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Steuerrecht
10.07.2014
Steuerrecht
FG Münster: Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Thesaurierungsbegünstigung

FG Münster, Urteil vom 19.2.2014 – 9 K 511/14 F,  Rev. eingelegt Az. BFH X R 32/14

Leitsätze der Redaktion

1. Gegen einen Bescheid über die Feststellung der für die Tarifbegünstigung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen ist nicht die Gesellschaft, sondern nur der betroffene Gesellschafter einspruchs- und klagebefugt, weil die Feststellung gesondert, aber nicht einheitlich erfolgt.

2. Zur Ermittlung des Begünstigungsbetrages ist der steuerliche Gewinn um nicht abzugsfähige Betriebsausgaben zu vermindern, zu denen auch die Gewerbesteuer zählt.

EStG § 34a Abs. 2, Abs. 10

Sachverhalt

Streitig ist, in welcher Höhe für das Jahr 2008 die für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen festzustellen sind.

Der Kläger ist als Kommanditist mit einem Kapitalanteil von 92 032,53 Euro (= 100 %) an der I H GmbH & Co KG (GmbH & Co. KG) beteiligt, deren Unternehmensgegenstand im Betrieb einer Schreinerei besteht. Komplementärin ist die H Verwaltungs GmbH mit einem Kapitalanteil von 0,00 Euro (= 0 %). Die Geschäftsführung der GmbH & Co. KG wurde von der Komplementärin übernommen; zu deren Geschäftsführer ist der Kläger bestellt worden.

Am 30.12.2009 reichte die GmbH & Co. KG die Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2008 nebst Jahresabschluss auf den 31.12.2008 beim Beklagten ein. Die Erklärung wies laufende Einkünfte von 149 183,13 Euro, Sonderbetriebseinnahmen der Gesellschafter in Höhe von 93 000,00 Euro (Kläger) bzw. 3 695,38 Euro (Komplementärin) sowie Sonderbetriebsausgaben des Klägers in Höhe von 16 959,48 Euro aus. Der steuerliche Gewinn belief sich danach auf 228 919,03 Euro; er wurde zu einem Teilbetrag in Höhe von (149 183,13 Euro + 93 000,00 Euro ./. 16 959,48 Euro =) 225 223,65 Euro dem Kläger und in Höhe von 3 695,38 Euro der Komplementärin zugewiesen. Beigefügt war der Erklärung eine Anlage FE 4 betreffend die Begünstigung des nicht entnommenen Gewinns (§ 34a EStG). Für den Kläger war dabei der gesamte ihm zugeordnete Gewinnanteil in Höhe von 225 223,65 Euro als nach § 34a EStG begünstigter Gewinn ausgewiesen; zudem wurden für den Kläger Entnahmen in Höhe von 40 956,55 Euro und Einlagen in Höhe von 251 722,50 Euro erklärt. Auf dem Mantelbogen der Erklärung war die O WP/StB GmbH als gemeinsamer, von allen Beteiligten bezeichneter Empfangsbevollmächtigter benannt; unterschrieben hatte die Erklärung der Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Komplementärin.

Der Beklagte erließ am 29.3.2010 einen erklärungsgemäßen, gem. § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheid für 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG sowie der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen. Der Bescheid war an die O WP/StB GmbH als Empfangsbevollmächtigte für die GmbH & Co. KG adressiert und enthielt den Zusatz, dass der Bescheid an die O WP/StB GmbH mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten ergehe.

Auf einen entsprechenden Antrag der GmbH & Co. KG erging am 28.4.2010 ein gem. § 164 Abs. 2 AO geänderter Feststellungsbescheid, in dem nach Auflösung einer Garantierückstellung in Höhe von 177 000,00 Euro der steuerliche Gewinn mit 405 919,03 Euro und der auf den Kläger entfallende Gewinnanteil mit 402 223,65 Euro festgestellt wurden. Mit Schreiben vom 26.5.2010 beantragten die GmbH & Co. KG und der Kläger für den gesamten Gewinnanteil des Klägers die Anwendung des § 34a EStG. Dies sollte auch für den Fall gelten, dass sich der Gewinnanteil durch eine anstehende Betriebsprüfung ändern sollte.

