R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Steuerrecht
23.03.2017
Steuerrecht
FG Münster: Bürodienstleistungen einer GbR an ihre Gesellschafter umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig?

FG Münster, Urteil vom 12.1.2017 – 5 K 23/15 U

ECLI:DE:FGMS:2017:0112.5K23.15U.00

Volltext: BB-Online BBL2017-726-5

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Klägerin steuerbare Leistungen gegen Entgelt gegenüber ihren Gesellschaftern erbracht hat und, bejahendenfalls, ob die Leistungen der Klägerin von der Umsatzsteuer befreit sind und ob Personalkosten als durchlaufende Posten zu behandeln sind.

Die Klägerin ist eine GbR. Die Gesellschafter sind drei selbständige Berufsbetreuer, die Betreuungsleistungen gem. § 1896 BGB erbringen. Gegenstand der GbR ist laut § 2 des Gesellschaftsvertrags der Betrieb einer Bürogemeinschaft, insbesondere die Anmietung von Büroräumen, deren Ausstattung sowie die Beschäftigung von Arbeit-nehmern, die Anmietung und Untervermietung von Abstellflächen für Klienten-Mobiliar und die gegenseitige Vertretung in Betreuungsangelegenheiten. In § 12 des Gesellschaftsvertrags ist geregelt, dass sämtliche Betriebskosten für Personal, Investitionen und Instandhaltung, Telefon, Internet, Marketing, Betriebsfeiern etc. sowie alle anderen sächlichen Betriebskosten anteilig auf die Gesellschafter aufgeteilt werden. Hierfür wird der vom jeweiligen Gesellschafter in seinem Einzelunternehmen erzielte Jahresumsatz zugrunde gelegt und daraus der jeweilige Einzelanteil errechnet. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag verwiesen (Bl. 5 ff Vertragsakte).

Am 15.4.2002 schloss die Klägerin einen Arbeitsvertrag mit Frau V T als Bürofachkraft (im Folgenden: Arbeitnehmerin). In diesem Vertrag ist die Klägerin als Arbeitgeberin bezeichnet. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Vertrag verwiesen (Bl. 14 Hefter „Rb-Verfahren USt 12/2013“). Im 5. Änderungsvertrag zu diesem Arbeitsvertrag ist als Vertragspartner „X E , S F , S B (Betreuungsbüro U)“ genannt. In dem 5. Änderungsvertrag heißt es auch, dass der am 15.4.2002 geschlossene Arbeitsvertrag dem Grunde nach unbefristet weitergilt. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Änderungsvertrag verwiesen (Bl. 16 Hefter „Rb-Verfahren USt 12/2013“). Die Personalkosten beliefen sich im Jahr 2008 auf insgesamt 28.246,61 EUR, im Jahr 2009 auf insgesamt 30.360 EUR, im Jahr 2010 auf insgesamt 41.237,16 EUR, im Jahr 2011 auf insgesamt 40.839,89 EUR, im Jahr 2012 auf insgesamt 39.724,10 EUR und im Jahr 2013 auf insgesamt 42.653,09 EUR.

Zudem mietete die Klägerin in den Jahren 2008 - 2013 von den Eheleuten Y (Vermieter), die gemäß § 9 UStG auf die Steuerfreiheit der Umsätze verzichtet hatten, Büroräume an. Die monatliche Miete betrug 500 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 95 EUR. Ab Juli 2013 vermieteten die Vermieter steuerfrei.

In den Jahren 2008 bis 2013 erbrachte die Klägerin die im Gesellschaftsvertrag genannten Büroleistungen an ihre Gesellschafter und stellte ihnen die angefallenen Kosten entsprechend der Regelung im Gesellschaftsvertrag – für die Jahre 2008 bis 2012 mit ausgewiesener Umsatzsteuer – in Rechnung. Im Jahr 2008 erteilte die Klägerin Jahresrechnungen an ihre drei Gesellschafter über einen Betrag von insgesamt 43.312,88 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 8.229,45 EUR. Im Jahr 2009 beliefen sich diese Rechnungen auf insgesamt 48.508,79 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 9.216,67 EUR, in 2010 auf insgesamt 57.873,49 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 10.995,96 EUR, in 2011 auf insgesamt 60.604,86 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 11.514,92 EUR und in 2012 auf insgesamt 58.217,60 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 11.061,34 EUR. Die Gesellschafter erbrachten ihrerseits Leistungen als Berufsbetreuer an Dritte, die sie ebenfalls mit ausgewiesener Umsatzsteuer in Rechnung stellten. Die Umsatzsteuer, die in den Jahresrechnungen der Klägerin offen ausgewiesen war, brachten die Gesellschafter in den Jahren 2008-2012 jeweils als Vorsteuer in Abzug. In 2013 zahlten die Gesellschafter insgesamt einen Betrag in Höhe von 58.125,25 EUR für Büroleistungen an die Klägerin. Die Klägerin erteilte in 2013 keine Rechnungen mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer.

