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Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
01.01.1970
Bilanzrecht und Betriebswirtschaft
: Abbildung von eigenen Anteilen nach dem Entwurf des BilMoG - Auswirkungen in der Bilanzierungs- und Bilanzanalysepraxis

Prof. Dr. Karlheinz Küting und Dipl.-Kfm. Michael Reuter*

Abbildung von eigenen Anteilen nach dem Entwurf des BilMoG - Auswirkungen in der Bilanzierungs- und Bilanzanalysepraxis

Empirische Untersuchungen von Geschäftsberichten zeigen, dass der Erwerb von eigenen Anteilen in der Unternehmenspraxis eine bedeutende Rolle spielt. Der bilanziellen Abbildung sollte entsprechendes Augenmerk geschenkt werden. Die nach dem RefE BilMoG geplanten Vorschriften sehen auch neue Abbildungsregeln für eigene Anteile vor. Obwohl diese auf den ersten Blick im Vergleich zur bisher geltenden Rechtslage nur geringe Änderungen vorsehen, bleiben bestimmte Fallkonstellationen, wie etwa die Wiederveräußerung bei Entstehen eines Veräußerungsverlusts, ungeregelt. Der nachfolgende Beitrag stellt die geplanten Abbildungsvorschriften für eigene Anteile vor, zeigt anhand eines Beispiels damit verbundene Fragen der Bilanzierungspraxis auf und bietet Lösungsansätze zur Vermeidung von bilanzrechtlichen und praktischen Problemen.

I. Motivation

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat Ende 2007 einen Referentenentwurf (RefE) zu einem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) veröffentlicht.1 Erklärtes Ziel eines solchen Gesetzes2 "ist die Verbesserung der Aussagekraft des handelsrechtlichen Jahresabschlusses. Von den Unternehmen wird dadurch der Druck genommen, internationale Rechnungslegungsstandards anzuwenden".3 Damit soll "den Unternehmen eine vollwertige Alternative zu den internationalen Rechnungslegungsstandards" geboten werden, "ohne deren Nachteile (hohe Komplexität, hoher Zeitaufwand, hohe Kosten) zu übernehmen".4

Die vorgesehenen Neuerungen des HGB sehen bzgl. des bilanziellen Eigenkapitalausweises auf den ersten Blick lediglich wenige Änderungen vor. Gleichwohl lässt die im RefE BilMoG vorgesehene Gesetzesvorschrift zur Abbildung eigener Anteile viele bilanzrechtliche und praxisrelevante Fragen offen und wichtige Fallkonstellationen, wie bspw. die Wiederveräußerung, ungeregelt. Da der Erwerb eigener Anteile in der Unternehmenspraxis eine große Rolle spielt,5 können durch die geplante Norm u. U. sicherlich unbeabsichtigte Bilanzierungsprobleme auftreten, auf die dieser Beitrag aufmerksam machen möchte. Gleichzeitig soll damit an den Gesetzgeber zur "Nachbesserung" bzw. Ergänzung und Klarstellung der entsprechenden Regelungen appelliert werden.

II. Geplante Regelungen nach BilMoG 1. Vorschrift des § 272 Abs. 1 a HGB-E: zwingend passivische Kürzung beim Eigenkapital

Die Abbildung von eigenen Anteilen soll dahingehend geändert werden,6 dass nun zwingend eine passivische Kürzung beim Eigenkapital vorgenommen werden muss. Der aktivische Ausweis eigener Anteile wird damit abgeschafft.7 Damit geht der Wegfall der Verpflichtung zur Bildung einer "Rücklage für eigene Anteile" im Eigenkapital einher. Nach § 272 Abs. 1 a HGB-E ist der Nennbetrag bzw. - sofern kein Nennbetrag vorhanden ist - der rechnerische Wert von erworbenen eigenen Anteilen8

"in der Vorspalte offen von dem Posten 'Gezeichnetes Kapital' als Kapitalrückzahlung abzusetzen. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nennbetrag oder dem rechnerischen Wert und dem Kaufpreis der eigenen Anteile ist mit den anderen Gewinnrücklagen (§ 266 Abs. 3 A. III. 4.) zu verrechnen. Die weitergehenden Anschaffungskosten sind als Aufwand des Geschäftsjahres zu berücksichtigen".9

Beispiel: Bei einem Erwerb eigener Aktien mit einem (rechnerischen) Nennwert von 5 GE/Aktie zum Preis von jeweils 100 GE und Beratungskosten im Zusammenhang mit dem Erwerb (insgesamt 2 GE) sind vom ausgewiesenen gezeichneten Kapital pro Aktie 5 GE Nennwert (offen) abzusetzen und die Gewinnrücklagen um 95 GE/Aktie (= Differenz zwischen Kaufpreis und Nennbetrag je Aktie) zu kürzen.10 Die im Zusammenhang mit dem Erwerb angefallenen Beratungskosten i. H. v. insgesamt 2 GE sind hingegen erfolgswirksam als Aufwand in der GuV zu berücksichtigen.

