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Arbeitsrecht
02.05.2014
Arbeitsrecht
LAG Berlin-Brandenburg: Faktisches Arbeitsverhältnis bei Widerspruch gegen Betriebsübergang

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.11.2013 - 21 Sa 866/13, 21 Sa 960/13


Amtliche Leitsätze


1. Widerspricht ein Arbeitnehmer zeitlich nach einem Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber, finden auf die Rechtsbeziehung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber die Grundsätze des faktischen Arbeitsverhältnisses Anwendung.


2. Nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses bestehen gegen den Betriebserwerber keine Ansprüche auf Leistungen, die allein an den Bestand des Arbeitsverhältnisses und nicht an die Erbringung der Arbeitsleistung anknüpfen, da der Arbeitnehmer weiterhin in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsveräußerer steht und insofern nicht schutzbedürftig ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zum Zeitpunkt des Widerspruchs die Leistungen noch nicht erbracht waren und deshalb auch keine Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen können.


3. Eine vertragliche Ausschlussfrist, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem der Anspruchsteller von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden müssen, ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, da dem Arbeitnehmer ab der Fälligkeit der Ansprüche nach den allgemeinen Regeln gegebenenfalls weniger als drei Monate für die Geltendmachung verbleiben.


4. Eine Aufrechnung seitens des Berufungsbeklagten bedarf - anders als eine Klageerweiterung oder Widerklage - keiner Anschlussberufung, da es sich lediglich um ein Verteidigungsmittel handelt und kein "Mehr" angestrebt wird (im Anschluss an Brandenburgisches OLG vom 09.05.2007 - 13 U 103/03 -).


5. Die Aufrechnung gegen Bruttovergütungsansprüche ist wegen Verstoßes gegen das Aufrechnungsverbot des § 394 Satz 1 BGB unzulässig. Dies gilt auch im Fall der Aufrechnung mit einem überzahlten Bruttobetrag.


§ 307 Abs 1 S 1 BGB, § 307 Abs 2 Nr 1 BGB, § 394 S 1 BGB, § 613a Abs 6 BGB, § 524 ZPO


Sachverhalt


Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Weihnachtsgratifikation, Urlaubsabgeltung, Entgeltfortzahlung, Überstundenvergütung sowie über Schmerzensgeld-, Rentendifferenz- und sonstige Schadensersatzansprüche.


Der 1953 geborene Kläger wohnt mit seiner Ehefrau in Müllheim an der Ruhr und verfügt über ein Haus in Bingen. Gegenüber der Beklagten gab er mal die eine, mal die andere Anschrift an. Seit dem 1. Juni 1992 war er bei der R. GmbH auf der Grundlage der im Schreiben vom 20. März 1992 (Bl. 18 f. d. A.) niedergelegten Arbeitsbedingungen als Justitiar in der Stabsstelle Recht und Versicherung in Mainz beschäftigt und erhielt zuletzt zusätzlich zur vereinbarten Vergütung in Anlehnung an den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) eine Leistungszulage in Höhe von 275,00 Euro brutto monatlich. Seit 1997 ist er Mitglied des Versorgungswerks der rheinland-pfälzischen Rechtsanwaltskammern. Ferner zahlte die R. GmbH für den Kläger Beiträge zur Zusatzversorgungskasse der bayrischen Gemeinden.


Die R. GmbH gehört zur Unternehmensgruppe Deutsche W. unter dem Dach der Deutsche W. AG und unterhielt mit der Deutsche W. M.- und Servicegesellschaft mbH einen Gemeinschaftsbetrieb. Im Zuge von Umstrukturierungen einhergehend mit einer Umverteilung des bisher von der R. GmbH und der Deutsche W. M.- und Servicegesellschaft mbH wahrgenommenen operativen Geschäfts auf verschiedene andere Gesellschaften der Unternehmensgruppe, darunter die Beklagte, schloss der Kläger mit der R. GmbH am 7. Mai 2008 einen Aufhebungsvertrag zum 30. Juni 2008 (Bl. 276 d. A.) und erhielt eine Abfindung in Höhe von insgesamt 26.300,00 Euro brutto. Ebenfalls am 7. Mai 2008 schloss er mit der Beklagten einen neuen Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 1. Juli 2008 als Mitarbeiter Steuerung, Klagewesen, Recht mit Arbeitsort Berlin. Außerdem schlossen die Parteien am 7. Mai 2008 eine Zusatzvereinbarung (Bl. 48 d. A.), wonach der Kläger weiterhin über die R. GmbH bei der Zusatzversorgungskasse der bayrischen Gemeinden versichert wird.


In den §§ 3 und 5 des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 vereinbarten die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 39,5 Stunden und ein Jahresgehalt in Höhe von 61.200,00 Euro brutto, zahlbar in zwölf gleichen Teilen in Höhe von 5.100,00 Euro brutto zuzüglich einer Funktionszulage für die zusätzliche Übernahme von Koordinationsaufgaben für die Bereiche Forderungsmanagement Ost und West in Höhe von 500,00 Euro brutto monatlich sowie eine Weihnachtsgratifikation in Höhe von 5.100,00 Euro brutto zahlbar mit der Vergütung für den Monat November. Ferner enthält der Arbeitsvertrag auszugsweise folgende Regelungen:


 „§ 2 Vertragsdauer, Kündigung und Beendigung des


Arbeitsverhältnisses / Probezeit


5. Wird durch den Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt, dass der Arbeitnehmer auf Dauer voll erwerbsunfähig ist, so endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf desjenigen Monats, in dem der jeweilige Bescheid dem Arbeitnehmer zugestellt wird, wenn der Arbeitnehmer nicht vor Ablauf der Widerspruchsfrist seinen Antrag zurücknimmt. ...


§ 12 Ausschlussklausel


1. Alle beiderseitigen Ansprüche aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht vor Ablauf von drei Monaten gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Lehnt die jeweils andere Seite den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt er, wenn er nicht innerhalb einer Frist von weiteren drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.


2. Die Ausschlussfrist beginnt mit demjenigen Zeitpunkt, in dem der Anspruchsteller von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Die Versäumung der Ausschlussfrist führt zu dem Verlust des Anspruchs.


Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 wird auf dessen Ablichtung (Bl. 45 ff. d. A.) verwiesen.


Am 19. August 2009 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag dahin, dass der Kläger ab dem 1. September 2009 in Frankfurt am Main als Mitarbeiter im Forderungsmanagement West und für Versicherungsthemen der Deutsche W. Gruppe tätig wird und ein Jahresgehalt in Höhe von 48.000,00 Euro brutto erhält, bestehend aus einem monatlichen Gehalt in Höhe von 3.692,31 Euro brutto und einer Weihnachtsgratifikation in Höhe von ebenfalls 3.692,31 Euro brutto zahlbar mit dem Gehalt für den Monat November. Bei einem unterjährigen Arbeitsbeginn bzw. Austritt wird die Weihnachtsgratifikation anteilig gezahlt. Wegen des weiteren Inhalts des Änderungsvertrages wird auf dessen Ablichtung (Bl. 45 ff. d. A.) verwiesen.


Am 22. August 2009 brachte die Ehefrau des Klägers diesen wegen starker Ängste in die Notaufnahme der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des St. M.-Hospitals in Mühlheim an der Ruhr. Seither ist der Kläger fortlaufend arbeitsunfähig krank. In der Klinik wurde eine schwere depressive Episode mit Schuldwahn bei rezidivierender Depression und Suizidgefährdung festgestellt und der Kläger bis zum 8. Oktober 2009 stationär behandelt. Wegen der Einzelheiten sowie des Aufnahmebefundes vom 22. August 2009 wird auf die Ablichtung des ärztlichen Berichtes vom 22. Juni 2010 verwiesen (Bl. 51 f. d. A.). An die stationäre Behandlung schlossen sich eine Behandlung in der Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des St. M.-Hospitals vom 8. Oktober bis zum 11. Dezember 2009 (Bl. 53 d. A.) und eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme im H. Rehazentrum Bad B. - R.klinik vom 7. April bis zum 19. Mai 2010 (Bl. 54 ff. d. A.) an. Seit dem 28. April 2010 ist der Kläger als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 50 anerkannt. Vom 3. Oktober 2009 bis zum 18. Februar 2011 bezog er Krankengeld.


Die Beklagte zahlte an den Kläger Entgeltfortzahlung bis zum 2. Oktober 2009, und für 2009 eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines Bruttogehalts jeweils auf der Grundlage des Änderungsvertrages vom 19. August 2009. Ferner zahlte sie dem Kläger im April 2010 180,93 Stunden Zeitguthaben ebenfalls auf der Grundlage des Änderungsvertrages vom 19. August 2008 aus. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ablichtung der Abrechnung von April 2010 (Bl. 61 d. A.) verwiesen.


Bei der Beklagten wurde ein Jahresarbeitszeitmodell praktiziert, nach dem bei Mitarbeitern, die an der Zeiterfassung teilnehmen, ein etwaiges am Jahresende vorhandenes Zeitguthaben auf das Folgejahr übertragen und im April des Folgejahres ausbezahlt wird, soweit es nicht bis zum 31. März des Folgejahres durch Freizeit ausgeglichen worden ist. Wegen der Einzelheiten wird auf Punkt 1.7 der Rahmenbedingungen für den Geschäftsbetrieb der Beklagten vom 31. Mai 2009 (Ablichtung Bl. 512 ff. d. A.) verwiesen. Von der in den Rahmenbedingungen vorgesehenen Begrenzung des Zeitguthabens auf 150 Stunden wurde kein Gebrauch gemacht. Der Kläger nahm an der Zeiterfassung teil und konnte sein Arbeitszeitkonto jederzeit auch extern über das Internet einsehen.


Im März 2011 bewilligte das Versorgungswerk der rheinland-pfälzischen Rechtsanwaltskammern dem Kläger eine zeitlich befristete Berufsunfähigkeitsrente für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis zum 31. Dezember 2011 (Bl. 68 d. A.) und verlängerte diese mit Bescheid vom 9. März 2012 bis zum 30. Juni 2013 (Bl. 91 d. A.). Mit Bescheid vom 15. Mai 2013 wandelte das Versorgungswerk die befristete Berufsunfähigkeitsrente in eine Berufsunfähigkeitsrente auf Dauer um (Bl. 690 d. A.). Außerdem bewilligte die Zusatzversorgungskasse der bayrischen Gemeinden dem Kläger im März 2012 eine zeitlich befristete Betriebsrente wegen teilweiser Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. September 2011 bis zum 31. August 2013 (Bl. 111 ff. d. A.).


Mit Schreiben vom 29. Juni 2013 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 31. Juli 2013. Daraufhin zahlte die Beklagte an den Kläger Ende Juli 2013 Urlaubsabgeltung in Höhe von 8.009,47 Euro brutto (Bl. 753 d. A.) für 47 Urlaubstage (30 Urlaubstage aus 2012 und 17 Urlaubstage aus 2013).


