R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
 
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
04.05.2017
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
FG Baden-Württemberg: Kein Wechsel von der degressiven Gebäude-AfA zur Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.10.20155 K 1909/12, Rev. eingelegt (Az. BFH IX R 33/16)

Volltext des Urteils: BB-ONLINE BBL2017-1074-1

unter www.betriebs-berater.de

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Höhe der bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten zu berücksichtigenden Absetzung für Abnutzung (AfA).

Die Klägerin ist Eigentümerin des Geschäftsgrundstücks A-Straße 11 in X. Das Grundstück ist mit einem Werkstatt- und Ausstellungsgebäude bebaut. Dieses vermietet die Klägerin an das Unternehmen ihres Ehemanns „Firma Y“. Das Objekt wird seit der Fertigstellung im Dezember 1994 nach § 7 Abs. 5 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) degressiv abgeschrieben. Im Streitjahr betrug der AfA-Satz hiernach noch 1,25 %.

Im Streitjahr wurde das bestehende Werkstattgebäude um einen Anbau erweitert und eine im Freigelände liegende Ausstellungsfläche für Kraftfahrzeuge überdacht. Hierdurch erhöhte sich die bisherige AfA-Bemessungsgrundlage um 85.137 €. In der Einkommensteuererklärung 2009 berechnete die Klägerin die AfA nunmehr insgesamt mit 5 % und kam so auf eine Abschreibung i.H.v. 33.477 €.

Der Beklagte berücksichtigte bei der Einkommensteuerveranlagung 2009 lediglich eine AfA i.H.v. 1,25 % bzw. 8.370 €. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, welcher vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 04.05.2012 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Mit der fristgemäß hiergegen erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass die Werkstatthalle, sowie vor allem auch die Verkaufspagoden, in Leichtbauweise erstellt worden sei. Die Verkaufspagoden hätten, auch wegen des schnellen Wandels des modischen Geschmacks, nur noch eine Nutzungsdauer von allenfalls 5-7 Jahren. So sei die Klägerin bereits von Z. aufgefordert worden, die Pagoden durch eine zeitgemäße Verkaufshalle zu ersetzen. Dass die Leichtbaukonstruktion verbraucht sei, zeige sich zunehmend. Die Werkstatthalle habe allenfalls noch eine Nutzungsdauer von zehn Jahren. Danach sei diese wirtschaftlich verbraucht und technisch veraltet. Der im Jahr 2009 erstellte Anbau teile das Schicksal der Werkstatthalle, denn mit dem Abriss des Altgebäudes werde auch der Anbau wertlos. Die kurze Nutzungsperspektive sei bei der Errichtung bereits einkalkuliert und der Anbau ebenfalls in Leichtbauweise erstellt worden. Danach verbrauche sich der Anbau mit dem Altbau in zehn Jahren, die Verkaufspagoden wahrscheinlich früher. Dem Restwert der gesamten Gebäudesubstanz i.H.v. 255.665 € müssten die Herstellungskosten des Werkstattanbaus i.H.v. 85.137 € hinzugerechnet werden. Dieser Gesamtwert i.H.v. 340.802 € werde auf die einheitliche Restnutzungsdauer von zehn Jahren abgeschrieben. Hiernach ergebe sich ein linearer AfASatz i.H.v. 34.081 €. In der Anlage zur Anlage V sei aus EDV-technischen Gründen die AfA-Berechnung noch anders dargestellt worden.

Für Hallen in Leichtbauweise gehe die vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) herausgegebene AfA-Tabelle von einer technischen Nutzungsdauer von 14 Jahren aus. Bei einer erreichten Nutzungsdauer von 17,5 Jahren sei die technischen Nutzungsdauer von 14 Jahren somit bereits überschritten. Da die amtlichen AfA-Tabellen die Finanzbehörden binden würden, sei das Finanzamt grundsätzlich an die Nutzungsdauer von 14 Jahren gebunden. Allein die Tatsache der Leichtbauweise im Zusammenhang mit der amtlichen AfA-Tabelle, reiche aus, um die kürzere Nutzungsdauer zu begründen. Hiernach wären zumindest die Werkstatt (alt) und die Ausstellungs- und Verkaufspagoden technisch abgenutzt. Dass diese aber noch einige Jahre nutzbar seien, werde nicht infrage gestellt, ihre Nutzungsdauer betrage jedoch keine weiteren 32,5 Jahre.

