 2 AZR 64/59 – AP § 123 BGB Nr. 13 = SAE 1961, 175 = BB 1960, 1059 [IV.1.]: „Die Beklagte hat der Klägerin am 20.12.1957 kurz nach Dienstschluss angedroht, sie werde mit sofortiger Wirkung das Arbeitsverhältnis auf der Stelle kündigen. Diese Kündigung auszusprechen stand grundsätzlich in der Macht der Beklagten. Unbeschadet der Rechtsfrage, ob eine solche Kündigung sich in einem von der Klägerin anzustrengenden Rechtsstreit als beständig erwiesen hätte oder nicht, bewirkte die außerordentliche fristlose Kündigung für die Klägerin auf jeden Fall, dass sie ab sofort ohne Lohnzahlung ihren Lebensunterhalt fristen musste. Die Drohung mit einer fristlosen Entlassung ist danach regelmäßig für den Arbeitnehmer die Ankündigung eines zukünftigen empfindlichen Übels“; 16.11.1979 – 2 AZR 1041/77 – BAGE 32, 194 = AP § 123 BGB Nr. 21 = EzA § 123 BGB Nr. 19 [Leitsatz 1.]: „Der Arbeitnehmer kann seine eigene Kündigungserklärung wegen Drohung anfechten, wenn er zu deren Abgabe durch die Erklärung des Arbeitgebers veranlasst worden ist, anderenfalls werde er dem Arbeitnehmer aus wichtigem Grunde kündigen“; 21.3.1996 – 2 AZR 543/95 – AP § 123 BGB Nr. 42 = EzA § 123 BGB Nr. 42 = NZA 1996, 1030 [B.I.2 a.]: „Eine Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB setzt objektiv die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird. Darunter fällt auch die Androhung einer außerordentlichen Kündigung (...)“; s. aus jüngerer Zeit auch BAG 9.6.2011 – 2 AZR 418/10 – NZA-RR 2012, 129 [I.1 a. - „Juris“-Rn. 14]: „Die Androhung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung beenden zu wollen, falls der Arbeitnehmer nicht bereit sei, das Arbeitsverhältnis selbst zu beenden, kann die Ankündigung eines zukünftigen empfindlichen Übels darstellen“.

[194] S. dazu – allerdings noch spiegelbildlich - etwa RAG 9.8.1929 – 150/29 – ARS 6, 601, 603: „Aber die Beklagte war … dem Kläger gegenüber zur Kündigung berechtigt. Es ist deshalb nicht einzusehen, inwiefern ihre versteckte Drohung widerrechtlich (§ 123 BGB) oder sonst unzulässig (§ 138 BGB) gewesen wäre“; BAG 8.12.1955 (Fn. 190) [„Juris“-Rn. 8]: „Wenn der Offizier berechtigt war, die Klägerin wegen des von ihr begangenen Diebstahls zu entlassen, dann war er auch berechtigt, ihr diese fristlose Entlassung anzukündigen, um dadurch ihre Entschließung herbeizuführen, dass sie freiwillig ausscheide“; BAG 14.7.1960 (Fn. 193) [IV.5.]: „Eine widerrechtliche Handlung wird also jedenfalls dann angedroht, wenn eine außerordentliche fristlose Entlassung angedroht wird, obgleich von Rechts wegen eine solche Entlassung nicht möglich war (…). … Ein verständiger Arbeitgeber spricht eine außerordentliche fristlose Kündigung nicht aus, wenn er sie von Rechts wegen nicht aussprechen darf“; s. auch OLG Celle 16.11.1953 – 3 W 183/53 – WAR 1954 Nr. 44: „Wenn die Hochschulverwaltung nicht berechtigt war, den Kläger zu entlassen, so setzte sie ihn unter einen unzulässigen Druck“; LAG Frankfurt/Main 13.4.1954 – IV LA 434/53 – WAR 1954 Nr. 268: „Es muss … hinzukommen, dass die Drohung widerrechtlich war. Widerrechtlich kann auch eine unzulässige Kündigung sein“; s. auch später noch ArbG Hamburg 26.8.1966 – 9 Ca 146/66 – BB 1966, 1347: „Widerrechtlich wäre die Ankündigung der fristlosen Entlassung nur dann, wenn ihr Ausspruch von Rechts wegen nicht möglich gewesen wäre“; LAG Düsseldorf/Köln 26.4.1967 – 3 Sa 97/67 – BB 1967, 840: Widerrechtlichkeit der Bedrohung mit (fristgerechter) Kündigung dann gegeben, „wenn für eine solche Kündigung ein sie rechtfertigender Grund gemäß § 1 Abs. 2 KSchG nicht vorliegt“.

[195] S. im Ansatz bereits BAG 30.3.1960 – 3 AZR 201/58 – AP § 123 BGB Nr. 8 = SAE 1961, 180, wo allerdings noch die Rede davon war, ob ein „verständiger Arbeitgeber“ in der gleichen Lage die Kündigung „ausgesprochen hätte“; deutlich dann BAG 20.11.1969 – 2 AZR 51/69 – AP § 123 BGB Nr. 16 = SAE 1971, 70 [I.]: „Wenn und soweit hiermit ein fiktiver Kündigungsschutzprozess gefordert wird und die fiktive Entscheidung eines solchen, lässt der erkennende Senat dieses Erfordernis fallen. Im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung des § 123 BGB stellt es der Senat in Übereinstimmung mit dem 3. Senat des BAG und der Rechtsprechung des BGH nicht mehr darauf ab, wie die Rechtslage ohne Drohung und ohne das durch die Drohung beeinflusste Handeln des Bedrohten gewesen wäre“.

[196] S. hierzu BAG 16.11.1979 (Fn. 193) [Leitsatz 1.]: „Der Arbeitnehmer kann seine eigene Kündigungserklärung wegen Drohung anfechten, wenn er zu deren Abgabe durch die Erklärung des Arbeitgebers veranlasst worden ist, anderenfalls werde er dem Arbeitnehmer aus wichtigem Grunde kündigen. Diese Drohung des Arbeitgebers ist dann nicht widerrechtlich im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung ernsthaft in Erwägung gezogen hätte; dagegen kommt es nicht darauf an, ob die Arbeitgeberkündigung, wenn si ausgesprochen worden wäre, sich im Gerichtsverfahren als rechtsbeständig erwiesen hätte (...)“; 30.9.1993 (Fn. 180) [II.3 a.]; 21.3.1996 (Fn. 193) [B.I.2 b.]; 6.12.2001 - 2 AZR 396/00 – BAGE 100, 52 = NZA 2002, 731 [B.I.]; 5.12.2002 – 2 AZR 478/01 – AP  § 123 BGB Nr. 63 [B.I.1.]; 27.11.2003 – 2 AZR 135/03 – BAGE 109, 22 = AP § 312 BGB Nr. 1 = NZA 2004, 597 [B.I.2 a.].

[197] So ausdrücklich BAG 27.11.2003 (Fn. 196) [B.I.2 a. und B.I.2 b.]: „a) … . Die Widerrechtlichkeit der Kündigungsandrohung kann sich regelmäßig nur aus der Inadäquanz von Mittel und Zweck ergeben. Hat der Drohende an der Erreichung des verfolgten Zwecks (Hinnahme einer fristgemäßen Kündigung durch den Arbeitnehmer bzw. Verzicht einer gerichtlichen Überprüfung) kein berechtigtes Interesse oder ist die Drohung nach Treu und Glauben nicht mehr als angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Zwecks anzusehen, so ist die Drohung widerrechtlich. … - b) … Insbesondere umfasst der Beurteilungsspielraum des Tatsachengerichts die Frage, ob eine Kündigung unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die mildeste angemessene Reaktion auf ein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers war oder ob zum Beispiel unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit auch eine Abmahnung noch ausreichend gewesen wäre. Dabei kann von einem verständigen Arbeitgeber nicht generell verlangt werden, dass er bei seiner Abwägung die Beurteilung des Tatsachengerichts ‚trifft’. Nur wenn er unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls davon ausgehen muss, die angedrohte Kündigung werde im Falle ihres Ausspruchs einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht standhalten, darf er die außerordentliche Kündigungserklärung nicht in Aussicht stellen, um damit den Arbeitnehmer zum Einlenken und zum Akzeptieren einer fristgemäßen Kündigung bei Verzicht einer Kündigungsschutzklage bzw. zum Abschluss einer Beendigungsvereinbarung zu veranlassen“; im Anschluss etwa BAG 15.12.2005 – 6 AZR 197/05 – AP § 123 BGB Nr. 66 = EzA § 123 BGB 2002 Nr. 6 = NZA 2006, 841 = ZTR 2006, 556 [II.1 c. - „Juris“-Rn. 23]; 28.11.2007 – 6 AZR 1108/06 – BAGE 125, 70 = AP § 620 BGB Aufhebungsvertrag Nr. 36 = EzA § 123 BGB 2002 Nr. 7 = NZA 2008, 348 = MDR 2008, 455 [V.3 a. - „Juris“-Rn. 48].

[198] Soweit der Warenkreditversicherer seine Einstandspflicht bisher abgelehnt haben mag, sollte das letzte Wort insofern noch nicht – jedenfalls nicht kurzerhand auf Kosten der Klägerin – gesprochen sein (s. dazu noch unten, S. 47 Fn. 243).

[199] S. zu essentiellen Grundlagen konstruktiver betrieblicher Fehlerkultur den Beitrag von Rosemarie Stein im Berliner „Tagesspiegel“ vom 29.6.2005 S. 24 mit Hinweis auf das prägnante Diktum des Präsidenten der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz: „Nicht ‚Wer war schuld?’, sondern ‚Was war schuld?’, habe man zu fragen“; s. im Übrigen etwa auch das Diktum des Vorsitzenden der Fachgruppe Personalmanagement des Bundesverbandes Deutscher Unternehmerverbände (BDU) Jan Kunert im Berliner „Tagesspiegel“ vom 11.8.2002 S. K 1: „Uns geht es nicht in erster Linie um die Schuldfrage, die ist eher nachrangig. Es müssen Lösungsstrategien entwickelt werden“.

