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Arbeitsrecht
03.11.2017
Arbeitsrecht
LAG Hamm: Unterlassungsanspruch des Betriebsrates in den Fällen „vorbetriebsratlicher“ individualrechtlicher Regelungen

LAG Hamm, Beschluss vom 9.5.2017 – 7 TaBV 125/16

ECLI:DE:LAGHAM:2017:0509.7TABV125.16.00

Volltext:BB-ONLINE BBL2017-2676-1

Leitsatz

Der Unterlassungsanspruch des Betriebsrates wegen Verletzung von Mitbestimmungsrechten aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG ist in den Fällen „vorbetriebsratlicher“ individualrechtlicher Regelungen nur dann nicht gegeben (Anschluss an BAG, Urteil vom 25.11.1981, 4 AZR 274/79), wenn diese wirksam mit den Arbeitnehmern vereinbart sind. Andernfalls kann der Betriebsrat nicht auf eine Verhandlungslösung verwiesen werden.

§ 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG

Sachverhalt

A.

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des antragstellenden Betriebsrates auf Unterlassung der Anordnung von Mehrarbeit sowie auf Anwendung einer arbeitgeberseits erteilten Anweisung zur Wochendienstplangestaltung.

Die Arbeitgeberin erbringt im Konzern K K Group Dienstleistungen im Bereich der Paketzustellung. Sie beschäftigt über 100 Mitarbeiter. Die Aufnahme des Betriebes erfolgte unter dem 01.04.2015 mit vier Depots in M, V (zwei Depots) und F. Die Betriebsführung erfolgt von F aus. Für diese vier Depots konstituierte sich am 19.02.2016 ein Betriebsrat, der aus sieben Mitgliedern besteht. Mit allen Beschäftigten schließt die Arbeitgeberin schriftliche Arbeitsverträge ab, die unter anderem folgende Regelungen beinhalten:

„3. Arbeitszeit

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit verteilt sich bei Arbeitstagen von Montag bis Samstag grundsätzlich und im Durchschnitt von 12 Monaten auf 5 Tage in der Woche. Der Arbeitnehmer ist zurLeistung von Mehrarbeit, […] im gesetzlichen Rahmen verpflichtet.

Soweit tarifvertraglich zulässig, vereinbaren die Parteien die Anwendung flexibler Arbeitszeitregelungen.

7. Anzuwendende Tarifverträge

Auf das Arbeitsverhältnis sind zwecks Gleichstellung der Beschäftigten und für die Dauer der normativen Tarifbindung der Arbeitgeberin die für den Betrieb jeweils einschlägigen Tarifverträge anzuwenden. Dies sind zurzeit der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft Nordrhein-Westfalen (MTV) und der Lohntarifvertrag […]

9. Betriebs- und Arbeitsordnungen

Der Arbeitnehmer erkennt hiermit die für den Betrieb der Arbeitgeberin jeweils geltenden Betriebs- und Arbeitsordnungen an. […]“

Wegen des weiteren Inhalts der abgeschlossenen Arbeitsverträge wird auf das beispielhaft von der Arbeitgeberin zur Gerichtsakte gereichte Exemplar Bl. 76 – 79 d.A. Bezug genommen. Der im Arbeitsvertrag in Bezug genommene Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Speditions-, Logistik- und Transportwirtschaft Nordrhein-Westfalen vom 20.08.2013 (im Folgenden: MTV) lautet, soweit für das Beschlussverfahren von Interesse, wie folgt:

㤠2 Arbeitszeit

1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit – ausgenommen Kraftfahrer – beträgt 39 Stunden. Sie kann bis zu 52 Stunden betragen, wenn innerhalb eines Ausgleichszeitraums von regelmäßig 12 Monaten 39 Stunden Arbeitszeit nicht überschritten werden oder die Mehrarbeit nach § 3 Ziffer 1 b) vergütet wird und Vorsorge getroffen wird, dass gesundheitliche Überbelastungen der Arbeitnehmer vermieden werden.

4. In Betrieben mit Betriebsrat können durch freiwillige Betriebsvereinbarungen, in Betrieben ohne Betriebsrat durch Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Arbeitszeitkonten eingeführt werden.

