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Steuerrecht
12.10.2017
Steuerrecht
EuGH-Schlussantrag: Zahlung von Zinsen auf eine nach Fristablauf erfolgte Mehrwertsteuererstattung

EuGH, Schlussantrag vom 5.10.2017 – C-387/16, Nidera

ECLI:EU:C:2017:740

Volltext: BB-Online BBL2017-2453-3 unter www.betriebs-berater.de

GA Maciej Szunar schlägt dem EuGH vor, wie folgt zu entscheiden:

Art. 183 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist in Verbindung mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität dahin auszulegen, dass er es nicht zulässt, die einem Steuerpflichtigen geschuldeten Zinsen auf nicht fristgerecht erstattete zu viel gezahlte Mehrwertsteuer aus Gründen, die sich nicht aus dem Handeln dieses Steuerpflichtigen ergeben, auf einen Betrag herabzusetzen, der niedriger ist als der, der ihm nach den allgemeinen Grundsätzen zustünde.

Schlussantrag

Einleitung

1.         Zu viel gezahlte Steuer ist dem Steuerpflichtigen innerhalb einer angemessenen Frist zu erstatten. Wird diese Frist überschritten, ist dem Steuerpflichtigen der Schaden durch die Zahlung von Verzugszinsen zu ersetzen. Diese Grundsätze ergeben sich aus den Bestimmungen des Unionsrechts und der Rechtsprechung des Gerichtshofs. In Extremfällen kann die Anwendung dieser Grundsätze aber dazu führen, dass an den Steuerpflichtigen erhebliche Zinsbeträge fließen, die außer Verhältnis zu dem Steuererstattungsbetrag stehen. Das vorlegende Gericht stellt in der vorliegenden Rechtssache daher die Frage, ob diese Grundsätze unter solchen besonderen Umständen Einschränkungen erfahren. Diese Frage ist zu verneinen, und zwar aus Gründen, die ich in den vorliegenden Schlussanträgen darlegen werde.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

2.         Art. 183 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem(2) bestimmt:

„Übersteigt der Betrag der abgezogenen Vorsteuer den Betrag der für einen Steuerzeitraum geschuldeten Mehrwertsteuer, können die Mitgliedstaaten den Überschuss entweder auf den folgenden Zeitraum vortragen lassen oder nach den von ihnen festgelegen Einzelheiten erstatten.“

Litauisches Recht

3.         Im litauischen Recht wird die Pflicht zur Erstattung zu viel gezahlter Mehrwertsteuer in Art. 91 Abs. 10 des Lietuvos Respublikos pridėtinės vertės mokesčio įstatymas (Mehrwertsteuergesetz) geregelt. Diese Erstattung erfolgt nach den im Lietuvos Respublikos mokesčių administravimo įstatymas (Gesetz über die Steuerverwaltung) bestimmten Grundsätzen.

4.         Gemäß Art. 87 Abs. 6, 7 und 9 dieses Gesetzes werden zu Unrecht eingezogene Steuern auf Antrag des Steuerpflichtigen grundsätzlich innerhalb von 30 Tagen erstattet. In Fällen, in denen Prüfungsverfahren durchzuführen sind, muss die Erstattung innerhalb von 20 Tagen ab Erlass der Entscheidung erfolgen, mit der der Anspruch auf die Erstattung im Anschluss an das Prüfungsverfahren festgestellt wurde. Bei Nichteinhaltung der oben genannten Fristen zur Erstattung zu viel gezahlter Steuer fallen auf den Erstattungsbetrag Zinsen an, die ihrer Höhe nach den Zinsen entsprechen, die ein Steuerpflichtiger bei verspäteter Entrichtung der Steuer zu zahlen hat.

5.         Die Höhe der Zinsen bestimmt gemäß Art. 99 desselben Gesetzes der Finanzminister unter Berücksichtigung des mittleren jährlichen Zinssatzes für die in den letzten drei Monaten emittierten Staatsanleihen. Zur Festlegung der Höhe der Zinsen wird dieser mittlere Zinssatz um zehn Prozentpunkte angehoben.

Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

6.         Die Nidera B.V., eine Gesellschaft niederländischen Rechts (im Folgenden: Nidera), erwarb im Februar und Mai 2008 Weizen von litauischen Erzeugern und zahlte darauf Mehrwertsteuer in Höhe von 11 743 259 LTL (etwa 3 400 000 Euro). Nidera führte diesen Weizen anschließend in Drittländer aus und wandte dabei den Mehrwertsteuersatz von 0 % an.

7.         Am 12. August 2008 wurde Nidera in Litauen als Mehrwertsteuerpflichtige registriert und beantragte in der Mehrwertsteuererklärung für den Zeitraum vom 12. bis 31. August 2008 die Erstattung der im Zusammenhang mit den im Februar und Mai 2008 getätigten Umsätzen abgeführten Mehrwertsteuer. Die litauischen Steuerbehörden lehnten die Erstattung jedoch mit Bescheid vom 19. März 2009 mit der Begründung ab, Nidera sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, da sie zum Zeitpunkt der Tätigung des Umsatzes nicht als Mehrwertsteuerpflichtige registriert gewesen sei.

