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Arbeitsrecht
19.04.2018
Arbeitsrecht
LAG Düsseldorf: Beweislast bezüglich des Weisungsrecht des Arbeitgebers

LAG Düsseldorf, Urteil vom 2.10.2017 – 3 Sa 669/16

ECLI:DE:LAGD:2017:1002.3SA669.16.00

Volltext: BB-ONLINE BBL2018-947-4

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Amtliche Leitsätze

1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung einer Weisung des Arbeitgebers nach Maßgabe der §§ 106 Satz 1 GewO, 315 Abs. 1 BGB ist der der Vornahme der Weisung, nicht der der letzten mündlichen Verhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren und auch kein dazwischen liegender Zeitpunkt. In die erforderliche umfassende Abwägung der wechselseitigen Interessen können daher auch nur diejenigen Umstände einbezogen werden, die zum Zeitpunkt der Vornahme der Weisung bereits vorlagen.

2. Die Darlegungs- und Beweislast für die die Billigkeit der Direktionsrechtsausübung begründenden Umstände trägt der Arbeitgeber. 3.Im Rahmen der umfassenden Interessenabwägung kommt auch dem Umstand, ob ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der ihm gegenüber ausgesprochenen Weisung wegen damit geänderter Schichtzuordnung und geänderter Arbeitszeiten eine Schichtzulage in nicht unbeträchtlicher Höhe (hier: 292,- € monatlich) verliert und ihn dies unter Berücksichtigung insbesondere seiner Unterhaltspflichten schwerer als vergleichbare, hiervon nicht betroffene Arbeitskollegen trifft, Bedeutung zu. Es handelt sich dabei um eine zu berücksichtigende wirtschaftliche Auswirkung der Weisung und nicht lediglich um eine unerhebliche mittelbare Folge der Veränderung der Arbeitszeit.

§ 106 GewO; § 315 BGB

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Weisung, nach der der Kläger mit Wirkung seit 01.11.2015 nur noch im Brennbetrieb in Wechselschicht eingesetzt wird.

Der Kläger, geboren am 06.06.1965, verheiratet und Vater dreier Kinder, von denen er laut der Beklagten vorliegenden Steuermerkmalen noch zweien unterhaltspflichtig ist, ist seit dem 03.10.1988 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis, auf das kraft beiderseitiger Verbandsmitgliedschaft die Tarifverträge der chemischen Industrie (abgeschlossen mit der IG Bergbau, Chemie, Energie) Anwendung finden, liegt im Übrigen der schriftliche Arbeitsvertrag vom 23.11./6.12.1995 zugrunde, in dem es auszugsweise wörtlich heißt (Blatt 44 ff. der Akte):

"1. Vertragsbeginn und Einsatzbereich

Der Mitarbeiter nahm die Tätigkeit bei VAW am 03.10.1988 auf. Zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung wird der Mitarbeiter im Geschäftsfeld Kohlenstoff- und Graphitprodukte, Bereich Brennbetrieb, eingesetzt. Er kann auch mit anderen zumutbaren Arbeiten in anderen Betriebsabteilungen beschäftigt werden.

2.Arbeitszeit

Die Arbeitszeit richtet sich nach den jeweils gültigen Tarifverträgen und den örtlichen Arbeitszeitvereinbarungen für den jeweiligen Einsatzbereich des Mitarbeiters. Der Mitarbeiter erklärt ausdrücklich seine Bereitschaft zur Schichtarbeit. ..."

Am 29.09.2006 schloss die Beklagte mit dem in ihrem Betrieb bestehenden Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über Arbeitszeitregelungen (Blatt 47 ff. der Akte). In einem Nachtrag vom 21.10.2009 vereinbarten die Betriebsparteien, dass durch die Zusammenlegung des Brennbetriebs und der Imprägnierung ein einheitliches Schichtsystem eingeführt wird (Blatt 50 der Akte). In den Bereichen Brennbetrieb und Imprägnierung wurde danach seit 2009 in vollkontinuierlicher Wechselschicht gearbeitet.

Im August 2015 traf die Beklagte die Entscheidung, Brennbetrieb und Imprägnierung nicht weiter einheitlich im Rahmen eines vollkontinuierlichen Wechselschichtbetriebes fortzuführen, sondern die Bereiche zu trennen. Mit Wirkung zum 01.11.2015 ist für den Brennbetrieb ein Wechselschichtsystem mit Früh- und Spätschicht im wöchentlichen Wechsel und freien Wochenenden eingeführt worden. Im Bereich Imprägnierung wird hingegen weiterhin in vollkontinuierlicher Wechselschicht gearbeitet.

