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Wirtschaftsrecht
06.09.2012
Wirtschaftsrecht
OLG Nürnberg: Anforderungen an den Nachweis eines ausreichenden Aktienbesitzes des Anfechtungsklägers

OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.07.2012 - 12 AktG 778/12


Leitsatz


1. Der Nachweis eines ausreichenden Aktienbesitzes im Sinne des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG ist nicht entbehrlich, wenn ein solcher Aktienbesitz im Freigabeverfahren unstreitig ist oder vom Antragsteller des Freigabeverfahrens selbst vorgetragen wird. Vielmehr ist auch in diesem Falle binnen einer Woche nach Zustellung des Freigabeantrags vom Kläger des Anfechtungsklageverfahrens (Antragsgegner des Freigabeverfahrens) der urkundliche Nachweis zu führen, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000 Euro hält (Anschluss an KG Berlin, 6. Dezember 2010, 23 AktG 1/10, AG 2011, 170, OLG Hamm, 6. Juni 2011, I-8 AktG 2/11, AG 2011, 826 und OLG Köln, 23. Januar 2012, 18 U 323/11, BeckRS 2012, 03266; entgegen OLG Frankfurt, 30. März 2010, 5 Sch 3/09, AG 2010, 508 und OLG Frankfurt, 20. März 2012, 5 AktG 4/11, AG 2012, 414; Aufgabe von OLG Nürnberg, 27. September 2010, 12 AktG 1218/10, AG 2011, 179).(Rn.30)




2. Das Erfordernis eines Nachweises ausreichenden Aktienbesitzes im Sinne des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG gilt für Inhaberaktien wie für Namensaktien in gleicher Weise. Es gilt unabhängig davon, ob ein Anspruch des Aktionärs auf Verbriefung seines Mitgliedschaftsrechts in einer Aktienurkunde besteht oder nicht.(Rn.33)




3. Der von § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG geforderte urkundliche Nachweis kann bei Namensaktien (§ 10 Abs. 1 Fall 2 AktG) auch durch Vorlage eines aktuellen Auszugs aus dem Aktienregister der Gesellschaft (§ 67 AktG) geführt werden (§ 246a Abs. 1 Satz 2 AktG, § 420 ZPO).




Verweigert die Gesellschaft entgegen § 67 Abs. 6 AktG die Erteilung aktueller Aktienregisterauszüge, muss dem klagenden Aktionär (Antragsgegner des Freigabeverfahrens) nach Treu und Glauben auch eine Beweisführung gemäß § 246a Abs. 1 Satz 2 AktG, § 421 ZPO (durch den Antrag, der Gesellschaft die Vorlage eines entsprechenden Auszugs aufzugeben) möglich sein (insoweit entgegen OLG Hamm, 6. Juni 2011, I-8 AktG 2/11, AG 2011, 826). Hierauf hat der Antragsgegner innerhalb der Wochenfrist des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG unter entsprechenden Darlegungen anzutragen.(Rn.47)


Aus den Gründen


I. Die Antragstellerin ist eine im Handelsregister des Amtsgerichts Nürnberg unter HRB... eingetragene, nicht börsennotierte Aktiengesellschaft. Geschäftsgegenstand ist die Systementwicklung und -beratung im informationstechnischen Bereich; insbesondere bietet die Antragstellerin ein Hochleistungsdatenbank-Produkt für sog. Business-Intelligence-Anwendungen im B2B-Bereich an.


Das Grundkapital der Gesellschaft beträgt nach mehreren vorausgegangenen Kapitalerhöhungen 11.045.000,00 EUR und ist in ebenso viele auf den Namen lautende Stückaktien ohne Nennbetrag eingeteilt.


Die Antragsgegnerinnen sind jeweils Aktionäre der Antragstellerin.


Mit Einschreiben vom 03.11.2011 wurden die Aktionäre zu einer ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin am 13.12.2011 eingeladen. Bei der an diesem Tage stattfindenden ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin wurde mehrheitlich mit über 74 % des vertretenen Grundkapitals - gegen die Stimmen der Antragsgegnerinnen - zu TOP 9 der Beschluss gefasst, das Grundkapital der Gesellschaft gegen Bareinlagen um bis zu 2.209.000,00 EUR auf bis zu 13.254.000,00 EUR zu erhöhen, im Wege der Ausgabe von bis zu 2.209.000 neuen, auf den Namen lautenden Stückaktien zum Ausgabebetrag von 1,00 EUR je Aktie. Den bisherigen Aktionären wurde ein Bezugsrecht im Verhältnis 5:1 eingeräumt, d.h. jeder Aktionär sollte berechtigt sein, für fünf bisher gehaltene Aktien eine neue Aktie zu beziehen.


Nachdem Aktionäre der Antragstellerin dieses Bezugsrecht im Umfang von 2.000.000,00 EUR ausgeübt haben, erfolgte seitens der Antragstellerin unter dem 02.04.2012 eine entsprechende Anmeldung sowohl des Beschlusses über die Durchführung der Kapitalerhöhung als auch der Durchführung selbst als auch der entsprechenden Satzungsänderung zum Handelsregister (Anlage ASt42).


Die Antragsgegnerinnen - die dieses Bezugsrecht nicht wahrgenommen haben - haben mit Schriftsatz vom 13.01.2012 beim Landgericht Nürnberg-Fürth Klage gegen die Antragstellerin eingereicht, mit der sie u.a. die Nichtigerklärung, hilfsweise die Feststellung der Nichtigkeit des zu TOP 9 gefassten Hauptversammlungsbeschlusses der Antragstellerin erstreben (Anlage ASt 3). Diese Klage ist am 17.01.2012 bei Gericht eingegangen; das Verfahren wird unter Az. 1 HK O 325/12 geführt.


Die Antragstellerin hat unter dem 19.04.2012 beim Oberlandesgericht Nürnberg Antrag auf Feststellung nach § 246a AktG, dass die Erhebung der vorgenannten Anfechtungsklage durch die Antragsgegnerinnen der Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses vom 13.12.2011 zu TOP 9 in das Handelsregister nicht entgegensteht, eingereicht.