In den Jahren 2008 bis 2011 wurde die Umsatzsteuer der Klägerin jeweils erklärungs-gemäß – unter dem Vorbehalt der Nachprüfung – festgesetzt: Für 2008 betrug die fest-gesetzte Umsatzsteuer 6.109,28 EUR (Umsatzsteuer: 8.998,02 EUR; Vorsteuer: 2.888,74 EUR), für 2009 betrug die Umsatzsteuer 6.567,46 EUR (Umsatzsteuer: 9.715,08 EUR; Vorsteuer: 3.147,62 EUR), für 2010 betrug die Umsatzsteuer 7.971,28 EUR (Umsatzsteuer: 11.351,93 EUR; Vorsteuer: 3.380,65 EUR) und für 2011 betrug die Umsatzsteuer 8.498,97 EUR (Umsatzsteuer: 11.744,09 EUR; Vorsteuer: 3.245,12 EUR). Für das Jahr 2012 gab die Klägerin monatliche Voranmeldungen ab.

Nach der Entscheidung des BFH vom 25.4.2013 (Az. V R 7/11, BStBl. 2013 II, 976) wurden die Umsätze der Gesellschafter aus Betreuungsleistungen nachträglich als steuerfrei behandelt. Die Umsatzsteuer der Gesellschafter wurde jeweils auf 0 EUR festgesetzt. Hierbei wurde auch – jeweils für das Jahr, in dem die Vorsteuer ursprünglich in Abzug gebracht wurde – eine Korrektur des Vorsteuerabzugs bei den Gesellschaftern vorgenommen.

Die Klägerin beantragte daraufhin mit Schreiben vom 21.8.2013 beim Beklagten, ihre Umsätze der Jahre 2008 bis 2013 als umsatzsteuerfrei zu behandeln (Bl. 33 Umsatzsteuerakte 2008-2012). Mit Schreiben vom 3.9.2013 lehnte der Beklagte die Berichtigung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2008 bis 2011 und der Umsatzsteuervoranmeldungen Januar bis Dezember 2012 ab. Mit Schreiben vom 4.9.2013 legte die Klägerin hiergegen Einsprüche ein.

Die Klägerin erteilte unter dem 27.11.2013 korrigierte Rechnungen für die Jahre 2008 bis 2012 (ohne offen ausgewiesene Umsatzsteuer) an ihre Gesellschafter (Bl. 71 ff roter Hefter). Am 28.11.2013 reichte die Klägerin berichtigte Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2008 bis 2011 und erstmalig die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2012 ein. Für die Monate Januar bis Juni 2013 gab die Klägerin am 28.11.2013 berichtigte Umsatzsteuervoranmeldungen ab, aus denen sich eine Zahllast von 0 EUR ergab. Für die Monate Juli bis Dezember 2013 gab die Klägerin ebenfalls am 28.11.2013 Voranmeldungen mit einer Zahllast von 0 EUR ab.

Für den Prüfungszeitraum 2013 führte der Beklagte daraufhin bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Dabei kamen die Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Klägerin umsatzsteuerbare und steuerpflichtige Leistungen an ihre Gesellschafter erbracht habe. Bezüglich der Einzelheiten wird auf den Prüfbericht vom 12.5.2014 verwiesen (Bl. 100 roter Hefter).

Mit Bescheid vom 21.5.2014 setzte der Beklagte die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat Dezember 2013 aufgrund der Feststellungen der Prüfer in Höhe von 7.106,95 EUR fest. Hierbei legte der Beklagte Einnahmen aus den Zahlungen der Gesellschafter in Höhe von 48.844,75 EUR zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von 9.280,50 EUR (entspricht Bruttoeinnahmen in Höhe von 58.125.25 EUR) zugrunde. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 4.6.2014 Einspruch ein.

Die Einsprüche gegen die Ablehnungsbescheide der Anträge auf Änderung der Um-satzsteuerbescheide 2008 bis 2011 und der Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide Januar bis Dezember 2012 und gegen den Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid Dezember 2013 wurden mit Einspruchsentscheidungen vom 4.12.2014 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte an, dass ein Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und ihren Gesellschaftern stattgefunden habe, der steuerbar und mangels Vorliegen der Voraussetzungen eines Befreiungstatbestands auch steuerpflichtig sei. Bezüglich der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidungen verwiesen (Bl. 61 Hefter „Rb-Verfahren USt 2008 - 2012“, Bl. 24 Hefter „Rb-Verfahren USt 12/2013“). Am 12.12.2014 erging ein Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2012 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, mit dem die Umsatzsteuer auf 8.255,01 EUR (Umsatzsteuer: 11.261,30 EUR; Vorsteuer: 3.006,29 EUR) festgesetzt wurde (Bl. 14 Gerichtsakte 5 K 48/15 U).

