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Steuerrecht
10.04.2018
Steuerrecht
BVerfG: Gewerbesteuerpflicht für Gewinne aus Veräußerung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft verfassungskonform

Das BVerfG hat mit Urteil vom 10.4.2018 – 1 BvR 1236/11 - entschieden:

1. Mit dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist es vereinbar, dass eine Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG bei Verkauf eines Anteils durch einen Mitunternehmer grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig ist, obwohl der Veräußerungsgewinn beim Veräußerer verbleibt.

2. Die Freistellung des auf natürliche Personen als unmittelbar beteiligte Mitunternehmer entfallenden Veräußerungsgewinns von der Gewerbesteuerpflicht in § 7 Satz 2 Hs. 2 GewStG ist mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

3. Nicht nur die Einbringung eines Gesetzesvorhabens in den Bundestag, sondern auch dessen Zuleitung zum Bundesrat kann das Vertrauen in die bestehende Rechtslage gegenüber einem Gesetz mit belastender Rückwirkung zerstören.

(Amtliche Leitsätze)

§ 7 S. 2 Nr. 2 GewStG i. d. F. vom 23.7.2002 unterwirft bei Mitunternehmerschaften Gewinne aus der Veräußerung ihres Betriebs, eines Teilbetriebs oder von Anteilen eines Gesellschafters weitgehend der GewSt, um die Gefahr von Missbrauch zu beseitigen, die nach „alter“ Rechtslage durch einkommen- und körperschaftsteuerliche Gestaltungsmöglichkeiten entstand. Es handelt sich um einen Fall der „unechten Rückwirkung“. Das Vertrauen in die alte Rechtslage war bereits mit der Zuleitung des Entwurfs des Unternehmensteuerfortentwicklungsgesetzes zum Bundesrat nicht mehr schutzwürdig. Die Gesetzesänderung war in konkreten Umrissen klar. Auch die Zuleitung eines Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung an den Bundesrat zerstört das Vertrauen in den Fortbestand der „alten“ Rechtslage. Die Rückwirkung des § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG zum Beginn des Erhebungszeitraums 2002 erfasst auch Veräußerungsgewinne, die zwar vor der Verkündung des Gesetzes im Juli 2002 den Verkäufern zugeflossen sind, aber auf Dispositionen beruhen, die erst nach der Zuleitung des Gesetzes an den Bundesrat verbindlich getroffen worden sind.

(Quelle: PM BVerfG vom 10.4.2018)

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