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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
04.05.2017
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
OLG Düsseldorf: Zur Berücksichtigung künftiger Mietentwicklungen bei der Bewertung eines Immobilienunternehmens im Spruchverfahren

 

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.8.2016I-26 W 17/13 (AktE), rkr.

 

ECLI:DE:OLGD:2016:0815.I26W17.13AKTE.00

 

Volltext des Beschlusses: BB-ONLINE BBL2017-1073-1

 

unter www.betriebs-berater.de

 

AMTLICHE LEITSÄTZE

 

Bei der Planung der Mieterträge eines Immobilienunternehmens kann ein negativer Sonderwert wegen Mietanpassungen in der Phase der ewigen Rente dann sachge-recht sein, wenn aus Sicht des Bewertungsstichtags konkrete Tatsachen dafür vor-liegen, dass sich zukünftig Mietanpassungen mit einem negativen Saldo einstellen werden.

 

Typisierende Betrachtungen wie nach der Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (ImmoWertVO) und dem Bewer-tungsstandard IDW S 10, wonach zum Ende der Vertragslaufzeit marktübliche Mie-ten vergleichbarer Immobilien zugrunde gelegt werden, lassen sich auf die Unter-nehmensbewertung im Spruchverfahren nicht übertragen.

 

SpruchG a. F. § 12 Abs. 1, § 17 Abs. 2; AktG §§ 327a, 327b

 

Sachverhalt

 

I.

 

Das Spruchverfahren betrifft die in der Hauptversammlung vom 27.08.2002 beschlossene Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der Antragsgegnerin zu 1) auf die Antragsgegnerin zu 2) gegen Gewährung einer Barabfindung (sog. Squeeze-out).

 

Die Geschäftstätigkeit der Antragsgegnerin zu 1) umfasste bis zum Jahr 1994 den Betrieb von Warenhäusern. Im Jahr 1994 übertrug die Gesellschaft ihre operative Geschäftstätigkeit auf die I. G. GmbH, eine 100%ige Tochtergesellschaft der L. Warenhaus AG. Die I. konzentrierte sich auf das Portfolio-Management ihres Immobilienbestandes, die Entwicklung neuer Einzelhandelsimmobilien in Innenstadt-Lagen und den Handel mit Immobilien. Ab dem Jahr 2000 wurde die Gesellschaft umstrukturiert und ihr Grundbesitz in neu gegründete Tochter-Kommanditgesellschaften ausgegliedert. Im Geschäftsjahr 2000 wurden 19 Immobilien zu Verkehrswerten in einzelne, neu gegründete hundertprozentige Tochter-Objektgesellschaften eingebracht; die daraus resultierenden Buchgewinne wurden in einer erhöhten Dividende  von 0,46 € zzgl. 4,03 € je Aktie als Bonus an die Aktionäre ausgekehrt. Im Geschäftsjahr 2001 wurden weitere 16 Immobilien zu Buchwerten in Tochter-Objektgesellschaften eingebracht. Für die Geschäftsjahre 2002 bis 2005 war geplant, einen Teil der Immobilien zu veräußern und den Immobilienbestand zu reduzieren. Im Oktober 2004 wurde die I. in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung umgewandelt, im März 2016 ihr Sitz von Düsseldorf nach Köln verlegt.

 

Zum Bewertungsstichtag 27.08.2002 beträgt das Grundkapital 127.822.970,30 € und ist eingeteilt in 50.000.000 nennwertlose Stückaktien, die zum amtlichen Handel an den Wertpapierbörsen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München zugelassen sind sowie im Freiverkehr an den Wertpapierbörsen Bremen, Hannover und Stuttgart gehandelt werden. Die Antragsgegnerin zu 2) hält 98,22 % des Grundkapitals, die übrigen Aktien (892.293 Stück) befinden sich im Streubesitz. Alleinige Gesellschafterin der Antragsgegnerin zu 2) ist die B. Immobilienbeteiligungen GmbH & Co. KG, an der die N. AG zu 49 % beteiligt ist. Hauptmieterin der Immobilien ist die L. Warenhaus AG, eine 100%ige Tochtergesellschaft der N. AG.

 

Der Übertragungsbeschluss vom 27.08.2002 sieht eine Barabfindung mit 9,50 € je Stückaktie vor; auf diesen Wert hat die Unternehmensleitung der Antragsgegnerin zu 2) die im Bewertungsgutachten L. mit 9,03 € ermittelte Barabfindung aufgerundet.

 

Die Bewertungsgutachter haben den Unternehmenswert zum Bewertungsstichtag nach dem Ertragswertverfahren – basierend auf der unternehmenseigenen Planung für die Geschäftsjahre 2002 bis 2005 und unter Berücksichtigung des IDW S 1 2000 – mit insgesamt 451,4 Mio. € ermittelt und daraus einen Wert je Stückaktie in Höhe von 9,03 € abgeleitet. Ertragswertreduzierend haben sie einen negativen Sonderwert „Reinvestitionsrate“ in Höhe von 28,1 Mio. € für buchmäßige Abschreibungen (3,4 Mio. €) und die Reinvestitionsrate (5,1 Mio. €)  bezogen auf den 27.08.2002 in Abzug gebracht. Desweiteren haben sie einen negativen Sonderwert „Over-/Under-Rent“ von 39,4 Mio. € bezogen auf den Stichtag berücksichtigt, weil die - teilweise weit über das Jahr 2005 hinaus – vereinbarten Mieten nach oben bzw. unten von den Marktmieten abwichen und nach Ablauf der Mietzeit Mietanpassungen mit entsprechenden Wertauswirkungen zu erwarten seien.

 

Den Basiszins haben die Bewertungsgutachter mit 6 % ermittelt, den Risikozuschlag nach den Grundsätzen des Capital Asset Pricing Model (CAPM) als Produkt aus Marktrisikoprämie (5 % vor Steuern) und Betafaktor (0,4) mit 2 %, so dass sich für die erste Phase ein Kapitalisierungszinssatz von 5,2 % ergab. Für die Phase der ewigen Rente hielten die Bewertungsgutachter einen Wachstumsabschlag in Höhe von 1 % und daraus resultierend einen Kapitalisierungszinssatz von 4,2 % für angemessen. Der zu Kontrollzwecken ermittelte Liquidationswert lag unter dem nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Unternehmenswert; von seiner Darstellung im Übertragungsbericht wurde abgesehen. Auch der durchschnittliche Börsenkurs im Dreimonatszeitraum vor Bekanntgabe der Strukturmaßnahme am 12.07.2002 war mit 8,99 € je Stückaktie geringer als der nach dem Ertragswertverfahren ermittelte anteilige Unternehmenswert.

 

Die zum sachverständigen Prüfer gemäß § 327c Abs. 2 AktG bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft F. bestätigte die Angemessenheit der im Übertragungsbericht vorgesehenen Barabfindung mit Testat vom 15.07.2002.

 

Der Beschluss wurde am 29.10.2002 in das Handelsregister eingetragen und am 09.11.2002 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Die Einleitung des Spruchverfahrens wurde am 21.11.2003 im elektronischen Bundesanzeiger bekannt gemacht.

 

Die Antragsteller haben die im Übertragungsbeschluss festgelegte Barabfindung für zu gering gehalten. Die geplanten Erträge seien zu niedrig angesetzt worden. Die negativen Sonderwerte seien nicht gerechtfertigt. Die Bewertungsgutachter hätten steuerneutrale Rücklagen aus Veräußerungsgewinnen nach § 6b EStG nicht berücksichtigt. Die in Ansatz gebrachten Kapitalisierungsparameter seien unangemessen. Es sei zu vermuten, dass der Liquidationswert den Ertragswert übersteige. Der Börsenkurs sei unzutreffend ermittelt worden.

 

Das Landgericht hat den Sachverständigen E. mit einer Neubewertung beauftragt, die dieser mit Gutachten vom 30.06.2008 – im Einklang mit der im Bewertungsgutachten angewandten Methodik – anhand des Ertragswertverfahrens und (ausschließlich) auf der Grundlage des Bewertungsstandards IDW S 1 2000 vorgenommen und später im Anhörungstermin vom 20.03.2013 mündlich sowie in einer ergänzenden Stellungnahme vom 08.04.2013 schriftlich erläutert hat.

 

Der Sachverständige hat einen - deutlich höheren - Unternehmenswert in Höhe von insgesamt 599,4 Mio. € und daraus resultierend einen Wert je Stückaktie von 11,99 € ermittelt. Er hat unter Anpassung an die von ihm für angemessen erachteten niedrigeren Kapitalisierungsparameter und sich daraus ergebenden Barwertfaktoren für buchmäßige Abschreibungen und Reinvestitionsrate einen negativen Sonderwert in Höhe von 36,1 Mio. € bezogen auf den 27.08.2002 in Abzug gebracht; den von den Bewertungsgutachtern vorgenommenen Abzug „Over-/Under-Rent“ hat er jedoch nicht für gerechtfertigt erachtet und von einer entsprechenden Kürzung abgesehen. Den Basiszins hat er mit 5,5 % (statt 6 %) vor bzw. 3,58 % nach persönlichen Steuern zugrunde gelegt, den Risikozuschlag – ebenfalls anhand des CAPM - als Produkt aus der Marktrisikoprämie (4 % statt 5 %) und Betafaktor (0,3 statt 0,4) mit 1,2 % vor bzw. 0,78 % nach persönlichen Steuern gebildet. Damit ergab sich für die erste Phase ein Kapitalisierungszinssatz nach Steuern in Höhe von 4,355 %. Für die Phase der ewigen Rente hielt er wie die Bewertungsgutachter einen Wachstumsabschlag in Höhe von 1 % für angemessen, so dass sich ein Kapitalisierungszinssatz von 3,355 % errechnete. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf das Gutachten (Bl. 307 ff. GA), das Sitzungsprotokoll vom 20.03.2013 (Bl. 738 ff. GA) und die schriftliche Stellungnahme vom 08.04.2013 (Bl. 798 ff. GA) Bezug genommen.

