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Wirtschaftsrecht
15.03.2018
Wirtschaftsrecht
OLG Nürnberg: Erleichterungen bei geneh migtem Kapital und Freigabeverfahren?

OLG Nürnberg, Beschluss vom 14.2.2018 – 12 AktG 1970/17

ELCI:DE:2018:0214.12AktG1970.17.00

Volltext: BB-ONLINE BBL2018-642-2

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

1.         Ein Freigabeverfahren ist nach § 246a Abs. 1 Satz 1 AktG statthaft, wenn gegen einen Hauptversammlungsbeschluss über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung Klage erhoben wird. Dies ist auch dann der Fall, wenn sich die Anfechtungsklage lediglich gegen die Ermächtigung des Vorstandes richtet, im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals (§ 202 Abs. 1 AktG) über den Ausschluss des Bezugsrechts von Aktionären zu entscheiden (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG).

2.         Die Berichtspflicht des Vorstandes anlässlich des von der Hauptversammlung zu treffenden Ermächtigungsbeschlusses gemäß § 203 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG erfordert nicht, dass sämtliche denkbaren Gründe für einen Ausschluss des Bezugsrechts abschließend benannt werden.

3.         Ein Hauptversammlungsbeschluss betreffend die Ermächtigung des Vor-standes, im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals über den Ausschluss des Bezugsrechts von Aktionären zu entscheiden, bedarf lediglich insoweit der sachlichen Rechtfertigung, als diese Ermächtigung im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegen und der Hauptversammlung allgemein und in abstrakter Form bekannt gegeben werden muss (im Anschluss an BGH, Urteil vom 23.06.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133 – Siemens/Nold). Eine konkrete Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses ist vom Vorstand erst im Zeitpunkt seiner Entscheidung über einen solchen Ausschluss aufgrund der ihm erteilten Ermächtigung zu prüfen.

4.         Die Regelung des erleichterten Bezugsrechtsausschlusses gemäß § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG steht einem Hauptversammlungsbeschluss über die Ermächtigung, im Rahmen der Ausnutzung genehmigten Kapitals (§ 202 Abs. 1 AktG) über den Ausschluss des Bezugsrechts von Aktionären zu entscheiden (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG), selbst dann nicht entgegen, wenn dieser Beschluss einen Bezugsrechtsausschluss in weitergehendem Umfang, als in § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG geregelt, ermöglicht.

AktG § 186, § 202, § 203, § 243 Abs. 2, § 246a

Sachverhalt

I.

Die Antragstellerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts Coburg unter HRB xy eingetragene Aktiengesellschaft, deren Aktien im Freiverkehr an der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse notiert sind. Geschäftsgegenstand ist die Entwicklung, die Herstellung und der Vertrieb von Puppen, Spielwaren, Baby- und/oder Kinderbekleidung und Freizeitartikeln aller Art sowie die Vermarktung dieser Produkte durch Lizenzvergabe.

Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt nach mehreren vorausgegangenen Kapitalerhöhungen sowie einer Kapitalherabsetzung 6.431.951,00 EUR und ist in ebenso viele auf den Inhaber lautende Stückaktien ohne Nennbetrag eingeteilt (§ 5 Abs. 1 der Satzung). Der Vorstand war ermächtigt, das Grundkapital der Gesellschaft mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zum 19.06.2017 einmalig oder mehrmalig bis zu insgesamt 9.647.926,00 EUR gegen Bar- und/oder Sacheinlagen durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautender nennwertloser Stückaktien zu erhöhen (Genehmigtes Kapital 2012) (§ 5 Abs. 2 Satz 1 der Satzung). Der Vorstand war weiter ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das gesetzliche Bezugsrecht der Aktionäre in im Einzelnen dargelegten Fällen auszuschließen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 der Satzung). Von dieser Ermächtigung war seitens des Vorstandes kein Gebrauch gemacht worden.

Die Antragsgegnerin sowie die Nebenintervenientin sind jeweils Aktionärinnen der Antragstellerin.

Mit am 10.05.2017 im Bundesanzeiger veröffentlichten Schreiben (Anlage ASt 1) wurden die Aktionäre zu einer ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin am 28.06.2017 eingeladen. Als TOP 6 dieser Hauptversammlung war die Beschlussfassung über die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals gegen Bar- und/oder Sacheinlagen mit der Möglichkeit zum Ausschluss des Bezugsrechts (Genehmigtes Kapital 2017) durch Änderung von § 5 Abs. 2 der Satzung angegeben.

Bei der am 28.06.2017 stattgefundenen ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin – bei der mit 4.922.069 Stückaktien insgesamt 76,53 % des Grundkapitals vertreten war – wurde mehrheitlich mit über 97 % des vertretenen Grundkapitals – gegen die Stimmen der Antragsgegnerin, die Widerspruch zu Protokoll erklärt hat (Anlage ASt2 Seite 17) – zu TOP 6 der Beschlussvorschlag der Tagesordnung gebilligt und beschlossen, § 5 Abs. 2 der Satzung wie folgt zu ändern:

„2. Der Vorstand ist ermächtigt, das Grundkapital der Gesellschaft mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zum 27. Juni 2022 einmalig oder mehrmalig um bis zu insgesamt 3.215.975,00 EUR gegen Bar- und/oder Sacheinlagen durch Ausgabe neuer, auf den Inhaber lautender nennwertloser Stückaktien zu erhöhen (Genehmigtes Kapital 2017). Der Vorstand ist ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats den weiteren Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe festzulegen.

Die neuen Aktien sind den Aktionären zum Bezug anzubieten. Die neuen Aktien können auch von einem oder mehreren durch den Vorstand bestimmten Kreditinstituten oder nach § 53 Absatz 1 Satz 1 oder § 53b Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 7 des Gesetzes über das Kreditwesen tätigen Unternehmen mit der Verpflichtung übernommen werden, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten (mittelbares Bezugsrecht). Der Vorstand ist jedoch ermächtigt, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen. Der Aufsichtsrat ist ermächtigt, die Fassung des § 5 der Satzung nach vollständiger oder teilweiser Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals entsprechend der jeweiligen Ausnutzung des Genehmigten Kapitals 2017 und, falls das Genehmigte Kapital 2017 bis zum 27. Juni 2022 nicht oder nicht vollständig ausgenutzt worden sein sollte, nach Ablauf der Ermächtigungsfrist anzupassen.“

Ein entsprechendes Ergebnis der Beschlussfassung wurde vom Vorsitzenden des Aufsichtsrats als Leiter der Hauptversammlung festgestellt und verkündet. Auf die Niederschrift der Hauptversammlung wird Bezug genommen (Anlage ASt2).

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 27.07.2017 beim Landgericht Nürnberg-Fürth Klage gegen die Antragstellerin eingereicht, mit der sie die Nichtigerklärung des zu TOP 6 gefassten Hauptversammlungsbeschlusses der Antragstellerin insoweit erstrebt, als der Vorstand dabei ermächtigt wird, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Bezugsrecht der Aktionäre [ohne jede Einschränkung] auszuschließen; hilfsweise begehrt sie die Nichtigerklärung des zu TOP 6 gefassten Hauptversammlungsbeschlusses der Antragstellerin insgesamt (Anlage ASt 3). Diese Klage ist am 29.07.2017 – nach Vortrag der Antragsgegnerin per Telefax vorab bereits am 27.07.2017 – bei Gericht eingegangen; das Verfahren wird unter Az. 5 HK O 4728/17 geführt. In diesem Verfahren ist die Nebenintervenientin mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 25.09.2017 auf Seiten der dortigen Klägerin (hiesigen Antragsgegnerin) beigetreten und hat in gleichem Umfang wie die Antragsgegnerin die Nichtigerklärung des zu TOP 6 gefassten Hauptversammlungsbeschlusses der Antragstellerin beantragt.

Die Antragstellerin hat unter dem 27.10.2017 beim Oberlandesgericht Nürnberg Antrag auf Feststellung nach § 246a AktG, dass die Erhebung der vorgenannten Anfechtungsklage durch die Antragsgegnerin der Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses vom 28.06.2017 zu TOP 6 in das Handelsregister nicht entgegensteht, eingereicht.

Sie beruft sich unter anderem darauf, dass die beim Landgericht Nürnberg-Fürth erhobene Anfechtungsklage offensichtlich unbegründet sei und ein Freigabebeschluss deshalb gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG ergehen müsse. Auch sei das alsbaldige Wirksamwerden des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen und Nachteile vorrangig geboten, weshalb ein Freigabebeschluss gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG ergehen müsse. Die Antragstellerin sei zur Vermeidung wesentlicher Nachteile, insbesondere wegen des sonst drohenden Verlusts eines flexiblen Finanzierungsinstruments, auf die Schaffung eines genehmigten Kapitals 2017 angewiesen. Der Antragsgegnerin drohe hingegen im Falle der Freigabe kein wirtschaftlicher Nachteil.