Mit anwaltlichem Schreiben vom 10. Januar 2012 (Bl. 117 ff. d. A.) machte der Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Weihnachtsgratifikation für 2009 bis 2011, Urlaubsabgeltung 2008, Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 1. September bis einschließlich 20. Oktober 2009 jeweils auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 geltend und begründete dies damit, der Änderungsvertrag vom 19. August 2009 sei nicht wirksam zustande gekommen, da er bei Unterzeichnung des Vertrages am 19. August 2009 geschäftsunfähig gewesen sei. Außerdem verlangte der Kläger Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 Euro, weil er in den Monaten vor der Unterzeichnung des Änderungsvertrages systematisch aus der Stellung „Steuerung, Klagewesen, Recht" gedrängt worden sei und hinsichtlich der Unterzeichnung des Änderungsvertrages ein erheblicher Druck auf ihn ausgeübt worden sei. Mit Schreiben vom 27. Januar 2012 wies die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche zurück.


Mit der am 17. September 2012 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen, der Beklagten am 26. September 2012 zugestellten Klage, hat der Kläger die zuvor geltend gemachten Ansprüche weiterverfolgt und die Beklagte darüber hinaus auf Urlaubsabgeltung für 2009 bis 2011, weitere Vergütung für die im April 2010 abgerechneten 180,93 Überstunden sowie auf Schadensersatz wegen Rentenverlusten beim Versorgungswerk und der Zusatzversorgung und wegen verschiedener bereits entstandener und zukünftiger Kosten im Zusammenhang im seiner Erkrankung in Anspruch genommen. Mit Klageerweiterung vom 2. Januar 2013, welche der Beklagten am 8. Januar 2013 zugestellt worden ist, hat er Urlaubsabgeltung und Weihnachtsgratifikation für 2012 in Höhe von insgesamt 10.200,00 Euro brutto geltend gemacht.


Mit der Beklagten am 7. Februar 2013 zugestelltem Schriftsatz vom 4. Februar 2013 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nach § 613a BGB von der R. GmbH auf die Beklagte zum 1. Juli 2008 (Bl. 328 d. A.).


Der Kläger hat vorgetragen, sein ursprüngliches Arbeitsverhältnis mit der R. GmbH sei zum 1. Juli 2008 im Wege eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf die Beklagte übergegangen. Die R. GmbH sei nicht stillgelegt worden, sondern einschließlich des Personals in verschiedene Auffanggesellschaften, darunter die Beklagte, aufgeteilt worden. Dabei habe die Beklagte das gesamte betriebswirtschaftliche Know-how, die Telefonanlagen, die EDV-Anlagen, die Hard- und Software, Möbel sowie den Kundenstamm in Form der Mieter übernommen und verwalte die Grundstücke der R. GmbH weiter. Der im Zuge des Betriebsübergangs mit der R. GmbH geschlossene Aufhebungsvertrag und mit der Beklagten geschlossenen Arbeitsvertrag seien wegen Umgehung des § 613a BGB unwirksam. An seiner Position als Justitiar habe sich deshalb nichts geändert.


Bei der Beklagten seien ihm im Zuge von Personalabbau bei deutlich erschwerten Arbeitsbedingungen zusätzlich zu seinen bisherigen bei der R. GmbH wahrgenommen Aufgaben systematisch nach und nach immer weitere Aufgaben aufgebürdet worden. Hinweise, dass er überlastet sei und bestimmte Aufgaben nicht auch noch übernehmen könne, seien ignoriert worden, die Bitte, ihm zur Unterstützung eine Schreibkraft zur Verfügung zu stellen, sei abgelehnt worden. Gleichzeitig sei er absichtlich und zielgerichtet von der Führungsebene abgedrängt worden. Die Geschäftsführung habe sämtliche Themen ohne seine Einbeziehung mit einem externen Rechtsanwalt besprochen. Alles Wichtige habe er mit diesem abstimmen müssen. Ab Februar 2009 sei er nicht mehr zu Führungstreffen eingeladen worden. Ferner sei er mit einer Reihe unberechtigter Vorwürfe konfrontiert und für durch Probleme bei der Umstellung auf ein SAP-System entstandene Mietrückstände im Umfang von etwa 1 Mio. Euro verantwortlich gemacht worden. Außerdem seien ihm anders als anderen Mitarbeitern Fahrkosten nicht ersetzt worden. Das Ganze habe schließlich darin gegipfelt, dass er dazu gedrängt worden sei, auf 35 Prozent seines bisherigen Gehalts zu verzichten. Dies sei auch die Ursache für seine psychische Erkrankung und dauernde Berufsunfähigkeit, weshalb die Beklagte zur Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes sowie zum Ersatz seiner Rentenverluste und sonstigen Schäden verpflichtet sei. Auch noch während seiner Erkrankung habe die Beklagte ihre tätige Absicht, ihn aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen, weiter fortgesetzt und wichtige Bescheinigungen verspätet, teilweise erst nach mehrfachen Mahnungen bzw. der Androhung von Ordnungsgeld erteilt.


Der Änderungsvertrag vom 19. August 2008 sei sittenwidrig. Zudem sei er bei der Unterzeichnung des Vertrages nicht geschäftsfähig gewesen. Diesbezüglich verweist der Kläger u. a. auf den im Arztbrief von 22. Juni 2010 (Bl. 51 f. d. A.) wiedergegebenen Aufnahmebefund vom 22. August 2009. Entgeltfortzahlung, Weihnachtsgratifikation, Urlaubsabgeltung und Überstundenvergütung stünden ihm deshalb auf der Basis seiner vorherigen Vergütung in Höhe von 5.600,00 Euro brutto monatlich zu. Die Ansprüche seinen auch nicht verfallen, da die Beklagte die Ansprüche nicht oder nicht ordnungsgemäß abgerechnet habe bzw. er aufgrund seiner Erkrankung nicht in der Lage gewesen sei, die Abrechnung zu überprüfen. Der Anspruch auf Weihnachtsgratifikation sei an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach bei Arbeitsunfähigkeit Urlaubsansprüche an 15 Monaten verfielen, sei mangels gesetzlicher Grundlage nicht nachvollziehbar. Ferner beruft sich der Kläger auf Vertrauensschutz.


Der Kläger hat zuletzt beantragt,


1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13.107,69 Euro (Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2009 bis einschließlich 2011) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.01.2012 zu zahlen;


2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 17.733,00 Euro (Urlaubsabgeltungsansprüche für 2008 bis einschließlich 2011) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.01.2011 zu zahlen;


3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für September 2009 Lohn in Höhe von 1.907,69 Euro brutto und für den Zeitraum vom 01.10.2009 bis einschließlich 20.10.2009 Lohn in Höhe von 1.271,79 Euro brutto jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.01.2011 zu zahlen;


4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.505,87 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2009 (Überstunden-Differenz) zu zahlen;


5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen;


6. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 1. September 2018 (2.648,91 Euro - 1.857,97 Euro =) 790,94 Euro (monatliche Rentendifferenz Versorgungswerk) zahlen;


7. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 1. September 2018 521,12 Euro monatlich (Rentendifferenz Bayrische Versorgungskammer) zu zahlen;


8. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden aus dem Arbeitsverhältnis zu ersetzen, den er aufgrund seiner Erkrankung, die durch die Beklagte im Arbeitsverhältnis verursacht wurde, und im Zusammenhang mit der Abänderung des Vertrages vom 19. August 2009 erlitten hat;


9. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.200,00 Euro (Urlaubsabgeltung 2012 und Weihnachtsgeld 2012) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.


Die Beklagte hat beantragt,


die Klage abzuweisen.


Die Beklagte hat eingewandt, die vormals von der R. GmbH und der Deutsche W. M.- und Servicegesellschaft mbH wahrgenommenen Aufgaben seinen an verschiedene Gesellschaften der Unternehmensgruppe fremd vergeben worden. Mangels Übergangs einer identitätswahrenden wirtschaftlichen Einheit habe es sich jedenfalls nach der damaligen Rechtsprechung nicht um einen Betriebsübergang gehandelt. Zumindest aber könne der Widerspruch des Klägers keine Wirkung mehr entfalten, weil das Widerspruchsrecht nahezu fünf Jahre nach dem vermeintlichen Betriebsübergang in jedem Fall verwirkt sei.


Es sei auch unzutreffend, dass der Kläger systematisch überfordert, aus der Führungsebene bzw. dem Arbeitsverhältnis herausgedrängt, hinsichtlich des Abschlusses des Änderungsvertrages ungebührlich unter Druck gesetzt worden sei und dies die Ursache für seine Erkrankung gewesen sei. Der Kläger habe schon nicht substantiiert dargelegt, wann konkret er welche Tätigkeiten zu erledigen gehabt habe und welcher Arbeitsaufwand damit verbunden gewesen sei. Soweit sich der Kläger subjektiv überlastet gefühlt habe, bedeutet dies nicht, dass er auch objektiv überlastet gewesen sei. Der Kläger habe bei ihr auch nicht dieselbe Position innegehabt wie vormals bei der R. GmbH. Er habe zwar aufgrund der flachen Hierarchien im Unternehmen unmittelbar dem Vorstand unterstanden, jedoch nicht zum engeren Führungskreis gehört. Der Änderungsvertrag sei ihm angeboten worden, weil er mit seinen Aufgaben offensichtlich überfordert gewesen sei und Schwierigkeiten gehabt habe, sich in Berlin einzuleben. Es habe ihm die Möglichkeit eröffnet werden sollen, wieder näher an seinem Wohnsitz Bingen und seinem ehemaligen Dienstort Mainz tätig zu werden. Der Kläger habe den Änderungsvertrag aus freien Stücken unterzeichnet. Für etwaige Befürchtungen, bei Nichtannahme des Änderungsangebots den Arbeitsplatz zu verlieren, habe objektiv kein Anlass bestanden. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Kläger bei Unterzeichnung des Vertrages geschäftsunfähig gewesen sei. Dies ergebe sich auch nicht aus dem ärztlichen Bericht vom 22. Juni 2010. Die Vergütung sei für die im Änderungsvertrag vorgesehene Tätigkeit angemessen. Es handele sich immer noch um eine übertarifliche Vergütung. Ein anderer wohnortnaher Arbeitsplatz habe nicht zur Verfügung gestanden. Ein Anspruch auf Fahrkostenerstattung habe nicht bestanden, da der Anlass für die jeweiligen Fahrten privater Natur gewesen sei.


Den Anspruch des Klägers auf Weihnachtsgratifikation für 2009 habe sie in vollem Umfang erfüllt. Im Übrigen stehe dem Kläger wegen seiner fortdauernden Arbeitsunfähigkeit keine Weihnachtsgratifikation zu. Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestehe nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zudem sei nicht genommener Urlaub aus der Zeit vor 2011 nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfallen. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung habe nur bis zum 2. Oktober 2009 bestanden. Diesen habe sie ebenso wie den Anspruch auf Überstundenvergütung vollständig erfüllt. Abgesehen davon seien die geltend gemachten Ansprüche auf Weihnachtsgratifikation bis 2011, Entgeltfortzahlung und Überstundenvergütung aufgrund der Ausschlussklausel des § 12 des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 verfallen.


Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 580 - 585 d. A.), die Schriftsätze des Klägers vom 17. September 2012 (Bl. 23 - 44 d. A.), 2. Januar 2013 (Bl. 216 -237 d. A.), 4. Februar 2013 (Bl. 323 - 354 d. A.) und 7. März 2013 (Bl. 570 - 571 d. A.) und die Schriftsätze der Beklagten vom 29. November 2012 (Bl. 143 -175 d. A.), 8. Januar 2013 (Bl. 260 - 275 d. A.) und 4. März 2013 (Bl. 484 - 508 d. A.) verwiesen.


Mit Urteil vom 13. März 2013 hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 5.100,00 Euro brutto Weihnachtsgeld für 2012 nebst Verzugszinsen zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 8. (richtigerweise Klageantrag zu 9.) Weihnachtsgeld für 2012 beanspruche, sei die Klage begründet. Die Beklagte habe nicht substantiiert dargelegt, aus welcher Vereinbarung sich ergeben solle, dass eine vorherige Arbeitsleistung Voraussetzung für den Anspruch sei, und gegen die Höhe der Forderung keine Einwände erhoben. Im Übrigen sei die Klage unbegründet.


Die geltend gemachten Ansprüche auf Weihnachtsgratifikationen für 2009 bis 2011, Vergütungsdifferenzen für September und Oktober 2009 und Überstundenvergütung seien nach der in § 12 Abs. 1 des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 enthaltenen Ausschlussregelung verfallen. Die Ausschlussregelung sei wirksam, sie halte insbesondere einer Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Es handele sich um rechnerisch nachvollziehbare Vergütungsbestandteile, weshalb eine vorherige Abrechnung für den Beginn der Ausschlussfrist nicht erforderlich gewesen sei. Auf das Vorbringen des Klägers zum behaupteten Betriebsübergang komme es nicht an. Denn auch dann, wenn der Arbeitsvertrag wegen Verstoßes gegen § 613a BGB unwirksam sei, bestünden die Ansprüche nicht, da es für die Ansprüche dann insgesamt an einer Anspruchsgrundlage fehle. Ansprüche auf Urlaubsabgeltung seien schon deshalb nicht gegeben, weil das Arbeitsverhältnis nicht beendet sei.


Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz im Zusammenhang mit der psychischen Erkrankung des Klägers bestünden ebenfalls nicht. Die Kammer sei nicht davon überzeugt, dass die Beklagte die Erkrankung verursacht habe. Eine überobligatorische Inanspruchnahme durch die Beklagte habe der Kläger nicht deutlich gemacht, da der diesbezügliche Vortrag des Klägers lediglich beschreibender Art sei, die beschriebene Tätigkeit als solche keine Anhaltspunkte für eine Verletzung der arbeitgeberseitigen Rücksichtnahmepflichten erkennen lasse und sich der Umfang der Tätigkeit dem Vortrag nicht entnehme lasse. Ebenso wenig habe der Kläger überzeugend dargelegt, dass er von der Beklagten aus der Führungsschiene der Stabsstelle abgedrängt worden sei. Ein Anspruch auf Teilnahme an Führungstreffen des Arbeitgebers sei nicht ersichtlich. Soweit die Beklagte eine ordnungsgemäße Abrechnung von Fahrkostenerstattungsansprüchen unterlassen haben sollte, resultiere daraus jedenfalls kein Anspruch auf eine Entschädigung. Soweit der Änderungsvertrag vom 19. August 2009 tatsächlich sittenwidrig sei, rechtfertige dies ebenfalls keinen Schmerzensgeldanspruch. Dass die psychische Erkrankung des Klägers gerade durch den Änderungsvertrag ausgelöst worden sei, habe der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Dessen Abschluss stehe vielmehr lediglich in einer Reihe chronologischer Ereignisse, deren Auswirkungen der Kläger auf seinen Gesundheitszustand nicht ausreichend dargelegt habe. Die bloße Bezugnahme auf ärztliche Stellungnahmen und Gutachten reiche insoweit nicht aus, da diesen nicht zu entnehmen sei, dass die Vorgesetzten für etwaige durch eine Konfliktsituation am Arbeitsplatz bedingte psychische Gesundheitsbeeinträchtigung verantwortlich seien. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 585 - 591 d. A.) Bezug genommen.


Gegen dieses der Beklagten am 11. April 2013 und dem Kläger in vollständiger Ausfertigung am 23. Mai 2013 zugestellte Urteil haben die Beklagte mit am 13. Mai 2013, einem Montag, beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz und der Kläger mit am 28. Mai 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Die Beklagte hat die Berufung nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 11. Juli 2013 mit am 11. Juli 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Kläger hat die Berufung mit am 16. Juli 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Ferner hat er mit am 19. September 2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem, der Beklagten am 23. September 2013 zugestellten Schriftsatz klageerweiternd für 2013 anteilige Urlaubsabgeltung unter Einbeziehung des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen in Höhe von 3.733,33 Euro brutto und anteiliges Weihnachtsgeld in Höhe von 3.266,66 Euro brutto geltend gemacht.


Die Beklagte setzt sich mit dem erstinstanzlichen Urteil auseinander und führt weiter aus, sowohl bei der im Arbeitsvertrag vom 7. Mai 2008 als auch bei der im Änderungsvertrag vereinbarten Weihnachgratifikation handele es sich, da keine weiteren Voraussetzungen vereinbart seien, um einen reinen Entgeltbestandteil, auf den bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit kein Anspruch bestehe. Aber auch dann, wenn es sich bei der Weihnachtsgratifikation nicht um einen reinen Entgeltbestandteil handele, bestehe ein Anspruch auf Weihnachtsgratifikation für 2012 nicht, da das Arbeitsverhältnis im November 2012 nur noch formaler Natur gewesen sei. Jedenfalls aber stehe dem Kläger eine Weihnachtsgratifikation nur in Höhe von 3.692,31 Euro zu.


Im Übrigen verteidigt die Beklagte unter teilweiser Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil. Der Kläger verkenne nach wie vor, welche Anforderungen hinsichtlich der behaupteten Überlastung an die ihm obliegende Darlegung- und Beweislast zu stellen seien. Es sei auch unzutreffend, dass das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft keine Gesamtschau der vom Kläger vorgetragenen Tatsachen vorgenommen habe. Es sei vielmehr zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger auch bei einer solchen Gesamtschau seiner Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die von ihm behauptete schuldhafte Verursachung seiner psychischen Erkrankung nicht genügt habe. Soweit sich der Kläger im Zusammenhang mit dem behaupteten Betriebsübergang auf die für das faktische Arbeitsverhältnis geltenden Grundsätze berufe, kämen diese allenfalls für Zeiträume zur Anwendung, in denen er eine bereicherungsrechtlich relevante Arbeitsleistung erbracht habe.


Weiter meint die Beklagte, das Arbeitsverhältnis habe nicht erst aufgrund der Eigenkündigung des Klägers mit Ablauf des 31. Juli 2013 geendet, sondern nach § 2 Nr. 5 des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 aufgrund des Bescheides des Versorgungswerks der rheinland-pfälzischen Rechtsanwaltskammern vom 15. Mai 2013 über eine dauerhafte Berufsunfähigkeitsrente bereits mit Ablauf des 31. Mai 2013. Als sie von dem Bescheid Kenntnis erhalten habe, sei die Urlaubsabgeltung schon angewiesen gewesen. Sie habe daher einen Anspruch auf teilweise Rückerstattung der gezahlten Urlaubsabgeltung. Dass der Kläger insoweit entreichert ist, bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen.


Die Beklagte beantragt,


das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. März 2013 - 41 Ca 14260/12 -, soweit die Beklagte zur Zahlung verurteilt worden ist, abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.


Der Kläger beantragt,


die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.


Weiter beantragt der Kläger,


das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. März 2013 - 41 Ca 14260/12 -, soweit die Klage abgewiesen worden ist, abzuändern und


1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13.107,69 Euro brutto (Weihnachtsgratifikation für 2009 bis 2011) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.01.2012 zu zahlen;


2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 500,00 Euro brutto (weitere Weihnachtsgratifikation 2012) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.01.2013 zu zahlen;


3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 17.733,00 Euro brutto (Urlaubsabgeltung 2008 bis 2011) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.01.2012 zu zahlen;


4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 5.600,00 Euro brutto (Urlaubsabgeltung 2012 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.01.2013 zu zahlen;


5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.907,69 Euro brutto (Entgeltfortzahlung September 2009) und 1.271,79 Euro brutto (Entgeltfortzahlung Oktober 2009) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.01.2012 zu zahlen;


6. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.505,87 Euro brutto (Überstundenvergütung) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.05.2010 zu zahlen;


7. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen;


8. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 1. September 2018 monatlich 790,94 Euro brutto (Rentendifferenz Versorgungswerk) zu zahlen;


9. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab dem 1. September 2018 monatlich 521,12 Euro brutto (Rentendifferenz Zusatzversorgung) zu zahlen;


10. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, die dieser aufgrund seiner seit dem 22. August 2009 andauernden psychischen Erkrankung erleidet;


11. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.733,33 Euro brutto (Urlaubsabgeltung 2013) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.09.2013 zu zahlen;


12. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.266,66 Euro brutto (Weihnachtsgratifikation 2013) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.09.2013 zu zahlen.


Die Beklagte beantragt,


die Berufung des Klägers zurückzuweisen.


Nach gerichtlichem Hinweis in der mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2013, dass die Klage, soweit der Kläger Weihnachtsgratifikation, Urlaubsabgeltung und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall geltend mache, schon deshalb unbegründet sein dürfte, weil nach dessen Vorbringen das Arbeitsverhältnis nicht auf die Beklagte übergegangen sei, sondern weiterhin zur R. GmbH bestehe und zur Beklagten nur ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden habe, rechnete die Beklagte gegen die streitgegenständlichen Zahlungsansprüche mit den im Juli 2013 gezahlten 8.009,47 Euro brutto Urlaubsabgeltung auf, zunächst unbedingt gegen den Anspruch auf Überstundenvergütung, sodann bedingt zunächst gegen die Entgeltfortzahlungsansprüche, sodann gegen den Weihnachtsgratifikationsanspruch für 2013, sodann für 2012, sodann für 2008 bis 2011 und schließlich gegen die übrigen Zahlungsansprüche. Mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2013 (Bl. 794 d. A.) hatte sie bereits vorsorglich gegen die Forderung des Klägers auf Abgeltung des anteiligen Zusatzurlaubs für 2013 nach § 125 SGB IX mit einem Rückzahlungsanspruch in Höhe von 681,66 Euro brutto aus überzahlter Urlaubsabgeltung für Juni und Juli 2013 aufgerechnet.


