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Steuerrecht
26.05.2017
Steuerrecht
EuGH: Begriff „Lieferung gegen Entgelt“

EuGH, Urteil vom 11.5.2017 – C-36/16, Minister Finansów gegen Posnania Investment SA

ECLI:EU:C:2017:361

Volltext:BB-ONLINE BBL2017-1238-1

Tenor

Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sind dahin auszulegen, dass die Übertragung des Eigentums an einem unbeweglichen Gegenstand, die, wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, zur Begleichung von Steuerrückständen von einem Mehrwertsteuerpflichtigen zugunsten des Fiskus oder einer Gebietskörperschaft eines Mitgliedstaats vorgenommen wird, keine der Mehrwertsteuer unterliegende Lieferung eines Gegenstands gegen Entgelt darstellt.

Aus den Gründen

1          Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und von Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1, im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie).

2          Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Minister Finansów (Finanzminister, Polen, im Folgenden: Minister) und der Posnania Investment SA (im Folgenden: Posnania) über die Mehrwertsteuerpflichtigkeit eines Vorgangs, in dessen Rahmen diese Gesellschaft das Eigentum an einem Grundstück als Ausgleich für eine Steuerschuld an eine Gebietskörperschaft übertragen hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3          In Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie heißt es:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

a) Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt;

…“

4          Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:

„Als ‚Steuerpflichtiger‘ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.

Als ‚wirtschaftliche Tätigkeit‘ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.“

5          Nach Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt als „Lieferung von Gegenständen“ die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

6          Art. 16 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleichgestellt ist die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf oder für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

Jedoch werden einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt nicht gleichgestellt Entnahmen für Geschenke von geringem Wert und für Warenmuster für die Zwecke des Unternehmens.“

Polnisches Recht

7          Art. 2 Nr. 6 der Ustawa o podatku od towarów i usług (Gesetz über die Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen) vom 11. März 2004 in geänderter Fassung (Dz. U. 2011, Nr. 177, Position 1054, im Folgenden: Mehrwertsteuergesetz) bestimmt:

„Wenn in den weiteren Bestimmungen die Rede ist von: … Gegenständen – so sind darunter Sachen und ihre Teile sowie Energie in jeglicher Form zu verstehen.“

8          Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 des Mehrwertsteuergesetzes lautet:

„Der Steuer auf Gegenstände und Dienstleistungen (im Folgenden: Steuer) unterliegen: … die entgeltlichen Lieferungen von Gegenständen und die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen im Inland.“

9          Art. 7 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes bestimmt:

„Als Lieferung von Gegenständen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 gilt die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über die Gegenstände zu verfügen …“

10        Art. 15 Abs. 1 des Mehrwertsteuergesetzes sieht vor:

„Steuerpflichtig sind juristische Personen, Organisationseinheiten ohne Rechtspersönlichkeit und natürliche Personen, die eine in Abs. 2 genannte wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Zweck oder Ergebnis selbständig ausüben.“

11        Art. 15 Abs. 2 des Mehrwertsteuergesetzes lautet:

„Als wirtschaftliche Tätigkeit gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe, auch dann, wenn die Handlung einmalig unter Umständen vorgenommen wurde, die die Absicht erkennen lassen, die Handlung wiederholt vorzunehmen. Als wirtschaftliche Tätigkeit gelten auch Handlungen, die in der nachhaltigen Nutzung von Gegenständen oder immateriellen Vermögenswerten und Rechten zu Erwerbszwecken bestehen.“

12        Art. 66 der Ordynacja podatkowa vom 29. August 1997 (Abgabenordnung, Dz. U. 2015, Position 613) lautet:

„§ 1. Ein besonderer Erlöschenstatbestand für Steuerschulden ist die Übertragung des Eigentums an Sachen oder an Vermögensrechten auf

1) den Fiskus – als Ausgleich für Steuerrückstände bei Steuern, die dem Staatshaushalt zugutekommen,

2) eine Gemeinde, einen Kreis oder eine Woiwodschaft – als Ausgleich für Steuerrückstände bei Steuern, die deren Haushalten zugutekommen.