8.         Nidera leitete ein Gerichtsverfahren dagegen ein, in dessen Verlauf der Gerichtshof eine Vorabentscheidung erließ(3). Infolge dieser Entscheidung erhielt Nidera am 22. Dezember 2010 eine Mehrwertsteuererstattung in Höhe von 11 743 259 LTL, was dem Betrag der abgeführten Steuer entsprach. Nidera begehrte anschließend die Zahlung von Zinsen auf die verspätete Erstattung der Mehrwertsteuer. Die Steuerbehörden zahlten ihr 214 902,27 LTL (etwa 60 000 Euro) an Zinsen für den Zeitraum vom Erlass der Entscheidung durch den Gerichtshof bis zur Erstattung der Steuer. Der von Nidera bei der nächstinstanzlichen Steuerbehörde gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch wurde zurückgewiesen.

9.         Mit der daraufhin vor dem Vilniaus apygardos administracinis teismas (Regionales Verwaltungsgericht Vilnius, Litauen) erhobenen Klage beantragte Nidera, den angeführten Bescheid aufzuheben und die Verwaltungsbehörden zur Zahlung von 3 864 706,66 LTL (etwa 1 100 000 Euro) an Zinsen für den Zeitraum vom 21. November 2008, d. h. dem Tag der Einleitung des Steuerprüfungsverfahrens, bis zum Tag der Erstattung der Mehrwertsteuer zu verurteilen. Dieses Gericht gab der Klage von Nidera teilweise, nämlich in Bezug auf die Zahlung von Zinsen für den Zeitraum ab dem 17. Februar 2009, statt. Die Steuerbehörde legte beim Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Verwaltungsgerichtshof, Litauen), das in der vorliegenden Rechtssache um Vorabentscheidung ersucht, Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein.

10.       Dem vorlegenden Gericht kamen Zweifel, ob es die Zinsen für die verspätete Erstattung der zu viel gezahlten Mehrwertsteuer der Höhe nach begrenzen darf, weil sie außer Verhältnis zum Hauptbetrag und dem tatsächlichen Schaden des Steuerpflichtigen stehen. Unter diesen Umständen beschloss der Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Verwaltungsgerichtshof, Litauen), das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 183 der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität dahin auszulegen, dass er einer Herabsetzung der nach nationalem Recht auf nicht fristgerecht erstattete (verrechnete) zu viel gezahlte Mehrwertsteuer (Überschuss) regelkonform geschuldeten Zinsen entgegensteht, wenn bei dieser Herabsetzung andere als die sich aus dem Handeln des Steuerpflichtigen selbst ergebenden Umstände berücksichtigt werden, wie etwa das Verhältnis zwischen den Zinsen und der Höhe der nicht fristgerecht erstatteten Überzahlung, der Zeitraum, während dessen die Erstattung des zu viel gezahlten Betrags ausblieb, und die hierfür bestehenden Gründe sowie die dem Steuerpflichtigen tatsächlich entstandenen Verluste?

11.       Das Vorabentscheidungsersuchen ist am 12. Juli 2016 beim Gerichtshof eingegangen. Nidera, die litauische und die tschechische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben. Nidera, die litauische Regierung sowie die Kommission waren in der Verhandlung am 8. Juni 2017 vertreten.

Würdigung

12.       Mit seiner in der vorliegenden Rechtssache eingereichten Frage möchte das nationale Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 183 der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität dahin auszulegen ist, dass er es zulässt, die dem Steuerpflichtigen regelkonform zustehenden Zinsen auf nicht fristgerecht erstattete zu viel gezahlte Mehrwertsteuer herabzusetzen, nicht weil sich die Gründe hierfür aus dem Handeln dieses Steuerpflichtigen selbst ergeben, sondern weil die Zinsen außer Verhältnis zum Hauptbetrag und dem tatsächlichen Schaden des Steuerpflichtigen stehen.

Pflicht zur Erstattung zu viel gezahlter Steuer

13.       Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Pflicht zur Erstattung zu viel gezahlter Mehrwertsteuer gemäß Art. 183 der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität – einschließlich Zinsen, wenn die Erstattung nicht innerhalb einer angemessenen Frist erfolgte – sich aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt(4). Die Zinsen sind dabei grundsätzlich von dem Tag an zu berechnen, an dem die Erstattung hätte erfolgen müssen(5). Die Erstattungsfrist kann verlängert werden, wenn die Durchführung einer Steuerprüfung zur Feststellung des Rechts auf Steuererstattung dies erfordert, wobei dem Steuerpflichtigen allerdings auch dann Zinsen zustehen, wenn diese Prüfung mehr Zeit in Anspruch nimmt, als dazu erforderlich wäre(6).

