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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
29.03.2012
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG BADEN-WÜRTTEMBERG: Keine Rückstellung für Preisnachlässe, die beim Verkauf von aufbereitetem Bauschutt gewährt werden

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.11.2011 -  10 K 2946/10



sachverhalt



Streitig ist die Bildung einer Rückstellung für die Verwertung von Vorsiebmaterial.



Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.




Vorsiebmaterial ist ein Nebenprodukt des Recyclingprozesses. Es fällt bei der Produktion an, indem das zum Recycling angelieferte Material vor dem Backenbrecher bei einer Größe über 20 mm ausgesiebt wird. Es besteht aus den wenig festen Bestandteilen der Bauabfälle und aus Bodenaushub und wird im Wesentlichen zur Aufschüttung von Rampen oder zur Verfüllung von Löchern verwendet. Das Vorsiebmaterial erlaubt aufgrund seines hohen Gewichtes keine weiten Transportwege und steht als Produkt in Konkurrenz zu anderen Stoffen mit gleichen Eigenschaften. Die Klägerin gewährte daher den Abnehmern einen Zuschuss zu den Transportkosten. Die von der Klägerin diesbezüglich gebildete Rückstellung errechnete sich aus dem Lagerbestand an Vorsiebmaterial und den bei der Klägerin verursachten Kosten je Tonne für Lagerung, Verladung, Verwiegung, Verwaltungskosten und Transportkostenzuschuss. In den Jahren 1999 bis 2002 wurden je Tonne Vorsiebmaterial 8 DM angesetzt. Im Jahr 1999 ermittelte die Klägerin zum Jahresende einen Bestand an Vorsiebmaterial von xx.xxx t und eine erstmalige Rückstellung von XXX.XXX DM. Auf die Berechnung der Rückstellung und ihre Bewertung für die Jahre 1999 bis 2003 (Schriftsatz vom 27. Mai 2010 nebst sämtlichen Anlagen in der Rechtsbehelfsakte) wird vollinhaltlich verwiesen. Bis zum Jahr 2003 wuchs der Bestand an Vorsiebmaterial kontinuierlich auf xxx.xxx t an. Ab dem Jahr 2004 verringerte er sich im Ergebnis auf xx.xxx t im Jahr 2009.



Für die Jahre 1996 bis 1999 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt. Die Prüfer kamen zu der Auffassung, dass die erstmals zum 31. Dezember 1999 gebildete Rückstellung für die Entsorgung des Vorsiebmaterials nicht zulässig sei. Im Prüfungsbericht vom 9. Februar 2007 berücksichtigten sie die Rückstellung daher nicht mehr. Im Ergebnis erhöhte sich infolgedessen der Gewinn der Klägerin um XXX.XXX DM. Auf den Prüfungsbericht wird im Einzelnen verwiesen.



Das Finanzamt schloss sich den Feststellungen der Betriebsprüfung an. Am 25. April 2007 erließ es einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid, auf den verwiesen wird, in dem der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben wurde. Dagegen legte die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 5. Juli 2010 zurückgewiesen wurden. Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.