 

Mit Beschluss vom 17.07.2013 hat das Landgericht die gegen die Antragsgegnerin zu 1) gerichteten Anträge und die Anträge der Antragsteller zu 24) und 25) als unzulässig verworfen. Die Höhe der Barabfindung hat es - dem Sachverständigen folgend - auf 11,99 € je Stückaktie festgesetzt. Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, die Anträge im Spruchverfahren seien lediglich gegen die Antragsgegnerin zu 2) als Hauptaktionärin zu richten; die Antragsteller zu 24) und 25) hätten überdies ihre Antragsberechtigung nicht nachgewiesen. In der Sache sei der von dem Sachverständigen ermittelte anteilige Unternehmenswert als angemessene Barabfindung zugrunde zu legen. Der nach der Stollwerck-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 19.07.2010 (II ZB 18/09, BGHZ 186, 229 ff.) maßgebliche Durchschnittsbörsenkurs sei geringer als der anteilige Ertragswert, gleiches gelte für den Liquidationswert. Die Anwendung des zum Bewertungsstichtag gültigen Bewertungsstandards IDW S 1 2000 sei sachgerecht, darauf habe die Kammer bereits in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Die unternehmenseigene Planung und darauf aufbauenden Prognosen seien im Spruchverfahren nur eingeschränkt überprüfbar; der Sachverständige habe insoweit keine wesentlichen Unstimmigkeiten festgestellt. Weder sei es geboten, höhere Erträge aus dem geplanten Verkauf verschiedener Immobilien anzusetzen, noch habe Anlass bestanden, die Bildung steuerneutraler Rücklagen nach § 6b EStG zu berücksichtigen. Eine dahingehende Absicht der I., innerhalb von vier Jahren wieder in gleichartige Vermögensgegenstände zu investieren, sei nicht festellbar. Die Höhe der zu kapitalisierenden Nettoausschüttungen sei im Übertragungsbericht zutreffend wiedergegeben. Der Basiszins sei mit dem Sachverständigen auf 5,5 % festzusetzen, es sei sachgerecht, ihn wie der Sachverständige anhand der Zinsstrukturkurve zu ermitteln. Den Betafaktor habe der Sachverständige überzeugend und unter Berücksichtigung des Branchenbetas für Immobilienunternehmen in einer Bandbreite von 0,2 bis 0,25 mit einem Wert von 0,3 geschätzt. Die mit 4 % vor Steuern angesetzte Marktrisikoprämie habe er nachvollziehbar begründet. Es sei nicht Aufgabe der Rechtsprechung, den in der Bewertungswissenschaft geführten Meinungsstreit hinsichtlich der maßgeblichen Referenzzeiträume und Mittelwertbildung zu entscheiden, daher bestehe kein Anlass, eine diesbezüglich vom Landgericht Hannover durchgeführte Überprüfung abzuwarten oder selbst Untersuchungen in Auftrag zu geben. Den Wachstumsabschlag schätze die Kammer auf 1 %, womit unterstellt werde, dass die I. auch zukünftig in der Lage sei, auftretende Kostensteigerungen vollständig an die Kunden weiter zu reichen. Der in Abzug gebrachte Sonderwert „Reinvestitionsrate“ sei nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht zu beanstanden; hingegen sei der Sonderwert „Over-/Under-Rent“ nicht gerechtfertigt. Ob die von den Bewertungsgutachtern berücksichtigten Effekte nach Ablauf der Mietverträge tatsächlich eintreten würden, sei nicht feststellbar, etwaige zugrunde gelegte Tatsachen nicht ansatzweise ersichtlich. Daher sei es nicht gerechtfertigt, die Minderheitsaktionäre mit einem Abzug zu belasten, der den Wert je Stückaktie um rund 1,07 € reduziere. Nach alledem sei von einem Unternehmensgesamtwert zum Bewertungsstichtag von 599,4 Mio. € auszugehen, der rechnerisch einem Wert je Stückaktie in Höhe von 11,99 € entspreche. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses (Bl. 922 ff. GA) verwiesen.

 

Hiergegen wenden sich die Antragsgegnerin zu 2) sowie die Antragsteller zu 6), 7), 18), 19), 22), 29) und 30) mit ihren sofortigen Beschwerden, darüber hinaus die Antragsteller zu 9) und 23) im Wege der Anschlussbeschwerde. Die Antragsgegnerin zu 1) hat ihre zunächst eingelegte sofortige Beschwerde zurückgenommen; einzelne Antragsteller haben insoweit Kostenanträge gestellt.

 

Zur Begründung ihrer Beschwerde hat die Antragsgegnerin zu 2) zunächst den vom Landgericht angenommenen niedrigeren Kapitalisierungszinssatz gerügt und darüber hinaus geltend gemacht, es habe den im Bewertungsgutachten in Ansatz gebrachten Sonderwert „Over-/Under-Rent“ zu Unrecht nicht berücksichtigt. Die Bewertungsgutachter hätten sehr wohl „hinreichende Feststellungen“ getroffen, die dessen Berücksichtigung zwingend erforderlich machten, wie sie durch Vernehmung der am Bewertungsgutachten beteiligten Wirtschaftsprüfer Z. und M. unter Beweis stelle (Bl. 1071 GA). Nach den Feststellungen der Bewertungsgutachter hätten die Mieterlöse zum Bewertungsstichtag teilweise über, teilweise unter Marktniveau gelegen. Da im nachhaltigen Ergebnis nur die vertraglich vereinbarten Mieterlöse abgebildet würden, sei der Sonderwert als Korrektur zum überschätzten Wertbeitrag zu berücksichtigen, um Wertauswirkungen nach Auslaufen des Festmietzinses angemessen zu berücksichtigen. Die Relevanz der Effekte von Over-Rent und Under-Rent sei eine in der Betriebswirtschaftslehre bei der Bewertung von Immobilien anerkannte Vorgehensweise und in verschiedenen Standards geregelt, auch sei die Berücksichtigung von marktüblich erzielbaren Mieterträgen im Ertragswertverfahren ein wesentliches Element des Bewertungsstandards IDW S 10. Für die zukünftige Entwicklung der Ergebnisse bei der Bewertung von Immobilien werde „üblicherweise“ angenommen, dass zum Ende der Vertragslaufzeit bestehende Mietverträge neu verhandelt und Mieterträge an das marktübliche Mietniveau vergleichbarer Objekte angepasst würden. Andernfalls drohten erhebliche Fehlbewertungen. Im Einklang damit hätten die Bewertungsgutachter die jeweils fortentwickelten vertraglichen Mieterträge mit dem fortentwickelten marktüblichen Mietniveau verglichen. Dabei hätten sich zwei mögliche Szenarien für die einzelnen Immobilienobjekte nach Ablauf des ursprünglichen Mietvertrags ergeben: Sofern die vertraglichen Mieterträge über dem marktüblichen Niveau gelegen hätten, werde „ein ökonomisch rational handelnder Mieter“ nicht von der vertraglich gewährten Verlängerungsoption Gebrauch machen und das Mietverhältnis nicht verlängern („Szenario A“); sofern die vertraglichen Mieterträge unter dem marktüblichen Niveau liegen, werde er sich für die Ausübung der Verlängerungsoption und damit für die Verlängerung des bestehenden Mietverhältnisses entscheiden („Szenario B“). Bei Zugrundelegung der von dem Sachverständigen für angemessen erachteten Kapitalisierungszinssätze ergebe sich so für das Immobilienportfolio der I. bezogen auf den Bewertungsstichtag ein negativer Saldo aus Over- und Under-Rent-Effekten in Höhe von 52,7 Mio. €.

 

Mit Blick auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 29.09.2015 (II ZB 23/14, BGHZ 207, 114 ff.) macht die Antragsgegnerin zu 2) nunmehr zudem geltend, es sei geboten, die Unternehmensbewertung auf der Grundlage des Bewertungsstandards  IDW S 1 2005 vorzunehmen. Dies würde nach ihren Berechnungen zu einem um rund 10,1 % (ohne Sonderwerte) bzw. rund 17,5 % (nach Abzug beider Sonderwerte) geringeren Unternehmenswert und damit einer Barabfindung von jedenfalls nicht über 9,90 € je Stückaktie führen, die „nur geringfügig“ über der im Übertragungsbeschluss festgelegten Barabfindung liege. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestehe ein „Normbefehl“, den neueren Bewertungsstandard heranzuziehen. Die Auswahl einer „zieladäquaten“ Bewertungsmethode genieße Vorrang vor der Vermeidung von Verfahrensverzögerungen, lediglich in Ausnahmefällen könne von der Anwendung neuerer Berechnungsmethoden abgesehen werden. Dass das Landgericht rechtsfehlerhaft keine Alternativberechnung in Auftrag gegeben habe, könne ihr nicht zum Nachteil gereichen. Die Bewertung auf der Grundlage des IDW S 1 2005 führe nicht zu einer Verfahrensverzögerung. Das Spruchverfahren sei „ohnehin“ bereits seit über 13 Jahren anhängig. Der Senat könne die „Anpassung“ selbst mit nur geringem Aufwand vornehmen. Der gerichtliche Sachverständige habe „selektiv“ bereits den Basiszins nach dem Bewertungsstandard des IDW S 1 2005 abgeleitet, indem er die Zinsstrukturkurve herangezogen habe.