§ 3 Zuschläge

1. Mehrarbeit

a) Mehrarbeit kann zunächst innerhalb des vereinbarten Ausgleichszeitraums durch Freizeitgewährung abgegolten werden.

b) Sofern eine Abgeltung durch Freizeit nicht erfolgt, wird jede über 39 Stunden - […] - hinausgehende wöchentliche Arbeitsstunde mit dem tariflichen Stundenlohnsatz zuzüglich eines Mehrarbeitszuschlages von 25 % vergütet. Das gleiche gilt bei Überschreitung von 198 Monatsarbeitsstunden (§ 2 Nr. 4).“

Soweit der Arbeitsvertrag in dessen Ziffer 9 die „jeweils geltenden Betriebs- und Arbeitsordnungen“ für anwendbar im Arbeitsverhältnis erklärt, handelt es sich um die „allgemeine Betriebsordnung“, die unter anderem allgemeine Pflichten, die Pflicht zum Tragen von Unternehmenskleidung, Schweigepflicht, Annahme von Belohnung und Geschenken, ärztliche Untersuchungen und Pflichten bei persönlicher Arbeitsverhinderung beinhaltet. Darüber hinaus handelt es sich um die „Vergütungsordnung für die E GmbH“, die die Regelung über- und außertariflicher Entgeltbestandteile, wie z.B. einer Erfolgsprämie, einer Prämie Produktivität, einer Stücklohnvereinbarung und dergleichen beinhaltet. Wegen der allgemeinen Betriebsordnung und der Vergütungsordnung wird auf die Kopien Bl. 275 bis 278 und 280 bis 281 R d.A. Bezug genommen. Schließlich existiert als weitere Betriebsordnung die „Arbeitszeit-Betriebsordnung“ (Bl. 279, 279 R d.A.), die unter anderem folgendes regelt:

„1. Regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit

Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Ruhepausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage werden in Dienstplänen ausgewiesen. Die Stundenverteilung auf die einzelnen Wochentage kann unterschiedlich erfolgen. Dienstpläne bilden innerhalb einer bis zu 12 Monaten dauernden Dienstplanperiode die jeweilige arbeitsvertragliche Wochenarbeitszeit ab.

Die tägliche Arbeitszeit beginnt mit dem in dem jeweils gültigen Dienstplan uhrzeitmäßig ausgewiesenen Arbeitsbeginn. Sie endet mit dem tatsächlichen Ende der Arbeit. Das in dem Dienstplan uhrzeitmäßig dargestellte Arbeitsende gilt nur als Durchschnittswert, da wegen des stark schwankenden Sendungsaufkommens und der Unwägbarkeiten des Außendienstes ein tägliches Arbeitsende nicht verlässlich bestimmt werden kann. Die tägliche Arbeitszeit beträgt bis zu 10 Stunden. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt bis zu 52 Stunden. Ruhepausen werden in den Dienstplänen innerhalb eines Zeitrahmens ausgewiesen und sind vom Arbeitnehmer in eigener Zuständigkeit zu nehmen. …

2. Arbeitszeitkonto

Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit wird auf einem Arbeitszeitkonto so erfasst, dass Unter – bzw. Überschreitungen der täglichen dienstplanmäßigen Arbeitszeit als Minder- oder Mehrleistungen minutengenau erfasst und fortlaufend saldiert werden. …

…“

Alle drei Betriebsordnungen wendet die Arbeitgeberin in den jeweiligen Arbeitsverhältnissen seit Beginn ihrer unternehmerischen Tätigkeit im Jahre 2015 an. Sie hat hierzu im Einzelnen unter Beweisantritt vorgetragen, dass und wie die Inhalte der Arbeits- und Betriebsordnungen bei Abschluss des Arbeitsvertrages dem Arbeitnehmer zur Kenntnis gebracht werden. Einzelheiten hierzu sind zwischen den Beteiligten im Streit.

In einem Beschluss Nr. 14 aus 2016 teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin mit, er halte die Arbeitszeit-Betriebsordnung für nicht verbindlich; diese sei unwirksam und könne auch keine Nachwirkung entfalten. Unter dem 11.03.2016 fasste der Betriebsrat den weiteren Beschluss, wonach er – befristet bis zum 04.04.2016 – Mehrarbeit bis zu drei Stunden pro Woche und Zusteller auf freiwilliger Basis bei 25 % Lohnzuschlag pro Stunde als möglich erachtet (Kopie Bl. 32 d.A.). Noch am gleichen Tage erteilte die Arbeitgeberin an ihre Depotleiter eine „Anweisung zur Wochendienstplangestaltung“, die unter anderem folgendes beinhaltet:

„Sehr geehrte Depotleiter/in,

ab sofort gilt bis auf Widerruf für die Gestaltung eines Wochendienstplanes folgende Regelung:

1. Ein Wochendienstplan ist immer bis spätestens Freitagmittag der Vorwoche öffentlich auszuhängen.

2. In dem Wochendienstplan sind alle Arbeitnehmer aufzunehmen, die in der kommenden Woche im Einsatz sind.

3. Allen Arbeitnehmern ist ein Dienstplan zuzuordnen. Aufgrund dieser Zuordnung kann der Zusteller erkennen, an welchem Tag er in der kommenden Woche „frei“ hat.