Zur Begründung der vorliegenden Klage trägt die Klägerin vor, dass sie nicht selbst Unternehmerin sei. Für die Beurteilung, ob es sich um eine Außengesellschaft handele, seien nicht die empfangenen Leistungen, sondern ausschließlich die erbrachten Leistungen der Gesellschaft maßgebend. Einen Pachtvertrag habe die Klägerin im August 2010 gekündigt, sodass zumindest ab September 2010 keine Außenumsätze mehr erzielt worden seien. Lediglich soweit Leistungen individuell an die Gesellschafter erbracht worden seien, könne eine eigene Unternehmereigenschaft der Klägerin vorliegen. Die Klägerin verweist auf ein Urteil des FG München vom 20.10.2010 (Az. 3 K 2192/07), dem ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde liege.

Zudem habe kein Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und ihren Mitgliedern stattgefunden. Die angefallenen Kosten seien nach einem vorab festgelegten Schlüssel verteilt worden.

Bei den Personalkosten und bei Aufwendungen für eine Sammelhaftpflichtversicherung würde es sich um durchlaufende Posten handeln. Der Arbeitsvertrag sei zwischen den Gesellschaftern und der Arbeitnehmerin geschlossen worden. Es liege keine Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und der Arbeitnehmerin vor. Lediglich aus Vereinfachungsgründen sei die Abrechnung über die Klägerin erfolgt. Auch Aufwendungen für eine Sammelhaftpflichtversicherung seien fälschlicherweise über die Klägerin als „Abrechnungsstelle“ gezahlt worden. Tatsächlich sei aber nur ein Gesellschafter (X E ) Versicherungsnehmer.

Schließlich sei, nach Abzug der durchlaufenden Posten, die Kleinunternehmerregelung anzuwenden.

Die Klägerin beruft sich zudem auf die unmittelbare Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. f RL/2006/112/EG (Mehrwertsteuersystemrichtlinie, MwStSystRL). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift würden vorliegen. Insbesondere würde die Klägerin nicht zu anderen Anbietern in Wettbewerb treten. Dies folge bereits aus der strafbewehrten Geheimhaltungspflicht des § 203 Abs. 1 Nr. 5 StGB, die gem. Abs. 3 auch für berufsmäßige Gehilfen, nicht aber für externe Dienstleister gelten würde. Auch sei die Tätigkeit aufgrund des Betreuungsverhältnisses derart vielschichtig und intim, dass eine Auslagerung auf einen fremden Dienstleister nicht möglich sei. Auch sei eine Beauftragung externer Dienstleister bereits nicht möglich, weil eine Verlagerung der Tätigkeit in andere Büroräume nicht möglich sei. Ein externer Dienstleister müsste Personal abstellen, wodurch dieser zum Arbeitnehmerüberlasser würde. Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung sei jedoch eine dauerhafte Abordnung an die Klägerin nicht möglich, weil eine Überlassung auf 48 Monate beschränkt sei. Insoweit würden keine Bürodienstleistungen vorliegen. Es würde sich bei dem „Wettbewerber“ allenfalls um einen Personaldienstleister handeln. Dessen Tätigkeit sei jedoch nicht mit den durch die Festanstellung erbrachten Leistungen vergleichbar.

Am 16.3.2015 – während des laufenden Klageverfahrens – erging ein Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 2013, mit dem der Beklagte die Umsatzsteuer auf 7.106,95 EUR (Umsatzsteuer: 9.280,36 EUR; Vorsteuer: 2.173,41 EUR) festsetzte (Bl. 73 Gerichtsakte 5 K 48/15 U).

Die Klägerin beantragt,

den Umsatzsteuerbescheid 2013 vom 16.3.2015 zu ändern und die Umsatzsteuer auf ./. 39.506,42 EUR festzusetzen,

hilfsweise, für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise, für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung. Ergänzend und vertiefend führt er aus, dass es sich bei der Klägerin nicht um eine Innengesellschaft handele, weil die Klägerin nach außen auftrete. So habe die Klägerin – und nicht die einzelnen Gesellschafter – einen Arbeitsvertrag mit der Arbeitnehmerin abgeschlossen, trete als Untervermieterin auf und habe eine Sammelhaftpflichtversicherung abgeschlossen. Der BFH habe entschieden, dass eine GbR, die ausschließlich Leistungen an ihre Gesellschafter ausführt, Unternehmerin sein kann (BFH, Urt. v. 18.4.1996, V R 123/93, BStBl. II 1996, S. 387). Dies folge auch aus § 2 Abs. 1 S. 3 UStG. Vorliegend erfolgten die Büroleistungen der Klägerin gegen Geldzahlungen der Gesellschafter und damit im Rahmen eines steuerbaren Leistungsaustausches.