 

Die Antragsgegnerin zu 2) beantragt,

 

den landgerichtlichen Beschluss aufzuheben und die Anträge zurückzuweisen.

 

Die beschwerdeführenden Antragsteller beantragen,

 

die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2) zurückzuweisen,

 

darüber hinaus,

 

den landgerichtlichen Beschluss aufzuheben und eine angemessene Barabfindung festzusetzen, die über dem Betrag von 11,99 € je Stückaktie liegt.

 

Die Antragsgegnerin zu 2) bittet um Zurückweisung der sofortigen Beschwerden und Anschlussbeschwerden der Antragsteller.

 

Diese  wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen, die der landgerichtlichen Schätzung zugrundegelegten Nettoausschüttungen seien zu gering. Der Ansatz des Sonderwerts „Reinvestitionsrate“ sei nicht gerechtfertigt, die steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen unzutreffend gewürdigt worden. Die Kapitalisierungsparameter - insbesondere die Marktrisikoprämie – seien noch zu hoch, der Wachstumsabschlag zu niedrig angesetzt, wie durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt werde.

 

Der gemeinsame Vertreter der Minderheitsaktionäre beantragt,

 

die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2) zurückzuweisen.

 

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.

 

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze und in Bezug genommenen Anlagen verwiesen.

 

Aus den Gründen

 

II.

 

Die Rechtsmittel sind zulässig, haben in der Sache jedoch keinen Erfolg.

 

Bedenken gegen die Zulässigkeit der wechselseitig eingelegten Rechtsmittel bestehen nicht. Sie sind formgerecht eingelegt worden; zudem wurde die zweiwöchige Frist des § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 SpruchG in der bis zum 31.08.2009 gültigen und hier gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 SpruchG in Verbindung mit Art. 111 Abs. 1 FGG-ReformG maßgeblichen Fassung gewahrt. Auch die als unselbständige Anschlussbeschwerden eingelegten Rechtsmittel der Antragsteller zu 9) und 23) sind zulässig (vgl. nur BGH, Beschluss v. 18.05.1978 – VII ZB 30/76 – Rn. 5, BGHZ 71, 314 ff.).

 

In der Sache haben die Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Dies gilt sowohl für die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zu 2), soweit sie sich gegen die gerichtliche Festsetzung der Barabfindung richtet, als auch für die Rechtsmittel der Antragsteller, die eine höhere als die vom Landgericht festgesetzte Abfindung fordern. Zu Recht hat das Landgericht die Barabfindung auf 11,99 € je Stückaktie festgesetzt.

 

Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen erfolgen nur Ausführungen zu den im Beschwerdeverfahren angegriffenen Punkten; im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Beschluss verwiesen.

 

1. In nicht zu beanstandender Weise ist das Landgericht im Einklang mit den Bewertungsgutachtern, dem sachverständigen Prüfer und dem Sachverständigen bei der Bewertung von der Ertragswertmethode ausgegangen. Diese ist als eine geeignete Methode der Unternehmensbewertung anerkannt (vgl. nur BGHZ 156, 57 – „Ytong"; Paulsen in: MünchKomm AktG, 4. A., § 305 Rn. 80) und verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfGE 100, 289, 307 – „DAT/Altana").

 

1.1 Auch hat der Sachverständige bei seiner der landgerichtlichen Schätzung zugrunde gelegten Bewertung die grundsätzlichen Besonderheiten bei der Bewertung von Immobiliengesellschaften berücksichtigt (vgl. hierzu Schäfers/Matzen in: Drukarczyk, Branchenorientierte Unternehmensbewertung, 3. A., S. 524 ff.). Insbesondere hat er berücksichtigt, dass – abweichend von einer Immobilienbewertung nach dem BauGB bzw. der WertV - Gegenstand der Bewertung eines Immobilienunternehmens die Bildung und Umstrukturierung von Portfolien mehrerer Immobilien ist, weil diese eine marktwertbeeinflussende Transformationsleistung des Unternehmens darstellt (Gutachten S. 24). Zudem hat er festgestellt, dass der Immobilienmarkt schon für sich genommen einen Spezialmarkt darstellt, auf dem sich Angebot und Nachfrage wegen der langen Dauer des Entwicklungs- und Nutzungszyklus von Immobilien nur relativ langsam anpassen und auf dem hohe Transaktionskosten die Bildung von Gleichgewichtspreisen erschweren (so auch Schäfers/Matzen aaO S. 526). Schließlich hat er auch den Spezifika des hier einschlägigen Markts für deutsche Einzelhandelsimmobilien, der Lage und den Entwicklungen im Einzelhandel, seinen Megatrends und den negativen Rahmenbedingungen am Stichtag Rechnung getragen (Gutachten S. 39 ff.).

 

1.2 Entgegen der erstmals im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Rüge der Antragsgegnerin zu 2) ist es nicht geboten, die Bewertung auf der Grundlage des Bewertungsstandards IDW S 1 2005 vorzunehmen.

 

Der landgerichtlichen Schätzung liegt der zum Bewertungsstichtag aktuelle Bewertungsstandard IDW S 1 2000 zugrunde. Bedenken dagegen bestehen - auch im Licht der Entscheidung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 29.09.2015 (II ZB 23/14 – Rn. 31 ff., BGHZ 207, 114 ff.) – nicht. Insbesondere lässt sich der Begründung des Beschlusses kein „Normbefehl“ entnehmen, den – aktuelleren - Bewertungsstandard IDW S 1 2005 anzuwenden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich, für die Ermittlung des Unternehmenswerts Methoden zu verwenden, die zum Zeitpunkt der Vornahme der Unternehmensbewertung gebräuchlich und anerkannt waren. Dies gilt selbst dann, wenn eine Methode in der Wirtschaftswissenschaft diskutiert und möglicherweise im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nicht mehr angewendet wird (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 30.05.2007 – 1 BvR 1267/06 – Rn. 23, AG 2007, 697 ff.).

 

Allerdings können der Schätzung im Spruchverfahren nach dem Beschluss des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 29.09.2015 auch solche fachliche Berechnungsweisen zugrunde gelegt werden, die erst nach dem Bewertungsstichtag entwickelt wurden (BGH aaO Rn. 31). Wie der Bundesgerichtshof jedoch unter Hinweis auf die o.g. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt hat, bleibt die Entscheidung über die Anwendung der neuen Berechnungsweise dem Tatrichter vorbehalten, der – insbesondere wenn ein Spruchverfahren zu dem Zeitpunkt, zu dem die neue Berechnungsweise bekannt und anerkannt wird, bereits länger andauert - den Gewinn an Genauigkeit gegen den weiteren verfahrensrechtlichen und zeitlichen Aufwand abzuwägen hat (BGH aaO Rn. 42).

 

Angesichts dessen ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht seiner Bewertung den Bewertungsstandard IDW S 1 2000 zugrunde gelegt hat. Zu berücksichtigen ist, dass im Verlauf des seit August 2002 anhängigen Spruchverfahrens nicht – wie häufig in anderen Spruchverfahren – eine sachverständige Alternativbewertung auf der Basis des neueren Bewertungsstandards vorgenommen worden ist, auf die ohne weiteren verfahrensrechtlichen und zeitlichen Aufwand zurückgegriffen werden könnte. Für die Frage, ob und in welcher Höhe sich auf der Basis des Bewertungsstandards IDW S 1 2005 eine rechtlich erhebliche Wertabweichung von der im Übertragungsbeschluss vorgesehenen Abfindung ergeben könnte, bedürfte es damit der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens. Auch lässt sich ohne eine sachverständige Bewertung - insbesondere zur Höhe der Nachsteuer-Marktrisikoprämie, der zugrunde zu legenden Ausschüttungsquote sowie zur Höhe des Sonderwerts „Reinvestitionsrate“ - ein Gewinn an Genauigkeit gegenüber den vorliegenden Bewertungen nicht begründen. Diese lassen sich entgegen der Einschätzung der Antragsgegnerin zu 2) nur mithilfe eines weiteren Sachverständigengutachtens zuverlässig ermitteln, wodurch sich das Verfahren weiter verzögern würde.

 

In der Beschwerdeinstanz ist die damit erforderliche Ergänzung des Sachverständigengutachtens durch den Senat nicht nur wegen des damit verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwands, sondern auch angesichts des Verlaufs und der bisherigen Dauer des Verfahrens nicht mehr vertretbar. Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin zu 2) erstmals mit Schriftsatz vom 24.03.2016 die Berücksichtigung des ihr günstigeren Bewertungsstandards IDW S 1 2005 fordert. Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin zu 2) darauf, es dürfe sich nicht zu ihren Lasten auswirken, dass das Landgericht eine entsprechende Bewertung nach dem Bewertungsstandard IDW S 1 2005 nicht veranlasst habe. Entgegen ihrer Argumentation spricht es nicht für, sondern gegen die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, dass das Spruchverfahren bereits seit August 2002 anhängig ist. Zudem haben die Verfahrensbeteiligten der Bewertung im Verlauf des Verfahrens stets – unter Beibehaltung der im Bewertungsgutachten angewandten Methodik – einvernehmlich den Bewertungsstandard IDW S 1 2000 zugrunde gelegt. Auch der gerichtlich bestellte Sachverständige hat seine Bewertung anhand des Ertragswertverfahrens unter Beachtung des IDW S 1 2000 vorgenommen, die er – im Einklang mit der seinerzeitigen Rechtsprechung des Senats – stichtagsbezogen für sachgerecht erachtet hat (Gutachten S. 21). Ob die Antragsgegnerin zu 2) „die Frage der Anwendbarkeit des IDW S 1 2005“ in der mündlichen Verhandlung vom 20.03.2013  „aufgeworfen“ hat, kann dahinstehen. Konkrete Einwendungen gegen den im Gutachten herangezogenen Bewertungsstandard haben die Verfahrensbeteiligten – auch im Anhörungstermin - nicht geltend gemacht; eine Ergänzung des Gutachtens wurde ebenso wenig beantragt. Das Landgericht, das im Termin ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass es beabsichtigte, seiner Schätzung den Bewertungsstandard IDW S 1 2000 zugrunde zu legen (S. 10 des landgerichtlichen Beschlusses), hat angesichts dessen – und auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats – keinen Anlass für eine Alternativbewertung gesehen; die Antragsgegnerin zu 2) hat eine solche ebenfalls nicht angeregt.