Durch diese zwingend und unabhängig vom Erwerbszweck vorzunehmende bilanzielle Eigenkapitalkürzung kommt es zwar zu einer Einschränkung der Abbildungsmöglichkeiten, was aus Sicht der Bilanzanalyse sicherlich begrüßenswert ist. Gleichwohl behalten - wirtschaftlich betrachtet - eigene Anteile auch weiterhin ihren bilanzanalytischen Doppelcharakter, so dass es hier grds. zu keiner neuen Einschätzung kommt.

Jahr: 2008 Heft: 13 Seite: 659

Die Formulierung des § 272 Abs. 1 a Satz 3 HGB-E erscheint darüber hinaus unglücklich und (weiterhin) nicht eindeutig. Die beibehaltene Verwendung der Begriffe "Kaufpreis" und "Anschaffungskosten" setzt grds. eine einzelne Zuordenbarkeit von Aufwendungen gem. § 255 Abs. 1 HGB zu den erworbenen eigenen Anteilen voraus.11 Bei einer engen Auslegung dürften Erwerbsspesen, bspw. Entgelte der mit dem Kauf beauftragten Bank (Ordergebühren), trotz eindeutiger Zurechenbarkeit zu einzelnen erworbenen Aktien bzw. Erwerbstranchen nicht zum Kaufpreis zählen, sondern - trotz ihres Charakters als Anschaffungs(neben)kosten - nach § 272 Abs. 1 a Satz 3 HGB-E als Aufwand der Periode in der GuV und nicht als Korrekturposition zu den Gewinnrücklagen zu berücksichtigen sein. Zur Vermeidung von Interpretationsschwierigkeiten bleiben derartige Aufwendungen in dem hier dargestellten Beispiel ohne Ansatz. Aufwendungen, die nicht unmittelbar den erworbenen Anteilen zuzurechnen sind, sondern lediglich im (weiteren) Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Anteile stehen, wie z. B. Beratungskosten, Depotgebühren etc., dürften dahingegen unstrittig erfolgswirksam als Aufwand in der GuV zu erfassen sein.

2. Gesetzesbegründung zu § 272 Abs. 1 a HGB-E: Vorgehen im Fall der Wiederveräußerung

Mit dieser geplanten Gesetzesänderung soll "die Bilanzierung eigener Anteile vereinfacht"12 und ausdrücklich "eine Annäherung an die IFRS erreicht"13 werden. Obwohl im RefE BilMoG darauf hingewiesen wird, dass nach IFRS "die bilanzielle Abbildung des Rückkaufs und der Wiederveräußerung eigener Anteile grundsätzlich erfolgsneutral innerhalb des Eigenkapitals vorzunehmen"14 ist,15 sieht die Gesetzesbegründung für den Veräußerungsfall eine Mischung aus erfolgswirksamer und erfolgsneutraler Behandlung vor. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Neuregelung von § 272 HGB zur bilanziellen Behandlung von eigenen Anteilen (auch weiterhin) explizit nur den Erwerb, nicht jedoch die Wiederausgabe/Veräußerung regelt.

Lediglich in der Gesetzesbegründung finden sich Hinweise auf das "gewünschte" Vorgehen in diesem Fall:

"Wird die Wiederveräußerung eigener Anteile wirtschaftlich als Kapitalerhöhung begriffen, ist es nur folgerichtig, das Nennkapital in Höhe des durch die Anteile repräsentierten Nennbetrages oder, falls ein solcher nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes zu erhöhen, mithin den Vorspaltenausweis teilweise oder vollständig entfallen zu lassen. Der darüber hinausgehende den Nennbetrag übersteigende Veräußerungserlös ist jedoch nicht als Agio der Kapitalrücklage zuzuführen. Dies wäre wirtschaftlich nur vertretbar, wenn auch der Rückkauf aus den gebundenen Rücklagen finanziert worden wäre, was aber aufgrund der bestehenden Verwendungsbeschränkungen nicht möglich ist. Zudem ließe ein derartiges Vorgehen zu Unrecht die Belastung der anderen Gewinnrücklagen beim Rückkauf der eigenen Anteile unberücksichtigt. Ein Grund, die übersteigenden Beträge der freien Verwendungsbefugnis endgültig zu entziehen, ist nicht erkennbar. Hier gewinnt Bedeutung, dass die Wiederveräußerung eigener Anteile eben nur wirtschaftlich, nicht aber rechtlich einer Kapitalerhöhung gleichkommt. Ein den früheren Rückkaufbetrag übersteigender Wiederveräußerungserlös ist dementsprechend erfolgswirksam als sonstiger betrieblicher Ertrag zu erfassen."16