Im Juli 2010 wurde bei der GmbH & Co. KG eine Betriebsprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 durchgeführt. Der Prüfer ermittelte auf der Grundlage unstreitiger Feststellungen für das Jahr 2008 einen steuerlichen Gewinn der GmbH & Co. KG in Höhe von 432 917,03 Euro. Bei der Berechnung dieses Betrages hatte er Gewerbesteueraufwand in Höhe von 59 065,00 Euro, anzurechnende Kapitalertragsteuer nebst darauf entfallendem Solidaritätszuschlag in Höhe von 133,49 Euro, anteilige Bewirtungskosten in Höhe von 656,00 Euro und einen Betrag von 4 565,00 Euro für die private Pkw-Nutzung des Klägers gewinnerhöhend berücksichtigt. Den nach § 34a EStG begünstigten Gewinn ermittelte der Prüfer in der Weise, dass er den (abgerundeten) steuerlichen Gewinn von 432 917,00 Euro um als nicht abziehbare Betriebsausgaben behandelte Beträge in Höhe von insgesamt 64 419,49 Euro (Pkw-Nutzung: 4 565,00 Euro; Kapitalertragsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag: 133,49 Euro; anteilige Bewirtungskosten: 656,00 Euro; Gewerbesteuer: 59 065,00 Euro) auf einen Betrag von 368 497,51 Euro verminderte und diesen in Höhe eines Teilbetrags von 364 802,13 Euro dem Kläger zuordnete. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz. 2.2.5 des Betriebsprüfungsberichtes vom 19.7.2010 Bezug genommen.

Der Beklagte folgte den Vorschlägen des Prüfers und erließ – unter Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung – am 24.8.2010 einen gem. § 164 Abs. 2 AO geänderten Bescheid für 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG sowie der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen. Der Bescheid war wiederum an die O WP/StB GmbH als Empfangsbevollmächtigte für die GmbH & Co. KG adressiert und enthielt ebenfalls den Zusatz, dass der Bescheid an die O WP/StB GmbH mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten ergehe.

Gegen diesen Bescheid legte die O WP/StB GmbH am 3.9.2010 unter dem Betreff „Steuer-Nr. … – Firma I H GmbH & Co KG, M Feststellungsbescheid 2008 vom 24.08.2010 über Tarifermäßigung gemäß § 34 a EStG“ mit der Begründung Einspruch ein, der Beklagte sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass durch die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben eine Minderung des Begünstigungsbetrages nach § 34a EStG eingetreten sei.

Den Einspruch wies der Beklagte mit einer an die O WP/StB GmbH adressierten Einspruchsentscheidung vom 27.7.2011, in dessen Rubrum die GmbH & Co. KG als Einspruchsführerin bezeichnet und in der unter „Steuerart/Jahr/Streitgegenstand“ die Angabe „Feststellung des nach § 34a EStG begünstigten Gewinns 2008“ aufgeführt ist, als unbegründet zurück.

Gegen diese Entscheidung hat die GmbH & Co. KG am 4.8.2011 unter dem Aktenzeichen 9 K 2735/11 F Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte am 5.9.2011 einen gemäß § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO geänderten, an die Prozessvertreter der GmbH & Co. KG adressierten Bescheid für 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG sowie der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen erlassen, in dem er insoweit eine Änderung der Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen vornahm, als er den nach § 34a EStG begünstigten Gewinn um den auf die private Pkw-Nutzung entfallenden Betrag (4 565,00 Euro) auf 373 062,51 Euro erhöhte und diesen in Höhe eines Teilbetrag von 369 367,13 Euro dem Kläger zuwies.

