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Wirtschaftsrecht
28.01.2010
Wirtschaftsrecht
BGH: Verzinsung der von einem Leasingnehmer gezahlten Kaution

BGH, Urteil vom 18.11.2009 - VIII ZR 347/08

Leitsatz

Die von einem Leasingnehmer gezahlte Kaution ist nur dann vom Leasinggeber zu verzinsen, wenn dies eigens vereinbart ist.

BGB §§ 551, 688, 698, 1213

Sachverhalt

Der Kläger ist Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögens des U. (im Folgenden: Leasingnehmer). Dieser schloss im August 2003 mit der Beklagten, einer Leasinggesellschaft, für eine Laufzeit von 36 Monaten einen Finanzierungsleasingvertrag über einen ge-brauchten Lkw. Als Leasingentgelt war eine monatliche Leasingrate von 1.080 € vereinbart; eine Leasingsonderzahlung war nicht vorgesehen. Als Restwert ver-einbarten die Vertragsparteien einen Betrag von 8.000 €, den der Leasingneh-mer der Beklagten zur Herbeiführung der von ihm nach dem Vertrag geschuldeten vollen Amortisation in der Weise garantierte, dass er sich verpflichtete, auf Verlangen der Beklagten das Leasingfahrzeug bei Vertragsende zum vereinbar-ten Restwert unter Ausschluss jeder Gewährleistung zu kaufen. Darüber hinaus enthält der Leasingvertrag unter "6. Sonstige Vereinbarungen" folgende Rege-lung:

"Hinterlegung einer Kaution in Höhe von Euro 8.000,00 bei der D. (= Beklagte)."

Die Beklagte machte bei Vertragsende von ihrem Andienungsrecht Gebrauch und verrechnete die Kaution mit dem Kaufpreis. Der Kläger ist der Auffassung, dass die Beklagte verpflichtet sei, die geleistete Kaution, die kein unverzinsliches Darlehen habe darstellen sollen, mit dem sich aus § 352 HGB ergebenden Satz zu verzinsen und die Zinsen an den Leasingnehmer auszu-kehren. Das Amtsgericht hat die auf einen Betrag von 1.200 € gerichtete Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Leasingnehmers zurückge-wiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Berufungsgericht zu-gelassenen Revision.

Aus den Gründen

3          Die Revision hat keinen Erfolg.

4          I. Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:

5          Es bestehe weder eine gesetzliche Pflicht zur Verzinsung der Kaution noch hätten die Vertragsparteien darüber eine vertragliche Vereinbarung getrof-fen. Auch eine ergänzende Auslegung des Leasingvertrages führe nicht zu einer Verzinsungspflicht. Zwar sei der Vertrag in diesem Punkte ergänzungsbe-dürftig, weil nicht als selbstverständlich davon ausgegangen werden könne, dass eine Unverzinslichkeit der Kaution die einzig denkbare Lösung sei. Dies führe aber nicht zwingend zu einer Angleichung an die mietvertragliche Interes-senlage, bei der eine Verzinslichkeit angenommen werde. Bei dem vorliegend gegebenen Finanzierungsleasing in Form eines Teilamortisationsvertrages mit Andienungsrecht des Leasinggebers und einer vom Leasingnehmer garantier-ten kalkulierten Restwertsumme gehe es wirtschaftlich im Schwerpunkt um kaufvertragliche Pflichten. Dagegen bestehe der Zweck einer Mietkaution darin, die Verpflichtungen des Mieters für den Fall seiner Insolvenz abzusichern und dem Vermieter nicht noch zusätzliche Einkünfte zu verschaffen, so dass den Interessen des Mieters Rechnung zu tragen sei, wegen einer während der Mietzeit fortschreitenden Geldentwertung zumindest wertmäßig nicht weniger zurückzuerhalten als hinterlegt. Die hier zu beurteilende Kaution habe der Lea-singnehmer dagegen nicht irgendwann einmal zurückerhalten sollen. Denn die Kaution sei nicht zur Absicherung von mietvertraglichen Ansprüchen des Lea-singgebers geleistet worden, sondern in Höhe eines Betrages, der den kalku-lierten Restwert exakt abdecke. Sie habe mithin der Sicherung der vom Lea-singnehmer geschuldeten Vollamortisation dienen und deshalb dem Leasing-geber, dem der Vertrag nicht zuletzt auch die Chance der Wertsteigerung zu-gewiesen habe, für den Fall einer - hier auch erfolgten - Ausübung des Andie-nungsrechts von vornherein als garantiertem Restkaufpreisanspruch zustehen sollen. Diesem wirtschaftlichen Zweck der Kaution als einer vor Fälligkeit geleis-teten Anzahlung auf den Restkaufpreis würde es widersprechen, sie verzinslich zu stellen. Ebenso wenig könne der Zinsanspruch auf Bereicherungsrecht ge-stützt werden, da die Beklagte bestritten habe, den Betrag verzinslich angelegt und die vom Leasingnehmer ins Blaue hinein behaupteten Zinsen von mindes-tens 5 % erwirtschaftet zu haben.

6          II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

7          1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine gesetzliche Pflicht zur Verzinsung der geleisteten Kaution nicht besteht, sondern dass es dazu einer vertraglichen, gegebenenfalls durch Auslegung zu gewinnenden Einigung der Parteien bedurft hätte.