14.       Ähnliche Grundsätze, d. h. die Pflicht zur Erstattung einschließlich Zinsen, gelten in Bezug auf eine unionsrechtswidrig erhobene Steuer(7). Es ist davon auszugehen, dass dies auch auf eine Steuer zutrifft, die zwar, wie in der vorliegenden Rechtssache, im Einklang mit dem Unionsrecht erhoben, aber deren Erstattung unionsrechtswidrig abgelehnt wurde.

15.       Ich denke daher, dass Nidera auf der Grundlage von Art. 183 der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität selbstverständlich das Recht auf Erstattung der Mehrwertsteuer, die den Gegenstand des Ausgangsverfahrens bildet, zuzüglich Zinsen ab Ablauf der nach litauischen Vorschriften bestimmten Erstattungsfrist nach der Beendigung der Steuerprüfung zusteht(8). Der Bescheid der litauischen Steuerbehörden vom 19. März 2009, mit dem die Erstattung der Steuer abgelehnt wurde, war falsch und verstieß gegen das Unionsrecht.

16.       Das vorlegende Gericht stellt dieses Recht nicht grundsätzlich in Frage, möchte jedoch wissen, ob unter den besonderen Umständen des Ausgangsverfahrens, in dem der lange Zeitraum des Verzugs mit der Steuererstattung dazu geführt hat, dass auf Seiten des Steuerpflichtigen ein Anspruch auf Zahlung von im Verhältnis zur Hauptforderung sehr hohen Zinsbeträgen entstanden ist, die möglicherweise den tatsächlichen Schaden des Steuerpflichtigen wegen der fehlenden Erstattung der Steuer übersteigen, die Möglichkeit besteht, die Höhe dieser Zinsen durch eine gerichtliche Entscheidung zu begrenzen.

Grundsätze der Äquivalenz und Effektivität

17.       Die Modalitäten für die Erstattung zu viel gezahlter oder zu Unrecht eingezogener Steuern, u. a. die Höhe eventueller Zinsen, werden nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie durch die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten geregelt. Diese Regelungen müssen aber im Einklang mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität stehen(9).

Grundsatz der Äquivalenz

18.       Nach dem Grundsatz der Äquivalenz dürfen die Regelungen zur Erstattung, zu der der Steuerpflichtige nach dem Unionsrecht berechtigt ist, nicht ungünstiger sein als die Regelungen, die für ähnliche Ansprüche gelten, die sich aus dem nationalen Recht ergeben.

19.       Aus den in dem Vorabentscheidungsersuchen angeführten Bestimmungen des litauischen Rechts geht meiner Meinung nach nicht eindeutig hervor, dass die Gerichte dazu befugt sind, die Höhe der an den Steuerpflichtigen wegen verspätet vorgenommener Erstattung der Steuer zu zahlenden Zinsen geringer festzusetzen, als sich dies aus den gesetzlichen Bestimmungen ergibt. Der Beschluss des vorlegenden Gerichts enthält auch keine Angaben zur diesbezüglichen Praxis der litauischen Gerichte. Es lässt sich daher kaum beurteilen, ob die Herabsetzung der Zinsen im Fall einer unionsrechtlich begründeten Steuererstattung eine ungünstigere Behandlung darstellen würde als im Fall einer Erstattung auf der Grundlage des nationalen Rechts.

20.       Die Frage nach der Beachtung des Äquivalenzgrundsatzes wird daher letztendlich das vorlegende Gericht beantworten müssen. Ich denke aber, dass, wenn es im litauischen Recht keine eindeutigen Bestimmungen gibt, die die Gerichte dazu berechtigen, die Zinsen herabzusetzen, und wenn es auch keine ständige gerichtliche Praxis gibt, die derartige Maßnahmen in Bezug auf Steuererstattungen auf der Grundlage des nationalen Rechts erlaubt, eine Herabsetzung der auf eine unionsrechtlich begründete Erstattung der Steuer anfallenden Zinsen, insbesondere wenn es sich dabei um einen Präzedenzfall handelt, gegen den Grundsatz der Äquivalenz verstoßen würde. Wenn dies nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts zutreffen sollte, müsste nach meinem Dafürhalten allein schon deswegen die Vorlagefrage bejaht werden.

Grundsatz der Effektivität

21.       Der Grundsatz der Effektivität wiederum erfordert, dass die im nationalen Recht festgelegten Regeln für die Geltendmachung von Ansprüchen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Die Beantwortung der Frage, ob die Zinsen, die dem Steuerpflichtigen wegen der verspätet vorgenommen Erstattung der zu viel gezahlten Steuer zustehen, herabgesetzt werden können, erfordert im Licht des Effektivitätsgrundsatzes eine umfangreichere Würdigung.