…“

Auf die Kopie Bl. 37 d.A. wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 16.03.2016 (Kopie Bl. 33 und 34 d.A.) teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, es stehe ihm frei, im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 und Abs. 2 BetrVG gemeinsam mit der Geschäftsführung neue Arbeitszeitregelungen zu gestalten und dass bis dahin die gegenwärtigen Regelungen unverändert fortgelten würden.

Mit weiterem Schreiben der vormaligen Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates vom 08.04.2016 forderte er die Unterlassung der Verwendung der Anweisung zur Wochendienstplangestaltung.

Mit Antrag vom 29.04.2016, beim Arbeitsgericht Rheine vorab per Telefax am selben Tage eingegangen, hat der Betriebsrat die Unterlassung der Anordnung von Mehrarbeit und der Anwendung der Anweisung zur Wochendienstplangestaltung verlangt.

Der Betriebsrat hat vorgetragen:

Die Verwendung der Arbeitszeit-Betriebsordnung wie auch die Anweisung zur Wochendienstplangestaltung verstoße gegen Mitbestimmungsrechte. Eine wirksame Vereinbarung der Arbeitszeit-Betriebsordnung mit den Arbeitnehmern liege nicht vor. Es handele sich lediglich um eine einseitige Anordnung. Die Arbeitszeit-Betriebsordnung verstoße außerdem gegen tarifliche Regelungen. Die Gestaltung der Wochendienstpläne durch Anweisung vom 11.03.2016 sei mitbestimmungswidrig eingeführt worden.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, Mehrarbeit anzuordnen oder zu dulden, soweit es sich nicht um Notfälle handelt, ohne dass der Betriebsrat dieser zugestimmt hat oder die ausgebliebene Zustimmung durch einen Spruch der hierzu angerufenen Einigungsstelle ersetzt worden ist.

2. Der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, die „Anweisung zur Wochendienstplangestaltung“ im Betrieb zu verwenden, ohne dass der Betriebsrat dieser zugestimmt hat oder die ausgebliebene Zustimmung durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist.

3. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 oder Nr. 2 wird der Arbeitgeberin – bezogen auf jeden Einzelfall – ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ersatzweise Ordnungshaft, angedroht.

Darüber hinaus hatte der Betriebsrat einen Feststellungsantrag angekündigt, der nach entsprechenden Hinweisen des Gerichts im Kammertermin zur Anhörung der Beteiligten vor dem Arbeitsgericht nicht weiter verfolgt worden ist.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge abzuweisen.

Sie hat unter Bezug auf ihren Sachvortrag zum Abschluss des Arbeitsvertrages und der Einbeziehung der jeweiligen Arbeits- und Betriebsordnungen die Auffassung vertreten, die individualrechtliche wirksame Arbeitszeitregelung aus der Arbeitszeit-Betriebsordnung stehe der Annahme eines Unterlassungsanspruchs entgegen, da sie aus vorbetriebsratlicher Zeit stamme und der Betriebsrat insoweit auf die Verhandlungsoption und gegebenenfalls die Einigungsstelle zu verweisen sei. Streitlos ist insoweit mittlerweile eine Einigungsstelle auch tätig.

Darüber hinaus habe sie keine Mehrarbeit angeordnet, da ein Arbeitszeitkonto geführt werde. Die Anweisung zur Wochendienstplangestaltung vom 11.03.2013 sei ebenfalls nicht mitbestimmungswidrig, da hier über die bisher praktizierten betrieblichen Regelungen keine Änderung erfolge. Die Anweisung diene lediglich der Klarstellung und Visualisierung des seit April 2015 geltenden Dienstplanes.