Der Kläger setzt sich mit dem angefochtenen Urteil auseinander und hält unter teilweiser Vertiefung und Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin an seiner Rechtsauffassung fest, dass die Ausschlussklausel erst mit der Abrechnung der Ansprüche zur Anwendung komme. Außerdem sei die Ausschlussklausel nicht wirksam in den Änderungsvertrag übernommen worden. Wegen der Perpeturierungs- und der Warnfunktion hätten die Ausschlussfristen ebenfalls neu geregelt werden müssen. Weiter habe das Arbeitsgericht rechtfehlerhaft keine Bewertung der Wirksamkeit der Arbeitsverträge vom 7. Mai 2008 und 19. August 2009 wegen des Betriebsübergangs nach § 613a BGB vorgenommen. Im Fall der Unwirksamkeit des Arbeitsverhältnisses seien die Ansprüche nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses gegeben, wobei die Ausschlussfristen dann ohnehin nicht gölten. Inhaltlich seien die Lohnbedingungen des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 einschlägig, da er diese Leistungen erbracht habe und die Beklagte um diese Leistungen bereichert sei.


Weiter bleibt der Kläger bei seiner Behauptung, die Beklagte habe ihn aus seiner Führungsposition gedrängt und mit zusätzlichen Aufgaben belegt, die er offensichtlich nicht habe erledigen können, und ihm zum Abschluss dieser Gesamtentwicklung einen Änderungsvertrag präsentiert, der in den Kernbereich seiner bisherigen Tätigkeit eingegriffen und ihm in den letzten Dienstjahren seines Arbeitslebens einen Einkommensverlust von 35 % abverlangt habe. Dass es sich hierbei um eine persönlichkeitsrechtsverletzende Herabstufung handele, liege auf der Hand. Der Wechsel von Berlin nach Frankfurt bedeute nichts anderes als „wir wollen dich hier überhaupt nicht mehr haben!" Bei der gebotenen Gesamtschau dieser und der weiteren vorgetragenen Tatsachen hätte das Arbeitsgericht zu dem Schluss kommen müssen, dass er aus dem Arbeitsverhältnis gedrängt werden sollte. Dabei sei auch zu berücksichtigten, dass die Beklagte nach ihrem eigenen Vorbringen gesehen habe, wie er litt, und gleichwohl keine Rücksicht genommen habe. Im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten sei es Aufgabe der Beklagten gewesen, zunächst ein Gespräch mit ihm zu führen und ihm Gelegenheit zu geben, seine Arbeitskraft im Arbeitsprozess zu erhalten bzw. seine Gesundheit durch eine entsprechende Reha-Maßnahme wieder herzustellen. Welche Konsequenzen es gehabt hätte, den Vertrag nicht zu unterschreiben, sei ihm bereits aus den vorangegangenen Sanierungsprozessen hinlänglich bekannt gewesen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass er gekündigt worden wäre, wie dies mit anderen Mitarbeitern auch geschehen sei.


Aufgrund der Schwere der Erkrankung und der fehlenden Vorerkrankungen stehe fest, dass diese durch das Verhalten der Beklagten zurechenbar verursacht worden sei. Für die Kausalität sprächen außerdem der enge zeitliche Zusammenhang seines Zusammenbruchs am 22. August 2009 mit der Unterzeichnung des Änderungsvertrages am 19. August 2009 sowie die Art der Erkrankung.


Ein Anspruch der Beklagten auf teilweise Rückzahlung der gezahlten Urlaubsabgeltung bestehe nicht. Die Regelung in § 2 Nr. 5 des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 komme nicht zu Anwendung, da er keine Rente wegen voller Erwerbsminderung beziehe. Zudem habe er den überwiesenen Betrag verbraucht und sei insofern nicht mehr bereichert.


Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 5. Juli 2013 (Bl. 646 - 645 d. A.), 22. August 2013 (Bl. 730 - 742 d. A.) und 2. Oktober 2013 (Bl. 791 f. u. Bl. 793 - 805 d. A.) und die Schriftsätze des Klägers vom 16. Juli 2013 (Bl. 671 - 685 d. A.), 16. September 2013 (Bl. 743 u. Bl. 744 - 752 d. A.), 1. Oktober 2013 (Bl. 786 d. A.) und 7. Oktober 2013 (Bl. 815 - 819 d. A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2013 (Bl. 811 - 813 d. A.) Bezug genommen.


Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2013 sind bei dem Landesarbeitsgericht ein weiterer Schriftsatz der Beklagten vom 23. Oktober 2013 (Bl. 827 - 829 d. A.) sowie ein weiterer Schriftsatz des Klägers 29. Oktober 2013 (Bl. 832 - 833 d. A.) eingegangen.


Aus den Gründen


Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Berufung des Klägers hat hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf weitere Überstundenvergütung teilweise Erfolg, im Übrigen hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg.


Die Berufungsverfahren waren entscheidungsreif. Für eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 156, 525 ZPO bestand schon deshalb kein Anlass, weil die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2013 eingegangenen Schriftsätze der Parteien kein neues entscheidungserhebliches Vorbringen enthalten.


A. Die Berufungen sind jeweils zulässig. Sie sind nach § 8 Abs. 2, § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht i. S. v. § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 Satz 1, 2 und 5 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1 und 3 ZPO eingelegt und begründet worden.


Soweit der Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 16. September 2013 erweitert hat, bestehen hiergegen nach § 64 Abs. 6, § 67 ArbGG, §§ 263, 264, 525, 533 ZPO keine prozessualen Bedenken. Soweit der Kläger die Klageanträge in der mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2013 teilweise korrigiert und präzisiert hat, bestehen ebenfalls keine Bedenken. Die Anträge wären im Rahmen des § 308 Abs. 1 ZPO ohnehin entsprechend auszulegen gewesen. Soweit der Kläger hinsichtlich der geltend gemachten Zinsansprüche die Klage teilweise zurückgenommen hat, hat die Beklagte der teilweisen Klagerücknahme i. S. v. § 64 Abs. 6 ArbGG, § 269 Abs. 1, § 525 ZPO konkludent zugestimmt.


B. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Die Berufung des Klägers ist hinsichtlich der geltend gemachten Überstundenvergütung in Höhe eines Betrages von 2.013,75 Euro brutto nebst Verzugszinsen begründet. Im Übrigen ist die Berufung des Klägers unbegründet. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Der Kläger hat gegen die Beklagte lediglich Anspruch auf weitere Überstundenvergütung in der ausgeurteilten Höhe. Weitergehende Ansprüche stehen ihm nicht zu.


I. Die Klage ist insgesamt zulässig.


1. Die Klageanträge sind hinreichend bestimmt i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG. Dies gilt auch, soweit der Kläger die mit dem Klageantrag zu 7. geltend gemachte Schmerzensgeldforderung nicht beziffert hat. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn der Kläger diejenigen Tatsachen darlegt, die dem Gericht eine Schätzung nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO ermöglichen, und die Größenordnung der geltend gemachten Forderungen angibt (BAG vom 21.02.2013 - 8 AZR 68/12 -, NZA 2013, 955). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt geschildert, der dem Gericht grundsätzlich eine Schätzung ermöglicht, und als Größenordnung 15.000,00 Euro angegeben.


2. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO für den Klageantrag zu 10. erforderliche besondere Feststellungsinteresse ist ebenfalls gegeben. Das rechtliche Interesse des Klägers an der alsbaldigen Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten i. S. d. § 256 Abs. 1 ZPO ergibt sich daraus, dass die psychische Erkrankung, in deren Zusammenhang der Kläger die Beklagte in Anspruch nimmt, noch andauert und mit weiteren Behandlungs- bzw. Zuzahlungskosten zu rechnen ist (vgl. dazu BAG vom 28.04.2011 - 8 AZR 769/09 -, AP Nr. 6 zu § 104 SGB VII; vom 19. August 2004 - 8 AZR 249/03 -, AP Nr. 4 zu § 104 SGB VII m. w. N.). Der Kläger war auch nicht gehalten, die in der Vergangenheit entstandenen und nach der Klagebegründung ebenfalls von dem Feststellungsantrag umfassten Behandlungs- bzw. Zuzahlungskosten getrennt im Wege einer Leistungsklage geltend zu machen (vgl. BGH vom 06.03.2012 - VI ZR 167/11 -, RuS 2012, 461; vom 08.07.2003 - VI ZR 304/02 -, NJW 2003, 2827 m. w. N.).


II. Die Klage ist jedoch ganz überwiegend unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte lediglich einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 2.013,75 Euro brutto nebst Verzugszinsen für die im April 2010 abgerechneten 180,83 Überstunden. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Überstundenvergütung besteht nicht. Die weiteren geltend gemachten Ansprüche sind ebenfalls nicht gegeben. Der Kläger hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Zahlung von weiterer Weihnachtsgratifikation für 2009, Weihnachtsgratifikation für 2010 bis 2013, Urlaubsabgeltung für 2008 bis 2013 oder weiterer Entgeltfortzahlung für September und Oktober 2009, noch einen Anspruch auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz im Zusammenhang mit seiner psychischen Erkrankung.


1. Ansprüche auf weitere Weihnachtsgratifikation für 2009, Weihnachtsgratifikation für 2010 bis 2013, Urlaubsabgeltung für 2008 bis 2013 und weitere Entgeltfortzahlung für September und Oktober 2009 bestehen nicht. Insoweit ist die Klage schon nicht schlüssig, da nach dem Vorbringen des Klägers zwischen ihm und der Beklagten lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden hat und Erfüllungsansprüche aus diesem faktischen Arbeitsverhältnis nur für geleistete Arbeit bestehen können.


a) Der Kläger hat geltend gemacht, der Betrieb der R. GmbH, in dem er bis zum 30. Juni 2008 tätig gewesen ist, sei im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte übergangen. Daher seien sowohl der mit der R. GmbH am 7. Mai 2008 geschlossene Aufhebungsvertrag, als auch der mit der Beklagten an demselben Tag geschlossene Arbeitsvertrag wegen Umgehung des § 613a BGB unwirksam. Der Kläger hat dem Betriebsübergang mit Schriftsatz vom 4. Februar 2013 widersprochen. Weiter hat er geltend gemacht, der mit der Beklagten am 19. August 2009 geschlossene Änderungsvertrag sei nichtig, weil er bei Unterzeichnung des Vertrages geschäftsunfähig gewesen sei.


Ausgehend von diesem Vorbringen bestand zwischen den Parteien lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis. Aus diesem ergeben sich die genannten Ansprüche nicht.


aa) Bei einem Betriebsübergang gehen die Arbeitsverhältnisse der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf den neuen Betriebsinhaber über. Gleiches gilt bei einem Betriebsteilübergang für die Arbeitsverhältnisse, die dem Betriebsteil zugeordnet waren (vgl. BAG 21.06.2012 - 8 AZR 181/11 -, NZA-RR 2013, 6 Rz. 68; vom 25.09.2003 - 8 AZR 446/02 -, AP Nr. 256 zu § 613a BGB Rz. 30 m. w. N. zitiert nach juris). Ein etwaiger aus Anlass des Betriebs- oder Betriebsteilübergangs mit dem Betriebsveräußerer abgeschlossener Aufhebungsvertrag und ein in diesem Zusammenhang mit dem Betriebserwerber abgeschlossener Arbeitsvertrag sind wegen Umgehung des § 613a BGB nach § 134 BGB nichtig (vgl. BAG vom 25.10.2012 - 8 AZR 572/11 -, ZInsO 2013, 946 Rz. 32 f.; vom 18.08.2011 - 8 AZR 312/10 -, AP Nr. 414 zu § 613a BGB Rz. 31 m. w. N.).


Ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a Abs. 1 BGB setzt die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Eine solche besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb" bei einem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls. Als Teilaspekte der Gesamtwürdigung zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang materieller Betriebsmittel wie beweglicher Güter und Gebäude, der Wert immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln (st. Rspr. des BAG, siehe z. B. BAG 24.01.2013 - 8 AZR 706/11 -, EzA § 613a BGB 2002 Nr. 142 Rz. 23; vom 21.06.2012 - 8 AZR 181/11 -, NZA-RR 2013, 6 Rz. 30).


Nach § 613a Abs. 6 BGB können die Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses innerhalb eine Monats gegenüber ihrem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Betriebsinhaber widersprechen, wobei die Widerspruchsfrist erst mit der vollständigen und zutreffenden Unterrichtung über den Betriebsübergang i. S. d. § 613a Abs. 5 BGB beginnt (BAG vom 23.07.2009 - 8 AZR 538/08 -, AP Nr. 10 zu § 613a BGB Unterrichtung Rz. 21; vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05 -, AP Nr. 312 zu § 613a BGB Rz. 17).


Ein wirksamer, erst nach dem Betriebsübergang erklärter Widerspruch wirkt auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück, mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis mit dem früheren Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs hinaus unverändert fortbesteht (BAG vom 23.07.2009 - 8 AZR 538/08 -, a. a. O. Rz. 51; vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05 -, AP Nr. 312 zu § 613a BGB Rz. 41 m. w. N.). Ist der Arbeitnehmer in der Zwischenzeit für den Betriebserwerber tätig geworden, richten sich die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber nach den Grundsätzen des fehlerhaften bzw. faktischen Arbeitsverhältnisses (vgl. LAG Nürnberg vom 05.10.2011 - 2 Sa 765/10 -, juris Rz. 26 zitiert nach juris; LAG München vom 24.02.2011 - 4 Sa 1056/10 -, LAGE § 812 BGB 2002 Nr. 1 Rz. 34 zitiert nach juris; LAG Köln vom 11.06.2004 - 12 Sa 374/04 -, LAGE § 613a BGB 2002 Nr. 5 Rz. 25 zitiert nach juris; ArbG Bielefeld vom 04.04.2012 - 6 Ca 1896/11 -, juris Rz. 74 zitiert nach juris; Müko/BGB-Müller-Glöge, § 613a Rn. 122; HWK-Willemsen/Müller-Bonani, § 613a Rn. 355; ErfK-Preis, § 613a BGB Rn. 105 jeweils m. w. N.; Worzalla, NZA 2002, 353, 357 f.).


Eine Höchstfrist für die Ausübung des Widerspruchsrechts existiert nicht, weshalb das Widerspruchsrecht bei nicht ordnungsgemäßer Unterrichtung grundsätzlich unbefristet ausgeübt werden kann (vgl. Müko/BGB-Müller-Glöge, § 631a Rn. 121; ErfK-Preis, § 613a Rn. 101). Allerdings kann das Widerspruchsrecht aus Gründen des Vertrauensschutzes nach § 242 BGB verwirken. Dies ist nicht schon dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Hinzukommen muss vielmehr, dass der Betriebsveräußerer aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers annehmen durfte, dieser habe den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber akzeptiert und werde das Widerspruchrecht nicht mehr geltend machen (Umstandsmoment). Das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Betriebsveräußerers muss das Interesse des Arbeitnehmers derart überwiegen, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BAG vom 15.03.2012 - 8 AZR 700/10 -, AP Nr. 29 zu § 613a BGB Widerspruch Rz. 30; vom 11.11.2010 - 8 AZR 185/09 -, AP Nr. 390 zu § 613a BGB Rz. 22; vom 24.07.2008 - 8 AZR 205/07 -, AP Nr. 346 zu § 613a BGB Rz. 30). Dabei besteht zwischen dem Zeitmoment und dem Umstandsmoment eine Wechselwirkung dergestalt, dass je gewichtiger das Umstandsmoment ist, desto schneller kann das Widerspruchsrecht verwirken, und umgekehrt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment (BAG vom 15.03.2012 - 8 AZR 700/10 -, a. a. O. Rz. 31; vom 11.11.2010 - 8 AZR 185/09 -, a. a. O. Rz. 23). Das erforderliche Umstandsmoment ist regelmäßig dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer gegenüber dem Betriebserwerber über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses disponiert (BAG vom 11.11.2010 - 8 AZR 185/09 -, a. a. O. Rz. 34 m. w. N.) oder wenn sich der Arbeitnehmer bei einem aus dem Betriebsübergang herrührenden Konflikt entsprechend eindeutig verhält (vgl. BAG vom 24.07.2008 - 8 AZR 205/07 -, a. a. O. Rz. 32 ff.; vom 15.03.2012 - 8 AZR 700/10 -, a. a. O. Rz. 37 f.). Hingegen reichen weder die bloße Weiterarbeit beim Betriebserwerber und die Entgegennahme des Arbeitsentgelts aus (BAG vom 11.11.2010 - 8 AZR 185/09 -, a. a. O. Rz. 34; vom 24.07.2008 - 8 AZR 205/07 -, a. a. O. Rz. 31), noch im Rahmen des Üblichen vorgenommene Vertragsanpassungen (BAG vom 16.03.2012 - 8 AZR 700/10 -, a. a. O. Rz. 36).


bb) Danach bestand ausgehend vom Vorbringen des Klägers zwischen den Parteien lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis.


 (1) Der Kläger hat behauptet, der Betrieb der R. GmbH, in dem er bis zum 30. Juni 2008 tätig gewesen ist, sei zum 1. Juli 2008 nicht stillgelegt worden, sondern auf die Beklagte übergegangen. Die Beklagte habe das gesamte betriebswirtschaftliche Know-how, die Telefonanlagen, die EDV-Anlagen, die Hard- und Software, den Kundenstamm in Form der Mieter übernommen und verwalte die Grundstücke der R. GmbH weiter. Davon ausgehend sind - worauf der Kläger mehrfach zutreffend hinweist - sowohl der mit R. GmbH abgeschlossene Aufhebungsvertrag vom 7. Mai 2008, als auch der mit der Beklagten abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 7. Mai 2008 wegen Umgehung des § 613a BGB unwirksam, da diese im Zusammenhang mit dem vom Kläger behaupteten Betriebsübergang abgeschlossen worden sind.


Das gegenteilige Vorbringen der Beklagten, dass es im Rahmen der Umstrukturierungen der Deutsche Wohnen Gruppe nicht zu einem Betriebsübergang von der R. GmbH auf sie gekommen sei, sondern die von der R. GmbH und der Deutsche W. M.- und Servicegesellschaft mbH zuvor wahrgenommene Aufgaben an verschiedene Gesellschaften der Unternehmensgruppe fremd vergeben worden seien, hat sich der Kläger nicht, auch nicht hilfsweise zu eigen gemacht, sondern an seinem eigenen Vorbringen ausdrücklich festgehalten (vgl. dazu BAG vom 18.10.2012 - 6 AZR 41/11 -, EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 170 Rz. 28; BGH vom 21.10.2008 - XI ZR 466/07 -, NJW 2009, 56 Rz. 11 zitiert nach juris; vom 23.09.2003 - VI ZR 395/02 -, NJW-RR 2004, 427 Rz. 19 zitiert nach juris; vom 23.06.1989 - V ZR 125/88 -, NJW 1989, 2756 Rz. 16 zitiert nach juris; vom 17.01.1995 - X ZR 88/93 -, NJW-RR 1995, 684 Rz. 20 zitiert nach juris; vom 07.06.1991 - V ZR 17/90 -, NJW 1991, 2897 Rz. 15 zitiert nach juris).


 (2) Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte mit Schriftsatz vom 4. Februar 2013 widersprochen. Zum Zeitpunkt des Zugangs dieser Erklärung bei der Beklagten war weder die Geltendmachung des Widerspruchsrechts durch Fristablauf ausgeschlossen, noch hatte der Kläger das Widerspruchsrecht verwirkt, gleichwohl seit dem vermeintlichen Betriebsübergang bereits mehr als viereinhalb Jahre vergangen waren. Die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB hat mangels Unterrichtung über den Betriebsübergang nicht zu laufen begonnen. Für eine Verwirkung fehlt es am erforderlichen Umstandsmoment. Denn nach dem Vorbringen des Klägers hatte er weder in einer ihm zurechenbaren Weise über sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten disponiert, noch hatte er auf andere Weise den Eindruck erweckt, der wolle das Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Soweit er am 19. August 2009 mit der Beklagten einen Änderungsvertrag geschlossen hat, handelt es sich zwar nicht nur um eine übliche Anpassung des Vertragsverhältnisses an den Zeitverlauf, sondern um eine durchaus einschneidende Änderung der Vertragsbedingungen. Der Kläger hat jedoch vorgetragen, er sei bei der Unterzeichnung des Vertrages nicht geschäftsfähig gewesen, weshalb ihm nach seinem Vorbringen der Abschluss des Änderungsvertrages nicht zurechenbar ist.


 (3) Dementsprechend bestand nach dem Vorbringen des Klägers das Arbeitsverhältnis mit der R. GmbH über den 30. Juni 2008 unverändert fort, während zwischen dem Kläger und der Beklagten kein wirksames Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, sondern lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis bestand.


 (4) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz des Klägers vom 29. Oktober 2013.


Soweit sich der Kläger in dem Schriftsatz darauf beruft, neben dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu der R. GmbH habe zwischen ihm und der Beklagten ein einvernehmliches Arbeitsverhältnis bestanden, handelt es sich um eine bloße Rechtsmeinung, die jeglicher Grundlage entbehrt und die zudem im Widerspruch zu der vom Kläger erstinstanzlich und auch noch in der Berufungsbegründung vertretenen Rechtsauffassung steht, der mit der Beklagten am 7. Mai 2008 abgeschlossene Arbeitsvertrag sei wegen Umgehung des § 613a BGB unwirksam. Es bedurfte diesbezüglich auch keines über den in der mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2013 erteilten Hinweis hinausgehenden Hinweises. Das Arbeitsgericht ist - anders als der Kläger mit dem Schriftsatz glauben machen will - keineswegs davon ausgegangen, dass neben einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten auch ein Arbeitsverhältnis mit der R. GmbH besteht, sondern hat im Gegenteil ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es im Fall der Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages mit der Beklagten wegen Verstoßes gegen § 613a BGB an einer Anspruchsgrundlage für die geltend gemachten Ansprüche fehle. Weiter hat der Kläger auf Seite 8 der Berufungsbegründung (Bl. 678 d. A.) selbst die Auffassung vertreten, dass dann Ansprüche gegen die Beklagte nur nach den Grundsätzen des faktischen Arbeitsverhältnisses gegeben seien. Dies hat die Beklagte auf Seite 7 ihres Schriftsatzes vom 22. August 2013 (Bl. 736 d. A.) aufgegriffen und den Kläger darauf hingewiesen, dass die Grundsätze des faktischen Arbeitsverhältnisses allenfalls in den Zeiträumen zur Anwendung kämen, in denen der Kläger eine bereicherungsrechtlich relevante Arbeitsleistung erbracht habe.