22.       Wie aus der bereits angeführten Rechtsprechung hervorgeht, steht dem Mehrwertsteuerpflichtigen nach Art. 183 der Richtlinie 2006/112 das Recht auf Erstattung der entrichteten Steuer zu, wenn der Betrag dieser Steuer den Betrag der Vorsteuer, zu deren Abzug der Steuerpflichtige berechtigt ist, übersteigt. Dies folgt aus der Konstruktion der Mehrwertsteuer, mit der der Verbrauch von Waren und die Inanspruchnahme von Dienstleistungen besteuert werden, die aber nicht die Unternehmer belasten soll. Aus dieser Konstruktion ergibt sich der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer für die Steuerpflichtigen.

23.       Die Erstattung der Steuer muss innerhalb einer durch die nationalen Vorschriften der Mitgliedstaaten bestimmten angemessenen Frist erfolgen. Wird die angemessene Erstattungsfrist überschritten, ist der dem Steuerpflichtigen daraus entstandene Schaden zu ersetzen, um das damit für ihn einhergehende finanzielle Risiko zu beseitigen(10).

24.       Der Steuerpflichtige kann infolge einer verspäteten Erstattung der Steuer mannigfaltige Verluste erleiden. Sie ergeben sich vor allem daraus, dass er nicht über die Geldmittel verfügen kann, die ihm unter normalen Umständen, d. h., wenn die Erstattung fristgerecht erfolgt wäre, zur Verfügung stünden, die aber nunmehr auf dem Konto der Steuerbehörde „eingefroren“ bleiben.

25.       Derartige Verluste können kaum präzise beziffert werden, da es sich dabei hauptsächlich um entgangene Gewinne (lucrum cessans) handelt, die der Steuerpflichtige erzielen könnte, wenn er die Geldmittel investiert hätte, sei es im Rahmen der von ihm ausgeübten Tätigkeit, sei es in Finanzinstrumente. Es tauchen an dieser Stelle also die typischen Schwierigkeiten auf, die mit der Berechnung künftiger Einkünfte einhergehen, die naturgemäß unsicher sind und von zahlreichen Bedingungen abhängen.

26.       Daher werden derartige Verluste für gewöhnlich durch die Zahlung von Zinsen ausgeglichen, bei denen es sich um eine Form von pauschaliertem Schadensersatz handelt. Diese Form des Schadensersatzes erlaubt es dem Gläubiger (im vorliegenden Fall dem Steuerpflichtigen), einen angemessenen Ausgleich zu empfangen, ohne den sehr schwierigen Beweis der tatsächlichen Höhe des Schadens führen zu müssen, wobei der Schuldner auf der anderen Seite nicht der Gefahr ausgesetzt ist, unvorhersehbare, möglicherweise überaus hohe Beträge zahlen zu müssen.

27.       Verzugszinsen haben noch einen weiteren Sinn. Sie sind nämlich eine Sanktion, die den Schuldner zur fristgemäßen Zahlung des dem Gläubiger zustehenden Betrags animieren soll, da sich nämlich andernfalls dieser Betrag um die Zinsen erhöht. Ich denke aber, dass in einem Fall, in dem der Staat Schuldner und der Steuerzahler Gläubiger ist, der gravierende Unterscheid in Bezug auf die finanzielle Leistungsfähigkeit der beiden Parteien es mit sich bringt, dass die Ausgleichsfunktion der Zinsen in den Vordergrund tritt. Während die einzelne Forderung des betreffenden Steuerpflichtigen für den Staatshaushalt nur eine zu vernachlässigende Größe darstellt, ist sie für gewöhnlich ein bedeutsamer Posten im Haushalt des Steuerpflichtigen und kann manchmal sogar für seine finanzielle Liquidität entscheidend sein.

28.       Die Verzugszinsen richten sich für gewöhnlich nach den mittleren Kosten der Beschaffung von Geldmitteln auf dem Bankenmarkt. Schadensersatz in Form von Zinsen hat also noch den zusätzlichen Vorteil, dass er es dem Gläubiger ermöglicht, die von ihm benötigten Mittel durch ein Bankdarlehen zu beschaffen, mit der Garantie, dass er in Form von Verzugszinsen einen Betrag wiedererlangt, der in etwa den Kosten der Beschaffung dieses Darlehens entspricht.

29.       Die Höhe der Verzugszinsen bestimmen für gewöhnlich die Vorschriften des nationalen Rechts der Mitgliedstaaten. Aus unionsrechtlicher Sicht können die Mitgliedstaaten die Höhe der Zinsen, soweit diese Höhe nicht auf einem außergewöhnlich niedrigen Niveau festgesetzt wird, was gegen den Grundsatz der Effektivität verstieße, im Rahmen ihrer Verfahrensautonomie frei bestimmen. Die so bestimmte Höhe der Zinsen erlaubt es sowohl den Gläubigern als auch den Schuldnern, die Höhe ihrer künftigen finanziellen Ansprüche bzw. Verbindlichkeiten präzise vorherzusehen, wodurch Rechtssicherheit garantiert wird.