Der Gesetzgeber verlangt demnach ganz offensichtlich, bestimmte Komponenten des Wiederveräußerungserlöses erfolgswirksam in der GuV zu erfassen.

3. Erläuterung von § 272 Abs. 1 a HGB-E: Schaffung einer klarstellenden Norm erforderlich

Während - wie dargestellt und in § 272 Abs. 1 a HGB-E explizit ausgeführt - der Erwerb (unter Vernachlässigung von in der GuV zu berücksichtigenden Aufwendungen) zu einer vollständigen erfolgsneutralen Berücksichtigung im Eigenkapital (Kürzung) führt, soll - so muss die Gesetzesbegründung wohl interpretiert werden - bei der Veräußerung der (rechnerische) Nennbetrag der Anteile zu einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals (Rückgängigmachung der Kürzung beim Erwerb bzw. entsprechender Wegfall des Vorspaltenausweises) führen und ein "den früheren Rückkaufbetrag übersteigender Wiederveräußerungserlös"17 erfolgswirksam in der GuV zu erfassen sein. Die vom Gesetzgeber offensichtlich beabsichtigte Behandlung der Veräußerung von eigenen Anteilen verdeutlicht Abbildung 1.

Um eine solche bilanzielle Behandlung von eigenen Anteilen im Fall der Wiederveräußerung verpflichtend vorzuschreiben und damit eine einheitliche Vorgehensweise aller Bilanzierenden grds. sicherzustellen, muss eine klarstellende Norm geschaffen werden. Diese hat - für den Fall, dass der Kaufpreis über dem Nennbetrag und der Veräußerungserlös über dem Kaufpreis der eigenen Anteile liegt - die bilanzielle Behandlung der in Abbildung 1 dargestellten Beträge gesetzlich zu normieren:

  • Der (rechnerische) Nennbetrag der erworbenen Anteile ist beim Erwerb offen vom gezeichneten Kapital abzusetzen bzw. zu kürzen; dies ist bei der (Wieder-)Veräußerung entsprechend wieder rückgängig zu machen, d. h. beim ausgewiesenen gezeichneten Kapital erhöhend zu berücksichtigen;
  • der den (rechnerischen) Nennbetrag übersteigende Kaufpreis ist beim Erwerb mit den (anderen) Gewinnrücklagen zu verrechnen; nur dieser Betrag führt bei der Veräußerung wieder zu einer entsprechenden Erhöhung der Gewinnrücklagen;
  • lediglich die (positive) Differenz zwischen dem Veräußerungserlös und dem - beim Erwerb eine erfolgsneutrale Eigenkapitalreduktion verursachenden - Kaufpreis (= Veräußerungsgewinn) ist bei der Veräußerung der eigenen Anteile erfolgswirksam in der GuV als sonstiger betrieblicher Ertrag zu erfassen.

Jahr: 2008 Heft: 13 Seite: 660 4. Anforderungsprofil an eine konsistente Vorschrift a) Imparitätische Behandlung eigener Anteile

Grds. unabhängig von der Höhe der o. g. einzelnen Beträge führt die dargestellte Abbildung eigener Anteile allerdings ganz offensichtlich zu einer imparitätischen Behandlung von eigenen Anteilen, nämlich der Bilanzierung von Erwerb (vollständig erfolgsneutrale Abbildung) und Wiederausgabe (teils erfolgsneutrale, teils erfolgswirksame Abbildung). Damit tangiert der Kauf eigener Anteile offensichtlich nur die Bilanz, während der Wiederverkauf Bilanz sowie GuV berührt. Ein solches Vorgehen ist - wie später noch zu zeigen ist - aus bilanzrechtlichen Erwägungen abzulehnen.

Unabhängig von den bereits aufgezeigten formellen Unzulänglichkeiten sind sowohl die gesetzliche Vorschrift als auch die - im RefE BilMoG offensichtlich als Ergänzung und Erläuterung dienende - Gesetzesbegründung bzgl. der ordnungsgemäßen bilanziellen Behandlung der Wiederausgabe/-veräußerung von eigenen Anteilen auch materiell verbesserungs- und klarstellungsbedürftig, weil ansonsten die Bilanzierung vielfältiger Fallkonstellationen offen bleibt.