Hierüber verhalten sich zwei mit Wirkung zum 01.11.2015 erfolgte Nachträge zur Betriebsvereinbarung über Arbeitszeitregelungen für den Brennbetrieb und die Imprägnierung (Blatt 51 ff. der Akte) sowie ein Aushang der Beklagten zur Mitarbeiterinformation vom 08.10.2015 (Blatt 57 der Akte) und eine Mitarbeiterinformationsschrift des Betriebsrats vom 20.10.2015 (Blatt 58 der Akte).

Über die "personelle Maßnahme wegen Änderung der Arbeitszeitregelung/Neuorganisation des Brennbetriebs" bezogen auf den Kläger informierte die Beklagte den Betriebsrat mit dem Formular der Anlage 10 zum Schriftsatz vom 23.05.2016 (Blatt 59 der Akte); der Betriebsrat hat dort sein Einverständnis mit der Maßnahme schriftlich vermerkt.

Mit Schreiben vom 27.10.2015 (Blatt 4 der Akte) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er ab 01.11.2015 in Wechselschicht beschäftigt werde und es dadurch zu einer Reduzierung seiner Monatspauschale auf 3.143,52 € komme, für die er bis 30.06.2016 eine freiwillige Ausgleichszahlung von monatlich 292,00 € erhalte; dieser Betrag entspricht der monatlichen Entgeltreduzierung wegen der mangels vollkontinuierlicher Schichtarbeit wegfallenden tariflichen Schichtzulage. Auf der Grundlage dieses zugleich von beiden Parteien als Weisung verstandenen Schreibens setzte die Beklagte den Kläger seit dem 01.11.2015 nur noch im Brennbetrieb in Wechselschicht (aber nicht vollkontinuierlicher Wechselschicht) ein.

Gegen diese Weisung richtet sich die bei dem Arbeitsgericht Mönchengladbach am 23.03.2016 eingereichte und der Beklagten am 30.03.2016 zugestellte Klage. Mit ihr hat der Kläger die Unwirksamkeit der Änderung seiner Arbeitsbedingungen gerichtlich geltend gemacht und die Ansicht vertreten, die ihm erteilte Weisung sei nicht vom Direktionsrecht gedeckt. Er hat behauptet, seit 1988 sei er als Brennofenwärter im Bereich der Imprägnierung im Betrieb der Beklagten tätig. Er überwache und bediene den Abglühofen und befülle die sogenannten Autoklaven, die anschließend aufgeheizt würden. Sowohl der Abglühofen als auch die Autoklaven seien dem Bereich der Imprägnierung zuzuordnen. Nur soweit Bedarf bestanden habe, sei er auch im Brennbetrieb tätig gewesen. Im Jahr 2012 seien neue Mitarbeiter eingestellt worden, die nun auf seiner Position eingesetzt würden. Sie verfügten hinsichtlich der Tätigkeit als Brennofenwärter nicht über seinen Kenntnisstand. Bei ordnungsgemäßer Ausübung des billigen Ermessens hätte gerade dies zu seinen Gunsten berücksichtigt werden müssen. Schließlich hat der Kläger die Ansicht vertreten, dass Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und § 99 BetrVG verletzt worden seien. Zum einen liege eine mitbestimmungspflichtige Versetzung vor. Zum anderen habe die Beklagte bei der Zuordnung der Mitarbeiter zu den einzelnen Schichten das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Sinne des § 87 BetrVG nicht gewahrt. Aus dem Nachtrag zur Betriebsvereinbarung ergebe sich lediglich, dass eine Wechselschicht eingeführt werden solle, die Zuordnung des Klägers zu dieser Schicht sei dort nicht aufgeführt.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen der Beklagten mit Schreiben vom 27.10.2015, beginnend am 1.11.2015, unwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, mit der geänderten Arbeitszeitregelung sowohl für den Brennbetrieb als auch die Imprägnierung in den Nachträgen zur Arbeitszeit-Betriebsvereinbarung habe sie unter anderem Beanstandungen des Betriebsrats im Hinblick auf den sicheren Betrieb des Abglühofens Rechnung getragen. Die Zuordnung der Mitarbeiter zu den jeweiligen Schichten ergebe sich dabei aus den Anlagen der Nachträge (Blatt 55 f. der Akte). Bezüglich des Klägers habe sie am 13.10.2015 eine personelle Maßnahme gegenüber dem Betriebsrat angezeigt und dieser habe zugestimmt. Die Maßnahme sei damit mitbestimmungsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie sei zudem vom Direktionsrecht gedeckt. Unzutreffend sei, dass der Kläger im Wesentlichen dem Bereich der Imprägnierung zugeordnet gewesen sei. Die Arbeiten seien im rollierenden Verfahren zugewiesen worden. In diesem Rahmen habe der Kläger im Brennbetrieb die Brennofenbestückung vorgenommen, die Putzmaschine bedient, von Hand geputzt sowie Staplerfahrertätigkeiten ausgeübt.

