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Arbeitsrecht
12.06.2015
Arbeitsrecht
BAG: Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit - Verschulden - langjährige Alkoholabhängigkeit - Rückfall

Das BAG hat mit Urteil vom 18.3.2015 — 10 AZR 99/14 — wie folgt entschieden:

1. Beim Verschulden iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG handelt es sich um ein Verschulden gegen sich selbst. Schuldhaft idS handelt nur der Arbeitnehmer, der in erheblichem Maße gegen die von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhaltensweise verstößt. Dabei ist von einem objektiven Maßstab auszugehen.

2. Nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse kann wegen der multifaktoriellen Genese nicht davon ausgegangen werden, dass das Entstehen einer Alkoholabhängigkeit verschuldet iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG ist.

3. Auch bei einem Rückfall nach einer erfolgreich durchgeführten Therapie wird es regelmäßig an einem solchen Verschulden fehlen. Es gibt allerdings keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass ein Rückfall nicht auch schuldhaft iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG durch den Arbeitnehmer herbeigeführt worden sein kann.

4. Die Klärung der Frage des Verschuldens in einem solchen Fall wird regelmäßig nur durch Einholung eines Sachverständigengutachtens oder Vernehmung eines sachverständigen Zeugen erfolgen können. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich einer solchen Begutachtung zur Frage seines möglichen Verschuldens an dem Rückfall zu unterziehen und eine entsprechende Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht vorzunehmen.

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