Beispiel: Der Veräußerungserlös (80 GE) liegt unter dem Kaufpreis (100 GE) (wegen der negativen Differenz zwischen Veräußerungserlös und Kaufpreis entsteht damit ein Veräußerungsverlust). Es stellt sich - ohne konkrete Gesetzesvorschrift - die Frage, ob die Korrektur der Gewinnrücklagen lediglich in Höhe des den Nennwert i. H. v. 5 GE übersteigenden Veräußerungserlöses (80 . /. 5 = 75) rückgängig zu machen ist, oder ob die beim Erwerb erfolgte Kürzung von 95 GE in voller Höhe aufgehoben werden muss (= Erhöhung der Gewinnrücklagen um 95 GE) und der sich dann ergebende Unterschiedsbetrag (95 . /. 75 = 20) - in analoger Anwendung der Behandlung eines Veräußerungsgewinns - als (sonstiger betrieblicher) Aufwand in der GuV erfolgswirksam zu erfassen ist.

Zur Beantwortung dieser Frage ist auf grundlegende Bilanzierungsprinzipien abzustellen. Zu klären ist dabei zunächst, wie Kauf und Veräußerung von eigenen Anteilen wirtschaftlich und bilanzrechtlich zu charakterisieren sind. Hierbei kommen grds. zwei denkbare Ansätze in Betracht:

  • Bei Kauf und Wiederveräußerung eigener Anteile handelt es sich um Kapitaltransaktionen mit Anteilseignern, weil diese Vorgänge wirtschaftlich - wenn auch nicht rechtlich - einer Kapitalherabsetzung bzw. einer Kapitalerhöhung entsprechen.18
  • Bei Kauf und Wiederveräußerung eigener Anteile handelt es sich um Transaktionen zwar mit Anteilseignern, allerdings nicht in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter des Unternehmens. Folglich liegt ein "normales" (Umsatz-)Geschäft mit unternehmensfremden Dritten vor.

Dabei ist auch denkbar, dass bestimmte Sachverhalte derart einzelfallbezogen gesetzlich verankert werden, dass ein Teil der Regelung dem ersten Ansatz entspricht, während ein anderer Aspekt vielmehr dem zweiten Ansatz zuzurechen ist. Ein solcher Mischfall in der Behandlung eigener Anteile liegt sowohl bei den geltenden HGB-Vorschriften (eigene Anteile als - aktivierungspflichtige - Vermögensgegenstände einerseits und Korrekturposten zum Eigenkapital andererseits) als auch bei den geplanten Vorschriften zum BilMoG (vollständig erfolgsneutraler Erwerb bei teilweise erfolgswirksamer Veräußerung) vor.

b) Einhaltung des sog. Kongruenzprinzips

Die Einordnung eigener Anteile zu einem der beiden Ansätze ist u. a. relevant für die Einhaltung des sog. "Kongruenzprinzips".19 Je nach Zuordnung könnte es hier u. U. zu einer - bisher noch nicht erkannten und sicherlich ungewollten - Durchbrechung dieses Prinzips kommen. Obwohl die Bezeichnung "Kongruenzprinzip" "in Deutschland nicht mehr allgemein geläufig"20 und gesetzlich nicht explizit kodifiziert ist,21 stellt dieses Prinzip einen "zentralen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung"22 dar. Busse von Colbe spricht zutreffend von einem "Fundamentalgrundsatz der kaufmännischen Buchführung und Bilanzierung".23 Das Kongruenzprinzip besagt, dass die Summe der Periodenerfolge dem Totalgewinn während der gesamten Existenz des Unternehmens entspricht. Entsprechend muss der Saldo aller Erträge und Aufwendungen der gesamten Eigenkapitalveränderung während der "Lebenszeit" der Gesellschaft entsprechen, die nicht auf Kapitaltransaktionen mit den Gesellschaftern (z. B. Kapitalerhöhung, Kapitalherabsetzung, Ausschüttungen) zurückzuführen ist. Ganz allgemein diszipliniert die Einhaltung des Kongruenzprinzips den Bilanzierenden "insoweit, als bilanzpolitische Gestaltungsspielräume lediglich dazu genutzt werden können, Gewinne oder Verluste in verschiedene Perioden zu verlagern, die Höhe des Totalerfolges dadurch aber nicht verändert"24 werden kann.