Mit Urteil vom 07.07.2016 hat das Arbeitsgericht Mönchengladbach die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Zuweisung des Klägers zum von der Imprägnierung ab 01.11.2015 getrennten und in Wechselschicht geführten Brennbetrieb sei vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt gewesen. Der Arbeitsvertrag der Parteien stehe der Zuweisung nicht entgegen. Aus ihm ergebe sich, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung im Bereich Brennbetrieb eingesetzt worden sei und auch mit anderen zumutbaren Arbeiten in anderen Betriebsabteilungen beschäftigt werden könne. Dass mit einer anderen Aufgabe die Änderung der Schichtarbeit einhergehe, führe nicht zu einer anderen Beurteilung. Im Vertrag der Parteien sei Schichtarbeit ausdrücklich vorgesehen. Das arbeitgeberseitige Weisungsrecht beziehe sich auch auf die zeitliche Lage der Arbeitszeit, mithin auch auf die Änderung von Schichten. Werde eine inhaltliche Veränderung wie hier dahingehend eingeführt, dass die bisherige vollkontinuierliche Schicht auf eine veränderte Wechselschicht reduziert werde, so beruhe die Geltung dieser veränderten Lage der Arbeitszeit auf einer Ausübung des Direktionsrechts. Dessen Grenzen würden nicht deshalb überschritten, weil infolgedessen Einkommensverluste einträten, da dies nur eine mittelbare Folge der Veränderung der Lage der Arbeitszeit sei. Der Arbeitsvertrag der Parteien habe sich nicht dahingehend konkretisiert, dass die Beklagte verpflichtet sei, den Kläger ausschließlich am Abglühofen und an den Autoklaven einzusetzen. Dies gelte auch dann, wenn der Kläger in der Vergangenheit überwiegend in diesem Bereich tätig gewesen sei. Eine Konkretisierung des Arbeitsvertrages, also eine Änderung der ursprünglich vereinbarten Rechte und Pflichten aus dem Vertrag hin zu einem einseitig nicht mehr abänderbaren Vertragsinhalt, trete nicht allein dadurch ein, dass der Arbeitnehmer längere Zeit in derselben Weise eingesetzt werde. Zum reinen Zeitablauf müssten vielmehr besondere Umstände hinzutreten, die erkennen ließen, dass der Arbeitnehmer nur noch verpflichtet sein solle, seine Arbeit wie bisher zu erbringen. Umstände, aufgrund derer der Kläger habe annehmen können, die Beklagte wolle künftig auf ihr vertragliches Versetzungsrecht verzichten, seien jedoch nicht erkennbar. Die Zuweisung des Klägers zum Brennbetrieb sei schließlich nicht unbillig. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte sich bei ihrer Entscheidung, wer mit welchen Arbeiten in welchem Bereich eingesetzt werde, nicht von betrieblichen Interessen, sondern von sachfremden und willkürlichen Überlegungen habe leiten lassen. Anders als der Kläger meine, sei die Beklagte bei der Zuweisung der Arbeitnehmer zu den Bereichen Brennbetrieb einerseits und Imprägnierung andererseits nicht verpflichtet gewesen, maßgeblich darauf abzustellen, wer zuvor schwerpunktmäßig wo wie lange eingesetzt worden sei. Bei ihrer Auswahlentscheidung, wer der am besten Geeignete für welche Stelle sei und wer von welchem Schichtmodell weniger belastet werde, könnten Dauer und Umfang der bisherigen Tätigkeit eine Rolle spielen. Zwingend sei das aber nicht. Dass der Kläger langfristig die mit den vollkontinuierlichen Schichten verbundene Zulage verliere, mache die Entscheidung nicht unbillig. Denn die Einkommenseinbuße treffe jeden an seiner Stelle ausgewählten anderen Arbeitnehmer in gleicher Weise. Die Maßnahme sei auch aus anderen Gründen nicht rechtsunwirksam. Es könne dahinstehen, ob die vom arbeitgeberseitigen Weisungsrecht gedeckte Zuweisung der Arbeit im Brennbetrieb eine zustimmungspflichtige Versetzung sei. Denn der Betriebsrat habe sich damit jedenfalls einverstanden erklärt.