Durch Beschluss vom 02.11.2016, dem Vertreter der Arbeitgeberin am 08.11.2016 zugestellt, hat das Arbeitsgericht den Anträgen des Betriebsrates stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Arbeitszeit-Betriebsordnung sei keine wirksame individualrechtliche Regelung aus vorbetriebsratlicher Zeit, da die Möglichkeit, die regelmäßige Arbeitszeit auf 52 Wochenstunden auszudehnen, sowohl gegen die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes wie auch gegen die Arbeitszeitregelungen des anwendbaren Tarifvertrages verstoßen würde. Die Anweisung zur Wochendienstplangestaltung vom 11.03.2016 sei mitbestimmungswidrig erfolgt, da letztendlich auch das Verfahren zur Dienstplanerstellung dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates unterfalle. Diese Anweisung sei streitlos nach Konstitution des Betriebsrates erfolgt, sodass die Arbeitgeberin in jedem Falle die Mitbestimmungsrechte zu beachten gehabt hätte. Wegen der Einzelheiten der angegriffenen Entscheidung wird auf Bl. 172 bis 176 d.A. Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Arbeitgeberin mit der vorliegenden, beim Landesarbeitsgericht am 17.11.2016 eingegangenen und nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 09.02.2017 mit Schriftsatz vom 09.02.2017, vorab beim Landesarbeitsgericht per Telefax am selben Tage eingegangen, begründeten Beschwerde.

Die Arbeitgeberin trägt vor:

Die Arbeitszeit-Betriebsordnung sei - wie unter Darlegung umfassender Tatsachen bereits erstinstanzlich vorgetragen - Gegenstand der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mit allen Arbeitnehmern geworden. Sie sei auch rechtswirksam, insbesondere verstoße sie weder gegen das Arbeitszeitgesetz, noch gegen tarifliche Regelungen zur Arbeitszeit. Soweit die Arbeitszeit-Betriebsordnung nämlich die Möglichkeit der Flexibilisierung der Arbeitszeit auf bis zu 52 Wochenstunden beinhalte, bedeute dies entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts keinesfalls, dass damit die regelmäßige Arbeitszeit gemeint sei. Vielmehr habe die Arbeitgeberin damit die tarifliche Regelung aufgegriffen, die eine Verlängerung der Arbeitszeit auf bis zu 52 Wochenstunden vorsehe, sofern im Zeitraum von 12 Monaten die Arbeitszeit von 39 Wochenstunden nicht überschritten werde. Aus Sicht der Arbeitgeberin müsse selbstverständlich die Arbeitszeit-Betriebsordnung im Lichte der tariflichen Regelung gesehen werden, die sie zugleich begrenze. Daher liege auch ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz nicht vor.

Jeder der bei der Arbeitgeberin Anwendung findende Dienstplan, der zurzeit über einen Zeitraum von derzeit acht Wochen erstellt werde, sehe eine Durchschnittswochenarbeitszeit von 39 Stunden wie auch das Arbeitszeitkonto vor. Damit sei in jedem Falle gewährleistet, dass ein Arbeitnehmer jedenfalls innerhalb von 12 Monaten durchschnittlich maximal 39 Stunden pro Woche arbeite. Die Arbeitszeit-Betriebsordnung sei auch durch die arbeitsvertragliche Regelung in Ziffer 9 des jeweiligen Arbeitsvertrages wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogen worden. Soweit Bedenken bestünden, dass im Arbeitsvertrag auf die „jeweils“ geltende Betriebsordnung Bezug genommen ist, könne der Begriff „jeweils“ aus der Klausel herausgestrichen werden, ohne dass die Klausel ihre Bedeutung verlieren würde. Dies entspreche dem sogenannten „blue-pencil“-Test aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach bei teilbaren Klauseln durch Herausstreichen unwirksamer Bestandteile festzustellen ist, ob sie im Übrigen fortgelten. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass Ziffer 3 des Arbeitsvertrages eine generelle Regelung über die Einführung flexibler Arbeitszeiten beinhalte.

Damit verbleibe es dabei, dass allein durch die Wahl und Konstituierung des Betriebsrates die aus vorbetriebsratlicher Zeit geltenden individualrechtlichen Regelungen nicht per se unwirksam würden, sondern der Betriebsrat auf die Verhandlungs- und gegebenenfalls Einigungsstellenoption hinsichtlich der Neugestaltung derArbeitszeit zu verweisen sei.

