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Steuerrecht
21.10.2014
Steuerrecht
BFH: Tatbestands- und Verfassungsmäßigkeit von § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002/2007/2009 und der dazu ergangenen Übergangsvorschrift in § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG 2009/2013: Treaty override; Rückwirkungsverbot

1. Sind Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (hier: des Flugzeugführers einer irischen Fluggesellschaft) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (hier: DBA-Irland 1962) von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen, wird nach § 50d Abs. 8 Satz 1  1. Alternative EStG 2002 (i.d.F. des StÄndG 2003) die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat. Ist der geforderte Nachweis erbracht, ist die Freistellung zu gewähren. Für ihre Versagung nach § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 (i.d.F. des JStG 2007) bestand dann regelmäßig kein Raum; § 50d Abs. 8 EStG 2002 (i.d.F. des StÄndG 2003) stand zu § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 (i.d.F. des JStG 2007) vielmehr unbeschadet der Regelung des § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2002 (i.d.F. des JStG 2007) im Verhältnis der Spezialität (Bestätigung des Senatsurteils vom 11. Januar 2012 I R 27/11, BFHE 236, 327). Infolge der Regelungsänderung des § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2009 durch das AmtshilfeRLUmsG vom 26. Juni 2013 sind § 50d Abs. 8 EStG 2002 (i.d.F. des StÄndG 2003) und § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 (i.d.F. des JStG 2007) --nach § 52 Abs. 59a Satz 9 EStG 2009 i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG vom 26. Juni 2013 rückwirkend auf alle Fälle, in denen die Einkommen- und Körperschaftsteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist-- allerdings prinzipiell nebeneinander anwendbar.

2. Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt,

a) ob § 50d Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 EStG 2002 i.d.F. des JStG 2007 gegen Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 und Art. 25 GG verstößt, weil hierdurch die abkommensrechtliche Freistellung von Einkünften (hier: aus nichtselbständiger Arbeit für Dienstleistungen eines unbeschränkt steuerpflichtigen Flugzeugführers einer in Irland ansässigen Fluggesellschaft) ungeachtet eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (hier: des DBA-Irland 1962) nicht gewährt wird, wenn die Einkünfte in dem anderen Staat nur deshalb nicht steuerpflichtig sind, weil sie von einer Person bezogen werden, die in diesem Staat nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist;

b) ob § 52 Abs. 59a Satz 9 i.V.m. § 50d Abs. 9 Satz 3 EStG 2009 i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG vom 26. Juni 2013 wegen Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot (Art. 20 Abs. 3 GG) verfassungswidrig ist.

BFH, Entscheidung vom 20.8.2014 - I R 86/13

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