Gegen das ihm über seine Prozessbevollmächtigten am 08.07.2016 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach hat der Kläger mit am 02.08.2016 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenem Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist durch Beschluss vom 23.08.2016 bis zum 10.10.2016 - mit bei dem Landesarbeitsgericht am 06.10.2016 eingegangenem Anwaltsschriftsatz begründet.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung sein Klagebegehren weiter und ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die Voraussetzungen einer Konkretisierung abgelehnt und auch verkannt, dass weder die Mitbestimmungsrechte nach § 99 noch die nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG im vorliegenden Fall gewahrt worden seien. Jedenfalls genüge die Ausübung des Direktionsrechts durch die Beklagte hier aber auch nicht billigem Ermessen. Es seien nicht alle Umstände des Einzelfalls hinreichend berücksichtigt worden. So würden nunmehr mit den Arbeitnehmern C., T., S. und P. C. Mitarbeiter auf der bisherigen Position des Klägers eingesetzt, die erst 2012 neu eingestellt worden seien und dort erst noch im Umgang mit den Brennöfen und den Autoklaven angelernt werden müssten, während er diese ohne weiteres bedienen könne. Dies und seine erhebliche Betriebszugehörigkeitszeit sowie Erfahrung sei ebenso unberücksichtigt geblieben wie der Umstand, dass der Wegfall der Schichtzulage ihn angesichts seiner Unterhaltspflichten besonders empfindlich treffe. Dass die genannten Arbeitskollegen des Klägers qualifizierter seien als er oder teamfähiger, aufgeschlossener und engagierter, bestreitet der Kläger und rügt den Vortrag der Beklagten als unsubstantiiert und nicht weiter einlassungsfähig. Er verweist darauf, dass es bislang weder hinsichtlich seiner Teamfähigkeit noch hinsichtlich seiner Arbeitsleistung Beanstandungen oder Beschwerden gegeben habe. Zudem bestreitet er, dass seiner Weiterbeschäftigung in der Imprägnierung Gründe einer ausgewogenen Altersstruktur entgegenstünden. Gerade die Weiterbeschäftigung des Klägers dort könne vielmehr zu einer ausgewogenen Altersstruktur führen. Es erschließe sich zudem nicht, wieso der mittlerweise 60-jährige Mitarbeiter S. in der Imprägnierung eingesetzt werde und der Kläger nicht. Der Kläger sei ihm gegenüber besser qualifiziert für diese Tätigkeit und verfüge über ein breiteres Fachwissen als der zuvor im Brennbetrieb tätige und erst seit 2009 in der Imprägnierung eingesetzte Herr S.. Dass dieser wiederum aufgeschlossener sei als der Kläger und immer wieder neue Ideen einbringe, bestreitet der Kläger und rügt auch diesen Vortrag als unsubstantiiert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 07.07.2016 - 3 Ca 929/16 - abzuändern und festzustellen, dass die Weisung der Beklagten mit Schreiben vom 27.10.2015, dass der Kläger ab 01.11.2015 in Wechselschicht im Brennbetrieb tätig zu werden habe, unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und wiederholt und vertieft ihre bereits erstinstanzlich gemachten Ausführungen. Sie behauptet, ihre unternehmerische Entscheidung, unter anderem den Kläger im Brennbetrieb und nicht in der Imprägnierung einzusetzen, beruhe darauf, dass die Führungskräfte bei der Zusammenstellung der Schichtgruppen im Kalenderjahr 2015 die Faktoren Teamfähigkeit, Persönlichkeit, Altersmix, Änderungsbereitschaft, Flexibilität und Sozialkompetenz berücksichtigt hätten. Grund hierfür sei gewesen, dass es bei dem in der Imprägnierung herrschenden Vierschichtsystem mit einer Schichtbesetzung von je 5 Mitarbeitern pro Schicht unumgänglich sei, ein funktionierendes Team vorzufinden. Der Kläger, der zwar durchaus in der Lage sei, die Aggregate in der Imprägnierung zu bedienen, sei im Unterschied zu seinen nunmehr dort eingesetzten Kollegen nicht hinreichend teamfähig. Ihm fehle es an der Bereitschaft und Fähigkeit, sich in ein Team einzubringen und seine Kenntnisse und Fähigkeiten mit anderen zu teilen. Hinsichtlich der Urlaubsplanung sei der Kläger in den vergangenen Jahren nie bereit gewesen, seine Urlaubswünsche denen anderer Kollegen anzupassen und bei Bedarf Urlaub zu verschieben. In Konfliktsituationen habe er auf sein Recht, den von ihm eingereichten Urlaub antragsgemäß zu erhalten, bestanden. Teilweise habe er auch kurz vor Ende des Urlaubs Arbeitsunfähigkeitsmeldungen hereingereicht, so im Jahr 2015 nach dem für die Zeit vom 01. bis 17.07.2015 gewährten Urlaub für den Zeitraum vom 10.07. bis 23.08.2015. In 2016 sei es ebenfalls zu einer Krankmeldung im Anschluss an seinen genehmigten Urlaub gekommen. Der Kläger habe sich auch noch nie zu Optimierungsmaßnahmen im Unternehmen geäußert. Änderungen stehe er vielmehr immer sehr skeptisch gegenüber. Seine Einsatz- und Arbeitsbereitschaft für schwierige Reinigungseinsätze bestehe nur in eingeschränktem Maße und infolge eines nunmehr vorgelegten Attestes vom 02.03.2017 überhaupt nicht mehr. Von den vom Kläger benannten Arbeitskollegen sei Herr C. mit ihm nicht vergleichbar, da hierarchisch als Vertreter des Schichtverantwortlichen überstellt. Die Mitarbeiter T., T. und Q. C. seien äußerst aufgeschlossen und überaus engagiert und stets bereit, für andere Kollegen einzuspringen. Sie seien besonders teamfähig und ihr Einsatz in der Imprägnierung sei zum Erhalt einer ausgewogenen Altersstruktur erforderlich. Herr S. sei bereits 60 Jahre alt und solle bei der Trennung von Brennbetrieb und Imprägnierung mit seiner Zuordnung zur A-Schicht der Imprägnierung zur Stabilisierung des Teams beitragen. Er sei ein ruhiger und besonnener Kollege, der Neuerungen gegenüber aufgeschlossen sei und dies dadurch belege, dass er sich immer wieder mit neuen Ideen einbringe. Auch verfüge er über die 2016 durchgeführte Schulung für Feuerungs- und Brennstoffführungssysteme.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen in erster und zweiter Instanz sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Aus den Gründen

