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Arbeitsrecht
05.04.2018
Arbeitsrecht
LArbG Berlin-Brandenburg: Wissenszurechnung einer Körperschaft öffentlichen Rechts

LArbG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 31.1.2018 – 15 Sa 732/17

ECLI:DE:LAGBEBB:2018:0131.15SA732.17.00

Volltext: BB-ONLINE BBL2018-819-6

unter www.betriebs-berater.de

Amtliche Leitsätze

1. Die Zurechnung von Wissen innerhalb einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder auch einer juristischen Person des Privatrechts erfolgt nach dem Grundsatz, dass jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation sicherzustellen hat, dass die ihr ordnungsgemäß zustehenden, rechtserheblichen Informationen von ihren Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werden können.

2. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass die Aufspaltung von Zuständigkeiten nicht dazu führen darf, dass ein Vertragspartner einer juristischen Person schlechter gestellt wird als der Vertragspartner einer natürlichen Person.

3. Ein Bundesland muss sich die Kenntnisse der verantwortlichen Beschäftigten in der Beschäftigungsbehörde und der zentralen Bezügestelle hinsichtlich einer fehlerhaften Eingruppierung zurechnen lassen.

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land in der Zeit von April bis August 2016 vom Entgelt der Klägerin 2.148,56 € netto einbehalten durfte, weil die Klägerin in der Zeit von Januar bis November 2015 um diesen Betrag überzahlt worden war.

Die Klägerin übte anfangs bei dem beklagten Land eine Tätigkeit aus, die mit der Entgeltgruppe E 11 TV-L zu vergüten war. Mit Schreiben aus September 2011 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass das befristete Arbeitsverhältnis ab dem 01.08.2012 entfristet werden solle, wobei die Tätigkeit dann der Entgeltgruppe E 10 TV-L entsprechen soll. Unter dem 30.09.2011 unterschrieben beide Parteien einen Änderungsvertrag, der unter anderem die entsprechende Absenkung der Vergütung vorsah. Mit Schreiben vom 09.08.2012 wurde der Klägerin die Umsetzung in ein anderes Referat mitgeteilt unter nochmaligem Hinweis auf die Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 10. Aufgrund eines Büroversehens erhielt die Klägerin jedoch weiterhin Bezüge nach der Entgeltgruppe E 11. Dies war in den Abrechnungen entsprechend ausgewiesen. An die Klägerin wurden im Juni 2012 1.554,00 €, im Juli 2012 1.769,40 € und im August und September 2012 je 1.621,92 € netto überwiesen. Hinsichtlich der Zahlungsvorgänge wird auf die Anl. B2 (Bl. 150ff d. A.) verwiesen. Die Abrechnungen wiesen im Juli und August 2012 als Auszahlungsbetrag jeweils 1621,92 € und die Entgeltgruppe E 11 aus (Bl. 39f d. A.). Für September und Oktober 2012 erhielt die Klägerin keine Entgeltbescheinigungen.

Mit Schreiben vom 05.02.2016 (Bl. 28 d. A.) machte die Zentrale Bezügestelle des beklagten Landes gegenüber der Klägerin die Rückzahlung der überzahlten Bezüge ab August 2012 in Höhe von insgesamt 7.813,55 € brutto geltend. In der Zeit von April bis August 2016 zog das beklagte Land vom Entgelt der Klägerin 2.148,56 € netto ab, was mit der Überzahlung in der Zeit von Januar bis November 2015 begründet wurde.

Die Klägerin hat behauptet, dass sie nicht bemerkt hätte, dass eine Überzahlung vorgenommen worden sei. Im Übrigen habe sie die zu viel erhaltenen Beträge inzwischen verbraucht.

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.148,56 € netto nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.10.2016 zu zahlen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat die Ansicht vertreten, die Klägerin hätte erkennen müssen, dass sie überzahlt worden sei. Sie hätte in der fraglichen Zeit die übersandten Bezügemitteilungen beachten müssen, die die jeweils unrichtige Entgeltgruppe 11 auswiesen. Überzahlung hätte die Klägerin auch anhand Ihrer Kontoauszüge feststellen müssen, da sie unveränderte Bezüge erhalten habe.