Die vom Kläger nach dem Widerspruch gegen den Betriebsübergang gegenüber der Beklagten erklärte Eigenkündigung vom 29. Juni 2013 geht danach ins Leere.


b) Nach den für das fehlerhafte bzw. faktische Arbeitsverhältnis geltenden Grundsätzen stehen dem Kläger Ansprüche gegen die Beklagte nur zu, soweit er für die Beklagte tätig geworden ist. Hingegen hat er keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von weiterer Entgeltfortzahlung ab dem 22. August 2009, Urlaubsabgeltung oder Weihnachtsgratifikation. Diesbezüglich müsste sich der Kläger vielmehr an die R. GmbH wenden.


aa) Nach den Grundsätzen des fehlerhaften oder faktischen Arbeitsverhältnisses wird ein Arbeitsverhältnis, für das von vornherein keine wirksame vertragliche Grundlage bestand oder dessen vertragliche Grundlage nachträglich weggefallen ist, für die Dauer, für die es vollzogen worden ist, grundsätzlich wie ein fehlerfrei zustande gekommenes Arbeitsverhältnis behandelt (BAG vom 27.07.2010 - 3 AZR 317/08 -, AP Nr. 3 zu § 4 BBiG 2005 Nr. 1 Rz. 26; vom 03.11.2004 - 5 AZR 592/03 -, AP Nr. 25 zu § 134 BGB Rz. 17 zitiert nach juris; Schaub-Linck, § 36 Rn. 49; Küttner-Röller, Arbeitsvertrag Rn. 77; ErfK-Preis, § 611 BGB Rn. 145, 147 u. 367), es sei denn, es handelt sich um einen besonders schwerwiegenden Mangel (BAG vom 03.11.2004 - 5 AZR 592/03 -, a. a. O.; Schaub-Linck, § 36 Rn. 52). Begründet wird dies mit den praktischen Schwierigkeiten bei der Rückabwicklung der gegenseitig erbrachten Leistungen und der besonderen Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers, für den das Arbeitsverhältnis in der Regel die einzige wirtschaftliche Lebengrundlage ist (Brox, Anm. zu BAG vom 16.09.1982 - 2 AZR 228/80 -, AP Nr. 24 zu § 123 BGB; vgl. auch BAG vom 03.12.1998 - 2 AZR 754/97 -, AP Nr. 49 zu § 123 BGB). Wird das Arbeitsverhältnis später wieder außer Funktion gesetzt und erbringt der Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt keine Arbeitsleistung mehr, bleibt es bei den allgemeinen Grundsätzen (vgl. BAG vom 20.02.1986 - 2 AZR 244/85 -, AP Nr. 31 zu § 123 BGB). Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jedenfalls im Fall der wirksamen Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung, wenn der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank wird und deshalb keine Arbeitsleistung mehr erbringt (BAG vom 03.12.1998 - 2 AZR 754/97 -, a. a. O.). Denn in diesem Fall gibt es weder irgendwelche Rückabwicklungsschwierigkeiten, noch ist der Arbeitnehmer schutzwürdig (BAG vom 03.12.1998 - 2 AZR 754/97 -, a. a. O. Rz. 18 f. zitiert nach juris; Brox, Anm. zu BAG vom 16.09.1982 - 2 AZR 228/80 -, a. a. O.; ErfK-Preis, § 611 BGB Rn. 369).


bb) Bezogen auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und dem Betriebserwerber im Fall eines nach dem Betriebsübergang erklärten Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses, bedeutet das Folgendes: Der Arbeitnehmer hat gegen den Betriebserwerber einen Anspruch auf Vergütung für die von ihm erbrachte Arbeitsleistung. Er hat hingegen keinen Anspruch auf solche Leistungen, die nicht von der Erbringung der Arbeitsleistung abhängen, sondern an den Bestand des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, wie Entgeltfortzahlung, Weihnachtsgratifikation und Urlaubsabgeltung. Denn insoweit ist der Arbeitnehmer nicht schutzbedürftig, weil er sich an den Betriebsveräußerer wenden kann, zu dem er unverändert in einem Arbeitsverhältnis steht (vgl. zur Entgeltfortzahlung BAG vom 24.03.2004 - 5 AZR 355/03 -, AP Nr. 22 zu § 3 EntgeltFG). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Leistungen - wie hier - noch nicht erbracht worden sind, weil in diesem Fall auch keine Rückabwicklungsschwierigkeiten entstehen können.


Mit dem Kläger und dem Arbeitsgericht ist auch davon auszugehen, dass es sich bei der in § 3 Nr. 3 des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 vereinbarten Weihnachtsgratifikation um eine Gratifikation im engeren Sinne und nicht etwa um Vergütung für geleistete Arbeit im Sinne eines 13. Monatsgehalts handelt (näher zu der Unterscheidung ErfK-Preis, § 611 Rn. 534). Dies ergibt sich zum einen aus der Bezeichnung „Weihnachtsgratifikation" und zum anderen daraus, dass die Weihnachtsgratifikation nicht als Teil des in § 3 Nr. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarten Jahresgehalts, sondern als gesonderter Anspruch geregelt ist.


2. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Überstundenvergütung in Höhe von weiteren 2.013,75 Euro brutto nebst Verzugszinsen seit dem 4. Mai 2010. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Überstundenvergütung besteht nicht. Dem Anspruch stehen weder die Ausschlussklausel des § 12 des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008, noch die Aufrechnungserklärung der Beklagten vom 16. September 2013 entgegen.


a) Dem Kläger steht für die im April 2010 abgerechneten 180,93 Überstunden Vergütung auf der Basis der im Arbeitsvertrag vom 7. Mai 2008 vereinbarten monatlichen Vergütung einschließlich Funktionszulage in Höhe von insgesamt 5.600,00 Euro brutto zu. Dies gilt unabhängig davon, ob ausgehend vom Vorbringen des Klägers zwischen den Parteien lediglich ein faktisches Arbeitsverhältnis oder ausgehend vom Vorbringen der Beklagten ein auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 wirksam begründetes Arbeitsverhältnis bestand. Darauf, ob der Änderungsvertrag vom 19. August 2009 wirksam zustande gekommen ist, kommt es nicht an, da der Kläger das Zeitguthaben in der Zeit bis zum Eintritt seiner fortdauernden Arbeitsunfähigkeit am 22. August 2009 erarbeitet hatte und damit vor dem 1. September 2009, an dem der Änderungsvertrag seine Wirkung entfalten sollte. Der Anspruch folgt entweder aus § 612 Abs. 2 BGB i. V. m. dem faktischen Arbeitsverhältnis oder aus dem Arbeitsvertrag vom 7. Mai 2008.


aa) Der Arbeitsvertrag vom 7. Mai 2008 enthält zwar keine ausdrückliche Regelung zur Vergütung von Überstunden. Zwischen den Parteien war eine solche Vergütung unter bestimmten Voraussetzungen jedoch vereinbart. Hierüber besteht zwischen ihnen auch kein Streit. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus den Rahmenbedingungen für den Geschäftsbetrieb der Beklagten vom 31. Mai 2009, wonach bis Ende März nicht ausgeglichene Mehrstunden aus dem Vorjahr im April mit dem persönlichen Stundensatz ausbezahlt werden. Die Höhe der Vergütung richtet sich nach der im Arbeitsvertrag vom 7. Mai 2008 vereinbarten Vergütung einschließlich der Funktionszulage, da der Kläger die Überstunden im Rahmen der ihm nach diesem Arbeitsvertrag obliegenden Tätigkeiten als Mitarbeiter Steuerung, Klagewesen, Recht mit Koordinationsaufgaben für die Bereiche Forderungsmanagement Ost und West geleistet hat. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist auch davon auszugehen, dass es sich bei den vereinbarten 5.600,00 Euro brutto monatlich um die für diese Tätigkeit übliche Vergütung i. S. d. § 612 Abs. 2 BGB handelt.


bb) Der Höhe nach beläuft sich der Anspruch auf 5.920,03 Euro brutto (180,93 Stunden x 32,72 Euro) abzüglich der gezahlten 3.906,28 Euro brutto und damit auf 2.013,75 Euro brutto. Denn entgegen der Berechnung des Klägers beträgt bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39,5 Stunden und einer monatlichen Vergütung von 5.600,00 Euro brutto der Stundensatz nicht 35,44 Euro, sondern nur 32,72 Euro brutto (5.600,00 Euro x 3 Monate : 13 Wochen : 39,5 Stunden).


b) Der Anspruch ist auch nicht aufgrund der Ausschlussklausel des § 12 des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 verfallen.


Offen bleiben kann, ob die in § 12 des Arbeitsvertrages normierte zweistufige Ausschlussfrist auf die Rechtsbeziehung der Parteien Anwendung findet. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger mit der Abrechnung der 180,93 Überstunden im April 2010, spätestens aber nach Rückkehr von seinem Aufenthalt im H. Rehazentrum Bad B. im Mai 2010 im Sinne der Nummer 2 der Regelung Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt hat bzw. hätte erlangen müssen, oder ob ihm dies aus krankheitsbedingten Gründen nicht möglich war. Denn hierauf kommt es nicht an, da entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung die Ausschlussklausel einer Inhaltskontrolle nach den § 307 Abs. 1 und 2 BGB nicht standhält und daher unwirksam ist.


aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.


 (1) Eine unangemessene Benachteiligung ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Bei arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen ist dies u. a. dann der Fall, wenn sie kürzer als drei Monate ab Fälligkeit des Anspruchs sind (BAG vom 13.03.2012 - 5 AZR 954/11 -, EzA § 10 AÜG Nr. 16 Rz. 51; vom 28.09.2005 - 5 AZR 52/05 -, AP Nr. 7 zu § 307 BGB). Fällig im Sinne von Ausschlussfristenregelungen ist ein Anspruch, wenn der Gläubiger die Leistung nach den allgemeinen Regeln i. S. d. § 271 BGB verlangen und den Anspruch annähernd beziffern kann (vgl. BAG vom 01.03.2006 - 5 AZR 511/05 -, AP Nr. 10 zu § 307 BGB Rz. 14; vom 25.05.2005 - 5 AZR 572/04 -, AP Nr. 1 zu § 310 BGB Rz. 28 zitiert nach juris; ausführlich Däubler/Zwanziger, TVG, § 4 Rn. 1139 f. und 1141 ff.).


