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Steuerrecht
20.04.2015
Steuerrecht
Dr. Andreas Erdbrügger und Dr. Bastian Liegmann: Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet - wann wird die umsatzsteuerfreie Kooperationen in Deutschland möglich sein?

Der deutsche Gesetzgeber hat die EU-Regeln über umsatzsteuerfreie Kooperationen bislang nicht umgesetzt. Die dadurch kaum bekannte Regelung mit der etwas sperrigen Bezeichnung „Kostenteilungszusammenschluss“ würde umsatzsteuerfreien Unternehmen sowie öffentlichen und gemeinnützigen Einrichtungen jedoch viele Vorteile bieten. Sie könnten kooperieren, ohne wegen ihres fehlenden Vorsteuerabzugs Nachteile zu erleiden.

So sind Unternehmen wie Banken, Versicherungen, Krankenhäuser oder Bildungseinrichtungen von der Umsatzsteuer befreit. Die Wirkung der Befreiung beschränkt sich allerdings auf die Wertschöpfung auf Ebene dieser Unternehmen, da mit ihr der Ausschluss des Vorsteuerabzugsrechts einhergeht. Wegen des fehlenden Vorsteuerabzugs werden Investitionen gehemmt. Ähnlich wie bei den umsatzsteuerfreien Unternehmen ist die Situation bei Nichtunternehmern wie Finanzholdings oder öffentlichen bzw. gemeinnützigen Einrichtungen.

Der Kostenteilungszusammenschluss kann ein sehr attraktives Gestaltungsinstrument für Kooperationen von nicht vorsteuerabzugsfähigen Einheiten darstellen. Da die Bundesrepublik dieses Gestaltungsinstrument bislang nicht umgesetzt hat, hat die EU-Kommission hiergegen Vertragsverletzungsklage erhoben. Es scheint relativ sicher, dass sie sich in dem anstehenden Verfahren vor dem EuGH durchsetzen wird.

Aufgrund des laufenden Vertragsverletzungsverfahrens vor dem EuGH ist vorläufig noch nicht damit zu rechnen, dass die Finanzverwaltung die Steuerfreiheit von Kostenteilungszusammenschlüssen anerkennt oder gar verbindliche Auskünfte erteilt. Nach einem EuGH-Urteil kann sich dies aber schnell ändern. Wegen der langen Vorlaufzeiten für größere Investitionen sollte die aktuelle Entwicklung im Auge behalten werden. Eventuell kann sie bereits genutzt werden.

In den Fällen, in denen ohnehin ein Kostenteilungszusammenschluss geplant ist, sollten die Anforderungen des Unionsrechts bereits berücksichtigt werden. Auf dieser Basis könnte die Umsatzsteuerfreiheit bereits jetzt gerichtlich durchgesetzt werden oder man hält die Veranlagung offen und wartet den Ausgang des EuGH-Verfahrens ab.

Bei bereits in der Vergangenheit verwirklichten Sachverhalten sollte überprüft werden, ob man sich noch auf die Steuerbefreiung nach EU-Recht berufen kann.

Im aktuellen Heft 17 des BB wird zu dieser Thematik umfassend Stellung genommen.

Dr. Andreas Erdbrügger, RA/StB und assoziierter Partner im Berliner Büro von Flick Gocke Schaumburg Partnerschaft mbB.

Dr. Bastian Liegmann, RA/StB im Berliner Büro von Flick Gocke Schaumburg Partnerschaft mbB.

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