Zur Begründung trägt sie vor, die Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung zur Entsorgung des beim Produktionsprozess anfallenden Vorsiebmaterials lägen vor. Wirtschaftliches Ziel der Klägerin sei es, den angenommenen und aufbereiteten Bauschutt an Kunden zu veräußern und so wieder in den Stoffkreislauf einzubringen. Der Prozess der Baustoffaufbereitung umfasse somit den Zeitraum von der Annahme des Bauschutts bis zum Absatz bzw. zur Deponierung des aufbereiteten Materials. In den Jahren 1999 bis 2003 konnte das Vorsiebmaterial nicht gegen eine Vergütung an Kunden veräußert werden. Der Bestand des Vorsiebmaterials habe sich im Zeitraum 31. Dezember 1998 bis 31. Dezember 2003 kontinuierlich erhöht, es seien nur sehr wenige Abgänge zu verzeichnen gewesen. Der Preis für das Vorsiebmaterial habe dabei zwischen 0,26 Euro und maximal 1,53 Euro pro Tonne gelegen. Um potentiellen Kunden einen Anreiz zu geben und die sonst notwendige Deponierung zu vermeiden, sei den Abnehmern ein Transportkostenzuschuss gewährt worden, damit der Absatz auch über weitere Strecken möglich würde. Die Klägerin habe als Recyclingunternehmen die gesetzliche Pflicht, Abfälle vorrangig zu verwerten und dürfe diese nur nachrangig ablagern. Hierin liege eine hinreichend konkretisierte öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die zur Bildung von entsprechenden Rückstellungen berechtige. Die auf das Recyclingunternehmen im Folgejahr zukommenden Recyclingkosten seien nach höchstrichterlicher Rechtsprechung rückstellungsfähig. Der Bundesfinanzhof halte es für angemessen, die Rückstellung nach dem Teil der Kosten zu bemessen, die das Recyclingunternehmen für die Entsorgung der Abfälle durch Ablagerung aufwenden müsste, weil es aus dieser Art der Entsorgung keine weiteren Einnahme mehr erziele. Die Klägerin müsse den Transportkostenzuschuss aufwenden, um das Vorsiebmaterial verwerten zu können. Die Verwertung erfolge dabei im Rahmen des Stoffkreislaufs und nicht durch Deponierung. Somit seien die Grundsätze der Rechtsprechung anzuwenden, da durch den Transportkostenzuschuss die Deponierung gerade vermieden und die Stoffe einer stofflichen Verwertung zugeführt würden. Der Entsorger übernehme mit der Annahme des Bauschutts eine Verwertungsverpflichtung und erziele daraus Erlöse. Es sei nicht sachgerecht, dass dieser Erlös ungeschmälert in das Jahresergebnis eingehe, da dann ein vom Unternehmen nicht erzielter Gewinn ausgewiesen werde.



Die Klägerin beantragt,


den zuletzt ergangenen Bescheid über Körperschaftsteuer 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Juli 2010 dahingehend zu ändern, dass die Gewinnauswirkung aus der Auflösung der Rückstellung für die Entsorgung von Vorsiebmaterial von XXX.XXX DM im Jahr 1999 unter Berücksichtigung der Änderung der Gewerbesteuerrückstellung rückgängig gemacht, die Körperschaftsteuer dementsprechend herabgesetzt und das Einkommen vor Verlustabzug, das zu versteuernde Einkommen und die Tarifbelastung dementsprechend festgestellt werden,


die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,


hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.



Der Beklagte beantragt,


die Klage abzuweisen,


hilfsweise für den Fall des Unterliegens die Revision zuzulassen.



Er ist der Auffassung, die von der Klägerin gebildete Rückstellung sei nicht zulässig. Es könne dahingestellt bleiben, ob eine hinreichend konkretisierte öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Klägerin im Hinblick auf die Bauschuttverarbeitung bestehe. In der Rechtsprechung werde eine Rückstellung für künftige Recyclingkosten dem Grunde nach anerkannt. Rückstellungsfähig sei jedoch nur der Teil der Kosten, der für eine Entsorgung durch Ablagerung entstehe, weil ein Recyclingunternehmen aus der endgültigen Deponierung keine Einnahmen mehr erzielen könne. Es sei sachgerecht, die übrigen Recyclingkosten dem zur Verwertung bestimmten Teil des Materials zuzuordnen, mit dem das Unternehmen weitere Erlöse im Folgejahr anstrebe. Die Klägerin beabsichtige nach ihrem eigenen Vortrag ausschließlich, das Vorsiebmaterial zu verwerten. Bei dem Material handele es sich nicht um eine unverkäufliche Substanz, sondern um ein verkaufsfähiges Produkt, mit dem Erlöse erzielt werden sollten. Die zeitweilige Verringerung der Lagerbestände zeige, dass eine Veräußerung durchaus möglich sei. Zudem sei eine Rückstellung nur zu bilden, wenn künftige Aufwendungen konkret mit bereits realisierten Erlösen zusammenhingen. Im Streitfall stünden die in die Rückstellung eingeflossenen Aufwendungen jedoch im Zusammenhang mit zukünftig angestrebten Einnahmen aus dem Verkauf des Vorsiebmaterials.



Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten (Gerichtsakte, Körperschaftsteuerakten, Bilanzakten, Gewerbesteuerakte, Betriebsprüfungsakten, Rechtsbehelfsakte) und auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze mit allen Anlagen verwiesen. Auf die Niederschriften des Erörterungstermins und der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.



In der mündlichen Verhandlung haben sich die Beteiligten in tatsächlicher Hinsicht dahingehend verständigt, dass nur das Verfahren wegen Körperschaftsteuer 1999 entschieden werden soll. Durch Beschluss vom 14. November 2011 wurden daher die übrigen Streitgegenstände vom Ausgangsverfahren abgetrennt.




aus den gründen



Die zulässige Klage ist unbegründet.



1. Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) sind in der Handelsbilanz u.a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Dieses Gebot stellt einen nach § 8 Abs. 1 KStG, § 5 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) auch steuerrechtlich zu beachtenden Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung dar.



a) Voraussetzung für die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entweder das Bestehen einer dem Betrage nach ungewissen Verbindlichkeit oder die hinreichende Wahrscheinlichkeit des künftigen Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach - wenn auch möglicherweise in ungewisser Höhe - und ihre wirtschaftliche Verursachung in der Zeit vor dem Bilanzstichtag. In beiden Fällen muss der Schuldner ernsthaft damit rechnen, dass er in Anspruch genommen wird (vgl. BFH-Urteile vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 1993, 891; vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BStBl. II 2003, 121; vom 25. März 2004 IV R 35/02, BStBl. II 2006, 644; vom 21. September 2005 X R 29/03, BStBl. II 2006, 647).



Die Verbindlichkeit kann dabei ihren Rechtsgrund im öffentlichen oder im privaten Recht haben. Darüber hinaus kommt es auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Betracht, die Grundsätze zur Rückstellungsbildung auch auf faktische ungewisse Verbindlichkeiten gegenüber Dritten anzuwenden, denen sich ein Kaufmann aus sittlichen, tatsächlichen oder wirtschaftlichen Gründen nicht entziehen kann, obwohl keine Rechtspflicht zur Leistung besteht (BGH-Urteil vom 28. Januar 1991 II ZR 20/90, Neue Juristische Wochenschrift -NJW- 1991, 1890; BFH-Beschluss vom 15. März 1999 I B 95/98, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 1999, 1205; BFH-Urteile vom 29. November 2000 I R 87/99, BStBl. II 2002, 655; vom 10. Januar 2007 I R 53/05, BFH/NV 2007, 1102 m.w.N.).



b) Bei ungewissen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verpflichtung hinreichend konkretisiert ist. Das ist dann der Fall, wenn eine entsprechende Verfügung der zuständigen Behörde erlassen worden ist, die ein bestimmtes Handeln des Verpflichteten vorsieht oder wenn sich eine derartige Verpflichtung unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Letzteres kann dann angenommen werden, wenn das Gesetz ein inhaltlich genau bestimmtes Handeln in sachlicher Hinsicht vorsieht, wenn es in zeitlicher Hinsicht ein Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums fordert und wenn dieses Handlungsgebot sanktionsbewehrt und damit durchsetzbar ist (vgl. BFH-Urteile vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, Bundessteuerblatt -BStBl.- II 1993, 891; vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BStBl. II 2003, 121; vom 08. November 2001 I R 6/96, BStBl. II, 2001, 570; vom 19. November 2003 I R 77/01, Sammlung der amtlich nicht veröffentlichten Entscheidungen des BFH -BFH/NV- 2004, 271; BFH-Beschluss vom 20. Januar 2004 II B 59/02, BFH/NV 2004, 614 m. w. N.).