30.       Wenn sich also aus Art. 183 der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität das Recht des Steuerpflichtigen auf Erstattung der zu viel gezahlten Steuer in einer angemessenen Frist und im Fall einer Überschreitung dieser angemessenen Frist auch das Recht auf Ausgleich der wegen der verspäteten Steuererstattung erlittenen Verluste ergibt, umfasst dieses Recht nach meiner Ansicht auch die Zahlung von Verzugszinsen auf die erstattete Steuer in der vollen in dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats festgelegten Höhe. Das Recht auf Zinszahlungen zu beschränken, verstieße daher gegen den Grundsatz der Effektivität. Denn diese Beschränkung bedeutet, dass die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte – und zwar des Rechts auf Ersatz des durch die verspätete Erstattung der Steuer erlittenen Schadens – unmöglich gemacht oder zumindest übermäßig erschwert wird. Zudem verstieße eine solche Beschränkung gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, da der Steuerpflichtige als Gläubiger der Steuerbehörden darauf vertrauen darf, dass er die gesetzlich vorgeschriebenen Zinsen in voller Höhe ausgezahlt bekommt. Das Recht auf Zahlung der Zinsen in voller Höhe kann nur unter besonderen Umständen eingeschränkt werden, wenn die Steuererstattung sich aus Gründen verspätet, die auf Seiten des Steuerpflichtigen liegen. Das ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

31.       Eine mit dem Grundsatz der Effektivität nicht zu vereinbarende Beschränkung stellt meiner Meinung nach auch die Möglichkeit dar, den Betrag der dem Steuerpflichtigen zustehenden Zinsen gerichtlich herabzusetzen, wenn eine erhebliche, aber nicht durch den Steuerpflichtigen verschuldete Verspätung mit der Erstattung der Steuer dazu geführt hat, dass auf Seiten des Steuerpflichtigen ein Anspruch auf Zahlung von im Verhältnis zur Hauptforderung besonders hohen Zinsen entstanden ist, die den tatsächlichen Schaden des Steuerpflichtigen wegen der verspäteten Erstattung der Steuer möglicherweise übersteigen.

32.       Eine solche Herabsetzung des Betrags der geschuldeten Zinsen würde nämlich unweigerlich dazu führen, dass der Steuerpflichtige die Höhe des tatsächlichen Schadens nachweisen müsste(11). Dieser Beweis ist, worauf ich bereits hingewiesen habe, besonders schwierig, da es um Schäden in Form von entgangenen Gewinnen geht, die kaum eindeutig berechnet und nachgewiesen werden können. Müsste dieser Beweis geführt werden, würde es dem Steuerpflichtigen erheblich erschwert, vielfach wahrscheinlich sogar unmöglich gemacht, das Recht auf Erstattung der Steuer samt Schadensersatz für eine gegebenenfalls verspätete Vornahme dieser Erstattung in Anspruch zu nehmen. Müsste der Schadensersatz für diese Verspätung auf diese Weise geltend gemacht werden, würden damit Schwierigkeiten einhergehen, die sich am deutlichsten veranschaulichen lassen, wenn man sie dem sehr einfachen Mechanismus der Zahlung von Verzugszinsen in einer im Voraus bestimmten Höhe gegenüberstellt.

33.       Wie das vorlegende Gericht ausführt, können die Zinsen in manchen Fällen den tatsächlichen Schaden des Steuerpflichtigen übersteigen. Dies ist aber eine normale Nebenfolge eines pauschalierten Schadensersatzes, der naturgemäß einen ungefähren und statistisch wahrscheinlichen Schaden widerspiegelt, den der Steuerpflichtige erleiden kann, und nicht den tatsächlich erlittenen Schaden. Schadensersatz in Form von Zinsen kann in konkreten Fällen höher oder niedriger ausfallen als der tatsächliche Schaden. Das rechtfertigt es aber nach meinem Dafürhalten nicht, auf diese Form des Schadensersatzes zu verzichten.

34.       In besonderen Fällen, wenn z. B. die verspätete Rückzahlung der Verbindlichkeit die Insolvenz des Gläubigers zur Folge hat, kann er (oder seine Rechtsnachfolger) höheren Schadensersatz geltend machen als den Betrag der Verzugszinsen. Dies gilt auch für das Verhältnis zwischen dem Staat und dem Steuerpflichtigen. Diese Entscheidung hängt aber ausschließlich vom Willen des Gläubigers ab. Durch die Möglichkeit, einen höheren Schadensersatz als den Zinsbetrag geltend zu machen, verliert der Gläubiger aber nicht den garantierten Zinsbetrag.