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 € übersteigt, statthaft gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) ArbGG. Ferner ist sie form- und fristgerecht im Sinne von § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung ist zudem begründet. Das Arbeitsgericht Mönchengladbach hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.

1. Die Klage ist mit dem zuletzt in der Berufungsinstanz aus Gründen der Klarstellung umformulierten Feststellungsantrag zulässig, insbesondere wird damit eine bestimmte Maßnahme des Direktionsrechts nach Zeit und Inhalt klar abgrenzbar bezeichnet (253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und in ihrer Wirksamkeit der gerichtlichen Überprüfung zugeführt. Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, anerkannt, dass sich Feststellungsklagen nach § 256 Abs. 1 ZPO auch auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken können und nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken müssen; sie können sich insbesondere bei der Überprüfung einer direktionsrechtlichen Maßnahme auch auf einen Teil eines Rechtsverhältnisses beziehen (BAG vom 27.10.2005 - 6 AZR 123/05, juris, Rz. 20; vgl. auch Hamacher, Antragslexikon Arbeitsrecht, 2. Auflage, Seite 113).

34

2. Die Klage ist entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts auch begründet. Die Weisung der Beklagten vom 27.10.2015, dass der Kläger ab dem 01.11.2015 in Wechselschicht im Brennbetrieb tätig zu werden habe, ist unwirksam.

a. Das folgt entgegen der Ansicht des Klägers allerdings weder aus einer Konkretisierung seines Arbeitsvertrages auf eine Arbeitspflicht allein noch in der Imprägnierung noch aus einer Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei Vornahme der Weisung. Insoweit ist dem Arbeitsgericht darin beizupflichten, dass allein aufgrund der von dem Kläger behaupteten langjährigen Tätigkeit im Bereich Imprägnierung ohne weitere und hier eben nicht dargelegte, besondere Umstände nicht von einer Konkretisierung der vertraglichen Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsbereich ausgegangen werden kann, sondern es bei dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht hinsichtlich Arbeitstätigkeit und Arbeitszeit verbleibt. Das entspricht hinsichtlich der angewandten Rechtsgrundsätze der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, juris, Rz. 29; BAG vom 17.08.2011 - 10 AZR 202/10, juris, Rz. 19; BAG vom 15.09.2009 - 9 AZR 757/08, juris, Rz. 54 m.w.N.). Ebenso folgt die Berufungskammer der Einschätzung des Arbeitsgerichts, dass der hier streitgegenständlichen Weisung mitbestimmungsrechtliche Hindernisse angesichts des durch den Betriebsrat ausdrücklich erklärten Einverständnisses nicht entgegenstehen.

b. Allerdings entspricht die Weisung der Beklagten nicht den zu beachtenden Grundsätzen billigen Ermessens nach §§ 106 Satz 1 GewO, 315 Abs. 1 BGB und erweist sich aus diesem Grunde als unwirksam.

aa. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt in Anwendung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG vom 28.08.2013 - 10 AZR 569/12, juris, Rz. 40; BAG vom 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, juris, Rz. 34 f.; BAG vom 13.04.2010 - 9 AZR 36/09, juris, Rz. 40; BAG vom 21.07.2009 - 9 AZR 404/08, juris, Rz. 22; vgl. auch HWK/Lembke, 7. Auflage, § 106 GewO Rn. 119 ff. m.w.N.).

Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten (BAG vom 28.08.2013 - 10 AZR 569/12, juris, Rz. 41). Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. § 106 GewO verlangt aber eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange (BAG vom 28.08.2013 - 10 AZR 569/12, juris, Rz. 42; BAG vom 17.08.2011 - 10 AZR 202/10, juris, Rz. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, z.B. auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen. Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt. Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG vom 28.08.2013 - 10 AZR 569/12, juris, Rz. 42; BAG vom 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, juris, Rz. 37).

Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet zwar nicht statt (BAG vom 28.08.2013 - 10 AZR 569/12, juris, Rz. 43; BAG vom 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, juris, Rz. 35; BAG vom 23.09.2004 - 6 AZR 567/03, juris, 24). Allerdings ist dann, wenn es um eine personelle Auswahlentscheidung geht, zu prüfen, ob nicht nur die unternehmerischen Belange, sondern auch die des betroffenen Mitarbeiters angemessen berücksichtigt worden sind. Es ist eine umso sorgfältigere Abwägung zu verlangen, je einschneidender die Auswirkungen der streitigen Maßnahmen für den betroffenen Arbeitnehmer sind (BAG vom 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, juris, Rz. 37; HWK/Lembke, 7. Auflage, § 106 GewO Rn. 119). Die Darlegungs- und Beweislast für die die Billigkeit der Direktionsrechtsausübung begründenden Umstände trifft dabei den Arbeitgeber (BAG vom 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, juris, Rz. 36; BAG vom 14.07.2010 - 10 AZR 182/09, juris, Rz. 90; HWK/Lembke, 7. Auflage, § 106 GewO Rn. 132) und maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung ist der der Vornahme der Weisung, nicht der der letzten mündlichen Verhandlung im gerichtlichen Überprüfungsverfahren oder irgendein dazwischen liegender Zeitpunkt (BAG vom 26.09.2012 - 10 AZR 412/11, juris, Rz. 41; BAG vom 14.07.2010 - 10 AZR 182/09, juris, Rz. 89; BAG vom 23.09.2004 - 6 AZR 567/03, juris, Rz. 19; HWK/Lembke, 7. Auflage, § 106 GewO Rn. 132).

bb. In Anwendung dieser Grundsätze ist festzustellen, dass die Beklagte auch nach dem bereits in der mündlichen Verhandlung vom 11.04.2017 erteilten Hinweis auf die obigen Grundsätze weiterhin weder schlüssig noch hinreichend substantiiert zur Billigkeit ihrer Weisung vorgetragen hat, dass der Kläger ab 01.11.2015 allein noch im Brennbetrieb tätig zu werden habe.