Ergibt sich die Verbindlichkeit unmittelbar aus dem Gesetz, ist es - neben einer konkreten gesetzlichen Verpflichtung - auch erforderlich, dass die umsetzende Behörde Kenntnis davon hat, dass der Verpflichtete dieser Verpflichtung unterliegt. Nur dann muss der Steuerpflichtige mit einer Inanspruchnahme ernsthaft rechnen. Anderes gilt nur, wenn die Behörde konkludent erklärt hat, auf die Durchsetzung des öffentlich-rechtlichen Anspruches und auf eine zeitnahe Einhaltung der Verpflichtung verzichten zu wollen (vgl. BFH-Urteil vom 25. März 2004 IV R 35/02, BFH/NV 2004, 1157).



Ist die Verpflichtung rechtlich entstanden, kommt es auf die wirtschaftliche Verursachung nicht an. Rechtlich entstanden ist die Verpflichtung spätestens dann, wenn eine mit Sanktionen versehene Verfügung der Behörde vorliegt, auch wenn die Verpflichtung erst nach dem Bilanzstichtag erfüllt zu werden braucht (BFH-Urteil vom 27. Juni 2001 I R 45/97, BStBl. II 2003, 121; vgl. jedoch Nichtanwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen -BMF- vom 21. Januar 2003 IV A 6 - S 2137 - 2/03, BStBl. I 2003, 125).



c) Bei Unternehmen wie dem der Klägerin, die gegen Bezahlung von Bau- und Abbruchunternehmen Bauabfälle annehmen, diese aufbereiten und die dabei gewonnenen Stoffe als Füllmaterial veräußern, ist angesichts der umweltrechtlichen Vorschriften grundsätzlich eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung anzunehmen, die zur Bildung einer Rückstellung für die Verarbeitung des Bauschutts berechtigt (BFH-Urteile vom 21. September 2005 X R 29/03, BStBl. II 2006, 647; vom 25. März 2004 IV R 35/02, BStBl. II 2006, 644).



aa) Die im Streitfall in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften finden sich im Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen (KrW-/AbfG).



Nach § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG sind die Erzeuger oder Besitzer von Abfällen verpflichtet, diese nach Maßgabe von § 6 (d.h. stofflich oder in Form von Energiegewinnung) zu verwerten. Die Verwertung hat unverzüglich oder jedenfalls innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu erfolgen (Landmann/Rohmer/Beckmann/Kersting, Umweltrecht III, Nr. 6.0 § 5 KrW-/AbfG Rdnr. 25). Der Betreiber einer Anlage zur Aufbereitung von angelieferten Abfällen ist Abfallbesitzer im Sinne dieser Vorschriften. Abfälle, die nicht verwertet werden, sind gemäß § 10 Abs. 1 KrW-/AbfG dauerhaft von der Kreislaufwirtschaft auszuschließen und zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit zu beseitigen. Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KrW-/AbfG unterliegen Betreiber von Verwertungsanlagen der allgemeinen behördlichen Überwachung. Verstöße gegen Vorschriften des KrW-/AbfG sind Ordnungswidrigkeiten nach § 61 Abs. 1 und 2 KrW-/AbfG, die mit hohen Bußgeldern belegt werden können, § 61 Abs. 3 KrW-/AbfG.



bb) Die Klägerin ist ein Entsorgungsfachbetrieb i.S.d. § 52 KrW-/AbfG. Entsorgungsfachbetrieb ist, wer berechtigt ist, das Gütezeichen einer nach Absatz 3 anerkannten Entsorgergemeinschaft zu führen oder einen Überwachungsvertrag mit einer technischen Überwachungsorganisation abgeschlossen hat, der eine mindestens einjährige Überprüfung einschließt. Überwachungsverträge bedürfen der Zustimmung der für die Abfallwirtschaft zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Behörde, § 52 Abs. 1 KrW-/AbfG.



Die Klägerin hat einen solchen Überwachungsvertrag abgeschlossen. Sie wird regelmäßig von einer entsprechend zugelassenen Organisation begutachtet und erhält jährlich ein Zertifikat darüber. Dem Überwachungsvertrag hat das zuständige Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen zugestimmt, die Stadt Y fordert jährlich das gültige Zertifikat an. Die Klägerin unterliegt damit mit ihrem Betrieb den Vorschriften des KrW-/AbfG.



cc) Ausgehend von den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung, denen der Senat folgt, ist im Streitfall davon auszugehen, dass die Klägerin als Betreiberin einer Anlage zur Aufbereitung von Bauschutt regelmäßig die hinlänglich konkretisierte öffentlich-rechtliche Verpflichtung trifft, die angelieferten Materialien zu verarbeiten.