Sie beruft sich unter anderem darauf, dass die beim Landgericht Nürnberg-Fürth erhobene Anfechtungsklage unzulässig sowie offensichtlich unbegründet sei und ein Freigabebeschluss deshalb gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG ergehen müsse. Auch sei das alsbaldige Wirksamwerden des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen und Nachteile vorrangig geboten, weshalb ein Freigabebeschluss gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG ergehen müsse. Die Antragstellerin sei zur Abwendung der Insolvenz sowie für ihren Fortbestand und ihre Weiterentwicklung auf die Durchführung der Kapitalerhöhung angewiesen. Die Antragsgegnerinnen sowie der hinter diesen stehende Dr. G... - Mitgründer und ehemaliger Vorstand der Antragstellerin - wollten die Kapitalerhöhung blockieren, um sich hierdurch ihre Sperrminorität zu erhalten.


Zudem müsse ein Freigabebeschluss auch gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG ergehen, da die Antragsgegnerinnen nicht binnen einer Woche nach Zustellung des Freigabeantrags durch Urkunden nachgewiesen hätten, dass sie seit Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung jeweils einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000 EUR halten würden. Die Antragsgegnerinnen würden „derzeit" zwar über 2.187.800 Aktien (Antragsgegnerin zu 1) bzw. über 572.950 Aktien (Antragsgegnerin zu 2) verfügen; zusammen mit den Beteiligungen weiterer, Herrn Dr. G... zuzurechnender Aktionäre verfüge dieser unmittelbar und mittelbar über insgesamt 2.794.460 Aktien und damit über 25,30 % der stimmberechtigten Aktien, also über eine sog. Sperrminorität. Die Beteiligungsverhältnisse der diese Sperrminorität bildenden bzw. haltenden Gesellschaften bzw. Personen würden dabei jedoch variieren. So habe etwa die Antragsgegnerin zu 1) am 05.12.2011 insgesamt 2.200 Stück ihrer Aktien auf Herrn Dr. G... sowie auf die Geschäftsführerin der beiden Antragsgegnerinnen übertragen (Anlagen ASt8 - ASt10), um in der Hauptversammlung vom 13.12.2011 den Anschein einer breiten Front von Aktionären zu suggerieren. Angesichts der „zahlreichen internen Aktienschiebereien" innerhalb des „Lagers Dr. G..." könne die Antragstellerin den jeweiligen tatsächlichen Aktienbesitz der Antragsgegnerinnen nicht verifizieren. Dass diese seit Einberufung der Hauptversammlung das erforderliche Aktienquorum hielten, werde deshalb ausdrücklich mit Nichtwissen bestritten.


Die Antragstellerin beantragt:


Es wird festgestellt, dass die von den Antragsgegnerinnen mit Klageschrift vom 13.01.2012 unter Klageantrag zu 1) erhobene und beim Landgericht Nürnberg-Fürth unter dem Aktenzeichen 1 HK O 325/12 anhängige Anfechtungs- und Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen den Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 13.12.2011 zu Tagesordnungspunkt 9 über eine ordentliche Kapitalerhöhung und eine entsprechende Anpassung von § 7 Abs. 1 der Satzung (Grundkapital) der Eintragung dieser Kapitalerhöhung in das Handelsregister nicht entgegensteht und mögliche Mängel des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses die Wirkungen der Eintragung unberührt lassen.


Die Antragsgegnerinnen beantragen jeweils,


den Freigabeantrag zurückzuweisen.


Die Antragsgegnerinnen haben zu dem ihnen am 30.04.2012 zugestellten Antrag mit am 15.06.2012 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 14.06.2012 (sowie in der Folge noch mit weiteren Schriftsätzen) Stellung genommen.


Bereits zuvor hat der Senat unter dem 16.05.2012 gemäß § 139 ZPO darauf hingewiesen, dass der Freigabeantrag schon deshalb begründet erscheine, weil die Antragsgegnerinnen entgegen § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG nicht binnen einer Woche nach Zustellung des Freigabeantrags jeweils durch Urkunden nachgewiesen hätten, dass sie seit Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung der Antragstellerin jeweils einen anteiligen Betrag der Antragstellerin von mindestens 1.000 EUR halten würden.


Daraufhin haben die Antragsgegnerinnen vorgetragen, ihr jeweils über dem Quorum liegender Aktienbesitz sei zwischen den Parteien tatsächlich unstreitig und zudem von der Antragstellerin selbst im Freigabeantrag vorgetragen; deren nunmehriges Bestreiten mit Nichtwissen sei unzulässig. Auch im Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth sei ein entsprechender Aktienbesitz der Antragsgegnerinnen unstreitig. Die Antragstellerin verweigere zudem entgegen ihrer diesbezüglichen Verpflichtung die Erteilung von aktuellen Aktienregisterauszügen (vgl. Anlage AG1). Bei richtiger Gesetzesauslegung seien von den Antragsgegnerinnen keine urkundlichen Nachweise für ihren Aktienbesitz geschuldet.


Die beim Landgericht Nürnberg-Fürth erhobene Anfechtungsklage sei zulässig sowie offensichtlich begründet, so dass ein Freigabebeschluss nicht gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 1 AktG ergehen könne. Auch sei das alsbaldige Wirksamwerden des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses unter Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen und Nachteile nicht vorrangig geboten, weshalb ein Freigabebeschluss nicht gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG ergehen könne. Die Gefahr der Insolvenz oder auch nur einer wirtschaftlichen Behinderung der Antragstellerin bei Unterbleiben der Kapitalerhöhung bestehe nicht und sei auch nicht substanziiert dargelegt. Die Antragsgegnerinnen hätten zudem ein legitimes Interesse am Erhalt ihrer Sperrminorität.


II. Der Freigabeantrag ist gemäß § 246a Abs. 1 Satz 1 AktG zulässig. Insbesondere ist das Oberlandesgericht Nürnberg zur Entscheidung hierüber zuständig, § 246a Abs. 1 Satz 3 AktG.


Der Freigabeantrag hat bereits deshalb Erfolg, weil die Antragsgegnerinnen nicht binnen 1 Woche nach Zustellung des Antrags urkundlich nachgewiesen haben, dass sie bei Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung jeweils Aktien im anteiligen Betrag von mindestens 1.000 EUR hielten und seitdem halten, § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG.


1. Diese durch das Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vom 30.07.2009 (BGBl. 2009 Teil I Seite 2479) mit Wirkung zum 01.09.2009 eingefügte (§ 20 Abs. 4 EGAktG) Regelung des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG bestimmt ein Mindestquorum für Aktionäre. Danach ergeht ein Freigabebeschluss gemäß § 246a Abs. 1 AktG, wenn nicht der jeweilige Kläger des Anfechtungsklageverfahrens (= Antragsgegner des Freigabeverfahrens) binnen einer Woche nach Zustellung des Freigabeantrags durch Urkunden nachgewiesen hat, dass er seit Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung einen anteiligen Betrag von mindestens 1.000 Euro hält.