Am 19.2.2014 hat in dem Klageverfahren ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, in dessen Rahmen die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, nachdem der Beklagte die gegenüber der GmbH & Co. KG ergangene Einspruchsentscheidung vom 27.7.2011 und den Änderungsbescheid vom 5.9.2011 aufgehoben hat. Dabei sind die Beteiligten übereinstimmend davon ausgegangen, dass nicht die GmbH & Co. KG, sondern der Kläger in Bezug auf die Feststellungen nach § 34a EStG rechtsbehelfsbefugt und der Einspruch vom 3.9.2010 zumindest auch von ihm persönlich eingelegt worden sei. Der Beklagte hat in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.02.2014 zudem einen geänderten Bescheid über die Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen erlassen, in dem er einen nach § 34a EStG begünstigten Steuerbilanzgewinn einschließlich etwaiger Gewinne der Gesellschafter aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen in Höhe von 373 196,00 Euro, für den Kläger einen (anteiligen) begünstigten Steuerbilanzgewinn einschließlich etwaiger Gewinne aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen in Höhe von 369 500,62 Euro, einen prozentualen Anteil des Klägers am Gesamtgewinn von 99 %, Entnahmen des Klägers aus der Gesamthands- und Sonderbilanz in Höhe von insgesamt 45 655,04 Euro und Einlagen des Klägers in die Gesamthands- und Sonderbilanz in Höhe von 251 722,50 Euro festgestellt hat. Der Prozessvertreter des Klägers hat im Rahmen des Termins ferner erklärt, dass er gegen diesen Bescheid Klage erhebe. Des Weiteren haben beide Beteiligte erklärt, dass sie auf eine förmliche Ladung und auf die Einhaltung der Ladungsfrist verzichten. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschriften zum Verfahren 9 K 2735/11 F und zum vorliegenden Verfahren Bezug genommen.

Zur Begründung seiner Klage macht der Kläger unter Bezugnahme auf die Ausführungen der GmbH & Co. KG im Klageverfahren 9 K 2735/11 F geltend, der Beklagte habe bei der Berechnung des nach § 34a EStG begünstigten nicht entnommenen Gewinns zu Unrecht die nicht abziehbaren Betriebsausgaben als nicht begünstigungsfähig angesehen. Diese Vorgehensweise widerspreche der mit der Einführung von § 34a EStG verbundenen Absicht des Gesetzgebers, einbehaltene gewerbliche Gewinne bei natürlichen Personen in gleicher Weise der Besteuerung zu unterwerfen wie bei Kapitalgesellschaften. Zwar lasse sich den Gesetzgebungsmaterialien zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.8.2007 (BGBl. I 2007, 1912) in BT-Drs. 16/4841, Seite 63, nicht eindeutig entnehmen, ob die Begünstigung nach § 34a EStG auch die früher als Betriebsausgabe abziehbare Gewerbesteuer umfassen solle. Es sei des Weiteren unklar, ob es sich bei der seit 2008 nicht mehr als Betriebsausgabe abziehbaren Gewerbesteuer um eine nicht abziehbare Betriebsausgabe oder um eine Entnahme handele. Für eine Einbeziehung der nicht als Betriebsausgabe abziehbaren Gewerbesteuer in den nach § 34a EStG begünstigten Gewinn spreche jedoch zum einen der Umstand, dass bei einer Kapitalgesellschaft niemand auf die Idee komme, Gewerbesteuer wie eine Dividende zu behandeln. Zum anderen gebe es in der Literatur nicht nur vereinzelte Stimmen, die von einer Begünstigung auch des auf nicht abziehbare Betriebsausgaben entfallenden Gewinnanteils ausgingen. Für die seit dem Jahr 2008 nicht mehr als Betriebsausgabe zu berücksichtigende Gewerbesteuer ergebe sich im Übrigen das gleiche Ergebnis, wenn man diese nicht als nicht abziehbare Betriebsausgabe, sondern als Entnahme betrachte.

Der Kläger beantragt, unter Änderung des im heutigen Termin zum Aktenzeichen 9 K 2735/11 erlassenen Änderungsbescheides vom 19.02.2014 den auf ihn entfallenden begünstigten Gewinn mit 429 221,65 Euro (statt bislang 369 500,62 Euro) festzustellen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er macht geltend, eine höhere Feststellung des auf den Kläger entfallenden begünstigten Gewinns komme nicht in Betracht, da die nicht abziehbaren Betriebsausgaben, zu denen auch die Gewerbesteuer zu zählen sei, nach dem eindeutigen Wortlaut des § 34a Abs. 2 EStG und dem erklärten Willen des Gesetzgebers nicht in die Begünstigung einzubeziehen seien.