Eine Verzinsungspflicht kann insbesondere nicht, wie der Leasingnehmer zunächst geltend gemacht hat, aus § 698 BGB hergeleitet werden, da diese Vorschrift nur den hier nicht gegebenen Fall der pflichtwidrigen Verwendung hinterlegten Geldes durch den Verwahrer bei einer - auch im Übrigen nicht zum Sicherungszweck der Kaution passenden (vgl. RGZ 119, 57, 58) - regelmäßi-gen Verwahrung im Sinne von § 688 BGB betrifft (MünchKommBGB/Henssler, 5. Aufl., § 698 Rdnr. 5). Ebenso wenig besteht bei einem unregelmäßigen Nut-zungspfandrecht, als das die Gestellung einer Barkaution mittlerweile ganz überwiegend qualifiziert wird (BGHZ 84, 345, 347 f.; BayObLG, NJW 1981, 994, 995; jeweils m.w.N.), eine gesetzliche Verzinsungspflicht, weil Geld keine von Natur aus fruchtbringende Sache im Sinne des § 1213 Abs. 2 BGB ist (BGHZ 84, 345, 348; 127, 138, 141).

8          Eine Verzinsungspflicht ergibt sich ferner nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 551 BGB, wie dies bei Fehlen einer anders lautenden ver-traglichen Regelung auch für Leasingverträge vereinzelt angenommen wird (so Zahn/Bahmann, Kfz-Leasingvertrag, 1999, Rdnr. 35). Denn diese im Wohn-raummietrecht eigens angeordnete Verzinsungspflicht lässt sich auf einen Fi-nanzierungsleasingvertrag nicht übertragen. Das folgt schon daraus, dass es sich bei der Bestimmung um eine auf die besondere Interessenlage im Wohn-raummietrecht zugeschnittene und bereits deshalb nicht analogiefähige Regelung handelt, die sich zudem bei den gesetzlichen Bestimmungen zum Mietver-trag (§§ 535 ff. BGB) nicht im Untertitel 1 "Allgemeine Vorschriften zum Mietver-trag", sondern im Untertitel 2 "Mietverhältnisse über Wohnraum" findet, so dass auch für gewerbliche Mietverhältnisse bislang keine Analogiebildung erwogen worden ist (vgl. BGHZ 127, 138, 144 f.).

9          2. Eine danach allein auf vertraglicher Grundlage in Betracht kommende Verzinsungspflicht hat das Berufungsgericht im Ergebnis ebenfalls ohne Rechtsfehler verneint. Die Vertragsurkunde sieht eine Verzinsung der Kaution nicht vor. Entgegen der Auffassung der Revision kann der Vertrag auch nicht ergänzend dahin ausgelegt werden, dass die Beklagte zu einer Verzinsung ver-pflichtet ist. Dazu fehlt es bereits an der erforderlichen Regelungslücke im Ver-trag.

10        Aus dem Umstand, dass die getroffenen Vereinbarungen zu einer Ver-zinslichkeit der Kaution keine Regelung enthalten, folgt noch nicht, dass allein schon deshalb im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu dieser Frage eine Regelung gefunden werden müsste. Vielmehr kann, wenn die Vertragschlie-ßenden zu einem bestimmten Punkt keine Regelung treffen, zumeist ange-nommen werden, dass sie die Ausgestaltung ihrer vertraglichen Beziehungen dem dispositiven Gesetzesrecht überlassen und kein davon abweichendes oder dieses ergänzendes Regelungsbedürfnis gesehen haben (BGHZ 77, 301, 304; 40, 91, 103; Senatsurteile vom 30. September 2009 - VIII ZR 238/08, WuM 2009, 647, Tz. 9; vom 19. März 1975 - VIII ZR 262/73, WM 1975, 419, unter IV 2 a). Das dispositive Recht sieht bei Finanzierungsleasingverträgen eine Ver-zinsungspflicht für Kautionen, welche in der hier erfolgten Weise das Interesse des Leasinggebers an einer Vollamortisation des Leasinggegenstands sichern sollen, nicht vor (vgl. vorstehend unter II 1). Das schließt es zwar nicht aus, dass eine nach dem erkennbaren Regelungsplan der Parteien regelungsbedürftige Frage ungeregelt geblieben und der Vertrag dadurch lückenhaft geworden ist. Denn das dispositive Recht gibt nur den allgemeinen, auf eine typisierte In-teressenabwägung gegründeten Beurteilungsmaßstab vor, während die ergän-zende Vertragsauslegung der individuellen Gestaltung des Einzelfalls Rech-nung trägt, etwa weil der zu regelnde Sachverhalt Besonderheiten aufweist, denen das dispositive Gesetzesrecht nicht oder nicht in vergleichbarer Weise Rechnung tragen kann (BGHZ 74, 370, 373 f.; Senatsurteil vom 30. September 2009, aaO). Solche Besonderheiten, auf die es bereits für das Vorliegen einer im angefochtenen Urteil bejahten Regelungslücke angekommen wäre, hat das Berufungsgericht indessen nicht festgestellt. Zudem gibt es auch keinen Erfah-rungssatz des Inhalts, dass in einem Vertrag sämtliche Punkte, die mit dem vereinbarten Rechtsgeschäft in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusam-menhang stehen, geregelt werden. Selbst wichtige Punkte bedürfen keiner Re-gelung, wenn eine solche Regelung weder zur Herbeiführung bestimmter Rechtsfolgen noch zur Klarstellung geboten ist (Senatsurteil vom 17. April 2002 - VIII ZR 297/01, WM 2002, 1229, unter II 1 a).

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