Ein von der Klägerin in Auftrag gegebenes Gutachten habe eindeutig bestätigt, dass es sich bei der Ausführung des Bauobjekts um eine Leichtbauweise handele. Für eine Ausführung des Gebäudes in Leichtbauweise spreche zudem, dass das Dach nicht massiv (Blechausführung) gedeckt sei. Es lägen weder „Betonwände“ noch „gemauerte Ziegelwände“ vor, noch „Skelettbau“ als Anzeichen für einen „Massiv“-Bau.

Ebenso wenig sei das Dach aus „Zementdielen“ oder ein „Ziegeldach“. Die Verkaufspagoden seien ebenfalls ein typischer Leichtbau. Hierbei handele es sich um eine Metallrahmenkonstruktion mit nichttragenden, verschiebbaren Glaselementen bis zum Fußboden und Blechdach. Dämm-, heizungs- und klimatechnisch entspreche der Leichtbau nicht mehr dem heutigen Stand. Das durch gute Pflege bisher erhaltene optische Erscheinungsbild überdecke den tatsächlichen Zustand der Metallkonstruktion. Überhaupt sei es typisch für die Leichtbauweise, dass sich die Bauwerke nicht linear verbrauchen, sondern im Rahmen ihre Nutzungsdauer äußerlich lange Zeit einen guten Zustand zeigen und dann gegen Ende der Nutzungsdauer technisch sehr schnell abbauen würden.

Auf Hinweis des Berichterstatters erklärte der Prozessvertreter, dass die Klägerin nicht den Wechsel von der typisierten degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur typisierten linearen AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG beantrage, sondern einen solchen nach § 7 Abs. 4 S. 2 EStG. Nach dieser Vorschrift richte sich die AfA nach der voraussichtlichen Nutzung des Wirtschaftsguts. Aus § 7 Abs. 1 und Abs. 4 S. 2 EStG ergebe sich, dass die Abschreibung auf die voraussichtliche, betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer das tragende Prinzip sei. Werde im Laufe der Nutzungsdauer erkannt, dass die tatsächliche Nutzungsdauer kürzer als angenommen sein werde, müsse angepasst werden. § 7 Abs. 4 S. 2 gelte sowohl für Baulichkeiten im Betriebsvermögen als auch im Privatvermögen, also auch bei Überschusseinkünften im Rahmen von Vermietung und Verpachtung. Die Abschreibung auf die restliche Nutzungsdauer sei im Ergebnis eine Nachholung bisher unterlassener AfA. Und unterlassene AfA könne grundsätzlich nachgeholt werden. Dies gelte selbst dann, wenn in den früheren Jahren bewusst eine zu niedrige AfA abgezogen und damit der Restbuchwert zu hoch ausgewiesen worden sei. Die Nachholung der AfA sei auch bei den Überschusseinkünften zulässig. Umso mehr müsse die Nachholung für die Klägerin möglich sein, deren, aus Sicht von 2009 und heute, zu niedriger Ansatz unbewusst erfolgte. Es liege hier kein Wechsel von einer AfA-Methode auf eine andere, sondern von einer AfA-Methode auf das Grundprinzip der AfA, der Abschreibung auf die tatsächliche, voraussichtliche Nutzungsdauer vor.

Die Rechtsprechung beschäftige sich regelmäßig nur mit dem Wechsel von der degressiven AfA-Methode (§ 7 Abs. 5 EStG) zur linearen AfA-Methode mit festen Sätzen (§ 7 Abs. 4 Satz 1 EStG). § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG habe keine festen Sätze, diese würden sich nach den Jahren der Nutzungsdauer richten. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG lasse für Gebäude im Privatvermögen bei einer Nutzungsdauer von weniger als 50 Jahren, eine entsprechend kürzere Abschreibung zu. Auf die kürzere Nutzungsdauer könne hiernach auch später umgestellt werden, wenn sich diese erst zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen sollte. Demzufolge müsse von einer anderen typisierten Abschreibungsmethode, die ebenfalls auf 50 Jahre Nutzungsdauer ausgelegt sei (§ 7 Abs. 5 EStG), ebenfalls auf eine kürzere Abschreibung umgestellt werden können. Auch das Argument, das gegen den Wechsel von der degressiven Abschreibung auf die Abschreibung nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG vorgebracht werde, der Steuerpflichtige sei in den Vorjahren in den Genuss höherer Abschreibung gekommen, treffe beim Wechsel zur Abschreibung nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht zu, wenn, wie hier, von einer Nutzungsdauer von 25 Jahren, d.h. von einer Restnutzungsdauer von 14 Jahren ausgegangen werde.

