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Wirtschaftsrecht
15.02.2018
Wirtschaftsrecht
BMAS: Über 5000 Verfahren wegen Verstößen gegen das Mindestlohngesetz eingeleitet

BMAS, Pressemitteilung vom 21.12.2007

 

8,84 Euro beträgt der allgemeine gesetzliche Mindestlohn. Das gilt auch für 2018. Jeder angestellte Beschäftigte muss mindestens dieses Entgelt für eine Arbeitsstunde erhalten. In den meisten Fällen ist das so. Dennoch tauchen hin und wieder schwarze Schafe auf, die versuchen, zu mogeln.

 

Zwei Zollbeamte haben auf einer Baustelle im Berliner Stadtteil Mitte einen dort tätigen Mann in die Mitte genommen und geleiten ihn zur Befragung. Über 6.700 Zöllnerinnen und Zöllner gehen bundesweit gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung vor.Foto: picture-alliance/dpa

 

So zum Beispiel unlängst in der Region Frankfurt (Oder): Der Zoll kontrollierte hier im Oktober 76 Großküchen. 59 Zöllnerinnen und Zöllner des Hauptzollamts Frankfurt (Oder) waren unterwegs. Sie überprüften Mindestlohnbestimmungen, sozialversicherungspflichtige Meldepflichten und das Abführen von Beiträgen zur Sozialversicherung.

 

Die bisherigen Erkenntnisse ergaben: vier Verstöße gegen das Mindestlohngesetz. In zwei weiteren Fällen gibt es Verdachtsmomente für mögliche Scheinselbstständigkeit. Die Ermittlungen laufen noch.

 

Über 5.000 Verfahren bis Ende November 2017

 

Bundesweit hat die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) beim Zoll von 1. Januar bis 30. November 2017 5.050 Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Verstößen gegen das Mindestlohngesetz eingeleitet: 2.348 weil nicht der Mindestlohn gezahlt wurde. Die übrigen Verstöße beziehen sich vor allem auf die Pflicht zur Dokumentation der Arbeitszeit.

 

Unstimmige Arbeitszeitnachweise erregen Verdacht

 

Mitunter wird versucht, den Mindestlohn zu umgehen, indem Vorbereitungszeiten nicht auf die Arbeitszeit angerechnet werden. Etwa wenn Supermarkt-Beschäftigten nur die Zeit bezahlt wird, die sie an der Kasse sitzen, nicht aber das Regaleinräumen zuvor.

 

Verdacht kann es bei den Zollkollegen beispielsweise erregen, wenn die Arbeitszeitnachweise nicht stimmig sind. Dann wird im Steuerbüro nachgehakt. Unterlagen können nachgereicht werden. Wenn sich der Verdacht erhärtet, dass kein Mindestlohn gezahlt wird, kommt es zu weiteren Ermittlungen.

 

Hinweise und frühere Erkenntnisse

 

Wie kommen die Kontrolleure auf die "schwarzen Schafe"? In der Mindestlohn-Broschüre des Bundesarbeitsministeriums heißt es: "Die Behörden der Zollverwaltung (Finanzkontrolle Schwarzarbeit – FKS) kontrollieren im Rahmen eines risikoorientierten Prüfansatzes."

 

Was heißt das? Hinweise, branchenspezifische Erkenntnisse, ein möglicher finanzieller Schaden (z.B. Sozialversicherungsbeiträge), Erkenntnisse aus früheren Prüfungen, konkrete Hinweise im Einzelfall sowie regionale Besonderheiten werden bewertet. Danach werden die Kontrollen geplant.

 

Bei der Kontrolle selbst werden entweder die Beschäftigten befragt, die auf dem Gelände, im Betrieb eines Arbeitgebers angetroffen werden. Oder es kann auf die Prüfung von Geschäftsunterlagen hinauslaufen. Oder beides. Geprüft wird grundsätzlich ohne Ankündigung.

 

Verstoß ist zunächst Ordnungswidrigkeit

 

Wer als Arbeitgeber betrügt, muss mit einer Strafe rechnen. Dabei sind Verstöße des Arbeitgebers gegen die Pflicht, den Mindestlohn zu zahlen, zunächst ausschließlich eine Ordnungswidrigkeit. Ein Bußgeld nach Paragraf 36 des Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) wird fällig. Bei der Höhe der Geldbuße kommt es immer auf den Einzelfall an. Dabei spielen eine Rolle der wirtschaftliche Vorteil, der Grad der Vorwerfbarkeit und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen.

 

Nach dem Gesetz kann die Geldbuße bis zu 500.000 Euro betragen. Wer die Arbeitszeiten als Arbeitgeber nicht ordentlich dokumentiert, kann mit bis zu 30.000 Euro bestraft werden. Außerdem kann das Unternehmen von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.