Zudem müsse ein Freigabebeschluss auch gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG ergehen, da die Antragsgegnerin nicht binnen einer Woche nach Zustellung des Freigabeantrags durch Urkunden nachgewiesen habe, dass sie seit Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung jeweils einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000 EUR halten würden.

Die Antragstellerin hat zunächst mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.10.2017 (Bl. 2ff. d.A.) beantragt,

gemäß § 246a Abs. 1 AktG festzustellen, dass die Erhebung der beim Landgericht Nürnberg-Fürth unter dem Aktenzeichen 5 HK O 4728/17 anhängigen Anfechtungsklage der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 28. Juni 2017 zu Tagesordnungspunkt 6, Beschlussfassung über die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals gegen Bar- und/oder Sacheinlagen mit der Möglichkeit zum Ausschluss des Bezugsrechts (Genehmigtes Kapital 2017) durch Änderung von § 5 Absatz 2 der Satzung, der Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister der Antragstellerin beim Amtsgericht Nürnberg nicht entgegensteht.

Mit weiterem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 06.02.2018 (Bl. 65ff. d.A.) hat die Antragstellerin ihren Antrag umformuliert und erweitert; sie beantragt nunmehr:

Gemäß § 246a Abs. 1 AktG wird festgestellt, dass die Erhebung der beim Landgericht Nürnberg-Fürth unter dem Aktenzeichen 5 HK O 4728/17 anhängigen Anfechtungsklage der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 28. Juni 2017 zu Tagesordnungspunkt 6, Beschlussfassung über die Schaffung eines neuen genehmigten Kapitals gegen Bar- und/oder Sacheinlagen mit der Möglichkeit zum Ausschluss des Bezugsrechts (Genehmigtes Kapital 2017) durch Änderung von § 5 Absatz 2 der Satzung, der Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses der Antragstellerin in das Handelsregister der Antragstellerin beim Amtsgericht Coburg nicht entgegen steht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Freigabeantrag zurückzuweisen.

Die Nebenintervenientin auf Seiten der Antragsgegnerin beantragt,

den Freigabeantrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin rügt, die Änderung des Antrags im Schriftsatz vom 06.02.2018 sei unzulässig und nicht sachdienlich; ihr werde nicht zugestimmt. Sie trägt weiter vor, der Freigabeantrag sei bereits unstatthaft, da Gegenstand der Anfechtungsklage keine Maßnahme der Kapitalbeschaffung oder -herabsetzung sei, sondern lediglich die Ermächtigung des Vorstandes, im Falle einer Kapitalerhöhung aufgrund des genehmigten Kapitals das Bezugsrecht einzelner Aktionäre auszuschließen. Das genehmigte Kapital als solches sei nicht Gegenstand der Anfechtungsklage.

Die beim Landgericht Nürnberg-Fürth erhobene Anfechtungsklage sei zulässig sowie offensichtlich begründet, so dass ein Freigabebeschluss nicht gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG ergehen könne. Auch sei das alsbaldige Wirksamwerden des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen und Nachteile nicht vorrangig geboten, weshalb ein Freigabebeschluss nicht gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG ergehen könne.

Die Antragsgegnerin trägt weiter vor, sie sei schon vor dem 10.05.2017 Inhaberin von mindestens 20.000 Aktien der Antragstellerin gewesen und sei dies immer noch, halte damit seit Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000 EUR (Anlage AG1).

Am 03.01.2018 wurden im Handelsregister der Antragstellerin die Schaffung des genehmigten Kapitals 2017 und die entsprechende Änderung von § 5 der Satzung sowie die Ermächtigung des Vorstandes zur Erhöhung des Grundkapitals und zum Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre eingetragen; am 30.01.2018 wurde im Handelsregister die Löschung der vorgenannten Eintragungen von Amts wegen gemäß § 395 FamFG eingetragen (Anlagenkonvolute ASt5, AG4).

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Aus den Gründen

II.

Das  Oberlandesgericht  Nürnberg  ist  zur  Entscheidung  über  den  Freigabeantrag  zuständig, § 246a Abs. 1 Satz 3 AktG.

 

1.         Dieser Antrag ist in seiner geänderten Form zulässig. Die erfolgte Antragsänderung (hinsichtlich der Bezeichnung des zuständigen Registergerichts) und -erweiterung (hinsichtlich der in  § 246a Abs. 1 Satz 1 letzter Satzteil AktG vorgesehenen Feststellung)  stellt  sich  gemäß § 246a Abs. 1 Satz 2 AktG i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO als zulässig dar (und wird vom Senat zudem als sachdienlich im Sinne des § 263 ZPO erachtet).

 

2.         Der Freigabeantrag ist statthaft. Gemäß § 246a Abs. 1 Satz 1 AktG ist das Freigabeverfahren eröffnet, wenn „gegen einen Hauptversammlungsbeschluss über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung, der Kapitalherabsetzung (§§ 182 bis 240 AktG) oder einen Unternehmensvertrag (§§ 291 bis 307 AktG) Klage erhoben“ wird. Die von der Antragsgegnerin vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth erhobene Anfechtungsklage richtet sich gegen eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung im Sinne des § 246a Abs. 1 Satz 1 AktG; die gegenteilige Auffassung der Antragsgegnerin trifft nicht zu.

 

a)         Zwar wird mit dem (Haupt-)Antrag dieser Klage die Nichtigkeit des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses lediglich insoweit begehrt, als der Vorstand dabei ermächtigt wird, mit Zustimmung des Aufsichtsrats das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen.

Soweit die Antragsgegnerin meint, diese Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss (§ 203 Abs. 2 Satz 1 AktG) stehe unabhängig neben der Ermächtigung des Vorstandes zur Kapitalerhöhung (§ 202 Abs. 1 AktG) und die Nichtigkeit der erstgenannten Ermächtigung lasse die Wirksamkeit der zweiten unberührt, weswegen sich die Anfechtungsklage nicht gegen eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung richte, mag dies zutreffen.

Nach ständiger Rechtsprechung kann die Nichtigkeit (lediglich) einzelner Teile eines formal einheitlich gefassten Hauptversammlungsbeschlusses nach dem Rechtsgedanken des § 139 BGB nur dann festgestellt werden, wenn die nicht angefochtenen Teile in keinerlei Zusammenhang zu den angefochtenen Teilen des Beschlusses stehen. Aufeinander bezogene oder voneinander abhängige Bestandteile eines einheitlichen Beschlusses (wie auch mehrere inhaltlich in einem engen inneren Zusammenhang stehende, wenn auch formal selbständig gefasste Beschlüsse) können demgegenüber nicht mit Erfolg isoliert angegriffen werden.

Danach ist der ganze Beschluss nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass er auch ohne den nichtigen Teil gefasst worden wäre. Insoweit kommt es auf den mutmaßlichen Willen der Hauptversammlung an, der grundsätzlich durch Auslegung des Beschlusses zu ermitteln ist. Wenn diese Auslegung kein hinreichend eindeutiges Ergebnis bringt, führt die gesetzliche Hilfsregel zur Gesamtnichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2015 – II ZR 176/14, BGHZ 205, 319, Rn. 30 bei juris; Urteil vom 15.11.1993 – II ZR 235/92, BGHZ 124, 111, 122, Rn. 31, 33 bei juris; Urteil vom 25.01.1988 – II ZR 148/87, AG 1988, 139; OLG Hamm AG 2008, 506, Rn. 20 bei juris; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 241 Rn. 33; Bayer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 169; Hüffer/Schäfer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 241 Rn. 91; vgl. OLG Frankfurt NZG 2012, 351).

Maßgebliches Auslegungskriterium für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens der Hauptversammlung sind nicht die subjektiven Vorstellungen der einzelnen Aktionäre, vielmehr, ob nach dem Beschlussinhalt ein innerer Zusammenhang zwischen den Beschlussgegenständen besteht oder hergestellt ist (BGH, Urteil vom 19.05.2015 – II ZR 176/14, BGHZ 205, 319, Rn. 32-33 bei juris).

Der Beschluss über eine reguläre Kapitalerhöhung und derjenige über den Bezugsrechtsausschluss sollen dabei gemäß § 186 Abs. 3 AktG in einem untrennbaren Zusammenhang stehen; die Nichtigkeit  des  einen  soll  auch die Nichtigkeit des anderen bewirken (Hüffer/Schäfer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 241 Rn. 92 m.w.N.). Anders kann es indes beim genehmigten Kapital liegen. Die Nichtigkeit der Ermächtigung des Vorstands zum Bezugsrechtsausschluss bedeutet hier nicht ohne weiteres auch die Nichtigkeit des Beschlusses über die Einführung eines genehmigten Kapitals; vielmehr kommt es darauf an, ob das genehmigte Kapital seinen Zweck auch dann erfüllen kann, wenn die Aktionäre ein Bezugsrecht haben (Hüffer/Schäfer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 241 Rn. 92; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 203 Rn. 32; Schwab in: Schmidt K./Lutter, AktG, 3. Aufl., § 241 Rn. 48). Entsprechend hat die Rechtsprechung für den Fall, dass sich aus der Formulierung des Hauptversammlungsbeschlusses wie auch des dazu gegebenen Vorstandsberichts Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Schaffung genehmigten Kapitals auch ohne einen Bezugsrechtsausschluss zustande gekommen wäre, angenommen, dass die Nichtigkeit eines Bezugsrechtsausschluss nicht zugleich die Nichtigkeit der Schaffung des genehmigten Kapitals bewirkt (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2015 – II ZR 176/14, BGHZ 205, 319, Rn. 33 bei juris; Urteil vom 19.04.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, Rn. 25 bei juris).