Dass auch die Finanzverwaltung dieses übergreifende Prinzip der Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer anerkenne, zeige sich darin, dass die Finanzverwaltung auch bei degressiv abgeschriebenen Gebäuden die Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) zulasse (Einkommensteuerrichtlinie 7.4 Abs. 11 Satz 2).

Ob es sich beim Nichterwähnen der Möglichkeit des Wechsels von der Abschreibung nach § 7 Abs. 5 EStG zur Abschreibung nach der kürzeren Nutzungsdauer (§ 7 Abs. 4 Satz 2 EStG) um eine unbewusste Regelungslücke des Gesetzgebers handele, die nach Auslegung nach dem dahinter stehenden Grundsatz auszufüllen sei, oder ob er durch den Verweis in § 7 Abs. 4 Satz 2 auf diesen Grundsatz auch für die entsprechende Anwendung in § 7 Abs. 5 EStG genügend hingewiesen glaubte, möge dahingestellt sein.

Nach dem BFH-Urteil vom 07.06.1977 (VIII R 105/73, Bundessteuerblatt Teil II [BStBl. II], 1977, 606) könne bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage der Restwert zusammen mit den nachträglichen Herstellungskosten entsprechend § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG auf die tatsächliche Restnutzungsdauer des Gebäudes verteilt werden, wenn nach einer Abschreibung gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG die volle Absetzung des Abschreibungsvolumens innerhalb der tatsächlichen Nutzungsdauer nicht erreicht werde.

Dies gelte auch für § 7 Abs. 5 EStG. Auch hier gelte der Grundsatz, dass eine Abschreibung über die tatsächliche Nutzungsdauer hinaus nicht in Betracht komme. Unter der tatsächlichen Nutzungsdauer im Sinne von § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG sei der Zeitraum zu verstehen, in dem das Wirtschaftsgut erfahrungsgemäß verwendet oder genutzt werden könne. Dieser Zeitraum sei durch Schätzung zu ermitteln. Die amtlichen AfATabellen für betrieblich genutzte Wirtschaftsgüter fänden auch im Rahmen des § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG Anwendung.

Selbst bei Einordnung unter den Begriff „Massivbauweise“, würde es sich bei der streitigen Werkstatthalle und Ausstellungshalle um solche Gebäude handeln, wie sie ihrer Art nach in der amtlichen AfA-Tabelle für allgemein verwendbare Anlagegüter unter der laufenden Nr. 1.1.1.1 mit einer Nutzungsdauer von 25 Jahren enthalten seien.

Unstreitig sei auch, dass die Gebäude – obwohl im Privatvermögen befindlich – im Rahmen eines Betriebes genutzt würden. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer eines im Betriebsvermögen befindlichen Wirtschaftsgutes werde ebenso, wie seine gesamte Nutzung, im Rahmen der Überschusseinkünfte von der technischen und der wirtschaftlichen Abnutzung beeinflusst (BFH-Urteil vom 26.07.1991 VI R 82/89, BStBl. II 1992, 1000). Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer bedeute, dass die besonderen betrieblichen Verhältnisse zu beachten seien, unter denen das Wirtschaftsgut eingesetzt werde. Im Streitfall würden in den nächsten zwei Jahren die Händlerverträge mit dem Autohersteller neu abgeschlossen. Wegen Anpassung an das „Corporate Design“ der Marke, könnten umfangreiche bauliche Veränderungen, bis hin zum Ersatz von Verkaufshalle und auch Werkstatt notwendig sein. Die wirtschaftliche Nutzbarkeit der bisherigen Gebäude würde damit im Jahr 2016/2017 gegen null tendieren.