 (2) Weiter kann sich eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitnehmer von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. In der Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen unklar abgefasster allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i. S. v. § 307 Abs. 1 BGB (vgl. BAG vom 16.05.2012 - 5 AZR 252/11 -, EzA § 615 BGB 202 Nr. 37 Rz. 33 m. w. N.). In diesem Sinne sind Ausschlussfristenregelungen nur klar und verständlich, wenn der Arbeitnehmer bereits bei Vertragsabschluss erkennen kann, was auf ihn zukommt. Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen hat und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern (BAG vom 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 -, a. a. O. Rz. 48).


bb) In Anwendung dieser Grundsätze ist die Ausschlussklausel unwirksam.


 (1) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrages vom 7. Mai 2008 handelt es sich - wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat und zwischen den Parteien außer Streit steht - um Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. d. § 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB. Die Ausschlussklausel unterliegt nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB auch der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB.


 (2) Die erste Stufe der zweistufigen Ausschlussklausel benachteiligt den Kläger unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB bzw. verstößt gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dies ergibt sich aus Folgendem:


Nach § 12 Nr. 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages beträgt die erste Stufe der Ausschlussfrist drei Monate und entspricht damit grundsätzlich der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geforderten Mindestdauer. Wann die Drei-Monats-Frist zu laufen beginnt, ist nicht in der Nummer 1, sondern in der Nummer 2 des § 12 Arbeitsvertrages geregelt. Insbesondere ergibt sich aus der Nummer 1 des § 12 des Arbeitsvertrages nicht, dass - wie das Arbeitsgericht angenommen hat -, die Frist mit der Fälligkeit der jeweiligen Ansprüche zu laufen beginnt.


Nach § 12 Nr. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages beginnt die Ausschlussfrist „mit demjenigen Zeitpunkt, in dem der Anspruchsteller von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen". Legt man diesen Zeitpunkt für den Beginn der ersten Stufe der Ausschlussfrist zugrunde, ist die erste Stufe mit einer Frist von drei Monaten zu kurz bemessen, da der Zeitpunkt der Kenntnis oder des Kennenmüssens nicht notwendigerweise mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit nach den allgemeinen Regeln deckungsgleich ist oder nach diesem Zeitpunkt liegt. Vielmehr kann er der Fälligkeit nach den allgemeinen Regeln zeitlich auch vorgelagert sein, mit der Folge, dass dem Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt, ab dem er die Leistung verlangen kann, weniger als drei Monate für die Geltendmachung des Anspruchs verbleiben. Dies gilt beispielsweise auch für die streitgegenständliche Überstundenvergütung. Nach 1.7 der Rahmenbedingungen für den Geschäftsbetrieb der Beklagten entsteht der Anspruch auf Auszahlung des aus dem Vorjahr übertragenen Zeitguthabens mit Ablauf des Monats März, da zu diesem Zeitpunkt feststeht, ob und in welchem Umfang ein aus dem Vorjahr übertragenes Zeitguthaben im ersten Quartal durch Freizeit ausgeglichen worden ist und wie viele Stunden noch auszubezahlen sind. Fällig im Sinne der allgemeinen Regeln wird der Auszahlungsanspruch jedoch erst Ende April mit der Vergütung für den Monat April. Da der Kläger wie die übrigen Beschäftigten der Beklagten sein Arbeitszeitkonto jederzeit über das Internet einsehen kann, kann er von den anspruchsbegründenden Tatsachen in der Regel spätestens am 1. April des jeweiligen Jahres Kenntnis haben.


Die Ausschlussklausel würde danach den Anforderungen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur genügen, wenn sie von vornherein einer ergänzenden Auslegung dahin zugänglich wäre, dass die Ausschlussfrist mit demjenigen Zeitpunkt beginnt, in dem der Anspruchsteller von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen müssen, frühestens jedoch mit der Fälligkeit des Anspruchs nach den allgemeinen Regeln. In diesem Fall wäre die Klausel jedoch nicht mehr klar und verständlich im Sinne des Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, da sich dem Text der Klausel eine solche Einschränkung nicht entnehmen lässt. Aufgrund der unklaren bzw. lückenhaften Formulierung der Klausel besteht die Gefahr, dass Ansprüche wegen vermeintlichen Fristablaufs nicht mehr geltend gemacht werden.


 (3) Die Unwirksamkeit der ersten Stufe führt vorliegend auch zur Unwirksamkeit der zweiten Stufe der Ausschlussfrist, soweit diese an den Ablauf der ersten Stufe anknüpft. Denn insoweit enthält § 12 Nr. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrages keine eigenständige Regelung.


Zwar ist bei mehreren, nur formal miteinander verbundenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen jede Bedingung für sich einer Inhaltskontrolle zu unterziehen, weshalb auch inhaltlich zu trennende Bestimmungen einer Ausschlussfristenregelung nach Anwendung des sog. Blue-Pencil-Tests wirksam sein können. Die Regelungen müssen allerdings nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich zu trennen sein. Maßgeblich ist, ob sie mehrere sachliche Regelungen enthalten. Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen (vgl. BAG vom 16.05.2012 - 5 AZR 251/11 -, EzA § 615 BGB 2002 Nr. 37 Rz. 37 m. w. N.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Soweit die zweite Stufe an den Fristablauf der ersten Stufe anknüpft, ist die Regelung der zweiten Stufe allein nicht vollziehbar. Wegen der Unwirksamkeit der ersten Stufe gibt es keinen Zeitpunkt, an den der Fristenlauf der zweiten Stufe anknüpfen könnte.


 (4) Soweit die zweite Stufe der Ausschlussfrist nach § 12 Nr. 1 Satz 2 des Arbeitsvertrages alternativ an die Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs durch den Arbeitgeber anknüpft und für sich genommen verständlich ist, ist die Ausschlussfrist gewahrt. Der Kläger hat den Anspruch erstmals mit Erhebung der Klage geltend gemacht.


c) Der Anspruch ist auch nicht nach § 389 BGB durch die seitens Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 10. Oktober 2013 erklärte Aufrechnung mit den im Juli 2013 gezahlten 8.009,47 Euro brutto Urlaubsabgeltung erloschen. Die Aufrechnungserklärung ist zwar prozessual zulässig. Die Aufrechnung als solche ist jedoch wegen Verstoßes gegen das Aufrechnungsverbot des § 394 Satz 1 BGB unzulässig.


aa) Prozessuale Bedenken gegen die Aufrechnungserklärung der Beklagten bestehen nicht.


 (1) Die Aufrechnungserklärung ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht verspätet. Eine Verspätung nach § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 3 Satz 3 u. 4 ArbGG, § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO liegt nicht vor. Denn anders als eine Klageerweiterung oder eine Widerklage bedarf eine Aufrechnung seitens der berufungsbeklagten Partei keiner Anschlussberufung, da es sich um ein reines Verteidigungsmittel im Sinne der Zivilprozessordnung handelt (vgl. BGH vom 30.05.1984 - VIII ZR 20/83 -, NJW 1984, 1964), das auf die Zurückweisung der Berufung gerichtet ist und nicht auf mehr abzielt (Brandenburgisches OLG vom 09.05.2007 - 13 U 103/03 -, Rz. 67 zitiert nach juris). Eine Verspätung i. S. d. § 67 Abs. 4 ArbGG ist schon mangels einer Verzögerung der Erledigung des Rechtsstreits nicht gegeben.


 (2) § 533 ZPO steht der Zulässigkeit der Aufrechnungserklärung ebenfalls nicht entgegen. Die Aufrechnung ist sachdienlich i. S. d. § 533 Nr. 1 ZPO, da sie in einem tatsächlichen Zusammenhang mit dem Rechtsstreit steht und kein völlig neuer Streitstoff in den Rechtsstreit eingeführt wird (vgl. dazu BGH vom 30.03.2011 - IV ZR 137/08 -, juris; MüKo/ZPO-Rimmelspacher, § 533 Rn. 30; Düwell/Lipke-Maul-Sartori, ArbGG § 67 Rn. 7). Sie wird auch auf Tatsachen gestützt, die nach § 67 ArbGG ohnehin der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung des Klägers zugrunde zu legen sind (vgl. dazu BAG 25.01.2005 - 9 AZR 44/04 -, AP Nr. 22 zu § 1 AEntG).


bb) Die Aufrechnung der Beklagten ist unzulässig, weil sie gegen eine Bruttoforderung gerichtet ist und insofern gegen das Aufrechnungsverbot des § 394 Satz 1 BGB verstößt.


 (1) Nach § 394 Satz 1 BGB ist eine Aufrechnung gegen eine Forderung nur zulässig soweit diese der Pfändung unterliegt. Nach § 850 Abs. 1 ZPO ist Arbeitseinkommen, zu dem nach § 850 Abs. 2 ZPO auch die Vergütung für Überstunden zählt, nur nach Maßgabe der §§ 850a bis i ZPO pfändbar. Nach § 850e Nr. 1 Satz 1 ZPO sind bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens u. a. die Beträge nicht mitzurechnen, die unmittelbar aufgrund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind. Aufgerechnet werden kann daher stets nur gegen den pfändbaren Nettobetrag des Arbeitseinkommens (BAG vom 13.11.1980 - 5 AZR 572/78 - Rz. 21 zitiert nach juris). Eine Aufrechnung gegen den Bruttobetrag ist unzulässig (BAG vom 12.12.2012 - 5 AZR 93/12 -, EzA § 818 BGB 2002 Nr. 3 Rz. 42). Der Arbeitgeber bleibt zur Abführung der Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge verpflichtet (BAG vom 22.03.2000 - 4 AZR 120/99 - Rz. 12 zitiert nach juris; ErfK-Preis, § 611 Rn. 450; Küttner-Griese, Aufrechnung Rn. 5; Personalbuch MünchArbR-Krause, § 66 Rn. 19).


 (2) Die Aufrechnung wird auch nicht dadurch zulässig, dass die Beklagte mit einer Bruttoforderung aufrechnet.


Soweit in der Literatur teilweise vertreten wird, eine Aufrechnung brutto gegen brutto sei ausnahmsweise zulässig, weil dann die sich gegenüberstehenden Forderungen im wirtschaftlichen Ergebnis gleich seien (ErfK-Preis, § 611 Rn. 450; Schaub-Link, § 74 Rn. 13; ähnlich auch Küttner-Griese, Aufrechnung Rn. 5), kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen kann von einer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit nur ausgegangen werden, wenn die Beitragsbemessungsgrenzen nicht tangiert und die Sozialversicherungsbeiträge auch im Übrigen unverändert geblieben sind. Die Klärung derartiger Vorfragen obliegt nicht den Arbeitsgerichten, sondern ist den Sozialgerichten vorbehalten (vgl. BAG vom 30.04.2008 - 5 AZR 725/07 -, AP Nr. 4 zu § 28g SGB IV Rz. 20 f.). Zum anderen ist bei einer Aufrechnung brutto gegen brutto nicht sichergestellt, dass dem Arbeitnehmer tatsächlich der pfändungsfreie Betrag verbleibt, weil sich dieser nur aus dem Nettobetrag bestimmen lässt (vgl. BAG vom 13.11.1980 - 5 AZR 572/78 - Rz. 21 zitiert nach juris; im Ergebnis ebenso Hessisches LAG vom 25.03.2013 - 7 Sa 1167/12 -, Rz. 54 zitiert nach juris; LAG Düsseldorf vom 18.08.2010 - 12 Sa 650/10 -, ZVM 2011, 56 Rz. 57 zitiert nach juris).


