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Arbeitsrecht
04.05.2016
Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: Allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch auch bei Verurteilung zu rückwirkendem Abschluss eines Arbeitsverhältnisses

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.2.2016 – 6 Ta 241/16

Volltext: BB-ONLINE BBL2016-1140-1

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Amtliche Leitsätze

1. Ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch kann i.V.m. den §§ 611, 613 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG auch dann bestehen, wenn der Arbeitgeber erstinstanzlich zur Abgabe einer Willenserklärung, gerichtet auf den rückwirkendem Abschluss eines Arbeitsvertrages, verurteilt worden ist (mit ArbG Bonn vom 14.01.2010 - 1 Ca 2255/09 - juris Rn. 42).

2. Die gegenteilige Auffassung des BAG vom 15.08.2001 - 7 AZR 144/00 - juris Rn. 31 ist seit dem 1.1.2002 durch § 311a Abs. 1 BGB n.F. überholt.

Sachverhalt

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) begehrt von der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagten) Zugang zu wissenschaftlichen Funden und Proben, die sich in einem Institut der Beklagten befinden.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit 2004 auf der Grundlage mehrerer befristeter Arbeitsverträge tätig. Die Klägerin vermittelte der Beklagten Drittmittel für die Forschung an von der Klägerin als Projektleiterin geborgenen und als Leihgabe vom Drittmittelgeber der Beklagten überlassenen archäologischen Funden. Dies unter anderem auf der Grundlage zweier Forschungsvereinbarungen der Beklagten mit dem Drittmittelgeber vom 01.07.2013 (Anlage AST 2, Bl. 36 ff. d.A.). Die Beklagte schloss mit der Klägerin zuletzt unter dem 19.09.2014 einen befristeten Arbeitsvertrag mit Ablauf zum 31.08.2015 (Anlage AST 1, Bl. 35 d.A.). Die Beklagte beschäftigte die Klägerin zuletzt als „Gastprofessorin“. Zu den besonderen Aufgaben der Klägerin zählte auch die Betreuung der oben genannten Drittmittelprojekte. Zur Vorgeschichte ansonsten wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 08.12.2015 - 16 Ca 9950/15 verwiesen.

Unter dem 16.07.2015 erhob die Klägerin gegen die Befristung zum 31.08.2015 Entfristungsklage. Daraufhin verweigerte die Beklagte der Klägerin den Zutritt zu den Institutsräumen über den 31.08.2015 hinaus. Die Entfristungsklage vor dem Arbeitsgericht Berlin verband die Klägerin mit einem Wiedereinstellungsantrag. Nur für den Fall des Obsiegens mit dem Entfristungsantrag stellte sie zusätzlich einen Antrag auf Weiterbeschäftigung. Das Arbeitsgericht Berlin - 16 Ca 9950/15 - verurteilte die Beklagte mit Urteil vom 08.12.2015 dazu, „der Klägerin einen befristeten Arbeitsvertrag … mit einer Laufzeit vom 01.09.2015 bis zum 31.08.2016 anzubieten“; im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin wurde der Beklagten am 01.02.2016 zugestellt. Die Beklagte hat keinen Rechtsmittelverzicht erklärt.

Mit Schriftsatz vom 25.01.2016, am gleichen Tage bei Gericht eingegangen, begehrt die Klägerin Zugang zu den Funden und Proben der Forschungsmissionen in den Räumen der Beklagten. Ohne mündliche Verhandlung hat das Arbeitsgericht Berlin durch Beschluss vom 26.01.2016 - 58 Ga 1066/16 den Antrag zurückgewiesen. Es fehle an der Darlegung des Verfügungsgrundes. Der Beschluss vom 26.01.2016 wurde den Klägervertretern am 28.01.2016 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 11.02.2016, bei Gericht eingegangen am 11.02.2016 (Bl. 112 d.A.), hat die Beklagte gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin sofortige Beschwerde eingelegt und diese begründet. Das Arbeitsgericht Berlin hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund bestehen.

Der Verfügungsanspruch ergebe sich aus dem im Hinblick auf das Urteil des ArbG Berlin bestehenden Arbeitsverhältnis i.V.m. Art. 5 Abs. 3 GG. Die Klägerin sei bei der Beklagten als Gastprofessorin „beschäftigt“. Die Tätigkeit der Klägerin werde durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützt. Die Klägerin habe i.V.m. Art. 5 Abs. 3 GG und § 3 HochSchRG ein Recht auf Forschungsfreiheit und ein Zugangsrecht zu den von ihr gewonnen und wissenschaftlich bearbeiteten Funden. Ein Zugangsrecht bestehe „[a]uch unabhängig von der ..[B]eklagten“ aus Art. 5 Abs. 3 GG.

