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Steuerrecht
07.10.2016
Steuerrecht
FG Düsseldorf: Klagebefugnis im Zusammenhang mit Feststellungsbescheiden betr. die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG

FG Düsseldorf, 28.4.2016 – 8 K 3276/14 F

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Klägerin klagebefugt ist und in der Sache, in welcher Höhe für die Jahre 2011 und 2012 die für die Tarifermittlung nach § 34a Einkommensteuergesetz (EStG) erforderlichen Besteuerungsgrundlagen festzustellen sind.

Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft mit Sitz in a. Sie gehörte zum Verbund der B Unternehmensgruppe. Gesellschafter der Klägerin waren der Geschäftsführer, … B, als Kommanditist mit einer Beteiligung von 100 % und die B Gruppe Verwaltungs GmbH als Komplementär ohne vermögensmäßige Beteiligung. Unternehmensgegenstand war …     . Die Klägerin erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb und ermittelte ihren Gewinn gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 EStG.

Im Rahmen der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2011 erklärte die Klägerin u.a. die außerbilanzielle Gewinnerhöhung i.H.v. insgesamt 91.798,87 Euro wegen der Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung nach § 7g EStG.

Der Beklagte wich aus Gründen, die nicht in Zusammenhang mit dem Klageverfahren stehen, von der Erklärung ab und stellte mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 11.06.2013 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) den Gewinn fest.

Für 2012 erklärte die Klägerin u.a. die außerbilanzielle Gewinnerhöhung i.H.v. 108.201,13 Euro wegen der Inanspruchnahme einer Sonderabschreibung nach § 7g EStG.

Der Beklagte veranlagte erklärungsgemäß und stellte mit Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 05.02.2014 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO den Gewinn fest.

Der Kommanditist B stellte am 26.12.2013 u.a. für 2011 und 2012 nach § 34a EStG einen Antrag auf Thesaurierungsbesteuerung der nicht entnommenen Gewinne. Er gab die ermäßigt zu besteuernden Gewinne bezüglich der Klägerin mit 145.360 Euro für 2011 und 95.050 Euro für 2012 an. In den als begünstigungsfähige Gewinne angegebenen Beträgen waren die außerbilanziell hinzugerechneten Beträge nach § 7g EStG enthalten.

Der Beklagte ermittelte, dass der Begünstigungsbetrag demgegenüber 106.664 Euro für 2011 betrug und berücksichtigte im Rahmen eines geänderten Einkommensteuerbescheides des Kommanditisten vom 28.02.2014 entsprechend die Thesaurierungsbesteuerung gemäß § 34a EStG. Außerdem berücksichtigte er für 2012 im Rahmen der Erstveranlagung des Kommanditisten die Begünstigung gemäß § 34a EStG mit Einkommensteuerbescheid vom 06.03.2014. Ferner erließ er gegenüber dem Kommanditisten Bescheide für 2011 und 2012 über die gesonderte Feststellung des nachversteuerungspflichtigen Betrages nach § 34a EStG, in dem er entsprechend zulässige Begünstigungsbeträge ansetzte.

Im Rahmen einer mit Anordnung vom 04.02.2014 durchgeführten Betriebsprüfung bei der Klägerin und dem Kommanditisten B für die Jahre 2008 bis 2012 vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, dass sich der begünstigungsfähige Gewinn nur aus dem Jahresüberschuss laut Gewinn- und Verlustrechnung und dem Saldo der Sonderbetriebseinnahmen bzw. Sonderbetriebsausgaben ergebe (BP-Bericht vom 10.04.2014, Tz. 2.7; BP-Bericht vom 16.04.2014 ggü. dem Kommanditisten, Tz. 2.4, Anlage 4). Die Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG seien im Rahmen des § 34a EStG nicht zu berücksichtigen.

Der Beklagte schloss sich den Ausführungen der Betriebsprüfung an und stellte mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG sowie der für die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen vom 10.06.2014 u.a. die Begünstigungsbeträge des Kommanditisten nach § 34a EStG i.H.v. 15.038,09 für 2011 und i.H.v. 35.460,37 für 2012 fest. Die Bescheide waren an C als Empfangsbevollmächtigte für die Klägerin adressiert und enthielten den Zusatz, dass die Bescheide an sie als Empfangsbevollmächtigte mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten ergehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Bescheide vom 10.06.2014 Bezug genommen.