§ 2. Die Übertragung erfolgt auf Antrag des Steuerpflichtigen

1) in den in § 1 Nr. 1 genannten Fällen auf der Grundlage eines mit Zustimmung des zuständigen Direktors der Steuerverwaltung oder des zuständigen Leiters des Zollamts zwischen dem Kreisvorsteher – in Wahrnehmung der Aufgaben der Zentralverwaltung – und dem Steuerpflichtigen geschlossenen Vertrags;

2) in den in § 1 Nr. 2 genannten Fällen auf der Grundlage eines zwischen dem Gemeindevorsteher, dem Bürgermeister (Stadtpräsidenten), dem Kreisvorsteher oder dem Marschall der Woiwodschaft und dem Steuerpflichtigen geschlossenen Vertrags.

§ 4. In den in § 1 genannten Fällen ist der Zeitpunkt, in dem die Steuerschuld erlischt, der Tag des Eigentumsübergangs an den Sachen oder Vermögensrechten.

…“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefrage

13        Posnania ist eine Gesellschaft polnischen Rechts, deren wirtschaftliche Tätigkeit im Handel mit Immobilien besteht. Aufgrund dieser Tätigkeit ist sie mehrwertsteuerpflichtig. Zwecks Begleichung von Rückständen bei einer ihr vorgeschriebenen Steuer schlug sie der Gemeinde Czerwonak (Polen, im Folgenden: Gemeinde) vor, gemäß Art. 66 der Abgabenordnung einen Vertrag zu schließen, der die Übertragung des Eigentums an einem in ihrem Besitz stehenden unbebauten Grundstück auf die Gemeinde zum Gegenstand haben sollte.

14        Dieser am 5. Februar 2013 geschlossene Vertrag führte dazu, dass die Steuerschuld von Posnania mit der Übertragung des Eigentumsrechts an diesem Grundstück auf die Gemeinde teilweise erlosch.

15        Posnania stellte beim Minister einen Antrag auf eine steuerrechtliche Einzelfallauslegung, um zu klären, ob in einer solchen Situation das mit der Gemeinde geschlossene Geschäft der Mehrwertsteuer unterliegt und sie somit zur Ausstellung einer Mehrwertsteuerrechnung verpflichtet ist.

16        Posnania machte in ihrem Antrag geltend, der in Rede stehende Umsatz unterliege nicht der Mehrwertsteuer, und berief sich hierzu auf die Rechtsprechung des vorlegenden Gerichts, des Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht, Polen), wonach die Eigentumsübertragung an einem Grundstück auf den Fiskus als Ausgleich für Steuerrückstände bei Steuern, die dem Staatshaushalt zugutekämen, kein der Mehrwertsteuer unterliegender Umsatz sei.

17        In seiner Einzelfallauslegung vom 10. Mai 2013 vertrat der Minister die Auffassung, dass die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück von Posnania auf die Gemeinde dazu führe, dass Letztere über sämtliche Rechte eines Eigentümers verfüge, und dass es sich bei dieser Eigentumsübertragung als Ausgleich für Steuerrückstände somit um eine Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt im Sinne der polnischen Rechtsvorschriften handle, die grundsätzlich der Mehrwertsteuer unterliege.

18        Posnania erhob beim Wojewódzki Sąd Administracyjny w Warszawie (Woiwodschaftsverwaltungsgericht Warschau, Polen) Klage auf Aufhebung dieser Einzelfallauslegung.

19        Mit Urteil vom 13. Februar 2014 gab dieses Gericht der Klage statt und hob die Einzelfallauslegung auf. Es war der Auffassung, dass im Fall der Übertragung des Eigentums an Gegenständen aufgrund einer behördlichen Anordnung oder kraft Gesetzes Mehrwertsteuer fällig werden könne, sofern eine solche Übertragung im Austausch mit einer Gegenleistung erfolge. Da dies nach polnischem Recht vorliegend nicht der Fall sei, sei die Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand auf den Fiskus als Ausgleich für Steuerrückstände bei Steuern, die dem Staatshaushalt zugutekämen, kein der Mehrwertsteuer unterliegender Umsatz.

