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Steuerrecht
23.03.2017
Steuerrecht
FG Düsseldorf: Modifizierung von Haftungsbescheiden als Ermessensverwaltungsakte im Klageverfahren / Haftungsumfangs einer Organgesellschaft nach § 73 AO.

FG Düsseldorf, Urteil vom 12.12.2016 – 6 K 4464/12 H(K)

ECLI:DE:FGD:2016:1212.6K4464.12H.K.00

Volltext: BB-Online BBL2017-726-6

Sachverhalt

Streitig ist, ob die B-GmbH in Liquidation zu Recht als Rechtsnachfolgerin der C - Versicherungs-Vermittlungs GmbH für Steuerschulden des Jahres    der A AG in Liquidation als Rechtsnachfolgerin der D AG nach § 73 Abgabenordnung (AO) in Anspruch genommen wurde.

Die Klägerin befindet sich in Liquidation. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war im Streitjahr    die Erbringung von Finanzdienstleistungen. Alleinige Gesellschafterin der Klägerin war im Streitjahr  die D AG als Rechtsvorgängerin der A AG. Infolge eines am      gestellten Antrages wurde am     wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A AG eröffnet.

Die C Versicherungs-Vermittlungs GmbH firmierte bis … unter E Versicherungs-Vermittlung GmbH. Zwischen der E Versicherungs-Vermittlung GmbH und der F-GmbH, die 100 Prozent der Anteile am Stammkapital der E Versicherungs-Vermittlung GmbH hielt, wurde am       ein „Ergebnis-Ausschließungsvertrag“ geschlossen. Die Gesellschafterversammlung der C Versicherungs-Vermittlung GmbH hat dem Gewinnabführungsvertrag durch Beschluss vom     zugestimmt.

Infolge einer Verschmelzung wurde die F - GmbH am          durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes rückwirkend zum 01.01.     auf die D AG, heute firmierend unter A AG, nach § 2 Nr. 1 Umwandlungsgesetz verschmolzen. Aufgrund dieser Verschmelzung bestand im Streitzeitraum 19    eine körperschaftsteuerliche Organschaft zwischen der D AG (heute: A AG) als Organträgerin und der C Versicherungsvermittlungs GmbH als Organgesellschaft.

Durch vertragliche Vereinbarungen vom      wurde die C Versicherungsvermittlungs GmbH auf die Klägerin verschmolzen.

Durch Körperschaftsteuerbescheid für      vom 31.01.2001 wurde die Körperschaft-steuer der C Versicherungs-Vermittlungs GmbH auf null Euro festgesetzt, dabei wurde der an den Organträger abzuführende Jahresüberschuss mit …DM bzw. das dem Organträger zuzurechnende Einkommen angegeben.

Bei der D AG als Organträgerin wurde u.a. für das Jahr   eine Außenprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung G durchgeführt. Die steuerliche Außenprüfung begann am 05.01.2004, die Schlussbesprechung fand am 26.01.2009 statt und der Betriebsprüfungsbericht stammt vom 30.09.2009.

Der Betriebsprüfungsbericht vom 30.09.2009 wurde u.a. für das Streitjahr     ausgewertet und die entsprechenden Steuerforderungen zur Insolvenztabelle angemeldet. Für     wurden … € Körperschaftsteuer und … € Solidaritätszuschlag angemeldet.

Unter dem 24.09.2010 erließ der Beklagte einen auf § 73 AO gestützten Haftungsbescheid gegen die Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der C Versicherungsvermittlungs GmbH über Körperschaftsteuer     sowie Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer   in einer Gesamthöhe von …€ (Körperschaftsteuer : …€; Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer    : …€). Wegen der Ermittlung dieser Beträge wurde auf die seitens der Konzernsteuerabteilung der A AG i.L. am 11.05.2010 übersandte Aufstellung über die endgültige Verteilung der Körperschaftsteuerzahllasten innerhalb des körperschaftsteuerlichen Organkreises mit Stand vom 06.05.2010 verwiesen. Aus dieser Aufstellung ergibt sich, dass das zu versteuernde Einkommen (zvE) der C Versicherungs-Vermittlungs GmbH  von …€ (…DM) x-Prozent des zvE des Organkreises zuzüglich übernommener Verluste von Organgesellschaften i.H. von … € beträgt. Den Betrag von …€ verminderte der Beklagte dann um einen Verlustanteil i.H. von …€, so dass sich eine Bemessungsgrundlage für die anteilige Körperschaftsteuer und den Solidaritätszuschlag i. H. von … € ergab. Wegen des Inhalts des Haftungsbescheids im Einzelnen wird auf diesen Bezug genommen.