Bei den Personalkosten handele es sich auch nicht um durchlaufende Posten, weil die Klägerin eigene Rechtsbeziehungen zur Arbeitnehmerin unterhalte. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die unmittelbare Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. fMwStSystRL berufen, weil die Tatbestandsmerkmale nicht erfüllt seien. Die Gesellschafter der Klägerin würden die von der Klägerin erbrachten Leistungen nicht unmittelbar zur Erbringung steuerbefreiter Tätigkeiten verwenden. Die Leistungen der Klägerin würden diese Tätigkeiten lediglich ermöglichen. Der Beklagte verweist auf einen Beschluss des BFH vom 29.10.2013 (Az. V B 58/13 m.w.N.).

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 6.1.2015 (Bl. 1 Gerichtsakte) und die weiteren Schriftsätze der Klägerin vom 6.2.2015 (Bl. 23 Gerichtsakte 5 K 48/15 U), vom 31.3.2015 (Bl. 28 Gerichtsakte 5 K 48/15 U), vom 28.5.2015 (Bl. 36 Gerichtsakte 5 K 48/15 U) vom 25.8.2016 (Bl. 68 Gerichtsakte 5 K 48/15 U), vom 23.11.2016 (Bl. 105 Gerichtsakte) und vom 11.1.2017 (Bl. 114 Gerichtsakte) sowie die Schriftsätze des Beklagten vom 13.1.2015 (Bl. 13 Gerichtsakte 5 K 48/15 U), vom 20.2.2015 (Bl. 27 Gerichtsakte 5 K 48/15 U), vom 23.4.2015 (Bl. 31 Gerichtsakte 5 K 48/15 U), vom 8.6.2015 (Bl. 41 Gerichtsakte 5 K 48/15 U) und vom 4.10.2016 (Bl. 71 Gerichtsakte 5 K 48/15 U) Bezug genommen.

Die Verfahren wegen Umsatzsteuer 2008 bis 2012 (Az. 5 K 48/15 U) und wegen Umsatzsteuer 2013 (Az. 5 K 23/15 U) sind am 18.8.2016 vor dem Berichterstatter erörtert worden. Auf die Protokolle wird Bezug genommen. Mit Beschluss vom 24.10.2016 hat der Senat die beiden Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Am 3.11.2016 ist ein Gerichtsbescheid ergangen, der durch den rechtzeitigen Antrag auf mündliche Verhandlung seine Wirkung verloren hat. Die Sache ist am 12.1.2017 mündlich vor dem Senat verhandelt worden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin die Klage wegen Umsatzsteuer 2008-2012 zurückgenommen. Der Senat hat das Verfahren insoweit abgetrennt und eingestellt. Auf das Protokoll wird Bezug genommen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung ging um 12:35 Uhr ein weiterer Schriftsatz der Klägerin vom 12.01.2017 bei Gericht ein. Dieser Schriftsatz wurde – nach Verkündung des Urteils um 13:00 Uhr – um 13:10 Uhr von der Posteingangsstelle an die Serviceeinheit des Senats übermittelt. Es wird auf den Inhalt des vorgenannten Schriftsatzes Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO.

I.

Das Gericht musste aufgrund des nachgereichten Schriftsatzes der Prozessbevollmächtigten vom 12.1.2017 nach Schluss der mündlichen Verhandlung die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnen. Zum einen hat der Schriftsatz die Geschäftsstelle des Senats erst um 13:10 Uhr – und damit nach Verkündung des Urteils um 13:00 Uhr – erreicht. Zum anderen hat die Klägerin in dem Schriftsatz keine neuen Argumente vorgetragen, sondern nur den bereits erfolgten Vortrag zur – ihrer Ansicht nach – fehlenden Wettbewerbsverzerrung weiter vertieft.

II.

Die Klägerin erbrachte in den Jahren 2008 bis 2013 steuerbare Umsätze.

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens aus-führt, der Umsatzsteuer. Die Tatbestandsmerkmale sind erfüllt.

1.

Die Klägerin ist Unternehmerin. Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.

a)

Die Klägerin übt eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit aus.

Gewerblich oder beruflich ist gemäß § 2 Abs. 1 S. 3 UStG jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Die Klägerin ist eine GbR und damit eine Personenvereinigung. Sie war nachhaltig tätig, indem sie die Bürodienstleistungen über den gesamten Streitzeitraum an ihre Gesellschafter erbrachte. Sie handelte auch zur Erzielung von Einnahmen, weil sie hierfür – festgelegt nach einem bestimmten Schlüssel – Zahlungen ihrer Gesellschafter erhielt. Dass die Klägerin ohne Gewinnerzielungsabsicht handelte und nur gegenüber ihren Gesellschaftern tätig wurde ist, wie der Wortlaut von § 2 Abs. 1 S. 3 UStG ausdrücklich klarstellt, nicht von Bedeutung.

b)

Die Klägerin übt diese Tätigkeit auch selbständig aus.