35.       Ähnlich verhält es sich mit dem Verhältnis des Betrags der Zinsen zum Betrag der Hauptforderung. Der Betrag der Zinsen ergibt sich aus dem Betrag der Hauptforderung und dem Zeitraum des Verzugs mit der Erstattung der Steuer. Wenn dieser Zeitraum besonders lang war, kann der Betrag der Zinsen sich dem Hauptbetrag annähern oder diesen sogar übersteigen. Dies spiegelt jedoch nur den langen Verzugszeitraum wider. Dem Institut der Verzugszinsen liegt die Annahme zugrunde, dass, wenn der Gläubiger über den gesamten Zeitraum des Verzugs mit der Begleichung der Verbindlichkeit über die ihm zustehenden Geldmittel verfügen würde, er damit Einkünfte generieren könnte, deren kumulierte Gesamthöhe eine Funktion der Zeit ist und ebenfalls den ursprünglich investierten Betrag erreichen oder überschreiten könnte. Einen ähnlichen Betrag an Zinsen zu erzielen, stellt daher keine ungerechtfertigte Bereicherung dar, sondern nur einen Ausgleich für die fehlende Möglichkeit zur Generierung von Einkünften wegen der verspäteten Erstattung des Hauptbetrags.

36.       Erwähnenswert ist zum Abschluss noch, dass es die Mitgliedstaaten sind, die im Rahmen ihrer Verfahrensautonomie die Höhe der Verzugszinsen, u. a. für die verspätete Erstattung zu viel gezahlter Steuer, bestimmen. Wenn also ein Staat zu dem Schluss kommt, dass die im nationalen Recht festgelegte Höhe der Zinsen über dem angemessenen Ersatz für den durch diesen Verzug verursachten Schaden liegt, steht es ihm frei, sie im Gesetzeswege herabzusetzen. Solange eine solche gesetzliche Herabsetzung aber nicht vorgenommen wird, haben die Steuerpflichtigen, die ihr Recht auf Steuererstattung aus dem Unionsrecht ableiten, das Recht, Zinsen in voller Höhe nach den geltenden Vorschriften ausgezahlt zu bekommen.

Stellungnahme zur Argumentation der litauischen Regierung

37.       Die litauische Regierung beruft sich in ihren Erklärungen in der vorliegenden Rechtssache außerdem darauf, dass die im litauischen Recht vorgesehenen Verzugszinsen auf die Erstattung zu viel gezahlter Steuer keinen Ersatz für den vom Steuerpflichtigen wegen der verspäteten Steuererstattung erlittenen Schaden darstellten, sondern lediglich Strafcharakter hätten und dazu dienten, die Steuerbehörden dazu zu animieren, der Pflicht zur Steuererstattung schnellstmöglich nachzukommen. Die litauische Regierung beruft sich auf den Umstand, dass diese Zinsen auf dem gleichen Niveau festgesetzt würden wie die Strafzinsen, die Steuerpflichtige für die verspätete Zahlung der Steuer zu zahlen verpflichtet seien, d. h. auf einem Niveau, das den Zinssatz für privatrechtliche Verbindlichkeiten um das Doppelte übersteige. Daher müsse der Satz für Zinsen mit Ausgleichscharakter erst noch durch das vorlegende Gericht im Ausgangsverfahren bestimmt werden.

38.       Diese Argumentation ist für mich aus mehreren Gründen nicht überzeugend.

39.       Erstens weisen weder die Angaben im Vorabentscheidungsersuchen noch in den Erklärungen der Parteien darauf hin, dass es irgendeine gerichtliche Praxis gibt, nach der statt des im litauischen Recht für die verspätete Erstattung der Steuer vorgesehenen Zinssatzes ein Zinssatz für Ausgleichszinsen angewandt wird. Der Bevollmächtigte der litauischen Regierung hat in der Verhandlung im Übrigen bestätigt, dass seines Wissens die vorliegende Rechtssache einen Präzedenzfall darstellt. Daraus folgt, dass in anderen Fällen, u. a., wenn die Steuererstattung ausschließlich auf der Grundlage nationalen Rechts erfolgt, an die Steuerpflichtigen Zinsen in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe gezahlt werden. Die Anwendung der in der vorliegenden Rechtssache von der litauischen Regierung vertretenen Theorie würde also zu einer ungünstigeren Behandlung des sich aus dem Unionsrecht ergebenden Anspruchs führen, was gegen den Grundsatz der Äquivalenz verstieße und schon deswegen ausgeschlossen wäre(12).