Den gegen den Haftungsbescheid erhobenen Einspruch vom 26.10.2010 wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 als unbegründet zurück. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 Bezug genommen.

Mit ihrer am 04.12.2012 erhobenen Klage wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Haftungsinanspruchnahme für Steuerschulden der ehemaligen D AG. Sie rügt eine unzureichende Begründung des Haftungsbescheides, die fehlerhafte Ermessensausübung nach § 73 AO, der für Steuerrückforderungsansprüche nicht gelte, und erhebt Einwendungen gegen die Höhe der Erstschuld.

In der mündlichen Verhandlung am 12.12.2016 hat der Vertreter des Beklagten das Folgende zu Protokoll erklärt: „Der Haftungsbescheid vom 24.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 wird dahingehend geändert, dass die Ermessenserwägungen zum Haftungsumfang wie folgt ergänzt werden:

1415•

1.      Im Rahmen des Ermessens wurde die Haftungssumme unter Berücksichtigung der im Haftungsbescheid und der Einspruchsentscheidung dargestellten Methodik auf die Körperschaftsteuer beschränkt, die sich bei Zugrundelegen den der Körperschaftsteuerberechnung vom 23.04.2010 für die A AG ausgewiesenen „festgesetzten“ Körperschaftsteuer i.H. von … € ergibt.

2. Zudem wird die Haftungssumme im Rahmen des Ermessens maximal auf den Betrag beschränkt, der sich bei einer fiktiven Körperschaftsteuerveranlagung    der C Versicherungs-Vermittlungs GmbH auf Basis eines Jahresüberschusses für     i.H. von … DM ergeben würde.“

Die Klägerin beantragt,

den Haftungsbescheid vom 24.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 und des Zusatzes, der vom Vertreter des Beklagten zu Protokoll diktiert wurde, aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

              den Rechtsstreit zu vertagen,

              die Klage abzuweisen und hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass der Haftungsbescheid vom 24.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 und des Zusatzes, der vom Vertreter des Beklagten zu Protokoll diktiert wurde, rechtmäßig sei.

Auf den weiteren Inhalt der Akten wird Bezug genommen.

Aus den Gründen

1. Dem Antrag der Vertreter des Beklagten, den Rechtsstreit zu vertagen, war nicht stattzugeben. Im Streitfall lagen keine erheblichen Gründe vor, nach denen ein Termin zur mündlichen Verhandlung (§ 91 Abs. 1 FGO) nach § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden kann. Einer Begründung hierfür bedarf es nicht, weil § 113 Abs. 1 FGO § 227 Abs. 4 S. 2 ZPO verdrängt (Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 91 FGO Rn. 5 [Juli 2015] m.w.N.).

2. Die zulässige Klage ist begründet.

a) Der angefochtene Haftungsbescheid ist rechtswidrig und aufzuheben. Haftungsbescheide sind schriftlich zu erteilen (§ 191 Abs. 1 S. 3 AO). Dabei kann wegen der Beweiskraft des Protokolls die Aufnahme von Erklärungen in das Protokoll der mündlichen Verhandlung die Schriftform beim Erlass von Verwaltungsakten ersetzen (Gräber/Herbert, Finanzgerichtsordnung – FGO –, 8. Aufl. 2015, § 94 Rn. 4 m.w.N. insbesondere zur Schriftform nach § 157 Abs. 1 S. 1 AO). Allerdings gelten für Ermessensverwaltungsakte die gesetzlichen Anforderungen an die Ausübung des Ermessens und seine Begründung.