Ein Zusammenschluss natürlicher Personen erbringt regelmäßig nur dann als selbständiger Unternehmer Leistungen gegen Entgelt, wenn dem Leistungsempfänger diese Personenmehrheit als Schuldner der vereinbarten Leistung und Gläubiger des vereinbarten Entgelts gegenübersteht. Grundsätzlich ist auf die zivilrechtlichen Vereinbarungen abzustellen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 30. September 1999 V R 8/99, BFH/NV 2000, 353; BFH-Urteil vom 16. August 2001 V R 67/00, juris). Bei Leistungen einer Gesellschaft an ihre Gesellschafter, um die es im Streitfall geht, kommt es nicht darauf an, ob sich das der Leistung zugrundeliegende Rechtsverhältnis aus schuld- oder gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen ergibt (BFH-Urteil vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486).

Vorliegend erbringt die Klägerin Leistungen an ihre Gesellschafter. Hierzu hat die Klägerin eigens eine Bürofachkraft angestellt. Sie ist Schuldnerin dieser Leistung und Gläubigerin des hierfür vereinbarten Entgelts.

Bei der Klägerin handelt es sich, anders als sie meint, insbesondere auch nicht um ei-ne bloße Innengesellschaft. Innengesellschaften, also Personenzusammenschlüsse, die nach außen nicht selbst als Unternehmer auftreten, sondern deren Mitglieder je-weils im eigenen Namen für die Innengesellschaft handeln, sind für die Umsatzsteuer mangels Auftretens nach außen als nicht vorhanden anzusehen (BFH, Urteil vom 11. November 1965 V 146/63 S, BFHE 84, 81; Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 5. März 2014 1 K 677/13, juris; Treiber in Sölch / Ringleb, Umsatzsteuer, § 2, Rn. 29 m.w.N.). Die Klägerin besteht jedoch nicht nur im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern. Sie begründet eigene Rechtsverhältnisse mit Dritten, z. B. als Arbeitgeber, und tritt damit auch nach außen auf. Aus dem von der Klägerin zitierten Urteil des FG München (FG München, Urteil vom 20. Oktober 2010 3 K 2192/07, juris) lassen sich keine anderen Schlüsse ziehen.

2.

Die Klägerin hat die Bürodienstleistungen auch im Rahmen ihres Unternehmens gegen Entgelt – den Zahlungen der Gesellschafter entsprechend des festgelegten Umsatzschlüssels – erbracht.

Insbesondere liegt der erforderliche Leistungsaustausch und der erforderliche Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt vor. Zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen (EuGH-Urteile vom 3. März 1994 C-16/93, Tolsma, Slg. 1994, I-743, UR 1994, 399, Rn. 13; vom 16. Oktober 1997 Rs. C-258/95, Fillibeck, Slg. 1997, I-5577, UR 1998, 61, Rn. 12; vom 21. März 2002 C-174/00, Kennemer Golf & Country Club, Slg. 2002, I-3293, BFH/NV Beilage 2002, 95 Rn. 39; BFH-Urteile vom 11. April 2002 V R 65/00, BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782; vom 19. Februar 2004 V R 10/03, BFHE 205, 495, BStBl II 2004, 675; vom 6. Mai 2004 V R 40/02, BFHE 205, 535, BStBl II 2004, 854). Der unmittelbare Zusammenhang muss sich aus einem zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger bestehenden Rechtsverhältnis ergeben, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (EuGH-Urteile vom 3. März 1994 C-16/93, Tolsma, Slg. 1994, I-743, UR 1994, 399, Rn. 14; vom 21. März 2002 C-174/00, Kennemer Golf & Country Club, Slg. 2002, I-3293, BFH/NV Beilage 2002, 95 Rn. 39; vom 17. September 2002 C-498/99, Town & County Factors Ltd., Slg. 2002, I-7173, BFH/NV Beilage 2003, 35 Rn. 18; BFH-Urteil vom 19. Februar 2004 V R 10/03, BFHE 205, 495, BStBl II 2004, 675).

Steuerbar sind danach z.B. auch Leistungen, die gegen Gewährung von Aufwendungsersatz erfolgen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 7. März 1996 V R 29/93, BFH/NV 1996, 858; vom 18. März 2004 V R 101/01, BFHE 205, 342, BStBl II 2004, 798; vom 16. Januar 2003 V R 92/01, BFHE 201, 339, BStBl II 2003, 732; in BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782; vom 1. Februar 2007 V R 69/05, BFH/NV 2007, 1205).