Mit Urteil vom 19.01.2017 hat das Arbeitsgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass die Klägerin ungerechtfertigt bereichert sei. Allerdings habe das beklagte Land die tarifvertragliche Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit nicht eingehalten. Das Berufen der Klägerin auf diesen Umstand sei als treuwidrig anzusehen. Erhalte ein Arbeitnehmer eine erhebliche Mehrzahlung, die er sich nicht erklären könne, habe er dies dem Arbeitgeber mitzuteilen und ihm Gelegenheit zur Prüfung und eventuellen Berichtigung zu geben. Vorliegend sei festzustellen, dass die Klägerin eine irrtümliche Überzahlung erkannt hat bzw. dass anzunehmen ist, dass die Klägerin dies erkannt haben müsse. Die Klägerin konnte den Abrechnungen jeweils entnehmen, dass Sie Vergütung nach der Entgeltgruppe 11 TV-L. erhalten hatte. Es sei ein normaler Vorgang, dass bei Änderungen der Entgeltgruppe, die vereinbart sei, der Arbeitnehmer selbstverständlich einen Vergleich oder eine Kontrolle der neuen Entgeltbescheinigung vornehme. Es erscheine völlig unglaubwürdig, dass die Klägerin dies nicht getan haben solle. Die Klägerin könne sich auch nicht erfolgreich auf den Einwand der Entreicherung berufen. Es sei anzunehmen, dass die Klägerin bei Entgegennahme der Überzahlungen bösgläubig gewesen sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie verwahre sich gegen die Auffassung des Arbeitsgerichts, ihr Verhalten gegenüber dem beklagten Land sei treuwidrig. Bei Durchsicht Ihrer Kontoauszüge hätte sich kein Grund ergeben, an der Richtigkeit der Abrechnungen zu zweifeln. Auch fehle es an einer erheblichen Überzahlung im Sinne der Rechtsprechung, da der überzahlte Betrag zwischen 3,3 % und 3,5 % gelegen hätte.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil der 2. Kammer des Arbeitsgerichts Potsdam vom 19. Januar 2017, 2 Ca 1268/16 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.148,56 € netto nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.10.2016 zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Land ist der Ansicht, die Klägerin habe sich sehr wohl mit Ihrer Vergütung und ihrer Höhe auseinandergesetzt. Dies ergebe sich schon daraus, dass sie im Jahr 2011 einen Antrag auf Überprüfung Ihrer Stufenzuordnung gestellt hat. Auch habe die Klägerin wegen eines beantragten Kredits Verdienstbescheinigungen für die Monate Januar und Februar 2014 angefordert und erhalten. Das Land hat ferner behauptet, am 18.12.2015 habe das Landesamt für U., G. und V. festgestellt, dass ein Teil der Mitteilung vom 25.07.2012 bzgl. der abgesenkten Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 10 ab dem 01.08.2012 nicht verarbeitet worden war (Bl. 201 d. A.). Danach sei durch die Zentrale Bezügestelle, den Zeugen S., am 28.12.2015 verfügt worden, das Entgelt der Klägerin für den Monat Dezember nicht in Höhe der Eingruppierung in die Tarifgruppe 10 zur Auszahlung zu bringen. Auf Nachfrage habe die Beschäftigungsdienststelle am 01.02.2016 der Zentralen Bezügestelle die Stufenzuordnung der Klägerin ab dem 01.08.2012 mitgeteilt. Dies sei notwendig gewesen, um den konkreten Überzahlungsbetrag berechnen zu können, der dann mit Schreiben vom 05.02.2016 gegenüber der Klägerin geltend gemacht wurde. Man habe die Rückzahlung auch rechtzeitig geltend gemacht. Die Zentrale Bezügestelle müsse sich eine etwaige Kenntnis der Überzahlung des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz nicht zurechnen lassen.

Aus den Gründen

I.

Die gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist von ihr fristgemäß und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1 und 2 ArbGG). Sie ist daher zulässig.

II.

Die Berufung ist begründet. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht Potsdam die Klage abgewiesen. Das beklagte Land war nicht berechtigt, trotz der ursprünglich erfolgten Überzahlung nunmehr vom Entgelt der Klägerin 2.148,56 € netto abzuziehen. Teilweise hat das beklagte Land versäumt, die Ausschlussfrist einzuhalten (1.). Im Übrigen scheitert der Gehaltsabzug daran, dass die Klägerin entreichert war (2.). Daher war das erstinstanzliche Urteil abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 2.148,56 € netto nebst Zinsen zu zahlen.