 

b)         Im Streitfall hat die Hauptversammlung der Antragstellerin unstreitig genehmigtes Kapital mit einer Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss ohne absehbaren konkreten Anlass hierfür, also „auf Vorrat“ beschlossen. In einem solchen Fall hat die Ermächtigung an den Vorstand zur Erhöhung des Grundkapitals regelmäßig auch ohne die gleichzeitige Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss Bestand (Schwab in: Schmidt K./Lutter, AktG, 3. Aufl., § 241 Rn. 48).

Es kann dahinstehen, ob deshalb die Anfechtungsklage zulässigerweise lediglich auf Nichtigerklärung der Ermächtigung zu einem Bezugsrechtsausschluss als selbständiger Streitgegenstand (vgl. BGH, Beschluss vom 11.06.2007 – II ZR 152/06, AG 2007, 863, Rn. 6 bei juris) gerichtet ist, obwohl sich aus der Formulierung des gegenständlichen Hauptversammlungsbeschlusses keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass ein genehmigtes Kapital auch ohne den angefochtenen Bezugsrechtsausschluss beschlossen worden wäre.

Gleichwohl ist das Freigabeverfahren jedenfalls statthaft. Dies folgt bereits aus der umfassenden Verweisung in § 246a Abs. 1 Satz 1 AktG, der durch seine Klammerzusätze auf „§§ 182 bis 240“ AktG Bezug nimmt und damit auch den in § 186 AktG wie in § 203 Abs. 2 AktG geregelten Bezugsrechtsausschluss umfasst. Weil § 246a Abs. 1 S. 1 durch seine Klammerzusätze auf die zitierten Normen verweist, ist jeder Beschluss der Hauptversammlung dem Freigabeverfahren zugänglich, der unter die angeführten Vorschriften fällt und zu seiner Wirksamkeit der Eintragung in das Handelsregister bedarf (Hüffer/Schäfer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 246a Rn. 6), wie es bei der Satzungsänderung betreffend die Ermächtigung des Vorstandes, über einen Bezugsrechtsausschluss zu entscheiden, der Fall ist.

Auch aus Sinn und Zweck der Regelung hält der Senat selbst bei einer diesbezüglichen „Selbständigkeit“ der Kapitalerhöhung einerseits und des Bezugsrechtsausschlusses andererseits das Freigabeverfahren für eröffnet. Jede andere Bewertung – die in Konsequenz dem Registergericht die Entscheidung über die Eintragung des genehmigten Kapitals ohne Bezugsrechtsausschluss überbürden würde – erschiene nicht sachgerecht. Insoweit ist zu bedenken, dass nach der gegenteiligen Ansicht eine isolierte Eintragung der Schaffung des genehmigten Kapitals (ohne Bezugsrechtsausschluss) und der entsprechenden Satzungsänderung ins Handelsregister grundsätzlich möglich wäre und damit diese Kapitalbeschaffungsmaßnahme als solche – ohne Bezugsrechtsausschluss – wirksam würde (vgl. § 181 Abs. 3 AktG). Dies wäre inhaltlich eine andere als die von der Hauptversammlung der Antragstellerin beschlossene Maßnahme. Würde in der Folge die Anfechtungsklage gegen den Bezugsrechtsausschluss abgewiesen, so müsste dieser nachträglich isoliert im Handelsregister nachgetragen werden (wobei eine rückwirkende Eintragung nicht möglich wäre). Für eine bereits zuvor aufgrund des genehmigten Kapitals durchgeführte Kapitalerhöhung wäre ein Bezugsrechtsausschluss nicht möglich gewesen.

 

c)                     Letztlich kann diese Problematik indes dahinstehen. Jedenfalls aufgrund des im Anfechtungsverfahren gestellten Hilfsantrags, mit dem die Nichtigerklärung des gesamten Hauptversammlungsbeschlusses über die Schaffung eines genehmigten Kapitals begehrt wird, richtet sich die Anfechtungsklage eindeutig gegen eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung. Insoweit spielt es auch keine Rolle, dass die Frage, ob über diesen Hilfsantrag überhaupt zu entscheiden ist, derzeit noch offen ist. Jedenfalls wurde aufgrund der Stellung des Hilfsantrags der gesamte Hauptversammlungsbeschluss zu TOP 6 streitbefangen und Gegenstand des gerichtlichen Anfechtungsverfahrens. Mit diesem Hilfsantrag wurde die erstrebte Nichtigerklärung des gesamten Hauptversammlungsbeschlusses – auflösend bedingt – rechtshängig (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 260 Rn. 4a).

 

3.         Der Zulässigkeit des Freigabeantrags steht auch nicht entgegen, dass die Satzungsänderung und die Ermächtigung des Vorstands zu dem genehmigten Kapital 2017 und zu einem Bezugsrechtsausschluss der Aktionäre schon am 03.01.2018 in das Handelsregister eingetragen worden sind. Aufgrund der nachfolgend am 30.01.2018 im Register eingetragenen Löschung liegt zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats jedenfalls keine Registereintragung mehr vor.

Die Wirksamkeit der späteren Löschung dieser Eintragungen ist unerheblich. Ein Freigabeverfahren ist auch nach bereits erfolgter Eintragung zulässig; insbesondere entfällt durch die Registereintragung nicht das Feststellungs- bzw. Rechtsschutzinteresse der die Freigabe begehrenden Antragstellerin. Dies folgt aus den weitergehenden Wirkungen einer freigegebenen Eintragung, die sich nach § 246a Abs. 3 Satz 5, Abs. 4 Satz 2 AktG und nach § 242 Abs. 2 Satz 5 AktG richten. Danach wird bei Freigabe ein Nichtigkeitsurteil nicht in das Handelsregister eingetragen und eine bereits erfolgte Eintragung kann nicht von Amts wegen gelöscht werden. Nach allgemeiner Auffassung tritt damit durch die Freigabe ein Bestandsschutz der Eintragungswirkungen ein (vgl. OLG Frankfurt, AG 2010, 508, Rn. 16 f. bei juris; OLG Düsseldorf, AG 2009, 538, Rn. 21 f. bei juris;  OLG Celle, AG 2008, 217, Rn. 3 ff. bei juris;  Hüffer/Schäfer in:  MünchKomm-AktG,  4. Aufl., § 246a Rn. 2, 7; jeweils m.w.N.).

 

4.         Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin fehlt dem Freigabeantrag nicht wegen mangelnder Eilbedürftigkeit das Rechtsschutzbedürfnis.

Hierbei kommt es nicht auf den zeitlichen Abstand zwischen Hauptversammlungsbeschluss (28.06.2017), Einreichung der Anfechtungsklage (27.07.2017, siehe unten III 2 d) und Antragstellung (27.10.2017) an, da das Gesetz für das Freigabeverfahren keine Antragsfrist vorsieht. Insbesondere ist die im einstweiligen Verfügungsverfahren geltende Rechtsprechung, nach der es an der Dringlichkeit mangelt und damit der erforderliche Verfügungsgrund fehlt, wenn der Antragsteller in Kenntnis der maßgeblichen Umstände untätig bleibt, mit der Rechtsverfolgung zu lange wartet oder das Verfahren nicht zügig, sondern schleppend betreibt und einen Rechtsverstoß oder eine Beeinträchtigung des Rechtsverhältnisses über längere Zeit hingenommen hat, weil er dann im Rahmen dieser Selbstwiderlegung zum Ausdruck gebracht hat, dass keine Dringlichkeit für eine sofortige Sicherung besteht (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 01.07.1999 – I ZB 7/99, NJW-RR 2000, 209; Drescher in: MünchKomm-ZPO, 4. Aufl. § 940 Rn. 10; § 935 Rn. 18), hier nicht anwendbar.

Selbst wenn man, etwa im Rahmen der Prüfung des vorrangigen Vollzugsinteresses (vgl. § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG), zudem fordern würde, dass der Antrag auf Freigabe in nahem zeitlichen Zusammenhang mit der Erhebung der Anfechtungsklage gestellt wird, und insoweit von einem Zeitraum von 3 Monaten ab Kenntnis des Antragstellers von der Erhebung einer Anfechtungsklage ausgeht (vgl. OLG München, AG 2010, 170), wäre diese Frist im Streitfall jedenfalls gewahrt.

 

III.

Der Freigabeantrag hat in der Sache Erfolg.