Die Anweisung vom 11.03.2016 sei nicht mitbestimmungspflichtig, da sie lediglich organisatorische Vorgaben beinhalte, die den Zeitpunkt des Aushangs und die optische Gestaltung der Dienstpläne betreffen würden. Inhaltliche Maßnahmen zur Regelung des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit seien nicht betroffen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Rheine vom 02.11.2016 abzuändern und die Anträge des Betriebsrates abzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt die angegriffene Entscheidung als zutreffend und meint darüber hinaus, die arbeitsvertragliche Klausel zur Inbezugnahme der Arbeitszeit-Betriebsordnung sei keinesfalls teilbar. Schon der Wortlaut der Klausel mache deutlich, dass es dem Arbeitgeber auf die „Jeweiligkeit“ ankomme. Ein anderes Verständnis sei auch nicht möglich, da bei einer statischen Inbezugnahme aller Betriebsordnungen das Direktionsrecht des Arbeitgebers aufgrund der dort enthaltenen Regelungen stark eingeschränkt würde, was sicherlich nicht von der Arbeitgeberin gewollt sei. Zudem sei zu bedenken, dass die Einbeziehungsklausel im Arbeitsvertrag alle drei Betriebsordnungen betreffe, die ein umfassendes Regelungswerk für das Arbeitsverhältnis beinhalten würden mit der Folge, dass die Jeweiligkeitsklausel dazu führe, dass sich der Arbeitgeber ein umfassendes, einseitiges Änderungsrecht hinsichtlich wesentlicher Arbeitsbedingungen vorbehalte. Eine in den Arbeitsverhältnissen damit aus Rechtsgründen nicht anwendbare individuelle Regelung könne indessen nicht dazu führen, dass dem Betriebsrat das geltend gemachte Unterlassungsbegehren streitig gemacht werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird ergänzend auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Terminsprotokolle Bezug genommen.

Aus den Gründen

B.

I. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 87 Abs. 1 ArbGG und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden gemäß § 87 Abs. 2 i.V.m. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, § 520 ZPO.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet, da das Arbeitsgericht zutreffend einen Anspruch des Betriebsrates gerichtet auf Unterlassung sowohl der Anordnung von Mehrarbeit als auch der Verwendung der „Anweisung zur Wochendienstplangestaltung“ angenommen hat. Soweit in der angegriffenen Entscheidung „Wochendienstgestaltung“ tenoriert worden ist geht die Beschwerdekammer davon aus, dass es sich hierbei – darüber streiten die Beteiligten auch nicht – um die „Anweisung der Wochendienstplangestaltung“ vom 11.03.2016 handelt.

1. Die Anträge des Betriebsrates sind als Leistungsanträge zulässig, insbesondere ist der Antrag gerichtet auf Unterlassung von Mehrarbeit hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

a) § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wonach die Klage einen bestimmten Antrag enthalten muss, findet auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren Anwendung (vgl. nur BAG vom 27.07.2016, 7 ABR 16/14 Rdnr. 13).

b) Soweit der Betriebsrat in seinem ersten Antrag den Begriff „Mehrarbeit“ verwendet hat, sieht die Beschwerdekammer im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis keine Bedenken, da sich für die Arbeitgeberin auf der Grundlage des anzuwendenden MTV der begehrte Inhalt der Unterlassung zweifelsfrei ergibt. Denn § 2 Ziffer 1 MTV beschreibt die „regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit“ und § 3 Ziffer 1 MTV Mehrarbeit als „jede über 39 Stunden hinausgehende wöchentliche Arbeitsstunde“. Damit steht fest, dass der Betriebsrat sich gegen die mitbestimmungsfreie Anordnung oder Duldung einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 39 Stunden wendet.

c) Die Herausnahme sogenannter „Notfälle“ sowie die Nichterwähnung von Einzelweisungen ohne kollektiven Bezug schadet der Bestimmtheit des Antrages nicht. Zwar darf sich die Prüfung, welche Verhaltensweisen zu unterlassen sind, nicht durch ungenaue Formulierungen im Antrag und den sich ergebenden Titel aus dem Erkenntnis- in das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagern. Allerdings haben die Gerichte auch darauf zu achten, dass effektiver Rechtsschutz nicht vereitelt werden darf. Denn zukunftsgerichtete Verbote lassen sich häufig nur in genereller Weise formulieren. Die Notwendigkeit gewisser Subsumtionsprozesse im Rahmen einer etwa erforderlich werdenden Zwangsvollstreckung steht daher der Verwendung ausfüllungsbedürftiger Begriffe in einem Unterlassungstitel und dem darauf gerichteten Antrag nicht generell entgegen (so ausdrücklich BAG, Urteil vom 20.11.2012, 1 AZR 611/11 Rdnr. 25 und Beschluss vom 15.10.2013, 1 ABR 31/12 Rdnr. 19).