Außerdem erließ der Beklagte gegenüber dem Kommanditisten am 12.06.2014 geänderte Einkommensteuerbescheide und Bescheide für 2011 und 2012 über die gesonderte Feststellung des nachversteuerungspflichtigen Betrages nach § 34a EStG, in dem er die von der Betriebsprüfung ermittelten Begünstigungsbeträge ansetzte.

Gegen die „Bescheide für die Jahre 2011 und 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG sowie der Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG“ legte die damalige Bevollmächtigte im Auftrag der Klägerin und der Feststellungsbeteiligten mit Schreiben vom 12.06.2014 Einspruch ein. Nach dem Wortlaut richtete sich der Einspruch gegen die „fehlende Berücksichtigung der Hinzurechnung des § 7g EStG bei der Feststellung für Zwecke der Anwendung des § 34a EStG“. Die außerbilanziell hinzugerechneten Beträge i.H.v. 91.798,87 Euro für 2011 und 108.201,13 Euro für 2012 sollten zum thesaurierungsfähigen Gewinn im Sinne des § 34a EStG gerechnet werden. Zur Begründung führten die Einspruchsführer aus, dass § 34a EStG so ausgelegt werden müsse, dass auch ein Gewinn, der durch Bildung eines Investitionsabzugsbetrages verringert worden sei, der Tarifbegünstigung unterliege.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17.09.2014 als unbegründet zurück und benannte als Einspruchsführer ausschließlich den Kommanditisten, nachdem er - ausweislich eines Aktenvermerks - zuvor aufgrund der Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 19.02.2014 (9 K 511/14 F) zu der Annahme gelangt war, dass der – zutreffende - Einspruchsführer der zu 100 % beteiligte Kommanditist B sei. In der Rubrik „Steuerart/Jahr/Streitgegenstand“ führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung „gesonderte und einheitliche Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen 2011 und 2012“ auf. Auf den Inhalt der Rechtsmittelbelehrung wird Bezug genommen. Die Entscheidung war wiederum an C adressiert. Im Rahmen der Begründetheit nahm der Beklagte ausschließlich Ausführungen zu § 34a EStG vor. Er vertrat die Ansicht, dass das nach § 7g EStG eingeräumte Wahlrecht, für die künftige Anschaffung eines abnutzbaren, beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungskosten gewinnmindernd abzuziehen, nicht den gemäß § 34a EStG zu ermittelnden Gewinn beeinflusse.

Am 15.10.2014 hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben.

Sie ist der Ansicht, dass im Ergebnis keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der durch sie – die Klägerin - erhobenen Klage bestünden, da streitgegenständlich einheitliche und gesonderte Feststellungen seien. Sie selbst sei daher klagebefugt.

Dies ergebe sich daraus, dass die Höhe der begünstigten Gewinne gemäß § 34a EStG streitig sei, dessen Feststellungen mit den Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen verbunden worden seien. In den einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheiden sei insgesamt der Hinweis enthalten, dass die festgestellten Besteuerungsgrundlagen den Veranlagungen der Beteiligten zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer zugrunde gelegt würden. In diesem Zusammenhang sei § 48 Abs. 1 FGO zu beachten, eine lex specialis Regelung zu § 40 Abs. 2 FGO, also der Vorschrift, die eigentlich auf die im materiellen Recht wurzelnde Rechtsmacht abstelle und die auf der Abspaltung prozessualer Befugnisse von der Rechtsinhaberschaft beruhe. § 48 Abs. 1 FGO normiere in den in Absatz 1 enthaltenen Nummern 1 bis 6 spezielle, vom allgemeinen Grundsatz abweichende Regelungen über die Klagebefugnis bei Klagen gegen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen.

Bei dem hiesigen Streitgegenstand handele es sich um eine Angelegenheit, die im Rahmen von gesonderten und einheitlichen Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen i.S.d. § 48 Abs. 1 FGO festgestellt werden müsse. § 34a Abs. 3 Satz 3 EStG lege zwar fest, dass der nachversteuerungspflichtige Betrag für jeden Betrieb oder Mitunternehmeranteil jährlich gesondert festzustellen sei. Dieser Wortlaut führe auch dazu, dass Teile der Literatur die Auffassung vertreten würden, § 48 FGO gelte im Anwendungsbereich des § 34a EStG nicht. Argumentiert werde, es handele sich um eine gesonderte und keine einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Dagegen sei anzuführen, dass im Anwendungsbereich des § 15a Abs. 4 EStG der § 48 FGO auch gelte, wenn die Finanzverwaltung den Weg der Verbindung der eigentlich nur gesonderten Feststellung mit dem Gewinnfeststellungsbescheid wähle. Nachvollziehbar sei die vorgenannte Ansicht allenfalls, wenn man § 34a EStG als Tarifermäßigungsvorschrift begreife und die Feststellungen zu § 15a Abs. 4 EStG als eine Feststellung, die lediglich eine Bemessungsgrundlage festhalte. Gerade diese Schlussfolgerung führe aber auch dazu, dass es gerade dann zur Anwendung des § 48 FGO kommen müsse, wenn die Höhe des begünstigten Gewinns bzw. des nachversteuerungspflichtigen Betrages strittig sei. Denn auch dies sei die Bemessungsgrundlage für den feststehenden Steuersatz von 28,5 %.