Unstreitig - und unabhängig von der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob er bis dahin allein in der Imprägnierung gearbeitet hat oder sowohl dort als auch im Brennbetrieb - ist der Kläger fachlich in der Lage, sowohl in dem einen wie auch in dem anderen Bereich die anfallenden Arbeiten zu erledigen. Die Beklagte verweist zur Begründung ihrer Anweisung vom 27.10.2015 auf eine unternehmerische Entscheidung, wonach bei der Zusammenstellung der Schichten die Faktoren Teamfähigkeit, Persönlichkeit, Altersmix, Änderungsbereitschaft, Flexibilität und Sozialkompetenz berücksichtigt worden seien. Damit lässt sie allerdings schon eine umfassende Berücksichtigung aller relevanten Interessen und Belange vermissen, denn nach ihrem eigenen Vorbringen hat sie demnach beispielsweise berechtigte Belange des Klägers wie seine langjährige Tätigkeit und Erfahrung im Bereich der Imprägnierung ebenso wenig in ihre Erwägungen einbezogen wie dessen besondere Betroffenheit mit dem Einsatz allein noch im Brennbetrieb verbundenen Wegfall der tariflichen Schichtzulage. Wenn diese sich auch lediglich als Rechtsfolge einer Zuweisung zu einem nicht mehr in vollkontinuierlicher Schichtarbeit tätigen Bereich darstellt, ist sie doch gleichwohl ein Bestandteil der wirtschaftlichen Auswirkungen der Zuweisung eben dieses Arbeitsplatzes und damit bei der umfassenden Interessenabwägung mit zu berücksichtigen. Dass dabei die Auswirkungen der Einkommensreduzierung im immerhin nicht unbeträchtlichen Umfang von 292,00 € monatlich bei dem jedenfalls zwei Kindern unterhaltspflichtigen Kläger als Folge der Direktionsrechtsausübung von der Beklagten über die allen Betroffenen gewährte, befristete Ausgleichszahlung hinaus in eine Abwägung einbezogen worden wären, ist nicht erkennbar. Auch die Ausführungen des Arbeitsgerichts, letztlich sei jeder Mitarbeiter ebenfalls vom Wegfall der Schichtzulage betroffen, dem statt des Klägers der Arbeitsplatz im Brennbetrieb statt der Imprägnierung zugewiesen würde, lassen eine die besondere Situation des Klägers und seine Unterhaltsverpflichtungen berücksichtigende Abwägung aller relevanten Umstände vermissen. Denn beispielsweise Herr S. würde die Zulage zwar ebenfalls verlieren, wenn er mit dem Kläger tauschen müsste, wäre mangels bestehender Unterhaltspflichten - wie sich aus der von der Beklagten vorgelegten Anlage 18 ergibt (Blatt 242 der Akte) - aber ungleich weniger schwerwiegend dadurch betroffen.

Der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Direktionsrechtsmaßnahme im Rahmen der Gesamtabwägung steht auch nicht etwa das von dem Arbeitsgericht zitierte Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 15.05.2001 (5 Sa 271/01, juris, Rz. 33) entgegen. Dieses verhält sich lediglich dazu, ob von vornherein die Grenzen des Direktionsrechts überschritten sind, wenn sich infolge seiner Ausübung durch den Wegfall von Zulagen Einkommensverluste ergeben. Zur Frage, welche Berücksichtigung solche Einkommensverluste bei der vorzunehmenden Interessenabwägung finden müssen, äußert sich jene Entscheidung nicht.

Entscheidend ist allerdings, dass die Beklagte zu den für sie nach ihrem Vorbringen tragenden unternehmerischen Erwägungen durchweg entweder von vornherein nur pauschal und unsubstantiiert oder aber unschlüssig vorträgt, dass es dem Kläger an der erforderlichen Teamfähigkeit, Persönlichkeit, Änderungsbereitschaft, Flexibilität und Sozialkompetenz fehle, während sie diese Eigenschaften den mit ihm um einen Arbeitsplatz in der Imprägnierung konkurrierenden Mitarbeitern ausnahmslos und ebenso unsubstantiiert zuspricht. Damit genügt sie ihrer Darlegungslast nicht, was der Kläger zu Recht mehrfach gerügt hat.

Unschlüssig ist dabei bereits sämtliches sich auf die Zeit nach dem 01.11.2015 beziehende Vorbringen der Beklagten, denn maßgeblicher Zeitpunkt für die Billigkeitsprüfung ist der der Ausübung des Direktionsrechts. Danach liegende Umstände und angebliche Vorfälle können die damalige Entscheidung offenkundig nicht beeinflusst haben und scheiden als Billigkeitserwägungen zur Unterstützung dieser Entscheidung aus. Unschlüssig und im Übrigen bereits jenseits der Maßregelungsgrenze (§ 612a BGB) ist ferner der Verweis der Beklagten darauf, dass der Kläger kurz vor Ende seines genehmigten Urlaubs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen eingereicht habe. Wollte sie ihm damit eine nur vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit unterstellen, hätte ein solch schwerer Vorwurf einer entsprechenden Begründung bedurft - an der es fehlt. Unterstellt sie ihm dies hingegen nicht, lässt ihr Vortrag mehr auf ein eigenes prekäres Rechtsverständnis schließen als dass es ein Anhaltspunkt für die Annahme fehlender Teamfähigkeit oder Sozialkompetenz des Klägers sein könnte.