Aus den Gründen

Die Klage hat keinen Erfolg.

 

I. Die Klage ist zulässig.

Klagebefugt ist der betroffene Gesellschafter

1. Der Kläger ist klagebefugt im Sinne von § 40 Abs. 2 FGO, denn er begehrt die Feststellung eines höheren als des für ihn bisher vom Beklagten für das Jahr 2008 festgestellten begünstigten Gewinns im Sinne von § 34a EStG (zur Klagebefugnis des jeweils von den Feststellungen nach § 34a EStG betroffenen Gesellschafters vgl. etwa Schmidt/Wacker, EStG, 33. Aufl., § 34a Rz. 98).

 

2. Die Klage ist gem. § 46 Abs. 1 S. 1 FGO abweichend von § 44 FGO ohne vorherigen Abschluss eines Vorverfahrens zulässig, denn der Beklagte hat ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes bisher nicht über den Einspruch des Klägers gegen den Bescheid über die Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen vom 24.8.2010 entschieden.

 

a. Der an die O WP/StB GmbH adressierte Bescheid über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gem. § 34a EStG vom 24.8.2010 ist auch dem Kläger gegenüber bekanntgegeben worden, denn die O WP/StB GmbH ist mit der – vom Kläger in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der H Verwaltungs GmbH unterschriebenen – Feststellungserklärung von allen Beteiligten an der GmbH & Co. KG zum gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellt worden. Der Bekanntgabe des Bescheides (auch) an den Kläger steht nicht entgegen, dass die O WP/StB im Feststellungsbescheid (nur) als Empfangsbevollmächtigte für die GmbH & Co KG bezeichnet worden ist, denn zum einen ist in dem Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass der Bescheid mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten ergeht. Zum anderen ist aus den weiteren Regelungen des Bescheides mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, dass der Beklagte gegenüber dem Kläger eine Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen vornehmen wollte (zum Inhaltsadressaten von Feststellungsbescheiden vgl. auch BFH-Urteil vom 24.7.2013 – I R 57/11, BFH/NV 2014, 390).

 

b. Die Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass der Einspruch vom 3.9.2010 gegen den Bescheid über die Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen vom 24.8.2010 auch als Einspruch des Klägers anzusehen ist (allgemein zur Auslegung von Willenserklärungen s. BFH-Urteil vom 19.8.2013 – X R 44/11, BFH/NV 2014, 1). Zwar bezeichnete das Einspruchsschreiben im Betreff nur die GmbH & Co. KG. Aus der weiteren Angabe „Feststellungsbescheid 2008 über die Tarifermäßigung gemäß § 34a EStG“ und dem Umstand, dass die Feststellung der Tarifermäßigung nur für den Kläger beantragt wurde bzw. werden konnte (auf die H Verwaltungs GmbH als Kapitalgesellschaft ist die Regelung in § 34a EStG nicht anwendbar), lässt sich jedoch mit hinreichender Sicherheit entnehmen, dass mit dem Einspruch die den Kläger betreffenden Feststellungen nach § 34a EStG angegriffen werden sollten. Hierfür spricht ferner das von der O WP/StB GmbH an den Beklagten gerichtete Schreiben vom 26.5.2010, mit dem für den Kläger die Anwendung der Tarifbegünstigung nach § 34a EStG auch schon für den Fall beantragt wurde, dass sich der Gewinnanteil des Klägers durch die Feststellungen der Betriebsprüfung ändern sollte.

 

c. Über den Einspruch des Klägers hat der Beklagte ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes nicht entschieden. Die Einspruchsentscheidung vom 27.7.2011 ist ausschließlich gegenüber der GmbH & Co. KG ergangen, denn sie bezeichnet diese im Rubrum als Einspruchsführerin; auch in den Gründen geht der Beklagte erkennbar davon aus, dass die Einspruchsentscheidung gegenüber der GmbH & Co. KG ergehen sollte. Da eine Auslegung der Einspruchsentscheidung gegen ihren klaren Wortlaut nicht in Betracht kommt (zu den Grenzen der Auslegung siehe etwa BFH-Beschluss vom 31.7.2013 – V B 66/12, BFH/NV 2013, 1933), kann sie nicht als dem Kläger gegenüber ergangene Entscheidung angesehen werden.