Der Zeitraum, innerhalb dessen das zu geschehen hat, ist zwar nicht genau bestimmt. Er liegt aber auch nicht im Belieben der Klägerin. Der Bauschutt ist vielmehr innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu verarbeiten. Das ist ausreichend, zumal sich angesichts der Unterschiedlichkeit der angelieferten Materialien ein bestimmter Mindestzeitraum nicht generell festlegen lässt. Die verschiedenen Materialien benötigen unterschiedlich lange Zeit, bis sie weiter verarbeitet werden können (BFH-Urteil vom 25. März 2004 IV R 35/02, BStBl. II 2006, 644). Die Einhaltung dieser Verpflichtung wird nach § 40 KrW-/AbfG kontrolliert; ihre Verletzung ist nach der Bußgeldvorschrift des § 61 KrW-/AbfG an Sanktionen geknüpft.



dd) Unter diesen Voraussetzungen grundsätzlich rückstellungsfähig sind nach Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, die im Folgejahr entstehenden Recyclingkosten für Abfälle, die ein Unternehmen angenommen, aber noch nicht aufbereitet hat.



Die Erlöse eines Recyclingunternehmens aus der Annahme von Bauschutt werden zunächst durch die Kosten der Wiederaufbereitung gemindert. Ursache künftiger Recyclingkosten ist aber nicht allein die Annahme der Abfälle zur Entsorgung durch Verwertung. Mit der Aufbereitung der Abfälle sollen vielmehr auch weitere Einnahmen erzielt werden. Während die durch die Annahme der Abfälle erzielten Erlöse bereits im Jahr der Annahme erfasst werden, fallen die Erlöse aus der geplanten Verwertung erst zukünftig an, so dass kein Grund besteht, für die damit verbundenen Aufwendungen im Jahr zuvor eine Rückstellung zu bilden. Rückstellungsfähig ist infolgedessen nur der Teil der auf das Unternehmen im Folgejahr zukommenden Recyclingkosten, die es bei einer Entsorgung der Abfälle durch Ablagerung aufwenden müsste, weil aus dieser Art der Entsorgung keine weiteren Einnahmen mehr erzielt werden können. Es ist daher sachgerecht, die übrigen künftig aufzuwendenden Recyclingkosten dem zur Verwertung bestimmten Teil der Abfälle zuzuordnen, mit dem ein Betrieb weitere Erlöse in dem auf die Annahme der Abfälle folgenden Jahr anstrebt (BFH-Urteile vom 21. September 2005 X R 29/03, BStBl. II 2006, 647; vom 25. März 2004 IV R 35/02, BStBl. II 2006, 644).



2. Die von der Klägerin gebildete Rückstellung enthält keine Kosten, die aus ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Verwertung des Bauschutts durch Recycling herrühren und mit der Annahme zusammenhängen.



Das Vorsiebmaterial entsteht zu Beginn des Prozesses, in dem der angelieferte Bauschutt aufbereitet wird. Die Kosten für die Gewinnung des Vorsiebmaterials rechnen deshalb bereits zu den Recyclingkosten, die grundsätzlich für eine Rückstellung in Frage kommen. Im Streitfall begehrt die Klägerin nicht die Rückstellung von Recyclingkosten für angenommene Abfälle, die erst im Folgejahr verarbeitet werden. Sie hat eine Rückstellung gebildet, die sich aus Kosten zusammensetzt, die durch die gewünschte Veräußerung des Vorsiebmaterials entstehen. Zur Bewertung der Rückstellung hat sie Kosten berücksichtigt für die Lagerung auf ihrem Betriebsgelände, für die Verladung und Verwiegung bei Veräußerung und schließlich für einen Transportkostenzuschuss, den sie ihren Abnehmern zahlen will, um den Markt zu vergrößern. Alle berücksichtigten Kosten entstehen dadurch, dass Vorsiebmaterial, das bereits ein Produkt des Recyclingprozesses ist, für die Veräußerung an Kunden vorgehalten, vorbereitet und attraktiv gemacht wird. Die dafür kalkulierten Kosten sind im Ergebnis Aufwendungen zur Vermarktung eines Produktes, die sich üblicherweise in seinem Preis niederschlagen.