Außerdem sei es verwaltungsökonomischer, wenn das Betriebsstättenfinanzamt ebenfalls die Höhe des begünstigten Gewinns prüfe und diesen feststelle. Anderenfalls müsse sich das Wohnsitzfinanzamt ebenfalls in die Angelegenheit einarbeiten und über die Anwendung des Steuersatzes hinaus weitergehende Prüfungen veranlassen. In diesem Sinne sei auch auf die Kritik von Wacker im Einkommensteuerkommentar Schmidt hinzuweisen, der ausführe, dass eine Trennung zwischen dem Feststellungsbescheid gegenüber der Gesellschaft und dem Feststellungsbescheid nach § 34a Abs. 10 EStG nicht verständlich sei.

Ebenfalls spreche der Sinn und Zweck des § 34a EStG dafür, dass es sich um Feststellungsbescheide i.S.d. § 48 FGO handele. Denn gemäß § 34a Abs. 10 EStG liege die Zuständigkeit zwingend bei dem Finanzamt, das für die Feststellungen gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO zuständig sei, wenn die gesonderte Feststellung der Höhe der Entnahmen und Einlagen sowie der weiteren für die Tarifermittlung nach den Absätzen 1 bis 7 erforderliche Besteuerungsgrundlagen mit der Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 AO verbunden würden. Auch wenn es sich dem Wortlaut nach um Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit handele, enthalte jedenfalls § 34a Abs. 10 EStG den Hinweis, dass die Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt werden könnten. Wenn diese Feststellungen dann mit dem Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung verbunden würden, könne für den § 34a EStG nichts anderes gelten als für § 15a Abs. 4 EStG. Auch die hier streitigen Bescheide enthielten unter anderem Feststellungen für Zwecke der Anwendung des § 34a EStG, die sich im Gesamtkontext der Feststellungen der Bescheide genauso wenig von anderen Feststellungen absetzten wie die zu § 15a Abs. 4 EStG.

Sollte der erkennende Senat eine abweichende Auffassung vertreten, so werde schließlich darüber zu befinden sein, welche Auswirkungen die Formulierung im Rubrum der Einspruchsentscheidung habe, die unter Steuerart/Jahr/Streitgegenstand wörtlich „gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen..." aufführe. Es dürfe unstrittig sein, dass bei einer einheitlichen und gesonderten Feststellung die Personengesellschaft klagebefugt sei.

Unter Berücksichtigung dieses Umstandes sei auch das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 19.02.2014 zu würdigen. Das Finanzgericht führe hier zwar unter Verweis auf die Kommentierung im Kommentar Schmidt ohne weitere Begründung aus, dass der Kläger und nicht die Gesellschaft klagebefugt sei. Allerdings sei der dieser Entscheidung zugrundeliegender Verfahrensablauf beachtlich. Denn der an die Gesellschaft ergangene, zwischenzeitlich geänderte Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG sowie der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen sowie die an diese als Einspruchsführerin ergangene Einspruchsentscheidung, in der unter "Steuerart/Jahr/Streitgegenstand" die Angabe "Feststellung des nach § 34a EStG begünstigten Gewinns 2008" aufgeführt gewesen sei, seien während des anhängigen Klageverfahrens aufgehoben worden. Ferner habe die Finanzbehörde in dem Termin zur mündlichen Verhandlung einen geänderten Bescheid über die Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen erlassen. Der Prozessvertreter des dortigen Klägers habe sodann gegen diesen Bescheid Klage erhoben. Die Beteiligten hätten auf eine förmliche Ladung und auf die Einhaltung der Ladungsfrist verzichtet.