 

II. Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens ist der vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.2.2014 zu Protokoll gegebene Bescheid über die gesonderte Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen, denn dieser Bescheid hat den letzten gegenüber dem Kläger ergangenen Änderungsbescheid vom 24.8.2010 ersetzt.

Die nach § 34a EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen werden nur gesondert, aber nicht einheitlich festgestellt

III. Eine Beiladung der GmbH & Co. KG oder der H Verwaltungs GmbH zum vorliegenden Verfahren war nicht erforderlich, denn die Entscheidung über die vom Kläger erhobene Klage kann nicht im Sinne von § 60 Abs. 3 FGO notwendig nur einheitlich ergehen. Dies folgt daraus, dass es sich bei der Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen weder um einen Teil der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte im Sinne von § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO noch sonst um eine einheitliche und gesonderte Feststellung handelt. Nach dem Wortlaut von § 34a Abs. 10 S. 3 EStG kann die gesonderte Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen zwar mit der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte im Sinne von § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO verbunden werden; sie wird jedoch nicht Teil dieser Feststellung (zur rechtlichen Selbständigkeit der Feststellungen s. Reiß in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 34a Rn 86; Lindberg in Frotscher, EStG, § 34a Rn 37; Bodden, FR 2011, 829). Es liegt – im Gegensatz etwa zur Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG (siehe dazu § 15a Abs. 4 S. 6 EStG) – insbesondere keine gesetzliche Anordnung vor, wonach es sich bei der gesonderten Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen zugleich um eine einheitliche Feststellung handeln soll. Letztlich erscheint das Vorliegen einer „nur“ gesonderten Feststellung auch sachgerecht, denn die Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen muss nicht notwendig für alle Mitunternehmer einer Personengesellschaft vorgenommen werden, sondern nur für die Mitunternehmer, die die Inanspruchnahme der Tarifbegünstigung beantragt haben.

 

IV. Die Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid über die gesonderte Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen für 2008 vom 19.2.2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO). Der Beklagte hat den auf den Kläger entfallenden begünstigten Gewinn im Sinne von § 34a EStG zu Recht in Höhe von 369 500,62 Euro festgestellt.

 

1. Der Beklagte war für die gesonderte Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen zuständig, denn nach § 34a Abs. 10 S. 1 und 2 EStG können, wenn – wie vorliegend – Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO gesondert festzustellen sind, von dem für die Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO zuständigen FA auch die Höhe der Entnahmen und Einlagen sowie weitere für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderliche Besteuerungsgrundlagen gesondert festgestellt werden. Da der Kläger bereits mit der Feststellungserklärung vom 30.12.2009 und nochmals mit dem Schreiben vom 26.05.2010 beantragt hatte, die Tarifermäßigung nach § 34a EStG auf den ihm zuzurechnenden Gewinnanteil anzuwenden, erscheint es sachgerecht, dass der Beklagte zusammen mit der einheitlichen und gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO auch eine Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen vorgenommen hat.

Zur Ermittlung des Begünstigungsbetrages ist der steuerliche Gewinn um nicht abzugsfähige Betriebsausgaben zu vermindern

2. Der Beklagte ist bei der Feststellung der für die Tarifermittlung nach § 34a Abs. 1 bis 7 EStG erforderlichen Besteuerungsgrundlagen zu Recht davon ausgegangen, dass der auf den Kläger entfallende Anteil am steuerlichen Gewinn der GmbH & Co. KG zur Ermittlung des Begünstigungsbetrages im Sinne von § 34a Abs. 2 EStG um nicht abziehbare Betriebsausgaben in Höhe von insgesamt 59 721,00 Euro zu vermindern ist.

 

a. Nach § 34a Abs. 1 S. 1 EStG ist die Einkommensteuer für im zu versteuernden Einkommen enthaltene nicht entnommene Gewinne (u.a.) aus Gewerbebetrieb auf Antrag des Steuerpflichtigen ganz oder teilweise mit einem Steuersatz von 28,25 Prozent zu berechnen; nicht entnommener Gewinn des Betriebs oder Mitunternehmeranteils ist dabei nach § 34a Abs. 2 EStG der nach § 4 Absatz 1 S. 1 EStG oder § 5 EStG ermittelte Gewinn, vermindert um den positiven Saldo der Entnahmen und Einlagen des Wirtschaftsjahres.