2. Die Anträge des Betriebsrates sind begründet.

a) Der Betriebsrat kann die Unterlassung der Mehrarbeit wie beantragt verlangen.

aa) Dem Betriebsrat steht grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrates bei der Verletzung von Mitbestimmungsrechten aus § 87 Abs. 1 BetrVG zu, ohne dass festgestellt werden müsste, dass die Arbeitgeberin einen groben Verstoß gegen ihre Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG begangen hat (grundsätzlich BAG, Beschluss vom 03.05.1994, 1 ABR 24/93).

bb) Die von der Arbeitgeberin ohne Beachtung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates durchgeführte Planung von mehr als 39 Stunden pro Arbeitswoche („Mehrarbeit“) verletzt den Betriebsrat in seinen Mitbestimmungsrechten aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, wonach der Betriebsrat mitzubestimmen hat beim Beginn und beim Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, wonach das Mitbestimmungsrecht auch bei vorübergehender Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit besteht. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates im Rahmen der genannten betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften ist von der Arbeitgeberin auch zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen worden, wie sich bereits aus ihrer vorgerichtlichen Stellungnahme an den Betriebsrat vom 16.03.2016 ergibt, in der die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht ausdrücklich bestätigt hat (vgl. Bl. 33, 34 d.A.). Die Beschwerdekammer nimmt daher insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung auf Bl. 5 des Beschlusses (Bl. 174 d.A.) Bezug, zumal die Arbeitgeberin auch im Beschwerdeverfahren das grundsätzliche Bestehen des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates nicht in Zweifel gezogen hat.

cc) Der Unterlassungsanspruch des Betriebsrates ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass es in der Zeit von Beginn der unternehmerischen Tätigkeit im Jahre 2015 bis zur Konstituierung des Betriebsrates im Februar 2016 innerbetriebliche Regelungen gab mit der Folge, dass dem Betriebsrat nicht der Unterlassungsanspruch (s.o. II.2. a)aa), sondern lediglich die Verhandlungsoption letztendlich mit der Folge der Anrufung der Einigungsstelle gemäß § 87 Abs. 2 BetrVG i.V.m. § 76 BetrVG zur Verfügung steht.

(1) Zwar ist anerkannt, dass innerbetriebliche Regelungen, die auf Vereinbarungen der Arbeitgeberin mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern beruhen, nicht durch Wahl und Konstituierung eines Betriebsrates quasi unwirksam werden mit der Folge, dass der neu gewählte Betriebsrat solche Regelungen bis zu einer Verhandlungslösung zunächst akzeptieren muss (BAG, Urteil vom 25.11.1981, 4 AZR 274/79, LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.08.2009, 4 TaBV 12/09, LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.06.2008, 8 TaBVGa 10/08, ArbeitsgerichtWiesbaden, Urteil vom 13.09.2006, 7/5 Ca 1813/05).

(2) Allerdings bestehen im Betrieb der Arbeitgeberin keine individualrechtlichen Regelungen aus vorbetriebsratlicher Zeit, die die von der Arbeitgeberin für sich reklamierten Inhalte der Wochenarbeitszeitgestaltung einschließlich der Anordnung von Mehrarbeit im Sinne des MTV beinhalten. Insoweit kommen allein die Bestimmungen der Arbeitszeit-Betriebsordnung in Betracht, die allerdings nicht Inhalt der Arbeitsverträge geworden sind, was nach § 2 Ziffer 4 MTV (neben der Möglichkeit einer freiwilligen Betriebsvereinbarung) die einzige Möglichkeit der Vereinbarung einer flexiblen Arbeitszeit ist und damit die Anordnung von mehr als 39 Wochenarbeitsstunden ermöglichen kann.

Denn die Einbeziehung der Arbeitszeit-Betriebsordnung in die Arbeitsverträge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des Betriebes scheitert an der Jeweiligkeitsklausel in Ziffer 9 der „Muster“-Arbeitsverträge, wonach der Arbeitnehmer die für den Betrieb der Arbeitgeberin „jeweils“ geltenden Betriebs- und Arbeitsordnungen anerkennt.

Zunächst ist festzuhalten, dass zwischen den Beteiligten nicht im Streit ist, dass es sich bei der Bezugnahmeklausel in Ziffer 9 des Arbeitsvertrages auf die jeweils geltenden Arbeits- und Betriebsordnungen um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB handelt. Die Arbeitgeberin selbst hat insoweit vorgetragen, sie gebe die Arbeitsverträge als Musterarbeitsverträge einseitig vor und verfolge ein standardisiertes Verfahren zur Einbeziehung der Arbeits- und Betriebsordnungen.