Sie halte daran fest, dass sie die vorliegende Klage erhoben habe und auch klagebefugt sei. Für den Fall, dass sie nicht klagebefugt sei, wäre die Einspruchsentscheidung isoliert aufzuheben, da die Einspruchsentscheidung über ein Einspruchsverfahren gegen eine gesonderte und einheitliche Feststellung gegenüber … B als ihren Gesellschafter bekannt gegeben worden sei. Aufgrund dieses widersprüchlichen Verhaltens des Beklagten hätten eigentlich zwei Klagen eingereicht und eine der beiden Klagen mit dem entsprechenden Kostenrisiko zurückgenommen werden müssen.

In der Sache vertritt sie die Auffassung, die Bescheide für 2011 und 2012 über die gesonderte Feststellung der für die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen vom 10.06.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.09.2014 seien - soweit diese die Gewinne aus der Auflösung der Investitionsabzugsbeträge nicht in die Tarifermäßigung des § 34a EStG einbeziehen würden - rechtswidrig. Entgegen der Auffassung des Beklagten seien die gewinnerhöhenden Hinzurechnungen der in Anspruch genommenen Investitionsabzugsbeträge gemäß § 7g EStG, selbst wenn diese außerbilanziell hinzuzurechnen seien, bei der Berechnung der begünstigten Gewinne zu berücksichtigen.

Sie beantragt,

die Bescheide für 2011 und 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlusts nach § 15a Abs. 4 EStG sowie der für die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen, jeweils vom 10.06.2014, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.09.2014, Steuernummer/Aktenzeichen: …, insoweit abzuändern, dass für Zwecke der Anwendung des § 34a EStG ein nicht entnommener, begünstigungsfähiger Gewinn in Höhe von 106.664 Euro für 2011 sowie 95.050 Euro für 2012 festgestellt wird,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner Auffassung in der Einspruchsentscheidung fest.

Aus den Gründen

Die Klage hat keinen Erfolg.

Die Klage der Klägerin wegen der gesonderten Feststellungen nach § 34a EStG ist unzulässig. Die Klägerin ist nicht gemäß § 48 FGO hinsichtlich der Bescheide über die Feststellung der für die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen klagebefugt.

Es ergeben sich keine Zweifel, dass eine Klage der Klägerin – und nicht etwa des Kommanditisten … B – vorliegt. Eine Umdeutung oder Auslegung der Klage in eine solche des Kommanditisten kommt nicht in Betracht.

Prozesserklärungen sind in entsprechender Anwendung des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch so auszulegen, dass der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Beschluss vom 19.07.2005 XI B 206/04, BFH/NV 2006, 68; Urteil vom 27.11.2008 IV R 16/06, BFH/NV 2009, 783). Dabei können auch außerhalb der Erklärung liegende weitere Umstände berücksichtigt werden. Die Auslegung einer Prozesserklärung darf aber nicht zur Annahme eines Erklärungsinhalts führen, für den sich in der (verkörperten) Erklärung selbst keine Anhaltspunkte mehr finden lassen. Auf die Wortwahl und die Bezeichnung kommt es nicht entscheidend an, sondern auf den gesamten Inhalt der Willenserklärung (BFH, Beschlüsse vom 07.11.2007 I B 104/07, BFH/NV 2008, 799; vom 24.07.2012 XI B 87/11, BFH/NV 2012, 1981) Die Tatsache, dass ein Steuerpflichtiger von einem Rechtsanwalt oder Steuerberater vertreten wird, schließt eine Rechtsschutz gewährende Auslegung nicht aus (BFH, Beschluss vom 19.07.2005 XI B 206/04, BFH/NV 2006, 68). Nur wenn die Prozesserklärung klar und eindeutig ist und offensichtlich dem bekundeten Willen des Beteiligten entspricht, besteht grundsätzlich kein Raum für eine gegenteilige Auslegung (BFH, Beschluss vom 31.07.2013 V B 66/12, BFH/NV 2013, 1933).

Die vorliegende Klage wurde von einem fachkundigen Berater ausdrücklich im Namen der Klägerin erhoben. Nach dem Wortlaut der Klageschrift ergibt sich eine eindeutige Bezeichnung der GmbH & Co. KG als Klägerin. Einen ausdrücklichen Hinweis auf den Kommanditisten als Kläger enthält die Klageschrift nicht.

