R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Wirtschaftsrecht
26.05.2017
Wirtschaftsrecht
OLG Düsseldorf: Verlegung der Zweigniederlassung eines niederländischen Unternehmens innerhalb Deutschlands

OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.2.2017I-3 Wx 145/16

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2017-1235-1

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

1. Der Eintragung der Verlegung der Zweigniederlassung eines niederländischen Unternehmens innerhalb Deutschlands in das Handelsregister steht nicht entgegen, dass die Zweigniederlassung identisch mit dem Unternehmen firmiert, das seinen Sitz und seine Hauptniederlassung in den Niederlanden hat.(Rn.10)

2. Solange für die Zweigniederlassung eine eigene Firma nicht gebildet wurde, ist bei der Registereintragung ein Zusatz, der die Einordnung als Zweigniederlassung ermöglicht, – insoweit sind an ausländische Unternehmen keine strengeren Anforderungen zu stellen als an inländische – weder wegen einer sonst fehlenden Kennzeichnungskraft noch aus dem Gesichtspunkt einer zu vermeidenden Irreführung des Rechtsverkehrs erforderlich.(Rn.16)

HGB §§ 13d, 18 30 Abs. 3

Sachverhalt

I.

Die R. B.V. hat ihren Sitz und ihre Hauptniederlassung in den Niederlanden (Ede) und unterhält seit 2010 eine Zweigniederlassung unter derselben Firma in Deutschland. Diese war zunächst in das Handelsregister des Amtsgerichts Hamburg, sodann (seit 2015) in dasjenige des Amtsgerichts Frankfurt/Main eingetragen.

Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 18. März 2016 hat der im hiesigen Beschlusseingang näher bezeichnete Geschäftsführer zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet, die Zweigniederlassung sei von Frankfurt am Main nach Düsseldorf verlegt worden; die inländische Geschäftsanschrift sei nunmehr Straße 14, 40212 Düsseldorf. Das Amtsgericht Frankfurt/Main hat Anmeldeunterlagen und Registerakten an das Registergericht Düsseldorf übersandt.

Dieses hat zunächst mit einfachem Schreiben vom 26. April 2016 mitgeteilt, aus der hier einzutragenden Firmierung müsse sich zweifelsfrei ergeben, dass nur eine Zweigniederlassung eingetragen sei; das sei bislang nicht der Fall, weil die bestehende Firmierung den Eindruck erwecke, im deutschen Handelsregister sei eine „R. B.V.“ eingetragen, was nicht zutreffe, diese sei vielmehr in den Niederlanden eingetragen. Nachdem die betroffene Gesellschaft dem widersprochen hatte, hat das Registergericht bei dem Amtsgericht Düsseldorf durch ein weiteres, nunmehr mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenes Schreiben vom 4. Mai 2016 ausgeführt: Es bleibe bei dem Schreiben vom 26. April 2016. Zur Vermeidung von Verwechselungen sei es notwendig, der ausländischen Bezeichnung einen Zusatz beizufügen, der eine Einordnung als Zweigniederlassung ermögliche. Werde das Hindernis nicht binnen bestimmter Frist behoben, werde der Eintragungsantrag zurückgewiesen.

Hiergegen wendet sich der Verfahrensbevollmächtigte der betroffenen Gesellschaft mit dem am 10. Mai 2016 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, dem das Registergericht mit Beschluss vom 2. Juni 2016 nicht abgeholfen und das es dem Oberlandesgericht Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Registerakten Bezug genommen.

▀Aus den Gründen

II.

Trotz der Formulierung „lege ich hiermit Beschwerde ein“ ist das Rechtsmittel von dem beglaubigenden Notar ersichtlich unter Inanspruchnahme der Vollmacht gemäß § 378 Abs. 2 FamFG im Namen der anmeldenden betroffenen Gesellschaft eingelegt worden (zur Vollmacht für die Rechtsmitteleinlegung: Keidel-Heinemann, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 378 Rdnr. 14 m.w.Nachw.).

Dieses ist nach §§ 382 Abs. 4 Satz 2, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde statthaft und auch im übrigen zulässig. Infolge der vom Registergericht ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe ist es dem Senat zur Entscheidung angefallen.

Es hat auch in der Sache Erfolg.

1.

Dabei kann auf sich beruhen, ob die angegriffene Zwischenverfügung bereits aus formalen Gründen keinen Bestand haben kann. Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. Heinemann a.a.O., § 382 Rdnr. 25), an der festgehalten wird, die Auffassung, dass (auch) in Registersachen eine Zwischenverfügung - und nicht nur die Entscheidung über Nichtabhilfe und Vorlage - in der Form eines Beschlusses, der die Erfordernisse des § 38 Abs. 2 und 3 FamFG wahrt, zu ergehen hat. Ob die hiesige Zwischenverfügung diesen Anforderungen genügt, erscheint mindestens zweifelhaft.

2.

