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Wirtschaftsrecht
23.01.2017
Wirtschaftsrecht
BT: Kartellrechts-Novelle im Fokus

Durchwachsen ist die Einschätzung der Sachverständigen zum Entwurf der neunten Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) ausgefallen. Zwar wurde bei der Experten-Befragung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie unter der Leitung von Peter Ramsauer (CSU) insgesamt begrüßt, dass die zunehmende Digitalisierung mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/10207) ihren Niederschlag im Wettbewerbsrecht findet. Doch gab es etwa zur beabsichtigten Erleichterung von Pressekonzentrationen unterschiedliche Stellungnahmen.

Namens des Bundeskartellamts unterstützte Präsident Andreas Mundt "nachdrücklich" die zentralen Regelungsvorschläge. Dazu zählt, dass bei der Fusionskontrolle auch Start-up-Unternehmen berücksichtigt werden, deren Umsätze noch gering sind, deren Kaufpreis aber mit über 400 Millionen Euro besonders hoch ist.

Mundt formulierte es so: Die vorgesehene Gesetzesänderung stelle sicher, dass das Bundeskartellamt "künftig gesamtwirtschaftlich bedeutende Zusammenschlüsse auch dann auf ihre wettbewerblichen Auswirkungen hin untersuchen kann, wenn sich das wettbewerbliche Potential der Unternehmen noch nicht in konkreten Umsätzen widerspiegelt".

Mundt hob überdies darauf ab, dass Lücken im Bußgeldrecht geschlossen werden. Geldbußen wegen Kartellrechtsverstößen, so sieht es nämlich der Gesetzentwurf vor, sollen nicht nur gegen die handelnde Tochtergesellschaft, sondern auch gegen die lenkende Konzernmutter, zudem gegen rechtliche wie wirtschaftliche Nachfolger von Unternehmen verhängt werden können.

Die noch gültige Reglung hat laut Mundt zur Folge, dass beim Bußgeld derzeit "ein dreistelliger Betrag unter Feuer steht". Bündnis 90/Die Grünen drängen in einem Antrag (18/4817) darauf, dass im Falle von Kartellverstößen alle Möglichkeiten zur Umgehung von Bußgeldern ausgeschlossen werden.

Der Vorstoß zum Bußgeldrecht stehe "im Einklang mit Verfassungsrecht", befand Rupprecht Podszun (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf). Demgegenüber meinte Stefan John vom Bundesverband der Industrie (BDI), in dem Punkt liege der Gesetzentwurf "gänzlich falsch". Denn "ohne Not" würden "grundlegende Rechtsprinzipien deutschen Haftungs- und Gesellschaftsrechts" geopfert - und zwar "auf verfassungsrechtlich nicht zulässige Weise".

Eine "Weiterentwicklung der wettbewerbsrechtlichen Instrumente in der Digitalwirtschaft" ist für den Verbraucherzentrale Bundesverband "unbedingt geboten", so Jutta Gurkmann. Die Durchsetzung von Verbraucherschutzmaßnahmen durch eine Behörde wie das Bundeskartellamt mache Sinn. So sei Schleichwerbung gerade im digitalen Bereich kaum zu erkennen und eventuell erst anhand von Geldflüssen zu ermitteln. John (BDI) lehnte behördliche Durchgriffsrechte strikt ab.

Die Fraktion Die Linke fordert in einem Antrag (18/10240) mit Verweis auf den Fall Edeka/Kaiser's-Tengelmann die Ministererlaubnis bei Großfusionen durch eine "Parlamentserlaubnis" zu ersetzen. Dies sei schon deshalb geboten, weil es sich um eine Entscheidung "contra Fusionskontrollrecht" handele, wie Tobis Lettl (Universität Potsdam) ausführte. Ein solcher Schritt komme allein dem Gesetzgeber zu. Demgegenüber hat sich das Instrument der Ministererlaubnis nach Ansicht der Monopolkommission "grundsätzlich bewährt". Podszun forderte mindestens eine transparentere Ausgestaltung.

"Wettbewerbspolitisch nicht überzeugend" ist für Kartellamts-Präsident Mundt die vorgesehene "Sonderregel" einer "weitreichenden Freistellung von Kooperationen unter Presseverlagen". Auch die Monopolkommission bewerte dies "kritisch", so der Befund von Jürgen Kühlung. Helmut Verdenhalven vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) sah darin einen "äußerst wichtigen Schritt, um den Gefahren für die Pressevielfalt im Zuge der Digitalisierung der Medien zu begegnen". So würden durch "Synergien im verlagswirtschaftlichen Bereich" dann "Mittel zur Stärkung der redaktionellen Arbeit frei, die anders nicht mehr zu erzielen sind".

Demgegenüber meinte Cornelia Hass (Dienstleistungsgewerkschaft ver.di), es sei durch die angepeilten Gesetzesänderungen "ein weiteres Abnehmen der Medienvielfalt" zu befürchten, dazu ein fortgesetzter Abbau von Arbeitsplätzen.

(hib-Meldung vom 23.1.2017)

 

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