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BB-Standpunkte
21.12.2015
BB-Standpunkte
Patrick Faller/Sebastian Kratz: Immobilienfonds sind zwar Sondervermögen, die tatsächliche Immobilienbewirtschaftung ist aber nicht umsatzsteuerfrei

Mit seinem Urteil vom 9. Dezember 2015 in dem Vorabentscheidungsersuchen Fiscale Eenheid X des Niederländischen Hoge Raad (Rechtssache C-595/13) entschied der EuGH zwei Fragen im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerbefreiung von Verwaltungsleistungen im Bereich von Immobilienfonds.

Sondervermögen

In diesem Urteil bestätigte der EuGH nun, dass ein Sondervermögen i.S.d. Steuerbefreiung des Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie auch aus Immobilien bestehen kann.

Von der Umsatzsteuerbefreiung sollen laut EuGH solche Sondervermögen profitieren, die auf nationaler Ebene einer besonderen staatlichen Aufsicht unterliegen. Durch eine europäische Harmonisierung des Aufsichtsrechts – u.a. durch die OGAW-Richtlinie – werde der Begriff des Sondervermögens gleichzeitig durch nationales wie auch durch Unionsrecht bestimmt.

Laut EuGH besteht zwischen Anlagevermögen, die einer besonderen staatlichen Aufsicht unterstehen, ein unmittelbarer Wettbewerb – unabhängig davon, ob sie aus Wertpapieren oder aus Immobilien bestehen. Daher könnten auch andere Anlagevermögen, die keine OGAW sind, jedenfalls dann unter die Steuerbefreiung fallen, wenn sie mit OGAW vergleichbar seien und die Mitgliedsstaaten auch für sie eine besondere staatliche Aufsicht vorsehen.

Nach den Ausführungen des EuGH sei ein Anlagevermögen für Zwecke der Umsatzsteuerbefreiung dann mit einem OGAW vergleichbar, wenn

  • bestimmte Personen Anteilsrechte am Fonds gekauft haben,
  • diese beim Publikum beschafften Gelder nach dem Grundsatz der Risikostreuung angelegt werden,
  • der Ertrag von den Ergebnissen der Anlagen abhängt, die der Verwalter des Fonds im Laufe des Zeitraums, in dem die betreffenden Personen diese Anteilsrechte innehaben, erwirtschaftet hat,
  • die Anteilsinhaber ein Anrecht auf die Gewinne haben oder das Risiko im Zusammenhang mit der Verwaltung des Fonds tragen,
  • die Anteilsscheine auf Verlangen des Inhabers zulasten des Vermögens zurückgenommen oder ausgezahlt werden.

Diese Voraussetzungen seien im entschiedenen Fall erfüllt.

Tatsächliche Bewirtschaftung

Allerdings stelle die tatsächliche Bewirtschaftung der Immobilien eines Immobilienfonds laut EuGH keine „Verwaltung von Sondervermögen“ im Sinne der Steuerbefreiungsnorm dar. Denn die spezifische Tätigkeit eines Fonds, mit dem Sondervermögen verwaltet werden, bestehe darin, die beschafften Gelder für gemeinsame Rechnung anzulegen. Mit Blick auf Immobilienfonds umfassten die spezifischen Tätigkeiten daher zum einen die Auswahl sowie den An- und Verkauf der Immobilien, zum anderen Tätigkeiten der Verwaltung und des Rechnungswesens. Die tatsächliche Bewirtschaftung der Immobilien sei laut EuGH hingegen keine spezifische Tätigkeit in diesem Sinne.

Folgen

Die von weiten Teilen der Fondsbranche diskutierten und befürchteten gravierenden Konsequenzen, die eine etwaige Steuerbefreiung für Property Management Dienstleistungen und hieraus auf Seiten der Dienstleister resultierende Vorsteuerabzugsbeschränkungen mit sich gebracht hätten, treten nicht ein. Insbesondere sind aufwendige und umfangreiche Vorsteuerkorrekturen und Anpassungen von Property Management Verträgen erspart geblieben.

Aus dem Urteil des EuGH ergeben sich aber Argumente dafür, dass auch die Verwaltung von nicht als Investmentfonds qualifizierenden Investmentvermögen von der Umsatzsteuer befreit sein könnte. Daher sollten Verwalter von Investmentvermögen, die keine klassischen OGAW sind, prüfen, ob sie bei entsprechender Regulierung und Vergleichbarkeit mit OGAW nach der Rechtsprechung des EuGH von der Steuerbefreiung Gebrauch machen können.

Dipl.-Finw. (FH) Patrick Faller, M.I.Tax, StB/FBIStR, ist Senior Manager bei Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in München. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind die Beratung und Strukturierung internationaler Fonds aus steuer- und aufsichtsrechtlicher Sicht.

Sebastian Kratz, RA, ist Manager bei Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Eschborn. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind die umsatzsteuerliche Beratung von Banken und Finanzdienstleistern.

 

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