40.       Obwohl Verzugszinsen, worauf ich bereits hingewiesen habe(13), für gewöhnlich sowohl eine Ausgleichs- als auch eine Straffunktion haben, variiert, zweitens, die Bedeutung dieser beiden Funktionen in den Beziehungen zwischen dem Staat und dem Steuerpflichtigen. In der Tat ist die Straffunktion der Zinsen, wenn der Steuerpflichtige als Schuldner auftritt, von größerer Bedeutung, da die Einbußen im Staatshaushalt aufgrund der Nichtzahlung der Steuer durch einen einzelnen Steuerpflichtigen relativ gering sind. Anders verhält es sich jedoch im umgekehrten Fall, wenn der Staat dem Steuerpflichtigen eine Steuererstattung schuldet. In diesem Fall nämlich ist die Effektivität der Straffunktion der Zinsen meistens recht beschränkt, wohingegen ihre Ausgleichsfunktion in den Vordergrund tritt, da die vom Steuerpflichtigen infolge der verspäteten Erstattung der Steuer erlittenen Schäden potenziell im Verhältnis zur Gesamtheit seiner Finanzbestände sehr hoch ausfallen können. Ich kann daher dem Vorbringen der litauischen Regierung, wonach die Verzugszinsen, die der Staat dem Steuerpflichtigen wegen der verspäteten Erstattung der zu viel gezahlten Steuer schuldet, genauso wie die Verzugszinsen auf die Entrichtung der Steuer durch den Steuerpflichtigen ausschließlich oder zum überwiegenden Teil Straffunktion haben, nicht zustimmen. Die Festsetzung dieser Zinsen auf dem gleichen Niveau ist eine Folge der vom litauischen Gesetzgeber getroffenen gesetzestechnischen Entscheidung.

41.       Drittens würde die These der litauischen Regierung bedeuten, dass das litauische Recht den Satz der den Steuerpflichtigen für die verspätete Steuererstattung zustehenden Zinsen eigentlich überhaupt nicht bestimmt. Dies verstieße aber in den Fällen, in denen diese Erstattung auf der Grundlage des Unionsrechts erfolgt, gegen die oben angeführte Rechtsprechung(14) und den Grundsatz der Effektivität. Das Recht auf Erstattung der Steuer einschließlich Verzugszinsen bedeutet nämlich nicht, dass nur eine Anwartschaft auf eine eventuelle Zahlung von Zinsen in einer Höhe begründet wird, die das Gericht im Laufe des Verfahrens bestimmt, sondern das Recht auf Zahlung von Zinsen in einer im Voraus festgelegten Höhe, die a priori durch die Rechtsvorschriften bestimmt wird. Die litauische Regierung scheint hingegen den Gestaltungsspielraum überzubewerten, der den Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Einzelheiten der Erstattung zu viel gezahlter Mehrwertsteuer offensteht. Wenn nämlich Art. 183 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 bestimmt, dass die Mitgliedstaaten die Einzelheiten festlegen, nach denen sie die zu viel gezahlte Mehrwertsteuer erstatten, müssen diese Einzelheiten bestimmte Mindestkriterien der Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit erfüllen. Das Gleiche gilt für die Festsetzung der Höhe der Zinsen, die der Steuerpflichtige im Fall einer verspäteten Erstattung der Steuer beanspruchen kann, da das Recht auf Zahlung von Verzugszinsen ein Bestandteil des Rechts auf Erstattung zu viel gezahlter Steuer ist. Die Festlegung der Einzelheiten der Erstattung, u. a. der Höhe der Zinsen, kann daher nicht, wie von der litauischen Regierung beabsichtigt, ad hoc im Wege von Gerichtsentscheidungen, die einzelne Verfahren und bestimmte Steuerpflichtige betreffen, erfolgen. Ein solcher Mechanismus verstieße meiner Meinung nach gegen den Grundsatz der Effektivität, da die Gewissheit über den Umfang dieser Rechte und der Vertrauensschutz in Bezug auf diese Frage ein unabdingbares Element einer effektiven Geltendmachung der Rechte sind, die sich aus dem Unionsrecht ergeben.

42        Schlussendlich deutet die litauische Regierung an, die im litauischen Recht vorgesehenen Zinsen für die verspätete Erstattung der Steuer könnten dadurch herabgesetzt werden, dass man sie auf einen Bestandteil dieser Zinsen begrenzt, und zwar auf den mittleren Zinssatz für Staatsanleihen.

43        Auch ohne weiter darauf einzugehen, dass diese Lösung wahrscheinlich gegen den Grundsatz der Äquivalenz verstößt, werden Staatsanleihen als Finanzinstrumente, die für besonders sicher erachtet werden, in der Regel allerdings sehr niedrig verzinst, wesentlich niedriger als der mittlere Zinssatz für Darlehen auf dem Bankenmarkt. Auf den Zinssatz für Staatsanleihen begrenzte Verzugszinsen für die verspätete Erstattung der Steuer würden meiner Meinung nach ihre Ausgleichsfunktion daher nicht erfüllen, da sie es noch nicht einmal ermöglichten, die Kosten der Beschaffung der fehlenden Finanzmittel auf dem Bankenmarkt zu decken. Zinsen in dieser Höhe könnten die Aufgabe, den durch den Steuerpflichtigen wegen der verspäteten Erstattung der Steuer erlittenen Schaden zu ersetzen, nicht erfüllen und würden das mit dieser Verspätung einhergehende Finanzrisiko teilweise auf ihn übertragen. Die Festsetzung der Zinsen auf einem so niedrigen Niveau verstieße daher gegen den Grundsatz der Effektivität.