 

aa. Ausgangspunkt für die Ermittlung des Begünstigungsbetrages im Sinne von § 34a Abs. 2 EStG ist nach der gesetzlichen Regelung mithin der nach § 4 Abs. 1 S. 1, § 5 EStG ermittelte Gewinn, also der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, vermehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen.

 

(1) Aus dem Verweis von § 34a Abs. 2 EStG auf die §§ 4 Abs. 1 S. 1, 5 EStG folgt, dass der Begünstigungsbetrag zwar die nach § 4 Abs. 1 S. 1 EStG bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrages hinzuzurechnenden Entnahmen, nicht aber die – außerhalb der Ermittlung des Unterschiedsbetrages in Ansatz zu bringenden – nicht abziehbaren Betriebsausgaben umfasst (so die ganz überwiegende Auffassung, vgl. Lindberg in Frotscher, EStG, § 34a Rz. 15; Reiß in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 34a Rz. 46; K. Stein in Herrmann/Heuer/Raupach, § 34a EStG Anm. 46; Hey, DStR 2007, 925; Ley, KÖSDI 2007, 15737 m. w. N.; Meyer/Sterner, Ubg 2008, 733; BMF v. 11.8.2008, BStBl. I 2008, 838, Tz. 16; a. A. Schiffers, GmbHR 2007, 841). Soweit dem entgegengehalten wird, die fehlende Einbeziehung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben in den Begünstigungsbetrag sei unter Berücksichtigung des mit der Regelung verfolgten Ziels einer weitgehenden Annäherung der Tarifbelastung für von Einzelunternehmen bzw. Mitunternehmerschaften und von Kapitalgesellschaften erzielten Gewinnen nicht sachgerecht, weil bei Kapitalgesellschaften der gesamte steuerliche Gewinn (einschließlich nicht abziehbarer Betriebsausgaben) nur einer körperschaftsteuerlichen Tarifbelastung von 15 % (§ 23 Abs. 1 KStG) zzgl. Gewerbesteuer unterliege (in diesem Sinne etwa Schiffers, GmbHR 2007, 841), so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn diese Auffassung widerspricht nicht nur dem Wortlaut des Gesetzes; sie steht offensichtlich auch nicht mit der Intention des Gesetzgebers in Einklang. Denn der Gesetzgeber wollte ausweislich der Begründung zum Gesetzesentwurf (s. BT-Drs. 16/4841, Seite 63) mit der Einführung von § 34a EStG nur eine Begünstigung nicht entnommener Gewinne erreichen. Nicht abziehbare Betriebsausgaben sollten nach dem Willen des Gesetzgebers schon deshalb nicht in die Begünstigung einbezogen werden, weil es sich hierbei um tatsächlich verausgabte bzw. zu verausgabende und damit für eine Thesaurierung nicht mehr zur Verfügung stehende Beträge handelt.

Dies verstößt nicht gegen Verfassungsrecht

Die fehlende Einbeziehung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben in den nach § 34a Abs. 2 EStG begünstigten Gewinn führt auch weder zu einer gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstoßenden Ungleichbehandlung der in einer Mitunternehmerschaft tätigen Steuerpflichtigen gegenüber Kapitalgesellschaften noch zu einem Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit (dazu s. etwa BVerfG-Beschluss vom 7.7.2010 – 2 BvL 14/02 u. a., BVerfGE 127, 1). Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor, denn es ist dem Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des BVerfG im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit unbenommen, an zivilrechtliche Rechtsformunterschiede anzuknüpfen (BVerfG-Beschluss vom 21.6.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164). Von einem Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit ist nicht auszugehen, da mit der Einführung von § 34a EStG – entgegen der Ansicht des Klägers – nicht eine vollständige Gleichstellung, sondern – antragsabhängig – nur eine Annäherung der bei Personen- und Kapitalgesellschaften auf gewerbliche Gewinne entfallenden Tarifbelastungen erreicht werden sollte. Dies gilt umso mehr, als es in Anbetracht der auch nach Einführung von § 34a EStG bestehenden erheblichen Unterschiede zwischen der Besteuerung von Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften einerseits und Kapitalgesellschaften andererseits mit teils begünstigender und teils belastender Wirkung nicht sachgerecht erscheint, allein mit Blick auf die unterschiedliche Belastung der nicht abziehbaren Betriebsausgaben von einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung auszugehen (in diesem Sinne auch Hey, DStR 2007, 925; K. Stein in Herrmann/Heuer/Raupach, § 34a EStG Anm. 10).