Zwar gilt auch in Finanzprozessen der Grundsatz der "rechtsschutzgewährenden Auslegung (BFH, Urteile vom 19.04.2007 IV R 28/05, BStBl II 2007, 704; vom 08.05.2008 VI R 12/05, BStBl II 2009, 116). Eine eindeutige Erklärung eines rechtskundigen Prozessvertreters kann aber auch unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes nicht abweichend von ihrem tatsächlichen Inhalt gedeutet werden (BFH-Beschlüsse vom 04.11.2008 V B 114/08, BFH/NV 2009, 400; vom 19.07.2010 I B 207/09, BFH/NV 2011, 48). Es ist vielmehr ein Gebot der Rechtssicherheit, einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe mit seinen Prozesserklärungen beim Wort zu nehmen (BFH, Beschluss vom 29.07.1993 X B 210/92, BFH/NV 1994, 382).

Hinzu kommt, dass es offensichtlich dem bekundeten Willen der Klägerin entspricht, die vorliegende Klage erhoben zu haben. Denn nach Aufforderung der Klägerin durch das Gericht, sich zu ihrer Klagebefugnis zu äußern, hat sie deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie selbst die Klägerin und als solche klagebefugt sei. Dies haben die Prozessbevollmächtigten zuletzt in der mündlichen Verhandlung wiederholt.

Etwas anderes ergibt sich nicht aus der Erwähnung des Kommanditisten als Einspruchsführer in der - der Klageschrift beigefügten - Abschrift der Einspruchsentscheidung. Diesem Umstand ist angesichts des bekundeten eindeutigen Willens der Klägerin, die vorliegende Klage zu erheben, keine Bedeutung in der Weise beizumessen, dass als Kläger der Kommanditist B anzunehmen ist. Die damalige Bevollmächtigte hatte den Einspruch bezüglich der gesonderten Feststellung nach § 34a Abs. 10 EStG  im Namen der Klägerin und der Feststellungsbeteiligten eingelegt. Der Beklagte wies dann allein den von dem Kommanditisten eingelegten Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 17.09.2014 als unbegründet zurück, nachdem er zuvor aufgrund der Entscheidung des Finanzgerichts Münster vom 19.02.2014 (9 K 511/14 F, EFG 2014, 1201 zu der Annahme gelangt war, dass der Einspruchsführer der beteiligte Kommanditist … B sei. In der Einspruchsentscheidung bezeichnete er zu Recht den Kommanditisten als Einspruchsführer. Trotz des klaren Wortlauts der Einspruchsentscheidung bezüglich des Einspruchsführers hat dann die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Gegen den eindeutigen Wortlaut der erhobenen Klage und den bekundeten Willen der Klägerin, die Klage erheben zu wollen, kann der Grundsatz der rechtsschutzgewährenden Auslegung nicht dazu führen, den Kommanditisten B als - aus Sicht des Gerichts klagebefugten - Kläger anzunehmen.

Das Gericht legt die vorliegende Klage in Anbetracht der eindeutigen Klagebegründung dahingehend aus, dass sie ausschließlich gegen die Bescheide über die Feststellung der für die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen gerichtet ist. Zwar führt die Klägerin in ihrer Klageschrift auf, dass sie wegen der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen Klage erhebt. Tatsächlich wendet sie sich inhaltlich ausschließlich gegen die gesonderten Feststellungen der für die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen.

Eine Auslegung der Klage als eine solche gegen die einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungen für 2011 und 2012 verbietet sich hingegen. Würde man eine solche Klage annehmen, wäre die Klägerin zwar gemäß § 48 FGO grundsätzlich klagebefugt. Vorliegend bestünde jedoch – unterstellt die Klägerin hätte sich auch schon mit ihrem Einspruch gegen die einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungen für 2011 und 2012 gewandt kein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin für eine solche Klage, da sie keine Einwände gegen die einheitlichen und gesonderten Feststellungen vorgebracht hat und solche auch nicht sonst ersichtlich sind.

Die so verstandene Klage ist unzulässig. Gegen einen Bescheid über die Feststellung der für die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen ist nicht die Gesellschaft, sondern nur der betroffene Gesellschafter klagebefugt (FG Münster, Urteil vom 19.02.2014 9 K 511/14 F, EFG 2014, 1201; Schmidt/Wacker EStG § 34a Rz. 98; Dr. Guido Bodden, Aktuelle Brennpunkte der Thesaurierungsbesteuerung nach § 34a EStG, FR 2014, 920; Blümich/Ratschow, § 34a EStG Rz. 95; Kaligin in Lademann, EStG, § 34a Anm. 53).

