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Arbeitsrecht
20.06.2016
Arbeitsrecht
BAG: Bewährungsaufstieg - schädliche Unterbrechung durch Inanspruchnahme von Elternzeit - Benachteiligungsverbot wegen Inanspruchnahme von Elternzeit – Inkohärenz einer tariflichen Regelung

BAG: Bewährungsaufstieg - schädliche Unterbrechung durch Inanspruchnahme von Elternzeit - Benachteiligungsverbot wegen Inanspruchnahme von Elternzeit – Inkohärenz einer tariflichen Regelung

Das BAG hat mit Urteil vom 12.4.2016 – 6 AZR 731/13 – wie folgt entschieden:

1. § 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG bindet als zwingendes Recht auch die Tarifvertragsparteien. Das gesetzliche Benachteiligungsverbot untersagt nicht nur Regelungen, die den Anspruch auf Elternzeit unmittelbar einschränken, sondern auch solche, die sich auf die arbeitsrechtliche Stellung der Arbeitnehmer vor oder nach der Elternzeit, sei es auch nur mittelbar nachteilig auswirken.

2. § 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG steht darum Regelungen entgegen, die die von Art. 6 GG geschützte Freiheit, sich für die Elternzeit zu entscheiden, um Familie und Beruf vereinbaren zu können, beeinträchtigen, sofern sich der Nachteil nicht allein aus der gesetzlichen Ausgestaltung der Elternzeit als ruhendes Arbeitsverhältnis ergibt.

3. Nach § 23a Satz 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. d BAT begann nach dem Ende der letzten Beurlaubung die Bewährungszeit in ihrer gesamten Länge neu zu laufen, wenn die Zeiten der Beurlaubung wegen Elternzeit eine Gesamtdauer von fünf Jahren überschritten.

4. Selbst wenn der Bewährungsaufstieg zumindest auch das Ziel verfolgte, einen Zugewinn der Angestellten an Erfahrungswissen zu honorieren, war die Ausgestaltung des § 23a Satz 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. d BAT nicht geeignet, einem etwaigen Verlust an Erfahrungswissen infolge des Ruhens des Arbeitsverhältnisses wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit Rechnung zu tragen. Die tarifliche Regelung führte nämlich auch bei typisierender Betrachtung dazu, dass in einer Vielzahl von Fallgestaltungen zurückgelegte Bewährungszeiten unwiderruflich verloren gingen, obwohl nach der Grundannahme der Tarifvertragsparteien, eine kürzer als fünf Jahre andauernde Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses sei für den Verlust des Erfahrungswissens unschädlich, ein solcher Verlust nicht vorlag.

5. § 23a Satz 2 Nr. 4 Satz 2 Buchst. d BAT verletzte darum das Benachteiligungsverbot des § 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG als höherrangiges nationales Gesetzesrecht, soweit danach die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub bzw. Elternzeit nur bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren als unschädlich angesehen wurde und längere Unterbrechungszeiträume zum Verlust der gesamten bis dahin zurückgelegten Bewährungszeit führten.

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