1. Zu dem Gehaltsabzug i. H. v. 1.265,80 € (Überzahlung für die Zeiträume Januar bis Juli 2015) war das beklagte Land nicht berechtigt, da es die sechsmonatige Ausschlussfrist nach § 37 Abs. 1 S. 1 TV-L nicht eingehalten hat.

1.1. Nach § 24 Abs. 1 S. 2 TV-L erfolgt die Vergütung am letzten Tag des Monats. Somit hätte der Überzahlungsbetrag aus Juli 2015 spätestens am 31.01.2016 gegenüber der Klägerin schriftlich geltend gemacht werden müssen. Das Schreiben vom 05.02.2016 war daher verspätet. Die Versäumung der Ausschlussfrist ist zwischen den Parteien in rechtlicher Hinsicht auch nicht streitig.

1.2. Im Gegensatz zur Auffassung des beklagten Landes und des Arbeitsgerichts Potsdam verstößt die Anwendung der Ausschlussfrist auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Nach Ansicht des BAG kann ein Arbeitgeber nach Ablauf einer tariflichen Ausschlussfrist erfolgreich den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erheben, wenn der Arbeitnehmer ihn durch aktives Handeln von der Einhaltung der Ausschlussfrist abgehalten oder er es pflichtwidrig unterlassen hat, im Umstände mitzuteilen, die ihn zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten. Dies sei regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer erkennt, dass seinem Arbeitgeber bei der Berechnung der Vergütung ein Fehler unterlaufen ist, der zu einer erheblichen Überzahlung geführt hat und er diesen nicht anzeigt (BAG 10.03.2005 – 6 AZR 217/04 – juris Rn. 17). Doch auch wenn der Arbeitnehmer in pflichtwidriger Weise den Arbeitgeber von der Überzahlung nicht in Kenntnis gesetzt hat, fällt der Einwand des Rechtsmissbrauchs dann weg, wenn der Arbeitgeber anderweitig vom Überzahlungstatbestand Kenntnis erhalten hat und er nicht innerhalb einer kurzen, nach den Umständen des Falles sowie Treu und Glauben zu bestimmenden Frist seinen Rückzahlungsanspruch geltend gemacht hat (BAG a.a.O. Rn. 21).

Selbst wenn vorliegend zu Gunsten des beklagten Landes an dieser Stelle unterstellt wird, dass die Klägerin Kenntnis von der Überzahlung ab August 2012 hatte, stellt die Anwendung der tariflichen Ausschlussfrist sich nicht als treuwidrig dar. Das beklagte Land hat es versäumt, ab der Kenntnis der eigenen Beschäftigten von der Überzahlung innerhalb einer kurzen Frist gegenüber der Klägerin die Rückzahlung geltend zu machen. Nach eigener Darstellung hatte die Beschäftigungsdienststelle am 18.12.2015 Kenntnis davon, dass die erforderliche Herabgruppierung der Klägerin ab dem 01.08.2012 nicht umgesetzt worden war. Das Bundesarbeitsgericht hat in der obigen Entscheidung ausgeführt, dass ab Erlangung der Kenntnis keine erneute Ausschlussfrist zu laufen beginnt. Im konkreten Fall war eine Frist von etwas über 2 Monaten als deutlich zu lang eingestuft worden. Nach hiesiger Auffassung wäre allenfalls eine Frist von zwei, in Ausnahmefällen auch drei, Wochen einzuräumen, um eine Rückforderung gegenüber der Klägerin zumindest dem Grunde nach geltend zu machen. Nachfragen zwischen verschiedenen Behörden oder Sachbearbeitern können dank modernerer Kommunikationstechnik regelmäßig in zwei Wochen geklärt werden, zumal hier nur noch die jeweilige Stufenzuordnung zu ermitteln war. Unter Berücksichtigung der Weihnachtstage könnten vielleicht auch drei Wochen gerechtfertigt sein. Das Schreiben vom 05.02.2016 war somit verspätet.

Im Gegensatz zur Auffassung des beklagten Landes muss sich das Land als Körperschaft sowohl das Wissen der Angestellten in der Beschäftigungsdienststelle als auch in der Zentralen Bezügestelle zurechnen lassen. Dem steht nicht entgegen, dass es sich um zwei Behörden handelt.