[200] Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 30.1.2015 die Annahme hat anklingen lassen, ihr Kündigungsrecht ergebe sich angesichts des Schadensumfanges spätestens aus der anzustellenden Interessenabwägung, entspringt dies einem Missverständnis: Innerhalb der zweistufigen Prüfstruktur zur Kündbarkeit geschützter Arbeitsverhältnisse nach „Kündigungsgrund“ auf der einen und „Interessenabwägung“ auf der anderen Seite figuriert die Interessenabwägung bei „an sich“ bestehendem Kündigungsgrund nämlich nur als Korrektiv, nicht umgekehrt als Surrogat; s. dazu statt vieler nur BAG 12.12.1968 – 1 AZR 102/68 – BAGE 21, 249 = AP § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 20 = DB 1969, 1110 [2. - „Juris“-Rn. 38]: „Da der Beklagte sich somit für die von ihm dem Kläger gegenüber ausgesprochene Kündigung nicht auf dringende betriebliche Erfordernisse berufen kann und da die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung selbst nicht vorliegen, braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob die vom dem LAG vorgenommene Abwägung des Interesses des Klägers an der Aufrechterhaltung und des Interesses des Beklagten an der Lösung des Arbeitsverhältnisses erschöpfend ist. Auf eine solche Interessenabwägung kam es im vorliegenden Fall nicht mehr an“; entsprechend etwa BAG 2.3.1989 – 2 AZR 280/88 – AP § 626 BGB Nr. 101 = EzA § 626 BGB n.F. Nr. 118 = NZA 1989, 755 [I.2 b, bb. - „Juris“-Rn. 56]; s. dazu auch eingehend – falls Interesse - Bernd Ruberg, Sozialrechtfertigung als Organisationsschutz [1999], S. 27-29.

[201] S. zu dieser Prüfungsfolge auch bei Erklärung einer fristlosen Kündigung näher Ulrich Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen (1987), S. 483-484: „Der Rechtsanwender, dem die Überprüfung einer außerordentlichen Kündigung obliegt, fragt – als Kontrollüberlegung – zunächst, ob der vorgelegte Sachverhalt überhaupt eine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen vermag. Diese Kontrollfrage ist möglich, geboten und hilfreich, weil es in der Tat keinen außerordentlichen Kündigungsgrund geben dürfte, der nicht in diese Dreiteilung eingeordnet werden könnte. … Kommt er nach dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass schon eine ordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt wäre, scheitert natürlich erst recht die außerordentliche Kündigung“; ders. DB 1990, 685, 689; ders. Anm. BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 44; Reiner Ascheid, KSchR (1993), Rn. 92; Walter Erman/Detlev W. Belling, BGB, Handkommentar, 12. Auflage (2008), § 626 Rn. 45; früher schon Klaus Popp, Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (1980), in: Wilhelm Maus/F. Jochen Kremp, Handbuch des Arbeitsrechts, Teil VI B; s. im gleichen Sinne auch Wilhelm Herschel, BB 1982, 254.

[202] S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegen stehen, bedingt ist“.

[203] S. zur selben Kontrollüberlegung statt vieler etwa schon LAG Berlin 28.11.1997 – 6 Sa 75/97 – (Volltext: „Juris“) [2.2. - „Juris“-Rn. 16]: „War sonach schon die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung nicht sozial gerechtfertigt, so waren die Voraussetzungen für die in erster Linie erklärte außerordentliche Kündigung erst recht nicht erfüllt“.

[204] S. Text oben, S. 20 Fn. 105.

[205] S. Text oben, Fn. 202.

[206] S. Wilhelm Herschel, Anm. BAG [23.7.1970] AP § 1 Gesamthafenbetriebsgesetz Nr. 3 [III.b.2]: „Die Dreiteilung der Kündigungsgründe gibt … die Richtung an, aus der die Störung kommen kann“; ebenso BAG 25.11.1982 – 2 AZR 140/81 – BAGE 40, 361 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 7 [B.I.3.]; 29.1.1997 – 2 AZR 9/96 – BAGE 85, 107 = AP § 1 KSchG 1969 Krankheit Nr. 32 = NZA 1997, 709 [II.1 c.]: „§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG differenziert insoweit nach der ,Störquelle', nicht nach den der ,Störung' eventuell zugrunde liegenden ferneren Ursachen“.

[207] S. dazu statt vieler BAG 23.6.2009 – 2 AZR 283/08 – AP § 1 KSchG 1969 Abmahnung Nr. 5 = EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 75 [I.1.]: „Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers im Sinne von § 1 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht – in der Regel schuldhaft – erheblich verletzt, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit anderer Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint“; s. zur derzeitigen Formel der Judikatur des Zweiten Senats aus neuerer Zeit  anschaulich  BAG 19.4.2012 – 2 AZR 186/11 [AP § 14 KSchG 1969 Nr. 13 = EzA § 626 BGB 2002 Nr. 40 = NZA 2013, 27 = DB 2013, 124 [Rn. 23]: „Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe ,bedingt‘, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht“; 11.07.2013 – 2 AZR 994/12 – NZA 2014, 250 [Rn. 20]; s. zu § 626 Abs. 1 BGB orientierungshalber auch BAG 20.8.2009 – 2 AZR 165/08 – NZA 2009, 1227 [B.I.]: „Eine schwere, insbesondere schuldhafte Vertragspflichtverletzung kann eine außerordentliche  Kündigung eines  Arbeitsverhältnisses  aus  wichtigem  Grunde  an sich nach § 626 Abs. 1 BGB rechtfertigen“.

[208] S. Text: „§ 23 Geltungsbereich. (1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen“.

[209] S. Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist“.

[210] S. zum Problem nach wie vor anschaulich Erwin Fromm, Die arbeitnehmerbedingten Kündigungsgründe (1995), S. 277 ff.: „Indessen gehört es zu den wichtigsten soziologischen Einsichten, dass die Welt sich nicht als Ergebnis individueller Aktivitäten begreifen lässt. Sie ist letztlich nur unter Einbeziehung sozialer Phänomene wie Rollenprozesse, Gruppendynamik und institutioneller Mechanismen verständlich. … So hat die Konfliktforschung reichhaltiges Material zusammengetragen, wie durch überindividuelle Phänomene individuelles Fehlverhalten geradezu vorprogrammiert wird. So können Widersprüche in der Organisation eines Betriebs Kompetenzstreitigkeiten auslösen, die rasch als individuelles Fehlverhalten missverstanden werden können. Ebenso kann ein individuelles Fehlverhalten die Folge von Spannungen zwischen formalen und informellen Verhaltensnormen bzw. Widersprüchen zwischen Gruppenzielen und Betriebszielen sein. .… Auch hier darf das bei isolierter Betrachtung fehlerhaft handelnde Individuum nicht zum alleinigen Zurechnungssubjekt gemacht werden, weil es überindividuelle Mechanismen sind, die sein Tun und Lassen entscheidend beeinflusst haben. All diesen Einsichten trägt das Kündigungsschutzrecht Rechnung, indem es den kontradiktorischen Gegensatz von ,vertragswidrig-vertragsgemäß' zugunsten eines abgestuften Systems unterschiedlicher Verantwortungsgrade relativiert“.

[211] S. im selben Sinne schon Erwin Fromm (Fn. 210). S. 279-280 - Zitat Fn. 210.

[212] S. nochmals Erwin Fromm (Fn. 210). S. 279: „Je stärker das Individuum in Rollenzwänge, Gruppenprozesse und Sachzwänge von Organisationen eingebunden ist, umso fraglicher wird seine persönliche Verantwortlichkeit und damit die Berechtigung eines allein auf personaler Zurechnung beruhenden materiellen Kündigungsschutzrechts. Diese Einsicht hat, wie im Verlaufe der Untersuchung schon öfter angedeutet, im heutigen materiellen Kündigungsschutzrecht insofern eine Umsetzung erfahren, als unter Aufgabe des kontradiktroischen Gegensatzes ,vertragswidrig-vertragsgemäß' nach einem graduell abgestuften System subjektive Verantwortlichkeit zugerechnet wird. Deshalb sind allein aus dem Vertragsmodell bzw. Vertragsparadigma abgeleitete Grundthesen über die Bedeutung und Funktionsweise des materiellen Kündigungsschutzrechts unangemessen. Erst die Einsicht, dass der Arbeitnehmer eine Organisationsrolle auszufüllen hat, die von zahlreichen Sachzwängen einer als System fungierenden und häufig formal organisierten Sozialeinheit bestimmt wird ( = Eingliederungsparadigma), macht den Blick frei für die zahlreichen Umstände, die das Modell einer konsequenten personalen Zurechnung als fragwürdig erscheinen lassen und letztlich dazu geführt haben, dass das materielle Kündigungsschutzrecht als ein System relativierender Zurechnungsmuster gedeutet werden muss“.

[213] S. Wilhelm Herschel, Gedanken zur Theorie des arbeitsrechtlichen Kündigungsgrundes, in: Theo Mayer-Maly, Reinhard Richardi u.a. (Hrg.), Festschrift für Gerhard Müller (1981), S. 191, 202 [III.2.]: „In diesem Zusammenhang ist es von großer Bedeutung, dass der Kündigungsgrund seiner Natur nach zukunftsbezogen ist. Nicht was war, entscheidet für sich betrachtet, vielmehr kommt es stets nur auf die Auswirkungen für die Zukunft an. Zurückliegende Ereignisse als solche vermögen also die Kündigung nicht zu rechtfertigen, mögen sie an sich noch so schwerwiegend sein“.

[214] S. Ulrich Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen (1987), S. 322 ff.: „Ein neues, bisher allerdings kaum gewürdigtes Prinzip plaziert sich im Kündigungsrecht: Das Prognoseprinzip. Dieses Prinzip ist die Konsequenz aus der Erkenntnis, dass die Kündigungsgründe ihrer Natur nach zukunftsbezogen sind. Damit soll ausgedrückt werden, dass für die Rechtfertigung einer Kündigung nicht in der Vergangenheit liegende Ereignisse, sondern allein die zukünftigen Auswirkungen vergangener oder gegenwärtiger Ereignisse ausschlaggebend sind. … Nach Löwisch [Hinweis auf Herschel/Löwisch, Rn. 75 zu § 1 KSchG; d.U.] kommt es ganz allgemein für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung darauf an, ob die Prognose zum Zeitpunkt des Ausspruchs einer Kündigung berechtigt war oder nicht“; ders. DB 1988, 1387, 1388 [3.].