Daraus folgt, dass Kapitaltransaktionen mit Anteilseignern (in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter) zu keinerlei erfolgswirksamen Effekten führen dürfen. Anders formuliert, bei der Gegenüberstellung der Eigenkapitalveränderung während der Lebenszeit des Unternehmens (als Maßstab für den Totalerfolg) und der Summe der einzelnen Periodenerfolge zur Prüfung, ob das Kongruenzprinzip erfüllt ist, müssen Eigenkapitalveränderungen, die auf Anteilseignertransaktionen zurückzuführen sind, aus der gesamten Eigenkapitalveränderung eliminiert, d. h. herausgerechnet werden.

Die Einhaltung des Kongruenzprinzips ist - neben der bilanzrechtlichen Sichtweise - auch im Zusammenhang mit ertragswert- oder DCF-orientierten Ansätzen der Unternehmensbewertung von Relevanz. Auch hier kommt der Betrachtung des Überschusses der Einzahlungen über die Auszahlungen des Unternehmens "im Verkehr mit der Umwelt ohne Unternehmenseigner"25 bei der Bestimmung des Unternehmenswerts grundlegende Bedeutung zu, weil es bei einer Durchbrechung des Kongruenzprinzips zu Verzerrungen und damit falschen Wertansätzen kommt.

Das Kongruenzprinzip und die entsprechenden Zusammenhänge sollen an nachfolgendem Beispiel verdeutlicht werden.

III. Beispiel zum Ausweis eigener Anteile nach dem Entwurf des BilMoG

Eine börsennotierte AG mit Sitz in Deutschland weist in Periode t1 vor dem Erwerb von eigenen Anteilen die in Abbildung 2 dargestellte Bilanz sowie GuV aus.

Jahr: 2008 Heft: 13 Seite: 661

In t2 erfolgt ein Erwerb von eigenen Aktien (Nennbetrag: 5 GE) i. H. v. 100 GE. Da im Beispielsachverhalt sonstige Aufwendungen sowie (latente) Steuereffekte nicht zu berücksichtigen sind, lautet der Buchungssatz26 zur Abbildung des Erwerbs eigener Anteile nach § 272 Abs. 1 a HGB-E:

Unter der Prämisse, dass ansonsten keine weiteren Geschäftsvorfälle zu berücksichtigen sind, ergeben sich die in Abbildung 3 dargestellte Bilanz sowie GuV t2. Es zeigt sich, dass - ohne Erfolgswirkung in der GuV - das Eigenkapital und die Bilanzsumme um 100 GE gesunken sind. Es liegt somit eine bloße Bilanzverkürzung vor. Insoweit bestünde eine - zumindest standardkonform mögliche - gleiche Abbildung des Erwerbs eigener Anteile wie nach IFRS.27

Der (Wieder-)Verkauf der erworbenen Anteile in t3 zum Verkaufspreis von 200 GE führt - sofern eine Rückgängigmachung der beim Erwerb der Anteile erfolgten Buchungen28 und eine erfolgswirksame Erfassung des den ursprünglichen Gesamtkaufpreis übersteigenden Verkaufserlöses (= Veräußerungsgewinn29) unterstellt werden - zu folgendem Buchungssatz und der in Abbildung 4 abgebildeten Bilanz/GuV t3:

Durch die partiell erfolgswirksame Erfassung des Verkauferlöses bei der Wiederausgabe von eigenen Anteilen kommt es nun zu einem von den Regelungen und der Behandlung nach IFRS abweichenden Bilanz- und GuV-Ausweis. Wird nun der Erwerb und die Veräußerung als Transaktion mit fremden Dritten und damit nicht als Kapitaltransaktion mit Gesellschaftern in ihrer Eigenschaft als Anteilseigner eingestuft, zeigt - wie in Abbildung 5 dargestellt - die Betrachtung der Totalperiode (t1 bis t3), dass die gesamte Eigenkapitalveränderung (1 700 . /. 1 600 = 100) der Summe der einzelnen Periodenerfolge (= 0 + 0 + 100 = 100) entspricht und damit das Kongruenzprinzip erfüllt ist.