 

Auch der Einwand, der Sachverständige habe durch die Ableitung des Basiszinssatzes auf der Basis von Zinsstrukturkurven bereits selektiv den Bewertungsstandard IDW S 1 2005 angewendet, geht fehl. Hierbei handelt es sich nicht um die Anwendung eines neuen Bewertungsstandards, sondern nach ständiger Rechtsprechung des Senats um einen – auch bei Heranziehung des IDW S 1 2000 methodisch unbedenklichen - Ansatz, sich aufgrund neuerer Erkenntnisse im Wege der Sachaufklärung einem realistischen Basiszins zum Stichtag zu nähern (Senat, Beschlüsse vom 04.07.2012 – I-26 W 11/11 (AktE) – Rn. 50, AG 2012, 716 ff.; 21.12.2011 – I-26 W 3/11 (AktE) – Rn. 69, AG 2012, 459 ff.; 29.02.2012 – I-26 W 2/10 (AktE) – Rn. 53, juris; ebenso OLG Stuttgart, Beschluss v. 26.10.2006 - 20 W 14/05 – Rn. 43, AG 2007, 128).

 

1.3 Den Liquidationswert hat das Landgericht – im Einklang mit den Feststellungen der Bewertungsgutachter und des gerichtlich bestellten Sachverständigen – zu Recht nicht als Wertuntergrenze herangezogen (vgl. Übertragungsbericht S. 19, Prüfbericht S. 14, Gutachten S. 9, 73 ff.). In seinem Gutachten hat der Sachverständige den Barwert der finanziellen Überschüsse, die aus einer – fiktiven – Liquidation zum Bewertungsstichtag resultieren würden, mit 587 Mio. € errechnet und festgestellt, dass dieser eindeutig unter dem von ihm mit 635,5 Mio. € ermittelten Ertragswert liegen würde. Zur Vereinfachung hat er ein optimistisches (fiktives) Zerschlagungsszenario mit einem Verkauf der Immobilien an einen Dritten zugrunde gelegt, der die bestehende Nutzung als Warenhäuser beibehielte (Gutachten S. 73). Er musste jedoch berücksichtigen, dass der Markt für deutsche Einzelhandelsimmobilien zum Bewertungsstichtag durch die insgesamt negative Entwicklung im Einzelhandel geprägt und die Nachfrage nach entsprechenden Spezialimmobilien ausgesprochen ungünstig war. Bei einer Veräußerung von größeren Immobilienbeständen zum Zwecke einer (fiktiven) Liquidation wäre zudem mit erheblichen Paketabschlägen zwischen 10 % und 30 %, weiteren Kosten für die Vermarktung und Steuern zu rechnen (Gutachten S. 81 ff.). Einwendungen dagegen haben die Antragsteller nicht mehr geltend gemacht. Angesichts dessen kann vorliegend dahinstehen, ob aus Sicht des Bewertungsstichtags ein unternehmerischer Wille zur Liquidation bestand (vgl. zu den Voraussetzungen für die Heranziehung des Liquidationswerts Senat, Beschlüsse v. 10.06.2009 – I-26 W 1/07 (AktE) - Rn. 92 ff., AG 2009, 907 ff.; 27.05.2009 – I-26 W 5/07 (AktE) – Rn. 104, WM 2009, 2220 ff.; 28.01.2009 – I-26 W 7/07 (AktE) Rn. 29 ff., AG 2009, 667 ff.; 13.03.2008 – I-26 W 8/07 (AktE) – Rn. 21, AG 2008, 498 ff. und bereits OLG Düsseldorf, 19. Zivilsenat, Beschluss v. 27.02.2004 - I-19 W 3/00 (AktE) - Rn. 55 ff., AG 2004, 324 ff.; zustimmend OLG Frankfurt, Beschluss v. 07.06.2011 – 21 W 2/11 – Rn. 90, NZG 2011, 990 f.; OLG Stuttgart, Beschluss v. 14.10.2010 – 20 W 16/06 – Rn. 374, AG 2011, 49 ff.; differenzierend Fleischer/Schneider, DStR 2013, 1736 ff.).

 

1.4 Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass auch der Dreimonats-Durchschnittskurs vor Bekanntgabe des beabsichtigten Squeeze-out am 12.07.2002 nicht als Wertuntergrenze zum Tragen kommt. Auch dieser war nach den übereinstimmenden Feststellungen der Bewertungsgutachter, des sachverständigen Prüfers und des gerichtlich bestellten Sachverständigen mit 8,99 € je Stückaktie deutlich niedriger als der anteilige Ertragswert (Übertragungsbericht S. 31, Prüfbericht S. 17, Gutachten S. 143).

 

1.5 Der Einwand der Antragstellerin zu 7), das Landgericht habe für die Ermittlung des Unternehmenswerts (auch) die Net-Asset-Value-Methode heranziehen müssen, bleibt ohne Erfolg. Verfassungsrechtlich ist keine bestimmte Methode zur Ermittlung des Werts der Unternehmensbeteiligung vorgegeben (BVerfG, Beschluss v. 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94 – Rn. 61, BVerfGE 100, 289 ff. – „DAT-Altana“; Nichtannahmebeschluss v. 30.05.2007 – 1 BvR 1267/06 – Rn. 23 aaO). Auch ist es nicht geboten, zur Bestimmung des „wahren" Wertes stets jede denkbare Methode der Unternehmensbewertung heranzuziehen oder die Abfindung nach dem Meistbegünstigungsprinzip zu berechnen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 26.04.2011 - 1 BvR 2658/10 – Rn. 23, NJW 2011, 2497). Verfassungsrechtlich geboten sind nur die Auswahl  einer im gegebenen Fall geeigneten, aussagekräftigen Methode und die gerichtliche Überprüfbarkeit ihrer Anwendung (BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 16.05.2012 – 1 BvR 96/09, 1 BvR 117/09, 1 BvR 118/09, 1 BvR 128/09 – Rn. 18, AG 2012, 625 ff. – „Übernahmerechtliches Squeeze-out“). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf die vom Landgericht und sämtlichen Bewertern herangezogene Ertragswertmethode unzweifelhaft vor. In der Praxis hat sich diese für die Bestimmung der angemessenen Kompensationsleistungen durchgesetzt (BVerfG, Beschluss v. 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94 – Rn. 61 aaO); zudem findet sie regelmäßig Anwendung in Bezug auf Immobilien, die zur Ertragserzielung durch Vermietung und Verpachtung bestimmt sind, da hier der Grundstückswert im Wesentlichen durch den nachhaltig erzielbaren Grundstücksertrag bestimmt wird (vgl. Schulte/Leopoldsberger in: Drukarczyk, Branchenorientierte Unternehmensbewertung, 3. A., S. 509). Auf die von dem Sachverständigen erläuterten Aspekte, die die Net-Asset-Value-Methode aus seiner Sicht für die vorliegend gebotene Bewertung nicht als „Königsweg“ erscheinen lassen (vgl. Gutachten S. 31; ebenso Schäfers/Matzen aaO S. 540), kommt es nach alledem nicht entscheidend an.

 

2. Auch in der Sache ist die konkrete Wertermittlung mit Hilfe des Ertragswertverfahrens nicht zu beanstanden.

 

2.1 Der Einwand einzelner Antragsteller, das Landgericht habe seiner Schätzung unangemessen niedrige, von Jahr zu Jahr schrumpfende Nettoausschüttungen zugrunde gelegt, bleibt ohne Erfolg.