Jedenfalls besteht das vom Registergericht gesehene Eintragungshindernis nicht. Die im Rahmen der Sitzverlegung zur Eintragung angemeldete Firma der Zweigniederlassung ist nicht zu beanstanden, des vom Registergericht gewünschten Zusatzes bedarf es nicht. Angesichts dessen kann dahingestellt bleiben, wie weit im Hinblick auf die Firma einer Zweigniederlassung die Prüfungskompetenz des Registergerichts am Ort des neuen, im Inland verlegten Sitzes im allgemeinen reicht.

a)

Unter dem 19. April 2016 hat die IHK Düsseldorf erklärt, gegen die Firma der Zweigniederlassung in der angemeldeten Form bestünden keine firmenrechtlichen Bedenken, insbesondere sei § 30 HGB nach dortigen Erkenntnissen gewahrt. Damit kann der vom Registergericht geforderte Zusatz namentlich nicht auf § 30 Abs. 3 HGB gestützt werden.

b)

Dass die angemeldete Firma der Kennzeichnungskraft nach § 18 Abs. 1 HGB ermangeln würde, wird vom Registergericht nicht angeführt und ist auch nicht erkennbar.

c)

Die vom Registergericht gesehene Irreführungsgefahr, § 18 Abs. 2 HGB, besteht nicht, wenn im vorliegenden Fall die Zweigniederlassung der Gesellschaft mit Sitz und Hauptniederlassung in den Niederlanden sowie einer Firma nach niederländischem Recht hier ohne einen auf die Eigenschaft als unselbständige Zweigniederlassung hinweisenden Zusatz eingetragen wird.

aa)

§ 13d HGB regelt die eine inländische Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft (Gesellschaft mit Hauptniederlassung oder Sitz im Ausland) betreffenden Eintragungen im Handelsregister. § 13d Abs. 2, 2. Halbs. HGB bestimmt, dass, falls der Firma der Zweigniederlassung ein Zusatz beigefügt sei, auch dieser einzutragen sei. Auf der Grundlage des vom Registergericht eingenommenen Standpunktes wäre die konditionale Fassung dieser Vorschrift unerklärlich, da schwerlich ein Fall denkbar erscheint, in dem die Übernahme der Firma der Gesellschaft mit Hauptniederlassung oder Sitz im Ausland in die Handelsregistereintragung der inländischen Zweigniederlassung nicht den Eindruck hervorrufen könnte, eingetragen sei hier die ausländische Gesellschaft als solche (und nicht lediglich deren Zweigniederlassung), demzufolge ein Zusatz unterbleiben könnte. Für seine Auffassung kann sich das Registergericht auch nicht auf die Formulierung in den Gesetzesmaterialien zum heutigen § 13d HGB (BT-Drucks. 12/3908, 15) berufen, wonach der Firma der Zweigniederlassung „in jedem Fall“ ein Zusatz beigefügt werden müssen, der zum Ausdruck bringe, dass es sich um die Firma einer Zweigniederlassung handele; denn diese Äußerung steht in Zusammenhang mit der Erörterung der Möglichkeit eines unterschiedlichen Firmenkerns von Haupt- und Zweigniederlassung, um die es hier nicht geht.

bb)

Unabhängig hiervon, war und ist die Notwendigkeit der Hinzufügung eines auf die Stellung als - bloße - Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft hinweisenden Zusatzes umstritten. Während sie in der Vergangenheit mehrheitlich bejaht wurde, wird sie heute - aus Sicht des Senats - überwiegend verneint. Das Gericht schließt sich der Meinung an, dass die Firma den Charakter als Zweigniederlassung nicht erkennen lassen muss, es sei, es ist für diese eine andere, eigene Firma gebildet worden (so außer der von der betroffenen Gesellschaft genannten Entscheidung: Koller u.a. - Roth, HGB, 8. Aufl. 2015, § 13d Rdnr. 7; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Pentz, HGB, 3. Aufl. 2014, §13d Rdnr. 21; MK-Krafka, HGB, 4. Aufl. 2016, § 13d Rdnr. 20; Staub-Koch, HGB, 5. Aufl. 2009, § 13d Rdnr. 24 f und insbes. 30 mit eingehenden Nachw. auch zur Gegenansicht; Wachter BB 2005, 1289/1290 f; Mödl RNotZ 2008, 1/9; wohl auch: Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl. 2016, §13d Rdnr. 4; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Reuschle, HGB, 3. Aufl. 2014, Anh. § 17 Rdnr. 27-29; a.A. bspw.: MK-Kindler, BGB, 6. Aufl. 2015, IntGesR Rdnr. 252).

Für inländische Gesellschaften wird ein solcher Zusatz im Grundsatz nicht gefordert. Nur falls für die Zweigniederlassung eine andere Firma als für die Hauptniederlassung gewählt wurde, muss über einen solchen Zusatz die Zugehörigkeit der Zweigniederlassung zu jener Gesellschaft zum Ausdruck gebracht werden. Wieso für ausländische Unternehmen strengere Anforderungen gelten sollten, wieso ihnen anderenfalls eine Geheimhaltung des Zweigniederlassungscharakters (so Kindler a.a.O.) vorzuwerfen sein sollte, erschließt sich nicht; dies umso weniger, als aus Rechtsgeschäften ohnehin nicht die rechtlich unselbständige Zweigniederlassung, sondern die ausländische Gesellschaft verpflichtet wird und als aus den weiteren Eintragungen im Handelsregister durchaus die Eigenschaft als Zweigniederlassung hervorgeht. Zudem wird die europarechtlich vorgegebene Niederlassungsfreiheit maßgeblich auch dadurch verwirklicht, unter derselben Firma im gesamten europäischen Raum tätig zu sein, mithin dadurch, dass ein ausländischer Rechtsträger seine Firma grundsätzlich - hier nicht in Rede stehende notwendige Modifikationen außer Betracht gelassen - unverändert und ohne Zusätze auch für im Inland eingerichtete Zweigniederlassungen verwenden darf (so ausdrücklich Krafka a.a.O.).

Im vorliegenden Fall ist für die Zweigniederlassung gerade keine eigene Firma gebildet worden.

III.

Da das Rechtsmittel Erfolg und am Beschwerdeverfahren allein die betroffene Gesellschaft teilgenommen hat, ist eine Kostenentscheidung ebenso wenig veranlasst wie eine Wertfestsetzung von Amts wegen und - mangels erforderlicher Beschwer der einzigen Beteiligten - auch nicht geboten, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

stats