Diese Regelung soll zum einen das Verfahren übersichtlicher gestalten und beschleunigen, zum anderen missbräuchliche Aktionärsklagen bekämpfen und verhindern, dass Kleinstaktionäre sich als Trittbrettfahrer an Anfechtungsklagen anderer anhängen (vgl. Hüffer, AktG 10. Aufl. § 246a Rn. 20). Die insoweit eingeschränkte Kassationsmacht von Aktionären beruht auf der Erwägung, dass bei Kleinstaktienbesitz, der das Bagatellquorum nicht erreicht, im Freigabeverfahren die Nachteile für den Aktionär (falls dessen Anfechtungsklage erfolgreich wäre) vom Gesetzgeber geringer gewichtet werden als die Nachteile, die die Aktiengesellschaft infolge der durch die erhobene Anfechtungsklage bewirkte Registerblockade erleidet und deshalb keine Blockadebefugnis bestehen soll. Das Mindestquorum dient damit - wie das Freigabeverfahren insgesamt - dem Schutz der Aktiengesellschaft vor einer unzumutbaren Belastung durch den mit einer Registersperre verbundenen Zeitverlust und das damit verbundene Erpressungspotenzial. Die Schwelle von 1.000 EUR ergibt bei normalen Börsenwerten im Mittelmaß und ohne Berücksichtigung von Extremfällen etwa 10.000 bis 20.000 EUR Anlagevolumen und befindet sich damit in einem Bereich eines aus sich heraus ökonomisch sinnvollen Investments in eine börsennotierte Gesellschaft (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, Bundestags-Drucksache 16/13098 vom 20.05.2009).


Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der im Anfechtungsverfahren klagende Aktionär (der Antragsgegner des Freigabeverfahrens) seit Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung Aktien im anteiligen Betrag von mindestens 1.000 EUR hält, trifft den Aktionär; dieser Nachweis muss binnen der gesetzlich angeordneten Wochenfrist geführt werden sowie urkundlich erfolgen.


2. Die Antragsgegnerinnen haben entgegen § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG nicht binnen einer Woche nach Zustellung des Freigabeantrags jeweils durch Urkunden nachgewiesen, dass sie seit Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung der Antragstellerin einen anteiligen Betrag der Antragstellerin von mindestens 1.000 EUR halten. Die Antragsschrift wurde den Antragsgegnerinnen am 30.04.2012 zugestellt. Innerhalb der mit Ablauf des 07.05.2012 endenden Wochenfrist ist kein Sachvortrag der Antragsgegnerinnen zu ihrem Aktienbesitz an der Antragstellerin erfolgt sowie kein entsprechender Urkundennachweis geführt worden.


a) Zwar hat die Antragstellerin selbst vorgetragen, von den insgesamt 11.045.000 auf den Namen lautenden Aktien ohne Nennbetrag (Stückaktien) habe - bei einem Grundkapital der Antragstellerin von 11.045.000,00 EUR - jedenfalls bis zum 04.12.2011 bzw. bis zur Durchführung der Hauptversammlung der Antragstellerin am 13.12.2011 die Antragsgegnerin zu 1) 2.187.800 Stückaktien und die Antragsgegnerin zu 2) 572.950 Stückaktien gehalten. Der Vortrag eines entsprechenden Aktienbesitzes der Antragsgegnerinnen ergibt sich auch aus der als Anlage ASt3 vorgelegten Kopie der Klageschrift im Anfechtungsverfahren 1 HK O 325/12 vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.


Es kann dahinstehen, ob ein jeweils das Quorum übersteigender Aktienbesitz der Antragsgegnerinnen im Freigabeverfahren von der Antragstellerin zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten wurde oder ob insoweit von einem unstreitigen Umstand auszugehen wäre. Es kann weiter dahinstehen, ob ein entsprechender Aktienbesitz der Antragsgegnerinnen im Hauptsacheverfahren vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth unstreitig ist.


Selbst ein unstreitiger diesbezüglicher Vortrag wäre nicht ausreichend für den von § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG geforderten urkundlichen Nachweis eines Aktienbesitzes.


aa) Der entsprechende Vortrag lässt bereits nicht erkennen, zu welchem genauen Zeitpunkt bzw. für welchen genauen Zeitraum ein entsprechender Aktienbesitz der Antragsgegnerinnen bestanden haben soll. § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG erfordert indes den vom Aktionär zu führenden Nachweis, dass dieser als Kläger des Anfechtungsklageverfahrens (Antragsgegner des Freigabeverfahrens) bereits zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung, auf welcher der angefochtene Beschluss gefasst wurde, und auch noch in der Folgezeit das erforderliche Quorum eines anteiligen Aktienbesitzes von mindestens 1.000 Euro hält. Der Nachweis des Erreichens des erforderlichen Aktienquorums allein zu einem bestimmten (welchem?) Zeitpunkt ist insoweit nicht ausreichend (OLG Nürnberg AG 2011, 179).


Der Antragsschrift wie auch der als Anlage ASt3 vorgelegten Kopie der Klageschrift im Anfechtungsverfahren 1 HK O 325/12 vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth ist zudem auch der Zeitpunkt der Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung, auf welcher der angefochtene Beschluss gefasst wurde, nicht zu entnehmen (gemäß § 121 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 AktG gilt der Tag der Absendung der Einladungsschreiben an die Aktionäre als Tag der Bekanntmachung; dieser Tag ist bislang nicht vorgetragen). Aufgrund der Angaben in diesen Schriftsätzen kann deshalb auch nicht beurteilt werden, ob die Antragsgegnerinnen bereits seit diesem Zeitpunkt über Aktienbesitz in erforderlichem Umfang verfügt haben und auch noch in der Folgezeit, insbesondere bei Durchführung der Hauptversammlung der Antragstellerin (am 13.12.2011) und auch bei Einleitung des Freigabeverfahrens (am 20.04.2012), noch darüber verfügen.


bb) Zudem wäre selbst ein unstreitig bestehender Aktienbesitz der Antragsgegnerinnen nicht ausreichend, um den vom Gesetz geforderten Nachweis „durch Urkunden" zu führen.