[215] S. BVerfG 2.7.2001 – 1 BvR 2049/00 – AP § 626 BGB Nr. 170 = NZA 2001, 888 = MDR 2001, 1119 [II.1 a.]: „Die fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist streng genommen zwar keine Sanktion für Verhalten in der Vergangenheit, sondern nur die Möglichkeit, sich von einem Dauerschuldverhältnis zu lösen, an dem man für die Zukunft zumutbar nicht festhalten kann“.

[216] S. dazu aus jüngerer Zeit BAG 23.6.2009 – 2 AZR 283/08 – AP § 1 KSchG 1969 Abmahnung Nr. 5 = EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 75 [I.1 b.]: „Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen“; s. weit früher auch schon BAG 8.2.1962 – 2 AZR 252/60 – AP § 611 BGB Erfinder Nr. 1 [III.5.]: „Die Beklagte verkennt, dass eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund des Arbeitsverhältnis zwar für die Zukunft beendet, für den Gekündigten aber keine pönalen Folgen haben kann. Sie ist ihrer Funktion nach das Mittel, das für den Vertragspartner untragbar gewordene und ihm auch für die Dauer der Kündigungsfrist nicht mehr zumutbare Arbeitsverhältnis zu beenden, mag sie auch ggf. für das gesellschaftliche Ansehen des Betroffenen nachteilige Folgen haben“; abermals weit früher schon RAG 14.11.1931 – 221/31 – ARS 13, 484, 487: „Die fristlose Entlassung ist auch bürgerlichrechtlich nicht eine über den Dienstpflichtigen verhängte Strafe“.

[217] S. hierzu schon Wolfhard Kohte, II. Anm. BAG [20.5.1988 – 2 AZR 682/87] AP § 1 KSchG 1969 Personenbedingte Kündigung Nr. 9 [I.]: „Gerade für diese Kündigungsgründe [dort: wegen ,beharrlicher Arbeitsverweigerung bzw. unentschuldigten Fehlens'] ist kennzeichnend, dass die Kündigung nicht selten als Strafe erfahren bzw. verhängt wird und dabei der Konflikt für beide Seiten eine starke emotionale Komponente hat. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass in mehr als 40% der Sachverhalte die Kündigung ohne Abmahnung bereits beim ersten Konflikt ausgesprochen wird (…)“.

[218] S. auch dazu anschaulich schon Wolfhard Kohte (Fn. 217) [I.]: „Ein solcher Rückgriff auf das allgemeine Zivilrecht erleichtert es zugleich, sich deutlicher von der straforientierten Empirie abzusetzen; denn die privatrechtliche Kündigung soll ein für die Zukunft nicht mehr tragbares Rechtsverhältnis lösen, nicht jedoch eine private Strafe darstellen (...)“.

[219] S. hierzu anschaulich auch BAG 10.11.1988 - 2 AZR 215/88 – AP § 1 KSchG 1969 Abmahnung Nr. 3 = NZA 1989, 633 [II.2 d, bb.]: „Nach § 1 KSchG ist eine Kündigung nur dann gerechtfertigt, wenn Gründe vorliegen, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entgegen stehen, was nach herrschender Auffassung bei allen Kündigungsgründen festzustellen ist (…). - Damit ist die negative Prognose Voraussetzung für die einseitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung, die eines rechtfertigenden Grundes bedarf (…). Die negative Prognose kann der Arbeitgeber nur mit dem Vortrag begründen, in Zukunft sei mit weiteren Störungen zu rechnen“; s. weitaus früher auch schon LAG Frankfurt/Main 11.9.1957 – II La 199/57 – AP § 626 BGB Nr. 19 [3.], wonach der fristlosen Kündigung auch für Vertragsverfehlungen „nicht ein Strafcharakter“ zukomme, sondern danach zu fragen sei, „ob im Falle der Weiterbeschäftigung des Klägers – auch nur bis zum Ende der Kündigungsfrist – für das beklagte Land Schäden oder Gefahren drohten oder entstanden“.

[220] S. dazu bereits grundlegend Wilhelm Herschel, Gedanken zur Theorie des arbeitsrechtlichen Kündigungsgrundes, in: Theo Mayer-Maly, Reinhard Richardi u.a. (Hrg.), Festschrift für Gerhard Müller (1981), S. 191, 202 f., wonach es für die Negativprognose regelmäßig mit dem Nachweis bewenden könne, „dass … eine Störung stattgefunden hat, es sei denn, es seien Umstände ersichtlich, die eine Wiederholungsgefahr unwahrscheinlich“ machten“.

[221] S. auch insofern grundlegend Wilhelm Herschel (Fn. 220) S. 203: „Abgesehen von der Wiederholungsgefahr kann aber eine erhebliche Störung noch eine stärkere Folgewirkung nach sich ziehen. Das Ereignis kann nämlich so beschaffen sein, dass es, namentlich mit Rücksicht auf Ansehen und Ehre des Kündigenden, eine ersprießliche Weiterführung des Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen erscheinen lässt. Beispiele: Ein Arbeitnehmer beleidigt seinen Arbeitgeber tätlich; ein Arbeitgeber bezichtigt einen Arbeitnehmer eines von ihm nicht begangenen Verbrechens. Dadurch wird einem nutzbringenden Arbeitsverhältnis eine wesentliche Voraussetzung entzogen. Verhält es sich so, dann gewinnt sogar ein abgeschlossener Tatbestand eine zukunftsbezogene Bedeutung, selbst wenn eine Wiederholungsgefahr nicht besteht“.

[222] S. die Bezeichnung der dortigen „Anlage 22: Arbeitsanweisung von C. S. für die Mitarbeiter der Abteilung Direct Sales zur Behandlung von Neukunden (ohne Datum)“.

[223] S. Klageerwiderungsschrift S. 10 [2.] (Bl. 75 GA): „Dies verwundert umso mehr, weil die Klägerin gerade bei einem Auslandsgeschäft besondere Sorgfalt hätte walten lassen müssen. Ein Auslandsgeschäft ist bei der Beklagten zuvor mehrere Jahre überhaupt nicht in diesem Umfang vorgekommen“.

[224] S. etwa Klageschrift S. 4 (Bl. 10 GA): „In Bezug auf die Frage, wie mit Neukunden umgegangen werden soll, insbesondere ob und wie eine Identifikation durchgeführt werden muss, ob eine Verifizierung der Kontaktdaten erfolgen muss, und ob und wie die erste Lieferung im Zusammenhang mit Zahlung oder sonstigen Sicherheiten erfolgen darf, gibt es keine klaren und ausdrücklich verbindlichen Regelungen bei der Beklagten“; S. 16 (Bl. 22 GA): „Wie eingangs bereits erwähnt, gibt es Regelungen der Beklagten zu dieser Thematik nicht. Erst nach diesem Vorfall wurde durch den Abteilungsleiter Herrn S. anweisungskonform eine Checkliste entworfen, wie man mit Neukunden und deren Identifizierung umgehen muss“.

[225] S. dazu auch oben, S. 4 Fn. 21.

[226] S. zur Kritik der Klägerin Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 11 (Bl. 237 GA): „Offensichtlich erst im Zusammenhang mit der Erstellung des Schriftsatzes [gemeint: die Klageerwiderungsschrift; d.U.] wurde dann recherchiert, ob nicht diese Pflicht sich irgendwie begründen lasse. Denn Herr S. wurde offensichtlich beauftragt, diese Pflicht zu suchen und meldete sich bei dem Personalleiter erst mit dem 10.11.2014 und betont, diese Regelungen seien - ,nie aufgehoben und müssten daher immer noch gelten'“.

[227] S. dazu Klageerwiderungsschrift S. 4 [vor II.] (Bl. 69 GA): „erst seit dem 01.11.2013 in der Abteilung ,Direct Sales'“.

[228] S. auch insofern statt vieler nur Klageerwiderungsschrift S. 4 [vor II.] (Bl. 69 GA): „Damit war die Klägerin verpflichtet, die Aufsicht über die ihr untergebenen Mitarbeiter zu führen und diesen Weisungen zu erteilen“; S. 19 (Bl. 84 GA): „Es ist Aufgabe der Klägerin als Teamleiterin gewesen, aktiv die Bestellvorgänge, die während ihrer Abwesenheit durchgeführt worden waren, zu kontrollieren“; S. 27 [oben] (Bl. 92 GA): „Die Klägerin missachtete in diesem Zusammenhang zudem ihre Pflichten als Vorgesetzte, indem sie nicht kontrollierte, dass ihre Mitarbeiterin Frau Anica V. die bisherigen Angebote an ,Herrn Be.' versandt hatte und dabei auch gegen ihre Bevollmächtigung sowie das im Konzern gültige ,Vier-Augen-Prinzip' verstoßen hat“.

[229] S. Klageschrift S. 8 (Bl. 14 GA): „Sie bot an, jederzeit auch im Urlaub telefonisch erreichbar zu sein, denn sie sei im Inland. Sollte sie einmal nicht an das Telefon gehen, werde sie umgehend zurückrufen. Bis zu einem Rückruf ihrerseits könne im Falle von Fragen alles liegen bleiben“.

[230] S. dazu schon oben, S. 20 [unten]: Überlast; s. ferner die Ausführungen im Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 20-29 (Bl. 246-255 GA); s. dazu auch Klageerwiderungsschrift S. 19-20 (Bl. 84-85 GA) und Beklagtenschriftsatz vom 22.1.2015 S. 21-25 (Bl. 393-397 GA).

[231] S. Revisionsbericht S. 5 (Bl. 207 GA): „,Be.' muss mittels permanenter Anrufe bei schlechter Verständlichkeit, flankiert von zahlreichen E-Mails und unter Eröffnung von diversen ,Nebenkriegsschauplätzen' die relativ unerfahrene Mitarbeiterin Anica V. massiv unter Druck gesetzt haben. Die bedingt durch mehrwöchigen Urlaub der routinierten Teamleiterin Beate K. [Name der Klägerin im Original ausgeschrieben; d.U.] und final anstehender Einführung des Projekts ,Movelog' entstandene Ausnahmesituation, kombiniert mit mangelhafter Kenntnis der Mitarbeiter im Umgang mit derartigen Sachverhalten trugen ihr Übriges bei“.

[232] S. Text: § 254 Mitverschulden. (1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. - (2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er es unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung“.

