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BB-Standpunkte
14.10.2014
BB-Standpunkte
Prof. Dr. Stefan Müller: Referentenentwurf des Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetzes – ein Herz für die kleinen Unternehmen

Europäische Vorgaben zwingen den deutschen Gesetzgeber zu einer erneuten Reform des HGB. Mit den Zielen, die Harmonisierung innerhalb der EU weiter voranzutreiben und kleine und mittlere Kapitalgesellschafen von Bürokratiekosten zu entlasten, hat die EU im Sommer 2013 eine zusammengefasste Bilanzrichtlinie verabschiedet, die bis zum 12.7.2015 in deutsches Recht umzusetzen ist. Unter Fortsetzung der Politik, stets die Erleichterungen schnellstmöglich und in maximaler Höhe an die Unternehmen weiterzugeben, wird im vorliegenden Referentenentwurf (vgl. dazu ausführlich Lüdenbach/Freiberg, BB 2014, 2219 ff.) eine zeitliche Aufteilung der Reform vorgenommen. Die Anhebung der Schwellenwerte für die Unternehmensgrößenklassen und die Befreiung der Konzernrechnungslegungspflicht wird schon auf das laufende Geschäftsjahr 2014 vorgezogen (vgl. dazu ausführlich Müller/Stawinoga, BB 2014, 2411 ff.), während alle weiteren nötigen Änderungen bis zum spätestmöglichen Zeitpunkt (dem Geschäftsjahr 2016) aufgeschoben werden.

Was sich zunächst sehr gut liest, erweist sich bei genauerer Betrachtung jedoch als in mehrfacher Hinsicht problematisch. Zunächst gibt es eine echte Erleichterung nur durch die Ausweitung der monetären Schwellenwerte der kleinen Unternehmensgrößenklasse um ca. 24% für viele jetzt mittelgroße Kapitalgesellschaften, die dann als klein angesehen werden. Die übrigen monetären Schwellenwerterhöhungen gleichen dagegen mit ca. 3,9% nicht einmal die Inflation seit der letzten Erhöhung durch das BilMoG aus. Echte Erleichterungen für kleine Kapitalgesellschaften durch den Entfall von Angabepflichten kommen erst ab dem Geschäftsjahr 2016 – mittelgroße Unternehmen haben hier kaum etwas zu erwarten bzw. sogar mit Mehrbelastungen zu rechnen. Eine richtige Herausforderung stellt für die Unternehmen, die nach den neuen Vorgaben als klein statt bisher als mittelgroß einzustufen sind, auch die rückwirkende Erhöhung der Schwellenwerte dar. Das Gesetzgebungsverfahren dürfte sich noch weit in das Jahr 2015 hineinziehen, sodass viele Erleichterungen bezüglich Aufstellung und Prüfung für das Geschäftsjahr 2014 gar nicht mehr genutzt werden können.

Die weiteren mit der Bilanzrichtlinie umzusetzenden Änderungen beziehen sich bis auf ganz geringe Ausnahmen lediglich auf konkretisierte und ausgeweitet Angabepflichten sowie geänderte Ausweisregelungen. So soll die Angabe von außerordentlichen Ergebnissen in der GuV gestrichen werden und nur noch verkürzt im Anhang erfolgen. Die neuen Ansatz- und Bewertungsregelungen hat der deutsche Gesetzgeber mit dem BilMoG bereits vorweggenommen.

Darüber hinaus nutzt der Gesetzgeber die Reform für einige Klarstellungen im Gesetzestext. So werden die Offenlegungsvorschriften teilweise neu gefasst, wobei zukünftig die Offenlegungsfrist nicht mehr durch die Einreichung eines ungeprüften Abschlusses erfüllt werden kann. Im Entwurf ist diese Neuformulierung jedoch insbesondere bezüglich der notwendigen Folgeänderungen in anderen Regelungen noch fehlerbehaftet. Nicht nur nach Meinung des DRSC hätten diese Klarstellungen jedoch noch deutlich umfangreicher ausfallen können. Dagegen sind die vorgeschlagenen Erleichterungen der Rechnungslegungsvorgaben für Kleinstgenossenschaften im Sinne der Kleinstkapitalgesellschaften zu begrüßen. Das Ziel der Bürokratiekostenbegrenzung wird jedoch bei den großen Kapitalgesellschaften (bisher lediglich) zweier Branchen völlig verfehlt, die ab 2016 zur Abgabe eines Zahlungsberichts an staatliche Stellen verpflichtet sind. Dieses Country-by-Country-Reporting (vgl. dazu ausführlich Keller/Schmid, BB 2014, 2283 ff.) wird auch im steuerlichen Kontext intensiv diskutiert, soll hier aber neben Steuern auch andere Zahlungen an staatliche Stellen projekt-, stellen-, kategorie- und länderbezogen getrennt in einem veröffentlichten Bericht enthalten.

Prof. Dr. Stefan Müller ist Inhaber der Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg.

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