Wird eine Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern tätig, kommt es nicht darauf an, ob sich das – für die Annahme eines Leistungsaustausches erforderliche – der Leistung zugrundeliegende Rechtsverhältnis aus schuld- oder gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen ergibt. Die Entgeltlichkeit bestimmt sich gleichfalls nach dem Vorliegen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung (BFH-Urteil vom 27. September 2001 V R 37/01, BFH/NV 2002, 378; BFH-Beschluss vom 23. Januar 2001 V B 129/00, BFH/NV 2001, 940).

Vorliegend besteht ein solcher unmittelbarer Zusammenhang. Die Klägerin hat auf Grundlage gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen Bürodienstleistungen gegenüber ihren Gesellschaftern erbracht und damit im konkreten Individualinteresse gehandelt. Die Gesellschafter nutzten die Leistungen der Klägerin, um ihrerseits Leistungen an Dritte zu erbringen. Hierfür hat die Klägerin Zahlungen erhalten, die vom Umsatz der einzelnen Gesellschafter abhängig waren.

Die Abhängigkeit vom Umsatz führt aber – anders als die Klägerin meint – nicht zu einer anderen Bewertung. Im Gegensatz zu Leistungen eines Gesellschafters, bei denen sich die Nichtsteuerbarkeit aus einer gewinnabhängigen Vergütung ergeben kann, besteht diese Möglichkeit für Leistungen der Gesellschaft an ihre Gesellschafter nicht. Grundsätzlich führt jede Art von Aufwendungsersatz des Gesellschafters an die Gesellschaft für deren Leistung umsatzsteuerrechtlich zur Beurteilung als Entgelt (BFH, Urteil vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, Rn. 30).

III.

Die steuerbaren Umsätze der Klägerin sind nicht umsatzsteuerfrei.

1.

Eine nationale Vorschrift, nach der die Leistungen der Klägerin steuerfrei sein könnten, ist nicht ersichtlich.

Insbesondere ist die zum 1.7.2013 durch den Gesetzgeber eingeführte Steuerbefreiung des § 4 Nr. 16 k) UStG nicht anwendbar. Danach sind die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege bestimmte Personen eng verbundene Leistungen, die von Einrichtungen erbracht werden, die als Betreuer nach § 1896 Abs. 1 BGB bestellt worden sind, unter zusätzlichen Voraussetzungen steuerfrei. Bei der Klägerin handelt es sich jedoch schon nicht um eine Einrichtung, die als Betreuer nach § 1896 Abs. 1 BGB bestellt worden ist.

Auch die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 d) UStG (ab 1.1.2009; zuvor bis zum 31.12.2008: § 4 Nr. 14 S. 2 UStG) kommt vorliegend nicht zur Anwendung. Hiernach sind sonstige Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige bestimmter medizinischer Berufe oder näher bestimmter medizinischer Einrichtungen sind, gegenüber ihren Mitgliedern steuerfrei, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke der Ausübung bestimmter steuerfreier Tätigkeiten verwendet werden und die Gemeinschaft von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert. Ausweislich des eindeutigen Wortlauts gilt diese Steuerbefreiung jedoch nur für die Leistungen der näher bezeichneten Gemeinschaften, zu denen die Klägerin nicht gehört.

2.

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die unmittelbare Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. f RL/2006/112/EG (Mehrwertsteuersystemrichtlinie, MwStSystRL) zu ihren Gunsten berufen (siehe hierzu auch: BFH, Urteil vom 23. April 2009 V R 5/07, BFHE 226, 116; vorgehend: FG Düsseldorf, Urteil vom 22. November 2006 5 K 3327/02 U, juris; nachfolgend: FG Düsseldorf, Urteil vom 4. April 2012 5 K 3139/09 U, juris; FG Nürnberg, Urteil vom 17. Februar 2009 2 K 1138/2008, juris).

Nach dieser Vorschrift befreien die Mitgliedstaaten Dienstleistungen, die selbständige Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt.

Die Voraussetzungen für eine unmittelbare Anwendung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL liegen nach Auffassung des erkennenden Senats grundsätzlich vor (a.). Im konkreten Fall sind jedoch nicht alle Tatbestandsmerkmale erfüllt (b.).

a)

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH kann sich der Einzelne in allen Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen, wenn dieser die Richtlinie nicht fristgemäß oder nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt hat, sog. Anwendungsvorrang (z.B. EuGH, Urteil vom 15. Mai 2014 C-337/13, Almos Agrarkülkereskedelmi, UR 2014, 900, Rn. 31 f. m.w.N.).

Die Bestimmung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL ist inhaltlich unbedingt und hinreichend genau.