b) Im finanzgerichtlichen Verfahren kann die Finanzbehörde ihre Ermessenserwägungen im Rahmen von § 102 S. 2 FGO in der mündlichen Verhandlung ergänzen. Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung nach seiner zu Protokoll diktierten Eingangsformel „die Ermessenserwägungen zum Haftungsumfang … ergänzt“. Eine nach § 102 S. 2 FGO zulässige Ermessensergänzung, die nach überwiegender Ansicht restriktiv zu verstehen ist, setzt eine Vertiefung der bisherigen Begründung der Ermessensausübung voraus (Nacke, Die Haftung für Steuerschulden, 3. Aufl. 2012, Rn. 770 m.w.N.), erlaubt aus Sicht des Senats aber keine Änderung der sich aus den Ermessenserwägungen folgenden Rechtsfolgen. Eine Änderung des Entscheidungsausspruchs und seiner Rechtsfolgen ist keine von der Rechtsprechung als zulässig erachtete Ergänzung der Ermessenserwägungen, die bisherige Ermessenserwägungen „vertieft, verbreitet oder verdeutlicht“ (zu dieser Formel der Rechtsprechung Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 102 FGO Rn. 12 [Aug. 2014] m.w.N.). Im Streitfall soll dagegen nach der Protokollerklärung Nr. 1 und 2 des Vertreters des Beklagten „die Haftungssumme beschränkt“ werden. Nach der Berechnung des Senats würde die Protokollerklärung Nr. 1 zu einer Herabsetzung der bisherigen Haftungssumme von …€ Körperschaftsteuer auf …€ führen (x-Prozent …€), während die betragsmäßige Beschränkung der Haftungssumme nach der Protokollerklärung Nr. 2 unklar bleibt (zur Berechnung und Berechenbarkeit s. c]). Jedenfalls entspricht die im ursprünglichen Haftungsbescheid angegebene Haftungssumme in Höhe von …€ nicht mehr den ergänzten Ermessenserwägungen. In der – nicht bezifferten – Beschränkung der bisherigen Haftungssumme liegt – ungeachtet des umstrittenen Verhältnisses von § 68 FGO und § 102 S. 2 FGO (dazu c]) – im Streitfall keine nach § 102 S. 2 FGO zulässige Ergänzung der bisherigen Ermessenserwägungen mehr.

c) Durch die Erklärung des Vertreters des Beklagten zur Beschränkung des Haftungsumfangs ist auch kein wirksamer Haftungsbescheid an die Stelle des ursprünglichen Haftungsbescheides vom 24.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 getreten. Nach § 68 FGO tritt ein im finanzgerichtlichen Verfahren geänderter Haftungsbescheid automatisch an die Stelle des ursprünglichen Bescheides. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) wird – ungeachtet von § 102 S. 2 FGO (a.A. Gräber/Stapperfend, FGO, 8. Aufl. 2015, § 102 Rn. 26; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 68 FGO Rn. 5 [Juli 2015] m.w.N.) – selbst die erstmalige Ermessensausübung in einem ersetzendem Haftungsbescheid nach § 68 FGO zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens (BFH, Urteil v. 16.12.2008 – I R 29/08, Bundessteuerblatt – BStBl. – II 2009, 539). Die Ersetzungswirkung des § 68 FGO setzt indes einen wirksamen Änderungsbescheid voraus. Daran fehlt es im Streitfall.

Der Haftungsbescheid vom 24.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2012 mit den vom Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll diktierten Ergänzungen ist nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 119 Abs. 1 AO und folglich unwirksam. Begreift man die Protokollerklärung – entgegen der beabsichtigten „Ergänzung von Ermessenserwägungen“ (s. b]) als „Änderungsbescheid“, so fehlt danach die Angabe einer konkreten Haftungssumme und folglich an einer der Essentialien eines Haftungsbescheides. Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein Haftungsbescheid nur dann inhaltlich hinreichend bestimmt, wenn für den Betroffenen erkennbar ist, was von ihm – auch der Höhe nach – verlangt wird (BFH, Urteil v. 16.7.1992 – VII R 59/91, BFH/NV 1993, 146, Rn. 14 m.w.N.). Nur bei betragsmäßiger Angabe der Höhe der Haftungsschuld erfüllt ein Haftungsbescheid die gesetzlichen Bestimmtheitsanforderungen (Krämer, Bestimmtheit und Begründung von Haftungs- und Pauschalierungsbescheiden, 1994, S. 50 f.). Die Höhe der Haftungsschuld muss in einem Haftungsbescheid genau beziffert sein (Nacke, Die Haftung für Steuerschulden, 3. Aufl. 2012, Rn. 669 m.w.N.; ebenso Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 191 AO Rn. 88 [Jan. 2014]). Bloße Bestimmbarkeit reicht dagegen aus Sicht des Senats nicht aus.

