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Arbeitsrecht
23.03.2016
Arbeitsrecht
BAG: Freigestelltes Betriebsratsmitglied - betriebsübliche berufliche Entwicklung - Darlegungslast

Das BAG hat mit Urteil vom 4.11.2015 – 7 AZR 972/13 – wie folgt entschieden:

1. Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats einschließlich eines Zeitraums von einem Jahr nach Beendigung der Amtszeit nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren. Üblich ist eine Entwicklung, die vergleichbare Arbeitnehmer bei Berücksichtigung der normalen betrieblichen und personellen Entwicklung in beruflicher Hinsicht genommen haben. Die Übertragung höherwertiger Tätigkeiten ist nur dann betriebsüblich, wenn diese dem Betriebsratsmitglied nach den betriebsüblichen Gepflogenheiten hätten übertragen werden müssen oder die Mehrzahl der vergleichbaren Arbeitnehmer einen solchen Aufstieg erreicht.

2. Für das Betriebsratsmitglied können nicht unerhebliche Schwierigkeiten bestehen, diese Anspruchsvoraussetzungen schlüssig darzulegen, weil es keinen vollständigen Überblick über die ihm vergleichbaren Arbeitnehmer und deren Gehaltsentwicklungen hat. Kann das Betriebsratsmitglied das Bestehen eines Anspruchs auf Gehaltsanpassung nur prüfen, wenn es Auskunft über die Gehaltsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung erhält, kommt daher ein Anspruch auf Auskunft nach §§ 611, 242 BGB iVm. § 37 Abs. 4 BetrVG in Betracht. Dies gilt für die Gehaltshöhe vergleichbarer Arbeitnehmer, deren Kenntnis sich dem betroffenen Betriebsratsmitglied entzieht und über die der Arbeitgeber unschwer Auskunft geben kann.

3. Verlangt das Betriebsratsmitglied vom Arbeitgeber Auskünfte, um eine betriebsübliche Beförderungspraxis als Voraussetzung einer entsprechenden Gehaltssteigerung darlegen zu können, hat das Betriebsratsmitglied unter Berücksichtigung der ihm zugänglichen Tatsachen vorzutragen, mit welchen Arbeitnehmern es aus seiner Sicht vergleichbar ist und aus welchen Umständen zu schließen ist, dass die Mehrzahl der mit ihm vergleichbaren Arbeitnehmer die behauptete Beförderung erfahren hat. Verfügt das Betriebsratsmitglied etwa wegen der Größe des Betriebs und der Vielzahl vergleichbarer Arbeitnehmer nicht über ausreichende Erkenntnismöglichkeiten, kann es genügen, Referenzfälle darzulegen, aus denen sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf eine betriebsübliche Beförderungspraxis in dem Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum Betriebsrat schließen lässt. Die abstrakte - gleichsam „ins Blaue“ zielende - Behauptung einer Beförderungspraxis ohne jeden konkreten Beispielfall genügt dazu jedoch nicht. Anderenfalls würde die Darlegungs- und Beweislast unzulässig in ihr Gegenteil verkehrt.

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