[233] S. zu den nicht zuletzt hieraus erwachsenen Restriktionen sogenannter Arbeitnehmerhaftung im Arbeitsverhältnis statt vieler BAG (GS) 27.9.1994 – GS 1/89 (A) – NJW 1995, 210, 212 [B.II.2.]: „Der Arbeitgeber organisiert den Betrieb und steuert den Arbeitsprozess. … Damit prägt die vom Arbeitgeber gesetzte Organisation des Betriebs das Haftungsrisiko für den Arbeitnehmer. Kraft seiner Organisationsbefugnis kann der Arbeitgeber Bedingungen für Schadensrisiken schaffen, beibehalten oder verändern, z.B. Gefahrenmomenten entgegenwirken durch Veränderung der Arbeitsabläufe, durch bessere Überwachung oder durch Sicherheitsvorkehrungen“.

[234] S. Klageerwiderungsschrift S. 20 [vor 7.] (Bl. 85 GA): „Der Klägerin ist dabei auch vorzuhalten, dass sie ihre Pflichten als Teamleiterin sogar mehrfach evident verletzt hätte, wenn sie angeblich wegen besonderer Arbeitsüberlastung nicht in der Lage war, sich um das ausstehende Auslandsgeschäft zu kümmern. Sie hätte damit nicht nur ihre Prioritäten falsch gesetzt, wenn sie für ein solches Großgeschäft keine Zeit mehr hatte. Vielmehr wäre es sodann auch ihre Pflicht gewesen, sich mit ihrem Abteilungsleiter wegen der weiteren Vorgehensweise bzw. der erforderlichen Arbeitsaufteilung abzustimmen. Dem ist ist sie aber nicht nachgekommen. Im Gegenteil hat sie sich überhaupt nicht an Herrn S. gewendet“.

[235] S. Text: „§ 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis. (1) … (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten“.

[236] S. auch dazu ohne Anspruch auf Vollständigkeit etwa Klageerwiderungsschrift S. 2 [vor A.] (Bl. 67 GA): Klägerin habe „dafür gesorgt“, dass der Beklagten ein ganz erheblicher finanzieller Schaden entstanden sei; sie habe selbst noch weitere Ausführungen an den Betrüger „veranlasst“, als der Betrugsfall bereits aufgedeckt gewesen sei; S. 11 (Bl. 76 GA): Klägerin habe „dafür gesorgt“, dass Be. Waren auf Rechnung erhalten habe; S. 16 [vor 4.] (Bl. 81 GA): Klägerin habe „Bestellungen“ vorgenommen; S. 16 [4.]: Sie habe die Auslieferungen „(mit-)verursacht“; S. 23 (Bl. 88 GA): Klägerin habe Lieferungen vom 17./18.7.2014 aktiv veranlasst, „indem sie die Bestellungen freigab“; S. 25 [oben] (Bl. 90 GA): Weitere Auslieferungen an Be. „ausgelöst“; S. 33 (Bl. 98 GA): Weitere Teillieferungen „veranlasst“; S. 36 (Bl. 101 GA): Weitere Auslieferungen „vorgenommen“; entsprechend Schriftsatz vom 22.1.2015 S. 2 (Bl. 374 GA): Lieferungen „selbst veranlasst“; „dafür gesorgt“, dass Lieferungen ohne Vorkasse erfolgen konnten; „aktiv weitere Auslieferungen freigegeben“; „Warenlieferungen eigenständig veranlasst und damit für einen umfassenden finanziellen Schaden bei der Beklagten gesorgt“; S. 10 (Bl. 382 GA): der Klägerin „auch ein aktives Handeln bei der Warenlieferung vorzuwerfen“ … [usw.]; deutlich zurückhaltender und daher weniger problematisch demgegenüber die Darstellung gegenüber dem Betriebsrat (Urteilsanlage XXIII.): Lieferungen „wurden … ausgeführt“.

[237] S. etwa Klageerwiderungsschrift S. 12 (Bl. 12 GA): Die nötige „Absprache“ mit Herrn S. sei „zu keiner Zeit“ erfolgt; Klägerin sei auch nicht befugt gewesen, „selbst zu entscheiden“; es läge „keinerlei schriftliche Autorisierung“ vor; S. 13 (Bl. 78 GA): Klägerin hätte den Sachverhalt „nochmals mit Herrn S. abstimmen“ müssen; S. 13 [oben] (Bl. 79 GA): Solche Rücksprache „unterließ die Klägerin“; S. 13 [3.]: Verzicht auf Vorkasse „ohne Genehmigung ihres Vorgesetzten!“; entsprechend Schriftsatz vom 22.1.2015 S. 7-8 [2.] (Bl. 379-380 GA): „Es war nämlich gerade die Klägerin, die diese Zahlungsmodalität gegenüber dem vermeintlichen neuen Großkunden freigab, ohne sich zuvor diese Zahlungsbedingungen von ihrem Vorgesetzten genehmigen zu lassen“; S. 8 (Bl. 380 GA): Herr S. habe „niemals erklärt“, sie könne auf bloßen Zuruf von „Be.“ das Großkundengeschäft auf Rechnung fortsetzen; dieser habe „niemals erklärt“, sie dürfe Warenlieferungen an „Be.“ ohne Vorkasse freigeben; S. 10 (Bl. 382 GA): Klägerin habe Pflichten  verletzt, „wenn sie sich diese Freigabe [des Vorgesetzten; d.U.] nicht einholte“; Klägerin habe „aktiv dem ,Herrn Be.' einen Kreditrahmen eingeräumt“, ohne diesen „abschließend“ mit der Geschäftsleitung oder ihrem Vorgesetzten abzustimmen; S. 11 [oben] (Bl. 383 GA): Sie habe einen erheblichen Kreditrahmen eingeräumt, „ohne sich dies vorher genehmigen zu lassen“ - usw.

[238] S. Text: „§ 133 Auslegung einer Willenserklärung. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften“.

[239] S. Text: „§ 157 Auslegung von Verträgen. Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern“.

[240] S. dazu etwa Klageerwiderungsschrift S. 4 [II.] (Bl. 69 GA): Die Klägerin habe seit Mai 2014 eine Geschäftsbeziehung zu einem „offensichtlichen Betrüger“ aufgebaut; s. zu den Einzelheiten sogleich Folgefußnote und Haupttext; d.U.

[241] S. hierzu die Auflistung im Revisionsbericht (Urteilsanlage XXII.) mit seinen Hinweisen auf die Endung der E-Mail-Adresse von „Be.“ (S. 8 [Bl. 210 GA] - ,Q.a.fr'): „Eigenartig … der an den Firmennamen ,Q.' angehängte zusätzliche Buchstabe ,a'“; die Telefonnummer (a.a.O.): „Vorwahl der Internettelefonie“; Abweichungen von Daten der offiziellen Website der Unternehmens Q. (a.a.O.); außerdem hält die Beklagte etwa für auffällig, dass sich vordergründig sinnlose Zusätze auf den E-Mails von „Be.“ gefunden und der vermeintliche „Purchasing-Manager“ in schlechtem Englisch und zudem ohne „Firmenlogo“ kommuniziert habe.

[242] S. im selben Sinne schon Klägerin Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 19 u. S. 35 (Bl. 245 u. 261 GA).

[243] S. dazu Klägerinschriftsatz vom 10.12.2014 S. 35 [(8)] (Bl. 261 GA): „Unbekannt ist der Klägerin die ,mündliche Information', die auf Seite 9 des Berichtes zitiert wird, man dürfe ein Abweichen der Lieferadresse vom Sitz des Unternehmens ,nicht akzeptieren'. Das ist auch praktisch kaum machbar. Sie viele Unternehmen haben Läger, deren Adressen vom Sitz der Unternehmenszentrale abweichen. Auch die Beklagte hat ein Lager, das von dem Unternehmenssitz im Hinblick auf die Adresse abweicht“; s. auch bereits S. 34 Fn. 198: Sollte es zutreffen, wie die Klägerin schon in der Klageschrift zu ihrem Informationsstand hat mitteilen lassen (S. 17-18 [Bl. 23-24 GA]), dass der Warenkreditversicherer seine Einstandspflicht mit der Begründung abgelehnt habe, die Ware sei „nicht an den Sitz des Unternehmens, sondern an eine vom Sitz abweichende Adresse geliefert worden“, könnte dies wohl nicht das letzte Wort in dieser Frage sein; d.U.

[244] S. Klägerinschriftsatz vom 10.12.2014 S. 16 [hh.] (Bl. 242 GA): „Es ist richtig, dass die Klägerin auf diesen Punkt nicht wieder eingegangen ist. Sie hatte diesen Punkt aus den Augen verloren“.

[245] S. im gleichen Sinne schon Klageschrift S. 28 [3.] (Bl. 34 GA): „Diese Bestätigung wäre genauso gefälscht gewesen, wie der Rest der Unterlagen bei der ,Geschäftsanbahnung'“; ähnlich Schriftsatz vom 10.12.2014 S. 16 [hh.] (Bl. 242 GA).

[246] S. Klägerinschriftsatz vom 10.12.2014 S. 16 [hh.] (Bl. 242 GA): „Aber nicht nur sie, sondern auch ausweislich der Korrespondenz eingebundenen Mitarbeiter Herrn B. und Herr S. sind auf diesen Punkt nicht eingegangen“; s. dazu auch Beklagtenschriftsatz vom 22.1.2015 S. 12 [vor 4.]: „Dies war auch überhaupt nicht die Aufgabe dieser Personen“.

[247] Sprachliche Anlehnung an Wolfhard Kohte, Anm. LAG Hamm [18.9.2009 – 13 Sa 640/09] jurisPR-ArbR 22/2010 Anm. 3 [C.] selbst für Fallgestaltungen mit bewussten Schädigungen des Arbeitgebers: „Die Pflichtverletzung kann daher nicht automatisch zur Kündigung führen, sondern musse immer im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung daraufhin untersucht werden, ob im konkreten Fall eine Kündigung auch den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit gerecht wird. … Das Delikt allein trägt die Kündigung nicht“.

[248] S. Klageschrift S. 18 [vor 3.] (Bl. 24 GA): „Frau V. und die Klägerin versuchten, den Vorfall für sich aufzuarbeiten mit dem Ziel, ihre Arbeitsweise – insbesondere auch die Kommunikation – zu verändern, so dass Informationsverluste bzw. -defizite und Vorfälle wie dieser zukünftig ausgeschlossen werden. … Deshalb sandte die Klägerin ihrem Abteilungsleiter, Herrn S., am 25.08. das Ergebnis der Besprechung zwischen Frau V. und ihr per E-Mail mit der Bitte um kurzfristigen Rücksprache-Termin“.