 

Das Landgericht hat seine Schätzung – dem Sachverständigen folgend – zutreffend aus der jährlich erstellten Mittelfristplanung der I. für die Jahre 2002 bis 2005 abgeleitet, der die geplanten Mieteinnahmen der Gesellschaft und damit die Mieterträge der einzelnen Immobilien-Objekte zugrunde lagen (Gutachten S. 88 ff.). Als Planungsgrundlage ist grundsätzlich die im Unternehmen verfügbare Unternehmensplanung zu verwenden (sog. Vorrang der unternehmenseigenen Planung; vgl. hierzu Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 7. A., Rn. 401 ff.; Ruiz de Vargas in: Bürgers/Körber, AktG, 3. A., Anh. § 305 Rn. 27). Planungen und Prognosen sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen (Senat, Beschlüsse v. 25.05.2016 – I-26 W 2/15 (AktE), bislang unveröffentlicht; 12.11.2015 – I-26 W 9/14 (AktE) - Rn. 33, ZIP 2016, 71; 06.04.2011 – I-26 W 2/06 (AktE) – Rn. 47; 17.11.2008 – I-26 W 6/08 (AktE) – Rn. 26; OLG Stuttgart, Beschlüsse v. 15.11.2013 – 20 W 4/12 – Rn. 84; 18.12.2009 – 20 W 2/08 - Rn. 148; 14.02.2008 - 20 W 10/06 – Rn. 22, jeweils juris). Daher beschränkt sich die Überprüfung insoweit darauf, ob die in der Planung enthaltenen Entscheidungen auf zutreffenden Informationen (Tatsachengrundlagen) und daran orientierten, realistischen Annahmen aufbauen; diese dürfen zudem nicht in sich widersprüchlich sein (vgl. auch Ruiz de Vargas aaO, Anh. zu § 305 Rn. 24 m.w.N.). Hingegen werden „Sonderplanungen“, die ausschließlich zu Bewertungszwecken außerhalb des Planungsprozesses erstellt werden, von der Rechtsprechung regelmäßig kritisch gesehen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 08.07.2003 - I-19 W 6/00 (AktE) - Rn. 60, AG 2003, 688 ff.; ähnlich OLG Stuttgart, Urteil v. 07.02.2001 – 20 U 52/97 Rn. 350 ff., DB 2001, 854 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss v. 05.03.2012 – 21 W 11/11 – Rn. 25, NZG 2012, 549 ff.; OLG Karlsruhe, Beschluss v. 12.07.2013 – 12 W 57/10 – BeckRS 2013, 13603; Ruiz de Vargas aaO, Anh. zu § 305 Rn. 27; Simon/Leverkus in: Simon, SpruchG, Anh. § 11 Rn. 76).

 

Dass die Unternehmensplanung auf unzutreffenden Informationen, unrealistischen Annahmen aufbaute oder in sich widersprüchlich gewesen wäre, haben die Antragsteller nicht aufgezeigt. Es ist bereits unzutreffend, dass der Sachverständige und mit ihm das Landgericht durchweg sinkende Nettoausschüttungen zugrundegelegt hätten. Vielmehr stiegen die Nettoausschüttungen zum Planjahr 2004 von 23,2 Mio. € im Vorjahr auf 36,1 Mio. € an, was einem Anstieg um rund 56 % (!) entspricht (Gutachten S. 106, Beschluss S. 13). Erst danach sanken sie – infolge der geplanten Veräußerung zahlreicher Immobilien - auf 21,5 Mio. € im Planjahr 2005; im Zeitraum der ewigen Rente waren Nettoausschüttungen in Höhe von 20,1 Mio. € jährlich geplant.

 

Der Sachverständige hat die nach dem Übertragungsbericht geplanten Nettoausschüttungen im Einklang mit den Feststellungen des sachverständigen Prüfers als plausibel angesehen und in seine Berechnung übernommen. Die Höhe der prognostizierten Nettoausschüttungen hat er nachvollziehbar damit erläutert, dass die geplanten Verkäufe von Objekten ab dem Geschäftsjahr 2003 zu einer Reduzierung der Anzahl der Bestandsimmobilien und damit zu sinkenden Mieterlösen führen mussten (Übertragungsbericht S. 27, Prüfbericht S. 15 f., Gutachten S. 101). Nach der detaillierten Darstellung des außerordentlichen Ergebnisses im Gutachten (dort S. 104) waren für das Jahr 2002 Immobilienveräußerungen in Düsseldorf B. geplant. Für 2003 war geplant, Immobilien in E., L. und P. zu veräußern, für 2004 solche in P. und X.. Schließlich sollte im Jahr 2005 eine Immobilie in S. veräußert werden. Überdies hat der Sachverständige – ebenfalls im Einklang mit den Feststellungen der Bewertungsgutachter – nach ausführlicher Analyse und Auswertung der Mieterträge für die einzelnen Immobilienobjekte nachvollziehbar erläutert, dass im Mai 2001 die letzte indexbedingten Mietanpassung (+ 6,2 %) für die mit der L. Warenhaus AG bestehenden Mietverträge bzw. neu vereinbarte Mietverträge vorgenommen worden war; diese Mieterhöhungen wirkten sich im Planjahr 2002 erstmals vollständig aus (Übertragungsbericht S. 26, Gutachten S. 99). Danach waren im weiteren Detailplanungszeitraum keine zusätzlichen indexbedingten Mietsteigerungen geplant. Dies ist plausibel, da die ab dem 01.07.2002 in den Mietverträgen mit der L. Warenhaus AG vorgesehene Indexklausel Mieterhöhungen um 6,66 % erst bei einem Anstieg des Preisindex für die Lebenshaltungskosten über 121,7 vorsah; zum Ende des Bewertungsjahres 2002 betrug dieser erst 110,5, so dass der Schwellenwert – auch unter Berücksichtigung der in der Planung angenommenen Inflation von 2 % – im Detailplanungszeitraum bis 2005 nicht erreicht werden konnte (Gutachten S. 101).

 

2.2 Gegen die buchmäßigen Abschreibungen und die Reinvestitionsrate wenden sich die Antragsteller ohne Erfolg. Der Sachverständige hat die angesetzten Abschreibungen anhand der Jahresabschlüsse jeweiligen Objekt-Gesellschaften verifiziert und für plausibel erachtet (Gutachten S. 100). Danach wurden die buchmäßigen Abschreibungen – wie im Übertragungsbericht dargestellt - individuell auf der Ebene der einzelnen Objekte geplant, wobei grundsätzlich der letzte Ist-Jahres-Zustand fortgeschrieben wurde; der Rückgang in den Planjahren spiegelt die sukzessive Veräußerung der Immobilien wider (Übertragungsbericht S. 27, Gutachten S. 102). Die Feststellungen werden durch den Einwand, den Abschreibungen stünden „ständige Wertzuwächse“ gegenüber, nicht in Zweifel gezogen.

 

Auch die Reinvestitionsrate hat der Sachverständige eingehend geprüft und die zugrunde gelegten Zahlenwerte - unter Auswertung sämtlicher Wertgutachten –  der Höhe nach bestätigt; dabei ist er aufgrund der von ihm für sachgerecht erachteten niedrigeren Kapitalisierungsparameter und Barwertfaktoren zu einem entsprechend höheren negativen Sonderwert (-36,2 Mio. €) gelangt. Im Einklang mit den Feststellungen des sachverständigen Prüfers hat er nachvollziehbar erläutert, dass für die Abschreibungen die prognostizierten Wiederbeschaffungswerte des Anlagevermögens zu Beginn der ewigen Rente zugrundezulegen sind. Bei den 19 Immobilien, die im Geschäftsjahr 2000 eingebracht wurden, korrespondierte der Wiederbeschaffungswert mit den angesetzten Verkehrswerten, so dass die Abschreibungen über den Verkehrswert bereits adäquat erfasst sind. Dies gilt aber nicht für die 16 weiteren Immobilien, die 2001 zu Buchwerten eingebracht wurden. Für diese mussten daher die Wiederbeschaffungskosten - anhand der von Immobiliensachverständigen ermittelten Verkehrswerte unter Zugrundelegung der gutachterlich ausgewiesenen wirtschaftlichen Nutzungsdauer für jedes einzelne Objekt - abgeleitet werden (Gutachten S. 132). Der Sachverständige hat festgestellt und nachvollziehbar berücksichtigt, dass für diese weiteren nach der Planung vor 2005 veräußerten und die zu Verkehrswerten eingebrachten Objekte keine zusätzliche Reinvestitionsrate angesetzt wurde (Gutachten S. 133). Danach ist nicht ersichtlich, dass die Abschreibungen bzw. die Reinvestitionsrate überhöht wären und zu stillen Reserven führen würden.

 

2.3 Der Einwand des Antragstellers zu 23), das Landgericht habe zu Unrecht nicht die Bildung einer steuerneutralen Rücklage nach § 6b EStG im Rahmen der geplanten Veräußerungen von Immobilien berücksichtigt, bleibt ohne Erfolg. Wie der Sachverständige überzeugend erläutert hat, lagen die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Vereinnahmung der geplanten Veräußerungsgewinne nicht vor. Seinen Feststellungen zufolge plante die I. im Gegenteil, ihren Immobilienbestand zu reduzieren (Gutachten S. 13 f.). Konkrete Tatsachen, die dagegen sprechen würden, sind - auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren - nicht ersichtlich. Allein der Hinweis auf die in der Hauptversammlung vom 27.08.2002 verkündete „strategische Neuausrichtung“ des Unternehmens reicht dafür nicht aus.

 

2.4               Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin zu 2) darauf, dass das Landgericht – wie die Bewertungsgutachter L. – auch den Sonderwert „Over-/Under-Rent“ ertragswertreduzierend hätte berücksichtigen müssen, weil nach dem Auslaufen der Mietverträge mit Anpassungen der Mieten zu rechnen war. Das Landgericht hat die von den Bewertungsgutachtern vorgenommene Kürzung zu Recht nicht für geboten erachtet, weil sich ein negativer Saldo der Mieterträge in der Phase der ewigen Rente aus Sicht des Bewertungsstichtags nicht feststellen lässt.