 (3) Eine Beschränkung der Aufrechnung auf eine Aufrechnung gegen den pfändbaren Nettobetrag der Forderung des Klägers war nicht möglich. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Aufrechnung nach § 389 BGB das Erlöschen des nur nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i ZPO pfändbaren Anspruchs des Klägers auf weitere Überstundenvergütung bewirkt hat, trägt die Beklagte. Eine Verpflichtung zur Ermittlung von Amts wegen besteht auf Grund des Beibringungsgrundsatzes nicht (BAG vom 05.12.2002 - 6 AZR 569/01 -, AP Nr. 32 zu § 394 BGB). Die Beklagte hat jedoch keine Angaben zum pfändbaren Nettobetrag der Forderung des Klägers gemacht. Es kommt deshalb auch nicht mehr darauf an, dass gegen den pfändbaren Nettobetrag einer Forderung nach § 387 BGB auch nur eine Aufrechnung mit einer Nettogegenforderung zulässig ist (BAG vom 22.03.200 - 4 AZR 120/99 -, juris).


d) Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 und 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 i. V. m. § 247 Abs. 1 BGB.


3. Ansprüche auf Schmerzensgeld und materiellen Schadensersatz im Zusammenhang mit der psychischen Erkrankung des Klägers sind nicht gegeben. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass seine psychische Erkrankung tatsächlich durch für die Beklagte handelnde Personen verursacht worden ist. Insoweit schließt sich das Berufungsgericht den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts an und sieht von einer bloß wiederholenden Darstellung nach § 69 Abs. 2 ArbGG ab. Das Vorbringen des Klägers in der Berufungsinstanz rechtfertigt keine andere Bewertung. Ansprüche ausschließlich wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung bestehen ebenfalls nicht.


a) Dass die Beklagte dem Kläger immer mehr Aufgaben aufgebürdet hat, die er objektiv nicht bewältigen konnte, und er auf diese Weise systematisch überlastet worden ist, lässt sich auch dem Berufungsvorbringen des Klägers nicht entnehmen. Der Kläger hat auch in der Berufungsinstanz keine näheren Angaben dazu gemacht, welcher zeitliche Aufwand mit den einzelnen von ihm beschriebenen Tätigkeiten oder Aufgaben verbunden war. Allein aus dem Umstand, dass es sich um Aufgaben gehandelt haben soll, die der Kläger bei der R. GmbH noch nicht oder nicht im gleichen Umfang wahrgenommen hat, lässt sich dies jedenfalls nicht ableiten. Der Kläger hat zwar behauptet, er habe mehr und mehr Aufgaben zusätzlich zu den bei der R. GmbH wahrgenommenen Aufgaben übernehmen müssen. Jedoch hat er nicht dargelegt, dass er die ihm bei der R. GmbH obliegenden Aufgaben tatsächlich weiterhin im gleichen Umfang wahrgenommen hat. Dagegen spricht schon, dass die Beklagte nach dem eigenen Vorbringen des Klägers für viele Themen, für die er bei der R. GmbH allein zuständig gewesen war, einen externen Rechtsanwalt hinzugezogen hat.


Auch das von der Beklagten im April 2010 ausbezahlte Zeitguthaben spricht objektiv nicht für eine Überlastung. Ausgehend von dem Zeitguthaben hat der Kläger im Zeitraum vom 1. Januar bis zum Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit am 22. August 2009 180,93 Überstunden geleistet. Rechnerisch ergeben sich daraus durchschnittlich 5,32 Überstunden pro Woche und bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 43,82 Stunden.


b) Dem Vorbringen des Klägers lässt sich auch nicht entnehmen, dass die Beklagte ihn zielgerichtet aus seiner Stellung als Führungskraft verdrängt hat. So hat er schon nicht dargelegt, welche anderen mit ihm vergleichbaren Führungskräfte weiterhin zu den Führungstreffen eingeladen worden sind und um welche Führungstreffen es sich konkret gehandelt hat. Ohne einen substantiierten Vortrag hierzu oder was die Stellung einer Führungskraft bei der Beklagten ansonsten ausgemacht hat und welche Änderungen diesbezüglich bezogen auf den Kläger vorgenommen wurden, lässt sich nicht beurteilen, inwieweit dem Kläger seine Führungsposition entzogen worden ist.


Entsprechendes gilt für den Vorwurf, die Beklagte habe ihm einen externen Rechtsanwalt zur Seite gestellt. Ohne einen substantiierten Vortrag, wie sich die Zusammenarbeit mit dem externen Rechtsanwalt konkret gestaltete, was im Einzelnen abgestimmt werden sollte und ob und inwieweit dieser dem Kläger Anweisungen erteilen konnte, spricht auch die Beauftragung eines externen Rechtsanwalts mit bestimmten Angelegenheiten nicht dafür, dass es der Beklagten darum ging, den Kläger aus seiner arbeitsvertraglichen Position zu verdrängen. Denn dies konnte genauso als Entlastung des Klägers gemeint sein, zumal zwischen den Parteien kein Streit darüber besteht, dass die Anzahl der von der Beklagten verwalteten Wohnungen um ein Vielfaches höher war als die Anzahl der vormals von bei der R. GmbH verwalteten Wohnungen. Soweit die Beklagte den externen Rechtsanwalt unmittelbar nach der Erkrankung des Klägers in dessen Büro als Ansprechpartner für die Mieter eingesetzt hat, lässt daraus ebenfalls nichts ablesen, da der Kläger aufgrund seiner Erkrankung nicht zur Verfügung stand und zudem nach dem Änderungsvertrag vom 19. August 2009 zum 1. September 2009 nach Frankfurt am Main wechseln sollte.


c) Weiter ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte dem Kläger überhaupt ein Angebot unterbreitet hat, mit einer anderen Tätigkeit wieder in der Nähe seines früheren Dienstorts tätig zu werden, auch wenn damit eine erheblich geringere Vergütung verbunden war. Dass die Vergütung bezogen auf die andere Tätigkeit nicht angemessen war, hat auch der Kläger nicht behauptet.


Es ist auch nicht ersichtlich, dass er quasi genötigt worden ist, das Angebot anzunehmen, da ihm sonst eine Kündigung gedroht hätte. Soweit er sich diesbezüglich auf den Umgang mit anderen Mitarbeitern während vorangegangener Sanierungsprozesse bezogen hat, fehlt hierzu jeglicher verwertbare Vortrag. Die drei vom Kläger näher bezeichneten Beispiele sind jedenfalls nicht geeignet, die Behauptung hinreichend zu stützen. Die Mitarbeiterin, die im Februar 2009 durch Kündigung in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden sein soll, weil sie es Monate zuvor abgelehnt habe, einen Änderungsvertrag mit einer Lohnkürzung von 30 % zu unterzeichnen, hat der Kläger nicht benannt. Zudem ist schon unklar, was er damit meint, die Mitarbeiterin sei in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Auf das Vorbringen der Beklagten zur Nutzung des sog. Vogelhäuschens als zeitweiliges Ausweichquartier während Umbaumaßnahmen ist er nicht konkret eingegangen. Die Behauptung, dass Herr Sch. unter Androhung einer Kündigung einen Änderungsvertrag mit 30 % weniger Verdienst unterzeichnet hat, ist nach den von der Beklagten in Kopie eingereichten Arbeitsverträgen des Herrn Sch. vom 13. Juni 2008 und 30. April 2009 (Bl. 550 ff. u. 556 ff. d. A.) offensichtlich unzutreffend. Der als drittes Beispiel benannte Herr L. ist unstreitig nicht von der Beklagten, sondern von der R. GmbH gekündigt worden.


Vorzuwerfen ist der Beklagten in diesem Zusammenhang allenfalls, dass sie den Kläger, obwohl ihr klar war, dass er sich in Berlin nicht wohlfühlt und sich durch seine Aufgaben zumindest subjektiv überfordert fühlte, hierauf nicht angesprochen hat, sondern ihm lediglich das Änderungsangebot unterbreitet hat. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb der angebotene Wechsel von Berlin nach Frankfurt am Main bedeuten sollte, dass der Kläger überhaupt nicht mehr gewollt ist. Allein aus dem Umstand, dass es sich bei der angebotenen Tätigkeit um eine erheblich niedriger dotierte Tätigkeit handelte, ergibt sich das nicht, zumal die Beklagte vom Kläger unbestritten vorgetragen hat, dass in Frankfurt am Main kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe.


Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die psychische Erkrankung des Klägers - worauf auch schon das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat - gerade durch das Änderungsangebot ausgelöst worden ist. Dies hat auch der Kläger nicht behauptet, sondern selbst darauf hingewiesen, dass es sich um einen schleichenden Prozess gehandelt habe, der im Zusammenhang mit dem Änderungsangebot eskaliert sei.


d) Soweit der Kläger rügt, das Arbeitsgericht habe keine Gesamtschau der von ihm vorgetragenen Tatsachen vorgenommen, gleichwohl dies geboten sei, übersieht er, dass auch im Rahmen einer Gesamtschau eine Rechtsverletzung als Ursache für seine psychische Erkrankung nur feststellbar ist, wenn die einzelnen in die Gesamtschau einzubeziehenden Handlungen oder Verhaltensweisen des Arbeitgebers oder der für diesen handelnden Personen und deren Auswirkungen konkret dargelegt worden sind. Vorliegend kann eine Gesamtschau schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis führen, weil die Überlastung und die Verdrängung von der Führungsebene als vom Kläger benannte wesentliche Teile des schleichenden Prozesses seiner psychischen Erkrankung nicht feststellbar sind.


e) Dem Vorbringen des Kläger lässt sich auch keine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte durch die Beklagte bzw. die für sie handelnden Personen entnehmen, die als so schwerwiegend anzusehen ist, dass sie auch ohne feststellbare negative gesundheitliche Auswirkungen, einen Schmerzensgeldanspruch auslöst (vgl. dazu BAG vom 25.10.2007 - 8 AZR 593/06 -, AP Nr. 5 zu § 611 BGB Mobbing Rz. 123 m. w. N.).


C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Danach sind dem Kläger die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Die Beklagte ist gemessen am Gesamtstreit mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil unterlegen. Höhere Kosten sind damit nicht verbunden.


D. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

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