20        Der Minister legte gegen dieses Urteil Kassationsbeschwerde bei dem vorlegenden Gericht ein.

21        Dieses stellt in seinem Vorabentscheidungsersuchen klar, dass zwar nicht bestritten werde, dass Posnania die Eigenschaft eines Steuerpflichtigen habe, doch fragt es sich, ob die – als Ausgleich für eine Steuerschuld vorgenommene – Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, als „Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt“ im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie angesehen werden kann.

22      Das vorlegende Gericht verweist insoweit auf seine eigene Rechtsprechung, wonach die Übertragung des Eigentums an einem Gegenstand auf den Fiskus als Ausgleich für Steuerrückstände bei Steuern, die dem Staatshaushalt zugutekämen, kein der Mehrwertsteuer unterliegender Umsatz sei. Eine Steuer stelle nämlich keine Geldleistung dar, die als Ausgleich für eine andere Leistung bezogen werden könne, da ein grundlegendes Merkmal der Steuer deren Einseitigkeit sei.

23        Unter diesen Umständen hat der Naczelny Sąd Administracyjny (Oberstes Verwaltungsgericht) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Stellt die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück (einer Sache) durch den Mehrwertsteuerpflichtigen auf

a) den Fiskus – als Ausgleich für Steuerrückstände bei Steuern, die dem Staatshaushalt zugutekommen – oder

b) eine Gemeinde, einen Kreis oder eine Woiwodschaft – als Ausgleich für Steuerrückstände bei Steuern, die deren Haushalten zugutekommen –, was zum Erlöschen der Steuerschuld führt, eine steuerpflichtige Handlung (Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt) im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie dar?

Zur Vorlagefrage

24        Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass die Übertragung des Eigentums an einem unbeweglichen Gegenstand, die, wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, zur Begleichung von Steuerrückständen von einem Mehrwertsteuerpflichtigen zugunsten des Fiskus oder einer Gebietskörperschaft eines Mitgliedstaats vorgenommen wird, eine der Mehrwertsteuer unterliegende Lieferung eines Gegenstands gegen Entgelt darstellt.

25        Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass mit der Mehrwertsteuerrichtlinie ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem geschaffen worden ist, das insbesondere auf einer einheitlichen Definition der steuerbaren Umsätze beruht (Urteil vom 20. Juni 2013, Newey, C653/11, EU:C:2013:409, Rn. 39).

26        Gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt.

27        Nach Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt als „Steuerpflichtiger“, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt. Als „wirtschaftliche Tätigkeit“ gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.

28        Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie definiert eine „Lieferung von Gegenständen“ als die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.

29        Hinsichtlich des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Umsatzes steht erstens fest, dass der zwischen Posnania und der Gemeinde geschlossene Vertrag zur Übertragung des Eigentumsrechts an einem unbeweglichen Gegenstand geführt hat, und zweitens, dass Posnania die Eigenschaft eines Steuerpflichtigen aufweist.

30        Drittens ist die an den Ort der Lieferung des Gegenstands geknüpfte Voraussetzung unzweifelhaft erfüllt, da der Umsatz im Gebiet eines Mitgliedstaats, nämlich in Polen, stattgefunden hat.

31        Was viertens die mögliche Entgeltlichkeit der Übertragung des Eigentums an einem unbeweglichen Gegenstand auf eine öffentliche Einrichtung, im vorliegenden Fall des Eigentums an einem Grundstück auf eine Gemeinde, zur Begleichung von Steuerrückständen angeht, ist darauf hinzuweisen, dass eine Lieferung von Gegenständen nur dann im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie „gegen Entgelt“ erbracht wird, wenn zwischen dem Lieferer und dem Erwerber ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung, die der Lieferer erhält, den tatsächlichen Gegenwert für den gelieferten Gegenstand bildet (Urteile vom 27. April 1999, Kuwait Petroleum, C48/97, EU:C:1999:203, Rn. 26, und vom 21. November 2013, Dixons Retail, C494/12, EU:C:2013:758, Rn. 32).

32        Im vorliegenden Fall besteht zwischen dem Lieferer des Grundstücks und dessen Empfänger zwar ein Rechtsverhältnis wie das zwischen einem Gläubiger und seinem Schuldner.