Der Verfügungsgrund ergebe sich trotz des endgültigen Befriedigungsmoments aus einer „besonderen Notsituation“. Ohne Zugang zu den Forschungsobjekten seien der Klägerin Drittmittelprojekte in der Zukunft verwehrt. Damit sei ihre eigene Existenz und die Fortführung ihres Berufs gefährdet. Im Hinblick auf das höchstwahrscheinliche Berufungsverfahren könne sie ihr Grundrecht durch den Wiedereinstellungsanspruch nicht verwirklichen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 26.01.2016, Aktenzeichen 58 GA 1066/16; aufzuheben,

2. die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, der Verfügungsklägerin und der durch die Verfügungsklägerin zu benennenden dritten Personen in den betriebsüblichen Öffnungszeiten der Verfügungsbeklagten zwischen 8:00 Uhr und 16:00 Uhr einstweiligen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht Berlin zum Aktenzeichen 16 Ca 9950/15 uneingeschränkten Zugang zu dem Institut für A. der Verfügungsbeklagten, in dem Archiv des Lehrbereichs A. und K. N. in der Mohrenstraße …., 10117 Berlin, aufbewahrten Funden und Proben der Missionen:

• Humboldt University Nubian Expedition, Island Concession (2004 - 2008)

• Archaeological Mission to Musawwarat es-Sufra (2013 - 2015)

• Mograt Island Archaeological Mission (2014 - 2015)

zu gewähren und diese Gewährung auf Anfrage schriftlich zu bescheinigen.

Die Beklagte beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass ein Zugangsrecht ausscheide, da kein Arbeitsverhältnis bestehe. Die Forschungsvereinbarungen der Beklagten mit dem Drittmittelgeber vom 01.07.2013 berechtigten nicht die Klägerin. Art. 5 Abs. 3 GG gewähre keinen von einem Arbeitsverhältnis losgelösten Anspruch, in den Räumen der Beklagten zu forschen. Schwerwiegende Nachteile der Klägerin seien nicht ersichtlich.

Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Aus den Gründen

Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.

A. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Die nach § 78 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie wurde innerhalb der Zweiwochenfrist nach § 78 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt und genügt den Anforderungen des § 569 Abs. 2 ZPO.

B. Die sofortige Beschwerde ist unbegründet.

B. I. Im einstweiligen Verfügungsverfahren besteht kein Vorrang der Zulässigkeitsprüfung vor der Begründetheitsprüfung (Walker, in: Schwab/Weth, ArbGG, 4. Aufl. 2015, § 62 Rn. 109 Fn. 6). Es reicht aus, das Fehlen eines Verfügungsanspruches festzustellen und die systematische Verortung des Verfügungsgrundes und sonstige Zulässigkeitsfragen offenzulassen. Dies erscheint hier auch deshalb geboten, weil in der mündlichen Verhandlung Zulässigkeitsfragen nicht eigens thematisiert wurden. Wenn der Prozessbevollmächtigte mündlich erklärte, es ginge ja nicht allein um einen Zugang, sondern darum, dass die Klägerin forschen könne, fragt es sich allerdings, ob die Klägerin ein Rechtsschutzbedürfnis nur für einen "Zugang" hat und was die Klägerin überhaupt mit "Zugang" alles meint.

B. II. Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung fehlt es jedenfalls an einem Verfügungsanspruch.

Unschädlich ist es, dass die Klägerin ihren Vortrag nicht gemäß § 294 ZPO mit einer einstweiligen Verfügung glaubhaft gemacht hat. Der Sachverhalt ist im Kern unstreitig. Unstreitiges muss nicht glaubhaft gemacht werden.

Es ist jedoch keine Anspruchsgrundlage zugunsten der Klägerin ersichtlich.

B. II. 1. Einen Anspruch auf "Zugang" kann die Klägerin aus ihrem Arbeitsvertrag vom 19.09.2014 i.V.m. § 611 BGB nicht herleiten. Das durch den Arbeitsvertrag begründete Arbeitsverhältnis war bis zum 31.08.2015 befristet. Eine Unwirksamkeit der Befristung ist bislang nicht festgestellt.