Soweit damit überhaupt noch Vorbringen für den Zeitraum bis 01.11.2015 übrig bleibt, aus dem die Beklagte die Erfüllung ihrer Anforderungen durch alle konkurrierenden Mitarbeiter und das Versagen des Klägers hierbei ableiten will, greift die Rüge des Klägers, dass es dem Vorbringen an jeglicher Substanz und Einlassungsfähigkeit fehlt. Das betrifft die Behauptung, dem Kläger fehle es an der Bereitschaft, an Prozessoptimierungen mitzuarbeiten (wann zeigte sich das woran genau?), er sei weder fähig noch bereit, sich in ein Team einzubringen und seine Kenntnisse und Fähigkeiten mit anderen Teammitgliedern zu teilen (wann hat er das wem gegenüber in welcher Weise verweigert?), er habe sich noch nie zu Optimierungsmaßnahmen im Unternehmen geäußert und stehe Änderungen immer sehr skeptisch gegenüber (wann hat er das genau wie zu welcher Änderung zum Ausdruck gebracht?).

Die Begründung des Altersmix erweist sich ebenfalls hinsichtlich der Entscheidung, den Kläger im Brennbetrieb einzusetzen, als nicht tragfähig. Jedenfalls ist sie dies erkennbar nicht im Hinblick auf den Arbeitskollegen S. des Klägers, der ebenso wie dieser laut Anlage 18 vertraglich sowohl im Brennbetrieb als auch in der Imprägnierung eingesetzt werden kann. Tauschte man ihn in Schicht A der Imprägnierung gegen den Kläger aus Schicht A des Brennbetriebes aus, würde damit der Altersdurchschnitt der Schicht A im Brennbetrieb nur leicht von 50,18 auf 50,90 steigen (nach den Daten der Anlage 20), was im Vergleich zur Schicht B des Brennbetriebes mit einem Altersschnitt von 50,30 nicht merklich ins Gewicht fällt. In der Schicht A der Imprägnierung hingegen würde der Altersschnitt von derzeit 51,4 Jahren auf 49,8 sinken und sich damit deutlich dem Durchschnitt der anderen Schichten (B: 47,4 / C:47 / D: 44,8) annähern.

Die Begründung zur ausgewogenen Altersstruktur würde mithin einen Austausch des Klägers gegen Herrn S. eher nahelegen denn ausschließen. Zudem würde wie bereits weiter oben aufgezeigt Herr S. mangels Unterhaltspflichten (jedenfalls gegenüber Kindern) vom Wegfall der Schichtzulage beim Wechsel in den Brennbetrieb weniger hart betroffen als der Kläger. Die übrigen Gründe der Beklagten für den Einsatz des Herrn S. in der Imprägnierung hingegen sind zum einen nicht berücksichtigungsfähig, da erst nach der streitigen Weisung im Jahr 2016 entstanden (Teilnahme an der Schulung zu Feuerungs- und Brennstoffsystemen), zum anderen sind sie erneut derart unsubstantiiert, dass sie die Auswahlentscheidung nicht sachlich zu rechtfertigen vermögen. Das betrifft das pauschal angeführte Interesse an einer Stabilisierung des Teams ebenso wie die Qualifizierung des Herrn S. (im Gegensatz zum Kläger) als ruhiger und besonnener Kollege, der Neuerungen gegenüber aufgeschlossen sei und immer wieder neue Ideen einbringe (wann welche?). Ohne substantiierten Vortrag, dem auch zu entnehmen ist, aus welchem (relevanten) Zeitraum bestimmte Vorkommnisse herrühren, die für diesen Mitarbeiter und seine Zuordnung zur Imprägnierung sprechen, bleibt es auch insoweit bei einem nicht nachvollziehbaren und nicht überprüfbaren Vorbringen zur Begründung der Billigkeit der vorgenommenen Weisung. Diese lässt sich damit, speziell vor dem Hintergrund der konkreten, nachteiligen Betroffenheit des Klägers, seiner offenbar unberücksichtigt gebliebenen persönlichen Lebenssituation, lediglich allgemein gehaltener und obendrein teilweise unzulässiger Vorhaltungen aber nicht mehr als den Grundsätzen der Billigkeit entsprechend begründen. Jedenfalls im Verhältnis zu Herrn S. ist auch unter Berücksichtigung sämtlicher von der Beklagten formulierter unternehmerischer Vorgaben nicht nachvollziehbar, wieso dieser und nicht der Kläger in der Imprägnierung eingesetzt wird.

Die entsprechende Entscheidung der Beklagten vom 27.10.2015 ist nicht erkennbar unter Berücksichtigung und Abwägung aller relevanten Gesichtspunkte erfolgt, damit unbillig und unwirksam.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91 Abs.1 ZPO. Danach hat die Beklagte, da sie unterlegen ist, die Kosten des gesamten Rechtsstreits in erster wie in zweiter Instanz zu tragen.

IV.

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 1 ArbGG. Ein Zulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegt nicht vor, insbesondere betrifft die Entscheidung weder Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG noch liegt eine Divergenz im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG vor.

 

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