Die Zurechnung von Wissen innerhalb einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder auch einer juristischen Person des Privatrechts erfolgt nach dem Grundsatz, dass jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation sicherzustellen hat, dass die ihr ordnungsgemäß zustehenden, rechtserheblichen Information von ihren Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werden können (BSG 17.04.2008 – B 13 R 123/07 R – juris Rn. 18f). Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass die Aufspaltung von Zuständigkeiten nicht dazu führen darf, dass ein Vertragspartner einer juristischen Person schlechter gestellt wird als der Vertragspartner einer natürlichen Person (BGH 13.10.2000 – V ZR 149/99 – juris Rn. 14). Auch wenn zwischen verschiedenen Behörden grundsätzlich nicht eine Zurechnung von Kenntnissen erfolgt, so gilt dies dann nicht, wenn eine Behörde eine andere mit der Erledigung ihrer Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut. Eine Zurechnung kann auch aus Gründen des Verkehrsschutzes geboten sein, so z.B. wenn der Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens berechtigterweise darauf vertrauen darf, dass das von einem Bediensteten erlangte Wissen in einer Verwaltungseinheit übergreifend verfügbar ist. Die Risiken einer Wissensaufteilung hat derjenige zu tragen, der sie veranlasst hat und durch zweckmäßige Organisation beherrschen kann (BVerwG 12.03.2015 – 3 C 6/14 – juris Rn. 16f).

Bei Anwendung dieser Grundsätze muss sich das beklagte Bundesland die Kenntnisse der verantwortlichen Beschäftigten in der Beschäftigungsbehörde und der Zentralen Bezügestelle hinsichtlich einer fehlerhaften Eingruppierung zurechnen lassen. Wenn eine Beschäftigungsbehörde nicht selbst die zutreffende Berechnung der Vergütung ihrer Angestellten in eigener Verantwortung übernimmt, sondern dies auf eine zentrale Bezügestelle ausgliedert ist, dann muss in solchen Fällen das Wissen der Beschäftigten in beiden Behörden untereinander zugerechnet werden. Ansonsten stünden Beschäftigte einer Behörde schlechter da als wenn sie eine natürliche Person als Vertragspartner hätten, die all dieses Wissen in ihrer Person vereinigt.

Vorliegend kommt hinzu, dass nach der Rechtsprechung des BAG der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nur dann auf dessen Irrtum hinsichtlich der Vergütung aufmerksam machen muss, wenn er eine „erhebliche Mehrzahlung“ erhält (BAG 10.03.2005 – 6 AZR 217/04 – juris Rn. 17). Auch diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Die Überzahlungen lagen deutlich unter 10 % des Betrages, den die Klägerin bei richtiger Berechnung der Vergütung brutto oder auch netto hätte erhalten müssen. Dies stellt keine erhebliche Mehrzahlung dar.

2. Zu dem weiteren Gehaltsabzug i. H. v. 882,76 € netto (überzahlte Vergütung für den Zeitraum August bis November 2015) war die Beklagte ebenfalls nicht berechtigt, obwohl sie insofern mit dem Schreiben vom 05.02.2016 die Ausschlussfrist eingehalten hat. Die Klägerin kann sich vielmehr mit Erfolg auf den Einwand der Entreicherung berufen.

2.1. Nach § 818 Abs. 3 BGB ist die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

Grundsätzlich ist derjenige darlegungs- und beweisbelastet, der sich auf Entreicherung beruft, hier also die Klägerin. In ständiger Rechtsprechung geht das BAG aber davon aus, dass von einer weitergehenden Substanziierung abzusehen ist, wenn die überzahlten Beträge jeweils die Grenze von 10 % des zustehenden Nettoentgelts unterschreiten (BAG 23.5.2001 – 5 AZR 394/99 – zu II 2b der Gründe).

In dem hier streitigen Zeitraum betrugen die überzahlten Nettobeträge ca. 5 % des Entgelts, das der Klägerin nach der Entgeltgruppe E 10 zugestanden hätte. Insofern ist ohne weitere Darlegungen von einer Entreicherung auszugehen.