Ist eine Anfechtungsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss über eine Maßnahme der Kapitalbeschaffung erhoben, so kann das Gericht nach § 246a Abs. 1 Satz 1 AktG auf Antrag feststellen, dass die Erhebung der Klage der Eintragung nicht entgegensteht und Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkung der Eintragung unberührt lassen. Hierfür ist Voraussetzung, dass entweder der Kläger des Anfechtungsklageverfahrens den Nachweis des gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG erforderlichen Aktienquorums nicht fristgemäß geführt hat (siehe unten 1) oder dass die Anfechtungsklage entweder unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist, § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG (siehe unten 2) oder dass das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses nach freier Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung der Schwere der mit der Klage geltend gemachten Rechtsverletzungen zur Abwendung der von der Antragstellerin dargelegten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre vorrangig erscheint, § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG (siehe unten 3).

 

1.         Zwar ergibt sich aus der vorgelegten Bescheinigung der Kreissparkasse Köln vom 09.11.2017 (Anlage AG1), dass die Antragsgegnerin seit Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung am 10.05.2017 mindestens 20.000 Aktien der Antragstellerin hält. Dies entspricht einem anteiligen Betrag von mindestens 1.000,00 EUR, so dass der Freigabeantrag nicht bereits gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG begründet ist.

 

2.         Jedoch ist die von der Antragsgegnerin vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth erhobene Anfechtungsklage offensichtlich unbegründet, § 246a Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 AktG, so dass der Freigabeantrag Erfolg hat.

 

a)         Offensichtlich unbegründet nach § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG ist eine Anfechtungsklage, wenn sie – sei es auch aufgrund komplexer rechtlicher Erwägungen – nach der Rechtsauffassung des im Freigabeverfahren erkennenden Senats aufgrund des unstreitigen Sachverhalts eindeutig unbegründet ist oder – sofern ihr Erfolg von einer Beweisaufnahme abhängt – mit eindeutig überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben wird. Bei der Beurteilung von Rechtsfragen ist keine Eindeutigkeit im Sinne einer Evidenz zu fordern; es genügt vielmehr, wenn die Rechtsfragen aus Sicht des Senats eindeutig im Sinne einer Unbegründetheit der Klage zu beantworten sind, ohne dass es darauf ankommt, ob dazu auch andere Standpunkte vertreten werden (OLG Stuttgart AG 2015, 163, Rn. 56 bei juris, m.w.N.). Maßstab für die Feststellung der „offensichtlichen Unbegründetheit“ der Klagen ist damit nicht, dass den Klagen ihre Erfolglosigkeit „auf die Stirn geschrieben“ ist, sondern das Maß an Sicherheit, mit der ihre Unbegründetheit bei auch eingehender rechtlicher Prüfung festgestellt werden kann (KG AG 2009, 30). Offensichtliche Unbegründetheit liegt danach vor, wenn sie sich mit hoher Sicherheit vorhersagen lässt, eine Erfolgsaussicht also zweifelsfrei nicht gegeben und eine andere Beurteilung nicht ernsthaft vertretbar ist (vgl. OLG Karlsruhe ZIP 2007, 270). Offensichtlich unbegründet ist damit eine gegen einen Hauptversammlungsbeschluss gerichtete Klage, wenn die Prüfung durch das Gericht ergibt, dass die Klage, ohne dass es einer weiteren Tatsachenaufklärung bedarf, weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen Erfolg haben kann (vgl. OLG Düsseldorf AG 2009, 535).

 

b)         Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Anfechtungsklage im Wesentlichen dagegen, dass im Rahmen der Ausnutzung des genehmigten Kapitals 2017 der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats dazu ermächtigt wird, das – gemäß § 186 Abs. 1 AktG als gesetzlicher Regelfall bestehende – Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen, ohne dass die einen solchen Ausschluss rechtfertigenden Gründe im Ermächtigungsbeschluss benannt – und damit auch eingeschränkt – werden. Im Hinblick auf einen dann schrankenlos möglichen Ausschluss des Bezugsrechts einzelner (insbesondere Minderheits-)Aktionäre werde deren Aktienbesitz verwässert und deren Hinausdrängen aus der Gesellschaft erleichtert.

Zugleich setze sich der Ermächtigungsbeschluss über die von § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG vorgesehene Begrenzung auf 10 % des Grundkapitals hinweg, da eine Kapitalerhöhung mit gleichzeitigem Bezugsrechtsausschluss bis zur gesetzlichen Höchstgrenze von maximal 50 % des Grundkapitals (§ 202 Abs. 3 Satz 1 AktG) ermöglicht werde.

Auch seien der Ausschluss des Bezugsrechts sowie der wesentliche Inhalt des Vorstandsberichts gemäß § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG nicht im Sinne der § 203 Abs. 2 Satz 2, § 186 Abs. 4 Satz 1 AktG bekanntgemacht worden. Insoweit sei eine gesetzliche Berichtspflicht verletzt.

Im Hinblick auf diese Gesichtspunkte sei der angefochtene Hauptversammlungsbeschluss zu TOP 6 bereits sittenwidrig und nichtig, weshalb die hiergegen erhobene Anfechtungsklage gemäß § 241 AktG begründet sei. Zumindest sei dieser Beschluss rechtswidrig, so dass die Anfechtungsklage gemäß § 243 Abs. 1 AktG begründet sei. Zudem diene der angefochtene Hauptversammlungsbeschluss auch dazu, einem Großaktionär – dem „(I. and A.) L. L. T.“ und dem dahinterstehenden I. L. – mittels des Herausdrängens von Minderheitsaktionären durch Ausschluss deren Bezugsrechts, insbesondere bei Ausnutzen der Ermächtigung zur Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen (Forderungen des Großaktionärs), ungerechtfertigte Sondervorteile zum Schaden der ausgeschlossenen Kleinaktionäre zu verschaffen, ohne diesen einen angemessenen Ausgleich zu gewähren.  Die Anfechtungsklage  sei  deshalb auch gemäß § 243 Abs. 2 AktG begründet.

 

c)         Die Antragstellerin meint, die Anfechtungsklage sei bereits wegen Versäumung der Klagefrist nach § 246 Abs. 1 AktG unbegründet. Der angefochtene Beschluss sei weder rechts- noch sittenwidrig. Zudem erscheine bei der im Rahmen des § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG gebotenen Interessenabwägung das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses vorrangig, da die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin eindeutig überwögen.

 

d)         Die offensichtliche Unbegründetheit der Anfechtungsklage folgt nicht bereits aus einer Versäumung der Klagefrist des § 246 Abs. 1 AktG. Hierbei handelt es sich um eine Ausschlussfrist, deren Versäumnis die Klagebefugnis kraft Gesetzes entfallen lässt und zur Unbegründetheit der Klage führt (vgl. Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 246 Rn. 21 m.w.N.).

Danach muss die Klage innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden; maßgeblich für den Fristbeginn ist der Tag der Hauptversammlung, die den angefochtenen Beschluss gefasst hat, wobei dieser Tag gemäß § 187 Abs. 1 BGB nicht mitgezählt wird. Im Streitfall ist die Klagefrist damit einen Monat nach der Hauptversammlung vom 28.06.2017, mithin gemäß § 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 28.07.2017, verstrichen.

Zwar weist die von der Antragstellerin vorgelegte Abschrift der Anfechtungsklageschrift (Anlage ASt3) den gerichtlichen Eingangstempel 29.07.2017 auf. Die Antragsgegnerin hat jedoch vorgetragen, die Klageschrift bereits am 27.07.2017 per Telefax vorab an das Landgericht übermittelt zu haben; dieser Umstand trifft ausweislich der hier vorliegenden Akte des Landgerichts Nürnberg-Fürth 5 HK O 4728/17 zu. Dem Original der Klageschrift war ein Verrechnungsscheck über einen Gerichtskostenvorschuss von 1.638,00 EUR beigefügt. Die am 14.08.2017 verfügte Zustellung dieser Klage ist gemäß den in der Akte befindlichen Zustellungsurkunden am 16.08.2017 bzw. am 18.08.2017 erfolgt. Die danach rechtzeitige Einreichung der Klageschrift bei Gericht wahrt gemäß §§ 253 Abs. 1, 167 ZPO die Klagefrist des § 246 Abs. 1 AktG.

 

e)         Eine Erhöhung des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft gegen Einlagen kann durch Beschluss der Hauptversammlung beschlossen werden, § 182 AktG. Alternativ kann – wie im Streitfall – die Hauptversammlung eine Satzungsregelung beschließen, nach der der Vorstand für höchstens fünf Jahre nach Eintragung ermächtigt wird, das Grundkapital durch Ausgabe neuer Aktien gegen Einlagen zu erhöhen (genehmigtes Kapital, § 202 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 AktG), ohne dass es hierbei weiterer Mitwirkung der Hauptversammlung bedarf. Damit soll ermöglicht werden, dass der Vorstand im Falle des Kapitalbedarfs schnell und flexibel reagieren kann, ohne auf eine oft langwierige „reguläre“ Kapitalerhöhung angewiesen zu sein.