Sofern Kauf und Veräußerung von eigenen Anteilen hingegen als Kapitaltransaktionen mit Anteilseignern eingestuft werden, aus denen sich keine erfolgswirksamen Effekte ergeben dürfen, kommt es nun - wie in Abbildung 6 dargestellt - bei Betrachtung der Totalperiode (t1 bis t3) zu einer Durchbrechung des Kongruenzprinzips, weil die gesamte Eigenkapitalveränderung (1 700 . /. 1 600 = 100) um die darin enthaltene Eigenkapitalveränderung aus Anteilseignertransaktionen zu korrigieren ist (100 . /. 100 = 0) und damit nicht mehr der Summe der einzelnen Periodenerfolge (= 0 + 0 + 100 = 100) entspricht. Ganz unabhängig davon, dass der Fundamentalgrundsatz des Kongruenzprinzips verletzt wird, kommt es hier auch zu einem von den Regelungen und der Behandlung nach IFRS abweichenden Bilanz- und GuV-Ausweis.

Es zeigt sich, dass der Gesetzgeber durch den in der Gesetzesbegründung zum RefE BilMoG gewählten imparitätischen Ansatz zur Abbildung eigener Anteile eine Mischform der Charakterisierung eigener Anteile gewählt hat. Mit dem Wegfall des aktivischen Ausweises und damit des Charakters eines Vermögensgegenstands werden Kauf und Wiederveräußerung einerseits als erfolgsneutrale Kapitaltransaktionen mit Anteilseignern eingestuft. Andererseits spricht die erfolgswirksame Jahr: 2008 Heft: 13 Seite: 662 Erfassung eines Veräußerungserfolgs als sonstiger betrieblicher Ertrag für die Einordnung dieser Transaktionen als "normales" Umsatzgeschäft, das in der GuV abzubilden ist. Der Gesetzgeber stellt damit auf eine einzelfallbezogene Bilanzierung ab, die - wie dargestellt wurde - nicht zu einer gewünschten Annäherung oder gar identischen Bilanzierung wie nach IFRS führt. Hier sollte der Standpunkt des Gesetzgebers klar herausgestellt werden, um ungewünschte Bilanzierungsprobleme zu vermeiden. Auch die Behandlung im Fall eines Veräußerungsverlusts ist aktuell nicht geregelt. Bezogen auf das entsprechend aufgezeigte Beispiel könnten so mittels gezielter Sachverhaltsgestaltungen - nicht nur bilanzrechtlich sondern auch aus Sicht des Gläubigerschutzes und der Kapitalerhaltung - äußerst bedenkliche Effekte auftreten. Nämlich dann, wenn - wie in der Gesetzesbegründung ausgeführt - Veräußerungsgewinne erfolgswirksam in der GuV zu erfassen wären, während - mangels konkreter Regelungen - entstehende Veräußerungsverluste erfolgsneutral im Eigenkapital erfasst werden könnten. Auf weitere mögliche Fallkonstellationen beim Erwerb und der Veräußerung von eigenen Anteilen soll hier nicht ausführlich eingegangen werden; gleichwohl sollten auch andere Fälle, bspw. wenn der Verkaufserlös unter dem Nennbetrag liegt, für den Bilanzierenden klar aus der Gesetzesregelung erkennbar bzw. abzuleiten sein.

IV. Schlussfolgerungen

  • Die Ausführungen zeigen unter formellen Aspekten, dass der Gesetzgeber gut damit beraten ist, den endgültigen Gesetzestext des BilMoG und folglich die Neufassung von § 272 HGB um eine konkrete und explizite Regelung zur Wiederveräußerung von eigenen Anteilen zu ergänzen. Ferner sollte grds. davon abgesehen werden, die Gesetzesbegründung anstelle einer bloßen Erläuterung auch als (faktische) Erweiterung der eigentlichen Norm zu nutzen, weil die Gesetzesbegründung im Zweifel lediglich zur Auslegung der Vorschrift dienen kann, jedoch - anders als die beschriebene Norm - keine gesetzliche Bindungswirkung entfaltet.
  • Darüber hinaus erscheint es verwirrend, sich bei nationalen Vorschriften auf (vermeintlich gleichlautende) Regelungen der IFRS ("Annäherung an die IFRS"30 - lediglich bezogen auf die Abschaffung des aktivischen Ausweises) zu beziehen, obwohl mit der geplanten Norm eben keine gleiche bilanzielle Behandlung erreicht werden kann (teils erfolgswirksame, teils erfolgsneutrale Behandlung der Abbildung von eigenen Anteilen nach dem BilMoG vs. vollständig erfolgsneutraler Behandlung nach IFRS). Dies ist zur Vermeidung von Missverständnissen und einer suggerierten, aber nicht tatsächlich gegebenen Vergleichbarkeit von unterschiedlichen Rechnungslegungsnormen dringend zu empfehlen.
  • Unter materiellen Aspekten sollte der Gesetzgeber sicherstellen, dass durch eine umfassende, eindeutige Vorschrift eine Verletzung des Kongruenzprinzips vermieden wird. Jede Durchbrechung dieses Fundamentalprinzips "gefährdet die Einhaltung des Prinzips des Gläubigerschutzes und verfälscht zudem einzelne Periodenerfolge".31 Ansonsten besteht die Gefahr, dass das erklärte Ziel eines solchen Gesetzes, nämlich "die Verbesserung der Aussagekraft des handelsrechtlichen Jahresabschlusses"32 verfehlt wird.
  • Es müssen folglich eindeutige Normen für die Abbildung des Erwerbs und der Wiederveräußerung von eigenen Anteilen geschaffen werden. Hierbei sollte, sofern - analog der Regelung nach IFRS - konsistent einer Einordnung des Erwerbs und der Veräußerung von eigenen Anteilen als Kapitaltransaktionen mit Anteilseignern gefolgt wird, eine imparitätische Bilanzierung von Anteilseignertransaktionen - dann zugunsten einer vollständig erfolgsneutralen Abbildung - möglichst vermieden werden.