In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob allein der Umstand, dass ein Aktienbesitz im fraglichen Zeitraum in Höhe von mindestens 1.000 EUR unstreitig ist, zur Erfüllung der Darlegungslast in § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG genügt (so OLG Frankfurt AG 2010, 508; OLG Frankfurt AG 2012, 414; Hüffer, AktG 10. Aufl. § 246a Rn. 20) oder ob selbst in diesem Falle zusätzlich ein urkundlicher Nachweis des Aktienbesitzes geführt werden muss (so KG AG 2011, 170; OLG Hamm AG 2011, 826; wohl auch OLG Köln BeckRS 2012, 03266; Reichard, NZG 2011, 292, 293, Wilsing/Saß, DB 2011, 919, 923; wohl auch Göz in: Bürgers/Körber, AktG 2. Aufl. § 246a Rn. 4).


Der Senat, der in einer früheren Entscheidung (AG 2011, 179) in einem obiter dictum ohne nähere Begründung der erstgenannten Ansicht gefolgt ist, hält hieran nach erneuter Überprüfung nicht fest. Vielmehr wird der fristgerechte Nachweis durch Urkunden nicht dadurch entbehrlich, dass der Aktienbesitz unstreitig ist (oder wird). Die gegenteilige Rechtsansicht der Antragsgegnerinnen wird vom Gericht nicht geteilt.


 (1) Bereits der Gesetzeswortlaut spricht für eine materielle Voraussetzung und deutet nicht auf eine Verfahrensregelung hin. Andernfalls hätte es nahe gelegen, dies auch in der Gesetzesformulierung zum Ausdruck zu bringen. Der Gesetzgeber hat angeordnet, dass der Anteilbesitz „durch Urkunden nachgewiesen" wird. Er hat also gerade nicht nur formuliert, dass der Anteilbesitz „erklärt" oder „dargelegt" (vgl. § 246a Abs. 2 Nr. 3 AktG) wird oder dass er „besteht", was ausgereicht hätte, wenn unstreitiges Vorbringen hätte genügen sollen (KG a.a.O.). Auch in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) vom 21.01.2009, mit welchem die Regelung des erforderlichen Nachweises eines Aktienquorums (§ 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG) neu geschaffen wurde (Bundestags-Drucksache 16/11642), heißt es, dass der Aktionär seine entsprechende Legitimation „binnen einer Woche nach Zustellung des Freigabeantrags nachzuweisen" hat (a.a.O. Seite 42).


Angesichts des eindeutigen Gesetzeswortlautes erfasst die Norm Aktiengesellschaften unabhängig davon, ob sie Inhaberaktien oder Namensaktien (§ 10 Abs. 1 AktG) ausgeben, und zwar sogar dann, wenn eine Gesellschaft nur vinkulierte Namensaktien ausgibt, bei denen eine Übertragung der Aktie der Zustimmung der Gesellschaft bedarf, § 68 Abs. 2 AktG (so ausdrücklich KG AG 2011, 170). Von den Antragsgegnerinnen insoweit gesehene Probleme des urkundlichen Nachweises eines entsprechenden Aktienbesitzes (die nicht bestehen, siehe hierzu unten II 2 c) rechtfertigen noch nicht, entgegen dem eindeutigen Gesetzeswortlaut wie auch dem Ergebnis weitergehender Gesetzesauslegung (siehe sogleich) in solchen Fällen auf das Erfordernis des urkundlichen Nachweises entsprechenden Aktienbesitzes zu verzichten oder einen solchen Nachweis per se als geführt anzusehen.


 (2) Für die Einstufung des Nachweises eines entsprechenden Aktienbesitzes als materielle Freigabevoraussetzung spricht auch der systematische Zusammenhang der Nr. 2 mit den Nrn. 1 und 3 des § 246a Abs. 2 AktG. Bei den dort geregelten Tatbeständen handelt es sich um materielle Freigabekriterien. Dies legt eine ebensolche Behandlung des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG nahe (Reichard a.a.O. m.w.N.).


 (3) Für die Einstufung des fristgerechten urkundlichen Nachweises des Aktienquorums als materielle Freigabevoraussetzung (und nicht nur als - entbehrliche - Verfahrensregelung) spricht auch der Umstand, dass die Wochenfrist des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG für den Nachweis einen materiell-rechtlichen Charakter aufweist und deshalb weder verlängert werden kann noch der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugänglich ist (OLG Nürnberg AG 2011, 179; KG AG 2011, 170; Hüffer, AktG 10. Aufl. § 246a Rn. 20).


 (4) Die von der Gegenansicht herangezogene Parallele zu den Regeln des Urkundenverfahrens gemäß §§ 592 ff ZPO erscheint, soweit es die Frage der Notwendigkeit des Urkundsbeweises betrifft, nicht überzeugend. Für das Urkundenverfahren ist anerkannt, dass unstreitige oder zugestandene Tatsachen nicht des Urkundenbelegs bedürfen, jedenfalls wenn es um die Ausfüllung von Lücken in der Beweisführung geht (vgl. Zöller/Greger, ZPO 29. Aufl. § 592 Rn. 11 m.w.N.). Der Übertragung dieser Grundsätze auf die Regelung in § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG steht entgegen, dass der Nachweis im Freigabeverfahren an eine Frist geknüpft worden ist. Bei Ablauf der Wochenfrist kann nämlich - wie auch hier - im Regelfall noch nicht beurteilt werden, ob der von dem Anfechtungskläger behauptete Anteilsbesitz unstreitig sein wird. Selbst wenn die Gesellschaft in ihrer Antragsschrift einen Aktienbesitz der Gegenseite von mindestens 1.000 EUR nicht in Abrede stellt oder gar vorträgt, kann diese Darstellung bis zur Entscheidung über den Antrag unter Umständen revidiert oder modifiziert werden. Das mit § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG verfolgte Ziel, innerhalb der kurzen Frist von einer Woche Klarheit darüber zu gewinnen, ob die Anfechtungskläger über das erforderliche Quorum verfügen, könnte damit nicht erreicht werden.