 

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass bei der Ermittlung des Unternehmenswerts grundsätzlich auf die Verhältnisse der Gesellschaft am Tag der Hauptversammlung als Bewertungsstichtag abzustellen ist. Nach dem sogenannten Stichtagsprinzip sind nur die am Bewertungsstichtag bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse maßgeblich. Das Unternehmen ist in dem Zustand zu betrachten, „wie es am Stichtag steht und liegt” (vgl. nur BGH, Beschlüsse v. 29.09.2015 – II ZB 23/14 – Rn. 40, BGHZ 207, 114 ff.; 21.07.2003 - II ZB 17/01 – Rn. 13, BGHZ 156, 57 ff.). Entwicklungen, die erst später eintreten, dürfen nur berücksichtigt werden, soweit sie zum Zeitpunkt des Bewertungsstichtags im Kern angelegt waren (sog. Wurzeltheorie; vgl. BGH, Urteil v. 17.01.1973 – IV ZR 142/70 – Rn. 17, NJW 1973, 509 ff.; Beschluss v. 04.03.1998 – II ZB 5/97- Rn. 11, DB 1998, 872 ff.; Urteil v. 28.05.2013 – II ZR 67/12 - Rn. 59, BGHZ 197, 284 ff.). Auch für die Beurteilung der Ertragskraft des Unternehmens, also seiner Erfolgschancen und etwaiger Belastungen, können grundsätzlich nur die am Stichtag vorhandenen Verhältnisse und Strukturen maßgeblich sein (Paulsen aaO § 305 Rn. 84 f.). Danach können nur solche positiven wie negativen Entwicklungen berücksichtigt werden, die zum fraglichen Zeitpunkt bereits mindestens im Kern angelegt, „verwurzelt“ und absehbar waren (Senat, Beschluss v. 25.05.2016 – I-26 W 2/15 (AktE) – n.v.; ebenso OLG Frankfurt, Beschluss v. 30.03.2009 – 20 W 101/04 – Rn. 42, juris; Veil in: Spindler/Stilz, AktG, 3. A., § 304 Rn. 53). Spätere Entwicklungen, die noch nicht absehbar waren, sind nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil v. 17.01.1973 – IV ZR 142/70 – Rn. 17; Beschluss v. 04.03.1998 – II ZB 5/97- Rn. 11; Paulsen aaO § 305 Rn. 84a; Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 8. A., § 305 Rn. 56 f.), ebenso wenig bloße spekulative Hoffnungen oder Befürchtungen, die ihre Grundlage in allgemein wirtschaftlichen Erwartungen haben, sich aber nicht konkret im Ertrag niederschlagen (zur Bewertung einer Immobilien-GbR OLG Koblenz, Urteil v. 20.02.2009 – 10 U 57/05 – Rn. 72, juris).

 

Nach diesem Maßstab hat das Landgericht – dem Sachverständigen folgend - den von den Bewertungsgutachtern vorgenommenen Abzug „Over-/Under-Rent“ zu Recht abgelehnt. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass sich die von der Antragsgegnerin zu 2) geltend gemachten Mietanpassungen mit einem negativen Saldo einstellen werden, sind – auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens im Beschwerdeverfahren – nicht ersichtlich. Allein der Vortrag, L. habe eine entsprechende Analyse durchgeführt und sei dabei zu dem „eindeutigen Ergebnis“ gelangt, dass „der Saldo in der Summe über die Jahre negativ“ sei, reicht dafür nicht aus. Dem diesbezüglichen Beweisangebot durch Vernehmung der mit dem Bewertungsgutachten befassten Wirtschaftsprüfer war daher nicht nachzugehen. Der Sachverständige hat in seiner Vergangenheitsanalyse überzeugend festgestellt, dass der Vorstand der I. noch in seinem Geschäftsbericht 2000 von einem nachhaltigen Mietwachstum von über 3 % für die kommenden zwei bis drei Jahre ausgegangen war; im Geschäftsbericht 2001 ging man von einem nachhaltigen Mietwachstum „für die kommenden Jahre“ aus (vgl. Gutachten S. 88). Insbesondere belegt die für die I. vorteilhafte Neugestaltung der Mietverträge mit dem verbundenen Konzernunternehmen L. Warenhaus AG kurz vor dem Bewertungsstichtag eindrucksvoll, dass die I. in Relation zu den üblichen Marktmieten bessere Konditionen auszuhandeln vermochte. Davon betroffen waren 29 Immobilien, für die ab dem 01.07.2002 geltende Mietverträge vereinbart wurden; diesen Mietverträgen stimmte der Aufsichtsrat zu (Gutachten S. 85). Wie im Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 12.04.2002 festgehalten ist, gelang es der I. nach längeren Verhandlungen mit der L. Warenhaus AG, einen „marktgängigen“ neuen Standardmietvertragstext zu entwickeln, der „sowohl den Vermieterinteressen der I. als auch den Mieterinteressen der L. Warenhaus AG gerecht“ werde (Gutachten aaO). Als entscheidende Vorteile für die I. erkannte der Aufsichtsrat die Verlängerung der Festmietlaufzeiten und die Vereinbarung der verbindlichen Indexklausel. Dass sich nach Ablauf der jeweiligen - von der Antragsgegnerin zu 2) mit Schriftsatz vom 08.07.2013 dargestellten und in der Beschwerdebegründung von 14.01.2014 teilweise korrigierten - Festmietlaufzeiten bzw. Vertragsverlängerungen eine Verschlechterung dieser Position einstellen und im weiteren Verlauf zu für die I. nachteiligen Mietanpassungen führen würde, war aus Sicht des Bewertungsstichtags danach allenfalls theoretisch denkbar; Tatsachen, die den Schluss darauf zuließen, sind nicht ansatzweise ersichtlich. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass die Mietverträge am Bewertungsstichtag ganz überwiegend eine sehr lange Restlaufzeit von rund zehn Jahren oder länger und nahezu alle Verträge nach der festen Laufzeit Verlängerungsoptionen von bis zu 15 oder gar 20 Jahren aufweisen. Daher ist dem Sachverständigen darin zuzustimmen, dass sich nicht prognostizieren ließ, dass der Saldo aus möglichen Mieterhöhungen und denkbaren Mietminderungen negativ sein würde (Gutachten S. 137). Ebenso denkbar ist ein Szenario, in dem sich die Fälle von Over-/Under-Rent nach Ablauf der individuellen Laufzeit der Mietverträge ausgleichen würden, was dem von ihm berücksichtigten Sonderwert von „Null Euro“ entsprechen würde. Unabhängig davon hat die Antragsgegnerin zu 2) zudem nicht dargelegt, wie sich die Mieten zwischenzeitlich abgelaufener und nicht verlängerter Mietverträge entwickelt haben. Nach alledem kommt es auf die Frage, ob der Effekt nur in Fällen einer Fremdvermietung bzw. einer Vermietung an Dritte zum Tragen kommen kann, nicht entscheidend an.

 

Auch der Einwand, „in einer zukunftsorientierten Bewertung“ werde „üblicherweise“ angenommen, dass zum Ende der Vertragslaufzeit eine Neuverhandlung der Mieten erfolge und diese an das marktübliche Mietniveau vergleichbarer Objekte angepasst würden, bleibt ohne Erfolg. Bei der Ermittlung des Unternehmenswerts im Spruchverfahren kommt es maßgeblich auf die Verhältnisse der konkret zu bewertenden Gesellschaft zum Bewertungsstichtag an. Daher lässt sich notwendiger konkreter Sachvortrag dazu, ob und in welcher Form Anpassungen der jeweiligen Mieterträge in der Phase der ewigen Rente zu erwarten sind, nicht durch eine derart „typisierende“ Betrachtungsweise ersetzen. Dagegen spricht insbesondere das Bewertungsziel, den „vollen, wirklichen" Wert der Unternehmensbeteiligung zu ermitteln (vgl. BVerfGE 100, 289, 306; BGH, Beschluss v. 29.09.2015 – II ZB 23/14 – Rn. 12, BGHZ 207, 114 ff.). Auch nach der sonst üblichen Vorgehensweise bei der Bewertung von Gewerbeimmobilienunternehmen werden deren Erträge durch die Vermietung von Gewerbeimmobilien vertragsspezifisch geplant. Dies hat seinen Grund darin, dass die gewerblichen Mietverträge in der Regel nicht standardisiert sind, sondern individuell zwischen Vermieter und Mieter ausgehandelt werden; zudem ist die Anzahl der Mietverhältnisse bei Gewerbeunternehmen je Unternehmen geringer als etwa im Verhältnis zu Wohnungsunternehmen, so dass dem einzelnen Mietverhältnis eine größere Bedeutung zukommt (Schäfers/Matzen aaO S. 545). Ob abweichend davon vereinfachende, typisierende Betrachtungen bei der Bewertung einzelner Immobilien anlässlich von Transaktionen, Finanzierung und Rechnungslegung sachgerecht sein können (dahingehend auch Schulte/Leopoldsberger in: Drukarczyk/Ernst aaO S. 506 ff., 514 f.), kann für die vorliegende Unternehmensbewertung dahinstehen. Auch die am 01.07.2010 in Kraft getretene Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (ImmoWertV) und der am 14.08.2013 verabschiedete Bewertungsstandard IDW S 10 (IDW-FN 11/2013 S. 503 ff.) führen insoweit zu keiner abweichenden Bewertung. Der Sachverständige hat mit Blick auf die – oben dargestellten – vertragsspezifischen Besonderheiten der Mietverträge mit der konzernverbundenen L. Warenhaus AG zu Recht von einer entsprechenden Kürzung abgesehen, zumal das bilanzielle Vorsichtsprinzip bei Unternehmensbewertungen für Abfindungsfälle generell nicht gilt (so auch OLG München, Beschluss v. 26.07.2007 - 31 Wx 99/06 - Rn. 26 f.; OLG Frankfurt, Beschluss v. 17.12.2012 – 21 W 39/11 – Rn. 50; OLG Stuttgart, Beschluss v. 17.10.2011 – 20 W 7/11 – Rn. 189, alle juris). Ungeachtet dessen sind die vom Gesetzgeber in der ImmoWertV vorgeschriebenen Standards zur Wertermittlung von Grundstücken (allgemein hierzu Behringer, BC 2013, 442 ff.) der in Rede stehenden Unternehmensbewertung aus Anlass einer aktienrechtlichen Strukturmaßnahme weder hinsichtlich des Bewertungsobjekts noch hinsichtlich des Bewertungsanlasses vergleichbar; erst Recht gilt dies für das Bewertungsziel einer möglichst vollständigen Kompensation in Abfindungsfällen. Nichts anderes gilt im Ergebnis für die nicht normierten Bewertungsrichtlinien im Bewertungsstandard IDW S 10 (vgl. hierzu Möller, BB 2013, 3051 ff.; Esser/Gebhardt, DW 2014, 74 f.). Auch dieser betrifft in erster Linie die Bewertung von Immobilien aus rechnungslegungs- und transaktionsbezogenen Anlässen, typischerweise anlässlich des Kaufs bzw. Verkaufs von Immobilien (vgl. IDW S 10 Tz. 2) und zielt daher auf die Bewertung eines bebauten oder unbebauten Grundstücks als Bewertungsobjekt ab; für die Bewertung von Immobilienunternehmen als wirtschaftliche Einheit bleibt es dagegen bei der Bewertung anhand des Bewertungsstandards IDW S 1 (vgl. explizit IDW S 10 Tz. 12). Hinzu kommt, dass der Bewertungsstandard IDW S 10 für die dort erfassten Bewertungsfälle zwar Typisierungen – etwa hinsichtlich der Ertragspotenziale – grundsätzlich ermöglicht (IDW S 10 Tz. 14); zugleich wird jedoch darauf hingewiesen, dass die in dem Standard enthaltenen Ausführungen lediglich allgemeine Grundsätze beinhalten und jeder Bewertungsfall eine eigene fachgerechte Problemlösung verlangt (IDW S 10 Tz. 1). Im Einklang damit sieht der Standard zum ertragsorientierten Verfahren vor, dass die Überschussprognose zwar grundsätzlich aus marktüblich erzielbaren Mieterträgen sowie marktüblichen Bewirtschaftungskosten zu bilden ist, aus den Mietverträgen resultierende Besonderheiten jedoch ergänzend zu berücksichtigen sind (IDW S 10 Tz. 21). Auch der Fachausschuss für Unternehmensbewertung (FAUB) weist in seiner - von der Antragsgegnerin zu 2) in der Beschwerdebegründung zitierten - Empfehlung zur praktischen Anwendung des IDW S 1 2008 hinsichtlich der Bewertung von abgespaltenen, zu marktunüblichen Konditionen überlassenen Vermögensgegenständen darauf hin, dass nach Ablauf der Vertragslaufzeit „gesonderte Überlegungen“ darüber anzustellen sind, ob in Zukunft weiterhin marktunübliche Konditionen vereinbart werden (FN-IDW 5/2012 S. 323).