[249] S. statt vieler BAG 4.6.1997 – 2 AZR 526/96 – NZA 1997, 1281 [II.1 d.]: „Zu prüfen ist … das Abmahnungserfordernis bei jeder Kündigung, die wegen eines steuerbaren Verhaltens des Arbeitnehmers oder aus einem Grund in seiner Person ausgesprochen wurde, den er durch sein steuerbares Verhalten beseitigen, wenn also eine Wiederherstellung der Vertrauens erwartet werden konnte“; aus jüngerer Zeit BAG 10.6.2010 - 2 AZR 541/09 – BAGE 134, 349 = AP § 626 BGB Nr. 229 = EzA § 626 BGB 2002 Nr. 32 = NZA 2010, 1227 = BB 2011, 59 [A.III.3 c. - Rn. 35]: „Das Erfordernis gilt auch bei Störungen im Vertrauensbereich. Es ist nicht stets und von vornherein ausgeschlossen, verlorenes Vertrauen durch künftige Vertragstreue zurückzugewinnen (...)“.

[250] S. dazu statt vieler Wolfhard Kohte (Fn. 247) [C.]: „Eine andere Argumentationsfigur, die aus meiner Sicht ebenfalls in der Tradition der absoluten Kündigungsgründe steht, ist der Topos des ,verlorenen Vertrauens'. Auch diese Kategorie steht in einem Spannungsfeld zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn man aus der Pflichtverletzung automatisch auf den Verlust des Vertrauens schließt, weil dann ebenfalls die erforderliche Abwägung unterbleibt. Die verabsolutierte Kategorie des Vertrauens ist bereits empirisch problematisch, wie [Klaus] Bartels (RdA 2010, 109, 111) nachgewiesen hat. … Es spricht nichts dafür, dass mit § 626 Abs. 1 BGB, mit dem die absoluten Kündigungsgründe verabschiedet worden sind, eine Verabsolutierung von Vertrauen verlangt wird. Mit der schematischen Verwendung dieser Kategorie wird regelmäßig die Gefahr begründet, dass den differenzierenden Kriterien des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgewichen wird ([Ulrich] Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen [1987], S. 454; ders. DB 1990, 630, 686; [Bernd] Ruberg, Sozialrechtfertigung als Organisationsschutz [1999], S. 260 ff.)“.

[251] S. Text: „Art. 12 [Berufsfreiheit] (1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden“.

[252] S. dazu anschaulich BVerfG 8.7.1997 – 1 BvR 1243/95 u.a. - BVerfGE 96, 152 = NZA 1997, 932 = NJW 1997, 2312 = MDR 1997, 946 [C.II.2 b, aa. (1) - „juris“-Rn. 52]: „Dieser Ansatz entspricht nicht den Anforderungen, die sich aus dem Grundrecht der Beschwerdeführerin auf freie Wahl des Arbeitsplatzes ergeben. Er misst der Wahrnehmung der genannten Funktionen der Sache nach die Bedeutung einer unwiderlegbaren Vermutung bei und verkürzt damit die im Lichte dieses Grundrechts gebotene Würdigung aller Umstände des Einzelfalles“.

[253] S. mit wohl gleicher Tendenz etwa BAG 22.10.1998 – 8 AZR 457/97 – AP § 781 BGB Nr. 5 = NJA 1999, 417 = EzA § 781 BGB Nr. 5 = BB 1999, 849 [I.4 d, dd. - „Juris“-Rn. 42]: „Die Beklagte konnte den eingeräumten Schadensersatzbetrag für zutreffend halten. In diesen Fällen wird der Einsatz des Drohmittels Strafanzeige zum Zwecke des zivilrechtlichen Schadensausgleichs überwiegend für angemessen erachtet (...)“; s. zur Übertragbarkeit der Grundsätze zur Kündigung als Beugemittel für die Bedrohung mit Schadensersatzansprüchen anschaulich schon LAG Baden-Württemberg 29.12.1966 – 4 Sa 85/66 – BB 1967, 1421 = DB 1967, 290.

[254] S. dazu statt vieler nur Hein Schleßmann, 20. Auflage (2012) S. 83: „Bei einer außerordentlichen Kündigung ist der Hinweis auf die fristlose Kündigung unzulässig“; S. 83: „Das Zeugnis darf nicht erkennen lassen, dass sich die Parteien im Streit getrennt haben“; s. mit gleicher Tendenz etwa LAG Berlin-Brandenburg 25.1.2007 – 5 Sa 1442/06 – LAGE § 109 GewO 2003 Nr. 4 = NZA-RR 2007, 373 [1.]: „Schon aus allgemeinen Erwägungen darf ein Zeugnis nicht ohne sachlichen Anlass erkennen lassen, dass sich die Vertragsparteien im Streit getrennt haben (…). Deshalb wird es für grundsätzlich unzulässig erachtet, darin darauf hinzuweisen, wer gekündigt hat und welches die Beendigungsgründe waren (...)“.

[255] S. Text oben, S. 27 Fn. 175.

[256] S. dazu etwa schon Benno Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, II. Band (1899), S. 917: „Indessen ist ein solches Zeugnis für den Dienstleistenden vielfach zu seinem Fortkommen von der größten Wichtigkeit“; s. nicht weniger anschaulich zu den historischen Bezügen Hein Schleßmann, Historisches zum Arbeitszeugnis, NZA 2006, 1392, 1394, wonach schon in der Brandenburgischen Gesindeordnung von 1769 Wert auf die Klarstellung gelegt worden sei, dass im Abgangszeugnis „nur von groben Verbrechen, als Untreue, Diebstahl und Trunkenheit, nicht aber von kleinen Fehlern und Vergehungen, Erwähnung geschehen“ solle, „damit dem Dienstboten dadurch ihr anderweitiges Unterkommen nicht schwer gemacht“ werde.

[257] S. insofern zutreffend etwa ArbG Stuttgart 1.2.2001 – 28 Ca 8988/00 – NZA-RR 2002, 153 = RDV 2006, 26 [Leitsätze 1. u. 2.]: „Will ein potenzieller Arbeitgeber über einen Bewerber Auskünfte bei dessen früheren Arbeitnehmer über seine Person einholen, bedarf es der Zustimmung des Bewerbers. - 2. Erteilt der (frühere) Arbeitgeber Auskünfte über die Person des (früheren) Arbeitnehmers gegenüber einem früheren Arbeitgeber, so verletzt er das Persönlichkeitsrecht des (früheren) Arbeitnehmers, wenn dessen Zustimmung hierzu nicht vorliegt“; zuvor auch schon ArbG Berlin 4.7.1996 – 10 Ca 11223/96 – n.v. [B.I.2 a.]: „Wie nach dem grundlegenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15.12.1983 … heute ebenfalls anerkannt ist, wird durch das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen – auch im Arbeitsverhältnis – seine Befugnis geschützt, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (…). - Dieser Schutz zieht nicht nur dem Recht des Arbeitgebers Grenzen, z.B. persönliche Daten von Stellenbewerbern in Personalfragebögen dauerhaft aufzubewahren (…), sondern auch seinem Recht, dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers abträgliche Angaben in Personalakten festzuhalten (…), oder Akteninhalte Dritten zugänglich zu machen (…). - Es bedarf keiner näheren Darlegungen, dass der verfassungsrechtlich verbürgte Schutz des Arbeitnehemrs vor Übergriffen in seine ,informationelle Selbstbestimmung' (BVerfG) sich hiernach erst recht darauf erstreckt, im Grundsatz davor bewahrt zu bleiben, dass sein Arbeitgeber anderen Arbeitgebern über informelle Kanäle außerhalb offengelegter Zeugnisbeurteilungen belastende Informationen zukommen lässt, die neben der Möglichkeit des Arbeitnehmers, sich damit offen auseinanderzusetzen, auch seine Aussichten verkürzen – wenn nicht vereiteln! -, die bei den Empfängern angestrebte Anstellung zu finden“.

[258] S. dazu statt vieler LAG Berlin 8.5.1989 – 9 Sa 21/89 – LAGE § 242 BGB Auskunftspflicht Nr. 2 = NZA 1989, 965 = BB 1989, 1825 [I.1 a.]: „In der Regel dürfen die Auskünfte des früheren Arbeitgebers nicht weitergehen als der Inhalt eines entsprechenden Zeugnisses: Insofern gelten hinsichtlich des Umfanges der Auskunftserteilung dieselben Grundsätze, die auch bei der Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses zu beachten sind (...)“; im selben Sinne beispielsweise ErfArbR/Rudi Müller-Glöge, 15. Auflage (2015), § 109 GewO Rn. 61: „Erteilt der AG Dritten ohne Zustimmung des AN Auskünfte über diesen, bewegt er sich auf unsicherem Terrain. … In älteren Entsch. hat das BAG agenommen, aus Gründen der Sozialpartnerschaft seien AG berechtigt, andere AG bei der Wahrung ihrer Belange zu unterstützen (…) und dürften deshalb auch gegen den ausdrückl. erklärten Willen des AN Auskünfte an andere AG erteilen (…). Anges. der zwischenzeitl. Entwicklung des Datenschutzrechts und der Rspr. zum Persönlichkeitsschutz (…) kann dieser Auffassung nicht mehr gefolgt werden (...)“; ebenso namentlich Hein Schleßmann (Fn. 254) S. 255: „Angesichts der zwischenzeitlichen Entwicklung des Datenschutzrechts und der Rechtsprechung zum Persönlichkeitsschutz muss allmählich das Auskunftsrecht mehr und mehr eingeschränkt und die Abwägung (von noch zu erwähnenden Ausnahmefällen abgesehen) auch im Anhalt an die Entwürfe gesetzgeberischer Vorhaben durchweg zugunsten des Arbeitnehmers vorgenommen werden“; ferner S. 258 ff.

[259] S. Text oben, S. 22 Fn. 117.

[260] S. Text: „§ 162 Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts. (1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten. - (2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt“.