 (5) Auch eine teleologische Reduktion der Vorschrift ist nicht geboten. Dies wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn man den alleinigen Regelungszweck dieser Bestimmung darin sehen würde, Kleinaktionäre daran zu hindern, durch ihre Klagen die Umsetzung von Strukturmaßnahmen zu verzögern. Dann wäre es tatsächlich nicht einzusehen, warum die Norm auch dann eingreifen soll, wenn unstreitig ist, dass der Antragsgegner das Quorum erreicht. Dann dürfte allerdings auch der in § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG enthalten Frist allenfalls eine Ordnungsfunktion beigelegt werden, denn es wäre genauso wenig einzusehen, warum die Norm eingreifen sollte, wenn der Nachweis des Erreichens des Quorums erst nach Ablauf der Frist, aber vor der Entscheidung des Gerichts erfolgt. Diese Konsequenz ziehen aber nicht einmal die Befürworter einer restriktiven Auslegung. Damit ist diese aber schon in sich nicht konsistent.


Eine solche teleologische Reduktion der Bestimmung ist aber auch deshalb abzulehnen, weil sie den Zweck der Norm zu sehr einengt, indem sie ausschließlich darauf abstellt, dass Kleinaktionären ihre „Sperrwirkung" genommen werden soll. Dies übersieht den mit der Bestimmung ebenfalls verfolgten Beschleunigungseffekt, der durch die Frist von lediglich einer Woche deutlich zum Ausdruck kommt. Versteht man das Nachweiserfordernis nämlich als zwingend, steht für das Gericht bereits eine Woche nach Zustellung des Freistellungsantrags fest, ob und ggf. welche Kläger des Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklageverfahrens das Quorum erreichen. Die Klagen und ihre jeweiligen Begründungen, deren Kläger das Quorum nicht erreichen bzw. den Nachweis nicht rechtzeitig geführt haben, brauchen nach h.M. im weiteren Freigabeverfahren nicht weiter berücksichtigt zu werden (Hüffer, AktG 10. Aufl. § 246a Rn. 20 a.E.; Hüffer in: MünchKomm-AktG, 3. Aufl. § 246a Rn. 24 a.E.; Englisch in: Hölters, AktG § 246a Rn. 27; OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.04.2011 - 5 Sch 4/10, juris; vgl. OLG München AG 2012, 45). So kann das Quorum in Verbindung mit der Nachweisfrist zu einer deutlichen Straffung des Freigabeverfahrens führen, die wesentlich zu dessen Beschleunigung beitragen kann. Angesichts der nicht selten in die hunderte gehenden Zahl der Kläger kann schon der Ausschluss eines Teils der Kläger über § 246 Abs. 2 Nr. 2 AktG zur Beschleunigung des Freigabeverfahrens beitragen. Die Beschleunigung des Freigabeverfahrens war aber das erklärte Ziel des Gesetzgebers (vgl. Bundestags-Drucksache 16/11642, Seite 40), das in der Norm auch vielfältig zum Ausdruck (Erstreckung der Zustellungsvollmacht des Prozessbevollmächtigten im Klageverfahren auf das Freigabeverfahren, Möglichkeit der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung; Glaubhaftmachung; Wochenfrist für den Nachweis des Quorums, Entscheidung nach spätestens drei Monaten) gekommen ist. Gerade auf den beschleunigenden Gesichtspunkt der Verfahrensstraffung hat der Rechtsausschuss des Bundestages in seiner Begründung für die Erhöhung des Quorums von 100 EUR im Entwurf auf 1.000 EUR im Gesetz maßgeblich abgestellt hat (vgl. Bundestags-Drucksache 16/13098, Seite 41) Von daher kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass der Wortlaut der Norm eindeutig über den Gesetzeszweck hinausgeht und deshalb eine teleologische Reduktion zu erfolgen hat (OLG Köln BeckRS 2012, 03266).


 (6) Auch aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten erscheint eine restriktive Auslegung der Regelung nicht geboten.


Der Senat folgt der herrschenden Meinung, dass keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Norm bestehen, insbesondere kein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip vorliegt (vgl. OLG Nürnberg AG 2011, 179; OLG Stuttgart AG 2010, 89; OLG Hamburg AG 2010, 215; OLG Hamburg AG 2010, 214; OLG Frankfurt AG 2010, 596). Wenn der Gesetzgeber bestimmte sachliche Voraussetzungen für den Erfolg eines Freigabeantrags aufstellt und diese vorliegen, dann entspricht es auch gerade der Bindung des Richters an das Gesetz, diese Voraussetzungen zu beachten und nicht, sich darüber hinweg zu setzen, mag auch möglicherweise in einem anderen Verfahren die Rechtswidrigkeit des Beschlusses, um dessen Freigabe es geht, festgestellt werden. Es liegt in der Kompetenz des Gesetzgebers, eine mögliche Divergenz zwischen den Ergebnissen in einem Eilverfahren wie dem Freigabeverfahren und dem Hauptsacheverfahren hinzunehmen (OLG Köln BeckRS 2012, 03266).


§ 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG ist bei der am Wortlaut orientierten Auslegung der Norm ein geeignetes und angemessenes Mittel zur Erreichung eines legitimen gesetzgeberischen Ziels, nämlich der Beschleunigung des Freigabeverfahrens zur Ermöglichung einer zügigen Umsetzung von Strukturmaßnahmen. Diese liegt vielfach nicht allein im Interesse der Gesellschaft bzw. der Mehrheit der Gesellschafter, sondern häufig auch im Interesse der Arbeitnehmer und Gläubiger der Gesellschaft sowie der Allgemeinheit, nämlich immer dann, wenn es um die Sanierung eines Unternehmens geht. Bereits oben wurde dargelegt, dass die Regelung des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG geeignet ist, das Freigabeverfahren zu straffen und dadurch zu beschleunigen. Die Maßnahme ist auch nicht unverhältnismäßig, denn den Klägern, die das Quorum erreichen, ist es ohne Weiteres möglich, den Nachweis fristgemäß zu führen. Zwar ist die Frist von einer Woche seit Zustellung des Antrags knapp bemessen. Es ist jedoch zu bedenken, dass jeder Aktionär, der eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage erhebt, damit rechnen muss, dass die Gesellschaft einen Freigabeantrag stellen wird, in dem er dann den Nachweis des Quorums führen muss. Er kann deshalb schon vorsorglich der Klageschrift den Nachweis über das Erreichen des Quorums beifügen. Jedenfalls kann er vorsorglich entsprechende Nachweise beschaffen und diese dann unmittelbar nach Zustellung des Antrags im Freigabeverfahren dem Gericht zur Verfügung stellen. Im Hinblick darauf, dass dieser Antrag nicht dem Aktionär selbst, sondern seinem Prozessbevollmächtigtem im Klageverfahren zugestellt wird (§ 246a Abs. 1 Satz 2 AktG, §§ 82, 172 ZPO), besteht auch nicht die Gefahr, dass die Frist aufgrund fehlender Rechtskenntnis übersehen und deshalb versäumt wird (OLG Köln BeckRS 2012, 03266).