Die gesetzlichen Anforderungen an die Schaffung eines genehmigten Kapitals sind im Streitfall erfüllt. Die Höchstfrist von 5 Jahren gemäß § 202 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 AktG ist gewahrt (Beschluss vom 28.06.2017, Befristung bis 27.06.2022), die nach § 202 Abs. 2 Satz 2 AktG erforderliche Mehrheit von mindestens ¾ des bei Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals ist erreicht (im Streitfall mehr als 97 %). Der Nennbetrag des genehmigten Kapitals (von 3.215.975,00 EUR) hält sich in den Grenzen des § 202 Abs. 3 Satz 1 AktG (maximal die Hälfte des Grundkapitals von 6.431.951,00 EUR).

Bei Vornahme einer Kapitalerhöhung haben die Aktionäre ein Bezugsrecht. Jedem Aktionär muss auf sein Verlangen ein seinem Anteil an dem bisherigen Grundkapital entsprechender Teil der neuen Aktien zugeteilt werden, § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG. Dies gilt auch im Fall einer vom Vorstand aufgrund entsprechender Satzungsermächtigung beschlossenen Kapitalerhöhung in Ausnutzung eines genehmigten Kapitals, § 203 Abs. 1 Satz 1 AktG i.V.m. § 186 Abs. 1 Satz 1 AktG.

Dieses Bezugsrecht der Aktionäre bei Kapitalerhöhung kann indes ganz oder zum Teil ausgeschlossen werden. Im Rahmen einer „regulären“ Kapitalerhöhung gemäß § 182 AktG kann ein solcher Bezugsrechtsausschluss nur im Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals erfolgen, § 186 Abs. 3 Satz 1 AktG, muss also gleichzeitig mit der Kapitalerhöhung von der Hauptversammlung beschlossen werden.

Aber auch bei einer vom Vorstand aufgrund entsprechender Satzungsermächtigung beschlossenen Kapitalerhöhung in Ausnutzung eines genehmigten Kapitals ist ein Bezugsrechtsausschluss möglich.

 

aa)       Dieser kann bereits im satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung erfolgen, sog. Direktausschluss; in diesem Fall bestimmen sich die formellen und materiellen Voraussetzungen des Ausschlusses gemäß § 203 Abs. 1 AktG nach § 186 Abs. 3 und 4 AktG (Veil in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 203 Rn. 24 m.w.N.).

 

bb)       Alternativ kann – wie im Streitfall – die Hauptversammlung beschließen, dem Vorstand (auch) die Entscheidung über den Ausschluss des Bezugsrechts zu überlassen, sog. Ausschließungsermächtigung. Diese muss gemäß § 203 Abs. 2 Satz 1 AktG bereits in der von der Hauptversammlung zu beschließenden Satzungsermächtigung vorgesehen sein, was hier der Fall ist.

In diesem Fall bestimmen sich die formellen und materiellen Voraussetzungen des Ausschlusses (nur) nach dem gemäß § 203 Abs. 2 Satz 2 AktG sinngemäß heranzuziehenden § 186 Abs. 4 AktG. Die in § 186 Abs. 3 AktG normierten Anforderungen an einen Ausschluss des Bezugsrechts finden keine direkte Anwendung; es gelten aber die allgemeinen, in § 202 Abs. 2 Satz 2 und 3 AktG normierten Voraussetzungen, die inhaltlich mit § 186 Abs. 3 Satz 2 und 3 AktG übereinstimmen (Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 203 Rn. 23;  Veil in:  K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 203 Rn. 27; Busch in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 4. Aufl., Rn. 43.17; jeweils m.w.N.).

Die nach § 202 Abs. 2 Satz 2 AktG erforderliche Mehrheit von mindestens ¾ des bei Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals ist im Streitfall erreicht, da die entsprechende Satzungsbestimmung mit mehr als 97 % des vertretenen Kapitals beschlossen wurde.

 

cc)       Dieses gesetzliche Konzept eines Bezugsrechtsausschlusses ist vom BGH dahin fortentwickelt worden, dass ein Bezugsrechtsausschluss zusätzlich sachlich gerechtfertigt sein muss. Denn die Hauptversammlung bzw. im Fall der entsprechenden Ermächtigung der Vorstand kann das Bezugsrecht im Hinblick auf die den betroffenen Aktionären hierdurch entstehenden Nachteile nicht nach freiem Willen ausschließen. Der Ausschluss dieses Rechts führt stets dazu, dass der Anteil der betroffenen Aktionäre am Gesellschaftsvermögen mit dem entsprechenden Gewinnanteil und Liquidationsanteil mindestens relativ absinkt; zugleich verschieben sich die Stimmrechtsquoten, und zwar entweder zu Lasten aller Aktionäre, wenn nur Außenstehende bezugsberechtigt sind, oder bereits im Verhältnis der bisherigen Aktionäre untereinander, wenn sich das Bezugsrecht auf einen oder einen Teil von ihnen beschränkt. Das kann sich unter Umständen  als  Verlust  einer  Sperrminorität oder sogar von Minderheitsrechten, wie sie z.B. in § 93 Abs. 4 Satz 3, § 142 Abs. 2, § 148 Abs. 1 oder § 309 Abs. 3 AktG bestimmt sind, auswirken. Auf der anderen Seite kann die Gesellschaft bei Zuteilung der neuen Aktien an einen Großaktionär von diesem abhängig werden oder eine schon bestehende Abhängigkeit sich noch verstärken. Das kann wiederum für die nicht bezugsberechtigten Aktionäre einen Kursverlust zur Folge haben. Aber auch sonst erleiden die vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionäre häufig insofern einen erheblichen wirtschaftlichen Nachteil, als der innere Wert ihrer Beteiligung, je nach den Ausgabebedingungen für die neuen Aktien, verwässert wird, ohne dass sie hierfür in Gestalt des Bezugsrechts einen unmittelbaren Ausgleich erhalten.

 

(1)        Bei einer „regulären“ Kapitalerhöhung nach § 182 AktG ist ein Bezugsrechtsausschluss dann sachlich gerechtfertigt, wenn er zum einen im Interesse der Gesellschaft liegt, zum anderen geeignet und erforderlich ist, um das angestrebte Ziel zu erreichen, und zum Dritten sich bei Abwägung der Interessen der Gesellschaft und der konkreten Nachteile für die Aktionäre als angemessen darstellt (BGH, Urteil vom 13.03.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, Rn. 11 bei juris – Kali+Salz; Ziemons in: Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, 78. Lfg., Rn. 5.942ff.; Bayer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 61ff.; jeweils m.w.N.; vgl. BGH, Urteil vom 19.04.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319, Rn. 6 bei juris).

Der sog. erleichterte Bezugsrechtsausschluss gemäß § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG führt dabei dazu, dass bei Vorliegen der dortigen Voraussetzungen – wenn die Kapitalerhöhung gegen Bareinlagen 10 % des Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabebetrag den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet – die Angemessenheitsprüfung zugunsten des Interesses der Gesellschaft am Bezugsrechtsausschluss ausgeht; diese Norm ist Ausdruck der (widerleglichen) Vermutung, dass bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen das Interesse der Gesellschaft die Interessen der Aktionäre überwiegt (Bayer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 77; Ziemons in: Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, 78. Lfg., Rn. 5.946).

 

(2)        Für den Fall eines genehmigten Kapitals und einer Ermächtigung des Vorstandes auch zu einem Bezugsrechtsausschluss gemäß § 203 Abs. 2 AktG hat die Rechtsprechung ursprünglich gleichartige Anforderungen an den ermächtigenden Hauptversammlungsbeschluss gestellt (vgl. BGH, Urteil vom 19.04.1982 – II ZR 55/81, BGHZ 83, 319; Bayer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 97). Diese Anforderungen wurden in der Folge im Wege einer Rechtsprechungsänderung, insbesondere mittels der Entscheidungen „Siemens/Nold“ und „Mangusta/Commerzbank I“, modifiziert. Speziell für das genehmigte Kapital genügt es danach, anders als bei einer „regulären“ Kapitalerhöhung, nunmehr für die sachliche Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses, dass die Maßnahme, zu deren Durchführung der Vorstand ermächtigt werden soll, im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt und der Hauptversammlung allgemein und in abstrakter Form bekannt gegeben wird. Dies bedeutet: Die Maßnahme muss zwar im Interesse der Gesellschaft liegen. Sie braucht aber nur allgemein umschrieben und in dieser Form der Hauptversammlung bekannt gegeben zu werden. Die Hauptversammlung hat über die Ausschlussermächtigung nur anhand abstrakter Informationen festzustellen, dass der Bezugsrechtsausschluss im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt. Eine konkrete Prüfung ist zu diesem Zeitpunkt nicht erforderlich, zumal die tatsächlichen Umstände erst bei Ausnutzung der Ermächtigung beurteilt werden können. Auch ist es nicht erforderlich, dass die Maßnahme zur Erreichung des Zwecks geeignet und erforderlich sowie nach Abwägung verhältnismäßig ist. Nur wenn der Vorstand bei der Beschlussfassung über das genehmigte Kapital konkrete Pläne über die Verwendung hat, ist er, vorbehaltlich etwaiger Geheimhaltungsinteressen, verpflichtet, die Hauptversammlung über den Verwendungszweck zu informieren (BGH, Urteil vom 23.06.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, Rn. 18ff. bei juris – Siemens/Nold; Urteil vom 10.10.2005 – II ZR 148/03, BGHZ 164, 241, Rn. 10ff. bei juris – Mangusta/Commerzbank I; vgl. BGH, Beschluss vom 11.06.2007 – II ZR 152/06, AG 2007, 863, Rn. 3f. bei juris; KG AG 2002, 243, Rn. 24 bei juris; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 203 Rn. 27; Bayer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 105ff., 110, 128; Marsch-Barner in: Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., § 203 Rn. 28; Veil in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 203 Rn. 25, 27; Busch in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 4. Aufl., Rn. 43.19; Ziemons in: Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, 78. Lfg., Rn. 5.932, 5.953; jeweils m.w.N.).

