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Arbeitsrecht
09.03.2017
Arbeitsrecht
BAG: Umkleidezeiten als Arbeitszeit

Das BAG hat mit Urteil vom 13.12.2016 – 9 AZR 574/15 – wie folgt entschieden:

 

1. Zur Leistung der versprochenen Dienste, an welche die Vergütungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB anknüpft, zählt nicht nur die eigentliche Arbeitsleistung, sondern auch das vom Arbeitgeber angeordnete Umkleiden im Betrieb.

 

2. Die Tarifvertragsparteien sind berechtigt, die Höhe des Arbeitsentgelts zu tarifieren und hierbei eine unterschiedliche Vergütung von Arbeitszeiten vorzusehen. Diese in der grundrechtlich geschützten Tarifautonomie wurzelnde Rechtsmacht umfasst die grundsätzliche Befugnis, bestimmte Teile der Arbeitszeit von der andererseits bestehenden Vergütungspflicht des Arbeitgebers auszunehmen.

 

3. Die tarifvertragliche Regelung in § 3 Ziff. 6 MTV, der zufolge Zeiten für Umkleiden und Waschen keine Arbeitszeit sind, nimmt nicht nur Umkleidezeiten, die vor und nach der Schicht anfallen, sondern jegliche Umkleidezeiten, also auch solche während einer Schicht, von der Vergütungspflicht des Arbeitgebers aus.

 

4. Das gesetzliche Verbot des § 3 Abs. 3 ArbSchG, dem zufolge der Arbeitgeber Kosten für Maßnahmen nach dem ArbSchG nicht den Beschäftigten auferlegen darf, steht der Wirksamkeit des § 3 Ziff. 6 MTV auch in den Fällen nicht entgegen, in denen der Arbeitnehmer auf Weisung des Arbeitgebers arbeitsschutzrechtlich vorgeschriebene Arbeitskleidung anlegt.

 

5. Steht fest, dass der Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers Überstunden geleistet hat, kann aber der Arbeitnehmer seiner Darlegungs- oder Beweislast für einzelne Überstunden nicht in jeder Hinsicht genügen, hat das Gericht den Umfang geleisteter Überstunden nach § 287 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 ZPO zu schätzen, sofern die Schätzung nicht mangels jeglicher konkreter Anhaltspunkte willkürlich wäre.

 

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