Bei der Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen handelt es sich nicht um einen Bestandteil der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte im Sinne von § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO. Die Bescheide über die Feststellung der für die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen vom 10.06.2014 sind rechtlich selbständig. Nach dem Wortlaut von § 34a Abs. 10 Satz 3 EStG kann die gesonderte Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen zwar mit der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte i.S.v. § 180 Abs. 1 Nr. 2a verbunden werden; sie wird jedoch nicht Teil dieser Feststellung (zur rechtlichen Selbständigkeit der Feststellung: Reiß in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 34a Rn. 86; Lindberg in Frotscher, EStG, § 34a Rn 37; Bodden, FR 2011, 829).

Zwar besteht gemäß § 48 Abs. 1 FGO eine Klagebefugnis einer Personengesellschaft als Prozessstandschafterin bei Bescheiden über gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Dies erstreckt sich selbst auf solche Streitfragen, die nur einen an der Gesellschaft Beteiligten i. S. von § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO persönlich angehen. Die Vorschrift des § 48 FGO greift jedoch nicht, da diese Vorschrift allein die Klagebefugnis bei einheitlichen und gesonderten Feststellungen betrifft. Der Bescheid nach § 34a Abs. 10 EStG hingegen stellt lediglich eine gesonderte, und nicht einheitlich und gesonderte, Feststellung der individuellen Voraussetzungen der Tarifermäßigung dar (Schmidt/Wacker EStG § 34a Rz. 98). Es liegt – im Gegensatz etwa zur Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG (siehe dazu § 15a Abs. 4 Satz 6 EStG) – keine gesetzliche Anordnung vor, wonach es sich bei der gesonderten Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen zugleich um eine einheitliche Feststellung handeln soll. Letztlich erscheint das Vorliegen einer „nur“ gesonderten Feststellung auch sachgerecht, denn die Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen muss nicht notwendig für alle Mitunternehmer einer Personengesellschaft vorgenommen werden, sondern nur für die Mitunternehmer, die die Inanspruchnahme der Tarifbegünstigung beantragt haben.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch nicht die Einspruchsentscheidung isoliert aufzuheben. Eine isolierte Aufhebung der Einspruchsentscheidung kann in Betracht kommen, wenn sich die Einspruchsentscheidung gegen jemanden richtet, der gar nicht Einspruchsführer ist. Dies ist hier jedoch gerade nicht der Fall. Die Einspruchsentscheidung richtet sich gegen … B als Gesellschafter der GmbH & Co KG und dieser hatte auch Einspruch eingelegt.

Allein das Vorliegen einer – wie hier – fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung führt nicht zur Aufhebung einer Einspruchsentscheidung. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass für den Fall einer unrichtigen oder fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung § 55 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) regelt, dass die Frist für einen Rechtsbehelf nicht zu laufen beginnt und die Einlegung des Rechtsbehelfs gemäß § 55 Abs. 2 FGO im Regelfall innerhalb eines Jahres seit Bekanntgabe im Sinne des § 54 Abs. 1 FGO zulässig ist.

Auch ist der Wortlaut der Einspruchsentscheidung entgegen der Ansicht der Klägerin nicht in sich widersprüchlich. Die Einspruchsentscheidung vom 17.09.2014 betrifft eindeutig den Einspruch des Kommanditisten B gegen die Bescheide über die Feststellung der für die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen. Zwar hatte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung unter „Steuerart/Jahr/Streitgegenstand“ „gesonderte und einheitliche Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen 2011 und 2012“ aufgeführt. Entgegen dem „Betreff“ der Einspruchsentscheidung hatte der Beklagte jedoch, für den Bescheidadressaten aufgrund der Ausführungen in den Gründen der Entscheidung eindeutig erkennbar, nicht über die einheitlichen und gesonderten Feststellungen nach § 180 AO, sondern ausschließlich über die Feststellungen nach § 34a Abs. 10 EStG entschieden. Der Betreff einer Einspruchsentscheidung soll lediglich zusätzlich sicherstellen, dass der Einspruchsführer erkennen kann, über welchen von ihm eingelegten Einspruch das Finanzamt abschließend entschieden hat. Deshalb ist es unschädlich, dass der Beklagte hier versehentlich die Worte „gesonderte und einheitliche Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen“ in den Betreff eingefügt hat, mit denen auch die „Überschrift“ der (Sammel-)Bescheide vom 10.06.2014 beginnt, in denen die Feststellungsbescheide betreffend die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG enthalten sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revisionszulassung beruht auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, da die Frage der Klagebefugnis im Zusammenhang mit Feststellungsbescheiden betreffend die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG noch nicht abschließend geklärt ist.

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