Zusatzmaterialien: BBL2008-662-1 abrufbar unter www.betriebs-berater.de

Autoren

Prof. Dr. Karlheinz Küting ist seit 1983 Ordinarius für Betriebswirtschaftslehre und seit 1992 Direktor des Instituts für Wirtschaftsprüfung (IWP) an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Forschungsschwerpunkte: nationale und internationale (Konzern-)Rechnungslegung, Bilanzanalyse und Abschlussprüfung. Küting ist Ständiger Mitarbeiter des "Betriebs-Berater".

Dipl.-Kfm. Michael Reuter ist seit 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Karlheinz Küting am IWP an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken. Forschungsschwerpunkte: externe (Konzern-)Rechnungslegung sowie nationale und internationale Jahresabschlussanalyse.

*

Die Verfasser danken Dr. Harald Kessler für die ergänzenden Hinweise und wertvollen Diskussionen.

1

Vgl. hierzu bspw. auch BMJ, Eckpunkte der Reform des Bilanzrechts, abrufbar unter: www.bmj.bund.de/bilmog (Abruf: 10.3.2008); Küting, BB 48/2007, Die Erste Seite; Wüstemann, BB 47/2007, Die Erste Seite; Ernst/Seidler, BB 2007, 2557 ff.; Fülbier/Gassen, DB 2007, 2605 ff.; Hommelhoff/Mattheus, BB 2007, 2787 ff.; Oser et al., WPg 2008, 49 ff., 105 ff.

2

Vgl. zur (geplanten) zeitlichen Anwendungspflicht der geänderten Vorschriften Art. 65 f. EGHGB-E; RefE BilMoG, 34 ff.

3

BMJ (Fn. 1), S. 1; vgl. auch RefE BilMoG, 1.

4

BMJ (Fn. 1), S. 1 (beide Zitate); vgl. auch RefE BilMoG, 1.

5

Auch Coenenberg weist zutreffend darauf hin, dass der Rückkauf eigener Aktien und damit auch deren Bilanzierung "stark an Bedeutung gewonnen" hat; Coenenberg, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 20. Aufl. 2005, S. 323.

6

Vgl. zu den geltenden Vorschriften sowie einer bilanzanalytischen Einordnung eigener Anteile die Online-Zusatzmaterialien zu diesem Beitrag, abrufbar unter dem am Ende des Textes angegebenen BB-Link.

7

Vgl. Eiselt/Müller, Accounting 1/2008, 7. Auf die damit im Zusammenhang stehenden Anpassungen sowie redaktionelle Änderungen in einzelnen Vorschriften wird hier nur hingewiesen; vgl. dazu § 266 Abs. 2 Posten B III und Abs. 3 Posten A III HGB-E; § 272 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 HGB-E; § 301 Abs. 4 HGB-E; § 327 HGB-E; RefE BilMoG, 9 ff., 18 f., 27, 68, 84.

8

Auf die Behandlung von "Anteilen an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen" und den Ausweis einer entsprechenden Rücklage innerhalb des Eigenkapitals sei hier - aufgrund der grds. von den bisherigen Vorschriften lediglich marginal bzw. redaktionell abweichenden Regelung - nur hingewiesen; vgl. dazu § 266 Abs. 3 Posten A III HGB-E; § 272 Abs. 4 HGB-E; § 301 Abs. 4 HGB-E; RefE BilMoG, 9, 11, 19; Ernst/Seidler (Fn. 1), 2560.