Zwar könne dem Regel-/Ausnahmeverhältnis, dass zwischen der fiktiven Nutzungsdauer von 50 Jahren und der kürzeren tatsächlichen Nutzungsdauer des § 7 Abs. 4 EStG bestehe, entnommen werden, dass der Steuerpflichtige die kürzere Nutzungsdauer des Gebäudes darzulegen habe. Es sei dem Gesetz aber nicht zu entnehmen, dass sich die Klägerin zu dieser Darlegung nicht der amtlichen AfA-Tabellen bedienen dürfe. Der mit den Tabellen verfolgte Vereinfachungszweck spreche eher für das Gegenteil. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer gemäß der amtlichen AfA-Tabelle von 25 Jahren für Werkstatthallen und Ausstellungshallen bei Massivbauweise, von der von 1994 bis zum Streitjahr 2009 15 Jahre „verbraucht“ seien, bedeute, dass die AfA-Bemessungsgrundlage zum Jahresende 2009 auf die tatsächliche (betriebsgewöhnliche) Restnutzungsdauer von 10 Jahren gleichmäßig abzuschreiben sei. Danach ergebe sich eine jährliche AfA i.H.v. 34.081 €.

Mit dem Ansatz der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer im vorbeschriebenen Sinne sei die Frage, ob die Gebäude in Massiv- oder Leichtbauweise ausgeführt worden seien, ohne Belang.

Die Klägerin beantragt:

1. den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 24.10.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.05.2012 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die Abschreibung gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG i.H.v. 34.081 € berücksichtigt wird,

2. hilfsweise die Revision zuzulassen

sowie 3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt:

die Klage abzuweisen.

Bei den streitgegenständlichen Gebäuden handele es sich nicht um in Leichtbauweise sondern in massiver Bauausführung aus Fertigbauteilen errichtete Gebäude. Eine höhere Abschreibung nach der in der AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter ausgewiesenen Nutzungsdauer für Hallen in Leichtbauweise komme für diese Gebäude daher nicht in Betracht.

Die vom Kläger vorgelegte gutachterliche Stellungnahme komme zu dem Schluss, dass es sich bei der betreffenden Halle nach statischen Gesichtspunkten um eine Leichtbaukonstruktion handele und dass es für dauerhafte Bauwerke des Stahlhochbaus keine leichtere Tragkonstruktion gäbe. Diese Einschätzungen seien durchaus zutreffend. Allerdings komme es nicht auf die Beurteilung des Gebäudes nach statischen, sondern nach steuerlichen Gesichtspunkten an. Für die steuerliche Beurteilung seien die allgemeinen Vorbemerkungen zu den AfA-Tabellen maßgeblich. Demnach falle ein Skelettbau – im konkreten Fall handele es sich um einen Stahlskelettbau – unter die Ausführungsart „massiv“. Diese Einordnung möge aus statischer Sicht verwunderlich sein, da hier der Skelettbau eine typische und sehr weit verbreitete Form des „Leichtbaus“ darstelle.

Jedoch gelte es zu bedenken, dass die Leichtbauweise im Bauwesen nicht für eine konkrete Bauweise stehe, sondern für die Bauphilosophie der maximalen Gewichtseinsparung bei gleichzeitig hohen Traglasten. Der Gutachter schreibe in seiner Stellungnahme von einem dauerhaften Bauwerk des Stahlhochbaus. Diese Einschätzung werde vom Beklagten geteilt. Der Bau aus dem Jahr 1994 habe die Lebensdauer einer Leichtbaukonstruktion gemäß AfA-Tabelle von 14 Jahren bereits seit 2008 erreicht.

Bei der Ortsbesichtigung hätten jedoch keinerlei konkreten Umstände benannt werden können, die darauf hindeuten würden, dass die tatsächliche Lebensdauer bereits erreicht sei. Die wärmegedämmten Wand- und Deckenkonstruktionen würden keine einfachen Wände oder Decken im Sinne der AfA-Tabelle darstellen. Auch die im Anbau vorhandene Stahlbetonzwischendecke stelle eine „massive“ Bauweise dar.

Zudem sei ein Wechsel von der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG zur linearen AfA nach § 7 Abs. 4 EStG unzulässig. Dies habe der BFH bereits in der Entscheidung vom 10.03.1987 (IX R 24/86, BStBl. II 1987, 618) betont. Die vom Klägervertreter aufgeführte Unterscheidung zwischen einem Wechsel von § 7 Abs. 5 EStG zu § 7 Abs. 4 Satz 1 bzw. Satz 2 EStG hat weder der Gesetzgeber noch die Rechtsprechung vorgenommen.