 

dd)       Die konkrete Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses ist in diesen Fällen mit zeitlicher Verschiebung zu prüfen: Erst dann, wenn der Vorstand von der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss Gebrauch macht, hat er im Zeitpunkt seiner Entscheidung – dann in eigener Verantwortung – zu prüfen, ob der Ausschluss des Bezugsrechts aus unternehmerischer Sicht im Interesse der Gesellschaft liegt; erst zu diesem Zeitpunkt ist das geplante Vorhaben hinreichend bekannt (Marsch-Barner in: Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., § 203 Rn. 29).

Eine entsprechende Nachkontrolle findet bei einem Ausschluss gem. §§ 202 Abs. 2, 203 Abs. 1 AktG ihren Ausgangspunkt in der Pflicht des Vorstands, im Rahmen seines unternehmerischen Ermessens sorgfältig zu prüfen, ob der allein ihm bekannte vollständige Sachverhalt die Durchführung des Hauptversammlungsbeschlusses, der den Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre umfasst, im Gesellschaftsinteresse rechtfertigt. Ist das der Fall, kann der Vorstand dem Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung folgend von dem genehmigten Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre Gebrauch machen. Andernfalls hat er die Durchführung des geplanten Vorhabens zu unterlassen. Hat die Hauptversammlung – wie im Streitfall – den Vorstand zum Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt (Ausschluss gem. §§ 202 Abs. 2, 203 Abs. 2 AktG), ist ebenso zu verfahren. Dies bedeutet, dass der Vorstand in eigener Verantwortung zu prüfen hat, ob aus unternehmerischer Sicht der Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre im Interesse der Gesellschaft liegt. Ist diese Frage aufgrund sorgfältiger und gewissenhafter Prüfung der gesamten Umstände zu bejahen, kann der Vorstand in Erfüllung seiner Geschäftsführungspflichten von der Ermächtigung Gebrauch machen (BGH, Urteil vom 23.06.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133 – Siemens/Nold; Urteil vom 10.10.2005 – II ZR 148/03, BGHZ 164, 241, Rn. 8ff. bei juris – Mangusta/Commerzbank I; Veil in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 203 Rn. 28-29; Bayer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 94, 107, 127; jeweils m.w.N.).

Die diesbezügliche Entscheidung des Vorstands unterliegt der Kontrolle des Aufsichtsrats, die ebenfalls nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 116 AktG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) zu erfolgen hat. Der Hauptversammlung ist insoweit nach der Durchführung der Maßnahme – in der Regel also auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung – detailliert Bericht zu erstatten; eine Vorabberichterstattung muss dagegen nicht stattfinden. Im Rahmen dieser Nachberichterstattung hat der Vorstand der Hauptversammlung entsprechend §§ 203 Abs. 2 Satz 2, 186 Abs. 4 Satz 2 AktG einen schriftlichen Bericht zu erstatten, der der Hauptversammlung die Überprüfung ermöglichen muss, ob der Vorstand bei dem Bezugsrechtsausschluss sein unternehmerisches Ermessen zutreffend im Gesellschaftsinteresse ausgeübt hat (vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2005 – II ZR 148/03, BGHZ 164, 241, Rn. 8ff. bei juris – Mangusta/Commerzbank I; hierzu BVerfG AG 2006, 628; Urteil vom 15.05.2000 – II ZR 359/98, BGHZ 144, 290, Rn. 16 bei juris – adidas; Veil in: K. Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 203 Rn. 31-31b m.w.N.).

Falls der Vorstand bzw. der Aufsichtsrat im Rahmen der insoweit zu treffenden Ermessensentscheidung (vgl. § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG) seine Pflichten verletzt, kann dies Unterlassungs-, Feststellungs- oder auch Schadensersatzansprüche begründen (vgl. § 93 Abs. 2 AktG).

Die Kontrolle der sachlichen Rechtfertigung der Ausnutzung des genehmigten Kapitals wie eines hierbei erfolgten Bezugsrechtsausschlusses erfolgt mithin nicht in erster Linie im Registerverfahren bzw. in einem die Registereintragung zu verhindern suchenden Gerichtsverfahren, sondern – wie allgemein bei Geschäftsführungsmaßnahmen – im Wege der Haftungsverantwortlichkeit des Vorstandes und des Aufsichtsrates gemäß §§ 93, 116 AktG. Die materiellen Voraussetzungen des Bezugsrechtsausschlusses ändern sich dadurch nicht (vgl. BGH, Urteil vom 23.06.1997 – II ZR 132/93, BGHZ 136, 133, Rn. 23 bei juris – Siemens/Nold Urteil vom 10.10.2005 – II ZR 90/03, BGHZ 164, 249 – Mangusta/Commerzbank II; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 203 Rn. 38-39; Bayer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 170ff.; Busch in: Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 4. Aufl., Rn. 43.20; Ziemons in: Ziemons/Binnewies, Handbuch Aktiengesellschaft, 78. Lfg., Rn. 5.955; jeweils m.w.N.).

Unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtslage ist eine Freigabe gerechtfertigt.

 

f)          Soweit die Antragsgegnerin meint, der Umstand, dass im Rahmen der Ausnutzung des genehmigten Kapitals 2017 der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats dazu ermächtigt werde, das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen, ohne dass die einen solchen Ausschluss rechtfertigenden Gründe im Ermächtigungsbeschluss abschließend benannt werden, führe wegen Sittenwidrigkeit zur Nichtigkeit, jedenfalls zur Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses, folgt der Senat dem nicht.

Wie ausgeführt, genügt es für die sachliche Rechtfertigung der Ermächtigung des Vorstandes zu einem Bezugsrechtsausschluss im Rahmen der Ausnutzung des genehmigten Kapitals, dass diese Maßnahme im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt und der Hauptversammlung allgemein und in abstrakter Form bekannt gegeben wird (siehe oben unter III 2 e cc (2)). Die konkrete Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses ist im Rahmen einer Nachkontrolle erst dann zu prüfen, wenn der Vorstand von der Ermächtigung zur Kapitalerhöhung unter Ausnutzung des genehmigten Kapitals und zugleich zum Bezugsrechtsausschluss Gebrauch macht (siehe oben III 2 e dd). Eine danach nur erforderliche allgemeine Bekanntgabe in abstrakter Form ist erfolgt (siehe hierzu unten III 2 h). Der im Rahmen einer diesbezüglichen etwaigen Kapitalerhöhung mögliche Bezugsrechtsausschluss kann, soweit dies derzeit überhaupt beurteilt werden kann, im Interesse der Gesellschaft liegen.

 

g)         Der Ansicht der Antragsgegnerin, der Ermächtigungsbeschluss setze sich in rechtswidriger Weise über die von § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG vorgesehene Begrenzung auf 10 % des Grundkapitals hinweg, da eine Kapitalerhöhung mit gleichzeitigem Bezugsrechtsausschluss bis zur gesetzlichen Höchstgrenze von maximal 50 % des Grundkapitals (§ 202 Abs. 3 Satz 1 AktG) ermöglicht werde, folgt der Senat nicht.

Insoweit kann dahinstehen, ob § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG im Streitfall überhaupt anwendbar ist, nachdem § 203 Abs. 2 Satz 2 AktG für eine Ermächtigung des Vorstands, bei Ausnutzung genehmigten Kapitals zugleich über den Ausschluss des Bezugsrechts zu entscheiden, lediglich § 186 Abs. 4 AktG sinngemäß für anwendbar erklärt (vgl. oben unter III 2 e bb). Selbst wenn insoweit von einer planwidrigen Lücke des Gesetzgebers auszugehen sein sollte und § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG gleichfalls sinngemäß anwendbar wäre (vgl. Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 203 Rn. 27; Bayer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 93, 161 m.w.N.), würde dies keine andere Bewertung rechtfertigen.