[261] S. statt vieler instruktiv Peter Klenter, Anm. LAG Berlin-Brandenburg 30.3.2012 – 10 Sa 2272/11 - AiB 2012, 618: „Im vorliegend ausgeurteilten – nicht untypischen – Fall hatte der Arbeitgeber die Arbeitnehmerin ohne Angabe von Gründen zu einem ,Personalgespräch' eingeladen. … Das Überraschungsmoment für den Arbeitnehmer, die personelle Überzahl und das zuvor untereinander abgestimmte Vorgehen der Arbeitgeberseite, das Übermaß und die Detailtiefe der vorgetragenen Tatsachen und Umstände schaffen ein Setting, das beim Arbeitnehmer selbstverständlich psychisch Stress verursacht und rechtlich die Waffengleichheit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber verletzt“.

[262] S. dazu etwa den Hinweis bei Thomas Dieterich, Grundgesetz und Privatautonomie im Arbeitsrecht, RdA 1995, 129, 135 [c.]: „Ein Sonderproblem bilden Auflösungsverträge. Wenn ein Arbeitnehmer sich darauf einlässt, kann das weder an der Formularmäßigkeit des Textes, noch an seiner Angewiesenheit auf den Arbeitsplatz liegen. Dennoch hat man als Richter oft das Gefühl, dass nur situationsbedingte Unbedachtheit oder Unkenntnis über die arbeits- und sozialrechtlichen Konsequenzen einen solchen Akt der Selbstschädigung erklär bar machen. Ein schlichtes ,Vertrag ist Vertrag' wird der Sachlage vielfach nicht gerecht. Deshalb werden im Schrifttum mit guten Gründen gesetzliche Schutzvorschriften gefordert (…) und auch Tarifverträge regeln teilweise eine Bedenkzeit und Widerrufsmöglichkeiten (...)“.

[263] S. Textauszug: „§ 1 Widerrufsrecht. - (1) Einem Verbraucher steht ein Widerrufsrecht nach § 361a des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei Verträgen mit einem Unternehmer zu, die eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand haben und zu denen er – 1. durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung, - … bestimmt worden ist“.

[264] S. Textauszug: „§ 312 Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften. - (1) Bei einem Vertrag zwisdhen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat und zu dessen Abschluss der Verbraucher – 1. durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung, - … bestimmt worden ist (Haustürgeschäft), steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu“.

[265] S. dazu etwa LAG Hamburg 3.7.1991 – 5 Sa 20/91 – LAGE § 611 BGB Aufhebungsvertrag Nr. 6 = NZA 1992, 309 [Leitsatz 1.]: „Wenn sich der Arbeitgeber auf eine Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beruft, dann handelt es sich in der Regel dann um eine unzulässige Rechtsausübung, wenn die Vereinbarung derart zustande gekommen ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zu einem Gespräch bittet, das Thema des Gesprächs nicht mitteilt, in diesem Gespräch den Arbeitnehmer zu einem Auflösungsvertrag veranlasst und ihm keine Bedenkzeit und auch kein Rücktrittsrecht einräumt“; s. mit gleicher Tendenz auch ArbG Berlin 2.4.2003 – 31 Ca 33694/02 – (Volltext: „Juris“) [Leitsatz]: „Ein Vertrag, der den Arbeitsvertrag aufhebt, kann vom Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen des § 312 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit Abs. 2 BGB widerrufen werden“; ähnlich schon dass. 6.9.2000 – 31 Ca 6027/00 – ArbuR 2002, 193 (Volltext: „Juris“) [Leitsatz]: „Ein vom Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber am Arbeitsplatz abgegebenes Schuldanerkenntnis, wonach er aus Gehaltsüberzahlung dem Arbeitgeber einen Geldbetrag schuldet, kann nach dem Haustürwiderrufsgesetz widerrufbar sein“.

[266] S. dazu nur BAG 27.11.2003 – 2 AZR 135/03 – BAGE 109, 22 = AP § 312 BGB Nr. 1 = EzA § 312 BGB 2002 Nr. 1 = NZA 2004, 597 = MDR 2004, 948 [Leitsatz]: „Eine am Arbeitsplatz geschlossene arbeitsrechtliche Beendigungsvereinbarung ist kein Haustürgeschäft i.S.d. § 312 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. Der Arbeitnehmer ist deshalb nicht zum Widerruf seiner Erklärung nach §§ 312, 355 BGB n.F. berechtigt“; im Anschluss BAG 18.8.2005 – 8 AZR 523/04 – BAGE 115, 340 = AP § 620 BGB Aufhebungsvertrag Nr. 31 = EzA § 613 a BGB 2002 Nr. 40 = NZA 2006, 145 = MDR 2006, 578 [II.4 - „Juris“-Rnrn. 44-45]: „Die Kläger haben ihre Willenserklärungen zum Abschluss des Aufhebungsvertrags auch nicht wirksam i.S.v. § 312 Abs. 1 Satz 1, 355 BGB widerrufen. Ein derartiges Widerrufsrecht stand ihnen nicht zu. - Voraussetzung wäre, dass der im dreiseitigen Vertrag enthaltene Aufhebungsvertrag die Erfordernisse eines Haustürgeschäfts gemäß § 312 Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt. Das ist für am Arbeitsplatz geschlossene Aufhebungsverträge nach der Systematik des § 312 BGB, seinem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte aber zu verneinen (...)“.

[267] S. hierzu namentlich BAG 27.11.2003 (Fn. 266) [B.II.3 a, cc. (5) - „Juris“-Rn. 53]: „Der allgemeinen Gefahr einer möglichen Überrumpelung des Arbeitnehmers, z.B. weil die Vertragsverhandlungen zu ungewöhnlichen Zeiten oder an ungewöhnlichen Orten im Betrieb stattfinden ( … ), kann allein über Informationspflichten und mit dem Gebot fairen Verhandelns begegnet werden (Däubler NZA 2001, 1329, 1334; Henssler RdA 2002, 129, 135)“; ebenso BAG 22.4.2004 – 2 AZR 281/03 – AP § 611 BGB Aufhebungsvertrag Nr. 27 = EzA § 312 BGB 2002 Nr. 2 [B.I.2 b, aa. (5) - „Juris“-Rn. 35); 3.6.2004 – 2 AZR 427/03 – n.v. (Volltext: „Juris“) [B.II.2 b, cc. (5) - „Juris“-Rn. 51]; im Anschluss BAG 15.3.2005 – 9 AZR 502/03 – BAGE 114, 97 = AP § 781 BGB Nr. 7 = EzA § 307 BGB 2002 Nr. 2 = NZA 2005, 682 = MDR 2005, 918 [II.3 c. - „Juris“-Rn. 46].

[268] S. Stephan Lorenz, Arbeitsrechtlicher Aufhebungsvertrag, Haustürwiderrufsgesetz und ,undue influence“, JZ 1997, 277-282.

[269] S. dazu statt vieler nur Wolfgang Däubler, NZA 2001, 1329, 1334 [vor VII.]; Martin Henssler, RdA 2002, 129, 135 [vor d.]; der Sache nach wohl auch Gregor Thüsing, Gedanken zur Vertragsautonomie im Arbeitsrecht, in: Rolf Wank u.a. (Hrg.), Festschrift für Herbert Wiedemann (2002), S. 559, 578: „Wie schon der Bürgschaftsfall nicht über das AGBG gelöst werden konnte, wird es auch zukünftig im Arbeitsrecht Fällen geben können, bei denen die Unfreiheit der Entscheidung des Arbeitnehmers zur Korrektur zwingen kann, auch wenn keine vorformulierten Vertragsbedingungen vorliegen. … So mag man überdenken, ob auch die unausgewogendsten Fälle eines Aufhebungsvertrags wirklich von der Rechtsordnung kommentarlos zu akzeptieren sind: Hier sind Situationen denkbar, und viele Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte bieten hierfür Beispiele, in denen der besondere Druck verhindert, dass sich der Arbeitnehmer über seine eigenen Interessen hinreichend klar wird. Wenn man denn eine Regelungslücke im Arbeitsrecht annehmen wollte, dann erschiene sie mir hier zu verorten, denn eine Lösung vom Vertrag wäre in diesem Fall Entfaltung der Vertragsfreiheit des Arbeitnehmers, nicht Beschränkung“.

[270] S. zu dieser Funktion von Bedenkenzeiten und Widerrufsrechten etwa Bernd Ruberg, Sozialrechtfertigung als Organisationsschutz (1999), S. 207-208: „Eine andere Möglichkeit, den Problemen struktureller Ungleichgewichtslagen zu begegnen, stellen demgegenüber prozedurale Korrekturelemente dar. Als Beispiele seien für gesetzliche Regelungen die Bestimmungen über befristete Widerrufsmöglichkeit sog. Haustürgeschäfte (…) oder über den Widerruf von Verbraucherkrediten (…) genannt. Solche Bestimmungen sollen Überrumpelungs- bzw. Übereilungseffekte neutralisieren (…) und durch Vermittlung von Bedenk- und Reuefristen – im Nachhinein – Selbstbestimmung herstellen (….)“ - mit Hinweis auf BT-Drs. 8/130 S. 8: „Entscheidungsfreiheit … durch … Überlegungsfrist wiederherstellen; ebenso BT-Drs. 10/2876 S. 7 [III.1.].

[271] S. Gerhard Reinecke, Zur Kontrolle von Aufhebungsverträgen nach der Schuldrechtsreform, in: Peter Hanau u.a. (Hrg.), Festschrift für Wolfdieter Küttner (2006), S. 327, 334.

[272] Hinweis auf Gregor Thüsing, RdA 2005, 257, 268; d.U.

[273] S. Text: „§ 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb“.

[274] Sprachliche Anleihe bei Hartmut Oetker, Der arbeitsrechtliche Bestandsschutz unter dem Firmament der Grundrechtsordnung (1996), S. 1 ff.

[275] S. zum verfassungsrechtlichen Schutz der Privatautonomie statt vieler nur BVerfG 7.2.1990 - 1 BvR 26/84 – BVerfGE 81, 242 [C.I.2.]: „Prinzip der eigenen Gestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach seiem Willen“; s. ferner BVerfG 19.10.1993 – 1 BvR 567/89 u.a. – BVerfG 89, 214 [B.II.2 a. - „Juris“-Rn. 51]: „Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben“; s. etwa auch BAG 11.3.1999 – 2 AZR 461/98 – EzA § 17 KSchG Nr. 8 [II.4 a]: „Privatautonomie als Prinzip der Rechtsgestaltung durch die einzelnen Rechtssubjekte“.