Die Vorschrift des § 7 Abs. 5 EStG enthalte starre, unveränderliche Staffelsätze für die gesamte Dauer der Absetzung. Diese dürften in den einzelnen Jahren weder übernoch unterschritten werden. Nach der einmal getroffenen Wahl der AfA nach § 7 Abs. 5 EStG sei ein späterer Wechsel zu einer anderen AfA-Methode infolge der für die gesamte Absetzungsdauer vorgesehenen festen Staffelsätze ausgeschlossen. Des Weiteren müsste bei Zulässigkeit des Wechsels der Abschreibungsmethode die Verkürzung der Nutzungsdauer nachgewiesen werden. Eine kürzere Nutzungsdauer könne z.B. bei nachgewiesenen erheblichen Gebäudeschäden oder bei feststehendem Abbruch eines Gebäudes gegeben sein. Die Absicht eines Abbruches genüge nicht. Das Gebäude werden nach zwischenzeitlich vergangenen weiteren sechs Jahren noch wie im Streitjahr 2009 genutzt. Für einen feststehenden Abbruch in nunmehr vier Jahren (2019) gebe es auch heute noch keinerlei Anhaltspunkte. Auch dafür, dass das Gebäude im Jahr 2019 wirtschaftlich verbraucht sein solle bzw. dieses aus baurechtlichen Gründen nicht mehr genutzt werden dürfe, gebe es selbst heute noch keinerlei Nachweise.

In der mündlichen Verhandlung am 27.10.2015 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, dass er den Einwand des Vorliegens einer Leichtbauweise nicht weiter aufrecht erhalte.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten, auf die Niederschrift über den Erörterungstermin am 03.11.2014 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 27.10.2015, sowie auf die dem Senat vorliegenden Akten des Beklagten (Einkommensteuerakte, Einheitswertakte und Rechtsbehelfsakte) Bezug genommen.

Aus den Gründen

Die Klage ist nicht begründet.

Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin somit nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung [FGO]).

1) Der Beklagte hat die Abschreibung des streitgegenständlichen Gebäudes zu Recht nach § 7 Abs. 5 Nr. 2 EStG mit einem Satz von 1,25 % fortgeführt. Ein Wechsel zur Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG ist nicht zulässig.

Anstelle der linearen Abschreibung gem. § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG kann eine Absetzung für Abnutzung (AfA) anhand der tatsächlichen Nutzungsdauer gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG vorgenommen werden, wenn die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes in den Fällen des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 weniger als 33 Jahre, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 Buchst. a weniger als 50 Jahre und in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 Buchst. bweniger als 40 Jahre beträgt.

Hat sich der Steuerpflichtige jedoch - wie die Klägerin im vorliegenden Fall – zunächst für die degressive Abschreibung gem. § 7 Abs. 5 EStG entschieden, so ist ein späterer Wechsel zur Abschreibung entsprechend der tatsächlichen Nutzungsdauer gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht mehr zulässig.

Der Bundesfinanzhofs (BFH) hat wiederholt entschieden, dass nach der einmal getroffenen Wahl der degressiven AfA nach § 7 Abs. 5 EStG der spätere Wechsel zur linearen AfA nach § 7 Abs. 4 EStG ausgeschlossen ist (vgl. BFH-Urteile vom 03.04.2001 IX R 16/98, Bundessteuerblatt Teil II [BStBl II] 2001, 599 [BB 2001, 1671 Ls] und vom 10.03.1987 IX R EStG24/86, BStBl II 1987, 618; so auch Lambrecht in Kirchhof EStG § 7 Rn. 105, Waldhoff in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff EStG § 7 Rn. F 38, Claßen in Lademann EStG § 7 Rn. 191, Handzik in Littmann/Bitz/Pust EStG § 7 Rn. 456).

Die Unzulässigkeit eines solchen Wechsels ergibt sich allerdings nicht schon direkt aus der Vorschrift des § 7 Abs. 4 und 5 EStG. Dort ist über die Zulässigkeit eines Wechsels der AfA-Methode bei Gebäuden - im Gegensatz zum Wechsel bei beweglichen Wirtschaftsgütern nach § 7 Abs. 3 EStG - nichts gesagt. Aus der Zulassung eines Übergangs von den degressiven zur linearen AfA bei beweglichen Wirtschaftsgütern in § 7 Abs.3 Satz 1 EStG lässt sich für die Gebäude-AfA zwingend weder ein Analogieschluss noch ein Umkehrschluss ableiten.

