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Arbeitsrecht
26.11.2015
Arbeitsrecht
BAG: Spätehenklausel - Gleichbehandlung

Das BAG hat mit Urteil vom 4.8.2015 – 3 AZR 137/13 – wie folgt entschieden:

1. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG kann eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters insbesondere gerechtfertigt sein im Falle der „Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für den Bezug von Leistungen“. § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG betrifft insoweit jedoch nur die Risiken „Alter“ und „Invalidität“, nicht hingegen das Risiko des Todes und erfasst deshalb ausschließlich die Alters- und Invaliditätsversorgung und nicht die Hinterbliebenenversorgung. Eine erweiternde Auslegung oder analoge Anwendung von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist nicht möglich.

2. Eine Spätehenklausel, nach der Witwen- und Witwerversorgung nur gewährt wird, wenn der Arbeitnehmer, dem die Versorgungszusage erteilt wurde, die Ehe vor Vollendung seines 60. Lebensjahres geschlossen hat, bewirkt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters, die nicht nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG gerechtfertigt ist. Danach ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters gestattet, wenn diese objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

a) Es bleibt offen, ob ein legitimes Ziel iSv. § 10 Satz 1 AGG vorliegt, wenn sich der Arbeitgeber darauf beruft, die Spätehenklausel diene dazu, die mit der Hinterbliebenenversorgung verbundenen zusätzlichen Risiken zu begrenzen, um den Versorgungsaufwand verlässlich kalkulieren zu können und die für die Witwen-/Witwerversorgung insgesamt zur Verfügung gestellten Mittel nur einem eingegrenzten Personenkreis zukommen lassen zu wollen, um diesem bei Eintritt des Versorgungsfalls „Tod“ eine Witwen-/Witwerversorgung in angemessener, weil substantieller Höhe gewähren zu können.

b) Die auf die Vollendung des 60. Lebensjahres bestimmte Altersgrenze ist zur Erreichung dieser Ziele nicht angemessen iSv. § 10 Satz 2 AGG, da sie zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der Versorgungsberechtigten führt, die - weil sie bei Eheschließung das 60. Lebensjahr vollendet hatten – von der Witwen-/Witwerversorgung vollständig ausgeschlossen werden. Zudem geht sie zum Teil auch über das hinaus, was zur Erreichung des Ziels notwendig ist.

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