[276] S. dazu BVerfG 15.12.2008 – 1 BvR 347/08 – n.v. (Volltext: „Juris“) [Ls. 2 a., 2 b.]: „2 a. Jedenfalls unter den strengen, für die sogenannte Verdachtskündigung entwickelten Voraussetzungen (…) ist die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses … auch wegen eines Verdachts möglich. – 2 b. Insbesondere muss der Arbeitnehmer … ausreichend Gelegenheit zur Äußerung erhalten, damit soweit wie möglich ausgeschlossen werden kann, dass das Arbeitsverhältnis wegen eines unberechtigten Verdachts aufgelöst wird“.

[277] S. dazu nur BAG 14.9.1994 - 2 AZR 164/94 - NZA 1995, 269 [II.3.]; 26.9.2002 – 2 AZR 424/01 – AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 37 [B.I.1 b.]; 10.2.2005 - 2 AZR 189/04 – AP § 1 KSchG 1969 Nr. 79 = NZA 2005, 1056 [B.I.4 a.]; 28.11.2007 - 5 AZR 952/06 – EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 4 = NZA-RR 2008, 344 [II.1 b, bb.]; 13.3.2008 - 2 AZR 961/06 – AP § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung Nr. 43 = EzA § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 5 = NZA 2008, 809 = PersR 2008, 469 [B.I.1.]; ständige Rechtsprechung.

[278] S. dazu etwa LAG Berlin-Brandenburg 30.3.2012 – 10 Sa 2272/11 – LAGE § 611 BGB 2002 Abmahnung Nr. 9 = NZA-RR 2012, 353 [II.2. - „Juris“-Rn. 75]: „Formal bedeutet das, dass ein Anhörungsgespräch im Rahmen einer Verdachtskündigung nicht so ausgestaltet werden darf, dass eine Arbeitnehmerin sich allein einer größeren Gruppe von Vorgesetzten gegenüber sieht, ohne zuvor auf das Thema hingewiesen worden zu sein. Die Arbeitgeberin hat bei der Einladung zum Anhörungsgespräch zumindest auf den Themenkreis wie etwa ,Anhörung im Vorfeld einer beabsichtigten Kündigung wegen falscher Arbeitszeitaufzeichnungen' hinzuweisen, damit die Arbeitnehmerin in den Stand versetzt wird, sich auch mental auf ein solches Gespräch vorzubereiten und ggf. eine Vertrauensperson wie beispielsweise ein Betriebsratsmitglied oder eine Rechtsanwältin hinzuzuziehen“.

[279] S. LAG Berlin-Brandenburg 2.11.2012 – 6 Sa 1280/12 – n.v. [2.2.2.]: „Um ihren Zweck erfüllen zu können, dem Arbeitnehmer eine substantiierte Einlassung zu den verdachtsbegründenden Umständen zu ermöglichen, muss ihm bei der Vorbereitung eines Anhörungsgesprächs vorab dessen Thema mitgeteilt werden, sofern dies nicht wegen drohender Verdunklungsgefahr untunlich erscheint. Nur so wird der Arbeitnehmer auch in die Lage versetzt zu entscheiden, ob er sich zu den vorgebrachten Verdachtsmomenten einlassen will oder nicht und ob er als Beistand einen Rechtsanwalt hinzuziehen möchte (...)“.

[280] Dies unterschätzt Wolf Hunold, Anm. LAG Berlin [6.11.2009] AuA 2010, 683: „Ein normal begabter Arbeitnehmer sollte die Anhörung allein, ohne anwaltliche Assistenz bewältigen können (...)“, weil alle „Begabung“ in Belastungssituationen ihren in Normallagen gegebenen Stellenwert einzubüßen pflegt.

[281] S. LAG Berlin-Brandenburg 6.11.2009 - 6 Sa 1121/09 – LAGE § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8 [Leitsatz]: „Zur Anhörung des Arbeitnehmers als Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Verdachtskündigung gehört, ihm deutlich zu machen, dass der Arbeitgeber aufgrund konkreter Verdachtsmomente einen entsprechenden Verdacht hegt und darauf ggf. eine Kündigung zu stützen beabsichtigt, und dem Arbeitnehmer Gelegenheit zu geben, entweder einen Rechtsanwalt hinzuziehen oder sich über einen Rechtsanwalt innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich zu äußern“; dass. 30.3.2012 (Fn. 278) [II.2. - „Juris“-Rn. 75] – Zitat Fn. 278; dass. 16.12.2010 – 2 Sa 2022/10 – LAGE § 626 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 10 [2.2.4.]: „Es kann dahinstehen, ob der Arbeitgeber dem anzuhörenden Arbeitnehmer bereits bei der Einladung zu dem Anhörungsgespräch exakte Hinweise auf den Inhalt der Vorwürfe geben muss oder nicht; dies wird ganz sicher der Fall sein, wenn der Kläger sich aufgrund von Aufzeichnungen, Unterlagen etc. auf ein solches Gespräch vorbereiten muss. Schon aber um der Möglichkeit willen, dass der Arbeitnehmer – was ihm von der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung zugestanden wird – einen Rechtsanwalt hinzuziehen können muss, muss dem Arbeitnehmer aber auch in den anderen Fällen ein Hinweis auf die Bedeutung der vorzunehmenden Unterredung gegeben werden“; dass. 7.3.2013 – 7 Sa 1179/12 – n.v. [3.2.1.]: „Der Arbeitnehmer muss die Möglichkeit haben, bestimmte, zeitlich und räumlich eingegrenzte Tatsachen zu bestreiten oder den Verdacht entkräftende Tatsachen zu bezeichnen und so zur Aufhellung der für den Arbeitgeber im Dunkeln liegenden Geschehnisse beizutragen (…). In diesem Zusammenhang ist dem Arbeitnehmer Gelegenheit zu geben, entweder einen Rechtsanwalt hinzuziehen oder sich über einen Rechtsanwalt innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich zu äußern (...)“.

[282] S. im selben Sinne schon Gerhard Reinecke, „Trennungsgespräche“, ArbuR 2011, 234, 235 [4.]: „Der Fairness entspricht es allemal, dass der AG dem AN vorher mitteilt, dass es um ein Trennungsgespräch oder eine Vertragsänderung geht. Arbeitgebernahe Anwälte raten ungeniert dazu, in Einladungsschreiben ,dem jeweiligen Mitarbeiter noch nicht das konkrete Thema des zu führenden Personalgesprächs mitzuteilen, um dem Mitarbeiter keinen etwaigen Verweigerungsgrund zu bieten' – eine offene Aufforderung zu unfairem Verhalten (...)“; S. 236 [vor 5.]: „Kommt es trotz unterlassenem Hinweis zu dem beabsichtigten Trennungsgespräch, so hat der AG das in der Rspr. des BAG anerkannte Gebot fairen Verhandelns verletzt“.

[283] S. dazu anschaulich etwa Stefan Klein, Träume – Eine Reise in unsere innere Wirklichkeit (2014), S. 199-200: „Während wir träumen, kann die mit bestimmten Vorkommnissen verbundene Wut, Angst oder Trauer sogar ausgelöscht werden, wie der kalifornische Psychologe Matthew Walker nachwies. Walker zeigte seinen Versuchspersonen beängstigende, ärgerliche oder neutrale Bilder und fragte sie nach ihren Gefühlen. Nach einer Nacht im Schlaflabor der Universität Berkeley wiederholte er den Test. Nun, am Morgen, reagierten die Probanden weniger emotional, und diese abgeklärtere Reaktion ließ sich weder durch die Tageszeit noch durch Abstumpfung erklären. Als die Teilnehmer nämlich ähnliche, aber unbekannte Bilder zu sehen bekamen, stellten sich wieder Gefühle von der ursprünglichen Intensität ein. Eine Kontrollgruppe jedoch, die den ersten Test morgens, den zweiten abends absolvierte und dazwischen nicht schlief, reagierte beim zweiten Mal sogar heftiger auf die bereits bekannten Bilder. Entscheidend war also der Schlaf zwischen den beiden Testphasen. - … Schlaf hilft uns demnach, Erfahrungen aus einem nüchterneren Blickwinkel zu sehen“.

[284] S. Text oben, S. 53 Fn. 260; s. dazu im Übrigen auch Gerhard Reinecke (Fn. 282) ArbuR 2011, 234, 236: „Die Verletzung dieser Nebenpflicht - § 241 Abs. 2 BGB -, in traditioneller Diktion der Fürsorgepflicht, führt idR dazu, dass sich der AG auf einen in einem solchen Gespräch geschlossenen Aufhebungsvertrag nicht berufen kann - § 249 Abs. 1 BGB“.

[285] S. Kopie als Anlage B 20 zur Klageerwiderungsschrift (Bl. 216 GA).

[286] S. Klageerwiderungsschrift S. 35 (Bl. 100 GA).

[287] Sprachliche Anlehnung an das mittlerweile geflügelte Wort des ehemaligen Generalsekretärs des Zentralkommitees der Kommunistischen Partei und ehemaligen Präsidenten der Sowjetunion, Michail S. Gorbatschow, er wolle lieber „Teil der Lösung, nicht Teil des Problems“ sein; d.U.

[288] S. Klageschrift S. 23 (Bl. 29 GA): „Das Gespräch dauerte inkl. der Unterbrechung länger als eine Stunde“.

[289] S. Klageerwiderungsschrift S. 36 (Bl. 101 GA): „Die Ausführungen von Herrn Dr. H. und Herrn Sr. dauerten mindestens 30 Minuten, wobei die Klägerin auch immer wieder Nachfragen zu dem ihr vorgeworfenen Sachverhalt stellen konnte“.

[290] S. einerseits zur Klägerindarstellung oben, S. 16: „Man forderte mich auf, meine Entscheidung sofort zu treffen. - Ich war jedoch durch das von Seiten GRAVIS Gesagte so eingeschüchtert und  verunsichert, dass ich keinen klaren Gedanken fassen konnte. Das sagte ich auch und bat um Bedenkzeit, die man mir zunächst jedoch nicht geben wollte“; s. andererseits zur Beklagtendarstellung oben, S. 18: „Es trifft aber nicht zu, dass die Klägerin dazu aufgefordert wurde, ihre Entscheidung ,sofort zu treffen' und den Aufhebungsvertrag umgehend zu treffen“.

