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Wirtschaftsrecht
13.03.2014
Wirtschaftsrecht
BGH: Versuchter Betrug durch Betreiben von „Abo-Fallen“

Der Angeklagte betrieb verschiedene kostenpflichtige Internetseiten, die jeweils ein nahezu identisches Erscheinungsbild aufwiesen, u. a. einen sog. Routenplaner. Die Inanspruchnahme des Routenplaners setzte voraus, dass der Nutzer zuvor seinen Vor- und Zunamen nebst Anschrift und E-Mail-Adresse sowie sein Geburtsdatum eingab. Aufgrund der vom Angeklagten gezielt mit dieser Absicht vorgenommenen Gestaltung der Seite war für flüchtige Leser nur schwer erkennbar, dass es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handelte. Die Betätigung der Schaltfläche „Route berechnen“ führte nach einem am unteren Seitenrand am Ende eines mehrzeiligen Textes klein abgedruckten Hinweis zum Abschluss eines kostenpflichtigen Abonnements, das dem Nutzer zum Preis von 59,95 Euro eine dreimonatige Zugangsmöglichkeit zu dem Routenplaner gewährte. Dieser Fußnotentext konnte in Abhängigkeit von der Größe des Monitors und der verwendeten Bildschirmauflösung erst nach vorherigem „Scrollen“ wahrgenommen werden. Der 2. Strafsenat hat mit Urteil vom 5.3.2014 – 2 StR 616/12 – ausgeführt, dass durch die auf Täuschung abzielende Gestaltung der Internetseite die Kostenpflichtigkeit der angebotenen Leistung gezielt verschleiert worden sei. Dies stelle eine Täuschungshandlung i. S. d. § 263 StGB dar. Die Erkennbarkeit der Täuschung bei sorgfältiger Lektüre schließe die Strafbarkeit nicht aus, denn die Handlung sei gerade im Hinblick darauf unternommen worden, die bei einem – wenn auch nur geringeren – Teil der Benutzer vorhandene Unaufmerksamkeitoder Unerfahrenheit auszunutzen. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.5.2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken). Die Richtlinie führe jedenfalls hier nicht zu einer Einschränkung des strafrechtlichen Rechtsgüterschutzes. Auch ein Vermögensschaden sei gegeben. Dieser liege in der Belastung mit einer bestehenden oder auch nur scheinbaren Verbindlichkeit, da die Gegenleistung in Form einer dreimonatigen Nutzungsmöglichkeit für den Nutzer praktisch wertlos sei.
(PM BGH vom 6.3.2014)

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