 (7) Die Anwendung der Vorschrift des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG, wonach vom Aktionär ein urkundlicher Nachweis seines Aktienbesitzes zu führen ist, auch in Fällen, in denen ein solcher Besitz unstreitig ist, widerspricht auch nicht den Grundsätzen von Treu und Glauben. Die gesetzliche Regelung des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG stellt eine materielle Voraussetzung dar, bei deren Vorliegen der beantragte Beschluss zu ergehen hat, ohne dass Raum für Billigkeits- oder Ermessenserwägungen besteht oder eine sachliche Prüfung der sonstigen Freigabevoraussetzungen veranlasst ist. Im Übrigen liegen - was im Rahmen einer Abwägung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen wäre - nach vorläufiger Beurteilung des Senats weder eine offensichtliche Begründetheit oder Unbegründetheit der von den Antragsgegnerinnen erhobenen Hauptsacheklage vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth noch weitaus überwiegende Interessen einer der Parteien oder ein ersichtlich besonders schwerer Rechtsverstoß auf der Hand.


b) Die Argumentation der Antragsgegnerinnen, sie hätten nicht von einem Bestreiten ihres jeweiligen Aktienbesitzes durch die Antragstellerin ausgehen müssen, da diese ihre Aktionärsstellung und deren Umfang aus dem Aktienregister der Gesellschaft habe ersehen können (§ 67 Abs. 2 AktG) und bei Einberufung der Hauptversammlung auch ersehen habe, da die einzelnen Aktionäre hierzu per eingeschriebenem Brief eingeladen worden seien (§ 121 Abs. 4 Satz 2 AktG) führt zu keiner anderen Beurteilung. Bereits aufgrund der oben dargestellten Gesetzeslage mussten die Antragsgegnerinnen mit einem von ihnen jeweils zu führenden urkundlichen Nachweis des Umfangs ihrer Aktionärsstellung rechnen (unabhängig davon, ob die Antragsstellerin diesen Umfang bestreitet).


Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerinnen aufgrund der von ihnen erhobenen Anfechtungsklage mit einem Freigabeantrag rechnen mussten. Die Kürze der Wochenfrist des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG wird zudem dadurch relativiert, dass es dem Anfechtungskläger möglich ist, absehbar erforderliche Urkunden schon bei Erhebung der Anfechtungsklage bereitzuhalten.


c) Der vom Gesetz geforderte Nachweis des Aktienbesitzes durch Urkunden ist unabhängig von der Art der Aktien (Inhaberaktien oder Namensaktien) und unabhängig von deren Verbriefung möglich.


aa) Soweit Aktionären die Verbriefung ihres Mitgliedschaftsrechts in einer Aktienurkunde erteilt wurde, ist ein urkundlicher Nachweis durch Vorlage der Aktienurkunde oder einer Depotbescheinigung diese Aktienurkunde betreffend möglich (vgl. § 123 Abs. 3 Satz 2 AktG).


bb) Ein entsprechender urkundlicher Nachweis kann bei Namensaktien auch durch einen aktuellen Auszug aus dem Aktienregister der Gesellschaft (§ 67 AktG) und durch dessen Vorlage (§ 246a Abs. 1 Satz 2 AktG, § 420 ZPO) geführt werden.


Soweit das OLG Hamm (AG 2011, 826) die Ansicht vertritt, zum Nachweis durch Urkunden sei ein Beweisantritt gemäß § 421 ZPO nicht ausreichend, folgt der Senat dem nicht uneingeschränkt. Nach § 246a Abs. 1 Satz 2 AktG sind die im ersten Rechtszug für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften der ZPO - damit auch die Regelungen der §§ 415 ff. ZPO über den Urkundenbeweis, insbesondere auch § 421 ZPO - entsprechend anzuwenden, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Eine explizite abweichende Regelung findet sich im AktG nicht. Das OLG Hamm hält ohne weitergehende Begründung einen Beweisantritt gemäß § 421 ZPO „nach der Intention des Gesetzes im Freigabeverfahren offensichtlich nicht zum Nachweis gemäß § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG genügend". Es kann offen bleiben, ob eine aus dem Beschleunigungszweck dieser Norm [vgl. oben II 2 a bb (5)] abzuleitende abweichende Regelung im Freigabeverfahren grundsätzlich der Anwendung des § 421 ZPO entgegensteht. Jedenfalls in Fällen, in denen die Gesellschaft die Erteilung eines aktuellen Aktienregisterauszugs entgegen § 67 Abs. 6 AktG verweigert, muss dem Aktionär eine Beweisführung gemäß § 421 ZPO nach Treu und Glauben und den Grundsätzen der Beweisvereitelung möglich sein, da andernfalls die Gesellschaft dessen Rechtsverteidigung im Freigabeverfahren durch Verweigerung der Erteilung eines Aktienregisterauszugs sabotieren könnte. In solchen Fällen müsste allerdings innerhalb der Wochenfrist des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG seitens des Aktionärs diesbezüglicher Sachvortrag erfolgt und nachgewiesen sowie ein entsprechender Beweisantrag gestellt sein.


cc) Zudem besteht der vom Gesetz geforderte Nachweis entsprechenden Aktienbesitzes „durch Urkunden" bei Namensaktien nicht zwingend gerade in einem aktuellen Auszug aus dem Aktienregister der Gesellschaft. Ein gleichwertiger urkundlicher Nachweis kann etwa auch geführt werden, indem sowohl ein früherer Auszug aus diesem Register (bzw. die zu einer Ersteintragung gemäß § 67 Abs. 1 AktG erforderlichen Mitteilungen an die Gesellschaft) sowie nachfolgende Veränderungen durch Aktienübertragungen und deren Mitteilung an die Gesellschaft jeweils durch Urkunden nachgewiesen werden (vgl. die als Anlage ASt10 vorgelegten Schriftstücke hinsichtlich der Übertragung von 2.200 Stückaktien durch die Antragsgegnerin zu 1) an Herrn Dr. G... und Frau S...).


dd) Selbst im Falle einer Verweigerung der Erteilung aktueller Aktienregisterauszüge durch die Antragstellerin entgegen § 67 Abs. 6 AktG wäre den Antragsgegnerinnen ein urkundlicher Nachweis damit möglich.


Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerinnen mit Schriftsatz vom 14.06.2012 nunmehr entsprechende Aktienregisterauszüge per 02.08.2010 vorgelegt haben, aus denen sich der von ihnen vorgetragene Aktienbesitz (abgesehen von der o.g. Übertragung von 2.200 Stückaktien durch die Antragsgegnerin zu 1) an Herrn Dr. G... und Frau S...) urkundlich ergibt. Ein rechtzeitiger urkundlicher Nachweis war den Antragsgegnerinnen damit möglich gewesen.


Der Umstand, dass § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG den Nachweis erfordert, dass „seit" Einberufung der Hauptversammlung ein anteiliger Aktienbesitz gehalten wird, sich mithin auch auf ein zeitliches Moment erstreckt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Während bei verbrieften Aktien insoweit eine Depotbescheinigung für den maßgeblichen Zeitraum geeignetes Beweismittel wäre, scheidet eine solche zwar aus, wenn die Satzung der Gesellschaft den Anspruch des Aktionärs auf Verbriefung seines Anteils ausgeschlossen hat (vgl. § 10 Abs. 5 AktG). Gleichwohl kann ein jeweiliger Veränderungsnachweis im Aktienbestand des Aktionärs urkundlich nachgewiesen werden (siehe oben). Falls keine Veränderungen stattgefunden haben, der Aktienbesitz vielmehr gleichgeblieben ist, reicht für den urkundlichen Nachweis jedenfalls ein solcher Nachweis des ursprünglich bestehenden Aktienbesitzes und ein entsprechender Vortrag nicht stattgefundener Veränderungen, verbunden mit dem Antrag, der Gesellschaft wegen deren bisheriger Verweigerung der Erteilung eines aktuellen Aktienregisterauszugs die Vorlage eines solchen an das Gericht aufzuerlegen, aus (sofern man nicht schon den Nachweis einer entsprechenden Eintragung im Aktienregister für sich ausreichen lässt, vgl. Hüffer, AktG 10. Aufl. § 246a Rn. 20 a.E.).


Die Antragsgegnerinnen haben sich indes während der Wochenfrist des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG weder auf ihre Eintragung im Aktienregister der Antragstellerin noch auf deren unberechtigte Verweigerung der Erteilung eines aktuellen Aktienregisterauszugs berufen (vgl. Hüffer, AktG 10. Aufl. § 246a Rn. 20).


ee) Soweit die Antragsgegnerinnen meinen, ihr nachzuweisender Aktienbesitz sei gerichtsbekannt, ist darauf hinzuweisen, dass die insoweit vorgetragenen vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth geführten zahlreichen weiteren Verfahren zwischen denselben Parteien dem Senat nicht aus eigener Befassung bekannt sind. In diesen vor einem anderen Gericht - wenngleich am selben Gerichtsort - geführten Verfahren vorgetragene Tatsachen sind weder offenkundig (§ 246a Abs. 1 Satz 2 AktG, § 291 ZPO) noch gerichtsbekannt (vgl. Zöller/Greger, ZPO 29. Aufl. § 291 Rn. 1a).


Das insoweit allein beim Senat anhängig gewesene Berufungsverfahren (Az. 12 U 2310/11) betraf die Anfechtung anderer - früherer - Hauptversammlungsbeschlüsse und ermöglichte daher keine Erkenntnisse des Senats über den Aktienbestand der Antragsgegnerinnen für den nunmehr fraglichen Zeitraum; im Übrigen wurde dieses Verfahren, bevor sich der Senat hiermit durch eine Sachentscheidung oder durch eine mündliche Verhandlung befassen konnte, infolge Berufungsrücknahme erledigt.


d) Bei der in § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG normierten Nachweisfrist von 1 Woche handelt es sich um eine nicht verlängerbare materiell-rechtliche Frist [siehe oben II 2 a bb (3)]. Diese ist im Streitfall nicht eingehalten.


Der Freigabeantrag hat damit schon aus diesem Grunde Erfolg.


3. Diesem Ergebnis stehen auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes nicht entgegen. Insbesondere können sich die Antragsgegnerinnen nicht darauf berufen, dass der Senat in einer früheren veröffentlichten Entscheidung (AG 2011, 179) in einem obiter dictum ohne nähere Begründung der Ansicht gefolgt ist, dass bei im Freigabeverfahren (nicht im Hauptsacheverfahren) unstreitigem Aktienbesitz des jeweiligen Antragsgegners der urkundliche Nachweis anteiligen Aktienbesitzes nicht zu führen ist.


a) Diese Äußerung des Senats war in der seinerzeit entschiedenen Fallkonstellation nicht entscheidungserheblich, da entsprechender Aktienbesitz im relevanten Zeitraum damals ausdrücklich bestritten war. Es handelte sich damit um ein bloßes obiter dictum. Als solches entfaltet dies bereits keine Bindungswirkung (vgl. etwa BGH, Urteil vom 20.03.2008 - IX ZR 236/06, IBR 2008, 616).


b) Zudem ist die Änderung einer - selbst höchstrichterlichen - Rechtsprechung auch unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes unbedenklich, wenn sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält (BVerfG, Beschluss vom 15.01.2009 - 2 BvR 2044/07, BVerfGE 122, 248 - Rügeverkümmerung).


Die damalige Äußerung des Senats hatte bereits deshalb keinen Vertrauenstatbestand begründet, weil es sich nicht um eine gefestigte Rechtsprechung handelte, sondern um die erstmalige Stellungnahme zu einer umstrittenen Rechtsfrage, die sich seinerzeit zudem nicht als entscheidungserheblich darstellte.


In Anbetracht der der seinerzeitigen Entscheidung des Senats nachfolgenden insoweit divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung und der hierdurch zunehmenden Erörterung und Durchdringung der Problematik war eine Überprüfung der damals geäußerten Rechtsansicht anlässlich einer neuen Entscheidung vorhersehbar. Auf eine solche Überprüfung und eine insoweit mögliche Änderung der Rechtsauffassung konnte der Senat die Antragsgegnerinnen vor Ablauf der Wochenfrist des § 246a Abs. 2 Nr. 2 AktG indes nicht hinweisen, da vor Ablauf dieser Frist noch gar nicht erkennbar war, dass der erforderliche urkundliche Nachweis nicht geführt werden würde, und da erst die spätere Beratung des Senats (in anderer Besetzung als bei Erlass der Entscheidung AG 2011, 179) zu einer Änderung der Rechtsauffassung geführt hat.