B. II. 2. Die Klägerin hat zwar gegenüber der Beklagten auf Grund der erstinstanzlichen Verurteilung der Beklagten zur rückwirkenden befristeten Wiedereinstellung der Klägerin einen arbeitsvertraglichen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch i.V.m. §§ 611, 613, 241 Abs. 2, 242 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG. Sie hat ihn aber nicht geltend gemacht. Ein Beschäftigungsanspruch ist auch etwas Anderes als ein unbeschränktes Zugangsrecht.

B. II. 2.1 Im Fall der erstinstanzlichen Stattgabe eines rückwirkenden Wiedereinstellungsanspruchs liegen unter Berücksichtigung der staatlichen Schutzpflichten i.V.m. Art. 1, 2 GG die Voraussetzungen eines allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs vor (so schon - bei juris wohl singulär - ArbG Bonn vom 14.01.2010 - 1 Ca 2255/09 - juris Rn. 42 (die Berufungsentscheidung LAG Köln vom 25.08.2010 - 3 Sa 392/10 - juris und die Revisionsentscheidung des BAG vom 19.10.2011 - 7 AZR 33/11 - Rn. 77 = AP BGB § 307 Nr. 60 mussten auf diese Frage der Sache nach nicht eingehen)). Die Interessenlage ist keine andere als die im Fall einer Kündigung (BAG vom 27.02.1985 - GS 1/84 - NJW 1985, 2968 = AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14), der Befristung oder der auflösenden Bedingung (BAG vom 13.06.1985 - 2 AZR 410/84 - NZA 1986, 562) oder des Aufhebungsvertrages (BAG vom 15.12.2005 - 6 AZR 197/05 - juris Rn. 32 = NZA 2006, 841 (845)).

Die gegenteilige Ansicht des BAG vom 15.08.2001 - 7 AZR 144/00 - juris Rn. 31 = EzA § 620 BGB Nr. 182 ist durch § 311a Abs. 1 BGB n.F. überholt: nunmehr ist eine Verurteilung zu einem rückwirkenden Arbeitsvertragsschluss zulässig (vgl. BAG vom 25.10.2007 - 8 AZR 989/06 - juris Rn. 25 = NZA 2008, 357). Ob ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch nur im Fall der Verurteilung des Arbeitgebers zur Annahme eines Angebotes des Arbeitnehmers auf rückwirkenden Abschluss eines Arbeitsvertrages oder auch bei einer Verurteilung nur zur Abgabe eines rückwirkenden Arbeitsvertragsangebotes (so ArbG Bonn vom 14.01.2010 - 1 Ca 2255/09 - juris Rn. 42) besteht, kann hier offenbleiben.

B. II. 2.2 Die Klägerin hat keinen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend macht.

Der erstinstanzlich im Rechtsstreit ArbG Berlin - 16 Ca 9950/15 geltend gemachte allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch wurde als uneigentlicher Hilfsanspruch nur für den Fall des Obsiegens mit dem Entfristungsantrag gestellt. Mangels Obsiegens insofern fiel er schon gar nicht an.

Die Klägerin hat ihn auch nicht im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens geltend gemacht. Sie macht ein isoliertes Zugangsrecht, nicht eine Weiterbeschäftigung geltend. Dies "aus dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis i.V.m. Art. 5 Abs. 3 GG" (Antragsschrift, S. 12 (Bl. 12 d.A.) oder "unabhängig von der ..[B]eklagten" direkt aus Art. 5 Abs. 3 GG. Weder besteht aber ein Arbeitsverhältnis noch ist ein allgemeines Weiterbeschäftigungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis. Ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch wurde auch nicht außerprozessual geltend gemacht. Die Schreiben vom 17.12.2015 (Anlage AST 3) und vom 18.01.2016 (Anlage AST 4) betreffen allein den Zugang zu den Funden und Proben, nicht eine Weiterbeschäftigung. Ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch liegt ausweislich des bisherigen prozessualen Verhaltens und Vortrages der Klägerseite bislang außerhalb des Horizonts der Klägerseite. Eine allgemeine Weiterbeschäftigung wird einem Arbeitnehmer auch nicht oktroyiert, da er sich anderweitig orientieren darf. Er hängt „als dispositiver Anspruch davon ab[..], ob der Arbeitnehmer verlangt, beschäftigt zu werden“ (BAG (GS) vom 27.02.1985 - GS 1/84 - juris Rn. 53 = NJW 1985, 2968 = AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14).