[291] S. einerseits Klägerindarstellung oben, S. 16: „Da ich jedoch in einer Verfassung war, in der ich keine Entscheidung treffen konnte und dies wiederholte, gab man mir ca. 10 min Bedenkzeit außerhalb des Besprechungsraums“; s. andererseits Beklagtendarstellung oben, S. 18: „Vielmehr wurden der Klägerin zunächst 20 Minuten Bedenkzeit gegeben, wie mit der Angelegenheit weiter verfahren werden sollte. - Diese Bedenkzeit verbrachte die Klägerin völlig allein in einem leeren Besprechungsraum in der Geschäftsstelle der Beklagten, wobei der Klägerin auch ein Telefonanschluss zur Verfügung stand und sie jederzeit eine andere Person, z.B. einen Anwalt, hätte konsultieren können“; s. dazu wiederum Klägerinschriftsatz vom 10.12.2014 S. 40 (Bl. 266 GA): „sie war nicht in einem Zimmer mit Telefon, sondern hatte eine Zigarette geraucht, was die Gesprächsteilnehmer wussten“; Beklagtenschriftsatz vom 22.1.2015 S. 30 (Bl. 402 GA): „Weiterhin ist es unzutreffend, dass sie [gemeint: Klägerin; d.U.] nicht in einem Zimmer mit Telefon war. Vielmehr wurde sie in ein solches Zimmer gebracht. Was sie dort machte war die Entscheidung der Klgerin und ist der Beklagten unbekannt, da die Klägerin ihre Entscheidung gerade selbst treffen sollte“.

[292] S. dazu neben den Hinweisen bei Peter Klenter (Fn. 261) – Zitat dort; Gerhard Reinecke, Zum Gebot fairen Verhandelns, in: Martin Wolmerath u.a. (Hrg.), Festschrift für Franz-Josef Düwell (2012), S. 410, 412: „Es beginnen dann im Zimmer des Filialleiters Gespräche. Anwesend sind die Kassierin und meist drei oder sogar mehr Vorgesetzte, meist Männer. Nur selten ist ein Betriebsratsmitglied dabei“.

[293] S. oben, S. 15: „Es wurde Bezug genommen auf den Revisionsbericht zu dem Betrugsfall. Der Revisionsbericht liegt mir nicht vor und wurde mir weder vor noch während des Personalgesprächs zur Einsicht vorgelegt“.

[294] Wie vorige Fußnote.

[295] S. oben, S. 16 [oben]: „Mir wurde auch ein Beiblatt gezeigt, auf dem angekreuzt war, dass der Betriebsrat der außerordentlichen Kündigung ausdrücklich zustimmt, und es wurde erläutert, dass dies höchst selten vorkommt“.

[296] Wie vorige Fußnote.

[297] Vgl. zur analogen Anwendung der Vorgängervorschrift in § 270 Abs. 3 ZPO statt vieler BAG 26.6.1986 – 2 AZR 358/85 – BAGE 52, 263 = AP § 4 KSchG 1969 Nr. 14 = NZA 1986, 761 [B.II.3 c, cc.], wonach die Regelung des § 270 ZPO a.F. „auch im Bereich der Klageerhebung nach § 4 KSchG Anwendung findet“; 17.6.1998 – 2 AZR 336/97 – NZA 1998, 1225 = RzK I 7 b Nr. 32 [II.1.], wonach „gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 495, 270 Abs. 3 ZPO die Drei-Wochen-Frist für die Klageerhebung nach § 4 KSchG auch dann gewahrt wird, wenn die Klage zwar vor Fristablauf bei dem Gericht eingereicht worden ist, aber die Zustellung an den Prozessgegner erst danach erfolgt (§ 270 Abs. 3 ZPO: ,demnächst')“; ebenso schon BAG 8.4.1976 – 2 AZR 583/74 – AP § 4 KSchG 1969 Nr. 2.

[298] S. Text: „§ 167 Rückwirkung der Zustellung. Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt“.

[299] S. Text: „§ 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen. (1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden“.

[300] S. Text: „§ 4 Anrufung des Arbeitsgerichts. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist“.

[301] S. Text: „§ 7 Wirksamwerden der Kündigung. Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam“.

[302] S. Text oben, S. 35 Fn. 202.

[303] S. zu dieser Prüfungsfolge auch bei Erklärung einer fristlosen Kündigung näher Ulrich Preis, Prinzipien des Kündigungsrechts bei Arbeitsverhältnissen (1987), S. 483-484: „Der Rechtsanwender, dem die Überprüfung einer außerordentlichen Kündigung obliegt, fragt – als Kontrollüberlegung – zunächst, ob der vorgelegte Sachverhalt überhaupt eine personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen vermag. Diese Kontrollfrage ist möglich, geboten und hilfreich, weil es in der Tat keinen außerordentlichen Kündigungsgrund geben dürfte, der nicht in diese Dreiteilung eingeordnet werden könnte. … Kommt er nach dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass schon eine ordentliche Kündigung nicht gerechtfertigt wäre, scheitert natürlich erst recht die außerordentliche Kündigung“; ders. DB 1990, 685, 689; ders. Anm. BAG EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 44; Reiner Ascheid, KSchR (1993), Rn. 92; Walter Erman/Detlev W. Belling, BGB, Handkommentar, 12. Auflage (2008), § 626 Rn. 45; früher schon Klaus Popp, Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses (1980), in: Wilhelm Maus/F. Jochen Kremp, Handbuch des Arbeitsrechts, Teil VI B; s. im gleichen Sinne auch Wilhelm Herschel, BB 1982, 254.

[304] S. Text oben, S. 36 Fn. 208.

[305] S. Klageschrift S. 4 (Bl. 10 GA): „regelmäßig mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer“.

[306] S. Text oben, S. 20 Fn. 105.

[307] S. zur selben Kontrollüberlegung statt vieler etwa schon LAG Berlin 28.11.1997 – 6 Sa 75/97 – (Volltext: „Juris“) [2.2. - „Juris“-Rn. 16]: „War sonach schon die vorsorglich erklärte ordentliche Kündigung nicht sozial gerechtfertigt, so waren die Voraussetzungen für die in erster Linie erklärte außerordentliche Kündigung erst recht nicht erfüllt“.

[308] S. zur Beweislast für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG; Text: „§ 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen. (1) … (2) … 4Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen“; s. entsprechend zum „wichtigen Grund“ nach § 626 Abs. 1 BGB statt vieler etwa BGH 20.2.1995 – II ZR 9/94 – ZIP 1995, 560 = NJW-RR 1995, 669 [I.3 a.]: „Wer einen wichtigen Kündigungsgrund geltend macht, muss dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen“; 28.10.2002 – II ZR 353/00 – ZIP 2002, 2254 = NJW 2003, 431 [I.2 c, bb.]: „Wer einen Kündigungsgrund im Sinne von § 626 BGB geltend macht, wie hier die Beklagte, muss dessen tatsächliche Voraussetzungen beweisen“; 12.2.2007 – II ZR 308/05 – ZIP 2007, 396 = NJW-RR 2007, 690 [III.1.]; ständige Rechtsprechung.

[309] S. Text oben S. 27 Fn. 178.

[310] S. dazu nur BAG 13.3.1997 – 2 AZR 512/96 – EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 57 [II.1.]: „Es ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt, dass ein Arbeitnehmer neben einer gegen die Kündigung nach § 4 KSchG gerichteten Klage eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungstermin hinaus erheben und damit zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend machen kann. … a) Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechtsprechung  der  zulässigen  Verbindung beider  Klagen nach  § 4 KSchG  und  nach § 256 ZPO insbesondere zu den in der Praxis gelegentlich auftretenden Fällen entwickelt, bei denen Arbeitgeber oder deren Prozessbevollmächtigte durch nicht ohne weiteres erkennbare weitere (Prozess-)Kündigungen versuchen, die Wirkungen des § 7 KSchG herbeizuführen“.

[311] S. Walter Bitter; Zur Kombination von Kündigungsschutzklage mit allgemeiner Feststellungsklage – Oder: Zur Schleppnetztheorie des Bundesarbeitsgerichts, DB 1997, 1407 ff.

[312] S. hierzu BAG (GS) 27.2.1985 – GS 1/84 – BAGE 48, 122 = AP § 611 BGB Beschäftigungspflicht Nr. 14 [Leitsatz 1.]: „Außerhalb der Regelung der §§ 102 Abs. 5 BetrVG, 79 Abs. 2 BPersVG hat der gekündigte Arbeitnehmer einen arbeitsvertragsrechtlichen Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei einer fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen“; s. ferner BAG a.a.O. [C.II.3 b. u. C.II.3 c.]: „b) Abgesehen von den Fällen der offensichtlich unwirksamen Kündigung begründet die Unsicherheit über die Wirksamkeit der Kündigung und damit die Ungewissheit über den Prozessausgang mit den daraus folgenden Risiken ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers, den gekündigten Arbeitnehmer für die Dauer des Kündigungsprozesses nicht zu beschäftigen. … [wird aufgeführt; d.U.] – c) Die Interessenlage verschiebt sich jedoch, wenn im Kündigungsprozess ein die Instanz abschließendes Urteil ergeht, das die Unwirksamkeit der Kündigung und damit den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses feststellt. Durch ein solches noch nicht rechtskräftiges Urteil wird zwar keine endgültige Klarheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geschaffen. Aber die Parteien hatten Gelegenheit, dem Gericht in einem ordentlichen Prozessverfahren die zur rechtlichen Beurteilung der Kündigung aus ihrer Sicht erforderlichen Tatsachen vorzutragen, dafür Beweis anzutreten und ihre Rechtsauffassungen darzustellen. Wenn ein Gericht daraufhin eine die Instanz abschließende Entscheidung trifft und die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt, so ist damit zumindest eine erste Klärung der Rechtslage im Sinne des klagenden Arbeitnehmers eingetreten. … Es [gemeint: das Feststellungsurteil; d.U.] wirkt sich, solange es besteht, dahin aus, dass nunmehr die Ungewissheit des endgültigen Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr begründen kann“.

[313] S. Text: „§ 308 Bindung an die Parteianträge. (1) … (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen“.

[314] S. Text: „§ 91 Grundsatz und Umfang der Kostentragungspflicht. (1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen … “.

[315] S. Text: „§ 61 Inhalt des Urteils. (1) Den Wert des Streitgegenstandes setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest“.

[316] S. Text: „§ 42 Wiederkehrende Leistungen. (1) … (4) Für die Wertberechnung bei Rechts-streitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahrs zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend; eine Abfindung wird nicht hinzugerechnet“.

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