 

Im Einzelfall an den Staatsanwalt

 

Wenn im Einzelfall strafrechtliche Vorschriften verletzt werden – wie das Vorenthalten oder Veruntreuen von Arbeitsentgelt –, dann muss der Zoll ein Strafverfahren einleiten. Die zuständige Staatsanwaltschaft entscheidet, ob Anklage erhoben wird, ein Strafbefehl ergeht oder das Ermittlungsverfahren strafrechtlich eingestellt wird.

 

Ergeht ein Strafbefehl oder wird der Beschuldigte verurteilt, so kann eine Geld- oder Freiheitsstrafe verhängt werden. Eine Geldstrafe wird in Tagessätzen bemessen. Die Höhe der Tagessätze richtet sich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten.

 

Beschäftigte können sich an den Zoll wenden, wenn sie glauben, dass ihnen nicht der Mindestlohn gezahlt wird. Die Mindestlohn-Hotline, erreichbar unter 030 60 280 028, nimmt Beschwerden und Meldungen von Verstößen entgegen. Man kann den Mindestlohnanspruch auch beim zuständigen Arbeitsgericht einklagen.

 

Kein Wettbewerb um niedrige Löhne

 

Gerade Beschäftigte im Niedriglohnbereich schützt der Mindestlohn vor Dumpinglöhnen. Er gibt der Arbeit ihren Wert und anerkennt die Leistung.

 

Außerdem hilft der Mindestlohn dabei, dass Wettbewerb zwischen den Unternehmen nicht zu Lasten der Beschäftigten geht, indem immer niedrigere Löhne gezahlt werden.

 

Mindestlohn seit 2015

 

Den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn gibt es hierzulande seit 2015. Erstmals wurde per Gesetz eine Lohnuntergrenze eingeführt, die für jegliche Beschäftigung gilt. Zunächst lag diese bei 8,50 Euro brutto pro Zeitstunde. Zum 1. Januar 2017 wurde der allgemeine gesetzliche Mindestlohn auf 8,84 Euro erhöht. Er gilt auch für 2018. Neben dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn gibt es außerdem Lohnuntergrenzen für bestimmte Branchen.

 

Alle zwei Jahre, das nächste Mal 2018, setzt die aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern bestehende Mindestlohnkommission die Höhe des gesetzlichen Mindestlohnes fest. Sie orientiert sich dabei an der Entwicklung der Tariflöhne.

 

Ausnahme nur beim Jobeinstieg von Langzeitarbeitslosen

 

Der gesetzliche Mindestlohn gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über 18 Jahre. Um Langzeitarbeitslosen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern, kann bei ihnen in den ersten sechs Monaten der Beschäftigung vom Mindestlohn abgewichen werden.

 

Auch Zeitungszusteller, für die bis Ende 2017 noch Sonderregeln gelten, müssen ab 1. Januar 2018 den gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro bekommen.

 

Dokumentieren der Arbeitszeit ist A und O

 

Arbeitgeber müssen dokumentieren, dass der Mindestlohn tatsächlich für die geleistete Arbeitszeit bezahlt wird. Diese Pflicht gilt generell für geringfügig Beschäftigte und Wirtschaftsbereiche, die anfällig für Schwarzarbeit sind. Dazu zählen zum Beispiel das Baugewerbe, Gaststätten und Herbergen, Speditions-, Transport und Logistikbereich, Unternehmen der Forstwirtschaft, Gebäudereinigung, Messebau und Fleischwirtschaft.

 

Wenn Arbeitgeber zur Dokumentation der Arbeitszeit nach dem Mindestlohngesetz verpflichtet sind, müssen sie Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit erfassen. Eine besondere Form ist nicht erforderlich. Das kann auch der handschriftliche Stundenzettel sein. Bei Beschäftigten, die ausschließlich mobil tätig sind und ihre Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen, genügt es, die Dauer der Arbeitszeit festzuhalten.

 

Auch Zeitungszustellerinnen und -zusteller und Beschäftigte bei Paketdiensten müssen regelmäßig ihre Arbeitszeit aufzeichnen. Ausgenommen von der Dokumentationspflicht sind Minijobs im privaten Bereich.

 

Zur Erfassung und Übermittlung von Arbeitszeiten steht auf der Website des BMAS die kostenlose App "einfach erfasst" für Android-Geräte zum Download zur Verfügung.

 

Auftraggeber haftet auch für Subunternehmer

 

Ein Auftraggeber haftet für die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns, auch wenn er einen anderen Unternehmer mit bestimmten Leistungen beauftragt. So wird verhindert, dass ausbeuterischen Arbeitsmethoden über Subunternehmerketten verschleiert werden.

 

 

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