 

(2) Bei Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall hat der Beklagte sowohl den nicht abziehbaren Teil der Bewirtungskosten in Höhe von 656,00 Euro als auch den Gewerbesteueraufwand in Höhe von 59 065,00 Euro bei der Ermittlung des Begünstigungsbetrages nach § 34a Abs. 2 EStG zu Recht unberücksichtigt gelassen.

 

(a) Bei dem nicht abziehbaren Teil der Bewirtungskosten in Höhe von 656,00 Euro handelt es sich – wie unter den Beteiligten unstreitig ist – um nicht abziehbare Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG).

Gewerbesteuer ist keine Entnahme, sondern nicht abziehbare Betriebsausgabe

(b) Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Gewerbesteueraufwand in Höhe von 59 065,00 Euro ebenfalls als nicht abziehbare Betriebsausgabe anzusehen. Zwar wird unter Hinweis auf den (verunglückten) Gesetzeswortlaut von § 4 Abs. 5b EStG („Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen sind keine Betriebsausgaben“) auch vertreten, dass es sich bei der Gewerbesteuer und bei den auf die Gewerbesteuer entfallenden Nebenleistungen nicht um nicht abziehbare Betriebsausgaben, sondern um Entnahmen handele (so etwa Pohl, BB 2007, 2483; Schiffers, GmbHR 2007, 841). Dem vermag der Senat mit der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. Urteil des FG Hamburg vom 29.2.2012 – 1 K 48/12, EFG 2012, 933 m. w. N.; Beschluss des FG Hamburg vom 29.2.2012 – 1 K 138/10, EFG 2012, 960 m. w. N.; Urteil des FG Nürnberg vom 2.2.2012 – 6 K 1495/10, DStRE 2013, 1475; Schiffers, GmbHR 2007, 841) jedoch schon deshalb nicht beizupflichten, weil keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Nichtabziehbarkeit der Gewerbesteuer durch betriebsfremde, private Zwecke im Sinne von § 4 Abs. 1 S. 2 EStG veranlasst ist. Dies gilt umso mehr, als es sich bei der Gewerbesteuer um eine Objektsteuer und nicht um eine nach § 12 Nr. 3 EStG vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossene Personensteuer handelt. Auch der Standort der Vorschrift spricht nach Einschätzung des Senates dafür, dass der Gesetzgeber die Gewerbesteuer tatsächlich als nicht abziehbare Betriebsausgabe behandelt wissen wollte, denn § 4 Abs. 5b EStG ist unmittelbar hinter den bereits bestehenden Vorschriften betreffend nicht abziehbare Betriebsausgaben in das Gesetz eingefügt worden.

 

(3) Der Beklagte hat den nach den §§ 4 Abs. 1 S. 1, 5 EStG ermittelten Gewinn von (abgerundet) 432 917,00 Euro mithin zu Recht um (656,00 Euro + 59 065,00 Euro =) 59 721,00 Euro auf 373 196,00 Euro vermindert und von diesem Betrag einen Teilbetrag in Höhe von (373 196,00 Euro ./. 3 695,38 Euro =) 369 500,62 Euro dem Kläger zugeordnet.

 

b. Eine Verminderung des Betrages von 369.500,62 Euro um einen positiven Saldo von Entnahmen und Einlagen war nicht vorzunehmen, weil die Summe der Entnahmen (46 655,04 Euro) die Summe der Einlagen (251 722,50 Euro) nicht übersteigt.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

VI. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).

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