33        Die Zahlungsverpflichtung des Steuerpflichtigen – als Schuldner einer Steuerforderung – gegenüber der Steuerverwaltung – als Gläubigerin dieser Forderung – ist jedoch einseitiger Natur, weil die Zahlung der Steuer durch den Steuerpflichtigen nur zum gesetzlichen Erlöschen der Forderung führt, auch wenn er seiner Zahlungsverpflichtung, wie im vorliegenden Fall, durch Hingabe eines Grundstücks an Zahlungs statt nachkommt.

34        Eine Steuer stellt nämlich eine obligatorische Abgabe dar, die hoheitlich vom Staat auf die Ressourcen der seiner Steuerhoheit unterliegenden Personen erhoben wird. Sie ist dazu bestimmt, über den öffentlichen Haushalt für im Allgemeininteresse liegende Dienste verwendet zu werden. Eine solche Abgabe führt unabhängig davon, ob sie auf einen Geldbetrag oder, wie im vorliegenden Fall, auf einen körperlichen Gegenstand erhoben wird, zu keiner Leistung der öffentlichen Hand und folglich auch zu keiner Gegenleistung des Steuerpflichtigen.

35        Folglich handelt es sich nicht um ein Rechtsverhältnis, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, im Sinne der in Rn. 31 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs.

36        Daher kann die Hingabe eines Gegenstands an Zahlungs statt, die zum Erlöschen einer Steuerschuld führen soll, nicht als entgeltlicher Umsatz im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie angesehen und nicht mit Mehrwertsteuer besteuert werden.

37        Zu ergänzen ist gleichwohl, dass das nationale Gericht zwar für die Würdigung des im Ausgangsrechtsstreit in Rede stehenden Sachverhalts und die Auslegung der nationalen Rechtsvorschriften allein zuständig ist, dass aber in einem Vorabentscheidungsverfahren der Gerichtshof, der dem vorlegenden Gericht in sachdienlicher Weise zu antworten hat, dafür zuständig ist, auf der Grundlage der Akten des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen Erklärungen dem vorlegenden Gericht Hinweise zu geben, die ihm die Entscheidung ermöglichen (Urteil vom 24. Februar 2015, Grünewald, C559/13, EU:C:2015:109, Rn. 32).

38        Hinsichtlich eines Vorgangs, wie er im Ausgangsverfahren in Rede steht, lässt sich nicht ausschließen, dass ein Steuerpflichtiger wie Posnania in seiner Eigenschaft als Mehrwertsteuerpflichtiger bereits einen Vorsteuerabzug bezüglich des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Grundstücks vorgenommen hat.

39        Insoweit besteht zwar, wie die Generalanwältin in Nr. 44 ihrer Schlussanträge dargelegt hat, die Gefahr eines unversteuerten Letztverbrauchs, doch wird für diese Gefahr in Art. 16 der Mehrwertsteuerrichtlinie Vorsorge getroffen.

40        Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich nämlich, dass der Zweck der letztgenannten Bestimmung darin besteht, sicherzustellen, dass der Steuerpflichtige, der für seinen privaten Bedarf oder den seines Personals einen Gegenstand entnimmt, und der Endverbraucher, der einen Gegenstand gleicher Art erwirbt, gleich behandelt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. Juli 2014, BCR Leasing IFN, C438/13, EU:C:2014:2093, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41        Im Hinblick auf die Verwirklichung dieses Ziels stellt Art. 16 der Mehrwertsteuerrichtlinie die Entnahme eines Gegenstands durch einen Steuerpflichtigen aus seinem Unternehmen für seinen privaten Bedarf oder für den Bedarf seines Personals oder als unentgeltliche Zuwendung oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke einer Lieferung von Gegenständen gegen Entgelt gleich, wenn dieser Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben (Urteil vom 17. Juli 2014, BCR Leasing IFN, C438/13, EU:C:2014:2093, Rn. 24).

42        Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und Art. 14 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen sind, dass die Übertragung des Eigentums an einem unbeweglichen Gegenstand, die, wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, zur Begleichung von Steuerrückständen von einem Mehrwertsteuerpflichtigen zugunsten des Fiskus oder einer Gebietskörperschaft eines Mitgliedstaats vorgenommen wird, keine der Mehrwertsteuer unterliegende Lieferung eines Gegenstands gegen Entgelt darstellt.

Kosten

43        Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

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