Anders wäre es möglicherweise, wenn die Klägerin Kosten für die Entsorgung durch Deponierung zurückgestellt hätte. Soweit ein Material nicht stofflich verwertet werden kann, ist es nach dem KrW-/AbfG umweltgerecht zu entsorgen. Die Klägerin zieht nach ihrem Vortrag eine Deponierung des Vorsiebmaterials jedoch nicht in Betracht, sondern will es allein durch Veräußerung verwerten.



3. Eine Rückstellung scheitert auch daran, dass die ermittelten Kosten unmittelbar mit den zukünftigen Erträgen in Verbindung stehen.



Soll eine Rückstellung für eine künftige Verbindlichkeit gebildet werden, muss diese wirtschaftlich vor dem Bilanzstichtag verursacht sein; sind ungewisse Verbindlichkeiten wirtschaftlich einem künftigen Wirtschaftsjahr zuzuordnen, dürfen sie das Ergebnis des laufenden Wirtschaftsjahres nicht belasten (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10. Dezember 1992 XI R 34/91, BStBl. II 1994, 158; vom 19. Oktober 1993 VIII R 14/92, BStBl. II 1993, 891, jeweils m.w.N.). Eine rückstellungspflichtige ungewisse Verbindlichkeit muss ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Bezugspunkt in der Vergangenheit finden; sie muss nicht nur an Vergangenes anknüpfen, sondern auch Vergangenes abgelten (BFH-Urteil vom 19. Mai 1987 VIII R 327/83, BStBl. II 1987, 848). Immer dann, wenn eine ungewisse Verbindlichkeit eng mit künftigen Gewinnchancen verbunden ist, ist kein Raum für die Annahme, sie sei in der Vergangenheit verursacht (BFH-Urteil vom 25. August 1989 III R 95/87, BStBl. II 1989, 893; BFH-Beschluss vom 15.03.1999 I B 95/98, BFH/NV 1999, 1205 m.w.N.).



Im Streitfall entstehen die in die Rückstellung einbezogenen Kosten durch die aus der künftigen Veräußerung des Vorsiebmaterials angestrebten Erlöse. Aufwendungen für Lagerung, Verladung und Verwiegung des Materials sowie der Transportkostenzuschuss entstehen nur, weil es nicht entsorgt, sondern verkauft werden soll.



Daran ändert auch nichts, dass sich das Vorsiebmaterial aufgrund seiner spezifischen Produkteigenschaften nicht gut verkauft. Die Lagerbestände der Klägerin sind bis zum Jahr 2003 kontinuierlich angewachsen, erst danach konnten sie abgebaut werden. Nach ihren Angaben hat die Klägerin aufgrund des geringen Preises und der gezahlten Transportzuschüsse auch in den Folgejahren - wenn überhaupt - nur sehr geringe Einnahmen aus dem Verkauf von Vorsiebmaterial erzielen können. Insbesondere der Transportkostenzuschuss ist jedoch nach dem Vortrag der Klägerin nur gezahlt worden, um das Material überhaupt veräußern zu können, und erst, wenn es auch veräußert wurde. Er steht damit direkt im Zusammenhang mit der Veräußerung und den erhofften Erlösen daraus, nicht mit der Annahme und Aufbereitung von Bauschutt. Ähnlich verhält es sich mit den Kosten für Verladung und Verwiegung, die die Klägerin für ihre Kunden übernimmt.



4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Finanzgerichtsordnung (FGO).



5. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe ersichtlich ist. Die vorliegende Entscheidung beruht auf der Anwendung gefestigter Rechtsgrundsätze und weicht nicht von einer höchstrichterlichen Entscheidung ab. Eine bisher ungeklärte abstrakte Rechtsfrage wirft der vorliegende Sachverhalt nicht auf.















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