2.2. Im Gegensatz zur Auffassung des beklagten Landes und des Arbeitsgerichts Potsdam scheitert der Entreicherungseinwand auch nicht daran, dass die Klägerin bei Empfang der zu hohen Vergütung den Mangel des rechtlichen Grundes für diese Zahlung erkannt hat (§ 819 Abs. 1 BGB).

Im Sinne dieser Norm ist positive Kenntnis der jeweiligen Tatsachen erforderlich. Fahrlässige Unkenntnis oder Kennenmüssen reichen nicht aus (Palandt § 819 BGB Rn. 2 mwN), was das Arbeitsgericht Potsdam übersehen hat.

Die Klägerin hat zu keinem Zeitpunkt zugestanden, dass ihr ab August 2012 eine Überzahlung bewusst war. Das beklagte Land hat auch nicht vorgetragen, dass die Klägerin ihr gegenüber oder gegenüber Dritten eine solche Äußerung getan hätte.

Auch aus den vorliegenden Hilfstatsachen lässt sich auf eine positive Kenntnis der Klägerin nicht schließen.

Zwar haben die Vergütungsabrechnungen durchgehend eine zu hohe Entgeltgruppe ausgewiesen, doch ist ein Arbeitnehmer schon nach der Rechtsprechung des BAG nicht verpflichtet, Vergütungsabrechnungen zu überprüfen (BAG 10.03.2005 – 6 AZR 217/04 – juris Rn. 17). Im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts gibt es auch keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach jeder Arbeitnehmer bei einer Veränderung seiner Entgeltgruppe eine Kontrolle der neuen Entgeltbescheinigung auf Richtigkeit vornimmt. Dies mag in vielen Fällen so sein, doch ist ein Rückschluss auf das Verhalten aller Arbeitnehmer nicht zulässig.

Auch aus der Höhe der Überweisungsbeträge kann nicht geschlussfolgert werden, dass die Klägerin von einer Überzahlung wusste. Im August 2012 die Klägerin einen niedrigeren Zahlbetrag erhalten als noch im letzten Monat, in dem ihr eine Vergütung nach der Entgeltgruppe E 11 zustand (Juli 2012). Sowie ein Arbeitnehmer auch nach der Rechtsprechung des BAG nicht verpflichtet ist, seine Vergütungsabrechnungen auf Richtigkeit überprüfen, ist er auch nicht verpflichtet, die monatlichen Überweisungsbeträge in ähnlicher Weise zu überprüfen. Eine Ausnahme wird mit der Rechtsprechung des BAG nur dann angenommen, wenn Beträge in einer Höhe auf dem Konto des Arbeitnehmers eingehen, die dieser sich nicht mehr erklären kann. Vorliegend betrugen die Überzahlungen nach der Berechnung der Klägerin monatlich gerade einmal 56 € netto in der Zeit von August bis Dezember 2012. Der überwiesene Betrag mit 1621,92 € ist auch nicht derart hoch, dass die Klägerin allein deswegen hätte stutzig werden müssen.

Soweit das beklagte Land darauf verweist, dass die Klägerin im Jahre 2011 einen Antrag auf Überprüfung Ihrer Stufenzuordnung gestellt hat, hat die Klägerin insofern dargelegt, dass sie dies auf Anraten des Personalrats gemacht hätte, weil bei Neueinstellungen öfter die Stufenzuordnung fehlerhaft sein soll. Anscheinend war die Stufenzuordnung zutreffend. Insofern hatte die Klägerin dann keinerlei Anlass für die Vermutung, dass das beklagte Land künftig ihre Vergütung nicht zutreffend berechnen werde. Auch die wunschgemäß ausgestellten weiteren Verdienstbescheinigungen für die Monate Januar und Februar 2014 aus Anlass einer Kreditgewährung begründen kein sicheres Indiz für die Annahme, nunmehr sei der Klägerin die falsche Eingruppierung aufgefallen. Im Übrigen wird sich der ausgewiesene Betrag auch mit dem überwiesenen Betrag gedeckt haben, so dass auch insofern kein Anlass für die Klägerin zur weiteren Überprüfungen bestanden hat.

3. Die Zinsentscheidung ergibt sich aus den Grundsätzen des Verzuges.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Insofern hat das beklagte Land die Kosten zu tragen, da es unterlegen ist.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72 Abs. 2 ArbGG) liegen nicht vor. Insofern ist gegen diese Entscheidung ein Rechtsmittel nicht gegeben.

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