§ 186 Abs. 3 Satz 4 AktG enthält lediglich eine dahingehende Regelung, dass im Rahmen der Prüfung, ob sich ein Bezugsrechtsausschluss bei Abwägung der Interessen der Gesellschaft und der konkreten Nachteile für die Aktionäre noch als angemessen darstellt, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Angemessenheit vermutet wird (vgl. oben unter III 2 e cc (1)). Eine derartige Prüfung hat bei der Ermächtigung des Vorstandes, eine Kapitalerhöhung im Rahmen eines genehmigten Kapitals zu beschließen und hierbei über den Ausschluss des Bezugsrechts zu entscheiden, indes noch nicht zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung zu erfolgen, sondern erst zum späteren Zeitpunkt einer entsprechenden Vorstandsentscheidung (siehe oben unter III 2 e dd). Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung über die Satzungsermächtigung steht noch nicht fest, ob die Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG für etwaige spätere – in Ausnutzung entsprechender Ermächtigungen getroffene – Kapitalerhöhungsentscheidungen des Vorstandes unter gleichzeitigem Ausschluss des Bezugsrechts vorliegen werden. Bedarf somit der Ermächtigungsbeschluss keiner diesbezüglichen sachlichen Rechtfertigung, so kommt es auf § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG nicht an, weil diese Vorschrift nur einen Spezialfall sachlicher Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschluss normiert (vgl. BGH, Beschluss vom 11.06.2007 – II ZR 152/06, AG 2007, 863, Rn. 4 bei juris).

Zudem besagt § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG auch nicht, dass jeder Bezugsrechtsausschluss, bei dem die Voraussetzungen dieser Norm nicht vorliegen, per se rechtswidrig wäre. Vielmehr erklärt die Vorschrift einen Ausschluss des Bezugsrechts „insbesondere“ bei Vorliegen der normierten Voraussetzungen für zulässig. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass bei Nichtvorliegen der geregelten Voraussetzungen die Zulässigkeit (also die Angemessenheit) des Bezugsrechtsausschlusses gesondert zu prüfen ist.

Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des OLG München vom 24.07.1996 (AG 1996, 518) verweist, wonach der Vorstand einer Aktiengesellschaft nicht ermächtigt werden kann, das Grundkapitel innerhalb von fünf Jahren um insgesamt knapp 50% zu erhöhen und hierbei – sofern die einzelne Kapitalerhöhung 10% des Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabepreis den Börsenpreis nicht wesentlich unterschreitet – das Bezugsrecht der Aktionäre auszuschließen, ist darauf zu verweisen, dass es sich hierbei um eine durch die zwischenzeitlichen (insbesondere durch Siemens/Nold und Mangusta/Commerzbank I), oben näher dargestellten Rechtsprechungsänderungen überholte und nicht mehr maßgebliche Entscheidung handelt.

 

h)         Soweit die Antragsgegnerin meint, der Ausschluss des Bezugsrechts sowie der wesentliche Inhalt des Vorstandsberichts gemäß § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG seien nicht im Sinne der §§ 203 Abs. 2 Satz 2, 186 Abs. 4 Satz 1 AktG ordnungsgemäß bekanntgemacht worden, weswegen sich der Beschluss über den Bezugsrechtsausschluss wegen Verletzung gesetzlicher Berichtspflichten als rechtswidrig darstelle, folgt der Senat dem nicht.

Die Ausschließung muss ausdrücklich und ordnungsgemäß bekanntgemacht worden sein, § 203 Abs. 1 Satz 1 AktG i.V.m. § 186 Abs. 4 Satz 1 AktG. Dies ist im Streitfall durch Veröffentlichung der Einladung zur Hauptversammlung mit Angabe des TOP 6 und des zu fassenden Beschlusswortlauts im Bundesanzeiger am 10.05.2017 (Anlage ASt1) geschehen.

Der Vorstand hat der Hauptversammlung einen schriftlichen Bericht über den Grund für den teilweisen oder vollständigen Ausschluss des Bezugsrechts zugänglich zu machen; in diesem Bericht ist der vorgeschlagene Ausgabebetrag zu begründen, § 203 Abs. 1 Satz 1 AktG i.V.m. § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG bzw. § 203 Abs. 2 Satz 2 AktG i.V.m. § 186 Abs. 4 AktG. Ein solcher schriftlicher Bericht war in der Einladung zur Hauptversammlung enthalten (Anlage ASt1, dort Abschnitt II – Seiten 3-5). In der Hauptversammlung wurde darauf hingewiesen, dass dieser schriftliche Bericht in der Einladung zur Hauptversammlung enthalten sei und darüber hinaus vor Ort erhältlich und einsehbar sei (Anlage ASt2, dort Seite 15). In diesem Bericht heißt es insbesondere „Im Rahmen der gebotenen abstrakten Betrachtung kommt ein künftiger Einsatz des Genehmigten Kapitals 2017 unter anderem, aber nicht ausschließlich, in den folgenden Fällen in Betracht: ...“. Anschließend findet sich eine Auflistung von Einzelfällen, insbesondere

●          ein Bezugsrechtsausschluss bei Spitzenbeträgen,

●          ein (erleichterter) Bezugsrechtsausschluss bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG,

●          ein Bezugsrechtsausschluss bei einer Barkapitalerhöhung, wenn dies erforderlich erscheint, um einen höheren Ausgabekurs der Aktien zu erzielen, als er bei Gewährung des gesetzlichen Bezugsrechts möglich wäre und der Erlös dazu dient, einen akuten Finanzbedarf der Gesellschaft zu decken und

●          ein Bezugsrechtsausschluss gegen Sacheinlagen zur Gewährung von Aktien im Rahmen des Erwerbs von Unternehmen, Unternehmensteilen oder Beteiligungen an Unternehmen oder von sonstigen Vermögensgegenständen oder zur Gewährung von Aktien im Rahmen des Erwerbs von gegen die Gesellschaft gerichteten Geldforderungen aus Lieferungen und/oder Leistungen oder aus Rückzahlungs- und/oder Zinsforderungen aus Darlehensvereinbarungen.

Im Rahmen dieser Aufzählung wird zudem jeweils im Einzelnen dargelegt, welche Vorteile für die Gesellschaft sich hieraus ergeben können.

Diese Angaben genügen zur – allein erforderlichen – allgemeinen Bekanntgabe in abstrakter Form, dass (und warum) ein Bezugsrechtsausschluss im Rahmen einer Kapitalerhöhung unter Ausnutzung des genehmigten Kapitals im wohlverstandenen Interesse der Gesellschaft liegt. Nachdem sich die Hauptversammlung zum Zeitpunkt des angefochtenen Beschlusses über den Sinn und Zweck eines künftig möglichen Bezugsrechtsausschlusses kein konkretes Bild machen konnte, waren insoweit weitergehende Angaben nicht geschuldet.

Der von der Antragsgegnerin gerügte Umstand, dass die Angaben der Antragstellerin zu den Gründen eines möglichen Bezugsrechtsausschlusses nicht abschließend sämtliche denkbaren Anwendungsfälle und Ausschlussgründe behandeln würden, führt jedenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit oder gar zur Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses über die Ermächtigung zu einem Ausschluss des Bezugsrechts. Spiegelbildlich zu den geringeren materiellen Anforderungen, denen die Entscheidung der Hauptversammlung zur Ermächtigung des Vorstandes, über den Ausschluss des Bezugsrechts zu entscheiden, unterliegt (siehe oben unter III 2 e cc (2)), wird auch die Berichtspflicht des Vorstandes im Zeitpunkt der Beschlussfassung über diese Ermächtigung dahingehend ausgedünnt, dass eine allgemeine Bekanntgabe in abstrakter Form genügt. Hierzu reicht es aus, dass der Vorstand lediglich exemplarisch Fälle aufzeigt, in denen ein Bezugsrechtsausschluss in Betracht kommt und im Interesse der Gesellschaft liegen könnte; im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung genügt insoweit eine abstrakte Auflistung von möglichen Rechtfertigungsgründen ohne tatsächlichen Bezug.

Hier ist es auch praktisch nicht möglich, den Aktionären mehr als eine abstrakt-generelle Information als Beschlussgrundlage an die Hand zu geben, selbst wenn in diesem Falle die Berichtspflicht nach § 203 Abs. 2 Satz 2, § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG zunächst ins Leere läuft (und erst bei Ausnutzen der Ermächtigung durch den Vorstand relevant wird) (vgl. Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 203 Rn. 26; Bayer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 147 m.w.N.).

Konkrete Absichten des Vorstandes für die Ausnutzung der Ermächtigung, die eine weitergehende Berichtspflicht rechtfertigen könnten (vgl. Bayer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 151), sind auch nicht dargetan. Im Vorstandsbericht heißt es vielmehr explizit, gegenwärtig bestehe keine konkrete Absicht der Verwaltung, von der Ermächtigung Gebrauch zu machen (Anlage ASt1, dort Seite 4).