Zusammenfassung

44.       Alles in allem bin ich der Ansicht, dass die Steuerbehörden nach Art. 183 der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität und im Licht des Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatzes, wenn sie eine angemessene und im nationalen Recht vorgesehene Frist zur Erstattung zu viel gezahlter Mehrwertsteuer nicht einhalten, dem Steuerpflichtigen diese Steuer mit den Zinsen in voller Höhe nach den geltenden nationalen Vorschriften erstatten müssen, sofern die verspätete Erstattung nicht durch eine Handlung des Steuerpflichtigen verursacht wurde.

Ergebnis

45.       Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die vom Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Verwaltungsgerichtshof, Litauen) vorgelegte Frage wie folgt zu beantworten:

Art. 183 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist in Verbindung mit dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität dahin auszulegen, dass er es nicht zulässt, die einem Steuerpflichtigen geschuldeten Zinsen auf nicht fristgerecht erstattete zu viel gezahlte Mehrwertsteuer aus Gründen, die sich nicht aus dem Handeln dieses Steuerpflichtigen ergeben, auf einen Betrag herabzusetzen, der niedriger ist als der, der ihm nach den allgemeinen Grundsätzen zustünde.

 

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1      Originalsprache: Polnisch.

 

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2      ABl. 2006, L 347, S. 1.

 

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3      Urteil vom 21. Oktober 2010, Nidera Handelscompagnie (C385/09, EU:C:2010:627).

 

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4      Vgl. aus jüngerer Zeit Urteil vom 6. Juli 2017, Glencore Agriculture Hungary (C254/16, EU:C:2017:522, Rn. 18 bis 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

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5      Ebd. (Rn. 23).

 

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6      Ebd. (Rn. 24).

 

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7      Vgl. aus jüngerer Zeit Urteil vom 30. Juni 2016, Toma i Biroul Executorului Judecătoresc Horațiu-Vasile Cruduleci (C205/15, EU:C:2016:499, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

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8      Die Frage des Zeitpunkts, ab dem die im Ausgangsverfahren streitigen Zinsen zu berechnen sind, ist nicht Gegenstand der Vorabentscheidungsfrage. Ich möchte nur daran erinnern, dass das erstinstanzliche Gericht im Ausgangsverfahren angenommen hat, dass die Zinsen ab dem 17. Februar 2009 zu berechnen seien. Es muss indes unterstrichen werden, dass entgegen dem Vorbringen der litauischen Steuerbehörden die Nichterstattung der streitigen Steuer von Anfang an gegen das Unionsrecht verstieß und nicht erst, nachdem der Gerichtshof am 21. Oktober 2010 das Urteil Nidera Handelscompagnie (C385/09, EU:C:2010:627) erlassen hatte. Die Urteile des Gerichtshofs in Vorabentscheidungsverfahren haben nämlich deklaratorischen Charakter und legen die Auslegung der Bestimmungen des Unionsrechts fest, wie sie ab dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens anzuwenden sind (vgl. insbesondere Urteile vom 27. März 1980, Denkavit italiana, 61/79, EU:C:1980:100, Rn. 16, vom 19. Oktober 1995, Richardson, C137/94, EU:C:1995:342, Rn. 33, sowie vom 14. April 2015, Manea, C76/14, EU:C:2015:216, Rn. 53). In Ausnahmefällen können die Wirkungen des Urteils zwar in zeitlicher Hinsicht beschränkt werden (vgl. Urteil vom 14. April 2015, Manea, C76/14, EU:C:2015:216, Rn. 54), der Gerichtshof hat jedoch keine solche Beschränkung in Bezug auf das Urteil vom 21. Oktober 2010, Nidera Handelscompagnie (C385/09, EU:C:2010:627), vorgenommen.

 

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9      Vgl. aus jüngerer Zeit Urteil vom 30. Juni 2016, Toma und Biroul Executorului Judecătoresc Horațiu-Vasile Cruduleci (C205/15, EU:C:2016:499, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

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10      Vgl. Urteil vom 6. Juli 2017, Glencore Agriculture Hungary (C254/16, EU:C:2017:522, Rn. 20, 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

 

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11      Ich möchte daran erinnern, dass es im litauischen Recht keine präzisen Bestimmungen gibt, die die Regeln für eine solche gerichtliche Herabsetzung der Zinsen festlegen, und kaum angenommen werden kann, dass das Gericht diese Herabsetzung völlig willkürlich vornimmt, ohne den tatsächlichen Schaden des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen.

 

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12      Siehe oben, Nr. 20.

 

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13      Siehe oben, Nr. 27.

 

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14      Siehe oben, Nrn. 13 und 14.

 

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