Mit der Jeweiligkeitsklausel behält die Arbeitgeberin sich das Recht vor, die in den Arbeits- und Betriebsordnungen niedergelegten Arbeitsbedingungen einseitig zu ändern. Dieses Vertragsänderungsrecht weicht von allgemeinen Rechtsvorschriften im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ab, da Verträge grundsätzlich bindend sind. Die Beschwerdekammer geht mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts davon aus, dass ein solches Vertragsänderungsrecht nach den Kriterien eines Widerrufsrechts im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB zu beurteilen ist mit der Folge, dass Vertragsänderungen einseitiger Art nur möglich sind, wenn für die Änderung ein triftiger Grund vorliegt und dieser bereits in der Änderungsklausel beschrieben ist (BAG,Urteil vom 12.01.2005, 5 AZR 364/04). Unter Berücksichtigung der gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten muss zudem eine umfassende Interessenabwägung die Zumutbarkeit des Vertragsänderungsrechts für den Arbeitnehmer ergeben (BAG, Urteil vom 11.02.2009, 10 AZR 222/08 Rdnr. 24 m. zahlreichen N.).

Ausgehend hiervon gilt – unter Beachtung des Grundsatzes, dass es nur darauf ankommt, was die Arbeitgeberin sich als Verwenderin der allgemeinen Geschäftsbedingungen hat versprechen lassen –, dass im Arbeitsvertrag weder die Gründe für eine Vertragsänderung beschrieben sind, noch, dass eine solche für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zumutbar ist. Zu letzterem Prüfungspunkt lässt sich nämlich festhalten, dass die Vertragsklausel in Ziffer 9 des Arbeitsvertrages insgesamt drei Arbeits-/Betriebsordnungen als für das Arbeitsverhältnis verbindlich erklärt, nämlich die allgemeine Betriebsordnung, die Arbeitszeit-Betriebsordnung und die Vergütungsordnung. In der Gesamtschau betreffen diese drei „Ordnungen“ wesentliche Bedingungen des Arbeitsverhältnisses, wie z.B. neben allgemeinen Pflichten die Pflicht zum Tragen von Unternehmenskleidung, die Verpflichtung zur ärztlichen Untersuchung, die Pflichten bei persönlicher Arbeitsverhinderung, ein Rauch-, Alkohol- und Drogenverbot, die Kfz-Nutzung, (insoweit allgemeine Betriebsordnung), sämtliche Arbeitszeitregelungen (insoweit die Arbeitszeit-Betriebsordnung) sowie Vergütungsregelungen außerhalb des tariflichen Bereichs (insoweit die Vergütungsordnung). Allein die Inhalte und die Vielzahl der Regelungen in den jeweiligen Arbeits-/Betriebsordnungen dokumentieren wesentliche Bestandteile des Arbeitsverhältnisses, die nach dem Willen der Arbeitgeberin einem Vertragsänderungsrecht unterzogen sein sollen. Dass und warum ein solches Änderungsrecht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zumutbar sein soll und für die Funktion des Arbeitsverhältnisses für die Arbeitgeberin unabdingbar ist, scheint nicht ersichtlich.

Die Klausel in Ziffer 9 des Arbeitsvertrages lässt sich auch nicht durch Herausstreichen des Wortes „jeweils“ einem wirksam einbezogenen Inhalt zuführen. Zwar weist die Arbeitgeberin zu Recht darauf hin, dass es in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anerkannt ist, dass eine Klausel bei Teilunwirksamkeit zu überprüfen ist, ob sie nach Herausstreichen des unwirksamen Teils einen verbleibenden, vom Willen der Verwenderin getragenen und sinnvollen Inhalt aufweist (sogenannter blue-pencil-Test, vgl. BAG, Urteil vom 21.04.2016, 8 AZR 474/14 Rdnr. 43 m.w.N.). Allerdings ist der sogenannte blue-pencil-Test mit teilweiser Aufrechterhaltung einer Klausel nur dann möglich, wenn sie mehrere Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abgrenzbar ist. Diese Voraussetzungen treffen auf die Ziffer 9 des Arbeitsvertrages erkennbar nicht zu, da sie nur einen einzigen Regelungsgegenstand aufweist, nämlich die Einbeziehung von Arbeits- und Betriebsordnungen in ihrer jeweils geltenden Fassung. Im Übrigen ist zu bedenken, dass eine statische Einbeziehung der zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses geltenden Arbeits- und Betriebsordnung keinen sinnvollen Inhalt darstellen würde, da ansonsten zeitlich gestaffelt die Möglichkeit bestünde, jeweils völlig unterschiedliche Regelungen zum Gegenstand der einzelnen Arbeitsverhältnisse zu machen und sich schließlich die Arbeitgeberin durch eine statische Verweisung in den in den Arbeits- und Betriebsordnungen geregelten Fällen ihres Direktionsrechtes entledigen würde, soweit dort Bestimmungen enthalten sind, die dem Direktionsrecht im Sinne des § 106 GewO unterfallen.