Die Frage, ob – im Falle eines entsprechenden Gebrauchmachens – der Vorstand seine diesbezügliche nachgelagerte Berichtspflicht (siehe oben III 2 e dd) erfüllen wird, kann derzeit nicht beurteilt werden und ist nicht Gegenstand des Freigabeverfahrens.

 

i)          Die Ansicht der Antragsgegnerin, der angefochtene Hauptversammlungsbeschluss diene auch dazu, einem Großaktionär – dem „(I. and A.) L. Li. T.t“ und dem dahinterstehenden I. L. – mittels des Herausdrängens von Minderheitsaktionären durch Ausschluss deren Bezugsrechts, insbesondere bei Ausnutzen der Ermächtigung zu Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen (Forderungen des Großaktionärs), ungerechtfertigte Sondervorteile zum Schaden der ausgeschlossenen Kleinaktionäre zu verschaffen, ohne diesen einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, trifft nicht zu.

Nach § 243 Abs. 2 AktG kann die Anfechtung auch darauf gestützt werden, dass ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen suchte und der Beschluss geeignet ist, diesem Zweck zu dienen, soweit der Beschluss nicht den anderen Aktionären einen angemessenen Ausgleich für ihren Schaden gewährt. Sondervorteile im Sinne des § 243 Abs. 2 AktG sind nur solche Vorteile, die ein Aktionär durch die Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen sucht; dies setzt voraus, dass es bei einer Gesamtwürdigung als sachwidrige Bevorzugung erscheint, dem Aktionär oder einem Dritten den Vorteilserwerb zu gestatten (BGH, Beschluss vom 20.04.2009 – II ZR 148/07, AG 2009, 534, Rn. 4 bei juris; OLG Düsseldorf AG 2017, 900, Rn. 157 bei juris).

Der Senat kann nicht erkennen, dass der von der Antragsgegnerin angefochtene Beschluss der Hauptversammlung bereits jetzt in konkreter Weise einer Begünstigung des genannten Großaktionärs dient. Nachdem lediglich eine Ermächtigung des Vorstandes beschlossen wurde, im Rahmen einer etwaigen Kapitalerhöhung unter Ausnutzung des genehmigten Kapitals einen Bezugsrechtsausschluss vornehmen zu können, sind ein konkreter Vorteil für den Großaktionär wie ein konkreter Schaden für die Gesellschaft oder für andere Aktionäre nicht ersichtlich.

Zwar hat die Rechtsprechung im Rahmen einer „regulären“ Kapitalerhöhung gemäß § 182 AktG mit Bezugsrechtsausschluss unter dem Gesichtspunkt eines Beherrschungszuwachses und damit einer Verbesserung der korporationsrechtlichen Stellung nicht vom Bezugsrechtsausschluss betroffener Aktionäre insoweit teilweise Sondervorteile im Sinne des § 243 Abs. 2 AktG bejaht (vgl. OLG Schleswig AG 2008, 129, Rn. 98 bei juris; Hüffer/Schäfer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 243 Rn. 76). Im Streitfall hat die Hauptversammlung der Antragstellerin indes weder eine Kapitalerhöhung noch einen Bezugsrechtsausschluss beschlossen, vielmehr lediglich durch entsprechende Satzungsänderungen den Vorstand hierzu ermächtigt. Allein hierdurch ist noch kein Sondervorteil eingetreten, zumal weder feststeht, ob der Vorstand überhaupt in Ausnutzung der entsprechenden Ermächtigung eine Kapitalerhöhung vornehmen wird noch, ob – und hinsichtlich welcher Aktionäre – in diesem Falle ggf. ein Ausschluss des Bezugsrechts erfolgen wird.

Zudem fehlt für einen – seitens der Antragstellerin bestrittenen – auf Erwerb eines Sondervorteils gerichteten Vorsatz des Großaktionärs (vgl. Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 243 Rn. 34) jeglicher Anhaltspunkt. Hinsichtlich etwaiger Tatsachen, aus denen sich eine unzulässige Verfolgung von Sondervorteilen ergäbe, ist der Anfechtungskläger – hier also die Antragsgegnerin – darlegungs- und  glaubhaftmachungspflichtig  (§ 246a  Abs. 3 Satz 3 AktG;  vgl. Hüffer/Koch,  AktG,  12. Aufl., § 243 Rn. 65). Allein aus der grundsätzlichen Möglichkeit der Nachteiligkeit eines Bezugsrechtsausschlusses für die hiervon betroffenen Aktionäre (vgl. oben unter III 2 e cc) folgt noch nicht der Wille eines Großaktionärs, hierdurch Sondervorteile für sich oder einen Dritten zu erlangen. Sofern die Antragsgegnerin auf ein öffentliches Kaufangebot des L. L. T. an die Aktionäre der Antragstellerin verweist, in welchem sich dieser Hauptaktionär dahin geäußert habe, dass bei einer entsprechenden Erhöhung der Beteiligung (aufgrund Annahme des Kaufangebots) auch ein squeeze out der Minderheitsaktionäre denkbar wäre, mag zwar ein Wille dieses Großaktionärs bestehen, die weiteren Aktionäre aus der Gesellschaft zu drängen; allein hieraus ergibt sich indes noch nicht der Vorsatz hinsichtlich der unzulässigen Verfolgung von Sondervorteilen.

Dies gilt zumal, da der Vorstand der Antragstellerin im Falle der Durchführung einer Kapitalerhöhung im Rahmen des genehmigten Kapitals eine sachliche Rechtfertigung des Ausschlusses einzelner Aktionäre vom Bezugsrecht zu überprüfen haben wird (siehe oben unter III 2 e cc (2)) und dabei auch beachten muss, dass eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss nicht zur Vorbereitung eines  squeeze out  eingesetzt  werden  darf  (vgl. Bayer in:  MünchKomm-AktG,  4. Aufl., § 203 Rn. 133 m.w.N.). Im Falle einer Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen des Großaktionärs wird der Vorstand weiter zu berücksichtigen haben, ob die Verhältnismäßigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses eine gemischte Kapitalerhöhung mit gekreuztem Bezugsrechtsauschluss erfordert, bei der im Rahmen der Barkapitalerhöhung das Bezugsrecht des Sacheinlegers und im Rahmen der Sachkapitalerhöhung das Bezugsrecht der sonstigen Aktionäre ausgeschlossen wird (vgl. Bayer in: MünchKomm-AktG, 4. Aufl., § 203 Rn. 134 m.w.N.).

 

j)          Zusammenfassend erscheinen dem Senat die insoweit durch die Antragsgegnerin gegen den angefochtenen Hauptversammlungsbeschluss ins Feld geführten Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsgründe aussichtslos. Insoweit ist die erhobene Beschlussmängelklage zur Überzeugung des Senats offensichtlich unbegründet.

 

3.         Die Frage, ob das Vollzugsinteresse der Antragstellerin am alsbaldigen Wirksamwerden des streitgegenständlichen Beschlusses vorrangig erscheint und die von der Antragstellerin behaupteten und zu berücksichtigenden wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre nach freier Überzeugung des Senats die Nachteile für die Antragsgegnerin überwiegen und auch aus diesem Grund eine Freigabe gerechtfertigt wäre, kann im Hinblick auf die offensichtliche Unbegründetheit der Anfechtungsklage dahinstehen und bedarf keiner weiteren Entscheidung.

 

4.         Dem Antrag auf Freigabe der in der Hauptversammlung der Antragstellerin vom 28.06.2017 unter TOP 6 beschlossenen Schaffung genehmigten Kapitals unter gleichzeitiger Ermächtigung zu einem Bezugsrechtsausschluss zur Eintragung im Handelsregister ist deshalb stattzugeben.

 

IV.

1.         Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO i.V.m. §§ 101 Abs. 2, 100 Abs. 1 ZPO.

Wegen der durch §§ 248, 249 AktG angeordneten Rechtskrafterstreckung handelt es sich um eine streitgenössische Nebenintervention (§ 69 ZPO),  weshalb nicht § 101 Abs. 1 ZPO, sondern §§ 101 Abs. 2, 100 ZPO einschlägig sind. Der Kostenerstattungsanspruch des einzelnen Streitgenossen bestimmt sich entsprechend den aus § 100 ZPO hergeleiteten Kostengrundsätzen nach seinem persönlichen Obsiegen und Unterliegen im Verhältnis zu dem Gegner. Daran anknüpfend ist auch über die Kosten eines streitgenössischen Nebenintervenienten eigenständig und unabhängig von der für die unterstützte Hauptpartei getroffenen Kostenentscheidung auf der Grundlage der für ihn maßgeblichen Umstände zu befinden (BGH, Beschluss vom 28.04.2015 – II ZB 19/14, AG 2015, 564, Rn. 21 bei juris m.w.N.).

 

2.         Der Streitwert wurde unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles, insbesondere  der  Bedeutung  der  Sache  für  die  Parteien, nach billigem Ermessen festgesetzt, §§ 246a Abs. 1 Satz 2, 247 Abs. 1 Satz 1 AktG

 

3.         Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 246a Abs. 3 Satz 4 AktG.

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