 

3. Das Landgericht hat den Kapitalisierungszinssatz – den Bewertungsgutachtern und dem sachverständigen Prüfer folgend – sachgerecht angesetzt.

 

3.1 Gegen den mit 5,5 % ermittelten Basiszins bestehen keine Bedenken. Der Sachverständige hat diesen - abweichend von den Bewertungsgutachtern L., die zur Ableitung des Basiszinssatzes noch im Einklang mit der seinerzeit üblichen Methodik auf durchschnittliche Vergangenheitsrenditen langfristiger Staatsanleihen abgestellt hatten – nach der sog. Svensson-Methode ausgehend von Zinsstrukturdaten ermittelt, die die Deutsche Bundesbank veröffentlicht hat. Die Rechtsprechung legt die Zinsstrukturkurve in Spruchsachen inzwischen regelmäßig für die Berechnung des Basiszinses zugrunde (vgl. zuletzt Senat, Beschluss v. 17.12.2015 – I-26 W 22/14 (AktE) – Rn. 46, AG 2016, 504 ff.; Paulsen aaO, § 305 Rn. 113 m.w.N.). Einwendungen dagegen haben die Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht mehr vorgetragen.

 

3.2 Der Risikozuschlag wurde aufbauend auf dem nicht zu beanstandenden Capital Asset Pricing Modell (grundlegend dazu Senat, Beschluss v. 27.05.2009 – I-26 W 5/07 (AktE) – Rn. 122, WM 2009, 2220, 2226) ermittelt.

 

3.3 Die vom Landgericht, dem Sachverständigen folgend, mit 4 % geschätzte Marktrisikoprämie ist nicht zu beanstanden. Bewertungsgutachter, sachverständiger Prüfer und der Sachverständige haben diesbezüglich zutreffend ausgeführt, dass zum Bewertungsstichtag vom Arbeitskreis Unternehmensbewertung des IDW (AKU) Marktrisikoprämien zwischen 4 % und 6 % empfohlen wurden (Übertragungsbericht S. 22, Prüfbericht S. 12, Gutachten S. 117). Auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung wurden Marktrisikoprämien für vergleichbare Stichtage mit (mindestens) 4 % vor Steuern angenommen (Senat, Beschl. v. 03.09.2012 - I-26 W 2/12 (AktE) - Rn. 28 f.: 4,5 %, Stichtag April 2003; OLG Stuttgart, Beschlüsse v. 16.02.2007 – 20 W 6/06 – Rn. 40: 4,5 %, Stichtag Dezember 2002; OLG München, Beschluss v. 02.04.2008 - 31 Wx 85/06 – Rn. 29 f., 40: 4 %, Stichtag Oktober 2002, alle juris). Die Empfehlung des IDW stellt zwar keine Rechtsnorm dar, sie ist aber eine wenn auch nicht unbestrittene, so doch anerkannte Expertenauffassung (Simon/Leverkus, SpruchG, Anh. § 11 Rn. 128; Paulsen aaO § 305 Rn. 118). Innerhalb dieser Bandbreite bewegt sich der geschätzte Wert.

 

Der Sachverständige hat seinen Ansatz überzeugend erläutert. U.a. hat er sich ausführlich mit der Mittelwertbildung der Marktrisikoprämie auseinandergesetzt und hierzu auf eine eigene Sensitivitätsanalyse verwiesen, in der er unter Verwendung der von Stehle veröffentlichten Renditereihen untersucht hat, welche geometrischen und arithmetischen Marktrisikoprämien sich vor persönlichen Steuern im Zeitablauf (alternativ 25, 30, 35, 40, 45 bzw. 50 Jahre) ergeben (Gutachten S. 117 f.). Er ist zu dem Ergebnis gelangt, dass - jedenfalls bislang - beide Varianten als gleichwertig anzusehen sind. Dies hat er im Termin vom 20.03.2013 nochmals eingehend erläutert und ist bei seiner Einschätzung geblieben, dass eine historische Marktrisikoprämie vor Steuern in einer Bandbreite von 4,0 % bis 4,5 % zum Stichtag angemessen ist. Innerhalb dieser Bandbreite hat er sich mit nachvollziehbaren Argumenten für einen Ansatz am unteren Rand entschieden. Wie er plausibel erläutert hat, handelt es sich bei den von Stehle ermittelten Werten um historische Marktrisikoprämien; zukünftig lässt sich für viele Anleger eine höhere Diversifikation als in den 1950er bis 1980er Jahren, auch über eine verbesserte internationale Ausrichtung der Kapitalmärkte, nicht ausschließen. Danach besteht kein Anlass, von dem in der Praxis der Unternehmensbewertung anerkannten und vom Institut der Wirtschaftsprüfer für den hier relevanten Stichtag empfohlenen Wert abzuweichen. Dieser wird durch die – vornehmlich gegen die Ausarbeitung von Prof. Stehle (Wpg 2004, 906 ff.) gerichteten und dem ständig mit Spruchverfahren befassten Senat bereits aus anderen Verfahren hinlänglich bekannten - Einwände und Studien nicht in Frage gestellt. Der Hinweis auf ein – in diesem Verfahren nicht vorgelegtes - Gutachten Prof. Großfelds in einem Spruchverfahren vor dem Landgericht Hannover vermag daran nichts zu ändern; wie dem Senat aus einem anderen Verfahren bekannt ist, betrifft es überdies einen Bewertungsstichtag im Jahr 2009. Entscheidend ist, dass die Studie Stehles in Zusammenschau mit den Ergebnissen anderer Studien, allgemeinen Plausibilitätserwägungen, der Rechtsprechung anderer Gerichte und den Empfehlungen des einschlägigen Berufsverbandes als ausreichende Schätzgrundlage angesehen werden kann. Dies gilt auch trotz der in der Bewertungspraxis vereinzelt erhobenen Bedenken dagegen, die Marktrisikoprämie anhand des Deutschen Rentenperformance-Index (RECP) als Anleihenalternative abzuleiten (kritisch dazu etwa Knoll/Wenger, BewertungsPraktiker 2011,18 ff.). Wie der FAUB des IDW dem Sachverständigen in einer diesbezüglich angeforderten, schriftlichen Stellungnahme vom 04.06.2012 mitgeteilt hat, sieht er die in der Stehle-Studie ermittelten Marktrisikoprämien nach wie vor als geeignete Ausgangsgröße zur Prognose der künftigen Risikoprämien an. Auch dies hat der Sachverständige im Termin überzeugend erläutert (Bl. 746 GA). Weder bedarf es hierzu eigener Ermittlungen von Amts wegen noch der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens; es ist auch nicht geboten, den Ausgang des von einzelnen Antragstellern angeführten Spruchverfahrens vor dem Landgericht Hannover abzuwarten. Wie das Landgericht im Termin zutreffend ausgeführt hat, ist sowohl die Frage, welche Mittelwertbildung bei der Ableitung der Marktrisikoprämie verwendet werden sollte, als auch die konkrete Höhe der Marktrisikoprämie innerhalb der Wirtschaftswissenschaften sehr umstritten. Eine allgemein anerkannte Höhe hat sich bislang nicht herausgebildet; eine empirisch genaue Festlegung ist nach dem aktuellen Stand der Wirtschaftswissenschaften nicht möglich (vgl. ausführlich Senat, Beschluss v. 04.07.2012 - I-26 W 8/10 (AktE) – Rn. 52, juris m.w.N.; ebenso BGH, Kartellsenat, Beschluss v. 27.01.2015 – EnVR 37/13 - Rn. 29 ff., ZNER 2015, 133 ff. – „ONTRAS Gastransport GmbH“). Solange die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion andauert, kann die Marktrisikoprämie stets nur eine mit Zweifeln behaftete Schätzung sein (so auch OLG Karlsruhe, Beschluss v. 18.05.2016 – 12a W 2/15 – Rn. 68, juris). Wie die Antragsgegnerin zu 2) im Beschwerdeverfahren zu Recht ausführt, ist daher kein nennenswerter Erkenntnisgewinn damit verbunden, diesbezüglich ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, so dass auch dem dahingehenden Beweisangebot der Antragsteller zu 18), 19) und 22) nicht nachzugehen war.