Soweit die Arbeitgeberin ausdrücklich die Ziffer 3 Abs. 2 des Musterarbeitsvertrages herangezogen hat, wonach die „Parteien die Anwendung flexibler Arbeitszeitregelungen“ vereinbaren, „soweit tarifvertraglich zulässig“, ergibt sich hieraus keine andere Bewertung. Denn diese arbeitsvertragliche Regelung stellt nicht die Arbeitszeitregelung als solche dar, da sie keinen Inhalt zu flexiblen Arbeitszeitregelungen selbst aufweist. Die arbeitsvertragliche Regelung in Ziffer 3 kann nur so verstanden werden, dass die Arbeitgeberin die flexiblen Arbeitszeitregelungen zur Anwendung bringen will, die – nach ihrer Auffassung wirksam – an anderer Stelle des Arbeitsvertrages, nämlich hier in Ziffer 9, einbezogen sein sollen.

Nach alledem verbleibt es dabei, dass es Regelungen zu Mehrarbeit im Sinne des Antrages des Betriebsrates vor dessen Konstituierung im Betrieb der Arbeitgeberin jedenfalls nicht in wirksamer Form gab mit der Folge, dass sich die Beschwerdekammer mit dem widerstreitenden Sachvortrag der Beteiligten zu den tatsächlichen Umständen des Abschlusses der schriftlichen Arbeitsverträge nicht befassen musste.

(3) Eine unwirksame oder kraft fehlender Einbeziehung nicht vorliegende Regelung zu Arbeitszeitfragen im Betrieb der Arbeitgeberin kann indessen die Folge, dass der Betriebsrat auf die Verhandlungsoption zu verweisen ist, nicht auslösen. Allen Sachverhalten der bereits zitierten Entscheidungen (s.o. II.2.a)cc)(1)), die sich bislang mit dem Schicksal vorbetriebsratlicher Regelungen befasst haben, liegen individualrechtlich wirksam vereinbarte Regelungen in grundsätzlich mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten zugrunde. Dass ist auch denknotwendige Voraussetzung für den Verweis des Betriebsrates auf die Verhandlungsoption, da es stets um die Frage geht, ob wirksame Regelungen nach Wahl eines Betriebsrates und dessen Konstituierung quasi automatisch unwirksam werden.

b) Der Betriebsrat hat auch einen Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Anweisung zur Wochendienstplangestaltung vom 11.03.2016.

aa) Wegen des allgemeinen Unterlassungsanspruchs des Betriebsrates bei Verletzung von Mitbestimmungsrechten im Rahmen des § 87 Abs. 1 sowie der Betroffenheit der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates wird auf die Ausführungen oben unter II.2.aa) und bb) verwiesen.

bb) Ergänzend ist allerdings auszuführen, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG nicht nur den konkreten Dienstplan betrifft, sondern auch Verfahrensfragen zur Dienstplangestaltung, wie die Bestimmung des einzelnen Arbeitnehmers etc. (vgl. nur Fitting u.a., BetrVG 28. Aufl., § 87 Rdnr. 122). Solche Verfahrensfragen sind auch nach Ansicht der Beschwerdekammer Inhalt der Anweisung, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen in der angegriffenen Entscheidung auf Seite 7 und 8 des Beschlusses (Bl. 175, 175 R d.A.) Bezug genommen wird.

c) Die Androhung des Ordnungsgeldes durch das Arbeitsgericht ist weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden. Sein Ermessen hat das Arbeitsgericht im vorgegebenen Rahmen des § 23 Abs. 3 S. 5 BetrVG ausgeübt.

Nach alledem konnte die Beschwerde der Arbeitgeberin keinen Erfolg haben.

III. Die Rechtsbeschwerde war wegen der grundsätzlichen Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen gemäß § 92 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

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