Der deutsche Gesetzgeber hat die Bestimmung des Art. 132 Abs. 1 Buchst. fMwStSystRL nicht hinreichend in das nationale Recht umgesetzt („bestenfalls rudimentär“, Treiber in Sölch/Ringleb, § 4 Rn. 12; vgl. auch die diesbezügliche Klage der Kommission gegen Deutschland vom 20. November 2015, EuGH, C-616/15).

b)

Die Klägerin erfüllt mit ihrer Tätigkeit gegenüber ihren Gesellschaftern jedoch nicht sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL. Vorliegend würde die Befreiung nach Auffassung des Senats zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die Gewährung der Befreiung von der Umsatzsteuer dann abzulehnen, wenn eine reale Gefahr besteht, dass die Befreiung für sich genommen unmittelbar oder in der Zukunft zu Wettbewerbsverzerrungen führen kann (EuGH, Urteil vom 20. November 2003 C-8/01, Slg 2003, I-13711-13768, Rn. 58). Die Frage, ob Wettbewerbsverzerrungen vorliegen ist dabei in Bezug auf die fragliche Tätigkeit als solche zu beurteilen, ohne dass sich diese Beurteilung auf einen lokalen Markt im Besonderen bezieht (zur Unternehmereigenschaft von Einrichtungen des öffentlichen Rechts: EuGH, Urteil vom 16. September 2008 C-288/07, Slg 2008, I-7203, Rn. 53).

Vorliegend tritt die Klägerin zwar selbst am Markt nicht werbend auf, sondern wird nur für ihre Gesellschafter tätig. Sie greift daher mit ihrer Tätigkeit nicht in das konkurrierende Marktgeschehen ein. Andere Unternehmer, die am Markt Bürodienstleistungen anbieten, sind daher faktisch von der Möglichkeit ausgeschlossen, für die Gesellschafter der Klägerin tätig zu werden.

Der erkennende Senat ist der Auffassung, dass die von der Klägerin erbrachten Bürodienstleistungen grundsätzlich auch von jedem anderen Unternehmen angeboten und erbracht werden könnten. Anhaltspunkte dafür, dass anderen Unternehmen der Markteintritt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen verwehrt wäre, sind nicht ersichtlich. Anders als die Klägerin meint, ist hierfür auch keine Verlagerung der Tätigkeit in andere Büroräume oder eine Arbeitnehmerüberlassung erforderlich. Denkbar wäre zum Beispiel, dass nur einer der jetzigen Gesellschafter, eine Personengesellschaft mit einer anderen Zusammensetzung als der Klägerin oder eine juristische Person die Bürodienstleistungen erbringt.

Insbesondere steht § 203 StGB einer externen Beauftragung nicht entgegen. Nach § 203 Abs. 1 Nr. 5 StGB macht sich strafbar, wer als staatlich anerkannter Sozialarbeiter oder staatlich anerkannter Sozialpädagoge ein ihm anvertrautes oder sonst bekannt gewordenes fremdes Geheimnis unbefugt offenbart. Gem. Abs. 3 S. 2 gilt diese Vorschrift u.a. auch für die berufsmäßig tätigen Gehilfen der in Abs. 1 genannten Berufsgruppen. Berufsmäßig tätiger Gehilfe ist, wer innerhalb des beruflichen Wirkungsbereichs eines Schweigepflichtigen eine auf dessen berufliche Tätigkeit bezogene unterstützende Tätigkeit ausübt, welche die Kenntnisse fremder Geheimnisse mit sich bringt oder ohne Überwindung besonderer Hindernisse ermöglicht. Die „berufsmäßige“ Tätigkeit erfordert einen inneren Zusammenhang zwischen der unterstützenden Tätigkeit des Gehilfen und der berufsspezifischen Tätigkeit der genannten Berufsgruppen (Lenckner / Eisele, in: Schönke / Schröder, StGB, § 203, Rn. 64). Auch externe Dritte können Gehilfen im Sinne dieser Vorschrift sein, wenn sie in die Organisation der Berufspraxis derart eingebunden sind, dass sie auch an dem Vertrauen teilhaben, dass den genannten Berufsgruppen entgegengebracht wird. Erforderlich ist eine Steuerungsmacht der Berufsträger in dem Sinne, dass sie als primär Schweigepflichtige die Herrschaft über die ihnen zur Verfügung gestellten Daten behalten, diese Herrschaft tatsächlich ausüben können und dies auch tun (vertiefend zum Gehilfenbegriff des § 203 Abs. 3 S. 2 StGB: Heghmanns / Niehaus, NStZ 2008, 57).

Die dienstvertragliche Beauftragung externer Dienstleister mit Bürodienstleistungen würde bei entsprechender Vertragsgestaltung die Gehilfeneigenschaft der externen Dienstleister und damit auch ihre strafbewährte Geheimhaltungspflicht begründen, die der Geheimhaltungspflicht eigener Angestellter gleichkommt.