4. Da die Antragsgegnerinnen den ihnen vom Gesetz auferlegten Nachweis, dass sie bei Bekanntmachung der Einberufung der Hauptversammlung Aktien im anteiligen Betrag von mindestens 1.000 EUR hielten und seitdem halten, nicht geführt haben, war dem Freigabeantrag ohne weiteres stattzugeben. Ein Ermessen des Gerichts besteht insoweit nicht; es kommt auch nicht auf die Schwere der behaupteten Rechtsverstöße an (Kläsener/Wasse AG 2010, 202 m.w.N.).


Insbesondere kann damit dahinstehen, ob der Freigabeantrag auch deshalb Erfolg hat, weil die Anfechtungsklage der Antragsgegnerinnen unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist oder ob das alsbaldige Wirksamwerden des Hauptversammlungsbeschlusses vorrangig erscheint, weil die von der Antragstellerin behaupteten wesentlichen Nachteile für die Gesellschaft und ihre Aktionäre nach freier Überzeugung des Senats die Nachteile für die Antragsgegnerinnen überwiegen, falls keine besondere Schwere des Verstoßes vorliegt.


III. 1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.


2. Der Streitwert wurde unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen festgesetzt, §§ 246a Abs. 1 Satz 2, 247 Abs. 1 Satz 1 AktG.


a) Hierbei wurde berücksichtigt, dass der Streitwert ein Zehntel des Grundkapitals der Aktiengesellschaft (das hier 11.045.000,00 EUR beträgt) oder, wenn dieses Zehntel - wie im Streitfall - mehr als 500.000,00 EUR beträgt, 500.000,00 EUR nur insoweit übersteigen darf, als die Bedeutung der Sache höher zu bewerten ist, § 247 Abs. 1 Satz 2 AktG. Der Streitwert des Freigabeverfahrens orientiert sich zudem am Streitwert des Hauptsacheverfahrens (vgl. OLG Stuttgart AG 2010, 89 m.w.N.). Dieser wurde seitens der Antragsgegnerinnen (Klägerinnen im Hauptsacheverfahren) mit 150.000,00 EUR beziffert, wovon - da im Hauptsacheverfahren noch weitere Anfechtungsklagen streitgegenständlich sind - auf die Anfechtung des Beschlusses über die Kapitalerhöhung nur ein Bruchteil entfällt.


Für die Bemessung des Streitwerts einer aktienrechtlichen Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage wie auch für einen entsprechenden Freigabeantrag sind die wirtschaftlichen Auswirkungen maßgebend, die eine Entscheidung über die (Nicht-)Freigabe des Hauptversammlungsbeschlusses für beide Parteien hat, nicht aber Art und Anzahl der geltend gemachten Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsgründe (BGH, Beschluss vom 11.07.1994 - II ZR 58/94, AG 1994, 469).


Welchen Wert das Interesse des jeweiligen Antragsgegners an der Nichtfreigabe des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses hat, hängt von dem wirtschaftlichen Erfolg ab, den er damit für sich erstrebt. Der Wert seines Aktienbesitzes, bei börsennotierten Aktien der Kurswert, ergibt deshalb in der Regel die Obergrenze des insoweit zu berücksichtigenden Wertes. Unerheblich sind in diesem Rahmen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners und die Möglichkeit der Streitwertspaltung nach § 247 Abs. 2 AktG (Hüffer in: MünchKomm-AktG, 3. Aufl. § 247 Rn. 12 m.w.N.).


Auf der Gegenseite ist das Interesse der Antragstellerin an der Freigabe der jeweiligen Hauptversammlungsbeschlüsse zu berücksichtigen. Dazu gehört auch das Interesse, das die anderen Aktionäre an der Verteidigung des jeweiligen Beschlusses haben, weil sie von der Entscheidung im Freigabeverfahren gemäß § 246a Abs. 3 Satz 5 AktG sowie im Hinblick auf eine Vorgabe hinsichtlich des in den Hauptsacheklagen später ergehenden rechtskräftigen Urteils gem. § 248 Abs. 1 AktG mitbetroffen werden. Maßgeblich für den Wert des von der Gesellschaft verfolgten Interesses ist vorrangig der Vermögenswert der beschlossenen Maßnahme. Wenn sich ein derartiger Wert nicht feststellen lässt, ist auf die Bedeutung für die betroffene Gesellschaft abzustellen, für die etwa der Betrag des Grundkapitals oder die Bilanzsumme Indizien bilden (Hüffer a.a.O. m.w.N.).


Weil für die gemäß §§ 246a Abs. 1 Satz 2, 247 Abs. 1 AktG zu treffende Ermessensentscheidung eine Gewichtung der beiderseitigen Interessen erforderlich ist, wird der Streitwert in aller Regel zwischen dem Wert des Antragsteller- und des Antragsgegnerinteresses liegen (Hüffer a.a.O. Rn. 13).


b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Senat für eine Streitwertbemessung des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses - in Anbetracht der Bedeutung dieses Beschlusses für die Antragstellerin wie für deren sämtliche - auch die nicht verfahrensbeteiligten - Aktionäre - den Streitwert hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 1) auf 100.000,00 EUR und hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2) auf 25.000,00 EUR festgesetzt. Hierbei ist auch berücksichtigt, dass angesichts des seitens der Antragsgegnerinnen behaupteten relativ hohen Aktienbesitzes (Antragsgegnerin zu 1): 2.187.800 Aktien, Antragsgegnerin zu 2): 572.950 Aktien) die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Entscheidung für diese (insbesondere die Folge eines Verlustes einer bislang bestehenden Sperrminorität) durchaus als erheblich zu bewerten sind (vgl. BGH, Beschluss vom 28.09.1981 - II ZR 88/81, MDR 1982, 209). In Anbetracht dieses Umstandes hält der Senat bei zusammenfassender Abwägung der wirtschaftlichen Auswirkungen Werte in der oben bezeichneten Höhe für gerechtfertigt.


Anlass für eine „gespaltene" Streitwertfestsetzung gemäß § 247 Abs. 2 AktG sieht der Senat mangels entsprechenden Sachvortrags nicht.


3. Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 246a Abs. 3 Satz 4 AktG.

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