B. II. 2.3. Die Klägerin hat auch die Voraussetzung eines allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs nicht dargelegt. Zwar besteht regelmäßig nach einem erstinstanzlichen Obsiegen ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch. Es können aber „zusätzliche Umstände hinzukommen, aus denen sich im Einzelfall ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers ergibt, den Arbeitnehmer nicht zu beschäftigen“ (BAG (GS) vom 27.02.1985 - GS 1/84 - juris Rn. 95, a.a.O.). Im Raum standen in der mündlichen Verhandlung von keiner Seite spezifizierte „persönliche Differenzen“. Weder hat die Klägerin diese ausgeräumt noch hatte die Beklagte darauf näher einzugehen, da die Klägerin keinen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend gemacht hatte.

B. II. 2.4. Selbst wenn man von einem hinreichend geltend gemachten Weiterbeschäftigungsanspruch ausginge, ist eine Weiterbeschäftigung etwas Anderes als ein unbeschränktes Zugangsrecht. Die Weiterbeschäftigung erfordert, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung stellt und vertragsgemäße Arbeit zuweist (Leydecker/Heider/Fröhlich, BB 2009, 2703 (2706)). Dies beinhaltet kein uneingeschränktes Zugangsrecht „in den betriebsüblichen Öffnungszeiten der ..[B]eklagten zwischen 8.00 Uhr und 16.00h“, schon gar nicht für von der Klägerin zu benennende Dritte. Im Rahmen eines allgemeinen Weiterbeschäftigungsverhältnisses wäre die Klägerin wie in einem Arbeitsverhältnis den Weisungen der Beklagten unterworfen. Damit ist kein durchgängiges Zugangsrecht zu den in den Institutsräumen aufbewahrten Funden und Proben verbunden. Die Klägerin kann mit Lehrverpflichtungen oder mit anderweitigen Aufgaben beauftragt werden. Aus dem Arbeitsvertrag der Klägerin folgt nicht, dass sie ausschließlich an den Funden forschen darf. Dies zu bestimmen ist Sache der Beklagten bzw. der Institutsleitung.

B. II. 3 Ein Arbeitsverhältnis oder ein sonstiges Schuldverhältnis der Klägerin zur Beklagten folgt auch nicht aus der Verurteilung der Beklagten zu einer Wiedereinstellung für die Zeit vom 01.09.2015 bis 31.08.2016. Nach § 894 Abs. 1 Satz 1 ZPO gilt die entsprechende Erklärung der Beklagten erst mit Rechtskraft der Verurteilung als abgegeben. Zum Zeitpunkt der hiesigen Entscheidung war eine Rechtskraft nicht eingetreten. Einen Rechtsmittelverzicht hat die Beklagte nicht erklärt. Die Berufungsfrist ist im Entscheidungszeitpunkt noch nicht abgelaufen. Abgesehen davon wurde die Beklagte antragsgemäß nur zu einem Angebot, nicht zur Annahme eines Angebotes der Klägerin verurteilt.

B. II. 4. Aus den Forschungsvereinbarungen vom 01.07.2013 (Anlage AST 2) folgt kein Zugangsrecht der Klägerin. Aus den Forschungsvereinbarungen wird unmittelbar allein die Beklagte berechtigt und verpflichtet. Ihnen ist keine unmittelbare Berechtigung der Klägerin zu entnehmen. Die Forschungsvereinbarungen sind keine Verträge zugunsten der Klägerin. Die Klägerin wird dort zwar als "Missionsleiterin", die die Beklagte vertritt, und als "Projektleiterin" (§ 2 (2) Forschungsvereinbarung; Bl. 38 d.A.) genannt. Eine Stellvertreterin wird durch eine Vertretung aber nicht zur Vertragspartnerin. Eine unter "§ 2 Kontaktdaten" aufgeführte Projektleiterin wird dadurch nicht zur Drittberechtigten. Auch kann unterstellt werden, dass die Klägerin die Drittmittelprojekte maßgeblich/hauptsächlich oder allein akquiriert hat. Daraus folgen keine Vertragsrechte, wenn sie nicht vereinbart sind.

B. II. 5. Die Klägerin hat auch keinen Zugangsanspruch im beantragten Umfang auf Grund der von ihr übernommenen Betreuung eines Doktoranden. Inwieweit promotionsbezogen auf Grund hochschulrechtlicher Vorschriften ein Zugangsrecht der Klägerin zum Institut besteht, kann hier offenbleiben. Ein etwaiges punktuelles Zugangsrecht in diesem Zusammenhang ist jedenfalls kein durchgängiges Zugangsrecht "in den betrieblichen Öffnungszeiten ... zwischen 08.00 Uhr bis 16.00 Uhr". Insoweit liegt ein unbegründeter Globalantrag vor.