Auch der Gesetzgeber geht in der Gesetzesbegründung zu § 4 Nr. 14 d) UStG (Umsetzung von Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL im Bereich medizinischer Berufe) davon aus, dass allgemein gehaltene Tätigkeiten – beispielhaft genannt sind die Buchführung, die Rechtsberatung oder die Tätigkeit einer ärztlichen Verrechnungsstelle – Wettbewerbsverzerrungen begründen würden (BT-Drucks. 16/10189, S. 76).

Weil die unmittelbare Anwendung der Steuerbefreiung bereits aus diesem Grunde ausscheidet, braucht der Senat nicht dazu Stellung zu nehmen, ob die Klägerin die Dienstleistungen an ihre Gesellschafter auch für unmittelbare Zwecke der Ausübung der steuerbefreiten Tätigkeiten erbracht hat.

IV.

Anders als die Klägerin meint, können ihre Aufwendungen für das Personal auch nicht als durchlaufende Posten behandelt werden.

Gem. § 10 Abs. 1 S. 6 UStG gehören Beträge, die der Unternehmer im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt, nicht zum Entgelt.

Hintergrund dieser Regelung ist, dass dem Unternehmer diese Beträge weder rechtlich noch wirtschaftlich zuzurechnen sind. Das setzt voraus, dass unmittelbare Rechtsbeziehungen hinsichtlich der Beträge nur zwischen dem Zahlungsverpflichteten und dem Zahlungsberechtigten bestehen. Der Unternehmer darf nur als Mittelsperson in den Zahlungsverkehr zwischen dem Zahlungsverpflichteten und dem Anspruchsberechtigten eingeschaltet worden sein (Tehler in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 10 UStG, Rn. 169).

Die Frage, ob ein Unternehmer im fremden Namen handelt, kann nicht durch die wirtschaftliche Betrachtungsweise entschieden werden, sondern richtet sich nach den zugrunde liegenden zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen (Tehler in: Reiß/Kraeusel/Langer, UStG, § 10 UStG, Rn. 171 m.w.N.: BFH, Urteil vom 13. März 1987 V R 33/79, BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524, Rn. 9).

Vorliegend sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Klägerin hat bereits nicht im fremden Namen gehandelt. So hat die Klägerin als solche – und nicht die einzelnen Gesellschafter – den Arbeitsvertrag mit der Arbeitnehmerin im Jahr 2002 abgeschlossen. Nichts anderes folgt aus dem 5. Änderungsvertrag vom 1.7.2013, der besagt, dass der im Jahr 2002 geschlossene […] Arbeitsvertrag dem Grunde nach unbefristet weitergilt, und damit die Vertragspartnerstellung der Klägerin nur bestätigt. Die Klägerin ist Gläubigerin der Arbeitsleistung und Schuldnerin des Lohns. Daher wurde die Klägerin bei der Zahlung des Lohns auch stets zur Erfüllung eigener Verpflichtungen tätig. Sie war nicht nur Mittelsperson. Regelungen im Gesellschaftsvertrag zum Innenverhältnis der Gesellschafter sind ohne Bedeutung.

V.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann diese auch nicht – selbst wenn die Kleinunternehmergrenzen unterschritten wären – als Kleinunternehmerin gem. § 19 UStG behandelt werden. Die Klägerin hat nämlich durch die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen, in denen sie ihre Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften behandelt hat, konkludent auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet (§ 19 Abs. 2 UStG; siehe dazu: BFH, Urteil vom 24. Juli 2013 – XI R 14/11 –, BFHE 242, 421, BStBl II 2014, 210, Rn. 21). Hieran ist die Klägerin 5 Jahre lang gebunden (§ 19 Abs. 2 S. 2 UStG), weil die als Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung (VdN) geltenden Erklärungen bzw. unter VdN stehenden Bescheide formell bestandskräftig und somit „unanfechtbar“ geworden sind (BFH, Urteil vom 19. Dezember 2013 V R 6/12, BFHE 245, 71, Rn. 20 f).

VI.

Die Klägerin kann auch nicht gemäß § 14 c Abs. 1 i. V. m. § 17 Abs. 1 S. 7 UStG die Erstattung der in den Jahren 2008 bis 2012 in den Rechnungen offen ausgewiesenen Umsatzsteuern nach der Korrektur der Rechnungen im Streitjahr 2013 verlangen. Denn – wie bereits ausgeführt – hat die Klägerin in den Jahren 2008 bis 2012 die Umsatzsteuer nicht unrichtig oder unberechtigt ausgewiesen.

VII.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Der Senat hat die Revision aufgrund – soweit ersichtlich – fehlender höchstrichterlicher Rechtsprechung zu der in Art. 132 Abs. 1 Buchst. f MwStSystRL vorgesehenen Voraussetzung einer Wettbewerbsverzerrung und das insoweit anhängige Verfahren beim EuGH (Az. C-605/15) zugelassen.

stats