 

3.4 Auch der vom Landgericht mit 0,3 angesetzte Betafaktor ist nicht zu beanstanden.

 

Zu Recht hat das Landgericht, dem Sachverständigen folgend, nicht den unternehmenseigenen Betafaktor zugrunde gelegt. Grundlage der Schätzung des Betafaktors können der historische Verlauf der Börsenkurse der zu bewertenden Aktie selbst bzw. – soweit es sich um ein nicht börsennotiertes Unternehmen handelt – derjenige einer Peer Group oder auch allgemeine Überlegungen zum individuellen Unternehmensrisiko im Vergleich zum Risiko des Marktportfolios sein (Simon/Leverkus in: Simon, SpruchG, Anh. § 11 Rn. 129). Die fehlende statistische Signifikanz des eigenen Börsenkurses hat der Sachverständige plausibel damit begründet, dass die Betafaktoren beim sogenannten t-Test durchweg Bestimmtheitsmaße unterhalb von 0,1 aufwiesen (Gutachten S. 124). Auch die Bewertungsgutachter hatten es – aufgrund des geringen Handelsvolumens der I.-Aktie - für zweifelhaft erachtet, ob der unternehmenseigene Betafaktor hinreichend aussagekräftig war. Auch sie haben deshalb, vom sachverständigen Prüfer unbeanstandet, „zur Plausibilisierung“ auf eine Peer Group von sechs Vergleichsunternehmen zurückgegriffen und den (von ihnen mit 0,43 ermittelten) unternehmenseigenen Betafaktor „für Zwecke der Bewertung“ auf 0,4 abgerundet (Übertragungsbericht S. 23).

 

Der Sachverständige hat den Betafaktor überzeugend mit 0,3 geschätzt. Er hat die im Übertragungsbericht aufgeführten, von den Bewertungsgutachtern herangezogenen Vergleichsunternehmen analysiert und dabei wöchentlich über zwei Jahre und gegen den CDAX gemessene Betafaktoren von 0,2 bis 0,3 abgeleitet. Diese Werte hat er anhand des allgemeinen Branchenrisikos plausibilisiert, das für Immobilienunternehmen überwiegend in einer Bandbreite von 0,2 bis 0,25 lag. Seinen höheren Ansatz mit 0,3 hat er überzeugend damit erläutert, dass der Immobilienbesitz vorliegend - ausschließlich - aus Kaufhäusern besteht, die nur nach erheblichen Umbauarbeiten einer flexibleren Nutzung zugeführt werden können (Gutachten S. 126).

 

Wie der Sachverständige weiter anhand der tabellarisch dargestellten Betafaktoren erläutert hat, resultiert die von ihm ermittelte Abweichung zu den im Übertragungsbericht wiedergegebenen Betafaktoren daraus, dass die Bewertungsgutachter die von ihnen ermittelten raw-Betafaktoren an das durchschnittliche Marktrisiko angepasst haben. Eine Anpassung an den Branchendurchschnitt hat der Sachverständige jedoch vorliegend aus überzeugenden Gründen für nicht sachgerecht erachtet, weil das Immobilienvermögen der I. – ausschließlich Kaufhäuser - von einem als durchschnittlich zu unterstellenden Immobilienbestand abweicht. Wie der Sachverständige weiter erläutert hat, war auch angesichts des Kapitalstrukturrisikos der I. keine Anhebung des Betafaktors geboten, zumal nach der Unternehmensplanung zum Bewertungsstichtag von einer zügigen Tilgung der Fremdkapitalbestände auszugehen war (vgl. Übertragungsbericht S. 23, Gutachten S. 128). Nach alledem ist der Ansatz des Betafaktors mit 0,3 nicht zu beanstanden.

 

3.5 Auch bestehen keine Bedenken gegen den Wachstumsabschlag, den das Landgericht - in Übereinstimmung mit den Bewertungsgutachtern, dem sachverständigen Prüfer und dem Sachverständigen - für die Phase der ewigen Rente mit 1 % angesetzt hat. Wie es zutreffend ausgeführt hat, hängt dieser vom Einzelfall ab, wobei Werte zwischen 0,5 % und 2 % als üblich angesehen werden. Entscheidend ist, ob und in welcher Weise das konkrete Unternehmen aufgrund der Unternehmensplanung, der Erwartungen an den Markt und die Inflation in der Lage sein wird, nachhaltige Wachstumserwartungen zu erfüllen; die Geldentwertungsrate kann dabei nur ein erster Anhalt sein (vgl. Senat, Beschluss v. 27.05.2009 – I-26 W 5/07 (AktE) – Rn. 126, WM 2009, 2220 ff. m.w.N.; Paulsen aaO, § 305 Rn. 134).

 

Der pauschale Einwand einzelner Antragsteller, ein Wachstum unter der jährlich zu erwartenden Inflationsrate sei widersprüchlich und führe zwangsläufig zu einer „Schrumpfung“ des Unternehmens, vermag vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen (so auch OLG Stuttgart, Beschlüsse v. 15.10.2013 – 20 W 3/13 – Rn. 149; 05.06.2013 – 20 W 6/10 – Rn. 231; 10.10.2011 – 20 W 7/11 – Rn. 445, jeweils juris). Auch wird der mit 1 % angesetzte Wachstumsabschlag nicht durch die in der Hauptversammlung vom 27.08.2002 angekündigte „strategische Neuausrichtung“ des Unternehmens und die in den neu ausgehandelten Mietverträgen vereinbarte Indexklausel in Zweifel gezogen. Die Antragsteller verkennen, dass mit dem Wachstumsabschlag von 1 % unterstellt wird, dass die I. nachhaltig in der Lage sein wird, auftretende Kostensteigerungen vollständig an die Kunden weiter zu reichen und dass darüber hinaus der Gewinn um 1 % p.a. wächst, wie der Sachverständige in seinem Gutachten vom 30.06.2008 und auf Nachfrage des Antragstellers zu 23) im Anhörungstermin überzeugend erläutert hat (Gutachten S. 129, Protokoll S. 12 ff.).

 

Nach alledem hat das Landgericht den Unternehmenswert zum Bewertungsstichtag mit dem Sachverständigen plausibel auf 599,4 Mio. € geschätzt und daraus resultierend die Barabfindung zu Recht auf 11,99 € je Stückaktie festgesetzt.

 

4. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat war nicht geboten. Nach § 8 Abs. 1 SpruchG a.F. soll das Gericht zwar auf Grund mündlicher Verhandlung entscheiden. Eine solche hat jedoch erstinstanzlich stattgefunden; zudem ist allein über schriftsätzlich erörterte Rechtsfragen zu entscheiden, so dass eine erneute mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

 

III.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 15 SpruchG n.F. in der seit dem 01.08.2013 geltenden Fassung (vgl. § 136 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 5 Nr. 2 GNotKG).

 

Die Antragsgegnerinnen haben nach § 15 Abs. 1 SpruchG die Gerichtskosten des Verfahrens zu tragen. Billigkeitsgründe, die es rechtfertigen könnten, die Kosten ganz oder teilweise einem anderen Beteiligten aufzuerlegen, liegen nicht vor.

 

Da das Rechtsmittel der Antragsgegnerin zu 2) unbegründet war und die Antragsgegnerin zu 1) ihre – unzulässige - Beschwerde zurückgenommen hat, entspricht es unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit, ihnen die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Kosten aller Antragsteller aufzuerlegen (§ 15 Abs. 2 SpruchG).

 

Die Festsetzung des Mindestgeschäftswerts folgt aus § 74 Satz 1 GNotKG.

 

Der Vertreter der Minderheitsaktionäre kann gemäß § 6 Abs. 2 SpruchG von der Antragsgegnerin zu 2) in entsprechender Anwendung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes den Ersatz seiner Auslagen und eine Vergütung für seine Tätigkeit verlangen. Der Geschäftswert gilt nach § 6 Abs. 2 Satz 3 SpruchG auch für die Bemessung seiner Vergütung.

 

 

 

 

 

 

 

 

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.8.2016 – I-26 W 17/13 (AktE), rkr.

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