Die Unzulässigkeit eines Wechsels ergibt sich allerdings aus der vom Gesetzgeber getroffenen Regelung der Gebäude-AfA nach § 7 Abs. 5 EStG. Diese Vorschrift enthält starre, unveränderliche Staffelsätze für die gesamte Dauer der Absetzungen. Diese dürfen in den einzelnen Jahren weder über- noch unterschritten werden. Hat der Steuerpflichtige den Vorteil der erhöhten Absetzungen in den ersten Jahren der Nutzungsdauer gezogen, so muss er auch die Nachteile in Kauf nehmen.

Nichts anderes kann für einen Wechsel von der degressiven AfA zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG gelten (so auch Brandis in Blümich EStG § 7 Rn. 565, Stuhrmann in Bordewin/Brandt EStG § 7 Rn.232, Schnitter in Frotscher EStG § 7 Rn. 481 und Nolde in Herrmann/Heuer/Raupach EStG § 7 Rn. 489, a.A. Kulosa in Schmidt EStG 27. Aufl. § 7 Rn. 176). Auch bei der AfA gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG handelt es sich nämlich um eine lineare Abschreibung, lediglich die Abschreibungsdauer unterscheidet sich von der AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG.

Zudem differenziert der Wortlaut des § 7 Abs. 5 EStG nicht nach den Sätzen 1 und 2 des § 7 Abs.4 EStG. Dort heißt es pauschal, dass die degressive AfA „abweichend von Absatz 4“ gewählt werden kann. Ist ein Wechsel von der degressiven zur linearen AfA nicht zulässig - schließen sich die beiden Abschreibungsmethoden also gegenseitig aus - dann gilt dies natürlich auch für den Wechsel zur linearen AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer.

Außerdem heißt es im Gesetzeswortlaut, dass die Abschreibung gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG „anstelle“ der AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG vorgenommen werden kann. Ist nun aber ein Wechsel von der degressiven zur linearen AfA nach § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG nicht zulässig, dann muss dies auch für die AfA-Methode gelten, die an ihrer Stelle angewandt wird.

Da die Klägerin in den Vorjahren das streitgegenständliche Gebäude gem. § 7 Abs. 5 Nr. 2 EStG degressiv abgeschrieben hat, ist der beantragte Wechsel zur AfA entsprechend der tatsächlichen Nutzungsdauer gem. § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG nach den oben dargestellten Rechtsgrundsätzen im Streitjahr nicht zulässig. Der Beklagte hat somit zu Recht den bereits gem. § 7 Abs. 5 Nr. 2 EStG erreichten Staffelsatz von 1,25 % auf die durch den Anbau um 85.137 € auf 669.527 € erhöhte AfA-Bemessungsgrundlage angewandt und eine Abschreibung in Höhe von 8.370 € als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.

2) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

3) Die Revision wird nicht zugelassen, da kein Zulassungsgrund im Sinne des § 115 Abs. 2 FGO vorliegt. Der BFH hat wiederholt entschieden, dass ein Wechsel von den degressiven AfA nach § 7 Abs.5 EStG zu der linearen AfA nach § 7 Abs.4 EStG nicht zulässig ist (BFH-Urteile vom 03.04.2001 IX R 16/98, BStBl II 2001, 599 und vom 10.03.1987 IX R 24/86, BStBl II 1987, 618) [BB 1987, 1584]. Zudem handelt es sich bei der Rechtsfrage, ob ein Wechsel von der degressiven AfA gem. § 7 Abs. 5 EStG zur AfA nach der tatsächlichen Nutzungsdauer gem. § 7 Abs. 4 S. 2 EStG möglich ist, um auslaufendes Recht. Für Gebäude, die aufgrund eines nach dem 31.12.2005 gestellten Bauantrags hergestellt oder aufgrund eines nach dem 31.12.2005 rechtswirksam abgeschlossenen obligatorischen Vertrages angeschafft worden sind, ist eine degressive AfA gem. § 7 Abs. 5 EStG nicht mehr zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kommt Rechtsfragen, die auslaufendes Recht betreffen, regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu (BFH-Beschluss vom 27.03.2009 VIII B 184/08, BStBl II 2009, 850 und vom 24.11.2005 II B 46/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH [BFH/NV] 2006, 587).

4) Unterliegt der Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren und werden ihm die Kosten des Klageverfahrens auferlegt, so sind auch die Aufwendungen seines Bevollmächtigten im Vorverfahren nicht erstattungsfähig. Daher erübrigt es sich für das Gericht, auf den Antrag, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, einzugehen (BFH-Beschluss vom 13.07.2006 IV E 1/06, BFH/NV 2006, 1874).

 

stats