9

§ 272 Abs. 1 a HGB-E; RefE BilMoG, 11; vgl. dazu auch RefE BilMoG, 135 ff.; IDW, FN 2008, 14; AKBR, BB 2008, 215.

10

Vgl. dazu auch die Abbildung in den Online-Zusatzmaterialien zu diesem Beitrag, abrufbar unter dem am Ende des Textes angegebenen BB-Link.

11

Vgl. zum Maßstab der Anschaffungskosten ausführlich Knop/Küting, in: Küting/Weber (Hrsg.), HdR-E, 5. Aufl. 2002 ff., § 255 HGB, Rn. 7 ff.

12

RefE BilMoG, 68.

13

RefE BilMoG, 137.

14

RefE BilMoG, 137.

15

"Erwirbt ein Unternehmen seine eigenen Eigenkapitalinstrumente zurück, so sind diese Instrumente ('eigene Anteile') vom Eigenkapital abzuziehen. Der Kauf, Verkauf, die Ausgabe oder Einziehung von eigenen Eigenkapitalinstrumenten werden nicht erfolgswirksam erfasst. [...] Alle gezahlten oder erhaltenen Gegenleistungen sind direkt im Eigenkapital zu erfassen."; IAS 32.33; vgl. auch IAS 32.35 ff.; IAS 32.A36 sowie die Online-Zusatzmaterialien zu diesem Beitrag, abrufbar unter dem am Ende des Textes angegebenen BB-Link.

16

RefE BilMoG, 136 f.

17

RefE BilMoG, 137.

18

"Wirtschaftlich betrachtet liegt, gleichgültig ob die eigenen Aktien sofort wieder veräußert oder eingezogen werden, in jedem Rückkauf eine Kapitalherabsetzung und in jeder Wiederveräußerung eine Kapitalerhöhung, die entsprechend auf der Passivseite der Bilanz abzubilden ist, nämlich durch offene Absetzung des Nennbetrages [...] der erworbenen eigenen Aktien in der Vorspalte von dem Posten 'Gezeichnetes Kapital'. [...] Mit der handelsbilanziellen Berücksichtigung des wirtschaftlichen Gehalts des Rückkaufs und der Wiederveräußerung eigener Anteile wird die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage entsprechend den tatsächlichen (wirtschaftlichen) Verhältnissen dargestellt."; RefE BilMoG, 136 f.

19

Vgl. dazu grundlegend Schmalenbach, Dynamische Bilanz, 13. Aufl. 1962, S. 66; Busse von Colbe, in: Moxter et al. (Hrsg.), FS Forster, 1992, S. 125 ff. m. w. N.; Ordelheide, in: Matschke/Schildbach (Hrsg.), FS Sieben, 1998, S. 516; vgl. dazu auch Küting, DB 2006, 1443, 1449 m. w. N.; Krotter, DBW 2007, 694 m. w. N.; Küting/Reuter, DB 2007, 2549 f.

20

Schildbach, DB 1999, 1813.

21

Vgl. Busse von Colbe/Pellens, in: Busse von Colbe/Pellens (Hrsg.), Lexikon des Rechnungswesens, 4. Aufl. 1998, S. 412.

22

Schildbach (Fn. 20), 1813.

23

Busse von Colbe (Fn. 19), S. 137.

24

Coenenberg (Fn. 5), S. 472 m. w. N.

25

Busse von Colbe (Fn. 19), S. 127; vgl. auch Schildbach (Fn. 20), 1813.

26

Auf eine Unterscheidung zwischen einer "tatsächlichen" Buchung und dem "offenen Absetzen" in der Bilanz wird aus Vereinfachungsgründen hier nicht näher eingegangen.

27

Vgl. zu den geltenden Vorschriften die Online-Zusatzmaterialien zu diesem Beitrag, abrufbar unter dem am Ende des Textes angegebenen BB-Link.

28

Die beim Erwerb vorzunehmende Kürzung der (anderen) Gewinnrücklagen um den den (rechnerischen) Nennbetrag übersteigenden Kaufpreis muss bei der Veräußerung - obwohl nicht explizit geregelt - in gleicher Höhe wieder rückgängig gemacht, d. h. die Gewinnrücklagen wieder erhöht werden; ansonsten kommt es zu einer anderen Eigenkapitalstruktur und weiteren offenen Ausweisfragen.

29

Vgl. dazu Abbildung 1.

30

RefE BilMoG, 137.

31

Busse von Colbe (Fn. 19), S. 137.

32

BMJ (Fn. 1), S. 1; vgl. auch RefE BilMoG, 1.

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