Aus der im Haftungsbescheid vom 24.09.2010 in Bezug genommenen Aufstellung über die endgültige Verteilung der Körperschaftsteuerzahllasten innerhalb des körperschaftsteuerlichen Organkreises mit Stand 06.05.2010, die die Steuerabteilung der A AG am 11.05.2010 übersandt hatte, die aber weder dem Haftungsbescheid noch der Einspruchsentscheidung beigefügt war, lässt sich absehen, dass die Haftungssumme als Anteil der Klägerin von x-v. H. an dem „KSt Rückstand“ der A AG bezüglich des Organkreises ermittelt wurde. Nach Nr. 1 der Ergänzung der „Ermessenserwägungen zum Haftungsumfang“ in der mündlichen Verhandlung soll sich die Haftungssumme auf die Körperschaftsteuer beschränken, die sich bei „Zugrundelegen“ der in der Körperschaftsteuerberechnung vom 23.04.2010 für die A AG ausgewiesenen „festgesetzten“ Körperschaftsteuer in Höhe von …€ ergibt, was rechnerisch zu einer neuen Haftungssumme von .. € (x-Prozent …€) führen würde. Daneben („Zudem“) steht die Protokollerklärung Nr. 2 des Vertreters des Beklagten, wonach „die Haftungssumme im Rahmen des Ermessens maximal auf den Betrag beschränkt werde, der sich bei der fiktiven Körperschaftsteuerveranlagung   der C Versicherungs-Vermittlungs GmbH auf Basis eines Jahresüberschusses für   in Höhe von …DM ergeben würde“. Zu welcher Haftungssumme dies führt, bleibt unklar und ergibt sich auch nicht aus irgendwelchen vom Beklagten in Bezug genommenen Unterlagen. Darum fehlt es an der höchstrichterlichen Anforderung, dass aus dem gesamten Inhalt des Bescheids einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung hinreichende Klarheit über das Verlangte gewonnen werden kann (zu dieser Anforderung BFH, Urteil v. 16.7.1992 – VII R 59/91, BFH/NV 1993, 146, Rn. 14 m.w.N.). Vielmehr ist nicht eindeutig erkennbar, in welchem Umfang die Klägerin nach den Erklärungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nunmehr haften soll. Folglich ist der durch die Protokollerklärung in der mündlichen Verhandlung ergänzte Haftungsbescheid wegen Unbestimmtheit unwirksam (allgemein zur Rechtsfolge unbestimmter Haftungsbescheide (Nacke, Die Haftung für Steuerschulden, 3. Aufl. 2012, Rn. 672 m.w.N.). Darum ist jedenfalls der von ihm ausgehende Rechtsschein aufzuheben.

d) Ob der Beklagte die Klägerin mit einer nur ergänzten Ermessensbegründung für die geltend gemachte Haftungssumme oder zumindest für einen Teilbetrag in Haftung hätte nehmen können, hat der Senat wegen der Unwirksamkeit des Haftungsbescheides nicht mehr zu entscheiden. Dem Senat ist es verwehrt, eigene – ergänzende – Ermessenserwägungen anstelle der zuständigen Behörde anzubringen (allgemein Gräber/Stapperfend, FGO, 8. Aufl. 2015, § 102 Rn. 19 m.w.N.). Da die Finanzbehörde es nach der großzügigen Rechtsprechung des BFH sogar in der Hand hat, ohne die Restriktion des § 102 S. 2 FGO ihr Ermessen neu in einem Änderungsbescheid ausüben (s. b]), sieht der Senat auch kein Bedürfnis für Versuche, die revidierten finanzbehördlichen Ermessenserwägungen anstelle des Beklagten umzusetzen und dadurch die ohnehin umstritten Nachbesserungsmöglichkeiten der Ermessensausübung (Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 102 FGO Rn. 13 [Jan. 2016]) noch auszuweiten.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen. Einerseits wirft der Streitfall die grundsätzliche Frage auf, ob und inwieweit Haftungsbescheide als Ermessensverwaltungsakte im Klageverfahren nach § 102 S. 2 FGO bzw. nach § 68 FGO durch eine ergänzende Ermessensbegründung modifiziert und in ihren Rechtsfolgen abgeändert werden können. Andererseits ist materiell der Haftungsumfang einer Organgesellschaft nach § 73 AO weiterhin umstritten (J. Lüdicke, in Festschrift Herzig, 2010, 259, 261 ff.; M. Schmidt, Die Inanspruchnahme der Organgesellschaft für Steuerschulden des Organträgers gemäß § 73 AO, 2013, S. 201 f.; zuletzt Schimmele/Weber, Der Konzern 2015, 437, 439 f.; J. Wagner, in Prinz/Witt, Steuerliche Organschaft, 2015, Rn. 24.6 f.; Gehm StBp. 2016, 37, 38 f. m.w.N.) und höchstrichterlich noch nicht geklärt. Das gilt namentlich für die durch den Streitfall aufgeworfene Frage einer Haftung für Ansprüche auf Erstattung zu Unrecht gewährter Steuererstattungen (vgl. Boeker, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 73 AO Rn. 16 [Juli 2017] m.w.N.; Schwarz in Schwarz/Pahlke, AO/FGO; § 73 AO Rz. 6 [Aug. 2010]; a. A. aber Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 73 AO Rz. 7 [Mai 2015])

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