B. II. 6. Die Klägerin hat auch kein sachenrechtliches Zugangsrecht. Die Forschungsgegenstände stehen im Eigentum des Drittmittelgebers. Als Arbeitnehmerin der Beklagten war die Klägerin während der Zeit ihres Arbeitsverhältnisses bloße Besitzdienerin im Sinne des § 855 BGB (vgl. allgemein BGH vom 30.01.2015 - V ZR 63/13 - juris Rn. 19 = NZA-RR 2015, 311).

B. II. 7. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten als Juristische Person des öffentlichen Rechts auch kein Zugangsrecht unmittelbar aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (oder aus Art. 12 Abs. 1 GG).

Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG mag die Klägerin als Forscherin und Wissenschaftlerin auch unabhängig von einem Rechtsverhältnis zur Beklagten schützen. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG vermittelt dann der Klägerin ein Grundrecht auf freie wissenschaftliche Betätigung. Als Abwehrrecht schützt das Grundrecht die wissenschaftliche Betätigung gegen staatliche Eingriffe und gewährt den Einzelnen einen vorbehaltlos geschützten Freiraum. Kern der Wissenschaftsfreiheit ist für Hochschullehrende das Recht, ihr Fach in Forschung und Lehre zu vertreten (BVerfG vom 03.09.2014 - 1 BvR 3048/13 u.a. - juris Rn. 8 = NVwZ 2015, 432). Die Verweigerung des Zugangs zu den Institutsräumen und zu den Forschungsgegenständen beeinträchtigt die Klägerin auch in einem so unterstellt verstandenem Grundrecht, mag sie derzeit auch keine „Hochschullehrende“. sein

Die Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ist zwar vorbehaltlos, damit aber nicht grenzen- oder "schrankenlos" (BVerfG vom 01.03.1978 - 1 BvR 333/75 u.a. - "Hessisches Universitätsgesetz"- juris Rn. 155 = BVerfGE 47, 327) und gewährt keine "absolute Freiheit" (BVerfG vom 01.03.1978 - 1 BvR 333/75 u.a. - Rn. 157, a.a.O.). Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit sind mit Rücksicht auf kollidierendes Verfassungsrecht zulässig, wofür es einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Eingriffe in die Wissenschaftsfreiheit von Hochschullehrenden können insbesondere durch das Ziel der - ihrerseits durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten - Erhaltung und Förderung der Funktionsfähigkeit der Hochschulen sowie des Schutzes anderer Grundrechtsträger gerechtfertigt sein. Vor allem müssen die Universitäten und Fachbereiche ihre Aufgaben in Lehre und Forschung erfüllen können (BVerfG vom 03.09.2014 - 1 BvR 3048/13 u.a. - Rn. 10, a.a.O.). Ein Konflikt zwischen verfassungsrechtlich geschützten Grundrechten ist unter Rückgriff auf weitere einschlägige verfassungsrechtliche Bestimmungen und Prinzipien sowie auf den Grundsatz der praktischen Konkordanz durch Verfassungsauslegung zu lösen (BVerfG vom 28.10.2008 - 1 BvR 462/06 - "Fall G. Lüdemann, kirchliches Selbstbestimmungsrecht" - juris Rn. 47 = BVerfGE 122, 89).

Losgelöst von einem Arbeitsverhältnis, einem allgemeinen Weiterbeschäftigungsverhältnis oder einem sonstigem Rechtsverhältnis der Parteien läuft die Logik der Klägerin darauf hinaus, dass jeder beliebige universitätsfremde Grundrechtsträger sich unter Berufung auf Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG Zugang zu den Forschungsräumen und -mitteln der Beklagten verschaffen könnte, ohne mit der Beklagten in einer sonstigen Rechtsbeziehung zu stehen. Dies ist lebensfremd und missachtet die Wissenschaftsfreiheit der Beklagten aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG (zu dieser allgemein LAG Baden-Württemberg vom 03.09.1998 - 11 Sa 43/97 - juris Rn. 32 = NZA-RR 1999, 67), da ein solches "Popularforschungsrecht" einen geordneten Lehr- und Forschungsbetrieb der Beklagten zunichte machen würde. Wer in der Beklagten forschen darf, ist auch gesetzlich ausführlich im Berliner Hochschulgesetz i.d.F. 26.07.2011 geregelt (vgl. §§ 92 ff. BerlHG - Personal; §§ 37-42 BerlHG - Forschung). Die Klägerin zählt nach dem BerlHG (derzeit) weder zum Personal der Beklagten noch ist sie forschungsberechtigt.

III. 1. Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. 2. Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt (§ 72 Abs. 4 ArbGG).

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